Im Laufe der vorhergehenden Tage hatten bereits Zu⸗ sammenkünfte der einzelnen Detachements führer stattgefunden, in denen man sich über die Art und Weise einer etwa noth⸗ wendig werdenden Vertheidigung besprochen hatte, und die zu dem Ergebnisse führten, daß das gesammte Gesandtschafts⸗ viertel als solches gehalten werden sollte. Jedes Detachement würde in erster Linie seine eigene Gesandtschaft schützen, und die Umgebung derselben beziehungsweise die auf dieselben führenden Straßen und Gassen durch sein Gewehrfeuer frei halten. Dadurch konnte den Boxern, solange es sich nur um solche handelte, die, wie man wußte, lediglich mit Lanzen und Schwertern bewaffnet waren, der Zutritt zu dem Gesandtschafts⸗ quartier untersagt, und vor Allem die bei den Rebellen besonders beliebte Brandstiftung verhindert werden.
Allerdings wurde schon damals von einigen die Möglich⸗ keit eines Angriffs gut bewaffneter chinesischer Truppen er⸗ wogen, und für diesen äußersten Fall als letzter gemeinschaft⸗ licher Vertheidigungspunkt die englische Gesandtschaft ins Auge gefaßt, die durch ihre Lage für Vertheidigungszwecke am ge⸗ eignetsten erschien, und infolge ihrer räumlichen Ausdehnung und Weitläuftigkeit ihrer Baulichkeiten im Nothfall allen Europäern eine, wenn auch beengte Unterkunft bieten konnte.
Gegen 8 Uhr Abends drangen neue Schaaren bewaffneten Gesindels aus der Chinesenstadt in die Mandschustadt ein, steckten sofort eine kleine Kapelle der amerikanischen Mission in Brand, und versuchten dann in die Gesandtschaftsstraße ein⸗ zubiegen. Hier wurden sie von vorgeschobenen italienischen und französischen Posten mit Gewehrfeuer empfangen, worauf sie umkehrten und ihren Weg auf der Hatamen— straße fortsetzten. Kurz darauf wurden Ha große Feuer sichtbar, denen die französische Kathedrale — der Tungtang —, die Münze, Wohnhäuser der europäischen Zollbeamten und viele andere von Christen bewohnte Gebäude zum Opfer fielen. In späterer Abendstunde drangen die Rebellen mit Brandfackeln gegen die am nordöstlichen Ende des Gesandtschafisviertels ge⸗ legene österreichische Gesandtschaft vor, wurden aber durch einige Gewehrsalven zum Rückzug genöthigt.
Am folgenden Tage wurde die Gesandtschaftsstraße für den allgemeinen Verkehr gesperrt, und nur besonders legitimierten Einheimischen der Durchgang gestattet.
Zahlreiche Chinesenchristen flüchteten sich mit Hab und Gut in die Gesandtschaften und fanden dort Schutz und Aufnahme.
Aehnliche Angriffe, wie am 13. Juni, erfolgten auch an den folgenden Abenden, während gleichzeitig die Chinesenstadt von den Aufständigen terrorisiert wurde. Am 16. wurde dort Feuer an mehrere Waarenhäuser gelegt, die sich durch Führung europäischer Artikel die Wuth der Rebellen zugezogen hatten; dabei brannte — wahrscheinlich unbeabsichtigter Weise — ein großer Häuserkomplex nieder, wodurch die meisten Seidenlager, Porzellan⸗ und Antiquitätenläden, deren Werth auf Millionen geschätzt wird, vom Feuer vernichtet wurden. Auch der mittlere Eingang des Chienmen⸗Thores, der stets verschlossen gehalten wird, und durch den allein der Kaiser zu ziehen berechtigt ist, wurde an jenem Abend ein Raub der Flammen.
Gegen diese Unthaten wurde in keiner Weise seitens der chinefischen Regierung eingeschritten. Die gegenüber der Kaiserlichen Gesandtschaft befindliche Polizeistation hatte längst ihren Posten geräumt; nirgends stellte der Sicherheitsddienst der Stadt sich den Rebellen entgegen. Auch die Bevölkerung sah ruhig diesem Treiben zu, und beugte sich widerstandslos unter die Schreckensherrschaft der Rebellen. Das Programm derselben war aber der Regierung vorgelegt und von derselben gebilligt worden, das Publikum war anwesend, und das Stück mußte gespielt werden.
Als einer der Hauptautoren der ganzen Bewegung wurde damals und wird auch heute noch der Prinz Tuan bezeichnet, der Vater des Prinzen-Thronfolgers, und seine Ernennung zum Präsidenten des Tsungli Jamen, die am 10. Juni den fremden Vertretern angezeigt wurde, mag zum Beweise dafür dienen, daß die chinesische Regierung ihn auch allgemein als solchen betrachtet zu wissen wünschte. Die Berufung des Prinzen Tuan kann als der Augenblick bezeichnet werden, in dem die chinesische Regierung die Maske fallen ließ, und der Umstand, daß er nicht die sonst üblichen Besuche bei dem diplo⸗ matischen Korps machte und sich auch an den Geschäften des Tsungli Jamen nicht betheiligte, zeigt zur Genüge, daß seine Ernennung keinen bloßen Personenwechsel bedeutete, sondern einer Kriege erklärung gleichkam, für die die chinesische Regierung den Augenblick geeignet erachtete.
