— Am 18. d. M. hat der hiesige Kaiserlich chinesische Ge⸗ J
sandte dem Auswärtigen Amt ein telegraphisch hierher über⸗ mitteltes, vom 14. November datiertes Schreiben des Kaisers von China überreicht, das in Uebersetzung snutet:
Der große Kaiser der Ta Tsing⸗Dyaastie entbieret Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser Grüße.
Euerer Majestät Erwiderung guf Unser Telegramm haben Wir erhalten. Mit Freude und Hochachtung ersehen Wir darauz, daß Euere Majestät von freundschaftlichen Gefühlen für Uns beseelt sind und Uns (far die Vorkommnisse) persön— lich nicht verantwortlich machen wollen.
Infolge der Mißgriffe, die Wir in der Wahl Unserer Beamten gemacht haben, st Euerer Majestät Gesandter ohne sein Verschulden ein Opfer (der Wirren) geworden, was Wir auch jetzt noch auf dos Tiefste bedauern. Es ist gerecht, daß Wir die schuldigen Würdenträger mit besonderer Strenge und entsprechend best'rafen, um den Gesetzen und dem allgemeinen Rechtsgefühl Genugthuung zu gewähren.
Soeben erhielten Wir von Unserm Gesandten Herrn Lü Hai Haan ein telegraphisches Memorial, daß Euere Majsstät bereits geruht haben, Instruktionen behufs Er— ösfnung der Verhandlungen mit Unseren Bevollmächtigten an den General⸗Feldmarschall Herrn Grafen Waldersee und den Kaiser— lichen Gesandten Herrn Mumm von Schwarzenstein zu er— lassen. Es geziemt sich daher, daß Wir auch Unsererseits Be⸗ fehle an alle Unsere Bevollmächtigten ertheilen, damit die Ver—⸗ handlungen, den Bedürfnissen Rechnung tragend, zu einem be— friedigenden Resultat geführt und friedliche Beziehungen haldigst wieder hergestellt werden.
In Euerer Majestät Erwiderung (auf Unser früheres Telegramm) wird Uns gerathen, nach Peking zurückzukehren, was Wir als ein Zeichen Euerer Majestät freundschaftlichen Gesinnnng für Uns auffassen. Sobald die Friedens— verhandlungen die gewünschten Ergebnisse zeitigen, werden Wir sofort die Zeit Unserer Rückkehr bestimmen.
Da die christlichen Missionsthätigkeiten den Angehörigen verschiedener Staaten vertragsmäßig zugestanden sind, so ist es Unsere Pflicht, in Zukunft die höchsten Provinzialbeamten strengstens anzuweisen, diesen Missionen besonderen Schutz an⸗ gedeihen zu lassen, um alle Streitigkeiten auf immer beizulegen. Indem Wir Euerer Majestät hierdurch nochmals Unsere Ge— sinnungen kundgeben, hoffen Wir hierfür Allerhöchstderselben Anerkennung zu finden.
In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer d. Bl. wird ein Bericht des Kaiserlichen Legationsraths von Below an den Kaiserlichen Gesandten Dr. Mumm von Schwarzenstein über den Mörder des Freiherrn von Ketteler veröffentlicht.
Die Ausschüse des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen hielten am Sonnabend Sitzungen. Heute beriethen die Aus⸗ schüsse für Rechnungswesen, für das Landheer und die Festungen und für das Seewesen.
In der Zeit vom 1. April bis zum Schlusse des Monats Oktober 1900 sind im Deutschen Reich folgende Einnahmen (einschließlich der kreditierten Beträge) an . und gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern
owie andere Einnahmen nach dem „Centralblatt für das Deutsche Reich“ zur Anschreibung gelangt:
Zölle 287 944 043 S (gegen das Vorjahr 4 6774 994 M), Tabacksteuer 6 459 739 S (4 47797 Æ), Zuckersteuer und ch an zu derselben 71 814 264 de ( 10414068 MS), Salzsteuer 27 136 741 SZ (4 188228 S), Maischbottich⸗ und Branntwein materialsteuer — 792 801 M (4 725 416 Mh, Verbrauchsabgabe von Branntwein und Zuschlag zu derselben 78 5384 534 S6 (— 1709 367 S), Brennsteuer — 809 643 M ( 9309 S, Brausteuer 19 638 993 M ( 590 502 Mc), Uebergangsabgabe von Bier 2390599 S (4 30570 ( ), Summe 492316469 Sn (4 17 168 517 A4). Stempelsteuer . A. Werthpapiere 15 380 614 M6 (4 4035 834 M),
Kauf- und sonstige Anschaffungsgeschäfte 7941 704 6 ö. 1127712 4M), e. Loose zu: Privatlotterien 3 037 142 M4 4252 516 A6), Staatslotterien 9 848 770 9 (4 1136164 6), d. Schiffsfrachturkunden 300 520 M66 (4 300 520 M66), Spiel⸗ kartenstempel 812 331 4 (4 16496 S6), Wechselstempelsteuer 7566 479 A6 (4 666 246 M6).
Die zur Reichskasse gelangte Ist⸗Einn ahme, abzüglich der Ausfuhrvergütungen und Verwaltungskosten, beträgt bei den nachbezeichneten Einnahmen: Zölle 260 697 603 4 5 605 456 S6), Tabacksteuer 7 762 893 M (— 1121 202 A6),
uckersteuer und Zuschlag zu derselben 67 654 879 MS 8 3 S880 772 M4), Salzsteuer 26 341 828 S6 (4 1034 085 M),
aischbottich und Branntweinmaterialsteuer 5 496 828 MS (4 1368 845 6), Verbrauchsabgabe von Branntwein und Zu— . zu derselben 66 159 625 S (— 2663 636 „M), Brenn⸗ teuer — 809 644 M (4 97 308 M6), Brausteuer und Ueber⸗ ne, . von Bier 18 720 402 M (4 526 041 M0,
umme 452 24 324 M (4 15 727 669 M). — Spielkarten⸗ stempel 818 755 S6 (4 42736 Mc).
