1900 / 285 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 30 Nov 1900 18:00:01 GMT) scan diff

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lch jetzt erst uns moderne Menschen beschäftigten, schuldig, daß wir

sein Andenken wieder aus der Vergangenheit emporheben. Hier am Ufer der großen Stromader, der Elbe, möge der Kaiser oft den Plan erwogen haben, ein nordisches Reich zu schaffen, dessen Basis die Elbe werden sollte. Daß er ernste Absichten in dieser Hiichtung batte, beweisen seine Verhandlungen mit der Hansa. Möge der heutige Tag auch das Interesse der Tangermünder Jugend erwecken für die Geschlchte der Vergangenheit der Stadt. Nur im Studium der Geschichte und in der Pflege der Traditionen stärke sich das Bewußtsein einer Nation. Sein, des Kaisers, Wansch gehe dahin, daß das, was Kaiser Karl IV. sich für Tangermünde erdacht, unter Seiner oder Seiner Nachfolger Regierung sich verwirkliche. Er trinke auf das Wohl der Stadt Tangermünde.

Um 31, Uhr erfolgte die Abreise Seiner Majestät des Kaisers nach Letzlingen.

Der Ober⸗-Hofmeister Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Freiherr von Mirhach tritt heute eine Dienstreise nach dem Rhein an und geht im Anschluß daran bis Mitte Dezember nach Belgien auf Urlaub.

Der hiesige Königlich großbritannische Botschafter Sir Frank Cavendish Lascelles hat Berlin mit Urlaub ver— lassen. Während seiner Abwesenheit fungiert der Erste Bot⸗ schafts⸗Sekretär Viscount Gough als interimistischer Ge⸗ schãftsträger.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator der freien und Hansestadt Hamburg Dr. Burchard ist von Berlin abgereist.

Der Regierungsrath Dr. Rose in Berlin ist der König⸗ lichen Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern zu Berlin zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.

Der Regierungs⸗Assessor Gizycki ist der Königlichen Regierung zu Köln zugetheilt worden.

Görlitz, 29. November. Die heutige zweite Plenar⸗ sitzung des Kommunal⸗-Landtages des preußischen Markgrafthums Oberlausitz wurde von dem Tandes⸗ Hauptmann von Wiedebach-Nostitz um 11 Uhr eröffnet. Derselbe machte Mittheilung von der Beurlaubung eines Landtags⸗Mitglieds für die nächsten zwei Sitzungen, sowie von einer Anzahl von Bewilligungen für Jemein⸗ nützige und wohlthätige Zwecke, welche die Vertreter der ehemals rauchsteuerpflichtigen Landstädte und Landgemeinden in ihrer Sitzung vom 27. d. M. beschlossen haben. Demnächst wurde ur Berathung der Vorlage über die Rechnungslegung für as Jahr 1899 geschritten. Dem Bericht, welchen der be⸗ treffende Landtagsausschuß hierüber erstattete, war zu ent— nehmen, daß bei der Revision die ständischen Kassen, Deposi⸗ torien und Rechnungen sämmtlich in guter Ordnung ge⸗ funden worden seien. Dem Antrage des Ausschusses gemäß wurden die Rechnungen ebenso wie die Bilanz der kommunal— ständischen Bank für das genannte Jahr dechargiert. Ueber die letztere wurde sodann der Jahresbericht des Kuratoriums vorgetragen, zu welchem die nöthigen Erläuterungen über die geschäftliche Lage dieses Instituts vom Aueschüsse gegeben wurden. Die vom Bank-⸗Kuratorium gestellten Anträge fanden bie Zustimmung des Kommunal⸗Landtag? 8. Derselhe stelle auch den Verwaltungslosten⸗Etat pro 1901 in der vom Kuratorium vorge⸗ schlagenen Höhe fest. Der Landtag trat sodann in die von dem Landes⸗Hauptmann vorgeschlagene Revision des Be— soldungsplans für die Beamten der kommunalständischen Ver— waltung ein. Die vom Ausschusse in dieser Beziehung gestellten Anträge wurden von dem Kommunal-⸗Landtage an— genommen. Nach verschiedenen Bewilligungen von Bei⸗ hilfen für gemeinnützige Zwecke und an Kirchen— gemeinden 2c. wurde zur Prämiierung von Dienst— joten und landwirthschaftlichen Arbeitern geschritten. Hierbei fand eine große Anzahl von Bewerbungen um solche Prämien Berücksichtigung. Einige andere Berathungsgegenstände wurden nach den Anträgen des Ausschusses erledigt. Damit war die Tagesordnung erschöpft, und der Vorsitzende beraumte die nächste Plenarsitzung auf den 30. d. M. an.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.

Wie „W. T. B.“ meldet, ist heute amtlich bekannt ke macht worden, daß das Entlassungsgesuch des Staats⸗ Ministers von Strenge von dem Regierungsverweser, Seiner Durchlaucht dem Erbprinzen zu Hohenlohe—⸗ Langenburg, genehmigt und Dr. jur. Hentich, vormals Rechtsanwalt und Notar in Berlin, spaͤter Präsident der ir lich Fürstenberg'schen Gesammtverwaltung in Donau⸗ eschingen, zum Staats⸗Minister ernannt worden ist.

Frankreich.

Der Präsident Krüger empfing gestern Vormittag, wie „W. T. B.“ meldet, den Prinzen Heinrich von Orleans zu einem kurzen Besuche.

Die Deputirtenkammer beendigte in ihrer gestrigen Vormittagssitzung die Berathung des Budgets der Kolonken und begann die Berathung des Budgets des Ackerbau— Ministerium s. In der Nachmittagssitzung wünschte der Deputirte Denis die Regierung über ihre Absichten hinsicht⸗ lich eines Schiedsgerichts zu Gunsten der Buren zu inter⸗ vellieren. Der Minister des Auswärtigen Delcassé erwiderte, es würde keinen Nutzen haben, die Debatte zu eröffnen. Besonders in der auswärtigen Politik könne das, was unnütz fei, leicht gefährlich werden. Der Deputirte Denis bestand auf seiner Interpellation, zog dieselbe aber dann auf die Vorhaltungen des Präsidenten Deschanel zurück und brachte statt derselben y. Antrag ein: Die Kammer schäßzt sich glücklich, anläßlich der Anwesenheit des Präsidenten von Transvaal in Frankreich diesem ihre aufrichtige und chifurchtsvolle Sympathie zum Ausdruck zu bringen. Der Antrag wurde einstimmig angenommen. Sofort nach der Annahme begab sich eine Abordnung der Gruppe der nationalen Vertheidigung zu dem Präsidenten Krüßer, um ihm von dem Votum der Kammer Mittheilung zu machen. Im weiteren Verlaufe

der Sitzung nahm die Kammer eine Vorlage an, durch welche die Stellenvermittelungsbureaux für Arbeiter und Angestellte aufgehoben werden.