Bis zum 17. Juni hatte sich ein Zusammenstoß der Schutzdepartements mit chinesischen Truppen vermeiden lassen. Ein Theil derselben, dessen Stärke und Zahl schwer zu er⸗ mitteln war, hielt sich in ziemlicher Entfernung des Gesandt⸗ schaftsviertels im Norden der Stadt auf. Das Hatamen⸗ und Chien⸗men⸗Thor, d. h. der östliche und westliche Punkt der im Süden unmittelbar an das Gesandtschaftsviertel grenzenden Stadtmauer, war durch Bannertruppen besetzt, die durch ihr vollständig passioes Verhalten keinen Anlaß zu Beschwerden und Befürchtungen geben konnten. Eine Abtheilung der gleichen Truppe lagerte — angeblich zum Schutze der Kaiser⸗ lichen Gesandtschaft gegen die Boxer — auf der Straße zwischen dem Gesandtschaftsgrundstück und der großen Stadt⸗ mauer, und wurde eigentlich erst dadurch bemerkbar, daß, nach Absperrung der Straßen durch Soldaten der verschiedenen Detachements, der sie befehlende Offizier sich mit der flehent⸗ lichen Bitte an Baron Ketteler wandte, ihm die Ver— proviantierung seiner Truppen zu gestatten, da er und seine
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Am 17. Juni kam es zum ersten Renkontre zwischen einer Abtheilung des Kaiserlichen Detachements und chinesischen Truppen. Erstere hielt die elektrische Zentralanstalt besetzt und wurde bei einem Patrouillengang von chinesischen Sol⸗ daten mit Steinen beworfen, worauf unsere Leute Feuer gaben, ohne daß dasselbe erwidert wurde. Baron Ketteler schrieb noch am nämlichen Tage an das Tsungli Yamen, theilte ihm den Vorfall mit und ersuchte um Zurückziehung der chinesischen Truppen, damit ein erneuter Zusammenstoß nach Möglichkeit vermieden werde.
Da dieser Vorfall keine weiteren Folgen hatte, so bestand noch immer die Hoffnung, die chinesische Regierung durch Vorstellungen und Drohungen zurückführen zu können, und dies um so mehr, als täglich und stündlich das Eintreffen des Entsatzlorps unter Admiral Seymour erwartet wurde, über dessen Schicksal noch keine Nachricht nach Peking gelangt war. Statt dessen ließ das Tsungli Yamen am 19. Juni, Nach⸗ mittags 4 Uhr, an sämmtliche Vertreter der fremden Mächte die Aufforderung ergehen, innerhalb 24 Stunden mit ihren An⸗ gehörigen und den Detachements die Stadt zu verlassen. In einer sofort einberufenen Konferenz waren die Gesandten sich darüber einig, daß an ein Aufgeben der Gesandtschaften und an eine unmittelbare Abreise unter den obwaltenden Umständen nicht zu denken sei. Die erwähnte Note sprach selbst davon, daß die Hauptstadt von Mitgliedern der Faustsekte wimmele, daß die Stimmung der Bevölkerung sehr erregt sei und daß es der Regierung selbst zweifelhaft erscheinen müsse, ob fie für aus⸗ reichenden Schutz der Gesandtschaften würde sorgen können, und gar eine Eskorte chinesischer Truppen flößte Niemandem Vertrauen ein. Man mußte vielmehr annehmen, daß sich die⸗ selbe, sobald die Gesandtschaften verlassen waren, auf die Ab⸗ ziehenden stürzen und dieselben im Verein mit den Boxern niedermachen würde. Es wurde daher beschlossen, zunächst in einer Note noch nähere Aufklärungen von der chinesischen Regierung zu verlangen, und ihr vor allem vor⸗ zustellen, daß es nach der Zerstörung der Bahn⸗ strecke bis Tientsin unmöglich sei, innerhalb 24 Stunden die nöthigen Transportmittel sowie Proviant für die immerhin 4 bis 5 Tage in Anspruch nehmende Reise zu beschaffen. Als am folgenden Tage, gegen 11 Uhr Vormittags, die nichts sagende Antwort des Tsungli DYJamen eintraf, war Baron Ketteler bereits das Opfer eines wohlerwogenen ruchlosen Mordanschlags geworden, und Niemand konnte mehr daran zweifeln, daß die chinesische Regierung alle Vorkehrungen getroffen habe, um den Vertretern der fremden Mächte sowie sämmtlichen hier lebenden Europäern und Chinesenchristen ein gleiches Schicksal zu bereiten.
von Below. An Seine Durchlaucht den Herrn Reichskanzler Fürsten zu Hohenlohe⸗Schillingsfürst.
