1901 / 14 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 17 Jan 1901 18:00:01 GMT) scan diff

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Der Artikel fügt dann weiter hinzu:

Blatt aus, das ebenfalls in Posen erscheint, der ‚Goniec“; er äußert sich ganz in demselben Sinne wie die von dem Herrn Kultus⸗Minister beziehentlich eben von mir angezogenen Artikel. Er sagt in der Nummer vom 13. September:

Worte aus einem Blatte, das in Oberschlesien erscheint, aus dem Katolik e, das ausdrücklich sagt:

Ich weiß nicht, woher der Herr Abg. von Jazdzewski seine Auf⸗ fassung von Beamten hat; aus der preußischen Geschichte läßt sie sich jedenfalls nicht begründen. (Sehr richtigh

Nun sagt der Herr Abg. von Jazdzewski, lediglich die Maß⸗ nahmen der preußischen Regierung seien daran schuld, daß die Polen noch nicht zur Ruhe kommen könnten, was ihres Herzens einziger Wunsch sei. Meine Herren, wir hätten durchaus den Wunsch, zur Ruhe zu kommen; denn ich weiß nicht, welches Interesse wir haben sollten, immer im Kampfe mit den Polen zu liegen. (Sehr richtigh Wenn wir aber zu diesem Zustande noch nicht gekommen sind, so kommt es daher, daß uns die Polen in einen Zustand gezwungener Vertheidigung setzen. Man hat die Artikel in der „Berliner Kor⸗ respondenz“ eine Fanfare genannt, und eine private Auslassung in einem anderen Blatt eine Chamade. Weder das eine, noch das andere ist der Fall. Wir wollen keine Fanfare ertönen lassen, denn wir gehen nicht zum Angriff gegen Staatsbürger über, wir wollen aber auch keineswegs Chamade schlagen und zum Rückzug blasen. Wir wollen die Position des Deutschthums halten gegen ungerechtfertigte Angriffe. (Bravo!)

Der Herr Abg. von Jazdzewski sagt, die Polen seien diejenigen, die ganz zu Unrecht von der preußischen Staatsregierung und von den

deutschen Elementen in der Provinz Posen angegriffen und um ihre Ruhe gebracht würden. Der Herr Kultus⸗Minister hat bereits die Güte gehabt, einige urkundliche Beläge dafür beizubringen, in wie weit diese Behauptung richtig ist, und ich halte es meinerseits für meine Pflicht, so unangenehm das den Polen nach den früheren Er⸗ fahrungen ist, dieses Sündenregister, wenn ich mich so ausdrücken darf, noch etwas zu vervollständigen. Es ist in der That unglaublich, was man auf dem Boden der preußischen Verfassung, geschützt durch diese Verfassung, heute dem Deutschthum und der deutschen Regierung zu bieten wagt.

Der Herr Kultus⸗Minister hat bereits auf einen Artikel des in Posen erscheinenden Blattes die „Praca“ hingewiesen, in dem aus⸗ drücklich gesagt wird, man möge doch einen Polen zeigen, der mit der Hand auf dem Herzen sagen könne, daß man der preußischen Regie⸗ rung loyal und treu sein könne, und welcher damit schließt: „Wir sind weder treu noch loyal“. Es ist sehr interessant, meine Herren, die Harmonie schöner Seelen in den verschiedenen Theilen des einstigen Königreichs Polen festzustellen. Dieser Artikel der „Praca“ ist auch in einem Krakauer Blatt, dem „Polak“ besprochen worden. Der betreffende Artikel erwähnt, daß wegen jenes Artikels der Praca“ Haussuchungen in Posen gehalten worden seien, und zwar ohne Erfolg, und fügt weiter hinzu:

„Alle wissen jedoch, daß ein ernster und hochverdienter Mann diesen Artikel geschrieben hat. Er tadelt diejenigen Polen, z. B. viele Abgeordnete, welche bei jeder Gelegenheit sich dafür verbürgen, daß die Polen, wenn ihnen die Regierung auch Unrecht thut, deren treue Unterthanen sind.

Das ist eine Lüge, deren ein anständiger Mensch sich schämen muß. Kein rechter Pole wird mit der Hand auf dem Herzen sagen, daß wir der preußischen Regierung t reu sein müssen.“

Es giebt zwei Möglichkeiten des Verhältnisses der Unterthanen zur Regierung. Dieses Verhältniß beruht auf Vertrauen oder auf der Kraft der Bajonette. Beruht es auf der Kraft, dann sind die Unterthanen Untergebene, denn sie wissen, die Regierung verfährt mit ihnen, wie sie will, und von Treue und Loyalität ist keine Rede.

Dies ist unser Verhältniß zur preußischen Regierung. Unsere Treue hat für sie auch nicht den Werth von Kommis⸗ stiefelschmiere. Wir sind weder treu noch loyal. Wir haben daher für die Regierung auch nicht einen guten Wunsch im Herjen, und mag sie sich selbst die Schuld zuschreiben.

Meine Herren, durch besondere Schärfe zeichnet sich ein anderes

Es steht fest, daß bisher kein polnisches Herz und gerade weil es volnisch ist das uns vor hundert Jahren zugefügte Unrecht für Recht erkannt hat; wenn aber der Mund zuweilen anders gesprochen, so hat er eben gelogen.

Ich will diese Blüthenlese nur noch vervollständigen durch einige

Jeder polnisch redende Oberschlesier ist seiner Nationalität nach ein Pole und nur vorübergehend ein Bürger des preußi⸗ schen Staates. Wer behamntet, daß der Oberschlesier ein Preuße sei, der irrt sich sehr.