Dem Regierungs⸗Assessor Dr. von Strempel in Posen ist vom 1. Januar k. J. ab die kommissarische Verwaltung * ,, im Kreise Ohlau, Regierungsbezirk Breslau, übertragen.
Der Regierunge⸗Assessor Dr. Schmieder in Schmal⸗ kalden ist dem Landrath des Kreises Gelnhausen zur Hilfe⸗ leistung in den landräthlichen Geschäften zugetheilt.
Die im Relchs⸗Essenbahnamt aufgestellte Uebersicht der Betriebs⸗Ergebnisse deutscher Eisenbahnen im Monat Oktober 1900 ergiebt für 69 Bahnen, die schon im Oktober 1899 im Betriebe waren, Folgendes:
Gesammtlänge: 43 560, 65 km.
im gegen auf gegen Ganzen das ahr 1kRm das Vorjahr
6 6 6 6 L
für alle Bahnen im Oktober 1900
aus dem Per⸗ sonenverkehre 42813723 1 903 4090 10044 30 4 3,08 aus dem Güter⸗ verkehre .. 110554460 45 986 937 2545 4 99 4 4.05
für die Bahnen mit dem Rechnungsjahre 1. April — 31. März in der Zeit vom I. April bis Ende Oktober 1900 aus dem Per⸗
sonenverkehre 2Wr0lstss . 26 os go . beg 4 6,98 aus dem Güter⸗ verkehre . . 603452109 439262074 16 356 4 798 44 513
für die Bahnen mit dem Kö L. Januar — 31. Dezember in der Zeit vom 1. Januar bis Ende Oktober 1900 aus dem Per⸗ / . sonenverkehre 67 399132 42795614 10 8144 2724 2,58 aus dem Güter⸗ verehre. 122822770 5717 826 19 379 4 573 4 3,05 Eröffnet wurden: am 1. Oktober Gr⸗Düngen — Salz⸗ detfurth 5,40 km (Direktionsbezirk⸗ Hannover), Morgenroth — Karf 273 km (Direktionsbezirk Kattowitz, Rahden — Sulingen 33,40 km (Direktionsbezirk Münster), die Verbindungsbahnen von Bismarck i. W. nach Herne 1,44 km und Reckling— hausen Bruch O,! km (Direktionsbezirk Essen) und der Kanalanschluß in Meppen 1 km (Meppen⸗Haselünner Eisen— bahn), am 3. Oktober Derenburg— Minsleben 640 km (Halberstadt⸗Blankenburger Eisenbahn) und am 4. Oktober k 3,8? kim (Nauendorf⸗Gerlebogker Eisen⸗ ahn). U
Einnahme
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Fürst Bismarck“, Kommandant: Kapitän zur See Graf von Moltke, am 17. November in Tsingtau eingetroffen und beabsichtigt, am 21. November von dort nach Schanghai in See zu gehen. Der Chef des Kreuzer-Geschwaders, Vize⸗ Admiral Bendemgnn hat gestern seine Flagge wieder auf S. M. S. „Fürst Bismarck“ gehißt.
S. M. S. „Weißenburg“, Kommandant: Kapitän zur See Hofmeier, ist gestern in Wusung und S. M. S. „Hela“, Kommandant: Korvetten-Kapitän Rampold, an demselben Tage in Tschinkiang angekommen.
S. M. S. „Schwalbe“, Kommandant: Korvetten⸗Kapitän
Boerner, ist heute von Tschinkiang nach Wuhu in See ge— gangen. S. M. S. „Vineta“, Kommandant: Kapitän zur See da Fonseca⸗Wollheim, ist am 17. November in Trinidad eingetroffen und heute von dort nach Santa Lucia in See gegangen.
Kiel, 19. November. Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Heinrich sind gestern Abend, wie „W. T. B.“ meldet, nach Cronberg abgereist und ge⸗ denken am 22. d. M. hier wieder einzutreffen.
Sachsen. Ihre Majestäten der König und die Königin sind, wie das „Dresdner Journal“ meldet, am Sonnabend von Sibyllenort wieder in Dresden⸗Strehlen eingetroffen.
Oesterreich⸗Ungarn.
In einer gestern in Prag abgehaltenen Versammlung der Vertrauensmänner der deutsch-fortschrittlichen Partei Böhmens wurde, dem „W. T. B.“ zufolge, ein—⸗ stimmig der vorgelegte Entwurf eines Wahlaufrufs ange— nommen; außerdem wurde eine Anzahl Kandidaturen genehmigt, darunter diejenige des Beisitzers des Landesausschusses Verunski für den Stadtbezirk Trautenau. Pergelt be— sprach die politische Lage und wies auf die Hauptforderungen der Deutschen hin, namentlich auf die Erlangung des Deutschen als Staatssprache und die nationale Scheidung auf allen Gebieten.
Die „Neue Freie Presse“ meldet aus Brixen, der Fürst⸗ bischof in Brixen habe seine Billigung des Kompromisses im deutschen Süd⸗Tirol widerrufen und sich für die Wahl des Barons Di Pauli ausgesprochen.
Frankreich. Nach einer Meldung des „W. T. B.“ ist Dr. Leyds gestern Abend in Marseille eingetroffen.
Ruszland.