Peking, den 29. August 1900. Nach Abgang der in meinem gehorsamen Berichte Nr. A. 112 vom 25. d. M. erwähnten Note des diplomatischen Korps vom 19. Juni, in welcher der chinesischen Regierung vorgestellt wurde, daß die Abreise der in Peking residierenden Gesandt— schaften im Laufe der nächsten 24 Stunden eine Unmöglichkeit sei, entschloß sich Baron Ketteler am Abend desselben Tages, auch noch von sich aus eine Depesche an das Tsungli YJamen zu richten, in welcher er darauf hinwies, daß er von dem Verlangen der Uebergabe der Taku⸗Forts nicht unterrichtet sei und mithin darauf bestehen müsse, am folgenden Morgen um 8 Uhr von den Prinzen Ching und Tuan im Gebäude des Tsungli Mamen zum Zwecke einer Besprechung empfangen zu werden. Am 20. Juni, früh um 8 Uhr, begab sich Baron Ketteler in die französische Gesandtschaft zu einer Konferenz der diplo⸗ matischen Vertreter. Hier wurde beschlossen, zunächst die Antwort des Tsungli Yamen abzuwarten, und sich später, je nach dem Ausfalle derselben, über ein Verbleiben in Peking oder über die Nothwendigkeit schlüssig zu werden, die Stadt zu verlassen. In dieser Versammlung ist Herr von Ketteler von seinen sämmtlichen Kollegen dringend gebeten worden, den beabsichtigten Besuch bei den Prinzen aufzugeben, da dieser Schritt nach Lage der Verhältnisse keine Aussicht auf Erfolg biete, und ihm möglicherweise gefährlich werden könne. Trotz dieser Warnung bestand der Kaiserliche Gesandte auf seinem Entschluß. Ueber die nun folgenden Vorgänge hat der den Minister begleitende Dolmetscher Herr Cordes ein Promemoria verfaßt, das ich Euerer Durchlaucht in der An⸗ lage (1) gehorsamst zu überreichen mich beehre. Da außer ihm kein Europäer bei dem Vorfall zugegen war, so muß seine Darstellung der Greignisse als die einzig authentische be⸗ zeichnet werden. Die gleichfalls hier abschriftlich beigefügte Aussage des Reitknechts Liu yu cheng, der am 21. Juni von dem Dol— metscher Herrn Dr. Merklinghaus vernommen wurde (An⸗ lage 2, enthält nur wenige Angaben, da Lipun unmittelbar nach Ausübung der That nach dem Tsungli Yamen eilte, um den Vorfall dort zur Kenntniß zu bringen. Dle wichtigste seiner Aussagen war die, daß er mit Bestimmtheit versicherte, den Kaiserlichen Gesandten in der Sänfte zurückgelehnt und regungslos erblickt zu haben, sodaß wir uns wenigstens der Hoffnung hingeben durften, daß Baron Ketteler nicht etwa lebend in die Hände der Verbrecher gefallen, sondern daß der Tod unmittelbar eingetreten sei. Während der Vorreiter Liu erst im Laufe des späteren
Leute sonst verhungern müßten.
den Sänften in unmittelbarer Nähe gefolgt war, mit
brachte die erste Kunde von der schrecklichen Premierleutnant Graf von Soden eilte sofort mit 20 des Schutzdetachements und in Begleitung des Dr. Merklinghaus nach der Unglücksstätte, konnte aber nich mehr bis dahin gelangen, da er aus den Haäͤusern der Hatamen straße stark beschossen wurde und ein weiteres Vordringen pi der Uebermacht der im Norden der Straße aufgestellte chinesischen Truppen unmöglich erschien, die bei seiner An. näherung ein lebhaftes Gewehrfeuer eröffneten.
Inzwischen war auch die Nachricht hierher gelangt, daß Herr Cordes verwundet sei, daß es ihm aber möglich gewesen sich nach der amerikanischen Mission zu retten. Der fa Kaiserlichen Gesandtschaft beigegebene Stabzarzt Dr. Velde be⸗ gab sich sofort mit einigen Trägern dorthin und Herr Cordez wurde zunächst hierher und dann nach Anlegung eines Noth verbandes von Soldaten des Detachements auf die englische Gesandtschaft gebracht, da sein Aufenthalt hier nicht sicher genug erschien, und die englische Gesandtschaft, wie ich in meinem Bericht Nr. A 112 zu erwähnen mir gestattete, alz letzter Vertheidigungspunkt ins Auge gefaßt worden war.
Die Kunde von der Ermordung des Kaiserlichen Gesandten verbreitete sich wie ein Lauffeuer und rief gewaltige Erregung hervor. Wer noch bis dahin mit der Möglichkeit gerechnet hatte, Nachmittags nach Tientsin aufzubrechen, der mußte jezt einsehen, daß an ein Entkommen nicht mehr zu denken sei.
