den zahlreichen Persönlichkeiten, welche auf ihren Wunsch dem Präsidenten Krüger vorgestellt wurden, befanden sich auch die Prinzessin Mathilde Bonaparte sowie mehrere An⸗ gehörige des in Transvaal gefallenen Obersten Villebois⸗ Mareuil.
Gestern Morgen hatte der Präsident Krüger eine Be⸗ sprechung mit Dr. Leyds und den Mitgliedern der Buren⸗ mission. Gegen Mittag zogen etwa 490 junge Leute unter dem Rufe „Hoch Krüger!“ mit einer Fahne in den Farben von Transvaal aus der Rue du Quatre Septembre auf den Opernplatz. In diese Rufe mischten sich noch verschiedene andere. Die Theilnehmer an der Kundgebung wurden von der Polizei zurückgetrieben und zogen sich singend durch die Auberstraße und den Boulevard Hausmann zurück. Am Nachmittag sammelte sich eine Menschenmenge vor dem Hotel Scribe an und brachte dem Präsidenten Krüger Ovationen dar. Dieser erschien auf einige Minuten auf dem Balkon. Eine Anzah! junger Leute, welche vor den Redaktionen der „Lihre Parole“ und des „Intransigeant“ Kundgebungen veranstaltete und Hochrufe auf Krüger aus— brachte, wurde von der Polizei zerstreut.
Der „Matin“ fordert die französischen Frauen auf, nationale Sammlungen einzuleiten, um der Königin der Niederlande ein Hochzeitsgeschenk zu widmen als Zeichen des Dankes dafür, daß sie dem Präsidenten Krüger Hilfe ge⸗ leistet und ihm die „Gelderland“ zur Verfügung gestellt habe.
Nußland.
Gestern Vormittag ist in Livadia, wie W. T. B.“ meldet, über das Befinden des Kaisers folgendes Bulletin ausgegeben worden:
Der Kalser verhrachte den gestrigen Tag vuhig. Um 3 Ubr Nachmittag ftieg die Temperatur bis 39,0, der Puis auf 88; um 9 Uhr Abends betrug die Temperatur 390, der Pnls 80. Nachts schlief der Kaiser gut. Am Morgen war dos Befinden und der Kräftezustand befriedigend. Irgend welche Komplikationen waren nicht bemerkbar. Um 9 Uhr Morgens betrug die Temperatur 37,50, der Puls 75.
Der „Regierungsbote“ und der „Russische Invalide“ ringen eine ausführliche Schilderung der Entwickelung der Ereignisse in China, die zur Mobilisierung und zu militärischen Operationen russischer Truppen Anlaß gaben, und sagen zum Schlusse Folgendes: =
Bei der gegenwärtigen beunruhlgenden Lage in der Mandschurei sei es nicht möglich, daß nur eine Schutzwache der Eisenbahn, wenn sie auch bedeutend verstärkt würde, auf einer Linie von 2000 Werst die Rube und Ordnung aufrecht erhalten und besonders die Bahn vor neuen Beschädigungen schützen fönne. Deswegen verbleibe zeitwellig ein Theil der nach der Mandschurei gesandten Truppen daselbst. Za—
der schurel zurückgelassenen Brigaden nach dem acmrischen bezirk zurückzusendea. Infolge der Beendigung der tärischen Operationen in der Propinz Peischili fei angeordnet worden, die Zurücksen dung un serer Tappen nach dem Kwantung— Gebiet und dem amurischen Militärbezirk in Angriff zu nehmen. Was den Rücktrantport der Teuppentheile betreffe, die aus dem europäischen Rußland nach dem fernen Osten gesandt worden seien, so könne man hoffen, daß alle Theile in der ersten Hälfte des künjtigen Jahres sich bereits in ihren früheren Standquartieten befinden würden.
Italien. In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer stand, wie W. T. B.“ meldet, das Budget des Kriegs—
Ministeriums zur Berathung. Die Kammer lehnte die von
den sozialistischen Deputirten eingebrachten Tagesordnungen ab, welche dahin gingen, die Ausgaben der Armee um 100 Millionen und die Zahl der Armee-Korps von 12 auf 8 herabzusetzen. Nur die äußerste Linke stimmte für diese Tagesordnungen. Der Schatz-Minister Rubini theilte mit, daß er spätestens am 2. Dezember sein Finanzexposs halten werde. Heute werden in der Kammer die Interpellationen über die Ermordung des Königs Humbert zur Sprache kommen.
Rumänien. Wie dem „W. T. B.“ aus Bukarest gemeldet wird, wird das Parlament am 15/28. November zu seiner ordent⸗ lichen Session zusammentreten.
Serbien. Der frühere Kreispräfekt Miodrag Protitsch ist am 23. d. M. Abends, wie das Wiener „Telegr⸗Korresp⸗Bureau“ erfährt, in Krusevac erschossen worden. Der Thäter ist bis jetzt nicht ermittelt. Es werde angenommen, daß es sich um einen Racheakt handle. Protitsch war früher Gerichts⸗Prä⸗
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sident in Cacak und Vorsitzender in dem Heiduckenprozeß.
Schweden und Norwegen.
Das „Svenska Telegrambyran“ meldet, die Besserung im Befinden des Königs Oskar schreite täglich fort.
Amerika.
Der Präsient MeKinley hielt am Sonnabend in Phila—⸗ delphia bei einem Bankett eine Rede, in welcher er, dem „W. T. B.“ zufolge, ausführte, die letzte Wahl habe gezeigt, daß die Vereinigten Staaten sich für die Goldwährung und die Aufrechterhaltung der Politik der kommerziellen Ausdeh⸗ nung und der offenen Thür in China ausgesprochen hätten, ebenso wie für die Wiederherstellutg des Friedens und für eine gute Regierung unter amerikanischer Oberhoheit auf den Philippinen. Die Ehre der amerikanischen Waffen sei nicht befleckt, und die Pflichten, welche eine gerechte Kriege führung auferlegten, seien nicht verletzt worden.
