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Deutscher Reichstag. 17. Sitzung vom 11. Dezember 1900. 1 Uhr.
Tagesordnung: . der ersten Berathung des Reichs haushalis⸗Etats für 1901. Abg. Bebel (Soz.) führt aus, der Staatgsekretär habe darauf hingewlesen, daß in der wirthschaftlichen Entwickelung eine rückläufige ng eingetreten sei. Wenn jetzt von verschledenen Seiten Spar- ke , , werde, so komme t Erkenntniß denn doch recht t. Diese Sparsamkeit babe die Sozlaldemokratie immer empfohlen. Nun babe man auch die Reichezuschüsse für die Alters- und Invalidenversicherung als eine Ursache der schlechten Finanzlage hingestellt. Dagegen müsse er 2 ntschleden Widerspruch er⸗ heben. Im Ganzen betrage dieser Reichssuschuß 34 Millionen Mark, vier Millionen Mark mehr als im Vorsahre. Diese Summe falle doch keinetwegs besonders ins Gewicht. Der Abg. Müller Fulda babe besonders den Post Etat herausgegriffen und gemeint, bier lasse sich in erster Linie sparen, namentlich bei den Postbauten. Er habe dabei den Sozialdemokraten die Bewilligung dieser Postbauten zum Vorwurf gemacht. Ihres Erachtens sei aber der Post⸗Etat dertenige, durch den die Kulturinferessen gefördert werden. Sie würden daher immer für Postneubauten stimmen, wenn dafür die nöthigen Gelder vor⸗ handen seien, zumal diese Bauten aus den Einnahmen der Post selber bestritten würden. Sie würden allezeit lieber schöne Posthäuser als Kasernen bauen. Obgleich in der letzten Zeit die Stempelsleuer um 47 Millionen erböht worden sei, stebe dem doch auf der anderen Seite eine Erhöhung des Anleihebedarfs um 17 Millionen gegenüber. In der Budgetkommission habe der Abg. Müller⸗Fulda bei der Berathung des China⸗Kredlts den Bundesraths. Mitgliedern zu⸗ gerufen, sie möchten auf die Ausgaben besser aufpassen, weil sonst die Matiikularbeiträge erhöht oder Reichssteuern eingeführt werden müßten. Der Bundegrath sei jedenfalls bei der Zustlmmung zu den nöthigen Ausgaben von Schuld nicht freizusprechen. Die Sozial⸗ demokraten würden es überhaupt als Fortschritt betrachten, wenn eine einheitliche Finanzwirthschaft im Reiche eingeführt würde. Vom Bundesrath sei doch nach oben keine Oppesition zu erwarten. Aber wozu fei denn die Volksvertretung da? Warum halte die nicht den Daumen auf den Beutel? Wie stark die Vermehrung der Ausgaben sei, beweife schon der eine Umstand, daß die Steigerung der Ausgaben in den allerletzten Jahren in geradem bedenklicher Progression vor sich gegangen sei. Die Weltpolitik koste eben viel Geld. Die Ausgaben für die Kolonialverwaltung seien um 59 Millionen Mark, der Zinß⸗ aufwand für die Reichsschuld um 9 Millionen Mark. der allgemeine Pensionsfonds um rund 3 Millionen gestiegen. Er (Redner) habe sich folgende Aufstellung gemacht: Für das nächste Eiatsjahr er- fordere der Militär⸗Etat im Ganzen 680 Millionen, der Marine⸗ Gtat 211 Millionen, der Pensions Etat 69 Millionen, die Reicht⸗ schuldeninsen 72 Milllonen Mark für den Antheil an den Marine und Milttärzwecken, zusammen 1032 Millionen. Man sei also für diese vier Etats bereits über die erste Milliarde hinauß. Vor 12 Jahren, als noch das Jentrum zur Oppesition gegen die immerwährende Steigerung der Militär⸗ ausgaben gebörte, habe diese Auegabe nur 502 Millionen Mark betragen, in 12 Jahren sei man um eine halbe Milliarde fortgeschritten. Stehe etwa der Zuwachs am Nationalvermögen auch nur entfernt damit im Verhältniß? Dazu komme in Kiautschou eine Steigerung um 5s Milltonen, wobel nicht zu übersehen sei, daß man schon einem dritten Nachtrage⸗Etat für Kiautschon um 45 Millionen Mark gegenüber stebhe, der bestimmt sei, die Unterkunftsräume für die zu bildende Kolonial ⸗Armee zu schaffen. Vor dieser Perspektive dürfe kein Volkg⸗ vertreter die Augen verschließen, wenn er nicht gewissenlos gescholten werden wolle. Und wem verdanke man an erster Stelle diese Ge⸗ staltung der Finanzpolitik? Dem Zentrum, unter dessen Aegide auch das Buvgetrecht des Reichstages Stück für Stück in die Brüche gehe. Der Abg. Lieber habe nie in der Budgetkommission bestreiten wollen, daß er auf dem Bonner Parteitag des Zentrams gesagt habe, den Luxus einer selbständigen Politik habe die Partei freilich drangebe müssen, wenn sie zur ausschlaggebenden Partei werden wollte. Er habe das Wort gesprochen. (Redner ver⸗ liest die betreffenden Zeitungsberichte) Er habe damit aber gar⸗ nichtg Neues gesagt. Das Zentrum sei heute weiter nichts als der Schleppenträger der Regierungspolitik. Den Japanern und Rassen wolle es jetzt zumuthen, in China für die Freibeit des christlichen Bekenntnisses einzutreten; das verlange das Zentrum. Eine solche Politit mache eine stãndige Kolcnialarmee von 60 000 Mann und mehr nothwendig. Auch darüber könne kein Zweisel bestehen, daß dieses erfte weltpolitische Abentener Deutschlands, die China Affaire, schon heute mit einem 46bäcle eren Ranges für sämmtliche Mächte geendet habe, die fich daran betheiligt hätten. Man sei dort in eine Situation hineingeratben, die von der gerühmten Einigkeit der Mächte nichts mehr erkennen lasse. Man könne nur erkennen, daß China für Deutschland ein Transdaal werden werde. Geftern seien die Sozial. demokraten ausnahms weise in der Lage gewesen, dem Reichs⸗ kanzler in ollem jujustimmen, was er über Trank pan England gesagt babe Bei aller Verurtheilung des englis Vorgehens in Trant vaal hätten sie sich stets gegen eine Politik des provekatorischen Vorgehens gegen England anggesprochen. Aber selbst wenn der Reichskanzler keine andere Erklärung hätte abgeben können, als er sie geftein und der französische Minister des