1901 / 14 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 17 Jan 1901 18:00:01 GMT) scan diff

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1 x 28

1901

. Marktort

Tag

* 1266 8 K * 2 ö.

Qualitãt

gering

mittel gut

Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner

niedrigster

höchster

niedrigster hochster niedrigster / höbhster 16. 16 6. 6. 16

Am vorigen ö nitts Markttage a4 e 8 lte I)

; dem D preis 0 4 (Preis unbekannt;

S

Lüneburg. aderborn imburg a. L..

ö . Dinkelsbühl. Schwerin i. M. Rostock . h . raunschweig. Altenburg Bemerkungen.

77772121

em. Die verkaufte Menge wird guf vo e Ein liegender Strich in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgelommen ist, ein

12, 80 12,00

135530

135165 . . J

lle Doppelzentner und der Verkaufewerth auf volle Mark abgerundet i , . Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet. unkt (.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender Bericht fehlt.

Noch: Hafer. 13,50 13,50 12,60 12, 80

12, 00 11,80 13,40 1756 12,50 13, 10 1446 14,56

13,45

13, 90 12,26

1326 1356 1536 13556 12356 1526 1316 1446 . 1456

13, 65

1330 126

1390 14 6 15 86

1510 12336

160 1106 13 36

1360 120

13330 13 16

* 6

1411 13,0 27586 13,15 454 1236 980 13320 16575 13.36

8 058 1795 762 15,47

SS. S0 .

= ==

200

Erosßhandels Durchschnittspreise für Getreide für den Monat Dezember 1900

nebst entsprechenden Angaben für den Vormonat.

Zusammengestellt im Kaiserlichen Statistischen Amt.

1000 kg in Mark.

(Preise für prompte Loco] Waare, soweit nicht etwas Anderes bemerkt.)

Königsberg.

Roggen, guter, gesunder, 714 g per 1 Weizen, guter, bunter, 749 bis 754 g per 1

fer, guter, gesunder, 447 g per 1

erste, Brenn-, 647 bis 652 g per 1

; Breslau.

Roggen, Mittelqualität Weizen,

fer,

erste,

Roggen, guter, gefunder, mindestens 712 g per 1 Weizen, guter, gesunder, mindestens 775 g per !. Hafer, guter, gesunder, mindestens 450 g per 1 ..

. Mann heim.

Roggen, pfälzer, russischer, bulgarischer, mittel Weizen, Pfälzer, russischer, amerik, rumän., mittel. gif bed ichen württembergischer, mittel ;

erste, badische, pfälzer, mittel

München.

Roggen, bayerischer, gut mittel Weizen, ö ö .

Haff

Roggen, Pester Boden

Weljen, Theiß⸗

der. ungarischer, prima erste, slovakische

Bu dapest. Roggen, Mittelqualität Weizen, ! Hafer ;

St. Petersburg. Roggen Welzen, Saxonka

2 Roggen, 71 bis 72 kg per hl Weijen, Ulka 75 bis 76 kg per hl

Riga. Roggen, 71 bis 72 kg per hl ĩ 76

eizen, 75 ,

1

. lieferbare Waare des laufenden Monats Antwerpen.

Donau, mittel

Red Winter Nr. 2

Kansas

Walla Walla

La Plata, mittel

Kurrachee, roth Am ster dam.

Weizen

5 Roggen St. Petersburger

Odessa Weizen amerikanischer Winter London. a. Produktenbörse. engl. e Mark Lane) Weizen I ol] 6 Californier an der Küste (Balti La Plata an der Küste , b. Gazette averages.

englisches Getreide, Mittelpreis aus 1956 Marktorten

Liverpool.

Weizen 8 erste

Dregon Californier ; Western Winter Weijen Northern Duluth Nr. 1 ard Kansas Nr. 2 Manitoba Nr. 1 La Plata engl. 2 gelber ͤ Californier Brau⸗ Canadische Chicago.

Weizen, Lieferungs⸗Waare een Monat.

New York. 1 Nr. * r Weizen Northern Spring Nr. ; per laufenden Monat Lieferungs⸗Waare ber M

Bemerkungen.

Hafer Gerste

Monat Dezbr. 1900

123,27 146, 119,42 121,11

137,50 138,80 128,090 133,50

137,50 149,50 134,25

150,80 177,20 140, 90 160, 80

153,00 183,50 140,50 189,50 172,50

13094 14.3 ig i, 3

151 605

116337 1a in ö 3.)

89,81 124,53 S4. 265

92, 20 114,80

92, 10 117,87

126,01 162, 70

132.70 155.39 138.57 134. 18, 156 765 156. 15

112,59 111,69 126, 89 133,68

132,93 129,79 135,30 1345659

gegen im Dr⸗

monat

124,00 145,33 119,50 122, 45

Da⸗ r

140 80 141,66

128,090

Id i

137,50 149,50 132,50

151,30 179, 00 144,40 161,70

157, 00 186,50 143,00 189,50 174,50

130,70 142,58 100,57 151, 07

115,00 125,90 93,36

89, S 123,55 sl, 22

89,67 115,00

90, 33 117,78

124,30 162,31

133,61 137,59 137,83 135,31 136,29 136,69

109564 108,265 126,97 134,66

134,39 130 53 136,25 137,82

127,26 122, 6 145,20

142,48 140,75

30 135,27

146,33 134,19 152,590 137,52 125,11 110,51 131,25 110,59

111,06

122,98 130,1 119,76 125,25

1Tschetwert Weizen ist 153, 89, Roggen 147,42, Hafer 98.28 kg angenommen; 1 Imperial Quarter ist für die Notiz von

engl. Weiß⸗ und Rothweizen 504, für Californier Hob, La Plata 480 Pfund engl. gerechnet; für die Gazette averages, d. h. die aus den Umsätzen an 196 Warktorten des Königreichs er. mittelten Durchschnittspreise für einheimisches Getreide, ist 1 Imperial Quarter Weizen 480. Hafer 312, Gerste 400 Pfund engl. angesetzt. 1 Bushel Weizen 60 Pfund engl.; 1 Pfund engl. 455,6 g; 1 Last Roggen 21909, Weizen 24600 kg.