Der „New York Herald“ meldet aus Washington: Der Vorbericht der Isthmus⸗-Kanal⸗Kommission befürworte die Nicaragua⸗Route gegenüber allen anderen Plänen und spreche sich für einen Kanal von 30 Fuß Tiefe bei einem Kostenaufwand von 120 Millionen Dollars aus, betone jedoch, daß die Dämme so breit angelegt werden müßten, daß der Kanal, wenn der Verkehr es erfordere, um 5 Fuß vertieft werden könne.
Assen.
Von dem Ober⸗Kommando in Ost⸗Asien ist, wie „W. T. B.“ meldet, folgende Depesche aus Peking vom 24. d. M. in Berlin eingetroffen: Das Detachement des Majors von Mühlenfels hat am 22. d. M. auf besonders schwierigen Gebirgswegen über Heng⸗ling⸗scheng die große
—
Mauer erreicht und die Flagge gehißt. Die Franzosen haben 30 kin 166 2 . ein anscheinend größeres Gefecht gegen Boxer gehabt. —
t Pic rn, Post“ meldet aus Peking vom 24. 8. M.: Der Minister Wangwenschao, der sich i. in Singan fu befinde, sage in einem Schreiben an Sir Robert Hart: die Kaiserin-Wittwe würde, soweit die Bequemlichkeit der Existenz in Frage komme, gern nach Peking zurückkehren; er selbst jedoch würde dabei schlecht wegkommen und in Ge— fangenschaft gerathen, da ja die fremden Truppen Peking be⸗ herrschten. Auch der Kaiser sehe Gefahr in einem Zu⸗ sammenstoß zwischen seinen Geleitmannschaften und den fremden Truppen.
Die „Times“ meldet aus Schanghai vom 24. d. M.: Nach Meldungen aus Singanfu solle die Kaiserin⸗ Wittwe ernstlich krank sein. Die Bevölkerung in Schanghai nehme jedoch die Meldung söeptisch auf.
Das „Reuter'sche Bureau“ berichtet aus Peking vom 24. d. M., daß eine amerikanische Kavallerie⸗Abtheilung am 23. d. M. abgesandt worden sei, um die Räuberbande zu ver⸗ treiben, die sich in einem Dor fe, 16 Meilen von Peking, festge⸗ setzt habe. Die Amerikaner hätten das Dorf stark befestigt gefunden, es angegriffen und genommen, wobei 7 Chinesen gefallen seien. — Die Wiederherstellung der Luhan⸗Bahn zwischen Lukukiau und Paoting⸗fu werde von den Franzosen mit großer Energie gefördert. — Ein geheimes Edikt aus Singanfu an die Vize⸗Könige und die Gouverneure befehle denselben, die Fabrikation moderner Gewehre und anderer Waffen einzustellen und zu den alten Waffenmodellen zurückzukehren, da die modernen Waffen sich in den Kämpfen gegen die Verbündeten als gänzlich unnütz erwiesen hätten.
Eine Depesche der „Agence Havas“ aus Peking vom 24. d. M. erklärt die Meldung für unbegründet, daß französische Truppen die Gräber von Siling und Tuling geplündert hätten; die Depesche besagt weiter, daß Sikhs die Pagoden von Siling geplündert, die Franzosen aber die Gräber gegen die Verwüstungen der Sikhs ge schützt hätten.
Der französische Admiral Pottier meldet aus Taku vom 21. d. M., daß sich das erste Eis gezeigt habe, die Ver⸗ bindungen mit dem Expeditionskorps aber gesichert seien.
Ein in New York eingetroffenes Telegramm aus Tientsin besagt, daß das kalte Wetter bei den indischen Truppen viele Erkrankungen verursache. Ein Engländer in Tongku sei von den Russen angewiesen worden, ein ihm
— * 2 = — 2 ö gehöriges Gehöft innerhalb 48 Stunden zu räumen. Eine Kompagnie Madras-Pioniere sei dorthin entsandt worden, um el zu schützen, falls er aus seinem Besitz vertrieben werden ollte.
Die Londoner Blätter melden aus Schanghai vom 23. November: wie aus sehr guter Quelle berichtet werde, hätten der Admiral Seymour und der General-Konsul Warren die Besuche bei den Vize⸗Königen des YJangtsegebiets auf eigene Verantwortung unternommen. Sie wollten ver⸗ suchen, Liukunji und Tschang⸗tschi⸗tung dazu zu bewegen, daß dieselben einer Entsendung hritischer Truppen den Yangtse aufwärts zustimmten, welche weitere Zufuhren an den Hof zu Singanfu verhindern sollten.
Dem „Standard“ wird aus Schanghai vom 23. d. M. gemeldet, daß der Kaiserliche Delegirte Hutingseng in Tschangtscha (Hunan) eingetroffen sei, um die Boxermiliz zu organisieren.
Der russische „Regierungsbote“ meldet vom ostasiatischen Kriegsschauplatz, wie W. T. B.“ berichtet: der General Fock sei mit einer Abtheilung, bestehend aus einem sibirischen Schützen⸗Bataillon, zwei Schwadronen Kosaken und iner Halbbatterie von Gebirgsgeschützen, zu einer Re⸗ kognoszierung in die Gegend der Quellen des Sungari abgerückt. Die Chinesen seien zurückgedrängt und im Ganzen 10 Geschütze erbeutet worden. Nach kurzer Abwesenheit sei der General Fock von seinem Zuge zurück⸗ gekehrt. Am 9. d. M. habe der General Baron Kaulbars, der Kommandeur des 2. sibirischen Armee Korps, ein Gefecht mit den Chinesen in der Nähe von Duguschan gehabt, bei welchem ein Offizier und 2 Dragoner auf russischer Seite ver⸗ wundet worden seien.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Bericht über die vorgestrige Sitzung des Reichs⸗ tages befindet sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (8.) Sitzung des Reichstages, welcher der Kriegs⸗Minister, General der Infanterie von Goßler und der Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Freiherr von Thielmann beiwohnten, stand zunächst auf der Tages⸗ ordnung folgende Interpellation des Abg. Grafen von Oriola (nl):
„Ist der Herr Reichskanzler bereit, Auskunft darüber zu geben, ob die Vorarbeiten für die von dem Herrn Kriegs ⸗Minister in Aussicht gestellte Vorlaze, betreffend die Repision der Vreilitär—⸗ Penstonsgesetze, beendet sind, und anzunehmen ist, daß diese Voꝛlage im Laufe dieser Session an den Reichstag gelangen wird?“
Auf die Frage des Präsidenten erklärte sich der Staats⸗ sekretär des Reichs-Schatzamts Dr. Freiherr von Thiel⸗ mann bereit, die Interpellation sofort zu beantworten.