Am Son nabend ist, wie die „Russische Telegraphen⸗
Agentur“ meldet, in Livadia folgendes Bulletin über das Befinden des Kaisers ausgegeben worden: Der Kaiser brachte den gestrigen Tag gut zu. Im Verlauf des Tages schlief Seine Majestät eine Stunde. Die Temperatur war 38, 10, der Puls 72. Die Nacht hindurch schlief der Kaiser binlänglich gut. Am Morgen war die Temperatur 38,1, der Puls 70. Das All gemeinbefinden ist gut und der Verlauf der Krankheit regelmäßig.
Gestern Vormittag ist das nachstehende Bulletin er⸗ schienen:
Der Kaiser brachte den gestrigen Tag gut zu. Allerhöchstderselbe schlief ein wenig. Der allgemeine Zustand war befriedigend, das Befiaden gut. Um 9 Uhr Abends war die Temperatur I8,7 6, der Puls 64. Die Nacht bindurch schlief der Kaiser sehr gut. Heute Morgen war das Befinden gut, der Kopf ganz klar. Um 9 Uhr Morgens war die Temperatur 37,60, der Puls 68.
Die „Nowoje Wremja“ berichtet aus Sebastopol, daß das Ministerium des Innern auf ein Gesuch der tauri⸗ schen Landschaft 199 000 Rubel für die unter Mißernte leidende Landbevölkerung des Gouvernements Taurien
ausgeworfen habe.
Italien.
Der Unter⸗Staatzsekretär im Schatz⸗ Mini ste nn rd um
Stringher ist, wie dem ‚W. T. B.“ gemeldet wi General⸗Direktor der Banca d'Italia ernannt worden
Der großbritannische Staatesekretär für die Kolonin
Chamberlain ist gestern Abend von Malta in Rom ö Gerichtsbes . urch erichtsbeschluß ist der Deputirte Pali
wegen Verdachts der Anstiftung zur Ermordun gaelin mendatore Notarbartolo vor das Schwurgericht dern g worden; durch einen früheren Bench tee f, , war Paltz n wegen Verdachts der Anstiftung zur Ermordung Mie h vor das Schwurgericht verwiesen worden. l
Spanien.
In einer gestern in Madrid abgehaltenen Versa der Majorikäten der en, und bann gab, wie „W. T. B.“ berichtet, der Minister⸗ Hr an Azearraga einen geschichtlichen Ueberblick über 1 Ministerkrisis und erklärte, er werde die Politik e Vorgänger fortsetzen und sich bemühen, das in der hre rede der Königin⸗Regentin bei der Eröffnung der Session der Cortes entwickelte Programm zu verwirklichen. Smd sprach sich rühmend über Azcarraga aus und hob hervor in Krisis sei auf seinen (Silvela's) Wunsch zurückzuführen dj . mit voller Freiheit unterstützen zu können. Versammlung schritt dann zur Wahl des Bureaus.
In Espuglas in Catalonien sind wiederum Waffenlager entdeckt worden. ;
Niederlande.
In den Bureaux der Zweiten Kammer hat die Ne gierung, wie dem „W. T. B.“ gemeldet wird, am Sonnabend die Erklärung abgegeben, die Veröffentlichung der Ven handlungen mit Großbritannien bezüglich der g= fangennahme einer niederländischen Ambulanz un der Ausweisungniederländischer Staatsan gehöriger aus Transvaal sei für den Augenblick nicht wänscheng! werth. Ferner wurde von der Regierung ecklärt, eine Inter⸗ vention der anderen Mächte in Trans vaal sei nicht dadurch verhindert worden, daß die südafrikanischen Republiken nicht zur Friedenskonferenz eingeladen gewesen seien, sondern durch das Widerstreben Großbritanniens, welches lange var der Friedenskonferenz erklärt habe, auf keinen Fall ein, Intervention oder einen Schiedsspruch in seinem Streitfall mit Transvaal annehmen zu wollen. Im Herbst 1899 habe de niederländische Regierung in London ihre guten Dienste ange⸗ boten zum Zwecke der Wiederaufnahme von Verhandlungen zwischen Großbritannien und Transvaal; diese Bemühung der niederländischen Regierung sei aber fruchtlos gewesen infolg des plötzlichen Utimatums Transvaals und infolge der Cr, öffnung der Feindseligkeiten durch die Armeen der beiden Re publiken. Nachdem der Krieg einmal ausgebrochen, würde jedes weitere Bemühen nutzlos gewesen sein; das hahe die em— schiedene Ablehnung Großbritanniens gegenüber den Vereinigten Staaten bewiesen. Die Regierung habe in London um Heim⸗ beförderung der gefangen genommenen Mitglieder der nieder, ländischen Ambulanz ersucht, aber noch keine endgültige Ant⸗ wort erhalten. Hinsichtlich der Entschädigung' der Auf, gewiesenen niederländischen Staatsangehörigen hoffe die Regie rung, daß die Angelegenheit ohne Schiedsspruch in befriedigender Weise werde geregelt werden. .
Türkei.
Eine Meldung der „Politischen Korrespondenz“ aus Kon— stantinopel bezeichnet alle Angaben über angebliche türkische Truppenzusammenziehungen oder Verstärkungen in Macedonien als grundlos, da die militärische Stellung der Türkei in Macedonien hinlänglich stark sei, um jeden Versuch eines Aufstandes zu ersticken, und sich zu außerordent— lichen Maßnahmen kein Anlaß ergeben habe, auch nicht darauf hindeute, daß die Lage einen beunruhigenden Charakter angenommen habe.
Rumänien.