Bei der Umrechnung der Preise in Reichswährung sind die aus den einzelnen Tages⸗-Notierungen im Deutschen Reichs- und Staats— Anzeiger“ ermittelten wöchentlichen Durchschnitts-Wechselkurse an der Berliner Börse zu Grunde gelegt, und zwar für Wien und Budapest die Kurse auf Wien, für London und Liverpool die Kurse auf London, für Chicago und New Vork, die Kurse auf New York, für St. Peters⸗ burg, Odessa und Riga die Kurse auf St. Petersburg, für Paris, Antwerpen und Amsterdam die Kurse auf diese Plätze.

Deutscher Reichstag.

27. Sitzung vom 16. Januar 1901. 1 Uhr.

Die erste Lesung der von den Abgg. Albrecht und Ge— nossen (Soz.) und von dem Abg. Trimborn (Zentr.) eiz⸗ gebrachten Gesetzentwürfe, betreffend Abänderung des ö = setzes über die Gewerbegerichte, in Verbindung mit dem von den Abgg. Dr. Hitze (Hentr.), Freiherr Heyl zu 6 (nl,) und Genossen eingebrachten Antrag,

etreffend die Herbeiführung von eh n Bestimmungen für

die Pflege des Friedens zwischen Arbeitgebern und Arbeit— nehmern und fuͤr die weitere Ausgestaltung der Gewerbe⸗ gerichte, wird sortgesetzt.

Der letztgenannte Antrag lautet:

„Der Reichstag wolle beschließen, die verbündeten Regierungen zu ersuchen: 1) fuͤr die Pflege des Friedens zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern gesetzliche Bestimmungen über die Formen herbeizuführen, in denen die Arbeiter durch Vertreter, welche ihr Vertrauen besitzen, an der Regelung gemeinsamer Angele enheiten betheiligt und zur Wahrnehmung ihrer Interessen bei , mit den Arbeitgebern und mit den Organen der Regierung befähigt werden; 2) insbesondere in Erwägung darüber einzutreten, in welcher Weise durch eine weitere gesetzliche Ausgestaltung der Ge— werbegerichte unter besonderer Berücksichtigung der 9 (Bildung von Abtheilungen: Fabrik, Handwerk, Hausindustrie), 61 bis 65 (Einigungsamt) und 70 (Gutachten und Anträge) des Gesetzes vom 29. Juli 1890, betreffend die Gewerbegerichte, ein Weg zu dem vorstehend bezeichneten Ziele sich bietet.“

Abg. Dr. Hitze: Unser Antrag ist die Wiedergabe eines im vorigen Jahre zu stande gekommenen Kommissionsbeschlusses, an dem auch die Deutschkonservativen Antheil haben. Der erste Theil des Antrags wurde einstimmig, der zweite mit 15 gegen 5 Stimmen an— genommen. Beide knüpfen an an die Kaiserlichen Februar⸗-Erlasse von 1890, die in diesem Punkte noch immer nicht praktisch zur Aus⸗ führung gekommen sind. Der erste Theil bezeichnet das Ziel, der zweite stellt den verbündeten Regierungen ein Mittel zur Er— reichung dieses Ziels zur Erwägung. Der wichtigste Vorzug des angedeuteten Weges zur Ausführung ist der, daß an eine bestehende Organisation angeknüpft wird, eine neue also nicht ge⸗ schaffen zu werden braucht. Die Gewerbegerichte haben sich im Ganzen bewährt. Die Rechtsprechung ist die beste Schule auch für Ver⸗ waltungsaufgaben, die diesen Gerichten übertragen werden; als Einigungsämter haben sie sehr erfreuliche Erfolge erzielt. Daß dieser Thätigkeitsbereich durch die Ausdehnung ihrer Funktionen, Gutachten abzugeben und Anträge zu stellen, auch direkt an den Reichstag, erweitert werden sollte, hat r Zeit schon der Minister von Miquel befür⸗ wortet. Auch bezüglich der organisatorischen Seite giebt der Antrag unter 2 eine Andeutung. Es wird zu prüfen sein, ob Abtheilungen für die großen Gruppen Fabrik, Handwerk, Hausindustrie zu bilden sind, in denen die Arbeiter durch Männer ihres Vertrauens zur Mit⸗ arbeit an der Regelung gemeinsamer Angelegenheiten berufen werden. Eine grundsätzliche Aenderung der Struktur der Gewerbegerichte ist damit nicht gegeben, es läßt sich dieses Ziel also mit einer Novelle erreichen. Alle großen wirthschaftlichen Interessentengruppen haben ihre geordnete Vertretung, auch die Handwerker haben jetzt in den Handwerker⸗ kammern eine Vertretung, an der die Gesellen betheiligt sind; deshalb muß endlich auch den Arbeitern eine solche Vertretung gewährt werden. Der Arbeiterstand strebt empor; sein Selbstgefühl wächst, er ist mündig eworden. Da ist es Aufgabe einer voraussehenden Politik, diesem Streben Wege zu ebnen und die Organe dafür zu schaffen. Der