Gegen 2 Uhr Nachmittags erhielt ich folgenden Brief aut dem Tsungli Jamen: „Das Sekretariat des Tsungli Yamen beehrt sich mitzutheilen, daß ihm soeben vom Prinzen Ching die folgende mündliche Weisung zugegangen ist. Am Eingang der zu unserem Jamen führenden Gasse seien zwei in Sãnften befindliche Beamte Ihrer Gesandtschaft, gerade als sie in die Gasse einbiegen wollten, nachdem sie selbst zuerst gefeuert hätten, von Soldaten ihrerseits angegriffen worden, wobel eine der in den Sänften befindlichen Personen getödtet worden sei man wisse aber nicht, wer der Betreffende sei. Wegen diesez wieder ganz außergewöhnlichen Ereignisses sollten sofort Lienfang und Tu ko shih sich auf Ihre Gesandtschaft begehen, um vorläufig zu kondolieren und die Soldaten, welche gefeuert hätten, sollten sogleich ermittelt und aufs schwerste bestrast werden.
Dies ist die Weisung, welche wir erhalten haben. Da indessen gegenwärtig auf den Straßen keine Sicherheit herrscht, so vermag der Dolmetscher Lienfang und sein Kollege sich nicht zu Ihnen zu begeben.
Indem wir uns beehren, dies zu erklären, bitten wir um gefällige weitere Veranlassung.“
Form und Inhalt dieses Briefes ließen deutlich erkennen, daß die Verfasser desselben, oder vielmehr diejenigen, in deren Auftrag er geschrieben war, sich wohl bewußt waren, wer der Ermordete sei. Das Schreiben trug nicht die sonst übliche Adresse: „An den Kaiserlich deutschen Gesandten“, sondern war an die deutsche Gesandtschaft als solche gerichtet; jede Anrede war im Text vermieden; auch lagen nicht die Karten der Minister bei, wie dies sonst der Fall zu sein pflegt.
Ich bestätigte sofort den Empfang dieses Schreibens und theilte dem Tsungli Yamen mit, daß der Ermordete der Kaiserlich deutsche Gesandte gewesen sei. Gleichzeitig ersuchte ich das Jamen, alle Bemühungen eintreten zu lassen, um die Leiche aufzufinden und sie der Kaiserlichen Gesandtschaft zu übergeben. Eine Antwort auf dies Schreiben habe ich nie erhalten.
Am späteren Nachmittage traf dann noch eine Note des Tsungli Jhamen an den Doyen des diplomatischen Korps ein, in der erneut auf die Unsicherheit in den Straßen der Haupt— stadt hingewiesen und an die Gesandten die Bitte gerichtet wurde, falls sie dem Tsungli Yamen Mittheilungen zu machen hätten, dies schriftlich zu thun, da bei einem persön— lichen Besuch ein Unglück sich ereignen könne. Am Schlusse wurde hinzugefügt, daß diese Note erst nach Rücksprache mit den Prinzen im Laufe des Vormittags hätte redigiert, und dann infolge des Gewehrfeuers auf den Straßen nicht sofort hätte übergeben werden können. Auch wenn diese Note eher eingetroffen wäre, hätte sie wohl kaum den Erfolg gehabt, den Kaiserlichen Gesandten von dem einmal gefaßten Entschluß abzuhalten, sich persönlich nach dem NYamen zu begeben und mit diesem Schritte einen letzten Versuch zur Rettung der Situation zu wagen. Nach seiner Ermordung redigiert, bot sie nur einen Beweis mehr für das schmachvolle Splel, das die chinesische Regierung bisher und feitdem mit den Ver— tretern der Mächte getrieben.
Nachdem Graf Soden ohne Nachricht über den Verbleib der Leiche des Herrn Gesandten hierher zurückgekehrt war, und ich auch aus den Erzählungen des Dolmetschers Cordes die feste Ueberzeugung gewonnen hatte, daß an dem Tode Baron Ketteler's nicht mehr zu zweifeln sei, verblieb mir die schwere Pflicht, die Wittwe des Ermordeten von dem Schrecklichen zu unterrichten. Ich hatte Mrs. Conger, die Gattin des ameri⸗ kanischen Gesandten, gebeten, mir hierbei hilfreich zur Seite zu stehen, und es gelang uns schließlich, Frau von Ketteler zu bewegen, nach der englischen Gesandischaft überzusiedeln, wohin bereits die meisten Damen des diplomatischen Korps ihre Zuflucht genommen hatten; dort ist Frau von Ketteler auch bis 16. August geblieben.