Bei der Zeugenvernehmung in dem Prozeß wegen det Ermordung Fitoweki's und Michaileanu's erklärte vorgestern, wie dem, W. T. B.“ aus Buka rest berichtet wird, der als Zeuge vernommene Deputirte Bratesco, Dimitrow habe vor dem Untersuchungsrichter erzählt, er sei von Sarafow beauftragt worden, mehrere Bukarester Persönlichkeiten und unter diesen zunächs den Professor Michaileann zu ermorden. Dimitrow leugnete dies beharrlich. Der Chef der Sicherheitspolize Alexandresco erklärte, Trifanow habe ihm nach der Ermordung Fitowski's über den Verschwörungsplan gegen den König von Rumänien Enthüllungen gemacht, die zur Kenniniß des Ministers des Auswärtigen Lahovary ge— bracht worden seien. Im weiteren Verlaufe der Sitzung theille der Bruder des ermordeten Fitowski mit, seine Schwägerin sei von Ikonow unter Todesdrohung gezwungen worden, eine Erklärung zu unterschreiben, daß sie keine Ansprüche infolge des Todes ihres Gatten erheben wolle. Diese Erklärung sei im bulgarischen Amtsblatte veröffentlicht worden. Der Prokurator in Rustschuck habe dem Zeugen gesagt, er könne gegen das Geheimcomits nichts machen.
Dänemark. ⸗
Der Großfürst⸗Thronfolger von Rußland it gestern Vormittag, wie „W. T. B.“ meldet, von Kopenhagen über Gjedser — Berlin — Wirballen nach St. Petersburg ab— gereist.
Amerika. Nach einer Depesche des „New York Herald“ aus
Washington ist die Regierung der Vereinigten Staaten der Ansicht, daß das . Edikt vom 15. November, be— treffend die Bestrafung mehrerer hoher Beamten, nicht weit genug ße as Kabinet habe daher be, schlossen, den Gesandten Conger anzuweisen, er solle daran bestehen, daß der General Tung fuhsi ang bestraft werde undõ daß die Strafen für einige der in dem Cdikt anfgeführten Be= amten noch verschärft würden.
Asien. Von dem Ober⸗Kommando in Ost⸗Asien ist gestern, ö W. T. B.“ erfährt, folgende Depesche aus Peking Berlin eingetroffen: Die Kolonne des Obersten Grafen a von Wartenburg hat am 14. 8. M. Tscha⸗tau , westlich von Peking an der großen Mauer) erreicht, wo am] en vorher chinesische Kavallerle, anscheinend die Rachhut ftärker Streitkräfte, gesehen worden war. . Ein Telegramm der „Agence Havas“ aus Peking 2 17. d. M. berichtet, daß eine französische Kolonie
6. d. M. von Peling eigen on und in Touling nach einem Kampfe, in dem 300 Boxer kampfunfähig gemacht wurden, eingerückt sei. Die . . hätten keine Verluste gehabt. Das Kaiserliche Grabmal sei besetzt worden.
Eine in Paris eingetroffene Depesche des Generals Voyron aus Taku vom 1s. d. M. bestätigt die Besetzung der Grabmäler im Osten und Westen, ebenso die Hin—⸗ richtung des tatarischen Marschalls Fantai in Pagting-⸗fu. Die Depesche fügt hinzu, daß in der Gegend von Paoting⸗-fu vollständige Ruhe herrsche, obwohl die Anwesenhelt einiger Boxer gemeldet werde, — Die Arbeiten zur Vollendung der Bahn nach Hankau schritten gut fort. Der allgemeine Gesund⸗ heitszustand sei gut. .
Den „Daily News“ wird aus Peking telegraphiert: Der Fürst Uchtomski sei am 16. d. M. dort eingetroffen.
Aus Schiakwan vom 16. d. M. berichtet ‚W. T. B.“, der deutsche General⸗Konsul in Schanghai, Dr. Knappe, sei auf S. M. S., „Kur fürst Friedrich Wilhelm“, an dessen Bord sich der Kontre⸗Admiral Geißler befinde, dort eingetroffen und werde am Nachmittag eine Unter⸗ redung mit dem General⸗Gouverneur haben. Beim Passieren der Klangyin-Forts hätten die chinesischen Kriegsschiffe die Flagge des Admirals salutiert.
Der „Daily Telegraph“ meldet aus Schanghai vom I7. d. M, drei chinesische Generale mit 23 000 Mann bewegten sich längs der Grenze der Provinz Tschili, um einem weiteren, nach Westen gerichteten Vordringen der Ver— bündeten entgegenzutreten.
Nach einer in Hongkong eingetroffenen Meldung aus Canton sind, wie das „Reuter'sche Bureau“ meldet, dort zweihundert bis dreihundert Häuser durch Feuer ,, worden.