jenigen der Arbeiter und der Arbeitgeber stehen sich schroff gegenüber. Da ist es eine Aufgabe des Friedens, einen versöhnenden Mittelpunkt zu schaffen, der die Gegensätze überwindet oder bis zu einem gewissen Grade versöhnt. Andere Staaten, wie Belgien und Holland, * uns auf diesem Wege vorausgegangen. Es wäre ein schöner Beginn der Session, wenn sich alle Parteien auf diesen Antrag vereinigten. Abg. Beck⸗Heidelberg (n.): Unsere Fraktion ist mit den For⸗ derungen der Erweiterung der Zuständigkeit der Gewerbegerichte und mit ihrer Vermehrung einverstanden. Wir dürfen aber nicht ver⸗ fen, daß diese Gerichte Sondergerichte sind und bleiben sollen; wir önnen also nicht für den sozialdemokratischen Antrag Albrecht uns erklären, der diese Gerichte ganz allgemein obligatorisch machen, das Wahlrecht auf die Frauen ausdehnen, das Wahlmündigkeitsalter auf das 21. Jahr herabsetzen und die in t ins Ungemessene ver⸗ mehren will. Dagegen sind wir für den Antrag Trimborn, der die Ausdehnung der Zuständigkeit in einigermaßen verständigen Grenzen hält, das Wahlverfahren durch n e n, einer Wähler⸗ liste verbessern will, ferner aber obligatorische Schiedsgerichte nur in den Städten von 20 000 Einwohnern und darüber verlangt. Des⸗ irn stehen wir dem Antrag Hitze⸗Heyl sympathisch gegenüber. nige Bedenken 4 den Antrag Trimborn bestehen nur insofern, als dieser auch die Streitigkeiten mit dem *. unter die Zustän⸗

digkeit des Gewerbegerichts stellen will. r erwünscht wäre die Einführung des Proportional⸗Wahlsystems für die Wahlen zu diesen

Gegensatz der Interessen führt zu , Organisationen; die⸗

,

FPerichten. Redner, spricht sich nach eingehender Erörterung zahlre Details für Kommifsionsberathung aus. g zahlreich

Abg. Pr. Oertel (d. kons.) erklärt, daß die Mehrheit seine

politischen Freunde mit dem Antrage Trimborn im Großen und Ganzen einverstanden sei. Obwohl es demnach überflüssig erscheine, den Ant noch einmal an eine Kommission zu überweisen, werde er doch der Kommissionsberathung zustimmen, weil in der Kommisston uno einige Verbesserungen vorgenommen werden könnten, namentlich n formeller. Beziehung. Entschieden seien seine Freunde gegen he obligatorischen Schiedsgerichte, wie sie der sozialdemokratische Ant wolle. ui diesen liege ebenso wenig ein Bedürfniß

die Einbeziehung des Gesindes in das Gesetz. seien auch für die Beibehaltung des gegenwärtigen Wahlalters un ; 5 die ulckun der Frauen zum Wahlrecht. Wundern müsse g ich, daß die Sozialdemokraten trotz der außerordentlich trübseliyn Erfahrung, die sie in den letzten Jahren mit der politischen Glih berechtigung der Frauen gemacht hätten, noch für diese eintriz Wollten sie die Rosa Luxemburg auch in den Gewerbegerichten hahn Eine geordnete Vertretung der Arbeiter in den Gewerbegerichten nach der Ansicht der Minderheit seiner politischen Freunde erst möglih wenn der Staat der jetzigen sozialdemokratischen Verhetzung M Arbeiter gesteuert habe.

. 93 von Kardorff (Rp.); Der Antrag Trimborn ist ja hÿ im Hause auf vielseitige Sympathie gestoßen. Es ist aber doch R Frage, ob die obligatorische Einrichtung solcher Gerichte in Stãdten we vielleicht kein absolutes Bedürfniß dafür besteht, für die richte. liche Autorität der Mitglieder von Nutzen sein wird. Einwohner werden doch dahin zu verstehen sein, daß nur die Zibil bevölkerung rechnet; denn 6

großen Garnison ein Gewerbegericht errichten müssen, obwohl gar kein Be dürfniß dort vorhanden ist. Baß die Gewerbegerichte als Einigungsämn

auch von Amtswegen auf. Berufung nur eines Theils sollen in Fun.

tion treten können, ist kein idealer Zustand. In dem Betriebe meins Freundes, des Freiherrn von Stumm, ist noch nie ein Strike gewesen ja, man hat beim vorjährigen Berliner Bauhandwerkerstrike den geradezu auf Herrn von Stumm hingewiesen, der solchen Bewegunga stets durch rechtzeitige Erhöhung der Löhne zuvorkomme. Freilich hört dazu auch eine Persönlichkeit wie Herr von Stumn der täglich zwei Stunden für seine Arbeiter zu sprechen Man spricht hier von der Pflege des Friedens. Dan werden nur die sozialdemokratischen Utopien begünstigt, inda man bei den Massen den Gedanken hätschelt, daß eigentk das Proletariat berufen ist, die Welt zu regieren. Ich hoffe versichtlich, daß sich die verbündeten Regierungen auf diese Resoluti niemals einlassen werden. Die rasende Fahrt, in welcher die Sozöl politik vorgeht, muß das Reich ins Verderben stürzen, und da ist ein wahres Glück, daß die Regierungen der Einzelstaaten wenigsten⸗ etwas die Bremse angezogen haben. Mit der Kommissionsberathum bin ich einverstanden; ich wünsche nur, daß ein praktisches Resulta aus den ganzen Anträgen nicht herauskommt.

