1901 / 33 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 07 Feb 1901 18:00:01 GMT) scan diff

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Bemerkungen. Die per hut Men ö wohd n volle Toppelientner und der Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheil Ein liegender Strich (— in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist, ein Punkt

Noch: Hafer. 13,590 13,690 15,00 15, 1l9 1367 1267 13,00 1300 141 1345 13,60 13,60 1229 12, 40 12,80 12,40 11,80 13, 16 13,20 13,50 13,60 1270 1333 13,33 1409 12,30 1230 12,50 12,50 ; K 12,50 12,60 1036 135,99 (

14,10 14,10 14550 ; 13,50 14,30 14,30 15,00 3 500 12,50 12,70 12.90 13, 00

12,87 12,386 13,80 13330 12,69 12,572 12550 12,60 12,25 1220 13,68 13,40

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. Durchschnittepreis wird aus den unabgexundeten Zahlen berechnet C.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender Bericht fehlt.

Deutscher Reichstag. 42. Sitzung vom 6. Februar 1901. 1 Uhr.

Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet.

Darauf wird die vor acht Tagen abgebrochene Debatte über den von den Abgg. Bargmann und Genossen fr. Volksp.) eingebrachten Gesetzentwurf, betreffend Abänderung der Reichs⸗-Gewerbeordnung (Theaterzensur), fort— gesetzt.

Abg. Bassermann (nl): Der Antrag Bargmann will die Theaterzensur nicht nur für die künstlerischen Theater, sondern auch für die Varistés aufheben. Ich möchte Sie bitten, den Antrag, so⸗ weit er sich auf die letzteren bezieht, abzulehnen. Im übrigen ist die Anregung dankbar anzuerkennen. Das von dem Abg. Müller⸗ Meiningen vorgelegte Material zeigt, welche Mißstände bei der Theaterzensur vorliegen. Ueber die Frage, ob durch die Theaterzenfur die preußische Verfassung verletzt wird, sind wir nicht zuständig. Daß die Theaterzensur sich nicht mit dem Grundsatz der Gewerbefreiheit verträgt, kann ich nicht finden; man muß unter—⸗ 66 zwischen Gewerbefreiheit und gewerbepolizeilichen Bestimmungen über die Ausführung eines Gewerbes. In diesem Sinne hat sich die Judikatur einzelner Bundesstaaten ausgesprochen. Die polizeilichen Bestimmungen in Sachsen, Bayern, Baden sind günstiger, als die in Preußen. Daß die Reichsverfassung in diesen Dingen zu— ständig ist, unterliegt für mich keinem Zweifel; ob wir aber zu einer reichsgesetzlichen Regelung gelangen werden, erscheint mir zweifelhaft, da die Regierung auch in anderen Fragen, z. B. der Verunreinigung der Flußläufe, Bedenken getragen hat, sich in die partikularistische Gesetzgebung einzumischen. Die Theaterzensur wird sehr verschieden ausgeübt. In Berlin rechnet die Zensur zur Sittlichkeitsklasse 2 das „Deutsche Theater“ u. s. w., zu B das Residenz⸗ Theater“, zu O das „Apollo⸗Theater' u. s. w. Die dramatische Kunst beschwert sich darüber, daß sie anders behandelt wird als Literatur und Dichtung. Der Antrag ist hervorgegangen aus einer Petition des Goethe⸗Bundes, die wiederum veranlaßt war durch die Erregung der Schriftsteller über grobe Mißgriffe der Zensur. Diese Erregung ist berechtigt, wenn so tiessittliche Stücke wie Tolstoj s Schauspiel Die Macht der Finsterniß und der zweite Theil des Schauspiels „Ueber unsere Kraft“ von Björnson verboten werden. Der Zensor ist immer nur der Zensor des Gestrigen, er vermag aufwärts strebenden Auffassungen nicht zu folgen. Auffallend ist es auf der anderen Seite, wie nachsichtig die Zensur gegen die leichtgeschürzte Muse ist. Das geringschätzige Urtheil des Abg. Stockmann über den Goethe⸗Bund war durchaus ungerecht fertigt. Dieser Bund war die nothwendige Reaktion gegen die ex Heinjen⸗Bestrebungen. Zweifelhaft ist es mir aber, ob die Theaterzensur auf dem von dem Antragsteller angegebenen negativen Wege geregelt werden darf. Es feblt dem Antrage an positiven Vor⸗ schlägen. Denken Sie sich den Fall, daß Theaterstücke vorher nicht zensiert werden, und daß ein n die Aufführungen über⸗ wacht und event. dieselben während des Spiels verbietet: zu welchen Skandalen müßte das führen! Die Zensur ist allerdings vielfach die Rückendeckung für frivole Stücke, die auf den gemeinen Sinnen kitzel abzielen; diese müssen aber doch auch getroffen werden. Nach dem englischen Gesetz besteht keine Theaterzensur, aber bejũgliche Ver⸗ feblungen gegen das Strafgesetz können mit hohen Geldstrafen und Konzessionsentziehung geahndet werden. Nach dem österreichischen Ge— 9 kann eine Aufführung nur dann verboten werden, wenn ein ver⸗ folgbares, strafbares Delikt vorliegt. Man könnte nun eine positive Regelung auf, dem Wege versuchen, daß man die Einreichung des Manuskriyté innerhalb einer gewissen Frist festsetzt, also nur die Möglichkeit der Prüfung des Thatbestandes einer strafbaren Hand. lung schafft; die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Theater- direktors bliebe davon unberührt. Die Polizei müßte das Recht haben, der Generalprobe beisuwohnen, daneben die Möglichkeit besitzen, aus Gründen der offentlichen Sicherbeit für Person und Eigenthum, 3. B. während einer hochgradigen politischen Erregung und Strikebewegung, einzugreifen, dech müssen die Voraussetzungen, unter denen das Verbot erfolgen kann genau festgelegt werden. Tie heutige Jensur ist nicht verbesserunge fähig. ich möchte vielmehr, daß vosit ive Maßregeln zur Regelung dieser Sache in einer Kommission geprüft werden.