Nun, meine Herren, muß ich noch auf zwei Nummern eines

Hasse erfüllt.

Versammlung sehr interessant, die in Berlin unter dem Vorsitze des Herrn Abg. von Gkebocki stattgefunden hat.

*

*

Meine Herren, die Sache ist zu ernst, als daß ich nicht noch auf einige Details eingehen müßte. .

Es ist in den vorjährigen Verhandlungen von verschiedenen Seiten den Herren Polen gerade der Vorwurf gemacht worden, daß sie die Absonderung von den Deutschen, die Absonderung von den Elementen, mit denen sie zusammen nach Gottes Willen zu wirken berufen sind, durch alle Stadien ihres Lebens, von der Kindheit an bis ins Greisenalter, durch alle wirthschaftlichen, politischen und kirchlichen Beziehungen hindurch pflegen; statt daß die Gegensätze ge⸗ mildert werden, findet eine immer schärfere Abschließung der Polen von den Deutschen statt. Auch in dieser Beziehung werde ich mir er⸗ lauben, Ihnen einige charakteristische Notizen mitzutheilen.

Ein in Thorn erscheinendes Blatt, die „Gazeta Torunska“ vom 11. September 1900, berichtet über die angebliche Germanisierung polnischer Kinder in der Kirche und sagt:

Nach dem Tode solcher Verbrecher werde ihnen, sofern sie sich nicht bessern und den Rückzug nicht antreten, die Hölle nicht er⸗ spart bleiben; bei Lebzeiten würden sie mit Verachtung des Volkes sowie aller ehrlich denkenden Menschen bestraft werden.

Ein Blatt, das neuerdings in Posen erscheint, die „Szkoölka Domowa“, ungefähr zu deutsch „Hausschule“, Wochenschrift für die Jugend in Posen, hat sich diese Verhetzung schon der kindlichen Ge⸗ müther zur besonderen Aufgabe gestellt. Rechts und links von der Titelvignette der Nummer 1 vom 1. Januar 1900 befinden sich folgende Sentenzen:

„Sich schlagen, nochmals schlagen und niederschlagen“ ...

Kosciusko.)

„Vertheidige die Hinterlassenschaft Deiner Väter.“

„Gott erlöse Polen!“

s ist in dieser Nummer eine sehr nette Neujahrsbetrachtung eines polnischen Kindes angestellt. In dieser Neujahrsbetrachtung sagt das polnische Kind:

Ihr fragt mich, liebe Mutter und lieber Vater, was ich am Neujahrstage mir wünsche? Ob eine Puppe, schön geputzt in seidenen Kleidern, die in ihrer Haltung und ihrer Bewegung wie lebend erscheint? Ob künstliche Spiele, die die Gedanken zerstreuen, oder Märchengeschichten aus „Tausend und einer Nacht“, von

Oh! Diese verschiedenen Spielereien wünsche ich mir nicht! Ich bin nicht mehr wie früher gedankenlos und eitel! Nein, meine Lieben, ich bin ein polnisches Kind und des Unglücks des Vater⸗ landes mir bewußt, strebe ich darnach, nur eine Schilderung der polnischen Erde, ihrer früheren ruhmbedeckten Geschichte zu besitzen! Dort finde ich Beispiele von allen Tugenden, von Geistes- und Herzensstählung und Merkzeichen des Heldenthums.

Ihr fragt mich, was ich mir noch wünsche? Was muß eine Polin am meisten erstreben? Das Glück des Vaterlandes, Ruhm, Größe und baldige Wiedergeburt desselben. Ich erstrebe Eintracht, Einigkeit und Liebe unter den Kindern Polens, in allen Ständen dieses Landes. Ich trachte nach Polens Glück in seinen früheren ausgedehnten Grenzen vom Meer zum Meer.

Und dasselbe Kind betet nachher: „Das Vaterland, die Freiheit geruhe uns, Herr, wiederzugeben.“ Dieses Blatt zeichnet sich durch gleiche Hetzartikel nach derselben Richtung hin aus. Es bringt ein Gebet folgenden Inhalts:

Wenn Du Deine kleinen Hände zum Gebet faltest, bete, o Kind, für Dein Vaterland, welches schon so viele Jahre in schmerzvollen Martern verharrt; bete, Kind, warm und aufrichtig, und vielleicht wird die Bitte aus unschuldigem Mündchen das Uebergewicht gewinnen, und Gott läßt uns andere Zeiten er⸗ leben, kleidet durch seine heilige Hand unser Polen wiederum in den Glanz der Freiheit, das sich im Schmerz windet, aber dennoch lebt!

Und weiter findet sich folgendes Gedicht:

Ich bin ein kleiner Pole, geboren in Posen, von ganzer Seele liebe ich diese polnischen Gefilde! Solange eine solche Liebe im Herzen der Kinder lebt, wird Gott die polnische Krone nicht vergessen!