Abg. Zubeil (Soz,) führt aus, seit zehn Jahren habe man R Gewerbegerichte, und die steigende Inanspruchnahme derselben au durch die Arbeitgeber zeige, wie sehr sie einem Bedürfniß entsproch hätten. Aber bis heute sei noch lange nicht der ganze Nutzen ir Arbeiter und Arbeitgeber aus dieser Institution gezogen worden, ral sie nicht obligatorisch sei. In zahlreichen Fällen seien die Anträge n Errichtung von Gewerbeschiedsgerichten abgewiesen worden, so in Guben und Köpenick, wo Tausende von Arbeitern und Arbeiterinnen beschäftig seien. Nach dem Antrage Trimborn würden nur 49 Orte oder, wenn man nach den Ergebnissen der letzten Volkszählung gehe, einige mehr des Segen dieser Einrichtung theilhaftig werden; aber das genüge nicht. Die Sozialdemokraten verlangten die Ausdehnung der Kom petenz auf land⸗ und forstwirthschaftliche Arbeiter, auf die Fischerei und auf das dienende Personal. Unter die Kom— peten; des Gewerbegerichts müßten auch alle Bestimmungen des Arbeitsvertrages fallen, welche sich als Verstoß gegen die guten Sitten charakterisierten, wie z. B. das Kontrolbuch, welches di Arbeitgeber in der Berliner Holzindustrie jetzt ihren Arbeitern gegen deren Willen fussheinggg wollten, indem sie es bei Strafe der Entlassunß unterzeichnen sollen. Der Widerspruch der Redner der Rechten gegen die Herabsetzung des Wahlalters sei ihm unverständlich. Man wende in Deutschland doch mit 21 Jahren mündig. Da der Arbeiter schen mit 14 Jahren ju die Fabrik komme, werde er mit 21 Jahren well so viele Gia hln nen gesammelt haben, um zum Gewemhe gerichtswähler zu taugen. Aus dieser Frühreife in Berufs sacher empfehle sich auch, die Wählbarkeit zum Gewerbegerichts⸗Beisttet schon mit dem 25. Lebensjahre, nicht erst mit 30 Jahren eintreten R lassen. Es entspreche außerdem nur der Gerechtigkeit, wenn auch de Arbeiterinnen das Wahlrecht ertheilt werde. Dieses Wahlrecht R durch die Petitionen von Arbeiterinnen⸗ und Frauenvereinen auch sen Jahren verlangt worden.

2 Münch⸗Ferber (nl.) spricht sich als Mitantragsteller de vom Abg. Dr. Hitze begründeten Antrags des Jentrums, der Cen, servativen und der Nattonalliberalen über die Pflege des sozials Friedens ebenfalls für diesen Antrag aus. Spöttereien und Hetze len! der Sozialdemokraten könnten ihn nicht veranlassen, an dieser Pfli des sozialen Friedens zu zweifeln, wobei er aber uicht 343 woll daß der Standpunkt des Abg. Freiherrn von Stumm, den heute wieke der Abg. von Kardorff vertreten habe, der friedlichen Sozialreform im schade. Redner weist darauf hin, daß auf dem Gebiet der Arbeite verficherung Deutschland von leinem anderen Staat der Welt ite en, werde, und daß die , , die größte * merksamkeit verdiene. Gerade in dieser V, ge. seien in der letzt. 8 vielfach Anzeichen einer friedlichen Entwickelung zu Tage getrele, eine Parteifreunde ständen im übrigen dem Antrag Trimborn pathisch gegenüber, legten aber auf die Pflege des sozialen Fried

den Hauptwerth. 94 26 Abg. Roesicke⸗Dessau (b. k. F.): Ein dringendes Erfordem ist vor allem die Schaffung von Gewerbegerichten für Handel 1 Industrie, nicht für Gesinde und andere Kategorien, deren Untes stellung unter die Gewerbegerichte von anderer Seite 8 wänscht wird. Im übrigen bieten die Anträge Trimbern = itze⸗Heyl sowie auch der sozialdemokratische Antrag eine pille, ndhabe, die Sozialreform auf diesem Gebiet trotz allen 3 trebens der Herren von Stumm und von Kardorff zu ae. 83 lange diese Herren mit ihrem Veto die Richtung der ozia

. wurden

. Hö- ach lãnside.

entner

vor, wie Seine Freunde

Die 2009

t würde z. B. Allenstein mit seine

hestunmen, wird es ung nicht gelingen, die Sozialdemokratie zu

vermindern. .

Damit schließt die Diskussion. Für den sozialdemo⸗ kratischen Antrag erhält das Schlußwort als Mitantragsteller der

Abg. Rosenow (Soz), welcher sich in der Hauptsache darauf be⸗ schränkt, die im Laufe der Debatte gegen den Antrag , gemachten Be⸗ denken zu k wobei er betont, daß der Antrag die Willens⸗ meinungen fast der gesammten, mindestens der fortgeschrittenen Ar⸗ beiter enthalte. ö

Die anderen Antragsteller verzichten auf das Schlußwort.

Die beiden Anträge, betreffend Ausgestaltung der Gewerbe⸗ gerichte, werden einer Kommission von 14 Mitgliedern über⸗ wiesen; der Antrag Hitze⸗Heyl wird gegen die Stimmen der Reichspartei und einer Minderheit der Deutschkonservativen angenommen.

Schluß 41½ Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 2Uhr. (Etat des Reichsamts des Innern.)

Preuszischer Landtag.

Haus der Abgeordneten. 5. Sitzung vom 16. Januar 1901, 11 Uhr.

Das Haus setzt die erste Berathung des Staats— haushalts-Etats für das Etatsjahr 1901 fort.