Nuszland.

Der Kaiser verbrachte, wie dem „W. T. B.“ aus Livadia berichtet wird, den vorgestrigen Tag gun und schlief während des Tages gegen eine Stunde. Um J Uhr Abends betrug die Temperatur 36,40, der Puls 68. Während der , . Nacht schlief der Kaiser sehr gut und fühlte sich am Morgen munterer. Die Kräfte nehmen zu. Gestern Morgen um 9 Uhr betrug die Temperatur 36,20, der Puls 60.

Spanien.

In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer bekämpfte, wie „W. T. B.“ meldet, Romero Robledo die beabsichtigte Vermählung der Prinzessin von Asturien mit dem Grafen von Caserta, weil sie die Beziehungen zwischen Italien und Spanien beeinträchtigen könne. Die Königin sei gegen das Projekt; man solle warten, bis der König großjährig sei, damit er dann selbst entscheiden könne. Der Redner forderte die Minister auf, sich gegen die Heirath auszusprechen, weil dieselbe gegen die Staatsraison verstoße. Die Regierung wird heute antworten.

Schweiz.

Der Bundesrath wählte heute, wie „W. T. B.“ be⸗ richtet, zu General⸗Direktoren der Bunbesbahnen mit Amtsantritt am 1. Juli 1901: Weißenbach (Präsident), Flury (Vize⸗Präsident), Dubois, Tschiemer und Schmid.

Rumänien.

Die Deputirten kammer wählte, nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Bukarest, in ihrer gestrigen Sitzung mit 1065 von 121 Stimmen Georg Cantacuzene zum Präsidenten und Eco nomo, Delarrancea, Camaras—⸗ ches co und Pano zu Vize⸗Präsidenten. Cantacuzene nahm die Wahl dankend an. Der Senat wählte mit 74 gegen 18 Stimmen Boeresco zum Präsidenten und Kogal⸗ nitzeando, Janow, Theodor Vacarusco und Gregorius Olanes cu zu Vize⸗Präsidenten.

A sien.

Die Londoner Blätter veröffentlichen, wie „W. T. B.“ meldet, folgende Depesche aus Peking vom 28. November: Am Dienstag sei von der Kolonne des Obersten Grafen Yorck von Wartenburg ein Bote eingetroffen, der in größter Eile nach Peking gereist sei, um zu veranlassen, daß sofort ein Arzt sich zu dem Obersten Grafen Yorck von Wartenburg begebe. Der Bote habe Folgendes berichtet: Als die Kolonne während einer Nacht in einer Stadt lag, habe sich der Oberst Graf Yorck von Wartenburg, welcher in einem nach chinesischer Act durch einen Ofen ohne Abzugs⸗ röhren geheizten Hause schlief, durch Einathmung des Ofenrauchs eine Vergiftung zugezogen. Man habe ihn am Morgen bewußtlos vorgefunden, und sein Adjutant habe sich zwei Stunden hindurch vergeblich bemüht, ihn wieder zum Bewußt— sein zu bringen. Ein Arzt aus Peking sei sofort abgereist. Der General Feldmarschall Graf von Waldersee werde selbst die Kolonne Moörck nach Peking zurückführen. Wie, W. T. B.“ heute meldet, ist der Oberst Graf Morck von Wartenburg am 27. d. M. Vormittags an den Folgen der Vergiftung in Hwai⸗lai gestorben.

Der „Times“ wird aus Peking vom gestrigen Tage ge⸗ meldet, daß sich eine französische Truppen-Abtheitung jeßt an der Grenze der Provinz Schansi, westlich von Tschingting, befinde und nach Tayenfü aufzubrechen beabsichtige.

Nach einem in St. Petersburg eingetroffenen Telegramm des Generals Zerpitzki vom 17. November hat das De— tachement in Schan⸗hai⸗kwan den von 10 00 Boxern, Tungusen und chinesischen Soldaten belsgerten Bischof der Ostmongolei nebst 20 Missionaren und 3000 christlichen Familien befreit.

Die „Morning Post“ meldet aus Schanghai vom 39. d. M., daß, einer Depesche aus Hankau zufolge, der Besuch des Admirals Seymour bei dem Vize⸗König Tschang⸗tschi⸗tung von Erfolg gewesen sei; die Be— ziehungen zwischen ihnen seien die freundschaftlichsten. In einer anderen Depesche wird berichtet, daß der Gouverneur von Schensi, Tien, den Vize⸗König in Hankau aufgefordert habe, unverzüglich acht Schnellfeuergeschütze zu liefern. Der Vize-König habe den Befehl gegeben, dieselben nach der Provinz Schensi zu schaffen. Ein fremder Konsul in Hankau habe die Nachricht erhalten, daß 10000 Mann von den. Truppen Tungfuhsiang's in die Provinz Kansu eingerückt seien, um sich mit dem Prinzen Tuan zur Rebellion gegen den Kaiser zu vereinigen.

Aus Tokio wird dem „W. T. B.“ gemeldet, daß der neue großbritannische Gesandte Sir Claude Macdonald gestern daselbst eingetroffen sei.

Das russische Kriegs⸗Ministerium theilte, wie dem „W. T. B.“ aus St. Petersburg gemeldet wird, heute mit, daß am 24. November ein gecharterter Dampfer mit 13 Offizieren und 1088 Mann, die dem 14. und 15. Schützen⸗ Regiment und anderen Truppentheilen angehören, von Port Arthur nach Odessa abgegangen fei.

Afrika.