Zur Begründung nahm der Abg. Graf von Oriola das Wort. Hierauf sprach der Staatssekrelär des Reichs⸗ Schatzamts Dr. Freiherr von Thiel mann.
Bei Schluß des Blattes wurde auf Antrag des Abg. Dr. Sattler (nl) in eine Besprechung der Interpellation eingetreten.
Statiftik und Volkswirthschaft.
Der Deutsche Sparkassenverband trat am Sonnabend im Teltower Kreishause hierselbst unter dem Vorsitz des Ober⸗Bürge r meisters Schmidt Erfurt zu seiner dies jährigen General⸗ versammlung zusammen. Nach dem erstalteten Jahresbericht umfaßt der Verband zur Zeit 1057 Sparkassen mit einem Gesammtein lagebestand von 4300 Millionen Mark. 1040 Kassen sind zu Provinzialverbänden ver⸗ einigt, deren größter, der ryeinisch westfälische, 214 Kassen mit 1206 Millionen Mark Einlagen zäblt. Der brandenburgische Verband steht mit 60 Kassen und 270 Milllonen Mark Einlagen an vierter Stelle, hinter em hannoverschen und vem schlesischen. Nachdem auch in Pommern ein neuer Verhand begründet worten ist, bat die Verbandsbtldung nan mehr für Preußen ihren Abschluß gefunden. Ein an das Reichsbank—
Direktorium gerichteteh Gesuch, es den Sparkassen zu ermö die mündelsicheren Werthpapiere ohne Zinsschein . offen Fl en
nieren, ist abschlägig beschieden worden Der Vorstand hat die Einrichtung
einer Stellenvermittelung für Sparkassenbeamte und eines Reylsiong. buregug für die Prüfung von Jahrezrechnungen in Erwägung gezogen; ein Heschluß hierüber soll jedoch erst gefaßt werden, nachdem die Üünte! verbände sich dazu geäußert haben. Die seit Jahren erörterte Frage der Errichtung eines Zentralinstituts für die Sparkassen hat zu er. nenten Verhandlungen mit der Staatgregierung geführt, deren Az. schluß aber noch nicht abzusehen ist. Nachdem eine Anzahl formeller Statutenänderungen im Hinblick auf das neue Bürgerliche Gesetzbuch vorgenommen worden war, heschäftigte sich die Versammlung mst der Frage der Anstellung und Versorgung der Sparkassenheamten. Man hielt et im eigenen Interesse der größeren Sparkassen für geboten, da ihre im Hauptamt berufsmäßig beschäftigten Angestellten als off en liche Beamte mit Pensionsberechtigung und Hinterbliebenen versorgung angestenl werden, und will durch Umfrage feststellen, wie weit dies bereits ge⸗ schehen ist. In der sodann erörterten Flage der Verrechnung der den Sparfassen durch Kursrückgänge entstehenden Ausfälle waren die Reserenten. Bürgermeister Fischer⸗Magdeburg und Stadtraih Känckes— Königsberg, im Primip darüber wit der Versammlung einig, bei der Aufsichtsbehörde die Genehmigung dazu nachzufuchen, daß die Kurt. rückgänge zunächst und jedenfalls beim Abschluß des laufenden Jahreg allein aus dem Reservefonds gedeckt werden. Im übrigen wurde empfohlen, neben dem Reserpefondtz eigen besonderen Kurgreserve, und Rücklagefonds zu bilden, dessen aus Kursgewinnen und Ueberschüssen sich ergebende Bestände zur Ausgleichung der Kursveiluste bestimmt sein sollen.
Bevölkerung der Vereinigten Staaten von Amerika. Ergebnisse des Zensug 1900.
Die Gesammtbepölkerung der Vereinigten Staaten zählte am 30. Juni d. J. nach Angabe des Zensus, Amtes 76 295 220 Seelen. Nach dem Zensus im Jahre 1890 haften die Vereinigten Staaten 63 069 756 Einwohner; demnach hat die Bevölkerung in den letzten zehn Jahren um 13225 464, d. i. 21 , zugenommen. Die Be— völkerung der einzelnen Stagten bezifferte sich diesmal, im Vergleich mit der Volkszählung vom Jahre 1890, wie folgt:
Außerdem 1900 1890 1890 Indianer Alabama. V 1828 697 1513017 1 1128179 Californta . . 1485053 1208130 Colorado. sd 412198 Connecticut. , . 746 258 1 16 168 493 Florida.. . 391 422 k , Idaho .. . 161 771 S4 385 Illinois. ö . 36. Indiana. d o, d 1911896 ,, . I 469 496 1427096 e ,) 2147174 1858 635 ö . J 661 086 Marvland. 1189946 1042390 Massachusetts 2 805 346 2238 943 Michigan 2419782 2093 889 Minn esota. 1751395 1301826 Mississippi . 1551 372 1289 600 Mifsourt n. wd ö 243 289 132 159 1 1058910 Nevada kö . 42 334 45 761 ee nme, ,, , 4 376 530 New Jersey . 1883669 1444933 New Nork 7268 009 5997 853 Nord ⸗ Carolina . 1891 999 1617947 Nord Dakota ö 319040 182719 Kö — 4157 545 3672316 e 413 532 767 Pennsylvania. K 6 301 3665 5258 014 Rhode Island . 428 556 345 506 Sud ⸗ Carolina. w 1340312 51 149 Süd ˖ Dakota kJ 401 569 328 808 . 2022723 67518 1 3 048 828 2 235 523 . . ö 276 565 297 905 Vermont. JJ . 343 004 332 422 ,, . . 1854184 655 980 Wasbington .. . ( 571 672 349 390 Weft · Virginia . 958 g00 794 G 2068963 686 880 l . 92531 60 705
Zusammen in den 45 Staaten 74 677 907 62 116811
Territorien u. s. w. ö
k J 122 212 59 620 Distrikt Columbia... ; 278718 230 392
44 000 32 052
Hawai .. — w 154 001 89 990 Indianer ⸗Territorieen ..... 391 960 180 182 New Mexiko.. . 194777 153 593 Bundtsbeamte im Auslande. S4 400 2 145 582 , 398 245 61 83 Zusammen in sieben Territor d 1667313 952 945 895 Ueberhaupt .. . 75 795 220 65 069 756 134 1028 An Großstädten mit mebr als 200 000 Einwohnern zäbler Vereinigten Staaten gegenwärtig neunzehn, darunter drel mit über einer Million Bewohner, nämlich New Jork, Chicago und Phile belpbia. Auch an Großstädten zweiten Ranges mit 200 000 Einwohnern jählt das Land neunzehn. Vor 40 Jahren es in den Vereinigten Staaten nur jwanzig Städte mit einer Be— völkerung von über 100 000 Seelen, und jetzt hat sich die Zahl nahen verdoppelt. (New Yorker Handelszeitung)
Zur Arbeiterbewegung. Aus Plauen i. V. berichtet die Lu, Itg.“, daß der dort!