Wie dem „W. T. B.“ aus St. Petersburg gemeldet wird, besagt ein bei dem russischen Generalstab eingegangener Bericht vom JT. d. M.: Südlich von Kirin im bergigen Bassin des oberen Ssungari liegt die unter der Führung eines gewissen Chaidengu stehende Räuberrepublik Tschapitschago. Der Oberstleutnant vom General⸗ stab Durow wurde zur Aufklärung dieser Gegend mit einer aus 2 Kompagnien Jafanterie, 2 Geschützen und anderthalb Sotnien Kosaken bestehenden Kolonne ausgeschickt. Die Kolonne hatte ein Gefecht mit zwei Bataillonen regu⸗ lären chinesischen Militärs und der Miliz Chaidengu's; sie nahm zwei feindliche Geschütze; auf russischer Seite wurde ein Kosak getödtet, ein Artillerist verwundet. Zur weiteren Verfolgung des Feindes wurden vom 2. sibirischen Armer⸗Korps zwei Truppenabtheilungen abgeordnet, die erste unter General Fok mit einem Bataillon Infanterie, vier Berg⸗ geschützen und einer Sotnie Kosaken, die zweite unter General von Rennenkampf mit fünf Sotnien Kosaken. Die erste Abtheilung rückte am 29. Oktober aus Kirin aus und hatte am 31. Oktober ein Gefecht mit 30090 Chinesen in demselben Passe, in welchem der Oberstleutnant Durow mit ihnen zusammen⸗ gestoßen war; ein Kosak wurde verwundet; dem Feinde wurden zwei Geschütze abgenommen. Die zweite Abtheilung marschierte aus Schunjan, 60 Werst von Kirin entfernt, auf dem Wege Kirin —-Mugden am 28. Oktober vor und erreichte die Stadt Wogeschan 70 bis 89 Werst südöstlich von Schunjan. Am II. November kehrte sie nach Schadli⸗che, 40 Werst von Kirin am Wege Kirin — Mugden, zurück; sie hatte mit dem Feinde einen hartnäckigen Kampf: die russischen Verluste betrugen 20 Todte und 12 Verwundete. Durch die Auf⸗ . wurde festgestellt, daß die Stadt Wogeschan be—⸗
estigt sei. Eine Mittheilung der, Nowoje Wremja“ aus Wladiwostok vom 9. November weist darauf hin, daß, nach Meldungen chinesischer Blätter in Schanghai, der britische Konsul in Peking erfahren habe, daß Rußland und China ein Ueber⸗ einkommen, betreffend den Bau einer Eisenbahn von Peking über Kalgan und Urga nach Kijachta bis zur sibirischen Bahn, getroffen hätten und daß Rußland die Mandschurei und die Mongolei zu annektieren beabsichtige. In Wirklich⸗ keit verhalte sich die Sache so, daß die russischen Truppen an einen Feldzug in der Mongolei nicht dächten und in der Mandschurei keine militärischen Operationen ausführten, sondern sich streng auf den Schutz des Gebietes der mand⸗ schurischen Bahn beschränkten. Der General-Gouverneur, die Chefs der Truppenabtheilungen und der Ober-Ingenieur des Bahnbaus seien eifrig bemüht, gute Beziehungen zwischen den Russen und den Chinesen wiederherzustellen. Die Chinesen kehrten zur Bahnlinie zurück und nähmen die Arbeit wieder auf.
Die Scheuter Mission veröffentlicht, wie dem W. T. B.“ aus Brüssel mitgetheilt wird, Mittheilungen aus einem vom 20. September datierten Bericht des Provinzialsuperiors der Ostmongolei. Der Bericht enthält Einzelheiten über das Martyrium des Missionars Seegers, der am 24. Juli auf Befehl des Unterpräfekten Lung-ping⸗hsien nach schweren Mißhandlungen lebendig begraben wurde, und beruhigt so⸗ dann die Angehörigen über das Ergehen der übrigen in der Ostmongolei wirkenden Missionare. Alle Missionare aus dem südlichen Theil des Vikariats, zwanzig an der Zahl, seien in der bischöflichen Nesidenz vereinigt, nur der Pater Conard sei auf seinem Posten an der Grenze der Mandschurei verblieben und habe in einer Mittheilung von Ende August angegeben, daß 7 Missionare im Gebiet der schwarzen Ge⸗ wässer auf ihren Posten ausharrten. Der Superior meldet schließlich, daß die Missionare sich einer verhältnißmäßigen
Ruhe erfreuten, und daß der Glaube an die Unverwundbarkeit der Boxer nach den letzten Niederlagen stark erschüttert sei, wenn auch das Räuberunwesen noch in Blüthe stehe.
Aus Simla meldet das „Reuter'sche Bureau“, der Staats— sekretär für die Kolonien Chamberlain habe die Vor⸗ chläge der indischen Regierung bezüglich einer Ver⸗ besserung des , genehmigt. Die ermehrung der Friedenspräsenzstärke betrage 26 Offiziere, oh Unieroffiziere, N73 eingeborene Offiziere, 29 Thierärzte,
O0 Treiber, 2143 Kameele, und 506 Ponies.
Afrika.
Der Feldmarschall 90 Roberts berichtet aus Jo⸗ hannesburg vom 16. d. M.: Die Generale Barton und duglas, ersterer von Potschefstrom, letzterer von entersderp kommend, besetzten am 16. November Ilerksdo ry ohne auf Widerstand zu stoßen. Der General gan glas hatte Tag für Tag Geplänkel mit dem erb berg chen Kommando; er nahm dabei 15 Buren ge⸗ fungen und erbeutele viele Schafe und Rindvieh. Lord bert berichtet ferner von unbedeutenden Angriffen auf . Patrouillen und Geleitmannschaften, die an ver—
chhiedenen Punkten stattgefunden hätten. — 15 . „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Bloemfontein vom d. M., die Buren, welche Ficks burg befetzt hielten, erwarteten,
daß sich de Wet mit ihnen vereinigen werde. Dieselben hielten eine feste Stellung in den Bergen des Freistaats und seien mit Kleidern und Lebensmitteln reichlich versehen. — Wegen eines Gefechtes in der Nähe von Edenburg sei der am 14. d. M. fällige Bahnzug von Kapstadt erst am folgenden Tage in Bloemfontein eingetroffen. Die Buren seien ver⸗ trieben worden und die Bahnlinie sei gesäubert. Es heiße, daß auch ein Panzerzug in Thätigkeit gewesen sei.
Nach einem Telegramm des „Standard“ aus Durban vom 17. d. M. sei . lange Zeit hinaus keine Aussicht vor⸗ handen, daß die Uitlanders nach dem Rand zurückkehren könnten. Man glaube, bis zur ihrer Rückkehr könnten noch Monate verstreichen.