Von dem Feldmarschall Lord Roberts ist, dem, W. T. B.“ zufolge, gestern folgende Depesche in London eingetroffen: Der Oberst Barker fand auf seinem Marsche nach Dewetsdorp die Buren in starker Stellung, griff sie aber nicht nachdrücklich an und verlor dabei drei Mann. Der Oberst Plumer griff 500 Buren nordöstlich von Dewagendrift an und umging ihre rechte Flanke. Die Buren zogen sich zurück und ließen drei Todte auf dem Platz. Eine andere britische Abtheilung marschierte am 23 November nach Bethlehem und fand die Buren in starker Stellung am Tigerkloof. Nach einem scharfen Gefecht wurde die feind— liche Hauptstellung von den Scots Guards genommen. Die Engländer hatten 2 Todte, darunter einen Leutnant, und drei Verwundete, darunter einen Major.

Eine weitere Depesche des Feldmarschalls Lord Roberts aus Johannesburg vom 28. November meldet: Die etwa 409 Mann starke Garnison von Dewetsdorp mit 2 Ge⸗ schützen hat sich am 23. November den Buren ergeben, nach⸗ dem sie 15 Todte und 48 Verwundete verloren hatte. Die Buren waren 2500 Mann stark. Die 1400 Mann siarke britische Kolonne, welche Dewetsdorp zu Hilfe kommen sollte, war nicht zur rechten Zeit dort eingetroffen. Der General Knox rückte, nachdem er seine Truppen mit jener

Kolonne vereinigt halte, am 26. November in Dew et dorpy ein. Die Stadt war geräumt; nur 75 Verwundete und Kranke waren daselbst zurückgeblieben. Der General Knox verfolgte die Buren unter Steijn und de Wet und schlug dieselben am 27d. M bei Vaalbank. Die Buren zogen sich gegen Westen und Südwesten zurück.

Das „Reuter'sche Bureau“ berichtet aus Helvetiafarm vom 27. November über Smithfield: Die Truppen des Obersten Pilcher, welche unter dem Ober⸗-Kommando des Generals Knox mit der Abtheilung des Obersten Barker zusammen operierten, hatten am 27. d. M. während der Verfolgung de Wet s von Dewetsdorp aus ein kleines Gefecht mit den Buren. Der Gegner beschoß eine britische Batterie mit einem Fünfzehn⸗ pfünder, der bei Dewetsdorp von den Buren erbeutet worden war. Die Buren waren augenscheinlich völlig überrascht. Der Präsident Steijn und de Wet brachen eilig nach Westen auf. Die Engländer nahmen zwei Wagen mit Lebensmitieln und Kleidern weg, welche zweifellos in Dewetsdorp geraubt worden waren, desgleichen, dreihundert herrenlos herum— schweifende Pferde. Die Engländer verloren einen Sergeanten, welcher fiel, und sechs Mann, welche verwundet wurden. Ver—⸗ schiedene verwundete Buren wurden aufgefunden. Wie ge⸗ meldet wird, befindet sich das Lager de Wet's und Steijn sz jetzt zwischen den Engländern und der Bahnlinie. Das britische Lager befindet sich 24 Meilen nördlich von Smith⸗ field, wohin, wie berichtet wird, die Buren zu trekken be⸗ absichtigten. Viele Farmer des Distrikts hatten sich de Wet angeschlossen.

Wie der „Daily Telegraph“ erfährt, übernimmt Lord . heute den Oberbefehl über die Truppen in Süd— frika.

Eine in London eingetroffene amtliche Depesche besagt, daß der Feldzug gegen die Aschantis beendet fei. Die Truppen seien von Kumassi abgerückt.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichs⸗ tages befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (11.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadomsky und der Staatssekretär des Reichs⸗ Schatzamts Hr. Freiherr von Thiel mann beiwohnten, stand zunächst die Den kschrift über die Ausführung der seit dem Jahre 1875 erlassenen Anleihegesetze zur Berathung.

Das Wort nahmen bis zum Schluß des Blattes die Abgg. Fritz en⸗Düsseldorf (Zentr.), Graf von Kanitz (d. kons.) und der Staatssekretär des Reichs-Schatzamts Dr. Freiherr von Thielmann.

Dem Reichstag ist der nachstehende Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ausübung der freiwilligen Gerichtsbarkeit und die Leistung von Rechtshilfe im Heere, nebst Begründung zugegangen:

§1

Im Felde (Einfübrungsgesetz zur Militär · Strafgerichts ordnung §z 5) sind beim Heere binsichtlich der im 5 1 Rr. 1, 5 7, 8 der Militär⸗Strafgerichtsordnung vom 1. Dejember 1898 bezeichneten Personen auch die Kriegegenrichtsräthe und die ber Kriegsgerichtsrämhe zuständig:

1 für die nach 5 167 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Mai 1898 den Amtsgerichten zu⸗ stehenden Verrichtungen,

2) für die Erledigung von Ersuchen um Rechtshilfe, jedoch un— beschadet der Vorschriften des § 13 des Einsührungsgesetzes zur Militär Strafgerichtgz ordnung.

§ 2.

In den Fällen des F 1 Nr. J finden die Vorschriften der S5 168 bis 183 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwillgen Gerichts. barkeit und, sofern ein Testament oder ein Erbvertrag den Gegen⸗ stand der Beurkundung bildet, die Vorschriften det Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Errichtung von Testamenten und Erbverträgen Anwendung; die Geschäfte eines Gerichtzschreiber versieht der Militär Gerichte schreiber. Die Vorschriften des § 173 Nr. des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des § 2237 Nr. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchz bleiben außer An wendung bei 3ngen, die dem aktiven Heere angehören. Die Vor⸗ schriften des 8 44 des Rerchs. Militärgesctzes bleiben unberührt.