Auswärti. gen vor einigen Tagen abgegeben habe, so hätte es doch dem Gebot menschlichen Mitgesühle entsprochen, den Präsidenten Krüger unter allen Umständen in Berlin zu empfangen. Das wäre ein Akt der Pflicht, der Humanität gewesen. Dergleichen Febler wie in der aus⸗ wärtigen Politik zeigten sich auch i der Kolonialpolitik. Das werde beim Kolonial Gtat noch näher aue zufübren sein. Man habe ferne der Mehrertrag aus der Erhöhung der Getreidezölle solle den Arbeite ju gute kommen. Diese schöne Hoffnung werde aber später Rüdsichtnabme auf dir allgemeine Finanzlage zu Wasser werden Jedenfalls werde man durch eine Erböbung der Getreidezölle die Arbeiter immer mebr in das sozialdemokratische Lager treiben (Rufe rechts: Dann freuen Sie sich doch Auf dein katkolischen Gewerkvereinstag, der in Frankfurt am Main stattge unden habe, hätten sich die katholischen Gewerkschaften schon entschieden gegen die letzt bestebenden Getreidezolle erklärt. Würden sie nun mit ilfe deg Zentrumz erhöht, so riskiere man, daß die katholische Arbeiter- chaft gänzlich vom Zentrum abfall. (Ruf: Abwarten! Die gestern vom Abg. Grafen ju Limburg⸗Stirum vorgebracht⸗ Statik babe keinerlei wissenschaftlichen Wertb; es werde auf dieselbe noch fväter zurückjukemmen sein. Er (Redner) müsse bier nochmal auf die 12000 Affaire zurückkommen. Man müsse wifsen, wann der Staanssetretär Graf Posadowsly zum ersten Male von den 12000 „ erfabren babe. Er richte an ihn die ausdrückliche Frage, an welchem Tag und zu welcher Stunde er von den 12000 A erfahren babe und wie sie ausgigeben worden seien. Ferner möchten die Sozialdemokraten wissen, ob gegen die Unterzeichner des Brieft des Vorsitzenden der Seeberufsgenossenschaft, wonach die Unfall- verhuütungeborschriften nur erlassen werden sollten, damit mundus deciperetur, nicht aber, damit sie beobachtet würden, seitens det Reicheamts des Innern eingeschriten worden sei. Ob diese Leute, unter denen sich auch der Schlffsrheder Schiff in Ele fleib befinde, der s. Z. telegraphlert habe: „Schiff verloren, Mannschaft leider gerettet! mit Schlmpf und Schande von ihren Posten weggejagt worden selen. Seine Paitei erwarte eine klare
und pesitive Antwort, was in Bezug auf dlese Leute gescheben sei.
Wat den Milltär-Etat betreffe, so solle er eine aberwalige Ver⸗= mehrung erfahren; das sei die erste Rate der bekannten 1009 Mann, die noch rückständig seien, und die dag Jentrum nicht babe be—⸗ willlgen wollen, es scheine, daß der Kriegs Mialster den Weg betreie, sich diesen Rest ratenweise herauszuholen. Daraus seien denn auch die 18 Millionen Mehrautfgaben im neuen Milltär⸗ Etat ju erllären. Der , Graf Limburg babe sich nicht enthalten lönnen, an den Burenkrieg einige absällige Aeuße= rungen über die Milizheere zu knüpfen. Er scheine aber seine eigene
resse sehr schlecht zu lesen, denn dlese habe dle Leistungen der Buren 5 2 Licht gesetzt. Wo in der ganzen Welt sel es in der Kriegs ⸗ geschichte vorgekommen, daß 30 009 Mann einer Milizarmee einem regulären Heer von mehr als 200 000 Mann so lange wider standen hätten? An den Kriegs ⸗Minister richtet Redner die Frage, was an der Zeitungsnachricht sei, daß die Firma Erbardt in Eisenach neu erfundene Geschütze an England liefere. Also Deutschland liefere an England Geschütze, um den Buren vollends den Garaus zu machen? Wie verhalte ich das zur Neutralität Deutschlands? Gan ähnlich set es in China. Für dieses habe Krupp die Schnellfeuergeschütze geliefert, mlt denen die deutschen Mannschaften dann niedergeschossen worden seien. Der „Vorwärts habe ferner vor einigen Tagen gemeldet, daß ein neues Gewehr eingeführt werden solle, ein Bataillon sei schon probe⸗ weise damit ausgerüstet worden, und jetzt sollten größere Truppen. mengen damit ausgerüstet werden, nachdem erst i. J. 1897 ein neues Gewehr eingeführt worden sel, Redner fragt, wie es mit dieser neuen Einführung bestellt sei, woher das Geld dafür komme und wie es mit der Wahrung, des Budagetrechts des Reichztages stehe. Bei den neuen Geschützen scheine etwas Aehnliches vorzuliegen; auch darüber möchte ec Auskunft haben. Im Marine ⸗Etat sei ebenfalls eine ganz erhebliche Mehrforderung entbalten, nachdem schon die vorjährigen Etatbewilligungen ganz bedeutend über schritten worden seien. Die Schlachtschiffe kosteten jetzt hedes 8 Millionen mehr, als noch 1898 veranschlagt worden sei; auch dte Panzerkreuzer seien entsprechend theurer geworden; der Kreuzer Prinz Heinrich“ sei 3 Millionen höher gekommen; er koste 21 Millionen Mark. Aehnlich wie dem Reichsammt des Innern 12000 S von der Industrie gegeben worden seien, fo seien dem Marineamt vom Deutschen Flottenverein Hunderttausende zum Bau bon Schfffen zur Verfügung geftellt worden. Man habe aber nicht das Recht, dieses Geld anzunehmen und ohne Bewilligung des Reichstags auszugeben. Auch hier herrsche eine Budgetanarchie. Der Reichstag mußte Manns genug sein, um Widerspruch dagegen ju erheben. In der sogtalen Gesetzgebung würden lediglich die Unternehmer und Kapitalisten ˖ interessen wahrgenommen. Seit Jahren verlangten die Sozial⸗ demokraten ein Gesetz zur Anerkennung der Gewerkschaften. Nichts geschehe. Das Reichszamt des Janern zeige in allen seinen Verordnungen einen arbeiterfeindlichen Geist. Für die öffentliche Gesundheitspflege seien keine Mittel vorhanden, ebensowenig für Schulbauten. Für die Wohnungsnoth, namentlich in Berlin, habe die Reichs verwaltung kein Ohr. Ueberall seien die größten Wider⸗ sprüche in der bürgerlichen Gesellschaft; diese habe abgewirtbschaftet, es sei ihre Göiterdämmerung“ eingetreten.