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen 69 Sitzung des Reichstages, welcher der Reichskanzler Graf von Bülow, der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky, der Kriegs⸗Minister, General der Infanterie von Goßler und der Staatssekretär des Auswärtigen Amts Dr. Freiherr von Richthofen beiwohnten, wurde zunächst der schleunige Antrag der Abgg. Albrecht und Genossen (Soz.) wegen Einstellung der gegen den Abg. Fisch er-Sachsen (Soz.) beim Königlichen Landgericht zu Bautzen schwebenden Strafverfahren ohne Debatte angenommen.
Es folgte die Verlesung der im Wortlaut bereits mit⸗ getheilten Interpellation der Abgg. Albrecht und Ge⸗ nossen (Soz.).
Nachdem der Reichskanzler Graf von Bülow sich bereit erklärt hatte, die Interpellation am nächsten Donnerstag zu beantworten, wurde der Gegenstand von der Tagesordnung abgesetzt.
Bei Schluß des Blattes begann die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Feststellung eines dritten Nachtrags zum Reichshaushalts-Etat für 1900, die China⸗Expedition betreffend. Zur Einleitung der Debatte nahm der Reichskanzler Graf von Bülow das Wort.
Statiftik und Volkswirthschaft.
Strikes und Aussperrungen im Deutschen Reiche während des Jahres 1839.
Die ausführliche Statistik der Strikes und Aussperrungen im Jahre 1899 (Band 134 der „Statistik des Deutschen Reichs“) ist zur Veröffentlichung gelangt. Das späte Erscheinen dieser Statistik berubt, wie in den Vorbemerkungen hervorgehoben wird, darauf, daß die Beantwortung der in den Nachweisungen vorgedrucklen Fragen in außerordentlich zahlreichen Fällen zu Beanftandungen und Rückfragen seitens des Statistischen Amts geführt bat, deren Erledigung auf dem vorgeschriebenen Dienstwege bedeutende Zeit in Anspruch nahm, eine mit Rücksicht auf die Neuheit der gestellten Aufgabe durchaus nicht befremdliche Erscheinung. Voraussichtlich wird sich künftig die Fertigstellung dieser Statistik binnen 6 Monaten nach Abschluß des Berichtsjahres ermöglichen lassen.
Die Ergebnisse der amtlichen Zäblung sind mit den im September veröffentlichten Ziffern der gewerkschaftlichen Statistik nur schwer ver— gleichbar, da in beiden Statistiken die Zählung der Strikefälle, ihre Unterscheidung in Einzelstrikes und Gruppenstrikes nach verschiedenen Grundsätzen erfolgt, in den amtlichen Feststellungen die Höchstzabl, in den gewerkschaftlichen Ermittelungen die Gesammtzahl der Stritenden erfaßt werden soll u. s. w.
Amtlicherseits werden für das Berlchtsjabr 1336 Strikez gejählt, von denen bereits 14 vor dem 1. Januar 1899 be— gonnen hatten, und von denen 48 am 31. Dezember des genannten Jahres noch nicht beendet waren. Von 1288 innerhalb des Jahres 1899 zur Beendigung gelangten Strikes wurden überhaupt 7121 Betriebe betroffen, in denen bei Ausbruch der Bewegung 266 858 Arbeiter, darunter 40 062 im Alter von unter 21 Jahren beschäftigt waren; 1090 Betriebe wurden zum völligen Stillstand ge⸗ bracht. Die Höchstzahl der gleichieitig Strikenden belief sich auf 99 338 Personen (15 600 unter 21 Jahren), von denen 71968 (8343 unter 21 Jahren) bei Ausbruch des Strikes zur sofortigen Arbeitsniederlegung berechtigt waren, während die übrigen als kontrakt⸗ brüchig nachgewiesen werden. Angriffsstrikes werden im Ganzen 1019, Abwehrstrikes 269 gezäblt. Vollen Erfolg hatten die Strikenden in 331, theilweisen in 429, überhaupt keinen Erfolg in 528 Fällen. Unter den Fällen des theilweisen Erfolges wurden diejenigen be⸗ sonders berücksichtigt, in welchen den Strikenden voller oder twbeil— weiser Erfolg in Bezug auf Erhöhung des Arbeitslobnes (238 Fälle) oder in Bezug auf Verkürzung der Arbeitsseit (22 Fälle) oder endlich in Bezug auf beide Forderungen gleichzeitig (34 Fälle) zu theil wurde. Eine Anzahl von Uebersichten bringt die Strike bewegung des Jahres 1899 unter verschiedenen Gesichtspunkten zur Darstellung.
Aussperrungen werden insgesammt 28 gezählt, von denen 23 innerhalb des Berichtsjahres aufgehoben wurden. Von den letzteren wurden 427 Betriebe mit 8290 beschäftigten (darunter 408 unter 21 Jahre alten) Arbeitern betroffen, von denen überhaupt 5293 Per sonen (219 unter 21 Jahren) ausgesperrt und außerdem 1728 infolge der Aussperrung zum Feiern gezwungen wurden.
Zur Arbetterbewegung.
Aus Am sterdam wird der Rh.⸗Westf. Ztg. unterm 18 d. M. mitgetheilt, daß die Dockarbeiter der dortigen großen Handels⸗ genossenschaft „Blaauwhoedenveem die Arbeit niedergelegt haben, weil die Direktion seinerzeit 33 festen Arbeiter engagiert hatte, deren sofortige Entlassung von den Ausständigen nunmehr verlangt wird (vergl. Nr. 264 d. Bl).
Kunst und Wissenschaft.