In den Fällen des 51 werden Beschwerden im Aufsichtswege erledigt. Dies gilt auch bei Eisuchen um Rechtshilfe in Straffachen (Sz 13 des Einführungsgesetzes zur Piltt r. Etrafger cht tordnung

§ 3. Im Felde liegt beim Heere nach dem Tode einer der im 51 be—= zeichneten Personen die vorläufige Sicherung des Rachlasses dem ju⸗ nächst vorgesetzten Offizter oder Beamten ob. 1

Nach dem Tode eines Angehörigen des aktiven Heeres (Reichs- Militärgesetz vom 2 Mai 1874 § 38) bat, unbeschadet der Zustän= digkeit des Nachlaßgerichts, die Militärbehörde, welcher der Ver⸗ storbene angehörte, für die Sicherung der amtlichen Akten oder der sonstigen Sachen, deren Herausgabe auf Grund des Dienstverhält= , n. werden kann, zu sorgen, soweit hierfür ein Bedürfniß

esteht.

Werden bei der Ausführung einer Maßregel, die das Gericht zur Sicherung des Nachlasses angeordnet hat, Sachen der im Abf. 1 be. zeichneten Art vorgefunden, so hat das Gericht die Militärbehörde, welcher der Verstorbene angehörte, hiervon zu benachrichtigen und ihr zugleich von den Sicherungsmaßregeln, die in Ansehung dieser Sachen vorgenommen worden sind, Mittheilung zu machen. Der Militäc— behörde liegt es ob, das weitere zu veranlassen.

War der Verstorbene der einzige Beamte der Behörde, so tritt an die Stelle der Militärbehörde das am Standort befindliche Garnison⸗ Kommando.

§ 5. Der § 39 Abs. 3 des Reichs. Militärgesetzes wird aufgehoben.

Die dem Entwurf beigefügte Begründung lautet:

Nach 5 39 Abs. 2 Reichs⸗Militärgesetze vom 2. Mai 1874 sind die laadesgesetzlichen Vorschriften in Kraft geblieben, nach welchen für Truppentheile, die nach der Mobilmachung ihre Garnison verlassen haben oder sich dauernd im Auslande aufhalten, die Autübung der freiwilligen Gerichtsbarkeit den Auditeuren bezw. nach § 20 des Einführungägesetzes zur Milttär. Strafgerichts ordnung vom 1. Dezember 1898 den Krieggaerichtsräthen oder Ober Kriegsgerichtsräthen übertragen ist. Für Preußen gilt hiernach noch j zt das Gesetz vom 8. Juni 1860 (Gesetz⸗Samml. S. 240) mit einigen durch die spätere Geletzgebung getroffenen Abänderungen. Mit diesem Gesetz stimmen sachlich die Vorschriften überein, welche

im Königreich Sachsen durch die 55 32— 34 der gemäß Art. 61 der Verfassung des Norddeutschen Bundes erlassenen Verordnung vom

4. Dezember 1867 (Verordnungsblatt S. 560) getroffen worden sind. Mehrfach abweichend sind dagegen die fraglichen Befugnisse er r durch daz Gesetz vom 15. August 1828 (Gesetzblast S. 41 estimmt.

In den übrigen Bundegftaat,n beftanden, sowelt sich dies über⸗ eben läßt, ausdrückliche Vorschriften dieser Art bei Erlaß des Reichs- ilitärgesetzes nicht; namentlich war dort die Einführung der preußischen Beftimmungen, wie sie in Sachsen auf Grund des Art. 61 der Bundegperfgssung sich vollzogen batie, unterblieben. Nur in Baden ist durch das Gesetz vom 6. Februar 1879 eine anderweite Regelung dieser. Materie, allerdings mehrfach abweichend von den preuß schen Hestimmungen, erfolgt.

Gs läßt sich. nicht verkennen, daß die gegenwärtige Gestaltung der Gesetzgebung eine befriedigende nicht ist.

Nachdem das Reichsgescßz über die Angelegenbeiten der fret willigen Gerichtsbarkeit (Reichs. Gesetzbl. 1398 S. 771) ergangen ist, erscheint eg dringend wünschenswertb, ja geboten, daß dief⸗ Materie auch für das Heer im Wege der Reichs gesetzgebung einheitlich Jeregeit wird und dies um so mehr, als die letztere in einzelnen Punkten bereit, Bestimmung getroffen und die Landetges⸗ tz bung geändert hat (vergl. Reichs. Militärgesetz § 44.

Dabei empfiehlt es sich, die Bestimmungen der 1 bis 3 nicht auf Truppentheile, die nach der Mobilmachung ihre Stand quartiere verlassen haben oder sich dauernd im Augland aufbalten, jn beschränken svergl, preußisches Gesetz vom 8. Jun 1860 § 1), sie vielmehr alfgemein für die Verbältnisse im Felde (5 5 dez Einführungsgesetzes zur Militär Strafger chigordnung) zu treffen.

Es entspricht den militärischen Verhälinifsen und Bedürfnissen, wenn die Befugnisse der mit der Ausübung der freiwilligen Gericht barkeit zu betrauenden Personen im vollen Umfange gleich mit der Mobilmachung beginnen und nicht auf die Truppentheile böschränkt werden, die nach der Mobilmachung ihren Standort verlassen haben. Denn schon vor diesem Zeltvunkte sind Offiziere und Mannschaften, namentlich der berittenen Truppen, durch die Mobilmachung derart in Anspruch genommen, daß die Wahrnehmung von Terminen bei den Amtsgerichten meift unthanlich, mindestens aber mit dienstlichen Unzuträglschkeiten verbunden sein wird.

Daß preußische Gesetz von 1860 befaßt sich nicht mit der Sicherung des Nachlasses verstorbener Milstärpersonen; dag ⸗preußische Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit vom 21. September 1899 (GesetzSamml. S. 249) berübrt ähnliche Verbältnisse. Werden aber die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Heere im übrigen reichsgesetzlich einbeitlich geregelt, so erscheint es angezeigt, auch wegen der Sicherung des Nachlaffes einer verstorbenen Militär— person, und jwar auch für die Friedensverhaͤltnisse, einbeitliche Be= stimmungen zu treffen, soweit ein Bedürfniß dazu vorliegt.

Im Einzelnen darf Folgendes bemerkt werden:

ö —ͤ 96 Verrichtungen der bürgerlichen Gerichtsbarkeit kommen hier n Frage: IL) einzelne Handlungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, nämlich: die gerichtliche Beurkundung eines Rechtsgeschäfts, die gericht · liche oder öffentliche Beglaubigung einer Unterschrift oder eines Handzrichens, sowle die Aufnahme der nach §S5§ 1718, 1726 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchg vorgesehenen Urtunden;

2) Erledigung der Ersuchen um Vornahme gerichtlicher Hand⸗ lungen sowie um Aufnahme gerichtlicher Verhandlungen.