Abg. Roeren (Jentr.): Ich bin nicht etwa ein begeisterter Ver⸗ tbeidiger der heutigen Theaterjensur. Die Jensur verbietet volitisch⸗ ohiale Stücke, wäbrend sie die lascivsten Stucke gestattet. Ich unter.

ide jzwischen der Handhabung und der Einrichtung selbst. Der Antrag argmann will aber eine vollständige Beseitigung der Jensur, und keine Regierung wird auf die Zensur verzichten dürfen. Deser Antrag erklärt sich einzig aus der wenig rübmlichen und schwächlichen Haltung, die die Regierung im vorigen Jabre bei der Vertretung ibres eigenen Gesetzes der sogenannten lx Veinze*, gegenüber dem bekannten Schreien. Schreien und wieder Schreien an den Tag gelegt bat, und daraug, daß die Regierungen in den einzelnen Landtagen vor der Protest. bewegung förmlich kapituliert baben. Der Antrag Bargmann batte jur Voraussetzung, daß die verfassungsmäßigen Bestimmungen über die Sompeten des Reichs zu Ungunsten der Ein elstaaten geandert werden. Es handelt sich aber hier weifelloß um einen unbegründeten Eingriff in die vartikulare Gesetzgebung. Die Verhandlungen von 1859 find 38 ung nicht 2 weil es sich damals nur um die beaterfreibeit bandelte, d. h. die Julassung zu einem Gewerbe. Der Erlaß ven Vorschriften über die Ausübung des Gewerbeg, also auch über die Theaterzensur, steht den Einzellandt zu. die Handbabung der Theaterensur ist nicht reiche geschlich ju regeln, es 1g denn, daß eg sich um eine Beschfinkung der Julassung ur Gewerbefreiheit bandelt. Darum sind wil vrinitpiell gegen den ntrag und auch gaen eine Kommissionsberathung Früher bielt man die Theaterfreibeit für schädlich, beute deren Beschrankung. Auf die Preuffische Jensur lasse ich mich nicht ein. Der Abg. Müller. Meiningen bat ja eine ganze Fülle von Jensurstũckchen, darunter auch manche Ladenhüter, vorgebracht, um Heiterkeit fu erregen. Ich könnte diese Reibe noch verdoppeln. Was sollen aber alle diese ein elnen Fälle? Daß die fur nicht fehlerfrei ist, wird garnicht bestritten. Der Abg. Müller Meiningen dat aber garnicht die Fälle angefũhrt,