Staatssekretär des Innern, Staattz⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner: Meine Herren! Alsß der Herr Reichskansler die Interpellation der Herren Abgg. Albrecht und Genossen beantwortet batte, schloß die Debatte mit dem Zwischenruf und Graf Posadowe ly?! Der Herr Abg. Singer, von dem dieser Ruf ausging, hatte sich wahr— scheinlich nicht überlegt, daß nach dem ganzen Inhalt der Inter pellation es mir in der damaligen Lage der Sache kaum möglich war, mesnerseitz überhaupt das Wort zu ergreifen. Es konnte vielmehr nur Einer Antwort geben auf die Inteipellation: der Herr Reiche—⸗ kanzler, an den die Interpellation gerichtet war. (Zurufe links.) Ich glaube, wer mich in meinem Privatleben und im öffentlichen Leben kennt, der welß, daß ich Furcht nicht kenne (Bravo! — Zurufe links), und daß ich der Letzte bin, der irgend eine Verantwortlichkeit von sich ablehnt und den Kampf mit der Partei scheut, die mir beute egenübersteht. (Lebhaftes Bravo. — Oh, oh! bei den Sozial⸗ demokraten.) Meine Herren, ich bin dem Herrn Abg. Bebel geradezu dankbar dafür (Na, na! bei den Sozialdemokraten), daß er die 12 000 M ⸗Angelegendeit als eine partie remise betrachtet und beute wieder zum Gegenstande der Etörterung gemacht hat. Ich erkläre hier vor dem versammelten Reichstage und vor dem ganzen Lande, daß es vollkommen nebensächlich ist, ob ich von diesem Ansuchen an den Zentralverband der Industriellen etwas abe oder nicht (hört! hört! und B wegung linke), ob ich es ver ßt habe oder nicht, ob ich anwesend war oder nicht — ich ge die Verantwortung für das, was in meinem Amte geschieht von mir abwälzen Und nun einmal zur Sache! Die Frage hängt sammen mit dem Gesetzentwarf zum Schutze der Arbei einem großen Theil der Presse hatte man auf diesen einen vollkommen falschen Schein geworfen; der Gesetzentwurf nicht zum Besten der Arbeitgeber, er war zum Besten der Arbeiter. (Sehr richtig! rechta. Lebhafter Widerspruch und Zwischerrufe links. Glocke des Präsidenten. — Herr Abg. Bebel, ich böre Ihnen oft aufmerksam und so lange zu (sehr gut! rechts); haben Sie Vertheidigung und Erklärung anzuhören! Wir sind hier nicht in einem Konvent, wir sind in dem Dentschen Reichstgge (Bravo rec Dh, oh! links Der Gesetzentwurf war von demselben Gedanken ausgegangen, den der Minister einer Republik kürzlich 5ffentlich zum Ausdruck gebracht hat, indem er sagte: Das Recht jedes einzelnen Arbeiters, r arbeiten will, gilt ebenso viel, wie dasjen: iter, welche nicht arbeiten wollen.“ gut) Auf dieser Grundlage war der Gesetzeniwurf aufgebaut man hat bei der ganzen Agitation wegen jener 12 000 M dieses Sach⸗ niß verschoben, indem man sagte: es war ein Gesetzentwurf zu und man erbat einen Beitre lgitatien von den Interessenten. Die Interessenten warer eiswilligen Arbeiter und nicht die Unternebmer zweite thatsächliche Bemerkun ralverband der Induftriellen geleistet hat, der vor ist zur Vertretang des Gesetzentwurf in der Oeffentlichkeit, ist wendet worden, um Autgaben zu decken, welche entstanden für? breitung lediglich amtlichen Materials, welches bereits seit Wochen und Monaten dem Reichstage vorlag (Zurufe von den Sozial⸗ demokraten), d. h. zur Verbreitung von Auszügen aus der Denkschrist und von Reden, die bier vom Bundesrathstische aus gehalten worden sind. Daß die Absicht dieser Publikation nicht die sein k denselben damit etwa durchzubringen, das 1st klar. (Ach Jedermann war sich nach der ersten Lesung des Gesetzentwurst lar, und wir waren unt am gllerwenigsten unklar darüber, daß nach dem Abschluß der ersten Lesung das Gesetz leine Antsicht mehr hatte, vom boben Hause angenommen zu werden, daß es sich vielmehr nur darum handeln konnte, ob das Gesetz im Plenum abgelebnt werden oder noch zu einer FKommissiongberathung gelangen sollte. Aber, meine HDerrer, dadurch, daß man in der sozialdemokratischen Presse fortgesetzt den Arbeitern gepredigt batte, dieseg Zuchthausgeseßß soll jeden Arbeiter bestrasen, der Überhaupt steikt, und verschwiegen hatte, daß nur berjenige bestraft werden sollte (lebhafte Zuruse von den Sojialdemoltaten. Glode des Präsidenten) daß nur derjenige bestraft werden sollte, der ungeseßliche Mittel gegen
Arbeitswillige anwendete, und daß dieses Gesetz sich ebenso geg⸗ den Terrorigmuz der Arbeitgeber richtete (sehr 3 rechts, — well man diese Thatsachen verschwiegen hatte, war ungeheure Aufregung und Mißstimmung in der Arbelterbevblermn enistanden. Und mielne Herren, die sonialdemotkratische Press 1. nichts dazu gethan, um diese Irrthümer aufzuklären (sehr richtig rechts. Lebhafte Zurufe von den Sozialdemokraten), — sie hat den beigetragen, diese Aufregung zu vermehren! Da war es alleiding eine wichtige Sache, daß man durch Verbreitung des amtliche Materials — und von den verschiedensten Seiten wurde das derlang — so weit wie möglich in die große Masse des Publikums die Wah. heit trug, daß man durch Verbreitung dieses lediglich amslichen Materials den großen Massen klarlegte, welche Thatsachen Ver anlassung zu diesem Gesetzentwurf gegeben batten, was dag Gese beabsichtigte, und was es bestrafen wolle. (Lebbafte Zwischenrufe von den Sozialdemokraten. Glocke des Präsidenten.)
