nicht mit solchen dehnbaren Bestimmungen begnügen. Was aber die Gefährdung des Gemeinwohls betrifft, so kann ich mit Räcksicht auf die Bestimmungen im Patentanwaltsgesetz die Befürchtung nicht unterdrücken daß einem Anhaͤnger einer oppositionellen, politischen Partei die . zu dem Geschäftsbetriebe versagt werden kann. Der Abschnitt über die Versicherung auf Gegenseitigkeit ist im Entwurf der weitaus beste. Im einzelnen wird in der Kommission auch bieran noch mancheg zu bessern sein. Recht dürftig ist der Abschnitt über die Geschästsführung der Veisicherungsunter= nehmungen. Es herrscht da eine Willkür, die bereltß von den Vorrednern hervorgehoben worden ist. Besonders hart sind die estimmungen des Abschnittz 5 über die Beaufsichtigung der Versicherungzunternehmungen. Hier herrscht ein Geist so tiefen . gegen die Versicherungtsanstalten, daß ich garnicht be⸗ reifen kann, wie die Regierung dazu gekommen ist. Wag ist denn n den letzten Jahren passiert, das zu solchen Zuchthausbestimmungen für die Veisicherungsanstalten Anlaß geben könnte? Eine größere Aktiengesellschaft hat seit längerer Zeit überhaupt nicht mehr falliert. Die Versicherungsanstalten sind zum großen Theile wahre Muster⸗ anstalten, die weit über die deutschen Gaue hinaus gerühmt und anerkannt werden. Der § 64 führt nicht nur strengste Staatzaufsicht ein, sondern es wird vollständige K statuiert. Die Handelskammer in Hamburg sagt mit Recht: ‚Anstatt den Sinn der Bevölkerung zur selbständigen geschäftlichen Bethätigung anzu— regen und sie zur produktiven Mitarbeit an den Fortschritten der Volkawirtbschaft heranzuziehen, wird durch eine solche Staatsaufsicht das Publikum sorglos gemacht, unter Hinweis auf die Staatgaufsicht von der eigenen Prüfung abgehalten. Bezüglich der Verwendung von Beamten der öffentlichen Sontetäten und der Zusammensetzung des Versicherungsbeiraths stehe ich auf dem Standpunkt des Abg. Opfergelt. Der Rekurs, wie er jetzt in das Gesetz auf⸗ genommen ist, ist thatsächlich kein Rekurs. Er hat nicht den geringsten Werth, wenn der Vorsitzende und der Bericht ersigtter sowohl in zweiter, wie in erster Instanz sitzen. Nach F 81 soll die Kosten des Aufsichtsamts für Privatversicherungen und des Verfhrens vor dem Amt das Reich tragen. Diese Bestimmung wird durch die Absätze 2 und 3z wieder aufgehoben. Was würde man dazu sagen, wenn verlangt würde, daß die Kosten des Reichsgerichts oder einer Verwaltungsbehörde wie des Landrathsamts don denen etragen werden sollten, die diese Behörden um irgend eine Ent⸗ . angehen? Hier handelt es sich um eine Verwaltunge— behörde, die vor allen Dingen verwaltungsrechtliche Entscheidungen zu erlassen hat, um ein Spezialverwaltungegericht. Klassisch ift die Begründung des ersten Entwurfs; der Veriheilungsmaßstab, so heißt es da, sei zwar roh, habe aber den Vorzug der Einfachbeit. Die augsländischen Versicherunggunternehmungen sollten nicht befser gestellt werden als die inländischen, aber auch nicht allzu schiecht be⸗ handelt werden. In den Schlußbestimmungen des 5 115, wonach jedes Versicherunggunternehmen in demjenigen Bundesstaat, auf dessen Gebiet es seinen Betrieb erstreckt, ohne daß sein Sitz in diesem Gebiet gelegen ist, auf Verlangen der Zentralbeß sede dieses Staateß einen Haupibevollmächtigten zu bestellen hat, zeigt sich ein merkwürdiger Partikularlsmus. Der Ausschluß der Trangportversicherungen aus dem Gesetz müßte auch den der Rück— versicherungen zur Folge haken. Cine Präventivkontrole ist voll. kommen werthlos, gefährlich und chikanög. Das Gesetz hat zwei Dauptaufgaben: einmal das Publikum vor einer unreellen Benach⸗ theiligung durch die Versicherungegesellschaften zu schützen, und zweiten diese Aufgabe unter möglichster Schonung der letzteren durchzuführen. Hoffentlich gelingt es unter genügender kräftiger Staatsaufsicht, das⸗ jenige Maß indioidueller Freibest den deutschen Versicherungtzunter⸗ nehmungen zu garantieren, das sie zur Erfüllung ihrer immens wichtigen und schwierigen Aufgaben unbedingt nothwendig haben.