in denen die Zensur mit gutem Grund angewendet ist. Die Zensur hat sehr oft nicht gestrichen, was sie hätte streichen sollen. Sie hat sittlich bedenkliche Stücke mit einer ungerechtfertigten . passieren lassen. Wir erleben z. 3. eine Schamlosigkeit in Darstellung, Kleidung und Bewegung, daß man sich fragen . wozu wir denn überhaupt eine Zensur . Selbst liberale Zeitungen, wie die Kölnische Zeitung“, haben diese laxe Praxis getadelt, z. B. gelegentlich der Aufführung der Dame von Maxim“. Sozialdemokratische Blätter haben sogar anerkannt, daß die „Dame von Maxim“ nicht nur un— 6 sondern sogar ausgezogen gespielt worden ist. Dagegen chreitet die Theaterzensur nicht ein. Unter den Augen der Theater⸗ zensur macht sich die größte Frivolität breit. Die Schauspieler selbst haben sich im „‚Artist! gegen den Barrison⸗Skandal erklärt. Die Theaterzensur sündigt also viel mehr durch das, was sie nicht streicht, als durch das, was sie streicht. Wenn Mißgriffe vorkommen, so soll man diese abstellen, aber nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und die ganze Einrichtung entfernen. Kein Geringerer als der Ehren⸗ Präsident des Goethe⸗Bundes selbst, Professor Mommsen, hat sich zu derselben Ansicht bekannt. Ich gehöre zwar nicht dem Goethe⸗ Bund an, aber ich bestreite dem Abg. Müller-Meiningen, daß der Professor Mommsen seine Meinung inzwischen geändert hat. Er hat sich höchstens in der Taxation der Mitglieder des Goethe⸗ Bundes geirrt. Daß die Prophylaxe richtiger ist als die Repression, hat die Linte auch früher anerkannt. Das hat denn der Abg. Müller⸗ Meiningen auch gefühlt, denn er hat von Repressivmaßregeln sehr wenig gesprochen. Was stellt er sich aber unter Präventlvmaßregeln vor? Ob, die Zensur vor, während oder nach der Aufführung geübt wird, ist ziemlich gleichgültig, aber es ist doch viel weniger bequem, wenn Theaterstücke erst nach der Aufführung inhibiert werden als vor derselben. Man spricht von einer Degradierung der Kunst; das muß doch eine eigenthümliche Kunst sein, die durch die Jensur degra— diert werden kann. Wenn grobe Ausschreitungen und Störungen ver— boten werden, so heißt das nicht, der Kunst Hindernisse in den Weg legen. Ich gebe zu, daß manche der von dem Abg. Müller angeführten Streichungen besser unterblieben wären, aber er wird doch nicht be⸗ haupten können, daß auch nur eine einzige dieser Stellen einen künst— lerischen Werth hätte. Wenn die größten und die krassesten Unsitt— lichkeiten mit dem ganzen Raffinement blühender Schilderung und dem vollen Reiz der Bühnentechnik dargestellt werden, so wirken sie um so schlimmer. Dagegen müssen wir gegen die Zuchtlosigkeit der Bühne ein Schutzwehr haben, und deshalb sind wir gegen den Antrag.