In dieser Weise wird das Gemüth des Kindes mit nationalem

Meine Herren, dieses Verhalten geht noch weiter, und es ist eine

Der Abg. von Glebocki begrüßte zunächst die zahlreich er⸗ schienenen Landsleute, die sich eingefunden hatten, um eine so wichtige Frage, wie diejenige der Erziehung der polnischen Jugend im nationalen Sinne, zu erörtern, und ertheilte hierauf Herrn Berkau das Wort:

Dieser Berkau führte ungefähr Folgendes aus:

Um die Erziehung unserer Kinder in polnisch⸗ nationalem Sinne wirksam durchzuführen, ist es durchaus nothwendig, daß die Eltern mit ihren Kindern sich nur ausschließlich in polnischer Sprache unterhalten. Sie mässen bestrebt sein, ihre Kinder, soviel wie mög⸗

Blattes eingehen, das ebenfalls das Glück hat, in Preußen zu er⸗ scheinen, und zwar in Graudenz, die ‚Gazeta Grudzigdzka“. Dieselbe sagt hinsichtlich der Erklärungen der Herren Abgeordneten hier im

ire schließlich zeit, daf unsere Abgeordneten dort oben warum wir Polen das Preußenthum meiden Verachtung. Vielleicht würden den Herren 5 sie uns niemals zu Preußen uns, Halunken ohne Ehre und unter den Preußen heut zu Tage immer mehr giebt. Und das erscheint auf vreußischem Boden. Dasselbe Blatt sagt mit Rücksicht auf eine Rede, die ich hier gehalten habe: köge sich der Herr Minister angesichts dessen nicht wundern, r Polen nicht haben wollen, daß man uns Preußen nenne, ir keine solchen sind, noch je sein werden. Wir wollen einer Nation nicht angehören, welche die schmutzigste Ge⸗ schichte unter den Natienen Europas hat; wir wollen einer Nation nicht angehören, die ihre Größe auf Unbill und auf Menschenthränen aufgebaut bat, und welche keine andere Nation ausstehen kann. (Bewegung)

Danach werden Sie es uns nicht übel nehmen, wenn wir die friedlichen Erklärungen, die Sie hier abgeben und sicher aufrichtig ausfprechen, nicht als getreuen Ausdruck der öffentlichen Meinung der Polen annehmen können. (Sehr richtig! recht und bei den Nat ional⸗ liberalen.

lich, von dem Verkehr mit deutschen Kindern abzuhalten. Die Eltern selbst müßten nur polnische Zeitschriften lesen und ihren Kindern nur das Lesen polnischer Bücher gestatten. Die Eltern müßten durchaus ihre Kinder vor Misch⸗ ehen bewahren, damit in jedem jungen polnischen Haushalt von vornherein der polnisch⸗nationale Geist erweckt und dauernd erhalten werde.

Und nachdem mehrere andere Redner gesprochen haben, hat dann Herr von Glebocki in seiner Schlußrede seine Freude ausgesprochen über die Ausführungen der Vorredner, aus denen ersichtlich sei, wie tapfer sich die Polen in der Fremde halten, um ihre Nationalität zu bewahren. Er gebe sich der Hoffnung hin, daß die polnischen Familien sich der Erziehung ihrer Kinder im volnisch⸗nationalen Sinne eifrig hingeben werden, damit die Kinder dereinst die Früchte dieser Er⸗ ziehung genießen können.

In dieser Versammlung selbst wurde eine Anzahl Exemplare jener erfreulichen Wochenschrift, von der ich vorhin sprach, vertheilt. Nun, meine Herren, ist schon von seiten des Herrn Kultus⸗ Ministers nachgewiesen worden, wie diese systematische Erfüllung der Jugend mit national-polnischem Geist weitergeht. Wir haben aus Anlaß des Prozesses Leitgeber die Erfahrung gemacht, daß an zahlreichen Gymnasien national⸗pvolnische Verbindungen bestehen, die diesen Geist des nationalen Hasses gegen das Deutschthum schon auf der Schule pflegen. Aus der Schule herausgetreten, werden die jungen Polen dann in die Sokolvereine aufgenommen, die ihrerseits

dem ganzen Haß der Polen verfolgt.

Ebenso wendet sich die polnische Presse dagegen, daß die Polen Deutsche heirathen, und der ‚„Wiarus polski“, der in Westfalen er⸗ scheint, mitten in einem deutschen Lande, wendet sich aufs Nach⸗= drücklichste gegen das Verheirathen mit einem Deutschen.

Meine Herren, ich muß noch weiter darauf hinweisen, wie es Kräfte im polnischen Lager giebt ich spreche durchaus nicht von Allen, denn ich weiß, das würde ungerechtfertigt sein —, die sich gar⸗ nicht mehr scheuen, die letzten Ziele zu enthüllen und hierfür thätig zu sein. ;

Sehr charakteristisch sind in dieser Beziehung Briefe, die bei einem schlesischen Soldaten in der Kaserne gefunden worden sind. Ein oberschlesischer polnischer Agitator hat sich nicht gescheut, an einen Soldaten, der unter den Fahnen des Königs von Preußen dient, folgende Briefe zu schreiben:

Grüße Dich herzlich in Deinem neuen Verhältnisse, das für Dich so unangenehm ist. Erkläre mir Dein Unglück, weil ich selbst dort war. Aber verabscheue Dir das Ganze nicht zu sehr, weil das nichts hilft und Du würdest ganz die Lust verlieren und würdest Deine Lage ganz verschlimmern. Was sollen wir machen, wenn wir vor⸗ läufig keinen anderen Rath haben, bloß zur Zeit müssen wir die Pr . . . . bedienen. Aber das schadet nichts. Gelerntes geht nicht in den Wald. Aus ihren Zöglingen können sie einst haben gute Meister für ihre eigene Haut. Lerne bloß fleißig, denn das kann dir alles einst nützen. Ich glaube, daß Du mich genau verstehst.