Abg. Schmieding (nl): Ich hin genöthigt, auf die von dem Abg. von Jazdzewski e n He be, einzugehen. Herr von Jazdzewski hat gestern keinen besonders glücklichen Ta n, Sein Hauptfehler be⸗ ruhte darin, daß er die Sache. so . lte, als ob die Polen in der Defensive wären; thatsächlich ist z. 3. das Deutschthum in die Ver⸗ theidigungsstellung gedrängt, und die Vorwärtsbewegung des Polen— thums macht sich geltend bis weit in das Herz Deutschlands hinein wir in meiner Heimath Westfalen ihn davon ein Lied zu singen. Während der xrheinisch-westfälische Industriebezirk bis in die 60er Jahre fast gänzlich polenfrei war, wohnen dort jetzt fast 200 900 Polen. In einzelnen Zechen steigt die polnische Belegschaft bis, auf 70 Co. Nun sagen die, Polen, es sei ihr gutes Recht; im preußischen Staate dorthin zu ziehen, wo die beste Arbeit sei. Der Abg. 3. hat es für richtig be⸗ funden, der rheinisch⸗westfälische Industrie den Vorwurf zu machen, daß diese überhaupt polnische Arbeiter beschäftigt. Warum mißt er hier mit zweierlei Maß? Warum stellt er nicht dasselbe Verlangen an die Herren von, der Landwirthschaft, deren Interessen er in sehr eigenthümlicher Weise vertritt? Ich habe schon im vorigen Jahre ausgesprochen, daß die Kohlennoth nichts Anderes als eine Leukenotch war. Wenn man die Förderung um 100 ein⸗ geschränkt hat, so geschah das nicht, um höhere Preise aufrecht zu erhalten, sondern es war nichts Anderes als die Anpassung an die ganz veränderte Marktlage. Eine Kohlennoth bestand zu der Zeit, als im Reichstag die großen, schönen Reden gehalten wurden, uͤber— haupt nicht mehr. Allerdings haben die Polen das Recht, auf Grund der bestehenden Freizügigkeit dahin auszuwandern, wo die beste Arbeits⸗ gelegenheit ist. Aber wir können von ihnen verlangen, daß sie in den urdeutschen Bezirken den Gesetzen gegenüber keine Aus— nahmestellung beanspruchen. Sie können nicht verlangen, daß der Staat auf sein Aufsichtsrecht über Vereine und Versammlungen verzichtet, daß so viel polnische Beamten aus dem Osten herüber⸗

eholt werden, als nöthig wären, um alle diese Versammlungen zu überwachen; der Staat ist den Polen darin mehr als billig entgegen⸗ ekommen. Es ist vorgekommen, daß die Beamten polnische an sogar begünstigten. Die Polen mögen sich ihrer Muttersprache bedienen, so viel sie wollen, aber sie müssen von der Landessprache wenigstens soviel verstehen, daß dadurch die Betriebssicherheit in den Werken nicht erschwert wird. Zum Etat übergehend, verbreitet sich der Redner über die Finanzverhält⸗ nisse des Staates, der Provinzen und der Gemeinden, ist aber in seinen einzelnen Ausführungen bei der herrschenden Unruhe des auses sehr schwer zu verstehen. Er verlangt namentlich eine . Zusammenfassung kleiner, leistungsunfähiger Gemeinden zu größeren Steuerverbänden. Viele Gemeinden seien viel zu klein, um den großen Aufgaben der Zeit gewachsen zu sein. Die jetzige Finanzlage sei so vorzüglich, daß man unbedenklich an das roße Kanalwerk gehen könne. Auch seine Freunde meinten, daß der Minister⸗Präsident die Kanalvorlage in versoͤhnlichem Sinne besprochen habe, vermöchten aber die Hoffnung der Herren von der Rechten, daß nach einer etwaigen Ablehnung der Kanalvorlage eine Verstimmung zwischen den aufeinander angewiesenen Parteien nicht eintreten werde, nicht zu theilen. Dem neuen Minister-Präsidenten bringe er großes Vertrauen entgegen, Schon vor vier Wochen habe er infolge des Auftretens des Reichskanzlers im Reichstage vor seinen Wählern in Dortmund erklärt, daß man hoffen dürfe, endlich einmal den richtigen Mann an der richtigen Stelle zu haben. Der Redner be— mängelt des weiteren den noch immer vorhandenen Wagenmangel bei den Eisenbahnen im Ruhrkohlenrevier, betont, daß die dortigen Eisen—⸗ bahnen an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angekommen seien, und hofft daher auf das Zustandekommen des Kanals, der ja die Eisen— ahnen entlasten solle. . ; ; .

Abg. von Arnim (kons.) weist darauf hin, daß der Reichskanzler selbst erklärt habe, daß es bei der Kanalvorlage sich lediglich um eine wirthschaftliche Frage handle; seine Partei werde ebenso wie vor zwei Jahren die Frage ruhig, sachlich und objektiv prüfen, umsomehr, als es sich um eine andere Vorlage handle als vor zwei Jahren. Zweifellos müsse man mit einer absteigenden wirthschaftlichen Konjunktur rechnen, die 1 auch im Etat bemerkbar machen werde. Es sei aller⸗— ot Vorsicht bei der Festsetzung neuer Ausgaben geboten.