Abg. Sgrader (fr. Vgg): Ich stehe der Gesetzebung im Großen und Ganzen sympathisch gegenüber. Ein großer Theil der Partikulargesetze ist dadurch beseitigt. 33 Jahre sind vergangen, ohne daß wir zu einer öffentlich rechtlichen Regelung dieser Materie ge— kommen sind. Verwunderlich ist es nur, daß keinerlel privatrechtliche Bestimmungen über den Inhalt des Vertrages in die Vorlage Auf— nahme gefunden haben. Sollte das Reichs⸗Justijamt oder das Reiche⸗ amt des Innern nicht im stande gäwesen sein, die Schwierig⸗ keiten zu beseitigen, die sich dieser Aufgabe ent egenstellen? Allerdings sind auch die öfftentlich rechtlichen ö nicht in das Gesetz aufgenommen, worden. Ob freilich diefen, die durch diese Vorlage besonders begũnstigt werden sollen, jene Bestimmungen unbequem wären, vermag ich nicht zu übersehen. Aus diesem Grunde scheint man auch dle privat rechtlichen Bestimmungen nicht aufgenommen zu haben. Man sagt, diese Anstalten brauchen nicht beaufsichtigt zu werden. Aber in vielen Fällen sind sie rückständig und allen sich nur, weil sie direkt oder indirekt das Monopol haben. Man hãtte doch wenigsteng auch für die öffentlichen Anstalten eine allgemeine Regel in Bezug auf die privatrechtliche Seite aufstellen sollen. Ber Redner geht sodann auf die Gestaltung der Reichs. bezw. Landesaufsicht über die privaten Versicherungsunternehmungen ein und befürwortet eine festere Abgrenzung der Befugniß der Auf— sichts behörden. Es dütfe nicht in dem völlig freien Ermessen des Aufssichtsamts stehen, ob es den Betrieb erlauben wolle oder nicht. Wenn die Erlaubniß versagt werden könne, u. 4. wegen Gefährdung des Gemeinwohls, so finde er diesen Ausdruck viel zu allgemein und willkürlicher Deutung fähig. Was heiße „Gefährdung des Gemein⸗ wohls? Was die Zusammersetzung der Rekursinstanz betreffe, so könne er sich den bereits erhobenen Bedenken nur an schließen. Es sei unbedingt eine selbständige Rekursbehörde nöthig. Es genüge nicht, wenn, wie es in der Vorlage vor⸗ geschlagen sei, als Rekurginstanz lediglich ein erweitertes Kollegtum derselben eistinstanzlichen Bebörre fungieren solle. Es müßten mehr Beisitzer genommen, es müßte dem Antragsteller das Recht gewährt werden, Beisitzer zu verwerfen, von denen er Parteilichkeit befürchte. Es fehle übrigens bei der Aussicht die Einheit Die Aussichtsbefug⸗ niß des Kaiserlichen Aufsichtsamtes solle überall durchbrochen werden, wo die Unternehmungen auf ein Bundesgebiet beschränkt seien. In diesem Falle solle die Landes behörde als Aufsichtsbehörde eintreten. Daz sei eine Einengung der Befugnisse der Reichtzbehörde. Auch er (Redner) könne nur wünschen, daß eine Vorlage, betreffend die Ordnung der privatrechtlichen Verhältnisse der Gesellschaften im Ver⸗ sicherunge vertrage recht bald vorgelegt werde, möglichst noch in dieser Sesston, wenn auch das Zustandekommen der gegenwärtigen Vorlage etwas verzögert werden sollie. Das wäre lange nicht so schlimm, als wenn beide Gegenstände getrennt verhandelt würden. Er wünsche leb⸗ haft, daß das Ver sicherungswesen durch zu weitgehende staatliche Be—⸗ fugniß nicht zu sehr beschränkt werde, damit es feine Aufgabe erfüllen könne.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Meine Herren! Der Herr Vorredner hat seine Verwunderung darüber ausgedrückk, daß seitenz der Regierung zur Vertheidigung dieses Gesetzentwurfs bisher noch nicht das Wort ergriffen worden sei. Ich halte es für ziemlich unpraktisch, mit einführenden Reden solche Gesetze zu beglelten, in denen vom Bundesrathgtische zunächst nichts weiter gesagt werden kann, als was bereits in den Motiven steht. Ich meine, bei einem Gesetz so technischer Natur, wie dieses Gesetz ist, besteht die beste Vertretung der Reglerungevorlage in den sehr ausführlich gearbeiteten Motiven.
Nun, meine Herren, bitte ich noch Eines zu beachten. Der Herr Vorredner sagte, in den 33 Jahren seit der Verfassung für den Norddeutschen Bund hätte man doch schon etwas Vollkommeneres zu stande bringen können; aber er selbst erwähnte gleichzeitig, daß wir schon Versuche auf diesem Gebiete gemacht haben, die aber immer,
wenn ich mich trivial ausdrücken darf, auf halbem Wege stecken ge⸗
blieben sind. Später aber ist erst die einheitliche Aktiengesetzgebung abgewartet worden; dann hat man die Regelung er handeltzrechtlichen Verhältnisse abgewartet und schließlich die Einführung des einheitlichen bürgerlichen Rechts, Rechts— quellen, die ja für die Fragen des Versicherungsrechts außerordentlich wichtig sind. Allerdings gestehe ich zu, die gesammte Regelung des Versicherungswesens hat in Deutschland, meines Er⸗ achtens, vier große Abschnitte durchzumachen: die Regelung der öffentlich rechtlichen Stellung der Versicherungsgesellschaften, sodann die Regelung des privatrechtlichen Versicherungevertrags, ferner die Regelung der Besteuerung der Versicherungsgesellschaften und nuletzt vielleicht eine normative Regelung der Stellung der öffentlichen Versicherungsgesellschaften. Wenn aber der geehrte Herr Vorredner sich vergegenwärtigen will, wie tief die bestehenden öffentlich, rechtlichen Versicherungsgesellschaften ver— bunden sind mit territorialen Verhältnissen, wie ungern die Ginzelstaaten partikulare Einnahmen aufgeben, so wird er mit mir vielleicht zu der Ueberzeugung kommen, daß, wenn man endlich Rechts⸗ einheit auf dem Gebiet des Privatversicherungswesenz durchsetzen und nicht wieder auf halbem Wege stecken bleiben wollte, es richtiger war, diese vier großen Etappen der Regelung des gesammten Versicherungswesens einzeln zurückzulegen. Ich sage ganz offen, gegenüber der Stellung der verbündeten Regierungen, die auch gegen diesen Entwurf noch eine ganze Anzahl Bedenken geltend gemacht haben, wäre es außerordentlich schwer, viel⸗ leicht unmöglich gewesen, alle diese Fragen in einem Gesetz zu kodifizieren. Warum wir nicht gleichzeitig die privatrecht⸗ liche Seite des Versicherungswesens in diesem Gesetz geregelt haben, darüber giebt Seite 33 der Begründung eingehende Aufklärungen. Wir thaten es schon deshalb nicht, weil die öffentlich⸗rechtlichen Ge— sellschaften in das Gesetz überhaupt nicht mit einbezogen sind, während sich die Vorschriften über den privaten Versicherungsvertrag selbst - verständlich auf die privaten und auf die öffentlichen Versicherungs⸗ gesellschaften beiiehen müssen. Ich kann dem Herrn Vorredner auch erklären, daß bis jetzt ein Entwurf für den Privatversicherungsvertrag nicht aufgestellt ist. Mir ist wenigstens von einem solchen Entwurf nichts bekannt, und selbst wenn er aufgestellt werden sollte, müßte er noch so viel Instanzen durchlaufen, daß ich mich nicht der Hoffnung hingeben kann, daß eine solche Ergänzung des Gesetzes in der laufenden Tagung noch durchführbar sein würde. Ich bitte doch bei der Be— urtheilung dieses Entwurfs gütigst zu berücksichtigen, daß in der That für die Privatversicherungsgesellschaften die Freizügigkeit und Rechtseinheit absolut nothwendig ist, daß dieser Entwurf auf— gestellt ist auf Drängen der Versicherungsgesellschaften, daß bei den vielfachen Verhandlungen, die mit den Vertretern der großen Ver— sicherungsgesellschaften geführt sind, sich diese schließlich doch im Großen und Ganzen mit dem Entwurf einverstanden erklärt, ihn für tolerabel erklärt haben, und daß Sie in der That den Versicherunge— gesellschaften einen großen Dienst erweisen gegenüber der Schwierigkeit ihrer jetzigen Geschäftsgebahrung, wenn Sie ihnen wenigstens nach dieser Seite hin, nach der öffentlich⸗rechtlichen Seite hin, Rechts einheit gewähren.