In einem anderen Briefe hat er sich weiter noch deutlicher aus⸗ gedrückt:

Schreibend herzliche Grüße von mir und meiner Frau. Theile Dir mit, daß ich eben Praca lese. Verdammte preußische, barbarische Politik, möchte doch die Spitzen des Reichs der Teufel braten oder einst am Marterpfahl annageln. Jeder Tag beinah bringt uns Angriffe auf unser Polenthum, neue Gewaltthaten teuflischer Wuth

Germanisierung will uns durchaus fressen. Aber sie frißt uns nicht, so wie uns nicht erwürgt hat der berühmte Bismarck, Ansiedler auf seine alten Jahre, welcher jetzt gewiß Lueifer's Diener ist, wie andere germanische Herrscher, besonders der alte Fritz für An⸗ eignung Polens. Also lese Praca und ärgeke mich, wie nur was, drücke die Fäuste, welche, wenn ich nur könnte, auf den teuflischen Rücken der setzen könnte. Aber leider, es schmerzt mich am meisten, daß wir so hilflos sind, während der Feind über uns triumphiert. Aber, gerechter Gott, es kommt Zeit, in welcher wir bezahlen werden, was wem gebührt. Gebe Gott so schnell wie möglich!!! Du frägst mich in Deinem letzten Briefe, wenn die Rekruten werden besser haben. Antworte Dir, daß eher nicht, bis die Deutschen nicht still gemacht werden. O wenn wir so im polnischen Heere dienen könnten!

Meine Herren, das geschrieben an einen Soldaten der preußischen Armee; und, meine Herren, was in Oberschlesien geschieht, das scheut man sich nicht mitten in Deutschland zu thun, in Westfalen. Durch das Königliche Amtsgericht in Dortmund ist ein sogenanntes „Gebet⸗ buch“ mit Beschlag gelegt worden, das in Hunderten von Exemplaren bei einem Bergmann dort angetroffen wurde. Dieses Gebetbuch nennt sich ‚Polnischer Schild“, Gebetbuch für alle Söhne der polnischen Erde, Abdruck der Ausgabe eines Gebetbuches, das 1862 in Warschau erschienen ist. Es ist also eine Wiederholung eines Werkes, das beim polnischen Aufstand erschienen ist.

Das Gebetbuch ergeht sich in den wüthendsten Schmähungen, was die Deutschen den Polen angeblich angethan haben, und schließt mit folgenden Worten:

Mutter Gottes, Königin von Polen, erlöse Polen! Alle heiligen Schützer der polnischen Republik, bittet für uns!

Aus der mos kowitischen und preußischen Knecht— schaft befreie uns, o Herr!

Durch das Märtyrerthum der 30000, für Glauben und Frei— heit gefallenen Bar'schen Ritter befreie uns, o Herr!

Durch das Märtyrerthum der 20 000 Bürger Pragas, die für Glauben und Freiheit umgebracht wurden, befreie uns, o Herr!

Durch das Märtyrerthum der in Fischau von den Preußen ge— mordeten Soldaten, befreie uns, o Herr!

Um Waffen und um die nationalen Adler bitten wir dich, o Herr!

Um den Tod auf dem Schlachtfelde bitten wir dich, o Herr!

Um den Kampf für die Unabhängigkeit, Ganzheit und Freiheit unseres Vaterlandes bitten wir dich, o Herr!

Um die Gleichheit und Brüderlichkeit des polnischen Volkes bitten wir dich, o Herr!

Um das polnische Land zum Eigenthum bitten wir dich, o Herr!

Um den baldigen allgemeinen Ruf „Zu den Waffen!“ bitten wir dich, Herr!

Das, meine Herren, wird im Jahre des Heils 1900 in Preußen ver breitet. (Hört! hörth)

In ganz ähnlicher Richtung bewegen sich auch sonstige Er— örterungen in der polnischen Presse: In Berlin selber erscheint ein Blatt, dessen auch schon der Herr Kultus⸗Minister gedacht hat, der „Dziennik Berliäski“, das sich durch besondere Schärfe in der Polen—

politik auszeichnet. Es wurde in der Polenpresse darüber debattiert,

ob es sich empfehle, unser Losungswort „das unabhängige Polen“ zu

vertreten oder nicht. Eine polnische Zeitung sagte, es sei nicht ge⸗ boten, dieses Wort in der That zu acceptieren. Darauf erwidert dieses Berliner Blatt:

Statt dessen steigt eine andere Frage auf, ob es für das ge— nannte Losungswort einen geeigneten Platz in diesem Programm giebt, welches im Grunde unseres Herzens ruht, und nach welchem wir in Wirklichkeit auftreten. Wir ant⸗ worten darauf entschieden mit „Ja“! Und zwar thun wir das aus zwei Gründen. Zunächst deshalb, weil das keine bösen Folgen nach sich zieht und uns in jedem Falle Nutzen bringt. Es schadet uns deshalb nicht, weil uns die Regierung für unsere Anerlennung der Zugehörigkeit zum preußischen Staat nicht einen Heller giebt.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

die Kadres bilden sollen für den Ernstfall, wie das ja mehrfach aus⸗

gesprochen worden ist. In Kriegervereine dürfen die Polen nicht ein. treten; denn jeder, der einem deutschen Kriegerverein beitritt, wird mit

wie ich glaube, sehr nützliche Beschlüsse gefaßt worden, und namentlich

(Schluß aus der Ersten Beilage)

Der Form wegen wiederholen wir diese Worte, weil man uns hierzu zwingt. In Wirklichkeit kennt die Regierung und die deutsche Nation sehr wohl unsere „Herzenswünsche“ und weiß ebenso wohl, daß diesen Wünschen“ unser praktisches, politisches Programm an⸗ gepaßt werden muß, welches der Zensur nicht unterliegt. oʒu hier lügen; die Politik der Falschheit wird uns nicht befreien.