Da vom Nachmittag des 21. Juni ab das Feuer der chinesischen Truppen auf uns begann, und wir derartig bon
Dolmeishen
Nachmittags zurückkehrte, erschien der zweite Amtsreiter, der
ihnen eingeschlossen wurden, daß niemand mehr das Gesandt⸗
hängten Zügeln gegen 9i/ Uhr auf der Gesandtschaft 2
Mordihnn
aftsviertel zu verlassen vermochte, so war für mich keine Möglichkeit mehr vorhanden, irgend welche Erkundigungen über den Verbleib der Leiche einzuziehen, geschweige denn, bei dem gänzlichen Mangel eines Kommunikations mittels mit der Regierung, auf die Herausgabe derselben in irgend einer Weise u bestehen. Gegen Ende Juni wurde mir durch Chinesen erüchtweise mitgetheilt, daß die Leiche vergraben sei, jedoch ohne Angabe des Ortes. Ich konnte diesem Gerüchte schon im Hinblick auf seine Quelle keinen Glauben beimessen, und war auch infolge des BVelagerungszustandes nicht im stande, dasselbe auf seine Zuverlässigkeit hin zu prüfen.
Als später am 18. Juli ein Beamter des Tsungli Yamen auf der englischen Gesandtschaft erschien, um gewissermaßen das Einstellen der Feindseligkeiten zu verabreden, wurde das oben erwähnte Gerücht von demselben mit dem Hinzufügen bestätigt, daß die Leiche in einem schönen Sarge geborgen und letzer wiederum in einem würdigen Raume untergebracht sei.
Erst am 16. August konnte Näheres festgestellt werden. Am Vormittage dieses Tages wurde mir gemeldet, daß die Leiche Baron Ketteler's in einer kleinen Seitengasse der Hatamenstraße in unmittelbarer Nahe des Orts ver⸗ graben sei, an dem die Mordthat verübt wurde. Ich begab mich sogleich in Begleitung des Stabsarztes Dr. Velde, des Premierleutnants Graf von Soden, des der Gesandtschaft attachierten Leutnants von Loesch und des Dolmetschers Dr. Merklinghaus dorthin; an der bezeichneten Stelle fanden wir einen Erdhügel; nach einigen Spatenstichen wurde der Sarg sichtbar, der Deckel wurde geöffnet und es bestand für uns Alle kein Zweifel mehr, daß wir die Leiche des Ermordeten vor uns hatten. Dieselbe wurde noch am nämlichen Abend in die Kaiserliche Gesandtschaft übergeführt und am 18. d. M. um 9 Uhr Morgens auf einer friedlichen Stelle des Gartens zur ewigen Ruhe bestattet. —ͤ
Stabsarzt Dr. Velde hatte die Leiche vorher einer ein⸗ gehenden Untersuchung unterzogen. Abschrift des über die Auffindung der Leiche aufgenommenen Protokolls beehre ich mich, Euerer Durchlaucht anliegend gehorsamst zu überreichen Anlage 3).
Zur Beisetzungsfeierlichkeit waren das gesammte diplo⸗ matische Korps sowie die Generäle mit ihren Stäben erschienen. General Liniwitsch hatte seine Militärkapelle entsandt; ein Detachement französischer, österreichischer und japanischer
Soldaten bildeten neben dem Detachement der Kaiserlichen Gesandtschaft eine Ehrenwache. Nachdem Msgr. Jarlin, Bischof der französischen Mission in Petang, die Leiche eingesegnet und ein kurzes Gebet gesprochen hatte, wandte sich Herr de Cologan, der spanische Gesandte und Doyen des diplomatischen Korps,
an die Trauerversammlung mit einer Ansprache. Ein Choral bildete den Schluß der schlichten Feier, die, obwohl ohne kirch⸗ liches Gepränge, einen tiefen und erhebenden Eindruck auf alle diejenigen machte, die erst vor kurzem aus so schwerer Be⸗ drängniß befreit waren.
Die Trauer über das Hinscheiden Herrn von Ketteler's und die Theilnahme an dem verhängnißvollen Schicksale, das ihn betroffen, ist hier eine wahre und aufrichtige gewesen: sein männliches Wesen, seine Thatkraft und seine Entschlossen⸗ heit hatten ihm die Liebe und Achtung der weitesten Kreise gesichert. An jenem Tage, an welchem die chinesische Regierung die Aufforderung ergehen ließ, Peking innerhalb 24 Stunden zu verlassen, war er einer von denen gewesen, die sich dagegen gesträubt, ihren Posten zu verlassen, indem er auf die Gefahr hingewiesen hatte, die ein solcher Entschluß für Alle zur Folge haben würde. Erst als die Kunde eintraf von dem ruchlosen Mordanschlage, dem er zum Opfer gefallen, erkannte man all—
„gemein, wie recht er gehabt, und ein Jeder fühlte, daß er durch seinen Tod Alle gerettet. . von Below.
Seine Durchlaucht den Herrn Reichskanzler Fürsten zu Hohenlohe⸗Schillingsfürst.
An
Anlage zum Berichte der Kaiserlichen Gesandtschaft zu Peking vom 29. August 1900.
Die Ermordung des Kaiserlichen Gesandten, Freiherrn von Ketteler in Peking. Angaben des Augenzeugen, Gesandtschafts⸗Dolmetschers Cordes.