Es sind dann eine Reihe von einzelnen Bestimmungen des Gesetzes bemängelt, vor allem die Bestimmung, daß solche Ver⸗ sicherungsgesellschaften verboten werden können, die Zwecke verfolgen, welche geeignet sind, das Gemeinwohl zu gefährden. Von meinem Standpunkt aus liegt nicht das geringste Bedenken vor, wenn das hohe Haus und die Kommission es für nothwendig hält, daß man diese allgemeine Bestimmung näher spezialisiert. (Hört! hört! links.)
Es ist auch darauf hingewiesen worden, auch in einer sachver⸗ ständigen Broschäre, die kürzlich erschienen und Ihnen wahrscheinlich zugegangen ist, daß man bei den Verhandlungen mit den Versiche—⸗ rungsgesellschaften das mündliche Verfahren im weiteren Umfange einführen müsse. Wir haben geglaubt, daß wir weit genug gegangen sind; aber auch das sind Bestimmungen, über die sich sehr wohl in der Kommission reden läßt.
Wenn wir zwischen der ersten und der zweiten Instanz eine be— schränkte Personenidentität vorgesehen haben, so ist dafür der Gesichts« punkt maßgebend gewesen, daß zur Zeit sich noch garnicht übersehen läßt, welchen Umfang dieses Privatversicherungsamt überhaupt be— kommen wird, wie groß sich das Gebiet seiner Geschäfte gestalten wird, und daß es sich zunächst deshalb empfehle, den ganzen Aufbau dieses Privatversicherungsamts möglichst einfach zu gestalten. Daran, daß Beamte der öffentlichen Anstalten in den Privatversicherungsbeirath berufen werden sollen, ist bon keiner Seite gedacht, und ich kann hier die bestimmte Erklärung abgeben, daß das auch jedenfalls nicht geschehen wird; denn daz ist ganz klar, daß, wenn die öffent⸗ lichen Versicherungsanstalten nicht unter dieses Gesetz fallen, es nicht in der Ordnung wäre, diese Anstaͤlten trotzzem an dem Privat- versicherungsbeirath zu betheiligen, der das Privatversicherungsamt lediglich in der Aufsicht über die Privatversicherungtanstalten unter⸗ stützen soll. Ich glaube, mit dieser Erklärung find die Bedenken, die eine Anzahl der Herren Vorredner in jener Richtung geäußert haben, vollkommen beseitigt.
Die Präventivkontrole, gestehe ich zu, ist eine zweifelhafte Frage‚ Ich selbst habe 20 Jahre meines Lebens Feuersozietätsgeschäfte ge—⸗ leitet, und ich glaube, ich kann mir in dieser Beziehung ein gewisses Urtheil auf Grund praktischer Erfahrungen zuschreiben. Zunächst möchte ich thatsächlich bemerken, daß ja die Privatversicherungsgesell⸗ schaften selbstverständlich nicht den Wunsch haben werden, ein Objekt höher zu versichern, als es wirklich versicherungswerth ist. Aber, meine Herren, die Geschäfte des Versicherungsvertrags werden von Agenten gemacht, manchmal von Agenten sehr minderer Art (sehr richtig! rechts), die auf Provision angestellt sind und die ihrerseits natürlich das lebhafteste Interesse haben, eine möglichst hohe Ver⸗ sicherungssumme herauszuschlagen, um auch möglichst hohe Provisionen zu bekommen. (Sehr richtig! rechts.)
Mit dem Versicherungswerth von Immobilien aber hängt zum theil auch ihr Beleihungswerth zusammen; denn der Versicherungs— werth eines Gebäudes ist ein sehr maßgebender Koeffiztent bei der Beleihungsfähigkeit desselben. Jene Agenten der Privatversicherungs⸗ gesellschaften sind sehr häufig aber auch Agenten für Kreditanstalten und bekommen nach der Höhe der Darlehen auch wieder eine Provpision, haben also ein doppeltes Interesse, die Versicherungssumme möglichst hoch zu berechnen. Nun hat zwar die Versicherungeanstalt dadurch kein Risiko zu tragen; denn die Versicherungsanstalt ver⸗
gütet nach 5 7 der allgemeinen Bedingungen selbstverständlich nur den wirklichen Schaden, der ex post festgestellt wird. In
der Statistik über die Ursachen von Brandunfällen figurieren aber eine sehr große Zahl unter der Rubrik: Ursache unbekannt!“, und wer mehr als ein Jahriehnt lang Untersuchungen in solchen Dingen geführt hat, hat doch eine ziemlich sichere Ueberjeugung davon, daß eine Anzahl von diesen Bränden, deren Ursache nach dem Unter suchungtz⸗ verfahren schließlich als unbekannt“ in der Statistik bezeichnet werden muß, doch Spekulationsbrände gewesen sind. (Sehr richtig! rechts, Zustimmung links.) Jedenfalls ist es eine eigenthümliche Gr⸗ scheinung, daß von Personen, die manchmal in ihren Vermögengver⸗ hältnissen schon sehr schwankend sind, bei denen wiederholt Brand⸗ unfälle vorkommen, häufig die Versicherungsgelder sofort den Gläubigern, die am unsichersten stehen, zediert werden. Wenn also auch in der That der Prozentsatz der Beanstandungen seitens der Polzeibehörden nur ein geringer ist, so kann man daraus doch nicht schließen, daß die Präventivkontrole nicht eine gewisse Wirkung hat; denn darin, daß ein Mann, der sich überversichern will, um vielleicht einen Spekulationgbrand zu machen, eine gewisse Scheu empfindet, nun seine Ueberversicherung der örtlichen Polizeibehörde auch vorzulegen, die in der Regel ganz genau weiß: wieviel ist das Gebäude werth ? wieviel sind die Mobilien werth und können sie werth sein? das ist zweifel los. Also ein statistischer Nachweis dafür, daß die Präventiv⸗ kontrole überflüssig und nicht wirksam ist, liegt in der ger ingen An⸗ zahl der Beanstandungen keinesfalls, sondern man müßte, um den Nachweis zu führen, daß die Piäventipkontrole unwirksam ist, feft⸗ stellen: in wie vielen Fällen ist in folge dessen that sächlich eine Ueberversicherung unterblieben? Und diesen Nachweis, meine Herren, kann man selbstverstaͤndlich nicht führen. Also ich wiederhole: die Frage der Präventipkontrole ist sehr zweifelhaft, und ich kann Ihnen versichern, daß man in Preußen jttzt bierũüber wiederum Erhebungen angestellt hat und die preußische Regierung ganz fest auf dem Standpunkt steht, daß sie die Praͤpentivkontrole nach wie vor für nützlich und nothwendig haͤlt. Wenn zwei Staaten, Sachsen und Bayern, keine Präpentivkontrole haben, sondern nur das Recht der nachträglichen Prüfung, wenn der Versicherungs vertrag ab⸗ geschlossen und perfekt geworden ist, so liegen in diesen beiden Staaten die Verhältnisse deshalb wesentlich anders, weil dort die Immobiliar⸗ versicherung staatlich ist, und da natürlich ganz andere Voraus setzungen für die Behandlung der Versicherung Platz greifen, wie bei den Ver⸗ sicherungen, die durch eine große Anzahl von Agenten abgeschlossen werden. Der Hauptwerth der Präventivkontrole liegt eben nicht so sehr in der Mobiliarversicherung wie der Immobiliarversicherung.