Also, um zur Milderung jener Aufregung beizutragen, sind diese Veröffentlichungen erfolgt.
Ueber die volitische Opportunität dieser Maßregel kann man ge. wiß streiten. Ich babe hier zwei Zeitungsartikel vor mir; der eine aus einem norddeutschen demokratischen Blatte sagt:
„Für Agitationgzwecke zu Gunsten der Zuchthausvorlage flehen dem Reichsamt des Innern Organe genug zur Verfügung; ch braucht sich nicht in ein Abhängigkeitsverbältniß von einzelnen Interessentengruppen zu begeben.“
Und ein süddeutsches demokratisches Blatt tadelt, daß eh Beamter des Reichgamts des Innern einen Beitrag vom Zentral. verband der Industriellen erhalten babe, während ihm doch der Dis, positionsfonds oder irgend ein anderer Fonds für den etwa noth— wendig scheinenden Zweck zur Verfügung gestanden hätten“.
Also, meine Herren, daß die Regierung derartiges amtliche Material — und etwas Anderes ist nicht gescheben — verbreitet, daran wird niemand einen Tadel knüpfen, wird niemand der Regierung einen Vorwurf machen. Man würde auch einen Vorwurf nicht erhoben baben, wenn von dem Beamten des Reichgamts des Innern der Zentralverband nur angeregt worden wäre, seinerseits das amtliche Material zur Beschwichtigung der Arbeltermassen zu verbreiten. An—⸗ gegriffen hat man nur, daß man Kosten erbeten hat vom Zentral. verbande der Industriellen, daß man selbst die Vermittelung über. nommen hat. Ueber die politische Opportunität dieser Maßregel kann man — ich gestehe es zu — streiten. Der Herr Reicht kanzler bat sein Urtheil bereits bei Beantwortung der Interpellation ab—⸗ gegeben. Aber die ganzen Konsequenzen, die daraus gezogen sind, das Meer von Angriffen, das darauf basiert ist, war durchaus un— begründet.
Der Amtsbedürfnißfonds des Reichtamts des Innern beträgt allein 190 000 , und ich glaube, die Ober Rechnungs kammer würde kein Monitum gezogen haben, wenn man es für nötbig gehalten hätte, die Mittel zur Verbreitung amtlichen Materials aus diesem Druckkostenfonds zu nebmen. Wenn das nicht geschehen ist, so mag die Ursache davon eine gewisse bureaukratische Aengstlichkeit gewesen sein. (Seiterkeit bei den Sozialdemokraten. — Gewiß, meine Herren! Oder es mag der Gedanke obgewaltet baben — und er hat obgewaltet — daß der größte industrielle Verband, den
r in Deutschland haben, ein so großes Interesse hat (Heiterkeit und
se bei den Sozialdemokraten) — hören Sie doch weiter, meine erren —, auf Grund des amtlichen Materials die Arbeiter über en wirklichen Inhalt des Gesetzes aufzuklären, daß man idm
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en ch en dafür auferlegen könne. Dag ist das einfache Sach
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die persönlichen Angriffe betrifft, die Innern erhoben sind, insbesondere gegen einen anderen Beamten, der sich die en Verdienste seit Jahren erworben hat (Dt ine Herren, der sich die hächsten sozialpoliti Jahren erworben bat, so erinnere ich Wortes jenes französischen Kriminalister mir zwei Zeilen von der Hand eines Mannch rauf eine Kapitalklage. Wie wenig übrigen Innern gerade der Gedanke maßgazekl ie Publikation den Gesetzentwurf selbst dafür kann ich Ihnen eine amtliche Wir hatten inzwischen noch eine große Gerichts behõrden, Verwaltungs bebörden 3 Gesetzes zum Schutz der Arbeitewilligen auch daraufhin eine Ergänzungs⸗Denkschrtt zaben dieselbe aber dem Reichstage garnicht mehr linke), weil wir der An sicht waren, daß das doch ein vergeblicher Schritt gewese Ich kann Ihnen übrigens versicher den Angriffen, die gegen die Richtigkeit des Inhalt der Denkschrift erhoben worden sind, noch einmal an sämmtliche Re n geschrieben habe, die dag Material geliefert barten, um kieser nochmaligen sorgfältigen Durchsicht der Matern bat, daß nur in ganz wenlgen unwesentlichen Punkten r vorlager Nun ist bei der Interpellation und seitdem bei anderen Gelegen. heiten gesagt worden, man sehe ja, datz Reichs amt det Innern sei ß schon seit dem Jahre 1879 oder noch länger in Abbängigkert n dem Zentralperband deutscher Industrieller. (Sehr richtig! ltakt. Meine Herren, Sie sagen „sehr richtig!“. Denken Sie doc emma gütigft an die Thatsachen. Sie haben vor kurzem bebauptet unt mi vollkommenem Unrecht behauptet, daß die Invaliden verficherunge Geseßgebang und die Unfallversicherun ge⸗Gesetz gebung jurüceftel! wären wegen des Wiverstandes detz Zentralverbandes der Jnduftttelln Nein, meine Herren, man hatte meineg Grachteng — 1 ul hier niemandem zu nahe treten den Fehler gemacht,. we ĩ ungebeuer umfangrelche, tiefgreifende Gesetze in einer Sesston r zubringen, zwei Gesetze, die der Relchstag garnicht im standt mar n einer Session durchzuberathen, und infolge dessen waren sie aud al beide unter den Tisch gefallen. Diesen Fehler wollte ich verneiha wle ich ins Amt eintrat, und jeber billig denkende Mensck min gerecht finden, daß, nachdem ich im Juli bet Jahres ern men angetreten hatte und dieses umfangreiche Nessort bernabm einigermaßen erst Zeit haben mußte, mich über diese beiden umnan⸗ reichen Gesetze und ihre Behandlung fin NMeichttage, über dte erecln dle dagegen erhoben wurden, selbst zu informieren, ebe ich ste von