Gin anderes polnisches Blatt, der von mir auch schon erwähnte Goniec, sagt mit größter Deutlichkeit:

Die vernünftige, von Liebe zu Gott und dem Vaterlande durchdrungene Geistlichkeit, die Stadt⸗ und Landbewohner, die Ju⸗ gend, alle haben denselben Wunsch, alle sind reif, die That⸗ sache unserer Erlösung, die Wiedererstehung Polens, zu schauen.“ .

(Hört! hörth Meine Herren, wenn die Herren Abgeordneten, die hier vorhin gesprochen haben, wirklich den Interessen ihrer dandt⸗ leute und den staatllchen Interessen dienen wollen, so wäre es ihre Aufgabe, zunächst hier die Grenze zu ziehen und ihren Landsleuten zum klaren Bewußtsein zu bringen, daß auf diese Weise nicht weiter geschritten werden kann, und daß der preußische Staat sich eine der⸗ artige Agitation nicht gefallen lassen darf.

Meine Herren, was diese Agitation und die Gegenagitation der preußischen Staatsregierung betrifft, so hat der Herr Vize⸗Präsident des StaatsMinisteriums sich hier schon eingehend darüber aus⸗ gelassen, und ich darf vielleicht nur einiges Wenige erginzend hinzufügen. Ich meine, daß die Aktion der Staatsregierung sich nach dreifacher Richtung zu bewegen haben wird. Zunächst, indem sie rücksichtsloß, wie es bei dem Prozeß Leitgeber geschehen ist, alles unter⸗ drückt, was auf eine Abänderung unserer staatsrechtlichen Verhãltnisse hinzuarbeiten geeignet ist. (Bravo! rechts.) Zweitens, daß sie nicht Gleiches mit Gleichem, d. h. in diesem Fall Unrecht mit Unrecht vergilt, sondern daß sie sich dessen bewußt ist, daß die Polen auf die gleichen Rechte Anspruch haben wie alle übrigen Staatsbürger, und daß wir davon absehen, diese in der That so betrübende Agitation durch eine Vergeltung mit kleinen Mitteln, namentlich mit fleinlichen Polizeimaßregeln zu beantworten. Die Haupt⸗ sache aber und das ist das Entscheidende wird sein die Stärkung des Deutschthums. Man fragt: Auf welchen Gebielen? Ich antworte: Auf keinem Gebiete nicht; sowohl auf geistihem, wie auf wirthschaftlichem Gebiete ist diese Stärkung des Deütschthums unerläßlich. Ich muß davon absehen, hier alle die einzelnen in Betracht kommenden Maßregeln durchzugehen. Die Auf⸗ gaben auf dem Gebiete der Schulverhältnisse sind vom Herrn Kultus⸗ Minister bereits eingehend gewürdigt worden; aber ich möchte doch einer gewissen Ungeduld der deutschen Presse gegenüber darauf hinweisen, daß das Maßregeln sind, die nicht alle von heute zu morgen ergriffen und durchgeführt werden können, sondern daß dazu eine konsequente, durch die Jahrzehnte fortgesetzte Arbeit gehört. Es ist eine gewisse Unruhe in der Presse bemerkbar, daß nicht sofort große Er⸗ folge in die Erscheinung treten. Ich darf erinnern an die Konferenz die in Posen stattgefunden hat. Es sind dort für das Deutschthum,

haben wir uns darüber verständigt, Maßregeln zu treffen, um das deutsche Bauernthum zu erhalten. Aus dem Artikel der Berliner Korrespondenz! geht hervor, in welchem bedauerlichen Maße das deutsche Bauernthum zurückgegangen ist. In wenigen Jahren haben wir 1300 bäuerliche Stellen mit 10000 ha Besitz verloren, ein Verlust, der für die nationale Sache überaus beklagenswerth ist. Ez sind die Mittel von Staatswegen bereitgestellt worden, gefährdete Bauernstellen zu kaufen und so den deutschen Bauernstand zu erhalten. Wird der deutsche Bauernstand gekräftigt, so wird darin auch zugleich eine Kräftigung des Handwerkerstandes liegen. Denn bei den scharfen nationalen Gegensätzen kaufen ja die Polen nur bei Polen und nicht bei deutschen Handwerkern, und wir können die deutschen Handwerker nur erhalten, wenn wir um die Städte, nament— lich die kleineren, einen Kranz leistungsfähiger bäuerlicher Gemeinden anlegen.

Ez sind auch sonst in der Provinz Pofen wichtige Maßregeln be— rathen worden, um das deutsche Handwerk zu stützen und zu erhalten.

Nun möchte ich mich noch mit wenigen Worten zu einigen Spezial⸗ fragen wenden, die im Etat zum Ausdruck gekommen sind, die vom politischen Standpunkt wichtig sind und daher mein Ressort berühren. Es ist im Staatshaushalt Ihnen der Vorschlag gemacht, für den Bau eineö neuen Theaters in Posen 880 000 6 zu bewilligen. Ich glaube, daß es überaus wichtig ist, der Stadt Posen ein räumlich verwendbares und den künstlerischen Ansprüchen genũgendes Haus, eine Stätte für deutsche Bildung zu gewähren, und ich hoffe, daß das hohe Haus diesem Vorschlag seine Zustimmung nicht vorenthalten wird.