Ich war am Nachmittage des 19. Juni vom Kaiserlichen Gesandten Freiherrn von Ketteler zum Tsungli JYamen geschickt, um, wie am Tage vorher, abermals die Zurückziehung der unserem Posten in der Lichtzentrale auf wenige Schritte Ent— sernung gegenüberliegenden Tungfu? hsiangschen (Kans̃u Truppen nachdrücklich zu verlangen. Der mich empfangende Abtheilunge⸗Direktor, Sekretär Sung, eine mir seit Jahren bekannte Persönlichkeit, war außerordentlich nervös und sprach in abgerissenen Sätzen von „einer großen Veränderung der Sachlage · „es werde schwer halten, die chinesischen Truppen im Zaume zu halten“ — „in der chinesischen Regierung gehe alles drüber und drunter“ — „eine Note von Chün⸗chi⸗chu Staaterath, oberste Reichsbehörde) sei schon unterwegs an die Gesandischaften, und daraus werde ich das Uebrige ersehen.“ — Ich hielt unter diesen Umständen jedes weitere Palaver fir üierflussig, machte Sung dafür verantwortlich, daß die
orderung meines Chefs, betreffend die Zurückziehung der nansu Truppen an den betreffenden Oberstkommandierenden, Großselretãr Jung⸗lu, gelange, und ging zurück. Bei meiner Rückkunft in die Gesandtschaft meldete ich Herrn von Ketteler
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daß ich die Sachlage für sehr bedenklich halte. Nach kurzer
Zeit 6 Uhr) kam die Note des Jamen, worin der Gesandt⸗
schaft eine Frist von 24 Stunden bis zum Verlassen der
Hauptstadt gegeben wird. — Herr von Ketteler sträubte
sich dagegen, zu glauben, daß die chinesische Regierung ernst⸗
haft meine, was in der Depesche gesagt sei. Sie sei
vom Wahnsinn diktiert. Wir müßten die beiden Prinzen
persönlich noch einmal sehen, um ihnen ernsthaft ins Gewissen
zu reden. Wir dürften, ohne diesen letzten Versuch zu machen,
eine schwer errungene diplomatische Position nicht aufgeben,
die Milliarden kosten werde, um sie wiederzuerlangen. —
So wurden in einer Antwortnote, welche dem Yamen um
9 Uhr Abends zugestellt wurde, und über deren rechtzeitige
Ablieferung im Yamen eine Quittung vorliegt, die beiden
Prinzen Ching und Tuan für den nächsten Morgen 9 Uhr um eine Unterredung im Tsungli YJamen gebeten.
Abends spät hatte ich noch eine längere Unterredung mit meinem Chef im Garten. Ich versprach mir nach dem am Nachmittag im amen gewonnenen Eindruck wenig Erfolg von der Unterredüng mit den Prinzen, zweifelte überhaupt stark daran, ob wir dieselben am nächsten Morgen im Yamen antreffen würden. Ich suchte auf einen Ent⸗ schluß zu drängen, ob wir gehen oder bleiben wollten. Wenn es möglich sei, so sollten wir meines Erachtens pflichtmäßig bis zur Ankunft der Ersatztruppen uns halten. Dies sei zwar, da morgen um 4 Uhr Nachmittags die Soldaten wahrscheinlich gegen uns losgelassen würden, fast sicherer Tod, aber es sei nicht zu verkennen, daß der Abzug mit dem großen Troß an Frauen, Kindern und Chinesen, den wir mitzunehmen ge⸗ zwungen seien, mit Rücksicht auf die gänzliche Unzuverlässig— keit der chinesischen Truppen auch seine großen Gefahren habe. Ich gebrauchte bei dieser Gelegenheit das Bild von Hunden, die man im Zaume halten könne, so lange man ihnen die Stirn zeige, die sich aber in blinder Wuth auf uns stürzen würden, sobald wir den Rücken wenden sollten. Herr von Ketteler war ganz meiner Meinung, wollte aber auf den letzten Versuch nicht verzichten, persönlich auf die leitenden chinesischen Regierungsvertreter einzuwirken.
Am 20. Juni, Morgens um 8 Uhr, kam der Herr Ge⸗ sandte zum Yamen⸗Besuch angezogen zu mir und sagte, er gehe voraus nach der französischen Gesandtschaft, wo eine Konferenz der fremden Vertreter stattfinde. Ich möge 20 Minuten später mit den beiden Sänften folgen. Eine bewaffnete Eskorte (1 Unteroffizier und 4 Mann vom Schutzdetachement) solle bei der österreichischen Gesandtschaft auf uns warten.