Abg. Dr. Pachnicke (fr. Vgg.): Trotz aller juristischen Deduktionen des Vorredners bleibt für mich der Artikel JV der Reichs- verfassung maßgebend, der die Theater unter die Gewerbeordnung stellt. Derr Roeren spricht von Zügellosigkeit, die Zensur aber be— deutet Zügelung durch Polizeiwillkür. Auch Herr Roeren giebt zu, daß die Zensoren Fehler und Mißgriffe machen; beweist das nicht, daß die Zensur unverbesserlich ist? Was wirklich strafbar ist, wird durch die bestehenden strafgesetzlichen Vorschriften genügend getroffen. Dichter und Direktoren sind der direkten Berührung mit dem Strafgesetz ausgesetzt, das wird doch für sie genügen, sich dreimal zu Überlegen, ebe sie der Zügellosigkeit“ die gi schießen lassen. Das Urtheil über die Handhabung der Zensur steht fest, von Derrn Roeren bis zu mir. Gewissen JZweidentigkeiten gegenüber ist man konnivent, Gepfeffertes gebt durch; sobald aber Fürsten, Geistliche oder Guts⸗ besißer auftreten, wird der Zensor ungemüthlich. Es ist, als sollte die Zensur den Schutz für bestimmte gesellschaftliche Klassen, Schonung für Vorurtheile derselben 2c. bieten. So wurbe Der Außenseiter von Jaff«‘ verboten, weil die darin auftretenden Personen als Tvpen der betreffenden Gesellschafteklassen, nicht als Ausnahmen nach der Meinung des Zensors aufzufassen waren; in diesem Punkte hat das Ober⸗ verwaltungsgericht den Zensor allerdings unliebsam korrigiert. Björnson s Schauspiel Ueber unsere Kraft‘, zweiter Theil, eines der gewaltigsten Dramen der Neuzeit, hat die Zensnr uns vorenthalten wollen und sast ein Jahr zur Prüfung gebraucht. Allein im vergangenen Jahre waren es 16 Stücke, die dem Berliner Zensor zum Spfer sielen. Und keineswegs war es durchweg die Immoralität, die dabei den Ausschlag gab; es war das bekannte Programm: Die ganze Richtung paßt uns nicht‘, dieses in einem unbewachten Augen⸗ lick gefallene Geständniß, welches in leßter Linie über das Schicksal der Stücke entschied. Darum muß der Polizei eine Macht genommen werden, die ihr nicht zusteht. Der Mann des Rothstiftes mag den besten Willen baben, sein Zensoramt so gut ju verwalten wie vordem sein Landrathsamt; damit wird aber des Pudelz Kern nicht getroffen. Es giebt ja ein einfaches Mittel, die Zensur ju umgehen; man bildet geschlossene Tbeater⸗ vereine, denen hat die Polizei nichts zu sagen. So bat denn auch die Berliner Freie Volkobabnen tbatsächlich den Arbeiterkreisen längst dramatische Erzeugnisse zugẽngl ich emacht, die den gebildeten Kreisen vorenthalten blieben. Der Jensor soll die staatlichen, die kirchlichen Behörden, die Militarbeb orden, die Ahnen, das Groß⸗ lavital schützen; er soll es allen möglichen Klassen recht machen. Dag muß schon an der faktischen Unmöglichkeit scheitern; in selnem Be⸗ mühen aber stellt er bäufig die Klassen und Interessen, die er schätzen soll, geradezu bloß. Da bilft keine Flickerei, eg muß ganze Arbeit gemacht werden. Nun hat Herr Bassermann die Zensur fortbestehen lassen, aber als Voraussetzung ihres Eingreifeng das Vorbandensein 2 Dandlungen oder einer Störung der öffentlichen Ordnung tatuieren wollen. Damit wird dag Uebel nicht ausgerodet; die Be⸗ stimmungen über den groben Unfug würden dann auch ibre Geltung behalten, und man bliebe auf dem alten Fleck. Wildenbruch bat eine Schriftsteller⸗ Akademie als Jensurbebörde vergeschlagen; aber welcher Kezerrichter wird sich unter den ö ern finden, und wel Polinei⸗Prasident würde sich dieser Akademie fügen? Die Freibeit des känstlerischen Schaff eng darf nicht beengt werden. Herr Stockmann bat sich auf Goethe be⸗ rufen. Hätte Goethe die nf Zensur gekannt, so würde er sie höflich bedeutet baben, von dem literarischen Richterstubl berabzusteigen. Fin Mitglied derselben Mebrheit, die Goethe das Stanzbisd bersagt bat, jetzt sich auf Goetbe berufen ju hören, ist für ung übrigeng eine versrpatete Genugthuung. Brennende Scham soll Professor Paulsen uber Vaeckel s Welträthsel empfunden baben; aber nicht aber dag Buch und über die Richtung Haeckel, sondern über seine Ausfälle gegen die

mutblosen Vertreter der Philosopbie an den m Auf Harnack hätte sich Herr Stockmann nicht berufen fo Darnack g

Christenthum ist nicht Ihr Christenthum. Man überlasse den Theatern selbst die Entscheidung, sie werden das Richtige zu treffen wissen. In Braunschweig, in Hamburg giebt es keine Theaterzensur, und es ist dort nichts geschehen, was das öffentliche Gewissen hat beunruhigen können.