dem Reichstage vorlegte. Was die angebliche Abhänglgkeit vom Zentral⸗ va bande der Indnstriellen betrifft, so bin ich ja in der Vorlage des Japallden her icherungzgesetzs viel weiter gegangen, wie das hohe
sesbst gegangen ift. Ich habe Rentenstellen zum Besten der Arbelter konstrutert, die Sie sogar nicht einmal aeceptiert haben, und ich babe gegen den heftigsten Widerstand des Zentralverbandes der Induftrlellen die besonderen Gerichte für die Unfallversicherung auf⸗ geboben; ich habe Ihnen vorgeschlagen, daß diese Gerichte verbunden würden mit den Gerichten für die Invalidenversicherung. Und wenn Sie die Presse durchlesen wollen, auf die der Zentral⸗ verband der Industriellen meines Erachtens einen Gin⸗ fluß übt, werden Sie sehen, daß ich gegen den schärfsten Widerstand des Zentralverbandes der Industriellen hier im Reichstage beide Gesetze vertreten habe, und daß ich Monate lang in beiden Sessionen Gegenstand der hefttgsten Angriffe in dieser Presse war, und, meine Herren, daß diese Gesetze keine schlechten waren, daß sie sozialpolitisch auf einem verständigen Standpunkt standen, geht doch am allerbesten daraus hervor, daß dag Invalidengesetz fast ein⸗ stimmig gegen drei Stimmen, meines Wissens von der rechten Seite des Hauses, angenommen ist unter Zustim mung der Sozial— demokratie (hört! hört h, daß die Unfallversicherungsgesetze ebenfalls sämmtlich ein stimmig oder fast einstimmig angenommen sind unter Zu⸗ stimmung der Sozialdemokratie. Also, eine Abhängigkeit vom Zentralverband der Industriellen zu konstruteren, demgegenüber ich diese Gesetze im schärfften Kampfe durchgefochten habe, das ist elne hiftorlsche Unrichtigkeit. Man hat mir und meinen Beamten auch vor⸗ geworfen, daß sie große Versammlungen des Zentralverbandes der In⸗ dastriellen und andere Versammlungen wirthschaftlicher Natur besuchen. Zuruf links) Meine Herren, ich kann möch nicht entsinnen, ich hoffe, ich werde nicht einer Unwahrheit in der Oeffentlichkeit geziehen werden, daß ich jemals auf einer Versammlung des Zentraloerbandes der Invustriellen gewesen bin. Soweit ich mich entsinne, sind aber ein⸗ jelne der Beamten des Reichgamts des Innern wiederholt dort ge⸗ wesen. Aber es wird uns ja immer vorgeworfen: wir arbeiten vom grünen Tisch aus, wir kennten dag praktische Leben nicht, und wenn wir dann einmal unter die Leute des praktischen Lebens geben, heißt es, wir sind abbängig von den Unternehmerklassen, wir lassen uns be⸗ einflussen. Ih kann Ihnen persönlich sagen, angenehm ist es mir nie, in solche Versammlungen zu gehen, und wenn Sie die Zeitungen verfolgen, werden Sle sehen, wie unendlich selten Sie in solchen Ver⸗ sammlungen meinen Namen finden, seien es festliche Gelegenheiten oder was es sonsft sein möge, und ich habe einen guten Grund zu diesem Gefühl. Geht man in eine solche Versammlung und werden dort vielleicht der Regierung höchst feindliche, höchst extravagante Anträge geftellt und berathen, und man schweigt, dann heißt es: Was für eine Regierung! So was wird gesagt und der Minister, der dabei sitzt, schweigt.“ Lasse ich mich aber auf eine Debatte ein, dann kommt der Zustand, daß ich unter Umständen geradem dem Standpunkt der verbündeten Regierungen präjudizieren würde; daß ich gezwungen wäre, Stellung zu nehmen, ehe vielleicht der Herr Reichskanzler oder die verbündeten Regierungen ihrer—⸗ seitz Stellung genommen haben. Also, meine Herren, was für eine schwierige Situation! Ich kann Ihnen versichern, daß ich grundsätzlich, soweit ich kann, den Besuch solcher Ver⸗ sammlungen meide oder, wenn ich in solche Versammlungen gebe, mich möglichst zurückhalte. Denn, wenn man sich erst einmal darauf einläßt, in solchen Versammlungen über Dinge, die ein politis hes Gewand tragen, zu diskutieren, schafft man aus allen diesen Versammlungen politische Nebenparlamente, und das geht nicht. (Sehr richtig) Außerdem verliert man nicht viel, wenn man in solche Versammlungen nicht geht; denn alles was dort gesagt wird, bekommt man doch schwarz auf weiß in Form der Protokolle zugeschickt. Also daß das Reichsamt des Innern, seine Beamten oder irgend ein anderes Ressort in dieser Sache etwas thäte, was sich nicht vertheidigen ließe, das sie in Abhängigkeit brächte von Interessentengruppen, ist ebenfalls unrichtig.