er Domänen-Etat sei zu Arakteristisch für die Lage unserer Land⸗ wirthschaft. Im vorigen Jahre habe der Etat der Domänen⸗ verwaltung 150 909 . Minderertrag ergeben, in diesem Jahre 200 009 6. Auch im nächsten Jahre werde man bei der Domänen verwaltung noch mit beträchtlichen Einnahmeausfällen zu rechnen haben. Bie Grundverschuldung habe in den letzten Jahren in den Provinzen, Kreisen und Gemeinden stark zugenommen, wie der Abg. von der Goltz im vorigen Jahre nachgewiesen habe, Gegen diese traurigen Verhältnisse müsse etwas geschehen. Es sei jwar dankbar anzuerkennen, daß im Osten schon manches für das ler dm , f, re ggf ef, geschehen sei; es fehle im Osten aber noch an einer landwirthschaftlichen Hochschule. (Da der Redner nach rechts gewendet spricht, ist er auf der Tribüne nur schwer ver— ständlich Was die Hypothekenbanken und das Verhältniß der Treuhänder zu ihnen anbetreffe, so müsse auf eine bessere Staats⸗ aufsicht, womöglich auf Grund einer veränderten Organisation der Verwaltung, hingewirkt werden. Dringend nothwendig sei ein Schuldotationsgesetz. Seine politischen Freunde hätten einen darauf abzielenden Antrag gestellt, und sie hofften, daß die Staats⸗ regierung eine solche Vorlage möglichst bald an den Landtag bringen werde. Bei der Erledigung dieser Sache müßten aber diejenigen Grundsãtze, welche die Konservativen immer verfochten hätten, daß die Schule auf, konfesstoneller Grundlage erhalten werde, nicht verletzt werden. Dieses Gebiet sei eins der wichtigsten für die dLandwirthschaft, und seine Freunde bäten die Staatsreglerung, sie bei diesen Be— trebungen für das Wohl, des Landes na ö zu unterstüßen. Dr. Mizerski 6*fl) erwidert dem Abg. Schmieding, daß die Polen nicht daran schuld feen, wenn die Grubenbesitzer in West⸗ e polnische Arbeiter 8 Wenn man so viel polnis xbeiter solle man auch polnische Beamten anstellen. Die Polen wünschten seibst die Erlernung der deutschen Sprache, müßten dazu eine richtige ÜUnterrichtsmethode verlangen. Der Minister en Miquel ee darauf hingewiesen, was der preußische Staat für & Polen gethan habe, wie der polnische Mittelstand durch ihn ge— en sei 2E, aber die für die polnischen Landestheile angewendeblen

Mittel stammten doch 6 theil aus den Taschen der Polen selbst. Ein Erfolg im eligionsunterricht sei undenkbar, wenn dieser nicht in der Muttersprache ertheilt werde. Der neue Erlaß des Ministers darüber stehe mit der Verfassung im ,. Der Redner verbreitet sich noch des längeren über dieses Thema, bleibt aber auf der Tribüne unverständlich, da er fortgesetzt nach rechts ge⸗ wendet ö Nur ein Unterricht in der Muttersprache könne das Gemüth des Kindes ergreifen. Es gebe eine höhere Gerechtigkeit, und ewige Gesetze ließen sich nicht ungestraft übertreten.

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Studt:

Meine Herren! der Herr Abg. Mizerski hat seine Rede mit Aus⸗ führungen begonnen, die sich gegen den Vorredner, den Herrn Abg. Schmieding gerichtet haben, und hat dabei unter anderem erwähnt: wir sind ja dafür, daß die polnischen Kinder Deutsch lernen. Dann hat der Herr Abgeordnete in seinen weiteren Ausführungen sich auf den Verlauf einer polnischen Volksbersammlung vom 9. September v. J. berufen, und es mir noch besonders ans Herz gelegt, ich möchte mir über deren Verlauf durch die Polizeibehörde Bericht erstatten lassen. Meine Herren, diese Aufforderung war überflüssig; ich habe mich natürlich über den Hergang in dieser Volksversammlung auf das eingehendste unterrichtet und dabei eine Aeußerung von dem Herrn Abg. Mizerski gefunden, die zu seiner den Ausführungen des Herrn Abg. Schmieding gegenüber abgegebenen Versicherung in direktem Widerspruch steht. Der Herr Abg. Mizerski hat als Vor—⸗ sitzender dieser Volksversammlung selbst das Wort ergriffen und bei dieser Gelegenheit unter anderem natürlich unter heftiger Bekämpfung der Maßregeln der Unterrichtsverwaltung und der preußi— schen Staatsregierung üherhaupt Folgendes gesagt: „Die Deutschen drängen den Polen ihre hohe deutsche Kultur auf, die Polen haben aber kein Verlangen nach ihr; denn ihre polnische Kultur ist viel älter und höher.“ Meine Herren, in diesem Sinne sind gewöhnlich die Ausführungen gehalten, die dazu beitragen sollen, den Widerstand der polnischen Bevölkerung gegen die ihr oktroyierte Wohlthat des deutschen Sprachunterrichts zu stärken. (Sehr richtig! rechts) Die Ausführungen des Herrn Abg. Mizirski haben sich auch damals genau in derselben Bahn bewegt, und ich glaube nicht, daß seine Bezugnahme auf die Volksversammlung vom 9. September v. J. eine besonders glückliche war.

Nun hat der Herr Abgeordnete sich gegen den Herrn Vize— Präsidenten des Staats⸗Ministeriums gewendet und unter anderem die Worte gebraucht: kein vernünftiger Mensch denke in Posen an eine Re⸗ volution. Ja, meine Herren, dann gehören die Redakteure der sämmtlichen nationalpolnischen Hetzblätter, die täglich das Thema der nothwendigen Wiederaufrichtung eines Polenreichs mit zunehmender Schärfe erörtern, nicht mehr zu der Kategorie der vernünftigen Menschen. (Sehr richtig! rechts.)

Meine Herren, über die Grundsätze der Ertheilung des Religions—⸗ unterrichts in der Muttersprache werden wir uns mit den Herren Ab⸗ geordneten der polnischen Fraktion niemals verständigen. (Abg. Dr. von Jazdzewski: Leider Darauf verzichten wir gänzlich. Die Ziele, die die Herren polnischen Abgeordneten in dieser Beziehung verfolgen, sind von den unsrigen so verschieden, daß eine Verständigung, wie ich das gestern schon betont habe, ausgeschlossen ist. Wenn heute wiederum die Rechtmäßigkeit und Verfassungsmäßigkeit der diesseitigen Maß— nahmen in Frage gestellt worden ist, so kann ich nur darauf verweisen, daß die Erörterungen darüber sehr alt sind, und daß von meinem Herrn Amtsvorgänger diese Auf⸗ fassung wiederholt widerlegt worden ist. Gestern noch habe ich betont, daß die Maßregeln, die der Abg. Mizerski jetzt so heftig an⸗ gefochten hat, sich auf Vorschriften gründen, die seit mehr als einem Menschenalter in den gemischt⸗sprachlichen Landestheilen in voller Geltung sind.