Eine für die Stadt Posen überaus wichtige Maßregel ist die Frage der Entfestigung der Stadt. Umschlossen durch einen festen Gürtel, ist es für die Stadt geradezu ein Lebensbedürfniß, mehr Luft und Raum zu erhalten. Verhandlungen dieserhalb schweben noch mit dem Herrn Kriegs⸗Minister, und ich kann im Augenblick nicht sagen, welchen Verlauf sie nehmen werden. Sollte eine Verständigung zwischen der Militärverwaltung und der Stadt Posen über den Preis, den die Stadt bewilligen kann, sich nicht erzielen lassen, so hat der Herr Vize⸗Präsident erfreulicherweise bereits in seiner Etats. rede angekündigt, daß der Staat seinerseits mit binzutreten will, um der Stadt Posen die Ausführung dieser Entfestigung zu ermöglichen. Ich halte das für eine der wichtigsten Maßregel, die geschehen kann im Interesse der Stadt Posen.

Mit einem Wort möchte ich noch hinweisen auf das eine Tbeil⸗ stück, was im großen Kanalprojelt enthalten ist, die Verbesserung der Wasserstraßen im Osten, namentlich des Warthelaufes, für die rund

. Zweite Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und

142.

Berlin, Donnerstag, den J7. Jannar

gekämpft, weil ich es für außerordentlich wichtig halte, daß die Stadt und die ganze Provinz Posen durch eine solche Maßregel, wie die Ver⸗ besserung des Warthelaufes, in engere Berührung mit dem übrigen Deutschland im allgemeinen und den alten brandenburgischen Pro⸗ vinzen gelangt.

Meine Herren, in Frage kommen dann noch Maßregeln für unsere Beamten. Ich bin der Ansicht, daß für die Beamten mehr geschehen muß, als das jetzt zum theil der Fall ist. Sie sind z. 3. in Orten zu wohnen genöthigt, die wenig Annehmlichkeiten bieten, und inmitten einer Bevölkerung, die ihnen nicht gerade günstig gesinnt ist. Deswegen ist es wichtig und damit ist der Anfang in diesem Etat gemacht sie durch angemessene Wohnungen im Orte zu fesseln und zu erhalten.

Ich glaube auch, daß der Fonds von 600 000 6 allmählich einer Erhöhung bedürfen wird, denn die Aufgaben, die den Ober⸗Präsidenten der verschiedenen Provinzen in dieser Beziehung ob⸗ liegen, an allen Punkten das Deutschthum in seinem Vertheidigungs⸗ lampfe zu stärken, werden von Jahr zu Jahr umfangreicher. Ich glaube also, sagen zu können, meine Herren, daß, ohne die betreffenden Maßregeln irgendwie alle aufzählen zu können und zu wollen, wir bemüht sind, an jedem Punkt, wo sich die Möglichkeit bietet, thatkräftig das Deutschthum zu stärken, und ich zweifle nicht, daß, wenn das Deutschthum sich von diesem festen Willen der Staatsregierung mehr und mehr überzeugt, das gemeinsame Wirken zwischen den Deutschen in den betreffenden Provinzen und der Staatsregierung endlich auch von Erfolg begleitet sein wird. Das war ja das, was die Deutschen in den Provinzen geradezu gelähmt hat, daß sie nicht wußten, ob die Staatsregierung fest hinter ihnen steht. Sehr richtig! rechts) Daß darin jetzt Wandel geschaffen ist, daß die Deutschen das Gefühl haben, sich fest auf uns verlassen zu können,; das ist, glaube ich, meine Herren, die größte Garantie für ein erfolg⸗ reiches Vorgehen in der Zukunft. Unsere Maßnahmen können leine Erfolge von heute zu morgen zeitigen, aber nach Jahrzehnten, denke ich, werden Erfolge nicht ausbleiben, und es wird endlich den Polen klar gemacht werden, daß sie Deutsche sind und Deutsche bleiben, so lange der preußische Adler seine Schwingen regt. CLebhaftes Bravo rechts und bei den Nationalliberalen.)

Abg. Dr. Sattler (nl): Der Abg. von Zedlitz hat sich darüber gufgeregt, daß ich die Ernennung eines Landraths zum Regie rungsrath für eine Beförderung angesehen hahe. Es ist fermell sicherlich eine Beförderung; denn das Gehalt ist. höher. Mit den polnischen Preußen in diesem Hause habe ich mich oft, beschaftigt daß ich kaum etwasz Neues hinzufügen kann. An Lebhaftigkeit kann es Herr Mizerski mit den früheren Führern nicht aufnehmen. Gegen einen vorübergehenden Aufenthalt der Polen in Westfalen ließe sich nichts einwenden, wenn auch die Polen ihre Ersparnisse nach der Heimath senden und damit das Polenthum fördern. Aber sie können es den Deutschen Nicht ber. argen, daß sie diese Bewegung nicht leicht nehmen. Die Polen bilden dort elnen Staat im Staate und verquicken die Sprache mit der Religion. Das hat auch Herr, Mizerski gethan, obwohl er Jurist ist. Er sagte, die polnischen Kinder fühlten sich verletzt, wenn sie mit deutschen Kindern zusammen unterrichtet würden. (Widerspruch bez Abg. Hr. Mizerskiz Die Polen suchten jedenfalls ihre Kinder von der Wiege bis zur Bahre zu isolieren. Wir wollen, daß dies Kinder beide Sprachen lernen, damit sie liebe und werthe Mitglieder der deutschen Nation werden. Wir meinen es wirklich gut mit ihnen, Derr von Jazdzewski. Dat Gebet in polnischer Sprache ist nicht Verboten; wohl aber hat ein polnischer Geistlicher seinen Pflegebefohlenen gesagt, daß ein Gebet in deutscher Sprache bei der Mutter Gottes feinen Erfolg haben werde. Die deutschen Katholiken sind sich erfreulicher Weise ihrer deutschen Pflichten immer mehr bewußt geworden, Ich perweise auf die Wahl in Meseritz Bomst und auf die Behandlung, Die der Proyst Krzinski von den Polen erfahren hat, Der S. K. T.⸗-Verein hat das Verdienst, das Gewissen der katholischen Deutschen geweckt zu haben. Ich freue mich, daß der Minister des Innern entwi elte, nach welcher Richtung die Staatsregierung ihre Aktlon zum Schutze des Deutsch— thums einrichten will.