Wie wird aber mit den Thatsachen manipuliert! Ih habe mich oft schon gewundert, daß die Sozialdemokratie, wenn sie etwas erfährt, was vielleicht der Regierung unangenehm sein kann, das in alle ihre Blätter schrelbt; ob sie aber etwas erfährt, was zu Gunsten des sozial⸗ politischen Geistes der Regierung spricht, das liest man nie. (Sehr wahr! rechlz. Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Und ich habe den Verdacht, daß sie die Erlasse, die wir im Interesse der Sozial⸗ politik ausgehen lassen, ebenso erbält wie die Erlasse, die sie glaubt angreifen iu müssen. Ich habe da aus der neuesten Zeit ein schlagendes praktisches Beispiel. Es wird mir vorgeworfen, daß ich nicht auf einer Versammlung der Gasthofggehilfen Deutsch—= lands erschienen bin, auch nicht vertreten war. Gewiß, das habe ich nicht gethan. Aber Sie haben verschwiegen, daß ich ebenso eine Ein⸗ ladung der Prinzipale abgelebnt habe, weil ich mir sagte, die arbeiter statistische Kommission hat äber diese Frage beschlossen, der Bundes rath wird sich schlüssig machen, und es ist nicht meine Sache, mich letzt von irgend einer Partei noch weiter belehren zu lassen.
Ich komme nun auf einige Gegenstände der letzten Debatte. Es ist gerügt worden, daß das Krankenversicherungsgesetz dem Reiche tage nicht vorgelegt worden ist. Sie wissen indeß aus den Verbandlungen der Kommission sowobl über das Invalidengesetz, wie über das Unfallgesetz, wie ich selbst fortgesetzt beihätigt habe, wie sehr mir an dem Erlaß des Gesetzes liegt, wle ich den Erlaß desselben als die absolut notwendige Ausfüllung einer geradezu schmerzlicken Läcke in unserer ganzen sonalpolitischen Gesetzgebung betrachte. Aber wäbrend das Reichaamt deg Innern auf die Invaliden ⸗ und Unfall versicherungs⸗ gesetzeebung einen vlel direlteren Einfluß bat, liegt die ganze Ausfũhtung des Krankenversicherungsgesetzeß lediglich in den Dänden der Ginzelstaaten, und ich bin deshalb selbftverfändlich auf die Mitwirkung der Einzelstaaten vorjuegweise angewiesen. Vir baben nicht unmittelbare Erfahrungen auf dem Gebiete. Diese Erfabrungen baben nur die Ginzelstaaten. Ich habe mich deshalb an die Ginzelstaaten gewendet; ich habe die Fragen, die besonderg wichtig stad, jur Digkussion gestellt, habe aber bei der Schwierigkeit der
neaterie, die sehr weit greift, von einer Reihe von Ginzelstaaten bis her noch keine Antwort bekommen, namentlich auch von Preußen nicht, und konnte infolge dessen quch einen Gesetzentwurf noch nicht aufstellen. Dagegen, meine Herren, muß ich mich aber auf das aller⸗ entschiedenfte dagegen verwahren, daß, wenn irgend ein Beamter seine — * — Anficht über die künftige Gestaltung dleseg Gesetzeg in ner Zeitschrift ausspricht, man dlese Ansichten dem Herrn Reichz. laniler oder dem Relchgamt deg Innern oder den verbündeten Re⸗
gierungen zur Laft legt; dag sind Prbwatansichten und werden alg solche auf die Gestaltung des Gesetzes keinerlet Ein fluß äben.
Der Heir Abgeordnete ist dann auch auf den sogenannten Raab'schen Brief ju sprechen gekommen. Ich bin hier in einer schwierlgen Lage; denn der Mann, der diesen gewiß sehr unvorsich⸗ tigen Brief geschrieben hat, liegt ftill auf dem Rücken in seinem Grabe und ist dem Gebiet entrückt, wo Unfälle und Unfallverhütungs⸗Vor⸗ schriften ihn noch irgendwie belästigen können. Er ist der Verant⸗ wortung entzogen; in dieser Beztehung ist also nichts mehr zu machen. Aber ich will doch den Sachverhalt aufflären, was immer⸗ hin noch wichtiz genug bleibt. Es handelte sich bei der Sache um Unfallverhuütungs⸗Vorschriften bet einem Kochapparat der Schiffe, und der Germanische Lloyd hatte zu der Sache sein Gutachten abgegeben, daß diese Vorschriften nicht nothwendig seien, weil auf allen den großen Schiffen, wo solch ein Apparat wäre, Einrichtungen bereits vorhanden wären, die genügten. Da hat der verstorbene Vor⸗ sitzende der Seeberufsgenossenschaft trotzdem dieseg Rundschreiben erlassen, hat befürwortet, solche Unfallverhütungsvorschriften zu genehmigen, aber allerdingYt mit jener äußerst bedauerlichen Be⸗ merkung begleitet, und die übrigen Mitglieder der Seeberufsgenoffen⸗ schaft haben sich begnügt, einfach bei ihren Namen darunter zu schreiben: einverstanden. un, meine Herren, ebensowenig wie bei einem Erkenntniß, mit dessen Tenor man einverstanden ist, man sich stetgß auch mit den Gründen identlfiztert — Gründe werden nicht rechtskräftig ebensowenig wird wan, wenn man streng gericht sein will, denjenigen Herren, die ihre Zustimmung zu dem positiven Vorschlag gegeben haben, nun ohne weiteres auch imputieren dürfen, si- hätten ausdrüclich auch die bedauerliche Be⸗ merkung, die zu dlesem Vorschlage gemacht worden ift, gebilligt. (Heiterkeit hei den Sozialdemokraten)
Im übrigen führt die Aufsicht über die Serberufggenoffenschaft das Reick . Versicherungsamt. Ich habe demgemäß sofort das Reichs⸗ Versicherungsamt auf den Vorgang aufmerksam gemacht. Das Reichs · Versicherungzamt hat die Akten eingefordert, und es muß abgewartet werden, ob und was das Reichs⸗Versicherungsamt sich er⸗ anlaßt sieht, weiter zu than. In dieser Beziehung kann ich nicht in die Zuständigkeit des Reichs. Versicherunggamts eingreifen.