Abg. Him burg (d. kons.): Ich möchte zunächst mittheilen, daß der von dem . aus Liegnitz erwähnte Fall nicht ganz so liegt, wie er dargestellt wurde. Es ist thatsächlich statt der Dubertüre zu „Egmont. am ersten Weihnachtstag die Ouvertüre zur Diebischen Elster“ gespielt worden. Der JZensor war aber bei der Aufführung nicht zugegen. Die preußische Theaterzensur halten wir für zu Recht hestehend und schließen uns den Ausführungen des Abg. Roeren in die fem in g durchaus an. Der Reichstag ist also nicht zustãndig. Materiell be= ürchten wir aus der Beseitigung die größten e ür die Sittlichkeit, den Staat und die Kirche. Die Zensur hat sehr heilsam gewirkt und ist auch im Großen und Ganzen geschickt gehandgehabt worden. Herr Müller⸗Meiningen hat von Thorheiten oder gar Dummheiten der Zensur gesprochen. Nach dem Reichsboten' haben während eines Zeit⸗ raums von vier Monaten dem Zensor 216 Stücke vorgelegen, dabon seien 12 unerledigt geblieben, 138 zum theil mit starken Streichungen und Aenderungen genehmigt, 16 zurückgewiesen worden. Gegen alle diese Zensurentscheide ist keine Einwendung erhoben worden. Das zeigt doch daß die Zensur im wesentlichen gut funktioniert hat. Daß irgend anderswo ein Stück verboten wird, was hier genehmigt wa kann doch kein Grund für die Aufhebung der Zensur fein. Na der Beseitigung, würden sich die unsitklichen und staatsgefähr= lichen Stücke ins Unendliche vermehren. Die Bestrafung der Unternehmer ist keine genügende Schutzwehr. Vielfach wird der Unternehmer die Strafe ruhig auf sich nehmen und weiter sündigen. Die Aufhebung der Zensur bedeutete doch für die Unter- nehmer nur den Fortfall der vorgängigen Erlaubniß. Die Reprefsiv⸗ polizei bliebe doch in Wirksamkeit, und so könnte ein Stück nach der ersten Aufführung doch verboten werden, und das würde für die Privatunternehmer unter Umständen erst recht nachtheilig sein. Mögen die Herren dafür sorgen, daß unter ihrer Leitung che Anstõößiges aufgeführt wird, dann wird die Zensur von selbst aufhören.

Abg. Stadthagen (Soz.) führt aus, über den Antrag sei man zwar verschiedener Meinung, aber darin stimmten alle Parteien über⸗ ein, daß Mißgriffe durch die Zensur gemacht worden seien. Er (Redner) stelle sich weit ab von dem Goethe⸗Bund; er habe mit ihm nichts zu thun, identifiziere fich auch mit seinen Ansichten nicht; aber in dem Bestreben, daß Freiheit der Kunst und Wistenschaft bleiben müsse, stimme er durchaus mit ihm überein. Kunst und Literatur sollen der herrschenden Klasse dienen: das sei das Ideal der Rechten und des Zentrums. Wer Zensur wolle, zeige aber nur, wie schwach er sei. Auch der Abg. Bebel wende sich in seinem Buch gegen die Zweideutigkeit, mit der die herrschende Klasse auf der einen Seite Sittenreinheit predige und auf der anderen Seite Unsittlichkeit ausübe. Er (Redner) sei nicht der Weinung, es sei besser, die Jensur biete den Theatern einen Schuß. Die Direktoren sollten wissen, daß sie für Unzüchtiges ebenso bestraft werden könnten wie jeder andere Bürger. Die Art Sittlichkeit, welche nur nach außen hin roth werde, brauche man nicht zu chützen. Diese Sittlichkeit mache es verständlich, daß die Macht der . von der Polizei verboten worden sei. Kein einziges Zensurverbot lasse sich mit dem Gedanken der freien Kunst vereinbaren. Eine ganz . Moral werde den Arbeitern ee eübt. Vom Standpunkt der Erregung und Schürung der ÜUnzufriedenbeit aus müßte er (Redner) in dieser Beziehung für das Fortbestehen der Zensur plaidieren. Der Abg. Roeren nehme den 368 Mommsen als Gideshelfer für sich in Anspruch, aber derselbe Mommsen babe doch die e um Aufhebung der Theaterzensur mit unterschrieben! * trebende Richtungen, wie Jungdeutschland, Ibsen. Tolstoj, würden schlie lich unterdrückt werden, wenn der Zenser nach wie vor das letzte Wor haben sollte. Eine solche Einschränkung der Kunst sei gegen die 2 der Kunst und müsse mit Nothwendigkeit Mißbraäͤuche nach sich zieben.