Abg. Dr. von Jazdzewski Pole): Die polnisch⸗ Frallien muß dagegen protestieren, daß der Minister des Innern sich auf Aus— schnitte auz polnischen Zeitungen beruft, die wir nicht kontrolieren können, und für die wir nicht verantwortlich, sind. Der Minister fagte, wir hätten gleiche Nechte, Das bestreiten wir eben. Die Bevölkerung als solche ist nicht verantwortlich dafür, wenn in Ausnahmefällen in Versammlungen und Deitungen, einmal scharfe Ausdrücke gebraucht werden, die durch das Vorgehen der Regierung hervorgerufen sind. Wir sind der Regierung im Reichstage entgegengekommen, und was war die Folge Die Gründung des HK. T.Vereins, und die Aufforderung es Firsten Bismarck, die Polen auf Leben und Tod zu bekämpfen. In Vereinen, Provinzial Landtagen und auf kommunalem Gebiete arbeiten die Polen 'mit den Beutschen einträͤchtlich zusammen. Es giebt aller= dings polnische Bauernvercine, die mit den Deutschen nicht zusammen⸗ arbeiten können, weil eben Deutsche und Polen sich nicht verstehen. Das ist eine rein technische Schwierigkeit. Die Gründung finanzieller Vereine können Sie uns doch nicht verdenlen. Sie dienen keineswegs der Bekämpfung des Deutschthums. Der polnische lerus schürt nicht zum Kampfe gegen das 3 eutschthum oder gar gegen beutsche Katholiken. Die religiösen Bedärfnisse der katholischen Minorität werden in vollem Maße berüchsichtigt, die Verstãndigung mit dem, Kultus⸗Minister wäre garnicht so schwen, wenn die Regierung uns nur entgegenkemmen wollte. Win, hahen ja garnichts dagegen, daß die polnischen Kinder Deutsch lernen; wenn wir verlangen, daß die Kinder auch polnisch 8 und schreiben lernen und den Religionsunterricht in. der Muttersprgche, er. halten, so thut das der deutschen Sprache keinen Abbruch. Nan lann Das eihe thun und braucht das andere nicht zu unterlassen. Das in polnischen Deren Wünsche nach Wiederaufrichtung des polnischen Reiches sich regen, kann die Staatsregierung micht verhindern und braucht sie nicht zu verbindern, wenn dieß Wünsche ct nicht in Taten umseßen. Von revolutienären Bestrebungen aber ist leine Fe,, , en keine Thatfachen vor, welche darauf hindeuten, Rede . liegen leine Tha J 2 * ban. Harn daß die Dolen eine Lozreinund vom vzeuffischen Staate Isttẽhen das at auch der dentsche Justizrath Lewinsti in einer Wähler bersammlung in Pefen 18h erklart. Wiyr' wünschen in der That nichts Weiteres, als um5ns unsere polnische Rgtienalitat zu 53 die Regierung bat es in der Wand, ihre * litit o ein uricht n keine Ausschreitungen verkemmen. Dur hirnverbrannte n . tragen wir keine Verantwertung. Vie Megierung braucht leine . nabmegeseßze und Uugnabmeverhaltungdmaßregeln gegen uns; der beste

26 Millionen gefordert sind. Ich habe lebhaft für diese Positien

Schutz ded Staates ist Gerechtigkeit. ?

Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Studt: Meine Herren! Der Herr Abg. von Jazdzewski hat sich gestern darüber beklagt, daß ein auf die gewerblichen Fort⸗ bildungsschulen bezüglicher Erlaß der betheiligten Ressorts nicht zur Ausführung gekommen sei. Ich habe aus dem Aktenmaterial jedoch festgestellt, daß, soweit die staatlichen Behörden dabei in Betracht kommen, dieselben ihre Schuldigkeit gethan haben. Der Erlaß ist dem Erjbischof von Posen und Gnesen und dem Bischof von Kulm dem vollen Inhalt nach seiner Zeit mitgetheilt worden. Den staatlichen Behörden fällt daher eine Unterlassung nicht zur Last.

Der Herr Abgeordnete hat soeben eine Friedensschalmei geblasen, die wohlthuend berührt im Vergleich zu dem, was wir vorher aus dem Munde des Herrn Abg. Mizerski gehört haben. Aber ich muß mir doch die Erwiderung gestatten, daß die gestern von mir verlesene Aeußerung, die der Herr Abg. Dr. von Jazdzewski in einer öffent⸗ lichen, dem Jubiläum der Erzdiözese Posen⸗Gnesen gewidmeten Ver⸗ sammlung in Gnesen im April vorigen Jahres gethan hat, und ebenso die⸗ jenige Aeußerung, die der Herr Abg. Mizertki auf einer Volke ver⸗ sammlung in Posen am 9. September vor. J. gethan hat und die ich vorhin verlesen habe, in direktem Widerspruch mit diesen Friedent⸗ tendenzen stehen.