Ich verließ, wie angewiesen, die deutsche Gesandtschaft mit den Sänften und den gewöhnlichen beiden Amtsreitern (Chinesen) um 8 Uhr 20 Minuten Vormittags und wartete in einer der Vorhallen der französischen Gesandtschaft auf die Beendigung der Konferenz. Da ich den Herrn Gesandten ohne Waffen hatte fortgehen sehen, so hatte auch ich den Winchester⸗Karabiner, den ich auf Anrathen des Gesandten auf diesen Wegen in den letzten Tagen stets mitgenommen hatte, zu Hause gelassen. — Kurz nach 8 / Uhr kam Herr von Ketteler allein aus der Versammlung. Er sah etwas nervö;t aus. Als wir die Sänften bestiegen, meinte er, ob es nicht vielleicht gerathen sei, die bewaffnete Eskorte zurückzulassen. Ich antwortete — hatte ich doch an den beiden vorhergehenden Tagen denselben Weg unangefochten allein gemacht, ohne daß dem Yamen mein Besuch angekündigt und damit eine Gelegenheit gegeben wäre, für die Sicherheit des Weges zu sorgen —, daß die bewaffnete Eskorte geeignet sei, Aufsehen zu erregen und des halb wohl besser zurückbleibe. Ich mache aber darauf aufmerksam, daß ich gänzlich unbewaffnet sei: Wir müßten die Verantwortung für alles, was geschehe, der chinesischen Regierung überlassen, die auf unsern Besuch vorbereitet sei. Der Gesandte antwortete hierauf nicht. Ich hatte, indem ich mich der Meinung des Gesandten, daß die Eskorte besser zurückbleibe, anschloß, besonders Patrouillen und kleinere Trupps bewaffnete und un⸗ bewaffnete Kansusoldaten im Auge, auf die ich bei anderen Gelegenheiten nördlich des Gesandtschaftsviertels gestoßen war. Sie hatten mich bisher frei passieren lassen, ja sogar mehr oder weniger freundlich mit mir gesprochen. Der Anblick von 5 mit Gewehren bewaffneten fremden Soldaten mußte aber auf diese verwilderte und von großem Selbstvertrauen beseelte Soldateska entschieden eine herausfordernde Wirkung haben und sie zu Thätlichkeiten reizen, zumal die Kansuleute leicht in großer Ueberzahl auftreten konnten und erst drei Tage vorher mehrere ihrer Kameraden, welche sich aggressiv benommen hatten, von einer unserer Patrouillen ganz nahe der Gegend erschossen waren, die wir zu passieren hatten.
Wir verließen die französische Gesandtschaft und bogen hinter derselben gleich links in die nach dem Zollhaus und der österreichischen Gesandtschaft führende Querstraße ein. An der österreichischen Barrikade auf der Chang⸗an⸗Straße stand unsere Eskorte. Der Herr Gesandte schien im Verübergehen an der⸗ selben noch einen Moment zu schwanken, ob er sie mitnehmen solle oder nicht. Erst als er die Barrikade passiert und die Eskorte das Gewehr über genommen hatte, um zu Folgen, sagte er zu dem Unteroffizier: Sie bleiben hier, bis wir aus Sicht find. Dann kehren Sie in die Gesandtschaft zurück; ich brauche Sie nicht.“ — ö. . gingen die Chang⸗an⸗Straße nach Osten hinab. Ich sah, wie der Führer der Sänftenträger den Vorhang vor der Sänfte des Gesandten herablassen wollte, und hörte, wie Herr
spiele. So bogen wir mit offenem Visier in die Hatamen⸗ Straße hinein? Hier stand eine Menge Menschen, welche uns mit Interesse betrachteten, ohne jedoch die geringste Neigung zu Feindseligkeiten zu zeigen. Unsere beiden Sänften gingen auf dem erhöhten Straßendamm dicht hintereinander. Von den beiden chinesischen Reitknechten ritt einer wie gewöhnlich vorauf, der andere folgte den Sänften. Als wir den Tungtan⸗ Pailou (Ehrenbogen) passierten, sah ich einen von 4 bis 5 Lanzen⸗ trägern begleiteten chinesischen Karren vor uns. Dieser Karren fesselte eine Weile meine Aufmerksamkeit. Als ich den Blick von ihm wieder auf die 3 Schritte vor mir getragene Sänfte des Herrn Gesandten richtete, sah ich ein Bild, welches mein Blut eine Sekunde zum Stocken brachte: Links neben der Sänfte, welche soeben die Polizeistation nördlich des genannten Pailou passiert hatte, stand wie aus der Erde gewachsen ein Bannersoldat (augenscheinlich Mandschu) in voller Uniform, Mütze mit 6. 