Es ist auch wieder gerügt worden, daß noch immer nicht genug auf dem Gebiet der Sozialpolitik geschehe, und heute hat der Herr Abg. Bebel dies wieder in einer sehr scharfen Form gethan. Ja, Herr Abg Bebel, ich frage Sie — ich ch von jedem Selbstlobe entfernt, ich will nur der Sache dienen — haben Sie denn gar keinen praktischen Begriff davon, was es für eine Riesenarbeit ift für ein Amt, allein jene benden weittragenden Gesetze, wie die Reform der versicherung und der Unfallaersicherung eben ũberzufũhren, was da für eine Menge von Ausführungavorschriften, Reglements erlassen, von Entscheidungen getroffen Schon das, meine Herren, diese Gesetze auf so erte lage erst lebensfähig zu machen — ich sage das in aller Be
ift schon eine gewaltige sozialpolitische Leistung. ig!) Und weiter kann ich Ihnen fagen, gerade der Herr Abg. Bebel heute gezogen hat, nichts geschehe zum Schutz der Arbeit damit beschäftigt f befondere Denkschrift auf der Berie der Gewerbe ⸗Inspektoren auszuarberten, dem vorlegen werden und die dann die G ; für Maßregeln, die man noch ergreifen könnte. Nationalliberalen Die Bãͤckerei vero z abgeändert; sie befteht noch, und ich habe ga eine Debatte über dieselbe einzugehen, positive Beschlüsse gefaßt worden find.
8 22 Indaltden⸗
2 L* 3 ö e Veranlaffung
nicht anderweitig
Nun, meine Herren, will ich zum ein anderes außerordentlich ist unser Verhältniß zu Amerika. Herren Redner eine irrthümliche Bemerkun hauptete, wir würden von Amerika differenziert. Amerika zollpolitisch differenziert, aber wir si der Präsident der Amerikanischen Rerublit politischen Bortheile eingeräumt, die bis ber Fran krei waren. Also diese Differenzierung ift aus dem Wege ge Ich kann auch nicht zugesteben, das die Aeußerung, die der R Abg. Bebel zitiert bat, aus der Botschaft des amerikaaischen sidenten wirklich so lautet, und ich kann auch nicht zugesteden, bis jeßt Amerika Grund zur berechtigten Beschwerde bat; denr absoluten Einfuhrverbote, die bis jetzt ergangen sind gegenüber der Gesammteinfuhr von amerikanischem Fleisch, sind geradezu minimal. Aber, meine Herren, ich möchte mit einer allgemeinen Bemerkung schließen: Es ist selbflverftändlich, wenn ein großes Reich wie Deutsch⸗ land vor der Neuregelung seiner handelspolitischen Berhältnisse ftebt mit fast der ganzen Welt, alle Interessengruppen sich regen und ihre Interessen geltend machen, daß ein erbitterter Kampf jwischen ent⸗ gegengesetzten Interessengruppen entsteht. Aber ich möchte rathen, hierbei die Debatten nie so zu führen, daß man Angriffe gegen die eigene Regierung richtet, ebe man überhaupt weiß, was die eigene Re⸗ gierung thun wird. (Sehr richtig! rechts) Denn damit erreicht man nur etwas, was sehr gefährlich ist, man füllt seinem Gegner die Kriege⸗ kasse! (Sehr richtig! und Bravo! rechts.)
Abg. ven Kardorff (Rp.): Elne Rede, die eine solche Flutb von Thematen berührte, wie die des Abg. Bebel, habe ich noch nicht gehört, so lange ich im Parlament bin. Gewissermaßen ist die Rede sa eintönig und immer die Glorifizierung der soztaldemokratischen Partei und besonders des Thuns des Herrn Bebel. Er hat das alles immer seit langem vorausgesehen, und wenn der große, Kladderadatsch“ kommt, für den er leider keinen Termin angiebt, so sollen wir sehen, waz dann wird. Ich höre ihn unter Umständen recht erne deduzieren, aber er ist oberflächlich. Wenn er sich so elbst glorifiziert, so entschuldigt sich das damit, 4 ihm so viel Weihrauch von seiner Partei gestreut wird, daß ihm der Kopf schwindlig werden kann. Aber seine Selbstüberhebung nimmt einen hohen Grad ein, er leidet an einer Art von Größenwahn. Bezüglich der Ablehnung des Empfangs des Präsidenten Krüger hat Herr Bebel allerdings der allgemeinen Stimmung in Dentschland Ausdruck ge—⸗ geben. Ich war selbst erschrocken, als ich die Ablehnung in der Jei⸗ tung lag. Wir, die wir nicht an verantwortlicher Stelle stehen und nicht übersehen können, wie die Partie auf dem Schachfeld der großen Po⸗ litik stebt, haben uag die Sache so konstruiert: wenn Frankreich den Präsidenten Krüger empiangen kann, warum sollen wir eg nicht auch shun? Und Frankreich hat bei Faschoda gezeigt., daß es England sehr gern aus dem Wege geht; aber weshalb 3 wir so ängstlich? as st die Stimme deg großen Publikumz. Der veränderte urg spielt
AIchtu kann ich mir denken, maßen anders in Dentschland empfangen, alfo von Großmacht, dann könnte Sagland auf den kommen, daß, wenn zwei Großmächte eine solche gerade nicht freund- liche Handlung gegen England begingen, eine y— dieser Mächte nicht außerhalb der Möglichkeit liege. Wer da weint, daß er, wenn erst hei uns empfangen, auch in Rußland hätte empfangen werden müssen, der kennt den englischen Ginfluß in Rußland nicht. Im allgemeinen hat es also wohl im Interesfe des Prästventen Krüger gelegen, daß er bei uns nicht empfangen wurde. Auch Herr Bebel hat ja zugestanden, daß ung mit England zu verseinden nicht in unferem Interesse liegt. Herr Bebel har die wirthschaftlsche Depression erwähnt und die Finanzlage als ganz trostlos geschildert. Es kammt aber doch nicht nur aufg Reich, sondern auch auf die EGinzelstaaten an. In Preußen befinden wir uns keinegweng in einer trostlosen Finanzlage. Das Anwachsen der Militär⸗ und