Für diese Verrichtungen sind nach Maßgabe der bestehenden Ge—= setze die Amtsgerichte zuständig. SF 1 und 2 des Entwurfeg über— tragen diese Verrichtungen neben den Amtggerichten in gleicher 3. ständigkeit auf die Krlegegerichtgräthe und Ober-Kriegsgerichtsräthe, weil es unter den e g e Verhältnissen meist nicht möglich sein wird, die Thätigkeit eines Amtsgerichts in Anspruch zu nehmen. Außer den zum aktiven Heere gehörigen Perfonen 5 38 Reichs. Militärgesetz kommen auch diejenigen Personen in Betracht, welche sich waͤhrend eines gegen das Beutsche Reich ausgebrochenen Krieges in irgend einem PVienst. oder Vertrassver— hältnisse bei dem Heere befinden, sich sonst bei ibm aufhalten oder ihm folgen, sowie die Kriegsgefangenen, weil für sie das gleiche Be— dürfniß besteht, dieselben auch stetz einem militärischen Befehlshaber unterstellt sind.

Die Vorschrift des 5 13 Einführungsgesetzes zur Mllitär.Straf— gerichtsordnung war aufrecht ju erhalten, soweit nicht 52 Abf. 2 dieses Entwurfes in Frage kommt.

§ 2.

Bejüglich des Verfahrens ist für die Fälle des 5 1 Nr. 1 zur Vermeidung von Zweifeln und, da ein Sondergesetz vorliegt, aus Zweckmäßigkeinsgründen auggesprochen, daß auch für die durch bie Kriegsgerichtsrätbe und Ober Krieggerichtsrathe zu bewirkenden Beurkundungen die S5 168 bis 183 des Gesetzes über die Angelegenbeiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und, so— weit es sich um die Errichtung von Testamenten und Erb⸗ verträgen in ordentlicher Form handelt, die einschlägigen besonderen Vorschriften des Bürgerlichen Gefetzbuchs maßgebend sind. Die Ge— schäfte des Gerichtgschreibers werden von dem Militär. Gerichtsschreiber (Militär. Strafgerichtsordnung S5 108 ff, § 163 Abf. 3) versehen; die Beeidigung des Dolmetschers im einzelnen Fall und im allgemeinen (Militär · Strafgerichtsordnung 119) wird von dem Kriegsgerichts. rath und Ober -Kriegzsgerichtsrath vorgenommen.

Eine Ausnahme von der Anwendbarkeit der vorgedachten Be— stimmungen war jedoch hinsichtlich des § 173 Ne. 1 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilllgen Gerichtsbarkeit und bes 586 2237 Nr. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu machen. Für die Angehörigen des Heeres läßt sich unter den in Frage stebenden besonderen Verhältnissen und im Hinblick auf die Anforderungen, die der Krieg an ihre Thatkraft, ihre Gewissenhaftigkeit und Umsicht stellt, nicht anerkennen, daß sie, wenn auch noch minderjährig, nicht befähigt seien, Zeugen bei Beurkundung eines Rechtsgeschäfts zu sein. Dies gilt vor allem von den Offizieren, hei denen schon im Frieden die Berufung als Richter und Gerichtsoffiziere nicht von dem Lebensalter abhängig gemacht ist S8 409, 100. Militär, Strafgerichtsordnung vom 1. Dejember 1898. Endlich bleibt dabei noch zu berücksichtigen, daß es sich um eine Vorschrift handelt, die nur für das mobile Verhältniß gelten soll, und daß unter den gegebenen Umständen sehr leicht der Fall eintreten kann, daß die einnige geeignete Person, die als Zeuge bei der Be— urkundung eines Rechtsgeschäftg zur Stelle ist, ein Mindersähriger sst.

Die Vorschriften des 5 44 des Reichs⸗Militärgesetzes, nach welchem die dort bezeichneten Personen in Kelegsjeiten oder während eines Belagerungsjustandes letztwillige Verordnungen unter besonderg erleichterten Formen errichten können, bleiben unberührt. Daneben wird den Militär. Justijbeamten durch den Entwurf die Befugniß, ordentliche Testamente aufzunehmen, ertheilt. Während für die Auf— nahme dieser die Formen und die daran gelnüpften Wirkungen aut den Vorschrif en des Gntwurfz sich ergeben, bleiben für die privi⸗ legierte Form die Vorschriften des 5 44 Reichs. Militärgesetzes bestehen. An Stelle der Auditeure treten nach § 20 Einführung gesetzes zur Militär⸗Strafgerichtgordnung die Kriegs! und Ober- Kriegsgerichtsräthe.

Was das Verfahren bei Erledigung von Ersu hen um Rechtz— hilfe anlangt, so ist für Strafsachen durch die Aufrechter haltung des 513 des Einführungsgesetzes zur Militär ⸗Strafgerichtgzordnung 81 Ziffer 2 des Entwurfs eine besondere Bestimmung getroffen. Vaß im übrigen die Ersuchen von den Kriegägerichtsräthen und Ober— Kriegsgerichtsräthen nach den für die betreffende Angelegenheit jonst . Vorschriften zu erledigen sind, wird elner Hervorhebung im Gesetz nicht bedürfen.

Den Feldverhältnsssen wird es entsprechen, in allen Fällen des §z 1 für die Erledigung von Beschwerden den Aufsichtgweg ausschließ⸗· lich offen ju lassen. Es besteht kein Grund, hservon bei den Erfuchen um Rechtehilfe in Strafsachen eine Ausnahme zu machen. Der zweite Satz des Abs. 2 hebt dies zur Vermeidung von ö die mit Rücstcht auf 8 1 Ziffer 2 des Entwurfs etwa entstchen könnten, besonders hervor.

§ 3.