Waz die Klagen der deutschen Katholiken über Beeinträchtigung ihrer

Interessen anbetrifft, so ist von der Regierung wiederholt zahlenmãßig nachgewiesen worden, daß eine gewisse Maulwurfsarbeit, auf deren eigentliche Urheber ich nicht zurückgehen will, langsam, aber sicher und konsequent, eine sehr große Menge von deutschen Katholiken in das polnische Lager hinüberzieht, und zwar, wie ich behaupte, noch heutigen Tages. Auf diese Weise sind annähernd 200 00 ursprüngliche Deutsche dem Polenthum verfallen, Deutsche, deren Väter früher an der Macht stellung des Deutschen Reichs ihre Freude hatten und vollen Antheil an der Entwickelung des preußischen Staats nahmen, während die Söhne gegenwärtig über das verlorene polnische Vaterland die Hände ringen.

Der Herr Abgeordnete behauptet, die Klagen hätten keine reelle Grundlage. Ich erlaube mir demgegenüber auf eine Aeußerung hinzuweisen, die er im vorigen Jahre bei der Ctatsberathung gerade in dieser Hinsicht gethan hat. Er hat zur Rechtfertigung des Umstandes, daß die deutschen Katholiken bin⸗

tes nicht voll in ihren Bünschen be⸗

2er Erzdiözese Posen⸗Gnesen garnicht in der Lage Predigt zu halten. Meine Herren, ich frage, wo bleibt keit, die deutschen Katholiken in angemessener Weise in Bedũrfnissen zu befriedigen? Außerdem habe ich im vori eine große Menge von Preßãußerungen hingewiesen und ich bin heute in der Lage, diesen Hinweis zu verstãcken in denen die national ⸗pelnischen Zeitungen es geradezu als eine Pflicht der Polen betonen, die deutschen Katholiken zurückzudrängen und ihnen das Unrecht vor Augen zu führen, daß sie begehen, wenn sie ihre Wünsche nach Einrichtung eines deutschen Gottesdienstes äußern. Ich erlaube mir außerdem auf die heftigen, sich sehr häufig wiederholenden Preßäußerungen aufmertsam zu machen, in denen diejenigen katholischen Pfarrer, die in dem Ver⸗ dachte stehen, das Deutschthum einigermaßen zu begũnstigen es sind deren nur sehr wenige in der rücksichtslosesten Weise von der Presse angegriffen und in ihrer Autorität geschädigt werden. ö

Meine Herren! Ich habe schon vorhin heworgehoben, wie die Aeußerung des Herrn Abg. Mizerski, die er in einer Volks versamm⸗ lung im vorigen Jahre gethan hat, in direktem Widerspruch mit seiner heutigen Behauptung steht, daß seitens der volnischen Ab⸗ geordneten voll die Nothwendigkeit anerkannt werde, den polaischen Kindern die Kenntniß der deutschen Sprache beizubringen. Ich erlaube mir als Illustration für die Stimmung, die in großen polnischen Volks versammlungen in dieser Beziehung herrscht, hervorzuheben, daß in derselben Versammlung oder in einer anderen aus einer ähnlichen Veranlassung im vorigen Jahre in Posen abgehaltenen Versammlung unter dem tosenden Beifall sämmtlicher Theilnehmer, die sich auf mehrere Tausende beliefen, die deutsche Sprache von einem gebildeten Mitgliede der Versammlung als eine barbarische bezeichnet ist, die von den Pelen ferngehalten werden müsse.

Meine Herren! Von dem Herrn Abg. von Jazdzeweli ist ferner der Versuch der Wiedereinführung eines doppelsprachigen Unterrichts in den gemischt sprachigen Landestheilen empfohlen worden. Meine Herren, diese Versuche sind bereits wiederholt gemacht worden, sie haben sich als vollständig fruchtlos und eitel erwiesen und nur dazu geführt, den deutschen Sprachunterricht vollständig illusorisch zu machen, sodaß die Staatsinteressen dadurch auf das allerempfindlichfte benachtheiligt wurden.

Endlich hat der Herr Abg. von Jazdzeweki darauf bingewiesen, wir möchten uns nicht an die Worte kehren, die ven national⸗ polnischer Seite hin und wieder in einer gewissen er— bitterten Stimmung gegen das preußische und deutsche Regiment gerichtet werden. Thaten erfolgten ja nicht. Meine Herren, das ist richtig, Thaten erfolgen nicht, aber nur deshalb nicht, weil sie nicht erfolgen können, um nicht dem Strafgericht zu verfallen. Wie steht es aber mit den Worten? Sind sie so harmlos, wie der Herr Abgeordnete es eben dargestellt hat? Wir haben ja nach- gewiesen, in welcher Weise die polnische Bevölkerung täglich auf⸗ geregt wird, und wenn der Herr Abgeordnete diese Agitation in der Presse verurtheilt hat, so frage ich: warum geschieht nichts, um in der Presse einen anderen Ton hervorzurufen? Gerade ven den einfluß⸗ reichsten polnischen Kreisen geschieht absolut nichts in dieser Be—= ziehung. Im Gegentheil, die Rechenschaftsberichte, die einzelne der Herren Abgeordneten vor ihren Wählern erstattet haben, sind nur zu sehr geeignet, die Stimmung der Polen noch zu verschlimmern. Ich könnte derartige Rechenschaftsberichte hier vor-

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legen, will es aber heute unterlassen. Nur eine Preßänßermng ge.

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