Weiter ist von dem Herrn Abgeordneten die angeblich unterlassene Anhörung des Herrn Erzbischofs bei der in Aussicht genommenen Maßnahme der Bezirks⸗Regierung mit dem Bemerken getadelt worden, daß es sich hierbei um eine eingreifende Reform des Religionsunter— richts gehandelt habe. Ich habe gestern den Nachweis geführt, daß es sich um weiter nichts gehandelt hat als um Befugnisse der Bezirks⸗ regierung, die ihr zweifellos zustehen und von denen sie fortgesetzt Gebrauch macht.

Der eigentliche Kern der Anfeindung der Unterrichtsverwaltung liegt auf einem ganz anderen Gebiete, und zwar auf dem national⸗ polnischen. In den polnischen Zeitungen ist mit aller Offenheit be⸗ tont worden, daß die Maßregel um deswillen das polnische Volk ver⸗ letze, weil sie getroffen sei in der Hochburg, der Wiege des Polen⸗ thums. Glauben Sie wirklich, daß für die Staatsregierung die Rück— sichtnahme auf die Hochburg und Wiege des Polenthums derart maß⸗ gebend sein kann, daß wir davor ängstlich Halt machen? Das werden Sie uns nicht zutrauen. Den Muth besitzen wir, auch da einzugreifen, wo wir die thatsächlichen Voraussetzungen für gegeben erachten. (Bravo! rechts.)

Nun hat der Herr Abgeordnete zum Schluß noch die oberschlesi⸗ schen Verhältnisse berührt. Meine Herren, die oberschlesischen Ver⸗ hältnisse waren früher viel friedlicher; sie sind gestört worden durch das Eingreifen der national-polnischen Agitation. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen, Widerspruch bei den Polen.) Uns wird die Schuld daran zugemessen. Die Schuld liegt aber auch in Oberschlesien gerade in dieser Agitation. Ich bin selbst längere Zeit in Oberschlesien gewesen, und es ist mir damals ein später von der Polizeibehörde konfisziertes und auch nachher gerichtlich ver⸗ urtheiltes Buch in die Hände gekommen, welches die national⸗-polnische Agitation unter der Bauernbevölkerung von Oberschlesien verbreitet hatte. Dieses Buch beginnt mit einem Appell an die angebliche Nationalheilige von Oberschlesien, die heilige Hedwig, Swieta Jadwiga. Als deren Hauptverdienst ist in dem Gedicht, in dem diese National⸗ heilige gefeiert wird, die Verachtung des Deutschthums hingestellt. In dieser Weise hat sich die national-polnische Agitation in Oberschlesien eingeführt. Sie setzt genau in derselben Art heute noch ihre Ein—⸗ wirkung fort. Ich beschränke mich für jetzt auf diese Bemerkungen.

Minister des Innern Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! Der Herr Vize⸗Präsident des Staats. Ministeriums hat gestern im allgemeinen das Bild des Verhaltens der Polen zur preußischen Staatregierung und der seitens der preußischen Staats- regierung dagegen zu ergreifenden Maßregeln gezeichnet und es den Herrn Ressort⸗Ministern überlassen, die Einzelzüge aus ihrem Ressort hinzuzufügen. Nachdem das der Herr Kultus⸗Minister für sein Gebiet gethan hat und namentlich die Vorwürfe, die auf dem Gebiete der Schulverwaltung gegen die Königliche Staatsregierung erhoben worden

sind, widerlegt hat, ist es meine Pflicht, vom politischen Standpunkt noch einzelne Züge nachzutragen. Ich wende mich zunächst zu den Ausführungen, die soeben der Herr Abg. Mizerski gemacht hat. Er hat den Herrn Vize⸗ Präsidenten des Staats⸗Ministeriums darauf hinweisen zu können geglaubt, daß er sich zu Unrecht auf das Buch von Koimian be⸗ rufen habe; er hat seinerseits Kosmian für sich in Anspruch ge⸗ nommen. Ich werde mir erlauben, Ihnen einen Passus aus dem Buche vorzulesen, aus dem hervorgeht, daß der Herr Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums sich mit vollem Recht auf Kosmian berufen hat. Auch Kotmian hält den Gedanken der nationalen Unabhängigkeit, der Wiedervereinigung der einzelnen Theile aufrecht. Kosmian sagt in dieser Beziehung: „Ein großer und erhabener Gedanke, ein schönes und hehres Ziel besitzen an sich eine außerordentliche Gewalt. Sie geben die Kraft zu großen Bestrebungen und werden zur Springfeder übermenschlicher Aufopferung. Das höchste Ziel einer Nation, die Unabhängigkeit, die sie verloren hat, wiederzuerlangen, hat in sich diese Kraft. Sie der Nation wegnehmen, hieße sie schwächen und schädigen.“

Kotmian weicht von den Heißspornen, die zum theil in der Presse thätig sind, nur hinsichtlich des Verfahrens ab. Er verwirft mit scharfen Worten das Vorgehen der Polen bei den Aufständen von 1830 und 1863. Er verwirft, daß man das letzte Ziel auf einmal erreichen will, und sagt: langsam vorgehen und auf die! geeignete Weise. Er wendet sich gegen den schädlichen Patriotismus und empfiehlt politischen Patriotismus. Er empfiehlt, erst die nationale Existenz zu schaffen, die staatliche Existenz werde sich von selber finden. Ueberhaupt ist aus diesem interessanten Buch noch ein Wort charakteristisch, ein Wort des Markgrafen Wielopolski, des Führers des Aufftandes von 1863. Derselbe sagt:

Für die Polen kann man manchmal etwas ihnen nie! Die preußische Staatsregierung hat in der That viel Gutes für die Polen gethan und wird sich trotz des Verhaltens der Polen von ihrem Wege nicht abbringen lassen. (Hört! hört! rechts.)