werken am dem Gewerbegerscht altz ECinigungtzent eine Vereinbarung jwischt den Lohnstickmaschinenbesitzern und den Acheltern getroffen worden ih Hlernach sollen vom 10. Dejember d. T. ah biß zum 31. März 10 erhöhte Löhne gezahlt werden. Vie Festsetzung der Lohnsätze vom 1. April 1901 ab bleibt einer Kommission Üüberlassen, die je jut Hälfte aus Stickmaschlnenbesitzern und Stickern bestehen soll.
Kunst und Wissenschaft.
Im Lichthofe des Kunstge werbe Musenm s sind gegen— wärtig Tapeten, Leppiche, Stoffe, Kacheln c. nach Em würsen von dem Lehrer an der Unfterrichtg,Anstalt des Museum“ Professor Otto Eckmann ausgestellt. Wag hier geboten wird gleich weit entfernt von alten, dus getretenen Bahnen, wie von bal losen und wirren Uehertreibungen mobernster Stillehren: aus allen biesen Arbeiten spricht ein reifer und besonnener Geschmack de sein«e Wirtungen sicher zu berechnen weiß. Nirgends zeigt sich n Miißklang in den Farben, und bahei ist doch auch nichts weichlich
1
( sogar ist die Kraft und Tiefe in den verschledenen Mustern über— , Han gilt besonkerze bn Len en erg, werf ihr l BWandbekleldung in groß n, prächtigen Räumen und begreift, daß sie nich eine durchaus eigenartige Einrichtung nothwendig machen müßten, daß dies wirklich ein Schrstt vorwärtz ist zu einem neuen Stil. Die Hauptwirkung erreicht Eckmann durch die Farben, durch hie tiefen und weichen Töne und lünstlerisch abgewogenen
asammenstellungen. Vie Linien der Zeichnung, so neu sie zich fein mögen, treten dagegen zurück. Besonderg deutlich wird die an dem Widdermuster, das duf hellem Grunde gleichnültig läßt, aber n dem tiefen Roth und dem satten Gelb vortrefflich zur Geltung fommt. Mit grazlöser Phantaste weiß er auch Blumen, wie z. B. opfen, Clematis, Narzissen, organisch zu Arabisken umzubilden, und ihr daz Motiv in den Borten mit großem Geschick weiter. Der au metart ge Ton der einzelnen Muster, vse auf filjähnliches Papier gepreßt sind, dämpft auch die flarken Farben.
Ebenso wie bet den Tapeten beruht die Wirkung der Teppiche besonders auf dem Zauber und Schmel; der Farben. Dieses arte Frau, Grün, Braun, Rosa als (grunptönung mit all den hinein splelenden Nuancen fesselt den Blick, nicht die Zeichnung, die schließlich, ohne daß eg stören würde, auch gan; andert sein söante. Bemerkentzwmerih ist noch ein sehr schöner Leinen— damast mit vornehmem Muster. Auch auf diesem Ge⸗ bete sollten sich mehr als bisher, die schaffenden, nen gestaltenden Künstler bethätigen. Der Anfang, der mit bedruckten Pelvets schon vor Jahren gemacht worden ist, hat geieigt, dag das Yublikum Verständniß und Interesse für diese Art künstlertscher Libeit besitzt. Gine große Auswahl solcher neuen Muster in Relver und Cretonne findet man auch hier wieder, die sich alle durch diskrete und seine Farben auszeichnen.