Darauf wird die Berathung vertagt.

Schluß 5i / Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag, 1Uhr. Etat.)

Prensfischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 19. Sitzung vom 6. Februar, 11 Uhr.

Es wird die erste Berathung der Kanalvorla ge fori— gesetzt.

Abg. Schwarje Jentr) tritt lebbaft für die Kanalisierung der Lippe ein, bleibt aber in seinen einzelnen Ausführungen fast ganz un verständlich. Er weist darauf bin, daß von der Tommission den Provinzial Landtages die Lippe ⸗Kanalisierung beschlossen worden sei daß aber im Plenum die Landräthe die Verlage zu Falle 2 batten. Es werde jetzt der Lippe nur ein . fi die Jukun auegestellt, aber entweder werde die Kanalisierung jetzt erfolgen oder überhaupt nicht.

Gebeimer Qber⸗Bergrath von Ammon: Der Alg. Schwar ne at wieder auf die Gefabren bingewiesen, welche die Bmf tbal⸗ Linie dem Bergbau biete. Der Abg. Schultz hat gestern bo 4— zutreffend ausgeführt, daß weder dem Kanal durch den Bergbau n dem Bergbau durch den Kanal ein Schaden zugefügt werben lann. Venn der Abg. Schwarze unter Bemqnabme auf die Penitien der SGewgelichaft Deutscher Kaiser- bekandtet bat, daß die Bergbebörde das Stebenlassen eines Sicherheit erfeilers von besonderer Starke vor- eschriehen babe, so ist darauf ju erwidern, daß die Rergbebörde einerlei Beschluß in dieser Nichtun ißt bat, und als . ständiger glaube ich, daß ein Beschluß., der einen Sicherbenepseller von solcher Stärke vorschreiben wurde, auch nicht gefaßt werden wird

Minister der öffentlichen Arbeiten von Thielen:

Meine Herren! Der Herr Abg. Schwarze hat am Schlusse seiner Ausfũübrungen die Frage aufgestellt, warum denn eigentlich die Staatz . regierung der Gmscherlinie den Vorjug vor der Linpellnie zur Fert·

han da Mttellans anels ac Len Rbein geoeten kette Mär

diese Frage ist naturgemãß seiner Zeit sehr eingehend von der = taatsregierung geprüft worden und hat auch zu den breitesten Er⸗ drterungen im Jahre 1899 Veranlassung gegeben. Die Ausführungen des Herrn Abg. Schwarze verpflichten mich aber, ganz in Kürze Ihnen nochmalz diele Hrinde ern heben. .

Es ist richtig, die Lippe ist von Alters her ein schiffbarer Fluß gewesen; aber die Schiffahrt auf der Lippe ist immer außerordentlich bedeutend gewesen und ist * auch heute noch. Es fehlten ihr die Bedingungen, um eine größere Schiff ahrtsstraße zu werden. Die Lippe durch;zog nur rein landwirthschaftliche Gebiete; erst in neuerer Zeit hat sich das einigermaßen geandert, und die Staatsregierung ist der Lippe⸗ schiffabtt auch insofern schon in neuerer Zeit wesentlich dadurch entgegen⸗ gekommen, daß sie der Lippe einen dafen am Rhein, bei Wesel, ge—