Anläßlich des 25 jährigen Jubiläums des preußischen Ober⸗-Verwaltungsgerichts, welches dieser am 20. No⸗ vember 1875 zum ersten Male zusammengetretene höchste preußische Gerichtshof fur streitige Verwaltungssachen morgen kegeht, hat die rechts ⸗ und staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg i. Br. ein ehemaliges ung ein gegenwärtiges Mitglied dieses Gerichtshofes, welche sich beide auch durch eine frucht bare literarische Thätigkeit ausgezeichnet haben, zu Ehren⸗Doktoren der Rechte ernannt, nämlich den Senats⸗Präsidenten a. D., Wirklichen Geheimen Rath Albrecht Wilhelm Jebens in Charlottenburg und den Ober. Verwaltungsgerichtsrath Karl Maximilian Schu ltzen stein in Berlin. — Die Redaktion dez „ Preußischen Verwaltungsblatts“ (Berlin, Karl Heymann's Verlag) hat zum 25jährigen Bestehen des Ober⸗ Verwaltungsgerichts eine Festnumm er herausgegeben. Dieselbe wird durch eine Skizze -Zur Geschichte des Ober. Verwaltungs
erichts! bon dem Wirklichen Geheimen Ober Regierungsrath söll eröffnet, in der an der Hand des Staatshaushalts-⸗Etats gezeigt wird, wie das Gericht in den 25 Jahren zu seinem gegenwärtigen Bestande allmählich angewachsen ist. Dann folgen Auf⸗ säße von dem Geheimen Justizrath, Professor Dr. Zern in Bonn über Verwaltung und Verwaltunggrechispflege', von Professor Dr.
Anschütz in Heidelberg über allgemeine Begriffe und
Lehren des Verwaltungsrechts nach der Rechtsprechung des Ober · Verwaltungs gericht. von Stadtrath Kippelmann in Erfurt über das Ober⸗Verwaltungsgericht und di⸗ r der Ge⸗ meindeverwaltung sowie Urtheile einer größeren Zihl von hervor⸗ ragenden deutschen Rechtslehrern über das Ober⸗Ver waltungsgericht, der Professoren Robert Pilety. Würzburg, H. Rehm Erlangen, Max von Seydel und Freiherr K. von Stengel in München, Jolly⸗Tübingen, Hatschek und Georg Jelltnek in Heidelber, Rosin , Fretburg 1. B., Laband und Otto Mayer in Straßburz i. E, Arndt Königsberg j. O. Pr., Bornbhak und Ftohler in Berlin, Brie⸗Breal u, Hänel und Leidig in Kiel, Edgar Loening⸗ Halle a S. und Stoerk Greiftwald. Ven Schluß bildet eine Zusammenstellung der „Laufbahnen der früberen und der gegenwärtigen Mitglieder des Ober- Verwaltungs⸗ gericht?“ von dem Burauvorsteher des letzteren, Geheimen Rechaungs⸗ rath Solltmann — Auch im neuesten Heft des im gleichen Verlage erscheinenden Verwaltungsarchipvs“ ist dem Ober ⸗Verwaltungs⸗ gericht ein Aufsatz gewidmet, in welchem der Ober⸗Verwaltungs⸗ gerichtsrat; Scultzenstein die Bedeutung der Verwaltungggerichts backeit in Peeußen und die bisherige Thätigkeit des Ober⸗V:rwaltungs⸗ gerichts schil dert.
A. F. Im Theatersaal der Urania“ hielt Professor Marshall aus Leiprig am Mittwoch v. W. einen sehr interessanten Vortrag über daz Thema: „Der beabsichtigte und unbeabsichtigte Einfluß des Menschen auf die Verbreitung der Thiere. Raum für Alle hat die Erde“, begann der Redner, so läßt der Lieblinge—⸗ dichter unserer Nation den Bergegalten zum Schutz der Thierwelt sagen. Ist er damit im Recht? Fast scheint es, daß die Frage der= neint werden muß, wenn man um sich schaut und ganze Thier⸗ geschlechter am Aussterben, andere in absehbarer Zeit ihrem Untergang entgegengehen sieht. In Wahrheit fiadet ein beständiger Kampf um den Raum sür die Thierwelt statt, und der wichtigste und ent= scheidendste Faktor in diesem Kampfe ist der Mensch. Diesen Gedanken führte der Redner nun an einer langen Reihe von Beispielen näher aus. Absichtlich oder unabsihtlich übt der Mensch auf die Thierwelt bald einen fördernden, bald einen unterdrücken den Einfluß aus. Er zähmte die Hausthiere und gewöhnte sie an sich. Gleich ihm existieren sie in allen Klimaten relativ gut; aber der Mensch ließ es auch geschehen, das sie, wo Platz für diese Entwicke—⸗ lung war, wie in Amerika, sich seiner Kontrole entzogen und wiederum verwilderten jum Schaden einer anderen, vor ihr vorhandenen Fauna. Schon vor 100 Jahren schätzte Humboldt die Zahl der in Amerita wild lebenden Pferde, welche dort in der vorkolumbischen Zeit ganz unbekannt gewesen, auf 3 Millionen. Die gegenwärtig in den Pamvas von Süd Amerika lebenden verwilderten Rinder werden auf 13 Millionen gischätzt. Mit Ziegen und Schweinen wurden in den Jahrhunderten der Entdeckungen die Inseln der Südsee und des Atlantischen Oseans besetzt. Die Absicht war gut; denn Spanier und Portugiesen kannten die Ziege, Holländer das Schwein als sehr nützliche Thiere. Schiffe, die an den Inseln anlegten, sollten Gelegenhett haben, sich mit frischem Fleisch zu versorgen. wie St. Helena, gänzlich entwaldet, die Schweine auf anderen Inseln, wie Mauritius und Neuseeland, im Verein mit Huaden und Ftagen die ursprũngliche Thierwelt zurückgedrängt und ganze Thiergeschlechter, wie die straußartigen, nicht