A. F. Die November⸗Versammlung der Berliner Gesellschaft für Anthropologie begann unter dem Vorsitz des Geheimen Medi— sinalraths, Professorß Hr. Virchow mit einigen Mittheilungen vom Vorstandstisch. Unter den Todezzfällen der letzten Zeit wurde mit be— sonderer Wärme des Heimgangetz von Max Müller⸗Oxford und seiner Verdienste um die urgeschichtliche Forschung gesacht. Zur nöchsten Tagung der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft, im Jahre 1902, bat die Stadt Dortmund eingeladen Daz korrespondierende Mit⸗ glied der Gesellschast ia Schanghai, Herr Lisco, übersandte 14 kunte Bilder, die in jüngster Zeit auf den Straßen von Schanghai ver— sauft worden sind und im Stil der bekannten Neuruppiner Rilderbogen die Zeitereignisse darstellen sollen, im Widerspruch mit den Thaisachen aber ausschließlich glänzende Siege der Chinesen zu Wasser und zu Lande über die Verbündeten zeigen. Mit besonderer Sorgfalt erscheint in Bild ausgeführt, auf dem die Gesandten der Mächte den Tsungli⸗ Jamen um Frieden bitten. Eine interessante Mittheilung machte hr. Seler, der bekannte Entzifferer mexikanischer Bilder⸗ scrift, über eine hölzerne Altarplatt! vom Sonnentempel in Tikal, die eine große Menge wohlerhaltener Bagreliefz enthielt und deren vorgelegte vhotogtaphlsche Abbildung mit Sicherheit die aus ancinanvergereibten Monatsdaten bestehende Schrift zu lesen gestattete. Es ist Dr. Seler dabei aufs neue die scharfsinnige Deutung eines schon bekannten, aber bis dahin noch nicht entjffferten Zeichens gelungen, welches soviel als „der Tag vorher“
et. Hierauf sprach Dr. Strauch über durch ihn aus—⸗ Messungen von 59 aug tiroler und schweije- Bein— stammenden Schädeln. Obgleich ihnen sämmtlich die fehlten, konnten sie nach den Lebentzaltern und Ge—
schlechtern bestimmt und die Maße mit wenigen Ausnahmen genau mittelt werden. Es ergaben sich alt größte resp. geringfte Länge, Breite und Höhe 193 resp. 161, 167 resy. 131, 146 resp. 119 Milli⸗ Als höchstes Gewicht eines Schädels stellten sich 910 g
als höchste Kapazität eines männlichen Schädels (abgesehen
inem 1900 chem haltenden) 1670, als solch⸗ eines Schädels 1470 chem, als gerizgste Kapazität 1260
1200 cbem. Diese Messungtzergebnisse befinden sich
guter Uebereinstimmung mit älteren, in Wien ausgeführten
niusprechen selen. Die vorliegenden erhärteten die bekannte That⸗- de aufs neue, daß im deutschen Süden die Rundschädel gegen die Langschätel überwiegen, während es im Norden umgekehrt sei. Der Kustos Buchbholj vom Märkischen Provinzial⸗Museum legte nene prähistorische Erwerbungen des Museums vor, darunter einen bet Jüterbog ausgegrabenen bronzenen Gegenstand un⸗ bekannten Gebrauchs, einen schwach gekrümmten, kegelförmigen, hohlen Dorn mit den Anzeichen daran, daß er wahrscheinlich auf Holz auf zeschoben und daran befestiat worden war. Der Redner erklärte, er glaube den charakteriftischen Theil eines Schwertftabes“ vor sich zu haben,
n anderswo gefundener Schwertstäbe, die allersinge aus
Bronze geformt waren. Der fingerlange Dorn zeigt keine
sondern die Moorfunden eigenthümliche schwarze Farbe der
Vorgelegt wurde ferner ein sierliches, thönernes Beigefäß
einige bronzene Sichelmesser von ungewöhnlicher Klein—⸗
it. Der Redner verbreitete sich hierbei über das häufige
Vorkommen bronzener Sicheln in Deutschland und zeigte
eine Anzahl aus den Sammlungen des Museums,
die ibre Verwendung zum Grag oder Getreidemähen durch eine be.
trächtliche Verstärkung des Rückens erwellen. Man könnte daraus auf
eine stärkere Ausdehnung des Landbaues im prähistorischen Germanien
schließen, als bie her angenommen warde. Daß diese bronzenen Sicheln
an Ott und Stelle ihres Gebrauchs gegossen wurden, beweist die Auf⸗—
findung einer wehlerhaltenen steinernen Gußtorm, die vorgelegt wurde,
und mit der es gelungen ist, tadellose Nachgüsse berzumtellen. Die
Sichell war in Deutschland noch zur Zeit der Einfübrung des
Christenthums in allgemeinem Gebrauch. Erst in dirser Periode
: als Erntegeräth durch die eiserne Sense theil⸗
zgelöst. — Professor K. von den Steinen sprach unter
g einer großen Anzahl von Proben über beträchtliche
bungen des Museumt für Völkerkunde aus
s, welche im Laufe des Jahres erfolgt sind. Diese An—
aben eine Vorgeschichte. Man wurde erst im Jahre 1898
den Bericht des deutschen Forschungsreisenden Sapper darauf
ord bst
eine verhältn 3b bergen vermocht,
er an Ort und da im Jateresse des woli⸗Museums in
23 2
9
t. beftehen in einer Anjabl gut erhaltener oder wenig verlttzter ö, theils aus einem rothen Thon mit gelbem Ueberzug geformt, il aus weißem Marmor kanstholl geschnilten, vor allem aber gus ; sehr gtoßen Menge don Thonscherben des gleichen rotben Materials it eingebrannten farbigen Ornamenten, Zeichnungen Bon Menschen, Thieren, Pflanzen 2c, alles von recht entwickelter e nik; außerdem sind auffallend zahlreich vertreten von Thon gesormte, verschieden gestaltete Pfeifen zur Hervorbringung von 1, ob ach 3 verschiedenen Tönen, hoble Thonfigaren. Stein bellchen ver⸗ KGiedene Schmucksachen, u. 4. Qpal. Ohr flöcke, Lanzen. und Pfeil. en aus Obsidian 2c. Von Metall sind darunter nur jwei kleine sriemen aug Kapfer. Skelette, einzelne Skeletttheile, oder als Grabteilo gen sich kennzeichnende Dinge haben sich nirgends vor⸗ nn n. Diese Funde geben der anthropologischen Forschung groß⸗= ätbsel auf. Man warde im Gebiet des Rio Ulna 364 auf sie aufmerksam, weil in diesem von einer Fcbevölterung in leinen Siedelungen bewobnten Flußthal ters durch Abfpülungen der Uer des Flusses, der sich durch start undenen Lauf auzzeichnet.! Schichten bloßgelegt wurden, worin kene durch shte helle Farbe fich bemerklich machenden Thonscherben in
großet Zabl vorbanden waren. Alp Gordon in der Näbe bes Ortes
Playn de los Muertetz, oberhalb, und von Travesia, unterhalb am Flusse
gelesen seine Ausgrabungen am Ufer planmäßig und im Umfang von
100 Quadratfuß an jeder Flußseile begann, fand er big zu
iner Tiefe von 27 Fuß drei Schichten dieser Fundstücke,
jede von der anderen durch eine 6—3 Fuß starke San dschicht
getrennt. Wie erklärt sich nun diese merkwürdige Er⸗
scheinung? Zur Beantwortung der Feage ift die Geschichte dieser
Gegenden, scweit sie uns bekannt, beranzuztehen. Als erste Eurrväer
haben bald nach er Eroberung Mexikoß die Spanier unter de Olid,
einem Waffengefährten von Fernando Cortez, ibren Fuß dorthin ge—
setzt. Sie fanden ungefähr in dieser Gegend das Zentrum des Gebietes
eines hochentwickelten Indianerstam meg, der Mays, die, mit den Azteken
in Mexiko verwandt, ibnen jedoch in ihrer Kultur noch überlegen waren.