hat und zwar einen Sicherheitshafen, der absolut nothwendig war, damit die dipveschiffahrt überhaupt bestehen konnte. Ein Um⸗ schlagshafen existiert zur Zeit noch nicht. Dieser Umschlagshafen würde nach den Grundsätzen, die hier seit langer Zeit bezüglich derartiger Häfen mit Zustimmung des Landtages beobachtet worden sind, seitens der Stadt Wesel anzulegen sein. Die Fortsetzung des Mittelland ⸗Kkanals durch die Lippe war aber aus einer ganzen Reihe ven Gründen als minderwerthig gegenüber der Emscher anzusehen. Einen Theil dieser Gründe hat indirekt der Herr Abg. Schwarze auch durchaus bestätigt, indem er seinerseits angeführt hat, daß jetzt und fräher das Gebiet des Emscher⸗Kanals die dichteste Industrie besitzt, s dicht, daß wahrscheinlich der Emscherthal⸗Kanal allein durch den Lokalverkehr vollständig in Anspruch genommen wird und daß sie damit als Durchfahrtsstraße nicht die Bedeutung hat, welche die Lippe haben würde. Durch die Lippe können wenigstens zur Zeit und für die nächsten Jahrzehnte die Güter, die von Westen nach Osten und von Osten nach Westen vom Rhein zur Elbe und Weichsel fahren, ohne Hinderung durch den Lokalverkehr hindurchkommen. Das ist ganz richtig. Aber das hat ja auch von vornherein die Staatsregierung nicht zu einem absolut ablehnenden Standpunkt geführt, sondern die Staatsregierung hat gesagt, die Lippe⸗Kanalisierung wird mit der Zeit sich als nothwendig erweisen, wenn der Verkehr auf der Emscher⸗ thal-Linie so gewachsen sein wird, daß darunter die freie Durchfahrt von Osten nach Westen und umgekehrt leiden könnte. Zunächst legt man aber doch naturgemäß eine Verkehrsstraße dahin, wo das größte Verkehrsbedürfniß besteht.

Die Lippe⸗Linie hat, wie ich schon eben ausgeführt habe, zur Zeit eine örtliche Industrie von großer Bedeutung noch nicht zu bedienen. Die Zukunft wird allerdings ja mehr bringen, wenn die projektierten Bergbauanlagen erst zur Förderung gelangt sein werden; dagegen durchziebt die Emscherthal⸗Linie in günstigster Weise das große theinisch⸗westfälische Industriegebiet.

Dann, meine Herren, war als zweiter Grund, der für die Emscher⸗ Linie in erster Reihe sprach, daß durch die Wahl der Lippe⸗Linie eine Entlastung in dem eigentlichen Kohlen⸗ und Industrierevier nicht statt⸗ sinden würde. Es würde da alles beim Alten bleiben und die Eisen— bahn darauf angewiesen sein, sich so gut wie irgend möglich zu helfen; denn der geringe Verkehr, der von der Lippe herrührt und der dann durch den Lippe⸗Kanal abgeführt würde, würde eine wesentliche Ent— lastung des eigentlichen Industriereviers nicht herbeigeführt haben.

Drittens ist doch darauf aufmerksam zu machen, daß der Lippe⸗ Kanal 34 km mehr rheinabwärts münden würde als der Emscherthal⸗

Kanal. Es würde also die Bedeutung dieser Verbindung mit dem Rhein für die oberrheinischen Verkehre wesentlich ungünstiger sein (sehr richtig), also für die deutschen Verkehre, dagegen erheblich günstiger ausfallen für die holländischen Verkehre; denn Wesel liegt dicht an der holländischen Grenze.

Endlich würde der Lippe⸗Kanal nicht auf die großen, bereits vor⸗ bandenen Rheinhäfen sich stützen können: auf Ruhrort, den größten LKontinentalhafen, den wir besitzen, auf Duisburg, das ebenfalls jetzt schen eine kolossale Bedeutung erlangt hat, und auf Hochfeld, sondern es müßte erst ein neuer Hafen, auf den sich der Lippe⸗Keanal stützen konnte, in Wesel angelegt werden.

Meine Herren, ich kann wiederholen, daß die Staatsregierung von Anfang an nicht etwa vollständig ablehnend sich gegen die Lippe verhalten hat. Ich habe auch nicht aus den Ausführungen des Herrn Abg. Schwarze die Auffassung entnommen, daß er beabsichtigte, die Lippe nun an die Stelle der Emscher zu setzen. (Zuruf: Doch h)

So? Ich habe das nicht entnommen aus der Ausführung; viel leicht werde ich aber durch das Stenogramm in der Beziebung be⸗ lehrt. Früher ging wenistens die Auffassung dahin, daß gleichzeitig mit dem Emscher⸗Kanal der Lippe Kanal ausgeführt werden möge, und es hatte zu dem Ende die Provinz Westfalen einen Antrag formuliert, die Lippe ⸗Kanalisierung ihr zu überlassen gegen näher zu vereinbarende Bedingungen. Es ist im Jahre 1899, wie die Herren

seiteng der Staatsregierung, daß sie grundsãtzlich keine Bedenken trage, die Lippe⸗Kanalisierung der Provinz Westfalen unter näher zu vereinbarenden, möglichst billigen Bedingungen zu überlassen.