Meine Herren, es ist hier auch die Doppelbesteuerung, die nach dem Gesetzentwurf nach wie vor fortbestehen kann, gerügt worden. Ich nehme gar keinen Anstand, zuzugestehen, daß in dem jetzigen Zu⸗ stand unter Umständen große Härten für den Veisicherten liegen. Ich möchte aber den Mitgliedern des hohen Hauses aus taktischen Gehnden empfehlen, sich jetzt an die schwierige Frage der Doppel⸗ besteuerung bei diesem Gesetz nicht heranzumachen, sondern die Rege⸗ lung dieser Frage einem Spezialgesetz zu überlassen. Ich bin aller- dings auch der Ansicht, daß es nothwendig sein wird, diese Frage gesetzlich anderweit zu regeln.
Es ist dann von dem Herrn Abg. Schrader auch in Zweifel ge⸗ zogen worden, ob die Versicherunggaufsicht wirklich die Fragen lösen kann, die sie zu lösen haben wird. Ich möchte mich in dieser Be—= ziehung zunächst auf die Verhältnisse in der Schweij berufen, wo in der That das dortige Versicherungsamt zur allergrößten Zufriedenheit sowohl der Staatsorgane wie der Versicherungsgesellschaften und der Versicherten selbst funktioniert. Das ist richtig, meine Herren, daß es unendlich schwer sein wird, für ein solches Privatversicherungzamt wirklich herborragende Fachbeamte zu gewinnen, und daß sel bst der tüchtigste Fachbeamte unter Umständen nicht ig der Lage sein wird, gegenüber einer Versicherungsgesellschaft, die ihren Vermögeng= stand durch eine unredliche Geschäftsgebahrung verschleiern will, rechtzeitig und wirksam einzuschreiten. Aber daß immerhin in einem solchen Versicherungktamt auch eine wesentliche Präventivkontrole liegt, ist unmweifelhaft, und ich kann Ihnen auf Grund der Verhand⸗ lungen, die wir mit sehr heivorragenden, ja den hervorragendften Sachverständigen auf diesem Gebiet geführt haben, versichern, daß die Sachverständigen eine solche staatliche Aufsicht für außerordentlich nothwendig und im höchsten Grade nützlich halten. Der Herr Abg. Schrader hat demnächst gemeint, die hervorragendften Beamten würden dem Privatversicherungsamt verloren gehen. Freilich ist es eine wiederkehrende Erscheinung, mit der alle Ressorts im Reich und in Preußen unter Umständen zu rechnen haben, daß uns hervor ragende Beamte von der Privatindustrie, von Privatversicherungz⸗ gesellschaften, Kreditanstalten u. s. w. fortgenommen werden. Solche Gehälter aber, um mit derartigen Privaterwerbsgesellschaften ju konkurrieren, wird ein hoher Reichstag den Beamten nie bewilligen und kann sie nicht bewilligen. Daß also von Zeit zu Zeit Beamte vor solche verlockende Aussicht gestellt werden und im Interesse ihrer Familie und in ihrem eigenen Interesse sich in das Privatleben begeben, das können wir nicht verhindern und nicht tadeln. Aber immerhin, meine Herren, hat der Staat bisher doch Beamte genug gestellt, um die gesetzlichen Aufgaben, die ihm überwiesen sind, auch in einer befriedigenden Weise zu lösen.
Ich möchte auch darauf hinweisen, daß es ein Irrthum ist, wenn man annimmt, daß die Kommissarien etwa selbständig fungieren sollen. Die Kommissarien haben nicht die Aufsicht über die Ver⸗ sicherungsanstalten zu führen; sie sollen lediglich als Verminler fungieren zwischen dem Privatversicherungs amt und der einzelnen Versicherungsanstalt, sie sollen Aufträge ausführen, die ihnen ertheilt werden.
Meine Herren, es ist hier auch behauptet worden, dieser Ent- wurf würde getragen von dem Geist des Mißtraueng. Das muß ich bestreiten. Aber bei der Redaktion des Entwurfs hat man sich über⸗ zeugt, daß es geradezu unmöglich ist gegenüber den vielfachen volttz= wirthschaftlichen und geschäftlichen Erscheinungen des Versicherungz⸗ wesens, allgemeine Regeln darüber aufzustellen, wie im Einzelnen die Aufsicht zu führen ist, und ich kann Ihnen versichern, daß in den schweizer Gesetzen die Vorschriften über die Rechte des Versicherungsamts gegenüber den Veisicherungesgesellschaften viel weitgehender sind als in diesem Gesetz. Um aber nicht die Be⸗ amten des Pripatveisicherungsamts in eine gewisse bureaukratische Einseitigkeit sich verlieren zu lassen, ist ja gerade der Privatversiche⸗ rungszrath gebildet worden, und in diesem Privatversichernngsrath werden jedenfalls die hervorragendsten Praktiker sitzen, die in fort- gesetzter Beziehung mit der Geschäfteführung und mit der Fort-
entwickelung des deutschen Verscherungzweseng auf seinen verschledenen Gebieten stehen.
Man hat auch auf die eigene Prüfung des Publikums hingewiesen, das vielleicht viel besser den inneren wirthschaftlichen Werth einer Versicherungsgesellschaft erkunden könnte als ein Privatversicherungs— amt. Meine Herren, Hand aufs Herz, wo ist ein Privatmann jemals auch nur annähernd in der Lage, wenn er sich versichert, wirklich daß Geschäftsgebahren einer Versicherungganstalt zu übersehen? Man versichert sich nach dem allgemeinen Renommöe, das eine Versiche⸗ rungganstalt hat, nach der Größe ihres Aktienkapitals, nach dem Umfang ihres ganzen Geschäftsbetriebg; aber daß ein Privatmann wirklich eine eingehende Prüfung der inneren Solidität eines Ver⸗ sicherungsunternehmentz eintreten lassen könnte, das halte ich für voll⸗ kommen unmöglich.