Die beutige Mischlingsbevölkerung bat mit dieser Urbevölkerung nichts
mehr zu 1hun; hei ibr nach Spuren für die Erklärung jener Funde zu
suchen, wäre also aussichts log. Dagegen giebt nach der Meinung dis
Proftssors von den Steinen ein bei den Aiteken als vorhanden gewesen
beglaußbigter Gehrauch vielleicht die Erklärung. Dieser Brauch be⸗
stand darin, daß beim Anbruch einer neuen Epoche, wie der mexi—
kanische, auf der Wiederkehr ähnlicher Stellungen des Planeten Venus am Himmel begründete, von den Priestern kontrolierte Kalender sie lehrte, also bei Begian eine? neuen Zeitabschnitts (etwa nach Analogie unsereß Jahrhunderts oder Jahrtausends), alles Hausgeräth erneuert und das alte weggeworfen oder in Stücke jerschlagen werden mußte. Prafessor von den Steinen sieht somit in den drei vor— gefundenen Schichten von Thonfragmenten den Schluß von eben sobtel Zeitepochen marktert. Vielleicht geben weitere Untersuchungen Reue Aufschlüsse. Bis beute aber sind in diesem Landstrich nirgends Gräber noch andere Erinnerungszeichen an die hier bei der Eroberung des Landes doch ziemlich dicht wohnend vorgefundenen Maya entdeckt morden, mit alleiniger Ausnahme von zwei östlich dis Rio Ulna von Gorton gesehenen Steinpycamiden von 40 und 30 Fuß Höhe, die aus einer Basitz von tolhem Lehm, darüber Erde, und einer Stein⸗ bekleidang bestehen In einer derselben wurde ein sieben Fuß hohes, plumpes Steinidol gefunden, von anderen Beziebungen aber ergab sich keine Spur. — Als letzter Redner rez Abends sprach noch der Geheime Sanstätsrath Bartelt. Er legte die einem Kinde in der Gegend von Trier durch Operation abgenommenen sechsten Finger jeder Hand, mit benen etz auf die Welt gekommen war, vor und berichtete über die seltsame Thatsache, daß der Vater diesetz Kindes durch eine Narbe an seiner linken Hand erweise, daß auch er mit der gleichen Abnormltät an einer Hand geboren sei. Ehenso ist eine NMlsißbildung des operierten Kindes am Daumen in gleicher Weise dem Vater uns einer Cousine eigenthümlich. Aus Neu, Herrnhut in Südwest⸗ Grönland zeigte der Vortragende Robben⸗ Harrunen und Pfeilspitzen mit Widerhaken auß Horn und Knochen, deren sich die Eskimos jener Gegend bedienen, und außerdem ein ohne Erklärung schwer auf seinen Gebrauch zu be⸗ stimmendes Geräth, einem Drehling in sehr verkleinertem Maßstabe nicht unähnlich, nur nicht rund, sondern viereckig und aus sechs parallelen Stäbchen zusammengesetzt, das zum Schnäuzen detz Mort dochtes der gebräuchlichen Specklampen benutzt wird. — Der Redner war im Sommer in Italien und hat die Ueberzeugung gewonnen, daß, entgegen der früher gehegten Ansicht, Italien habe keine S ein⸗ zeit gekannt, es jetzt keine Prorinz des Landes giebt, in der nicht zahlreiche Funde aus der Steinzeit bereits gemacht worden sind. EGine große Sammlung von Funden aus der valäolithischen und noch mehr aus der neolithischen Zeit fand Gebeimer Rath Bartels in Perugia, bei Herin Giusepype Perucei; auch gelang eg ihm selbst, on Händlern in Perugia eine Anzahl kleiner Geräthe von röthlich gelbem oder rötblich braunem Feuerstein zu erwerben. In der Perucci'schen Sammlung befindet sich u. a. eine schöne, am Trasimenischen Ser gefundene Speerspitze aus Ol sizian, deren Material von Stromboli herrühren sog. Besonders ergiebige Fund⸗ stätlen sind ri bei Bresesa und Padua erschlossenen Gräberfelder. Eine Seltenbeit aus den italienischen Gräbern der Steinzeit, welche den sogenannten liegenten Hockern angehören, ist, daß man darin auch bereits metallene Grabbeilagen findet, doch ausschlteßlich solche aus Kupfer, u. a. dreikantige Dolche aus diesem Metall.
In Halle a. S. ist, wie W. T. B.“ meldet, der evangelische Theologe, ordentliche Professor an der dortigen Universität D. Willi⸗ hald Bevschlag, Mitglied des Herrenhauses, gestern gestorben. Er war am 7. September 1823 in Frankfurt a. M. geboren, wurde evangelischer Hilféprediger in Trier, im Jahre 1857 Hofprediger in Karlzruhe und war seit 1860 ordentlicher Professor der Theologie in Halle. Außer einer Reibe von Werten der theologischen Wissenschaft, von denen die meisten mehrere Auflagen erlebten, veröffentlichte er zahleeiche Vorträge (gesammelt unter dem Titel: „Zur veutschschristlichen Biloung“, Halle, 1880), Predigten und kirchenpolitische Flugschriften. Auf den vpreußischen General⸗Synoden von 1875 bis 1891 war er der Führer der sogenannten Mitielpartei. Als Organ derselben Richtung gab er seit dem Jahre 1876 die ‚Deutsch⸗evangelischen Blätter“ heraus. Auch hat er vornehmlich die Anregung zur Bildung des Eyvangelischen Bundes zur Wahrung der deutsch⸗protestantischen Interessen“ gegeben.
Handel und Gewerbe.