Meine Herren, dann hat der Herr Abg. Mizerski Maßregeln der Ober⸗Postdirektion in Posen angegriffen. Es kann nicht meine Auf⸗ gabe sein, hier diese Maßregeln im einzelnen zu rechtfertigen. Aber ich halte mich doch für verpflichtet, darauf hinzuweisen, wie gewiss polnische Kreise ganz systematisch zweifellos deutsche Städte⸗ und Orts⸗ namen mit polnischen Schriftzeichen versehen und so die staatlichen und Reichsbehörden zwingen wollen, polnische Adressen von rein deutschen Städte⸗ und Ortsnamen ihrerseits zu acceptieren. Ein polnisches Blatt hat ein vollständiges Verzeichniß det polnischen Namen von deutschen Städten gebracht; unter anderem wurden Städte wie Breslau als polnische Städte reklamiert. Ich habe meinerseits Veranlassung gehabt, mich an den Herrn Staatssekretär des Reichs⸗Postamts zu wenden mit der Bitte, offene Postkarten mit bunten, geradezu aufrührerischen Erinnerungen aus der polnischen Geschichte von der Beförderung auszuschließen. Zu weitgehenden agitatorischen Bestrebungen sucht man, von polnischer Seite, den Schutz der preußischen Staatsregierung in Anspruch zu nehmen. .

Nun, meine Herren, komme ich zu meinem verehrten Nachbar, dem Herrn Abg. Dr. von Jazdzewski. Er hat eine gewisse Aehnlichkeit mit der Nachtigall (große Heiterkeit)R, von der es in dem bekannten?“ Liede heißt:

Gutes thun, mit

Die Nachtigall, sie kehret wieder;

Was Neues hat sie nicht gelernt,

Singt alte, liebe Lieder.

Die Lieder sind nicht neu, die der verehrte Herr Abg. von Jazdzewski singt, aber richtig sind sie auch nicht. Herr Abg. von Jazdzewski hat zunächst seinerseits auf Artikel der „Berliner Korrespondenz“ hingewiesen. Meine Herren, die Verantwortung für diese Artikel trage ich, und ich habe die Artikel auch angeordnet. Ich will sofort sagen, zu welchem Zweck. Es gab in unserem Vaterlande noch weite Kreise, die die Verhältnisse in Posen oder Westpreußen als so eine Art von Lokal⸗ oder Provinzialschmerzen betrachteten, und diese Artikel sollten darthun, in welchem Maße die Zustände in Westpreußen und Posen über die provinzielle Bedeutung hinausgehen, in welchem Maße sie ein allgemein preußisches, ja sogar ein allgemein deutsches Interesse darstellen. Und dann hatten diese Artikel noch einen zweiten Zweck: sie sollten der Bevölkerung gegen über festlegen, daß die Staatsregierung die Bedeutung dieser Frage in vollem Umfang ermessen habe, daß sie nicht wieder schwankend werden würde, wie es früher der Fall war (Zuruf rechts: Leider), sondern alles daransetzen würde, dieser Gefahr die Stirn zu bieten. (Bravo! rechts.)

Nun fragt der Herr Abg. von Jazdzewski: worin besteht die polnische Gefahr, die in diesen Artikeln der „Berliner Korrespondenz“ behandelt worden ist? Er hat nach meinen Notizen und das Stenogramm, das ich vorher kurz durchzusehen Gelegenheit hatte, bestätigt diese Notizen gesagt:

Die polnische Gefahr besteht nur so weit, als sie von den Deutschen an die Wand gemalt und durch die Regierungsmaßregeln selbst hervorgerufen wird. Wenn nicht schlimmere Folgen aus den Maßnahmen der Regierung erwachsen, so ist das allein das Ver dienst der polnischen Bevölkerung.

Er hat sich sogar des Ausdrucks bedient:

... so ist das auf die bewundernswerthe Haltung der vol nischen Bevölkerung zurückzuführen.

Er hat dann die Gründe für das Verhalten der Staatsregierung untersucht und hat die Zentral⸗Instanz selber gewissermaßen nicht dafür verantwortlich gemacht, sondern andere Momente, er hat auf die deutsche Presse, den O. K. T.⸗Verein und dann auf die Berichte, die die Provinzialbehörden an die Zentral-⸗Instanz erstatten, hin gewiesen und hat gesagt, in erster Linie seien die Beamten seiner Heimathsprovinz für die Regierungsmaßregeln verantwortlich. Er hat dann darauf hingewiesen, daß diese Beamten zum tbeil für ihre Kinder aus dem 600 000 (Fonds Stipendien erhalten, und daraus den Schluß gezogen: wenn sie solche Stipendien erhalten, so ist es sehr natürlich, daß sie die Polengefahr ausmalen; denn dann bleiben die Fonds erhalten.

Meine Herren, gegen diese Ausführungen muß ich mich mit der größten Schärfe wenden. Eine solche Insinuation, als ob preußische Beamte sich durch die Rücksicht auf ein derartiges Stipendium be— wegen lassen würden, die Situation falsch darzustellen, kann ich nicht

Heiterkeit.)

nachdrücklich genug zurückweisen. (Sehr richtig h