Es ist hier auch sehr heftig die Bestimmung des Gesetzes ange⸗ griffen worden, daß zu Vaeivierteln die Kosten des Privat⸗ versicherungsamts von den Privatversicherungggesellschaften zu tragen seien. Neu ist dieses Verfahren nicht; etwas Aehnliches hahen wir ja schließlich auch beim Patentamt. Das Hatentamt trägt ja auch die Kofsten seiner eigenen Berwaltung durch Einziehung von Ge— bühren, und ein solches Verfahren, wie es hier eingeschlagen worden ist, entspricht ganz genau dem Verfahren, welches in der Schweiz besteht, und ich kann Sle ferner versichern, daß ganz ähnliche Ge⸗ stimmungen enthalten sind in den Versicherungs . Gesetzentwürfen für Italien, Ungarn und für Schweden.
Nach den allgemeinen Aeußerungen, die ich heute hier gehört habe, hoffe ich, daß es möglich sein wird, in der Kommifsion dieses Gesetz in verhältnißmäßig kurzer Zeit zu verabschieden. Eg ist rein sachlicher Natur, und es wird darauf ankommen, die Grenzen so zu
ziehen, daß die für die Volkswirthschaft so unendlich wichtige Thätigkeit der Versicherungsgesellschaften, sowelt sie eine soltde ist,
nicht erschwert wird, deß andererseits aber auch die Versicherungs⸗ nehmer, die bisweilen ihre ganze Existenz auf eine derartige Versicherung begründen, absolut sichergestellt werden. Meine Herren, wir sind nicht zatransigent in einzelnen Bestimmungen, aber wir bitten Sie auch dringend, nicht vollkommen neue Materien in das Gesetz hineinzutragen. Ich befürchte, daß, wenn man z. B. den Versuch machen würde, auch das Thätigkeitsgebiet der öffentlichen Versicherungegesellschaften in diesem Gesetz zu regeln, darin eine schwere Gefahr für das ganze Gesetz liegen würde.
Meine Herren, ich habe hierbei nicht meine Auffaffung zu ver⸗ treten, sondern die Auffassung der verbündeten Regierungen, die ich mit diesen Worten wiedergebe. (Bravo!)
Abg. Calwer (Som): Von einer Verstaatlichung des Versiche⸗ rungswesens ist bei dieser ganzen gesetzgeberischen Aktion keine Rede, obwohl sich nichtg auf dem ganzen Wirthschaftsgebiete des Staats aleich sehr zur Verstaatlichung eignet als das Versicherungswesen. Vor allem muß doch ein einheitliches Versicherungswesen für ein ein heitliches Wirthschaftsgebiet gefordert werden. Das kann radikal nur durch die Verstaatlichung die völlige Sicherstellung der Versicherten gewährleistet. Die Vorlage thut nun wenigstens einen kleinen Schritt vorwärts, indem sie ein Aufsichtsrecht des Reichs in Ansoruch nimmt. Damit können wir natürlich nur ein oerstanden sein. Sz soll eine besondere Aufsichtsinstanz von Reichs wegen eingesetzt werden. Hier stößt sofort ein großes Bedenken auf. Bie deutschen Gewerkschaften pflegen in ganz erbeblichem Maße das Unterstützunggtwesen, namentlich für Arbeitslosigkett. Würden diese Unterstützungszweige der Arbeife⸗ arganisationen als Versicherungen angesehen und dem Gesetz unter⸗ stellt, so würde die Fortführung dieser Unterstützungteinrich⸗ tungen gänzlich in Frage gestellt sein und unter Umständen den Gewerkschaften ein großer Thesl des Feldes ihrer ge. meinnützigen Thätigkeit entzogen werden. So allerdings das Gesetz obne weiteres auf die Gewerkschaften angewendet werden kann, wird der Verwaltungs. und gerichtlichen Praxis überlassen bleiben müssen. Der S 6 ist so unbestimmt formuliert, daß man n schon jetzt be⸗ fürchten muß, die Gewerkschaften könnten darunter fallen. Durch die Anforderungen, die man an sie auf Grund dieser Borꝛlage stellen kann, würden fie vollftändig lahm gelegt werden oder von den guten Willen der Aufsichtsbeborde abhängen. Was in dieser Beziehung zu erwarten ist, zeigt daz Vorgehen in Preußen gegen das Buchdruckergewerbe Die Unternehmer haben bereits Strikeversicherungen; fallen diese auch unter das Gesetz? Man braucht ja nicht zu glauben, daß nach
Erlaß des Gesetzes sosort ein großer Kreuzzug gegen die Arbeiter⸗
organtsationen eintreten wird; aber immerhin hat daun eine arbeiter feindliche Regierung eine Waffe in der Hand. Nach den bisherigen Entscheidungen der Verwaltungegerichte können wir kein Vertrauen zu ihnen haben. Man will hier auf Umwegen erreichen, was man offen nicht zu thun gewagt hat. Hoffentlich verschmäht der Reichstag diese Willkür.
Geheimer Ober Regierungsrath im Reichsamt des Innern Gruner: Wenn wegen der Unterstützunge kassen der Gewerkschaften in den Motiven der Vorlage nichtz erwähnt worden ist, so ist das geschehen, weil wir zu diefer Frage keine Stellung nehmen, sondern völlig neutral bleiben wollten. Es zt ein unbegründetes Mißtrauen, wenn der Vorredner meinte, wir wollten von hinten herum die Gewerk⸗ schaften lahm legen. Die Auffassungen der verbündeten Regierungen baben sich in dieser Bejiehung nicht geändert. Ob die gewerkschaft⸗; liche Unterstützungs ⸗Organisation ebenso wie diejenigen anderen Drganisationen, welche sich auf dem Gebiete des Unterstutzungsweseng bewegen, unter das Gesttz fallen, ist nicht ausdrücklich ausgesprochen, ist auch nicht nothwendig, weil es nicht ausdrückliche Veisi gerungen sind. Rach Entscheidungen des Kammergerichts und des Ober Ver⸗ waltungsgerichtg aus den Jahren 1888, 1891 / 9 ist ausgesprochen worden, daß eine Konzessionepflicht nur dann vorliege, wenn die betreffenden Orga⸗ nisationen ihren Mitgliedern nicht nur Unterstützunzen in Aus sicht stellen, sondern zugleich einen Rechtsanspruch gewähren; lediglich die Zuwendung von Vortheilen begründet keine Konzessionspflicht. Zwar beziehen sich diese Entscheidungen nur auf Preußen, es ist aber nach meiner Meinung auch für die anderen Bundegstagten kein rechtlicher
weifel vorhanden. Nur wenn die Gewerkschaften wirkliche Ver⸗ icherung betreiben, dann würden sie unter daz Gesetz fallen. Sollte ch übrigens ein gangbarer Weg finden laffen, so würde dem kaum etwas entgegenstehen, daß wir eine bezügliche Bestimmung noch in das Gesetz hineinschreiben.