In der heutigen Sitzung des Zentralausschusses der Reichsbank wurde die neue Wochenübersicht vom 23. d. M. vorgetragen. Im Anschluß daran bemerkte der Vorsitzende, Präsident des Reichsbank-Direktoriums, Wirkliche Geheime Rath Dr. Koch, daß die gegen Ende vorigen Monats ein⸗— getretene leichte Spannung inzwischen wesentlich nachgelassen habe. Die Anlage sei um 140 Millionen kleiner als im Jahre 18399, um 47 Millionen kleiner als 1898; das Metall um 46 bezw. 45 Millionen stärker, die fremden Gelder um 34 Millionen geringer als 1399, um 10 Millionen größer als 1898. Eine steuerfreie Notenreserve von 14 Millionen sei an⸗ gesammelt, während in den beiden Vorjahren die steuerfreie Notengrenze um 52 bezw. 6 Millionen überschritten gewesen sei. Im Jahre 1897, in welchem es gelungen sei, den Zinsfuß von 5 Proz. vom 11. Oktober bis zum Ende des Jahres auf⸗ recht zu erhalten, sei allerdings die gesammte Lage stärker ge⸗ wesen. Indessen sei auch in diesem Jahre einstweilen kein Anlaß zur Diskontveränderung, zumal der Privatdiskont hier auf 4,3 Proz. gefallen, auch ein Goldabfluß ins Ausland nicht zu besorgen sei. Aus der Versammlung zeigte sich kein Widerspruch gegen diese Ausführungen. Nach⸗ dem sodann aus Anlaß des Artikels 6 der Bank⸗Novelle vom 7. Juni 1899 die Beleihbarkeit der sogenannten Kommunal⸗ Obligationen im Lombardverkehr erörtert worden war, wurden noch gewisse Stadt⸗Schuldverschreibungen zur Lombardierung zugelassen. Auch genehmigte der Zentralausschuß die Zahlung der zweiten halbjährlichen Abschlagsdividende von 13 Proz. auf die Reichsbankantheile vom 15. Dezember d. J. ab.
Nach der Wochenübersicht der Reichsband vom 23. November 1900 betrug der gesammte Kassenbestand 860 927 000 (1899: 782 763 000, 1898: 814 200 000) ñ, d. i. der Vorwoche gegenüber mehr 31 562 000 (1899: 4 15969 000, 1898. — 26 850 000) M Her Metallbeftand von S825 847 000 (1899: 749 403 000, 1898: 80 569 000) 66 allein dat zugenommen um 365 968 000 (1899. 18 359 000, 1898: 4 30 334 000) M49 Der Bestand on Wechseln von 815594000 (1899: 949 098 000, 1898: S849 416 000) M. zeigt eine Abnabme um 5981 000 (899: — 5501 000, 18986 — 17492 000) M und der Bestand an Lombardforderungen mit 66728 000 (1899: 68 567 000,
.
1898. 77423 009 0 ein solche um 7375 000 (1899: — 3 888 000, 18908: — 8027 000) M Auf diesen beiden Anlage⸗ konten jzusammen ift also ein Rückgang um 13 3656 000 (1899: — 9 389 009, 1898. — 25 519g 000) M erfolgt. Die Posttlon Sonstige Attiva“ weist eine Verminderung von 14 436 000 M auf. Auf vasster Seite hat sich der Betrag der umlaufenden Noten mit 1139 973 000 (1899: 1128 557 000, 1898: 1113 662 000) ½ς der Vorwoche gegenüber um 37712 000 vermindert (1899. — 32 820 000, 1598: — 41 553 000) M, und die sonstigen täglich fälligen d*eehind= lichkeiten (Girr guthaben) erscheinen mit 521 733 000 (1899: 555 307 000, 1898: 511 703 900) M höher um 36 392 000 (1899: 4 36 476 000, 1898: 4 44775 000) 4
(Weitere Nachrichten über „Handel und Gewerbe“ s. 1. d. Zweiten Beilage.)
Theater und Musik.
Theater des Westeneg.
Der Akademische Verein für Kunst und Literatur“, welcher im Januar d. J. den dankengzwerthen und erfolgreichen Versuch gemacht hatte, die Tragödie König Oebipus“' von Sopbokles in der mustergültigen Uebersetzung dis Geheimen Regierungsraths Ptofefforß Dr. von WilamowitzMöllendorff im Berliner Theater zur Aufführung zu bringen, hatte sich jetzt die vielleicht noch schwerere Aufgabe gestellt, die „Oresteia“ des Aeschylos der Allgemeinhelt näher zu bringen. In einem einleitenden Vortrage, nmelcher einige Tage zuvor im Architektenhause gehalten wurde, hat der Uebersetzer darauf hingewiesen, daß die Aufführung nicht den Charakter einer archaistischen Spielerei tragen, sondern, den praäktischen Bedürfnissen der modernen Bühne entsprzechend eingerichtet, durch das wirken solle, was auf die Zuhörer⸗ schaft aller Zeiten rein menschlich wirken müsse. Im allgemeinen ist also allet das fortgelassen worden, was lediglich die Zeitgenossen des Dichterg verstehen konnten und heute nur auf ein archäologisches Interesse Anspruch hat, dann aber ist die ursprüngliche, den Rahmen der jetzigen Bühne überschreitende Form der Trilogie mit ihren einen allzu breiten Raum einnehmenden Chören preisgegeben worden, um das ganze gewaltige Drama ohne Unterbrechung sich vor den Augen der Zuschauer entwickeln ju lassen. Der nicht leichten Aufgabe der Umarbeitung det Werks nach diesem Gesichtspunkt hatte sich der Regisseur Dr, Hans Oberländer mit anerkennenswertbem Geschick unterzogen, indem er die drei Theile Agamemnon“, „Die Choephoren“ und die ‚Eumeniden“ zu einem einzigen Drama ver⸗ schmolz. Als Dritter im Bunde hatte der Komponist Max Schillings mitgearbeitet, dessen für die Aufführung nen geschaffene Musik die Wirkungen des Dramas theils zu unterstützen, theils die verbindende Brücke zwischen den einzelnen Abschnitten ju bilden und die Empfänglichkeit für die düstere Schicksalstragödie vorzubereiten bestimmt und geeignet war. Seit Wochen sind bereits alle Kräfte darangesetzt worden, um das Werk in würdiger Form, gut einstudiert, vorzuführen. Ginige Längen machten sich troßzdem noch bemerkbar, und der letzte Akt, . Die Eumeniden“, drückte die . weihevolle Stimmung durch den etwas theatralischen, äußeren Aufbau und die durch kleine Bühnenverhältnisse bedingte Minder ahl der Volksmassen etwas herab. Hier vermißte man die Orchestra, die immer neu hinzuströmende begeisterte Menge und die Sonne Griechen