Marine⸗ ausgaben hetrachtet Herr Bebel viel zu einseitig; Amerlla bringt ver= hältnißmäßig viel mehr Opfer für diese Friedens ner sicherung; und bat ste für Deutschland nicht herrliche Früchte ge⸗ tragen? Die Kulturaufgaben leiden nicht“, dieseg iron ische Wart tederholt Herr Bebel; aber er übersteht J. B, wie mächtig in Preußen die Auggaben fär die PBolksschule gewachsen sind; pro Kopf betrugen sie i. J. 1870 18 , 1899 2.095 M Dem Ge⸗ danken, die Mate skularberträge etwag mehr heranzuziehen, um die Herren vom Bundesrath etwaz zugänglicher ür Sparsamkeit und für die Wahrung der Bungetrechte zu machen, stehe ich sehr symwathisch gegenüber nach den Erfahrungen, die wir in diesem Sommer gemacht haben. Herr Bebel hat auch auf Amerika hingewiesen. Amerika hat tne Handelsüberbilan; von äber 4 Milliarden in drei Jahren hei uns hat sich die Handelsbflanz seit den Handelsperträgen daß wir eine gleich hohe Unterbilanz haben. Und die Folge? Wir müssen nach Amerika gehen und Geld bargen, und Amertka wiry allmählich zum Banquter der ganzen Welt. Das ist die Folge der gefunden protetttoniftischen, ameritanlschen Politik. Auf dieseg System, dag stem meines alten Lehrers und Gönners Carey, müffen wir zarück⸗ men. Nun haben wir freilich wieder eine neue Antf Kornzollliga begründen sehen, und ich wandere mich nur, daß dies nicht im ologischeg Garten geschah, das ist doch der natürliche Ort dafiir. der vorgeschlagenen Statistik hat Graf Limburg nicht die Noth Landwirthschaft bewerfen wollen, wie Herr Bebel glaubt, sondern wollte lediglich die Siemens sche Behauptung von dem Antheil des Grun dbeñttzes an der Bolkswirthschaft entkräften. Die Jollkeedite müsfen endlich auf gehoben werden; man hat uns immer die Aufhebung zugefagt. aber noch immer ist nictz erfolgt. Herr Bebel wetst auf den Petrol um- ring und die Zuckervrämie hin. Dem Petroleummonopol des Herrn Rockefeller arkettet der denaturterte Syirttus beretts mit Erfolg ent- gegen. und den Zuckerprämien verdankt Deutschland seine blühende Jäackerindustrie und seine billlgen Juckerpretse. Die Schaumwernstener follen wir bald bekommen, aber die Saecharinstener wird noch Reichztag wird da Fesetz schließlich selbft wenn es bald zu stande lommen oll. erer wir Kolonien heben ollen eder nicht, wird nicht mehr z Wir müssen das wirthschaitliche eben anserer Tolonten mehr ausbauen, und dazu gehört auch der Bau von Gisenbahnen womit nach meiner Ansicht schan tel iu sehr geißgert worden ist Nach meiner Meinung muß die Herstellang der Jahn so erwalgen, daß das Reich eine mäßige Inegarantie übernimmt. Daß die Refarm der Kriegsinpalldenvenstonen so lange Jeit der Vorterertung erorrert. derstetze ich nicht, auch nicht. was die Jwiripensieren daantt n thun aben. Nachdem wir einmal die werjßhrrge Dler flirt aer. werden r sie, das glaube ich auch, nicht wieder log werden; fe bar ich n 1? Nation ju fehr festge set; daß sie etne ehr koetnrerlge Mharich ct tung war und keine Friparmp ederntete, are ich chen erner Jart dorausgesugt. Sch hoffe dan dre Rercthung des Cteas n der Mhadger- ion einen Verlauf nehmen wire der dern Tmde n Segen
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zereicht. bg. Richter fr. Volken Ter Sigatssefretit des Hmern zätte beffer gethan, wenn er heute die Verthrꝛbigung der Negiermng ach kan zler nherlaffen Butte. Cr meint die Frage der Nein, ür ang it fr ab Geider ur Verwendung . nicht zewill gt warden waren willigt worden wire as Annnnen des Netchgnntn Zentralrerł Eng dahn R fre nr Memung and mch x ö *r Mirrres, elch der eich mg Rerdsren ag ente ßmen durfte res fee near Laderes a1 FTands agen, men, der, Mchaernen, der kefge. cen, che Wfa gen 2 den fad auch amtliches ber verfrrecen dae e emmag Der Stars sereertk aer art m z cee. Seme NMaffnffunqꝗ erg aß. D Bang mn . Tacdar eren. ĩ er eit fe ede ee fern laden, wenn r den Nꝛchmurchks deg sinifterinnas ansehe. Wir Baßen semer Mr dag räsidenten Krüger ant dag enfchie den re der-
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fũt Cundgebuagea in derfelten Wechenng emed een Verbãltniffen. Der baben winederßatt er- der Gef zk R Senn gen Gine fallche Feli need dadurqh emrfedlen neee. Der Mg Benel er anelt near daß enger nicht empfangen 4. 9 in es Derrn Crüger nar auf die Geenen. abhme don Sywyp an gen ar ka, dan dee e meer nn re. wortlich von ihm gewesen. Trangvaal za einer e kein d verlassen. Ihm kam es im Gegenteil auf die Herbert e *I Jaterdention der Mächte aa. Auf den Gerfaaz in Femme, ich nicht eingeben; wenn zwei dae selde tea. rt es nicht dae bei uns nicht mebr beraus zelemmen al in Franken Gnttãnschung und Unjufri⸗ denbeit ga so größer g sich gegen die Regierung gekebrt baben. Ich Gegenstand. Ibren Söbevunki kal die Dedarte nech aer ö denn es ist noch der Dtrekior des Alldentichen Verdana de Derr Paffe. zu erwarten. Die Agrarier und da Zentra fad dere, den nenen Reichskanzler sebr liedenswardig vielleicht eU n , i dar dReberen Zölle auf Lebensmittel einfangen. Daz Jentran here lt ait emma darüber, daß der Reicht kanzlet den Teleranzantrag Fe e Henan bar sch. gewiesen hat. Graf Limburg freate sich daß der Werdaekanler e 34 h kraftvoll die . Gz kennt Wer darauf an, in welch
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