Abg. Kirsch (3entr.): Herr Calwer hätte garnicht zu seiner Befürchtung kommen können, wenn er nicht nur den F 6, sondern auch den §5 1 in Betracht gezogen hätte, der von Privatunter⸗ nehmungen, welche den Betrieb von Versicherungsges cäften zum Gegenstand haben, handelt. Bedauert habe ich, daß uns der Staatg⸗ sekretär nicht einen Gesetzentwurf über die privatrechtliche Seite dieser Frage in Auesicht gestellt hat. Man hat in den betheiligten Kreisen einen solchen Gesetzentwurf schon für diefe Session erwartet. Die Be⸗ fugnisse des Bundegraths werden auch in diesem Gesetz ungebührlich ver⸗ mehrt. Man muß unterscheiden zwischen Ausführungsbestimmungen und gesctzlichen Bestimmungen. Die ersteren dem Bundesrath zu über⸗ lassen, ist richtig; bedenklich sst es aber, wenn nach § 80 die Zu⸗ lammensetzung des Veisicherungsbeiraths, und die Zuziehung seiner Mitglieder, soweit das Gesetz keine Bestimmungen darüber enthalt, der Regelung des Hundegraths überlassen wird. Eine ähnliche Delegatlon bat auch im § 125 Platz gegriffen. Der Reichstag sollte in der Kommission dafür sorgen, daß seine Rechte nicht noch mehr be— schränkt werden.
erreicht werden; nur dann ist
Die Vorlage wird hierauf einer Kommission von 21 Mit⸗
gliedern überwiesen. Schluß gegen his⸗ Uhr. Nächste Sitzung Freitag 1 Uhr.
(Denkschrift über die Ausführung der seit 1875 erlassenen Anleihegesetze, Uebersicht über die Reichs⸗Ausgaben und Ein= nahmen für 1899, Anträge der Abgg. Hr. Rintelen, Lenzmann und von Salisch, betreffend Aenderungen des Gerichtsverfasfungs⸗ gesetzes, der Strafprozeßordnung u. s. w.)
Literatur.
Das Reichs⸗Vtiehseuchengesetz vom 23. Juni 1880/ 1. Mat 1894 nebst der Bundegraths. Infitruktion vom 27. Juni 1895, den preußischen i, , , ,. und sonstigen Vorschriften. Von F. Köpping, Kreissekretär in Königsberg ji. Nm. Dritte Auflage. Neudamm, Verlag von J. Reumann. Kart. 2,40 6 — In diesem Buche sind das Reichtgesetz, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Piehseuchen, vom 23. Junk 1880.1. Mai 1884, die Jaftruktian des Bundesratht vom 27. Juni 1895 jur Ausführung der 55 19 bis 29 dieses Gesetzegz nebst den Anwessungen für das Dezinfettiong! und für dag Obdukttontverfahren bei anfteckenden Krankheiten der Hausthiere, die preufischen Gesetze, betreffend die Ausführung des Reichsgesetzes über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen, vom 12. Mär 1881 und 18. Juni 1894 (Schutzimpfung gegen. Lungenseuche), die Gesetze, betreffend die Entschäbigung für an Milzbrand gefallene Thiere, sowie 24 für den ganzen preußischen Staat oder für Berlin ergangene Ministerialerlasse, Polizeiverord⸗ mungen ꝛc. wiedergegeben und mit kurzen, erläuternden und überall auf die einschlägigen Bestimmungen anderer Gefetze c. hinweisenden An⸗ merkungen versehen. Der Sammlung werden sich nicht nur bie mit der Augübung der Veterinärpolizei betrauten Beamten, sondern auch die Vieh besttzenden Landwirthe mit Nutzen bedienen. Ein Sach⸗ register erleichtert den Gebrauch des Handbuchs. ö
— Fechnerig Lexikalisches Taschenbach auf dem Gebiete der Gefetzgebung und des allgemeinen Wissens. Hand und Nachschlagebuch für Jedermann. Fünfte Auflage. Selbfst⸗ verlag von K. Fechner in Steglitz. Preis geb. 4 S6 In diesem Buche ist der Wortlaut der Verfassungsurkunden für das Deutsche Reich und den preußischen Staat, der Gesetze über die allgemeine Landesverwaltung, über die Beurkundung des Personen⸗ standes, des Gerichts verfassangsgesetzes, dez Reichs strafgesetz· buchs, des neuen Gesetzes über die Fürsorgeerziehung Minder⸗ jähriger, des Stempelfteuergesetz's, der neuen Grundbuchordnung, der Gesindeordnung, des In validenversicherungsgesetzes in seiner neuen Fassung und einer Rethe anderer, namentlich die Rechtg verhãltnisse der Beamten regelnder Geletze wiedergegeben. In lexikalischer An⸗ ordnung sind ferner die Stellen nachgewiesen, wo andere praltisch bedeutsame Gesetze 2c. zu finden sind, daneben jedoch häufig noch der Inhalt der betreffenden Gesetze fiziert oder die wichtigsten Be⸗ stimmungen wörtlich aufgenommen. Auch die neue Eisenbahn⸗Ver⸗ kehrsordaung, der neueste Portotarif, das neue Flottengesetz sichten über die Gintbeilung der Armee und Marine, über die Reiche finanzen, Deutschlands Außenhandel, den Grport nach China
Reichs seit 1816, Tafeln der Staatenwarpen in Gold⸗, Silber⸗ und Buntdruck, der Stäbtewappen in Schwar druck und Flaggentafeln in Buntdruck, sowie ein Kalender für das Jahr 1901 sind in der neuen Auflage enthalten. Im Ganzen hat der Herausgeber ein für weite Kreise brauchbares Hand und Nachschlagebuch geliefert.