Durch den 1960 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und die 72ff. des Reichtgesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichts. barkeit sind dis Voraugsetzungen, unter denen eine amtlsche 3 sicherung stattfindet, sowse die Zuständigkelt der Amtzgerichte far die

Sicherunggmaßregeln einbeitlich geregelt. Außerdem enthält der ,

135 Friedeng⸗ Sanitäts- Ordnung besondere dienstliche Vor⸗ schriften für die vorläufige Sicherung deg Rachiaffeg. Gg bedarf daher mit der im 5 4 vorgesehenen Ausnahme elner besonderen 1 Bestimmung über die Sicherstellung des Nachlasses eineg in Friedengsjeiten verstorbenen Angehörigen des Heeres nicht. Da⸗ gegen scheint es nothwendig, für den Nach . der im § 1 bezeichneten Personen unter den dort angegebenen Verhältnsssen, unter benen ein entsprechendes Eingreifen der Erben oder deg Nachlaßgerichtz in der Regel nicht oder doch nicht sofort stattfinden kann, Fürforge zu treffen.

Zu diesem Zveck wird im § 3 für den zunächst vorgesetzten Offizler oder Beamen die zienstliche Verpflichtung begründet, für die vorläufige Sicherung des Nachlasses ju sorgen. Dle Verpflichtung erstreckt sich nicht weiter, als ein Bedürfniß besteht. Die vorläufige Sichtrung wird zweckriäßig in die Hände des zunächst vorgesetzten Alflbiers oder Bed aten gelegt, da dieser steig zu erreichen fein wird. Den Kriegs. und Ober Kriegsgerichtgräthen diese Angelegenbeiten im allgemeinen zu übertragen, erscheint schon deshalb nicht durchführbar, weil vielfach die Entfernungtverhältnisse oder anderweite Dienst⸗ obliegenheiten dieser Thätigkeit im ** stehen werden.

Unbeschadet der Zuständigkeit der Amtegerichte muß die Militär— verwaltung befugt sein, für die Sicherstellung der in dem Nachlaß eines Angehörigen des aktiven Heeres befindlichen amtlichen Akten und sonstiger Sachen, deren Herausgabe auf Grund des Vlenft— verhältnisses verlangt werden kann, Sorge zu tragen. Der 5 4 entspricht dem Art. 20 des preußischen Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit, dag an die Stelle der auf die Nachlaßsiegelung bei Beamten bejüglichen Vorschriften deg Rheinischen Rechts und der Allgemeinen Gerichtsordnung (code de, procédure Art. 91l1 Nr, 3 nebst Kabinetsordre vom 14. Juli 1343 Gesetz Samml. S. 321 —, Allgemeine Gerichts ordnung i. 5 6, 31, 39, Anh. 433, 436) getreten ist. Unter Angehörigen des aktiven Heeres sind alle im 8 38 Reichs. Militärgesetz bezeichneten Personen zu verstehen. Im allgemeinen wird die Sorge um die amtlichen Akten sachgemäß der Milttärbebhörde zufallen, welcher der Verstorbene angehört. War dieser der einzige Beamte der Behörde, so wird das am Standort befindliche Garnison⸗ Kommando einzu- treten haben.

Vie Kriegs und Ober Kriegsgerichtsräthe mit dieser Angelegenheit zu befassen, erscheint nicht zweckmäßig, da dieselben meist nicht am Sterbeortet anwesend sein 1 ĩ

§ 39 Abs. 3 des Reichs ⸗Milttärgesetz'z erscheint, soweit die Aus⸗ übung der freiwilligen Gerichte barkeit in Frage kommt, gegenstandslos Diese Bestlmmung für die Vorlchriften der streitigen Gerichtsbarkeit aufrecht zu erhalten, liegt ein Bedürfniß nicht vor.

Statistik und Bolkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Der Ausstand im Fuhrwesen Berlins (vergl. Nr. 282 d. Bl.) ist, wie hiestze Zeitungen berichten, beendet. Die Ausständigen haben im allgemeinen eine Erhöhung ihrer Löhne erzielt. Doch ist die Hauptforderung, die Einführung fester Löhne obae Rücksicht auf die bisher üblichen Trinkgelder, nur in sehr geringem Umfange zur Anerkennung gelangt. Die bisherige Loöbnungsweise, nach der bie Ein- nahmen der Kutscher von der Anzahl der von ihnen geleisteten Fuhren abhängig sind, bleibt bestehen.

Die Berliner Glasschleifer befinden sich, der Dt. W.“ zufolge, in einer allgemeinen Lohnbewegung, um einheitliche Accord= löhne zu erzielen. Sie haben zu diesem Zweck einen Minimalaccord- lobntarif ausgearbeitet und sind behusg allgemeiner Ginfũhrung desselben mit dem Bunde der biesigen Glasschleiferelbesitzer in Ver= handlungen eingetreten. (Vergl. Nr. 126 d. Bl.)

Aus Krefeld meldet die Rh. Westf. tg.“ vom gestrigen Tage. daß die dort ausständigen Seiden stoffweber (vergl. Nr. 283 d. Bl.). sich mit der betreffenden Ficma geeinigt und die Arbeit in vollem Umfange wieder aufgenommen haben.

Kunst und Wissenschaft.

„In der Gesammtsitzung der Akademie der Wissen« schaften vom 22. November Sorsitzender Sekretar: Herr Diel s) las Herr Schwendener über Die Divergenzänderungen an den Blüthen⸗ köpfen der Sonnenblumen im Verlaufe ihrer Entwickelung‘. Die Vergleichung jugendlicher Köpfe von 25 bis 35mm im Durchmeffer mit älteren, nahein ausgewachsenen hat, dieser Abhandlung zufolge, als sicheres Resultat eigeben, daß im Verlaufe des Wachsthumt Verschlebungen im Sinne einer Annäherung der Divergenzen an den Grenjwerth der gegebenen Reibe stattfiaden. Es hängt die mit dem Umstande zusammen, daß die Randzone des Blüthen— bodens in tangentialer Richtung stärker wächst als die einzelnen Blüthen, was bei fortdauerndem Kontakt nothwendig kleine Divergenzänderungen herbeiführen muß. Herr Munk äberreichte im Auftrage des Herausgebers: Atlas des Gehirns. Schnilte darch das menschliche Gehirn in photographischen Originalen, herausgegeben mit Unterstützung der Königlichen Akademte der Wissenschasten zu Berlin von Prosessor Dr. Carl Wernicke. Abtheilung II:. zwanzig Horizontalschnitte durch eine Großhirnbemispbäre, hergestellt und er⸗ läutert ven Dr. Paul Schröder. Breslau 1900 *

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Schweiz.