lands, die ihren Glanz verklärend über rie bewegten, andächtig ge⸗
stimmten Menschen ausgießt, die ihren versöhnten Göttern zujubeln. In din Dienst der Datstellung hatten sich erste Künstler hiesiger Theater gestellt. Fräulein Luise Dumoni's Datrstellung der Kly⸗ taimnestra war im Stil so vornehm gehalten, daß sie von der Größe der Antske einen Hauch verspüren ließ. Ihr warmes, volles Organ, das selbst in den Augenblicken höchster Leidenschaft seine Schönheit! bewahrte, ihr heißes, ungebändigtes Empfinden, die Verkörperung der Todesangst in Ton un) Geberden, das alleß jeugte von koher Künftlerschast. Als Agamemnon stand ihr Herr Kraußneck zur Seite. Ver resignierte, tragische Au⸗ bruck, den er dem unglückseligen König, der widerstande los und unentrinnbar seinem Schicksal verfallen muß, verlieh, war von ergreifender Wirkung. Für die Wiedergabe der Kassandra war Frau Berteng gewonnen. Diese lluge, feinsinnige Künstlerin mit dem tiefernsten Gesichtsausdruck war für die Ge⸗ stalt der nur Gntsetzliches vertündenden Seherin wie ge⸗ schaffen, und so war ihre Varstellung von überzeugender Kraft und hochdtamatischer Wirkung. Für den Ocestes war Herr Kayßlen ein wahrhaft begeisterter Vertreter, der das innerste Empfinden dieses von den Göttern als Rächer bestimmten Jünglings intensio zum Ausdruck brachte. Zu bedauern ist nur, daß sein Organ die Anspannung zu höchster Leidenschaft nicht ertrug. Die Chorsführerrollen lagen in den Händen der Herren Holthaus, Wagner und Reinhardt, die sie würdig und vorzüglich sprachen, während die weibliche Chor⸗ fÜbrerin in Frau Führing eine nicht so vollgültige Vertreterin sand; ebenso ließ die Elekira in der Wiedergabe durch Fräulein Mahn die Innerlichkeit vermissen. Besonders sind ferner noch zu erwähnen die Chorführerin der Eumeniden und die erste Eumenide, ausgezeichnet gesprochen von den Vamen Plaschke und Hobenstein. Die Musik wurde durch das Berliner Tonkünstler⸗ Orchester aus⸗ geführt, welches Herr Schillings persönlich und vortrefflich leitete. Für dag Gelingen der Aufführung gebührt aber vor Allen dem Regissenr Herrn Dr Hans Oberländer warmer Dank; durch seine fachkundige und unermüdliche Thätigkeit tst den hreiteren Massen des Publikums eine Dichtung zugänglich gemacht worden, die zu allen Zeiten ein unvergänglich erhabenes Denkmal des Geistes antiker Größe und Schönheit bleiden wird. Der Beifall der Zubörer war ein wahrhaft hegeisterter, und immer wieder wurden mit den Varstellern der Uebersetzer, der Regisseur und der Komponist vor den Vorhang gerufen. Konzerte.
Die Reihe der Konzertveranstaltungen der verflossenen Woche eröffneten am Sonntag, den 18. November, die Herren Professor Robert Hausmann und Robert Kahn im Beerboven⸗Saal mit ihrem ersten Vortragsabend, welcher mit der G-moll Sonate sür Klavser und Violoncello eingeleiter wurde, ein Werk, welches an rie Ausführenden sowohl bezüglich der Technik, wie der Aauf— sassung große Anforderungen stellt. Leiner wurde der Gesammi⸗ eindruck durch ein zu starkes Hervortreten des Klapterparts etwas be⸗ einträchtizt, ein Umstand, der sich theilweise auch noch in der folgenden Sonate von Beethoven (op. 102 Nr. 1) gellend machte. Vollendet war dagegen in jeder Beziehung die Wiedergabe der lieblichen Es-dur Variationen von Beethoven über das Thema „Bet Männern, welche Liebe fühlen“ aus der Zauber flöie und der Sonate in F-dur (op. 99) von Brahms mit ihrem bimmelanstrebenden, einführenden Allegro vivace Satz. Brahms läßt in diesem eigreifenden Werke voc unseren Blicken förmlich eine röllig neue Tonwelt entstehen, etwa vergleichbar mit einem Böcklin'schen Gemälde aus der bedeutendsten Schaffenszeit des Meisters. Die Befriedigung des Publikums über dag Gehörte gab sich in einem wahren Beifallssturm kund.
Im Saal der Sing⸗Atademie stellte sich am Montag Miß Mary Colden⸗Traey als Ledersängerin vor Sie verfügt über eine kleine, aber wohllseschulte Stimme von synpathischem Klange, welche in deutschen, englischen und französischen Liedern gut zur Geltung kam. Ihr Vortrag ließ jwar zuwetlen das Temperament vermissen, war aber im übrigen von angenehm beiührender Schlichtheit. Ver Tenorist Herr Heinrich Bruns aus Hamburg, welcher die Konzert- geberin unterstützte, ist ein Sänger von glänzenden Mitteln und künstlerisch vornebmer Aufsassangsgabe, dem man gern wieber im Konzertsaal begegnen wud. — Herr Hermann Balcke trat ebenfalls am Montag in doppelter Eigenschaft, als Klavierspieler und Fompon st, im Saal Bechstein vor das Publikum. Troß gewtsser Vorzüge im Einzelnen vermochte sein Spiel die Hörer äber nicht zu erwärmen, denn es fehlte ihm der große Zug, das autzgepeägt Perlönliche. Am meisten musikal scheg Gapfitdren, wenn auch wenig Originalitär, verriethen die eigenen
Kompositionen des jungen Künstleré, ein chromatischer Walzer und
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