fliegenden Vögel, wovon ia historischer Zei ia Neuseeland noch 14 Arten vorhanden waren, jum Aussterben gedracht. Auch an andere von Menschen veranlaßte, schädlich verlaufene Thier- Invasionen ist zu denken, an die Kantnchen, den Sperling. An noch anderen trägt der Mensch auch die Schuld, ohne daß er si hat. Die Hausmaas ist dem Abendlande durch die wanderung beschert worden, die Römer kannten Feldmaus. Die Wanderratte hat erst seit großen in Transkaukasien 1727 ibren Zug nach Westen begonaen gegeawärtig durch die Schiffahrt über die ganze Erde verbreitet; viel weniger lästige, früher in Europa allein bekannte Hauzratte ift, durch jene verdrängt, zu einer joologischen Seltenheit geworden. Au den von den Menscen angelegten Land und Wafferstra zen wanderten Thiere ein, die früher an Stellen unbekannt waren, wo sie jetzt ver⸗ breitet sind. Die Haubenlerche hieß vor 100 Jahren in Thüringen noch der Kosakenvogel, weil sie angeblich durch die Kosaken eingeführt, in Wahrheit aber der großen Heerstraße gefolgt war. Der Stichling war früher ein im Donaugebtet ganz uabetannter 6 jetzt ist er durch den Ludwig? ⸗Kanal dahin eingewandert. Der Suejkanal vermittelt einen Austausch der Faunen jzwischen dem mittel- ländischen und dem rothen Meer. Der Verbreitang des Ackerbaues folgten der Hamster und manche Schäblinge, von denen die Heffen⸗ fliege aber nicht von Europa Amerika beschert worden ist, sondern umgekehrt, ganz wie der Koloradokäfer und die St. José. Schildlaus. In manchen Fällen war die Berbreitung von Thieren durch Unterstũtzung des Menschen auch zweifelloz nützlich. Der Fasan, der Karpfen sind Beispiele bierfüt; letzterer ist nicht etwa ein uraltdeutscher Fisch, sondern eist im 16. Fahrhundert eingeführt. Thiermörderrsch wirkt die elektrische Beleuchtung auf die in der Nacht fliegenden Zugvögel, schlimmer aber noch auf die Insekten. Andere Thiere weichen allmählich der fortschreitenden Bodenkultur und der wachsenden Be⸗ völkerung, womit sie sich nicht befreunden können. Der Virsch wird durch die Ausdehnung der Kulturfläche immer weiter nach NO. zurück= gedrängt. Ohne Förster, die sie dezen, gäbe es deute in Deutschland keine Hirsche mehr. So ist im Großen und Ganzen und mit geringen Ausnahmen das Bild des Einflusses der Menschen⸗ auf die Thierwelt ein trauriges, seine positiven Seiten werden von den neganven überwogen. Dennoch hält der Redner dafür, daß beute die gleiche Menge organischer Sabstanz wie vor Jahrtausenden auf gegebenem Raum vorhanden sei, nur zeige sie sich in wechselnden und anderen Formen, und es bleibe daz tiefe Dichterwort in Geltung: Gesetze vewachen die lebend'gen Schätze, aus welchen sich das All ge⸗ schmückt!“
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Bauwesen.
In dem Wettbewerb zur Erlangung von Bauentwürfen für die höhere Mädchenschule in Bartenstein waren, wie das Centralblatt der Bauverwaltung“ mittheilt, 49 Eatwürfe eingegangen. Die für Preise zur Verfügung stehenden 1800 „ wurden gleichmäßig mit j: 900 6 zuerkannt den Entwürfen der Architekten C. Herm. Martin in Dresden⸗Plauen und Heinker n. Witzschel in St. Johann⸗ Saarbrücken. Vong der Vertheilung eines ersten und dritten Preises wurde Abstand genommen.
Theater und Musik.
Sezessions⸗ Bühne.
Im Spielplan der jüngsten Berliner Bühne ist vor kurzem ein Werk des belgischen Dichters Maurice Macterlinck erschienen, welches den Titel „Der Tod des Lintagiles“ führt und als klassisches Beisptel dafür gelten dürfte, was die Leiter des neuen Unter. nehmens unter dramatischer Sezessionskunst verstanden wissen wollen, nämlich eine Kunst, welche die mehr äußerlichen Mittel, mit denen das Theater im Großen und Ganzen seine Wirkungen erzielt, zu ver⸗ innerlichen bestrebt ist, um zarteren, lyrischen Stimmungen auf der Bühne eine Stätte zu bereiten. In fünf kurzen Akten schildert Maeterlinck in dem genannten Werke den Mord eines Königskindes, welches den dasselbe bewachenden Schwestern durch drei nebelhafte, graue Gestalten im Schlafe entrissen und zum Tode geführt wird. Die Aufführung fucht darch Zubilfenahme der Musik bei den Verwand⸗ lungen und durch Verlegung des Schauplatzes der symbolisch aufzu— fassenden Handlung auf eine myftisch verdunkelte Hinterbühne das Märchen. und Traumhafte des Vorgangs zur Anschauung zu bringen. Ob das Experiment als gelungen zu betrachten ist, mag vorläufig dahingestellt bleiben; sicher ift aber, daß Werke dieser Gattung einem phantasievollen Leser in der Stille der Studierstube mehr Genuß bereiten als dem den störenden Einflüssen der Umgebun ausgesetzten Theaterbesucher. Tschechow's Groteske Gin Heirathsantrag“,
welche in Verbindung mit dem Maeterlinck'schen Werke gegeben
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