Durch Beschluß des schweizerischen Bundesraths vom 20. d. M. sind nachfolgende Länder und Bezirke für pestfrei erklärt und die gegen dieselben angeordneten Schutzmaßnabmen aufgehoben worden. Paraguay, Neu⸗Caledonien, Sand⸗ wich- Inseln, die Häfen des Rothen Meeres, Aden, Port Said, Alexandrien, Smyrna. Glasgow und Sydney. (Vergl. „R. Anz. Nr. 58 vom 6. und Nr. 66 vom 15. März, Nr. 122 vom 22. Mat. Nr. 140 vom 14 Juni, Nr. 158 vom 5 Juli und Nr. 223 vom 19. September d. J.) .

Dagegen ist Tamatave (Madagascar) für pestversencht erklärt worden. Es kommen daher gegenüber diesem Bezirk die durch den. Bundesrathsbeschluß vom 19. Januar 1900 in Kraft gesetzten Bestimmungen der Verordnung vom 30. Dezember 1899, welche sich auf die Ueberwachung der Relsenden am Ankunftsorte und auf den Waaren, und Gepaͤckverkehr beziehen, zur Anwendung. (Vergl. R. Anz.“ Nr. 34 vom 6. Februar d. IJ)

Belgien.

Zufolge Verordnung de belgischen Ministers für Landwirthschaft vom 19. d. M. ist die Einfuhr von Schafvieb aus den Niederlanden nach Belgien vom 25. d. M. ab biz auf weiteres verhoten. .

Au genommen biervon ist das für die Schlachthäuser in Anderlecht, Antwerpen, Brüssel, Gent und Lüttich bestimmte Schaf. vieb, aber nur unter den für die Einfuhr von Rindvieh aus den Niederlanden geltenden Bestimmungen.

Lemberg, 29. November. (W. T. B.) Die Typ hug— Epidemie ist im Erlöschen begriffen. (Vgl. Rr. 270 d. Bi]

Verdingungen im Auslande.

Oesterreich⸗ Ungarn.

4. Deiember, 12 Uhr. Direltion der priv. Ssterr. ungar. Staatg⸗ Elsen bahn Geselĩschast in Wien: Lieferung an Posamentierwaaren und Schmierpolstern für das Jahr 1901. Näheres bei der genannten Direktion, Abtheilung für Materlalwesen, X 2, Hintere Südbahn. straße 1, und beim Reicht. Anzeiger).

Verkehr s⸗Anftalten.

Laut 1 aus Köln (Rhein) hat die zweite ,, Post über Ostende vom November in Köln den Anschluß an Zug 31 nach Berlin über Hildesheim wegen widriger See nicht erreicht.

Von der hrasilignischen Post verwaltung war daz für den

inneren Verkehr Brasilteng geltende Verbot der Ginlegung von Werthpapieren Gn cken, oder Banknoten, visiersen Schecks. Dividenden · oder Zinskupong, Lotterielopsen, Poftfreimarken u. s. w. ) in gewöhnliche und eingeschriebene Briefsen dungen auch auf den internationalen Verkehr in Anwendung gebracht worden. Nach neuerer Mittheilung werden derartige Briefe von und nach dem Auslande in Brasilien nicht mehr mit Strafen belegt.

Bremen, 30. November. (W. T. B.) N orddeutscher Llovb. Dampfer Labuan 28 Nov. in Baltimore und „Prin; Heinrich *. n. Ost Asien best, in Singapore, Trave! v. New York 29 Nov. a. d. Weser, Heidelberg“, n. Brasillen best. 238 Nor in Antwerpen anget. ‚Labn =, n. New York best., 29. Nov. Lijard passf. Ham⸗ burg“, n. Ost. Asien best., 29. Nov. in Rotterdam angek. Darm⸗ stadt?, v. Ost. Asien kommend, 29. Nob. Gibraltar pass. Werra 2. Nov. in New York angek. „Kalser Wilbelm II. 29 Non. v. Genua über Neapel u. Gibraltar n. New York, Karlsrube“, v. Australien kommend, 29. Nov. v. Neapel n. Genud und Willehad / v. Vigo n. d. La Plata abgegangen.

Dam burg, 36. November. (W. T. B) Hamburg Ameriko- Linie „Dampfer Fürst Bismard . 29. Nov. in Genug anger. Deutschland⸗, v. Hamburg über Southampton und Cherbourg? n. New York, 30. Nov. Dober passiert. Lady Armstrong“, v. New Jork n. Stettin, 29. Nop. v. Kopenhagen und ‚Polaria“, D. Hamburg n. Westindien, 29. Nop. v. Antwerpen abgeg. „Calabria“ 28. Nov. in St Themas angek. Frarcla⸗ 29. Nob. v. St. Thomas über Vapre n. Hamburg abgeg. Frisia 29. Nox. in Portland (Maine) angek. Abessynla 28 Nov. und „Brisgavla n 29. Nov. v. Tafu n. Nagasati, Sibtria“ v. Antwerpen n. Hamburg und Athesia“ v. Tsingtau n. Rangoon abgegangen.

London, 29. November. (W. T. B) Union ⸗Linie. Dampfer Briton“ gestern auf Heimreise von Kapstadt abgegangen.

Theater und Musik.

J Schil Uler⸗Theater.