Geschichte der franjöstschen Literatur von den ãltesten Zeiten bis zur Gegenwart. Von Profeffor Pr. Hermann Suchter und Professor Dr. Tdolf Birch-Hirschfeld. Mit U Ab- bildungen im Text. 23 Tafeln in Farbendruck, Holzschnitt und Kupfer⸗ atzung und 12 Fatsimile. Beilagen. Leipzig und Wen, Bibliographisches Institut. Preis geb. 16 Æ — Dlieser Rand bringt als vierter die Sammlung illufstrierter Literaturgeschichten “, deren Herausgabe das Bibliograx hische Institut veranftaltet hat, zum Abschlus. In ähnlicher Art wie die Bande, welche die deutsche, die italienische und die englische Literatur behandeln., bietet auch der vorliegende eine Dar⸗ stellung des geistigen Entwickelungsgangetz des französfschen Volks, wie er sich in der nationalen Literatur ausprägt, in geschichtlichem Zusammen⸗ bange von den ältesten Zeiten biz zur Gegenwart. Die Ver fasser haben sich derart in die Aufgabe getheilt, daß Professor Suchier die ältere, Professor Birch⸗Hirschfeld die neuere Literatur bearbeitete. Da in der literarischen Produktion des Mittelalters die Persönlichkeit des Ur⸗ hebers zurücktritt und die Dichter an den Gesammicharakter der Gattung gebunden erscheinen, so find bei der Behandlung der altfranzösischen Volksepen und Dramen die einzelnen Zweige des dichterischen Schaffens in eine fortlaufende Betrachtung zusarnmen gefaßt worden. Dadurch ist einer verwirrenden Zerstück' lung des Stoffes vorgebeugt. In Anbetracht des Umstandes, daß die mittelalterliche französische Literatur dem deutschen Leser ferner liegt und schwer zu⸗ gänglich ist, wird ihm auch die größere Ausführlickkeit der Inbalte⸗ angaben und die häufigere Ginschaltung von Stilproben wistommen sein. Erst vom 315. Jahrhundert ab treten die einzelnen Persönlich⸗ keiten aus dem Gesammtentwicklun gsgange mehr hergor und verlangen gesonberte literarische Zeitbilder, in welchen die Züge, welche sie ihrer ganzen Epoche geben, zum Ausdruck kommen. Den Rahmen dazu bilden die Daten der polttischen Geschichte. Der letzte Abschnitt, welcher die neneste Zeit bis 1890 mit manchen noch nicht ausgereiften Talenten behandelt, will nur als Bersuch betrachtet Jein. Inde ssen wird dag Buch gerade dadurch Vielen befonderg anztebend erschein en, während Andere es als Vorzug zu schätzen wiffen werden, daß auch die ältere und sogar die vroven galische Literatur hier zum ersten Mal in einen dentschen Werke dieser Art in den Bereich der Darstellung ge⸗ zogen worden ist. Die Form der letzteren ist auch in diesem Bande allgemein verständlich und fesselnd. die Illuftration aufierordenilich reich und sorgfältig. Besonders wertbvoll sind die mit allen Mitteln der modernen Technäk hergestellten farbigen Nachbildungen einzelner Blätter mit Mintaturmalerelen und Initialen aus prachl wollen alten Handschriften, wie das Widmungsblatt vor Alain Chartier s Quadri- logusn“, das prächtige Blatt aus der Chronik Frolffart'z;: Froissartiz Antunft am Hofe von Foix und die getreue Wiedergabe von Molisre'z Apolheose in der ‚Cécsmonie“ des Malade imaginaire. Von den zahlreichen schwarj⸗weißen Tafeln und Beilagen in Hand⸗ schriften Faksimile, Kupfer zung, Holzschnitt ꝛc. verdienen desondere Vervorhebung die sechs 4ltesten französischen Handschriften (dar · unter eine bisher unveröffentlichte, Gin Zwischenakt in der Comédie frangaise zu Paris? (mit vielen Porträts neuerer Schriftsteller und Krittter) und Eine Vorlesung don Voltatre gz „Orphelin de la Chine“ im Salon der Madame Geoffrin'.— Sowohl fuͤr sich allein wie zu⸗ sammen mit den obenerwähnten, berests erschienenen drei Literatur- geschichten eignet sich dag Werk zu einem gediegenen Weihnacht estgeschenk von bleibendem Werthe für sede Haugbibliother.
— Indische Gletscherfaßrten. Reisen und Erlebnisse im Himalajn von Dr. Kurt Boeck. Mit 3 Karten und 6 Situaltons— stitzen, 4 Panoramen, 50 Separat. Und ca. 150 Texibsidern nach photographischen Aufnahmen des Verfassers. Stuttgart und Leipzig, Deutsche Verlagsanstalt. 18 Lieferungen zum Preise von 50 3. — Nachdem dije 18. Lieferung soeben zur Ausgabe gelangt ist, liegt das ganze Werk nunmehr vollständig vor. Auch in der zweiten Hälfte der Dar⸗ stellung erlahmt die bei der früheren Besprechung des Buches bereit hervorgehobene Frische und Lebhaftigkeit der Darstellung und der sieghafte Humor, den der Autor bei der Schilderung seiner gefahrvollen Reise entwickelt, nirgenddz. Mit begeisterndem Schwunge erwärmt er den Leser für die Vochgebirgaschönheiten des inneren Himalala mit seinen erhabenen Firnen und Gletschern, den von reißenden Gewässern durchströnten Schlachten und Thälern, und mit Theilnahme verfolgt man alle die Mühen und vielfachen Faährnisse seiner Expedition. Aber nicht nur die Natur, sondern auch die Cin geborenen
der indischen Alpen, ihre merkwürdigen Sitten und Gebrauche lehrt er den
Ueber⸗
und Japan, über das Wachzthum der Bevölkerung des Deutschen
Leser kennen die Brahminen von Badrinath, die rten des welt⸗ verlorenen Milam, den Hochgebirggeinsiedler, die religlösen Feste der Lamas in Pemiongtschi 2c. Den Text erläutern zahlreiche, nach eigenen Aufnahmen des Verfassers hergestellte, gute Abbildungen. Freunden der Länder und Völkerkunde bletet das Buch sonach in unterhaltender Form zugleich mannigfache Belehrung und wird ihnen als Feftgeschent willkommen sein.
— Der Volksbote' konnte am 1. September d. J) gleich⸗ zeitig mit dem hundertjährigen Bestehen seiner Verlegerin, der Schul ze'schen Hof⸗Buchhandlung in Oldenburg, seinen 64. Geburtz⸗ tag feiern. In alter Frische hat er sich gerüftet zu seiner Wanderung durch Deutschland, wo er sich in zahlreichen Famillen seit langen Jahren das Heimathrecht erworben. Als ernster und heiterer Gefellschafter, in der Auswahl der Stoffe national, in der Unterhaltung frisch und volkzthümlich nach der Art des alten ‚Wandsbecker Boten“ und ein Rathgeber für häusliche Bedürfnisse aller Art, ist dieser Kalender, besonders in Norddeutschland, in vielen Häufern geschätzt und wird auch in dem neuen Jahrgang seinen Freunden willkommen sein.