6) Rangknopf und blauer Feder, in Anschlagstellung, die Gewehrmündung kaum einen Meter von dem Seitenfenster der Sänfte entfernt, genau da, wo sich der Kopf des Herrn von Ketteler befinden mußte — mit dem Gewehr der Bewegung der Sänfte folgend. Nicht einer der neun Sänftenträger, deren Aufmerksamkeit allerdings wohl auf den Boden gerichtet war, hatte von dem Auftreten der Erscheinung das Geringste gesehen oder gehört, denn jeder ging ruhig seines Weges. Ich rief entsetzt „halt“. In demselben Augenblick krachte der Schuß des Bannersoldaten vor mir — die Sänften wurden hingeworfen — ich sprang auf und erhielt in diesem Moment einen Schuß von links hinten, der den oberen Theil meines linken Oberschenkels und den Unterleib durchbohrte. Der Schuß war wahrscheinlich, ebenso wie bei Herrn von Ketteler auf meinen Kopf gezielt gewesen, aber durch das Hinwerfen der Sänfte und mein Aufspringen deplaciert worden. Als ich den eine Halbthür bildenden Vorhang vor meiner Sänfte entfernt hatte und in der Oeffnung derselben stand, sah ich die Sänfte des Herrn Gesandten noch vor mir stehen. Von ihm selbst war nichts zu sehen oder zu hören. Ein Augenblick des Zauderns war sicherer Tod. Ich lief, so gut ich konnte, von lebhaftem Gewehrfeuer verfolgt, nach der nächsten schützenden Straßenecke halbrechts etwa 50 Schritte vor mir. Im Moment, bevor ichdieselbe erreichte, sah ich mit einem Blick nach rückwärts die Sänfte des Gesandten noch auf dem Straßendamme stehen, ohne von ihm selbst jedoch das Geringste zu bemerken. Die Seitenstraße war ganz menschenleer. Man feuerte weiter in die enge Gasse hinein hinter mir her. Ich glaubte, ich sei in der T'angtze⸗Hutung, in der das Tsungli Jamen liegt. Dort konnte ich den Vorfall gleich melden und vielleicht Schutz finden. Ich lief, solange meine Kräfte reichten. Allmãlich hörten die Schüsse auf; aber ein paar mit Lanzen bewaffnete Leute ohne weitere Abzeichen (vielleicht dieselben, welche vorhin den Karren begleitet hatten) wollten sich die Gelegenheit nicht ent⸗ gehen lassen, einen ermatteten Fremden zu tõdten. Sie ver⸗ folgten mich eine ganze Weile und ich hörte den Einen dem Andern zurufen: „Der thuts nicht mehr lange.“ Dann fühlte ich meine Kräfte schwinden. Ein Halbdunkel legte sich vor meine Augen. Ich sah hinter mir nur noch einen Lanzen⸗ träger, der im Laufen Stoßbewegungen nach mir machte. Auf Alles gefaßt, ging ich langsamer und hielt das mit schwarzem Tuch überzogene Armbrett der Sänfte, welches ich instinktiv mitgenommen hatte, zum Schutze gegen die Sonne über meinen unbedeckten Kopf. Dieses Armbrett muß mein Verfolger wohl für eine der unheimlichen Waffen gehalten haben, mit denen die Chinesen uns Fremden stets ausgerũstet glauben. Die Lanze blieb zurück. . ö
Daß ich nicht in die Tangtze Hutung, sondern in eine Parallelstraße derselben, die Shih⸗Tajen⸗Hutung gerathen war hatte ich inzwischen gemerkt und suchte des halb an der nãchsten Straßenecke nach Süden abbiegend, die amerikanische Mission am Hatamen zu erreichen. Ich schleppte mich mit halbge⸗ schlossenen Augen und bluttriefenden Kleidern durch eine Menge belebter Nebengassen, jeden Augenblick den Zusammen⸗ bruch meiner Kräfte oder das Wiederauftauchen der Mord⸗ gesellen erwartend. Die Chinesen in den Straßen liefen bei meinem Anblick zum theil in die Häuser, theils starrten sie mich stumm und ausdruckslos an. Ein paar Mal fragte ich, ob ich auf dem Wege zum Hatamen sei. Man antwortete nicht, um sich den Nachbarn nicht als Helfershelfer verdächtig zu machen. — Nach etwa halbstündiger Wanderung sah ich endlich erst die ersehnte Krenelierung der Stadtmauer und dann die Gebäude der amerikanischen Mission vor mir. Ich kroch von freundlichen Chinesen unterstütz durch einen Stacheldrahtzaun und sah wenige Schritte von mir zwei europäische Gestalten. Dann brach ich ohnmächtig zusammen. Nur der Gedanke an das grausame Spiel, das man mit mir treiben würde, wenn ich den Schlächtern lebend in die Hände fiel, hatte mich bis dahin aufrecht erhalten
Man trug mich in eins der Missionshäuser und verband meine Wunden. Zugleich schickte man, da ich zu meinen Landsleuten gebracht zu werden gebeten hatte, nach unserem Stabsarzt Dr. Velde. Durch ihn schickte ich die erste Nach⸗ richt von dem Geschehenen an die Gesandtschaft und wurde dann — es war inzwischen gegen Mittag geworden von Soldaten unseres Detachements in die deutsche Gesandtschaft getragen. . .
Von den unsere Sänften begleitenden Chinesen ist, wie der Vorreiter Liu mir nachträglich erzählte, außer einem Sänftenträger, der von einer Kugel wohl zufällig an der
von Ketteler sich dieses verbat. Mir gefiel dieses neue Zeichen
ofort, was ich erfahren hatte, und machte kein Hehl daraus,
der männlichen Art meines Chefs, und ich folgte seinem Bei⸗
Schulter gestreift wurde, Niemand verletzt. Der hinter den