Das volle Haus bei der gestrigen Erstaufführung von Karl Dauptmann's Schauspiel in fünf Akten ‚Gpbraim'z Breite“ bewies, daß man in weiteren Kreisen des Publitumft einigermaßen darauf gespannt war, ein dramatisches Werk des Bruders Gerhart Haupimann's kennen ju lernen, und aus dem berzlichen Beifall, der den Dichter nach jedem Att vor den Vorhang rief, darf ge⸗ schlessen werden, daß die gehegten Erwartungen sich im Ganzen erfüllt haben. In dem Stück schildert Karl Saupt⸗· mann, wie sein Bruder, die Bewohner seiner schlesischen Hei math, welche er in ihrer charakteristischen Mundart reden läßt; aber er be⸗ kandet dabei eine liebenswürdigere, minder herbe und vejsimistische WBeltanschauung als jener, wenn auch nicht zu verkennen ist, daß seine Begabung mehr dem epischen als dem dramatischen Stil zuneigt. Im Ganzen ist Ephraim's Breite eine Dorfgeschichte, welche ihrem Inhalte nach vielen anderen ähnelt, die im oberbayerischen, sch räbischen oder steierischen Dialekt gejchrieben worden sind. Es handelt sich um die Liebe Breite 's, der Tochter des reichen Bauern Ephraim, zu dem Großknecht Joseyh, einem Zigeunerburschen, dem Sohn einer von rt zu Ott ziehenden Harfenspielerin. Der Muth, mit dem das Mãdchen dem Vater gesteht, daß es sich dem Zigeuner zu eigen gegeben habe und entschlossen sei, ihn zu beiratben, erjwingt don dem wider strebenden Alten die Ginwilligung zur Ehe. Aber das Glück, das Breite damit erringt, ist nur von kurzer Dauer, da sich lanm ein Jahr nach der Hochzeit in Josepb's Adern dag Blut seines unsteten Stamme ju regen beginnt und er Weib und Kind verläßt, um einem anderen Mädchen, dem „böbmischen Franzel' das mit seiner Mutter musizierend durchs Land zieht, nachzugehen. Im Ganzen hätten sich diese romantischen Vorgänge besser für eine Grzählung geeignet, da der Momente, in denen sich die Handlung zu dramatischer Gewegung fteigert, nur wenige sind. Im übrigen ift Vieles in dem Stück gut beobachtet, und manche breiter ausgemalte Episode dient, obschon sie auf den Gang der Greignisse hemmend wirkt, doch wenigstens zur wirksamen Er⸗ gänzung der Charakteristik der Personen. Die Aufführung war be⸗= züglich der Inscenierung völlig einwandfrei. Die Hauptrollen hatten

in Fräulein Ernst (Breite), den Herren Pategg (Ephrain⸗) und Gregori

(Josevh) gute Vertreter. In wichtigeren Nebenrollen zeichneten sich

die Damen Werner und Seitz, die Herren Waader und Joseph aug. Le ssing ˖ Theater.

Wie die Blätter.. .*, Schauspiel in vier Aufiügen von

Giusepype Giacosa, gelangte geftern zur erstmalligen Aufführung

und erzielte einen ausgesprochenen, wohlverdienten Erfolg. Ver Grund⸗ gedanke dieses genial angelegten Stückes ist der, daß ein fester, ehr licher Wille. an richtiger Stelle eingesetzt, Arbeitsfreudigkeit und ein off 'ner Blick für die Umgebung wesentliche Bedingnisse sind, um dag Leben wabrhaft glücklich zu gestalten und aus mißlichen Lagen wieder heraugzubelfen. Wo diese Gigenschaften aber fehlen und oberflächliche Lebens lust, Gleichgültigkeit oder stumme Resignation dafür eintreten, wird weder das Glück zum Heil. noch wird das Ünglück überwunden. Im Gegentbeil, eg jällt ein dürreg Blatt nach dem anderen vom Lebensbaum, dessen entlaabte Aeste schließlich, als wollten sie das Geschick und sich selbst anklagen, kahl gen Himmel ragen. Diese Lebengweisheit wird nun an dem Schicksal eineg fallierten Mailänder Millionärs. Nameng Rosani, und seiner Famile mit feiner Satire und frischem Humor einerseitg und ergreifender Tragit andererseits in L bengwahrer, jeden äuzeren Effekt vermeidender Weise nachgewiesen. Die ganze Schilderung der Vrhältnisse, das Thun und Treiben der einzelnen Personen beruht auf so sicherer Menschen⸗ kenntniß, reiht sich so logisch aneinander und athmet ein derartig gejundeg innerliches Empfinden, daß der Zuschauer dir Vorgänge auf der Bühne förmlich mit zu erleben vermeirt und völlig unter dem Banne der eindruck vollen Vandlung stebt. Namentlich zeichnet sich der Schluß durch eine außerst feinfühlige Gestaltung aug. Hier führt der Wind des Schicksalg zwei bereits verwehte Blätter, die Tochter des verarmten Mannes, Nena, und dessen Neffen Massimo, wieder zasammen, und nur ein jubelnder Ruf des liebenden Weibes, keine sentimentale Scene. läßt erkennen, daß sich zwei Herzen gefunden und daß künftig der kahle Baum nicht gänzlich unbelaubt dastehen wird. Inscenierung, Zusammenspiel und Einzelleistungen hatten gleichfalls ihren berechtigten Antheil an dem Erfolge des Abendg. Namentlich war die Hauptrolle der schwergeprüften Tochter Neng, welche die einzige ist, die die zerrütteten Verbältnisse ihrer Familie kiar überblickt und die unter dieser Grkenntniß schier zusammenhricht, durch Fräulein Jäger vortrefflich besetzt. In den Momenten höchsten seelischen Schmerzes reicht freilich ihre Kraft nicht immer aus, dagegen weiß sie aber sonst steig den richtigen Ton zu treffen und mit feiner Charakterisierung zu vielen. Ebenso fand die Stiefmutter, eine oberflächliche, genußsüchtige . welche zusehends dem sittlichen Abgrund entgegeneilt, in räulein Groß eine verfländnißvolle Vertreterin. Der gleichfalls auf abschüssiger Babn wandelnde Sohn des Haufe wurde von Herrn Bonn in lebenswabrer Weise verkörpert. Weniger glaubhaft ge« staltete bisweilen Herr Adolf Klein den bankerotten Milltonät, * er etwas zu schwächlich charakterisierte, wogegen

Klein den Neffen Massimo, der gewessermaßen den. . des Hauses bildet und schließlich daz Heiz der unglücklichen ewinnt, dem Geiste der Rolle durchaus entprechend w' . altender Beifall lobnte den trefflichen Darstellern, und auch der an= wesende Autor mußte nach jedem AUktschluz wmmer wieder auf der Bühne eische inen. .

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