Sandel und Gewerbe.
Die Frist, innerhalb welcher noch Waaren mit Etiketten in portugiesischer Sprache in Brasilien ein geführt werden dürfen (ogl. Nr. 225 des „Reichs⸗An⸗ zeigers“ vom 21. September 8. J), ist bis zum 31. De⸗ zember d. J verlängert worden.
(Aus den im Reichsamt des Innern zusammen gestellten Nachrichten für Handel und Industrie“„ ) Sch we iz.
Erhebung von Verzugszinsen bei Zollzablungen. Der schwezerische Bundegrath hat in Ergänzung von Art. 63 der Voll ztehungs verordnung zum Zollgesetz om 12. Februar 1895, betreffend die Erhebung von Verzugsstnsen auf Transitsendungen, welche nachträglich zur Einfuhrverzollung gelangen und für welche Baarhinterlage nicht geleistet worden ist, beschlossen:
12 Von der Grhebung des Verzugszinses ist Umgang ju nehmen bei allen mit Geleitschein vom Sintrittszollamt direkt nach einem Zollamt im Innern oder einem anderen Grenzzollamt abgefertigten Sendungen, welche daselbst innerhalb der Frist von sechs Tagen nach Ankunft zur Einfuhrverzollung angemeldet werden.
Wird eine mit Geleitschein abgefertigte Waare erst nach dieser sechstägigen Frist zur Ginfuhrverzollung gebracht, so ist der Verzugs⸗ zins für die ganze Frist seit Ausstellung des Geleitscheins zu erbeben.
Bei allen anderen Geleitscheinverbuchungen ist der Verjugs ins nach Maßgabe von Art. 63 der Vollziehunge verordnung jum Zoll⸗ gesetz') zu berechnen.
2) Im Postverkehr ist bei der Verbuchung von Transitscheinen von der Erhebung von Verzugszinsen abzusehen.
3) Im Reparatur⸗ und Veredelunge verkehr wird bei der Ver⸗ buchung von Freipässen ein Verzugszins nicht erhoben.
Im übrigen Freivaßperkehr ist mit der Berechnung von Verzugz⸗ zinsen nach Analogie von Art. 63 der Vollziehungsrerordnung za der⸗ fahren.
4) Verzugszinsne, die den Betrag von 10 Cts. nicht erreicher siad nicht zu beüiehen. Bruchtheile von 5 Rappen werden nach oben auf⸗ gerundet, . B. von 12 auf 15, von 18 auf 20 Rappen.
5) Tieser Beschluß tritt sofort in Kraft. Schweizerische Bundesblatt.)
Ausfuhr der Schweiz nach den Vereinigte Amerika in den Monaten Januar bis Janua
Werth in Franken Seidene und halbseidene Stü e 12286 66 1531 Beuteltuch S84 337 1025645 Bänder, seidene und halbse 3355 458 349 865 Seidengarn 43727 320 3090 Floretseide N 1294300 1675718 Seidenwaaren insgesammt 17 851 476 137 55s 87. ö 3 062 377 37 251 006 m ,,, 69 725 101 685
Wollengarn J 15 ö Baumwollgarn 30 903 Baumwoll ⸗ und Wollgewebe 2186 180 Strickwaaren . 921 072 Strohgeflechte. k 873 516 Uhren und hrenbestandtheile 3735241 Büjouteriewaaren 399 266 Musikdosen w 225 933 Wissenschaftliche Instrumente 43 884 Maschinen ⸗ . 166 859 Kurjwaaren ö . 196 886 atholische Kultusartikel 25 230 Däute und Felle J 644 832 Leder 59 050 Anilin farben ; kö Andere Farbstoffe und Chemikalien Käse . . Kondensierte Milch un 41 698 Chokolade w . 69 129 K 142 025 Verschiedenes 578 914 28 536 n m Schweizerisches Handelsamtsblatt)
882 286 5010732 419 965 355 916 73 394 234 567 252 523 56 386 1019547 89 784 2275077 524395 3701465 160 735 74 028 105519
469 867 3 213 5
Außenhandel Belgiens in Kohlen und Eifen in den zehn Monaten 1900. RNachstehend theilen wir die Ergebnisse des Außenhandels von Belgien in Eisen, und Kohlenprodukten in den ersten zehn Monaten des Jahres 1900 (1899) mit. . Gin fuhr; Koks 245 000 t (250 000; Steinkoblen 2 3836 000 * (3227 000); Maschinen 29 000 t 30 000); Gußstabl, rob 3000 (3000); Lupveneisen 7000 t (6000); Draht 14 000 (9000); Gußetsen, rob N72 000 t 300 000; Gisenabfälle 56 000 d a3 06063 Bleche 10 0090 t (12000); Walzeisen 13 000 t (120009. . Ausfuhr: Preßkohlen 496000 (444900); Koks 908 0900 1831 0090); Steinkoblen 4333 000 (3 724 000); rollendes Etsenbahn⸗ material 41 000 t (36 000; Maschinen 37 006 t 35 000); Stahl⸗ träger 40 000 t (36900); Eisenbabnschienen 50 000 1 (659 O00); Bleche 12 00 6 (11000); Walzeisen 15 0001 (20 Oo); Nägel 000 t (7000); bearbeiteter Stabl 14 000 1 (19000); robes Gußeisen 0bνt (1100; bearbeitetes Gußeisen 22 000 4 (25 000); EGisenabfälle 37 009 (23 900); eiserne Träger 34 000 t (54 M00); Bleche 82 900 t (66 000); Walzeisen 141 000 t (181 000; bearbeiteteß Gisen 49 000 43 000). Moniteur des Intsréts Matriels)
. rsten
) Der Art. 63 der Vollrie hungs verordnung zum Zollgesetz lautet: Zum Transit abgefertigte Waaren, die zum Verbrauch in der Schweiz bestimmt werden, für welche aber eine Baarhinzerlage nicht geleistet ist, unterlegen bei der Einfuhrperzollung einem Ver ugs zing ür die nachträgliche Zallentrichtung im Verbältni, von 1 vom , des Zollbetrages per Woche. Bruchtheile unter einer Woche werden für eine volle Woche gerechnet. Der Tag der Austellung des Geleit. scheines wird nicht gezählt.
Zollbeträge unter 19 Franken unterliegen dem Verzugszins für poll 10 Franken. Bei Zellbeträgen über 10 Franken werden Hruch. theile bis auf 5 Franken ür die Berechnung des Verjugsnnses nicht 2 solche über 5 Franken dagegen für dolle 10 Franken gerechnet.