Die Bedingungen hat nun zunächst die Provinz Westfalen formuliert, unter diesen Bedingungen befanden sich hauptsächlich zwei, die für die Staatzregierung nicht annehmbar waren und auch heute noch nicht annebmbar sind.

Das ist erstens die Bedingung, daß die ganze Tarifbestimmung auf die Provinz übergeben soll. Meine Herren, es ist hier schon so wiederholt ausgesprochen worden, daß der Staat die Tarifbildung nun und nimmermehr au der Hand geben könne, daß ich, glaube ich, der Verpflichtung überhoben bin, bier nochmals die Gründe des weiteren dafür anzuführen. (Sehr richtig! links)

Zweltens aber verlangte die Provinz Westfalen von der Staats« regierung die feste, verbindliche Jusage, daß sie jede beantragte Schleypbabhn oder sonstigen Jubringer zum Kanal ibrerseits kon- æesstonieren wöirde. Auch diese Bedingung konnte die Staat regierung brerseitg nicht acceptieren.

Nun liegt die Sache jetzt so, daß nicht mehr der anal von der Previn Westfalen, sondern vom Staat ausgeführt werden soll. Die Sache hat also eine gan neue Wendung genommen, die erst in der aller⸗ letzten Jeit jur Kenntniß der Staatsregierung gebracht worden ist. Die lerung bat big jetzt eine feste Stellung zu diesem Antrage noch nicht einnebmen können. Ich bin daher auch nicht in der Lage, eiteag der Staatgregierung beute bierauf eine Erklärung abgeben zu lẽnnen. (Hört, bort) Wenn der Herr Abg. Schwarte meint, bei der Lippe läge alles so klipp und klar, daß man morgen schon etwa den Spaten in die rde siegen könnte, so ist die Sach doch nicht

so einfach. Es liegt allerdings ein Projekt vor, das mit einem Kostenanschlag von 34] Millionen abschließt. Ursprünglich war ein Kosten⸗ anschlag auf eine Summe von 22 Millionen Mark gemacht worden. Meine Herren, wenn ich heute von dem Abg. Schwarze belehrt werde, daß es sich darum handele, die Lippe an die Stelle des Emscherthal⸗ Kanals zu setzen, so paßt dieser Voranschlag und der Kosten⸗ anschlag, welcher auf demselben gebaut ist, nicht. Es müßte also zu⸗ nächst ein neues Projekt und ein neuer Kostenanschlag, der dieser außerordentlich vergrößerten Aufgabe entspricht, aufgestellt werden.

Der Herr Abg. Schwarze hat dann noch viele Vorzüge des Lippe⸗ Kanals hingestellt, zunächst den, daß die Lippe ein verhältnißmäßig reines Wässerchen sei gegenüber der Emscher. Meine Herren, das will ich nicht leugnen; ich habe zwar häufig auch von der schwarzen Lippe sprechen hören; aber wenn die Lippe heutzutage wirklich noch grüner ist als die Emscher, so verdankt sie das eben dem Umstande, daß ihr Wasser zu technischen Zwecken bisher nicht in irgend einem nennens⸗ werthen Maße gebraucht worden, daß die Gegend im Großen und Ganzen keine industrielle, sondern eine landwirthschaftliche ist. (Sehr richtig!)

Dann hat der Herr Abg. Schwarze gemeint, die Regierung hätte eine moralische und auch eine rechtliche Verpflichtung, die Lippe zu kanalisieren. Denn erstens sei die Lippe ein schiffbarer Fluß. Die Beweisführung hätte, wenn man sie überhaupt als zutreffend an— erkennen will, aus diesem Grunde denn doch weiter dahin gehen müssen, daß die Lippe der Schiffahrt, die auf ihr stattfindet, nicht mehr ge— nügen könne. Dieser Beweis ist aber wirklich nicht zu erbringen; es handelt sich um die Zukunft, nicht um die Gegenwart.

Der zweite Grund, den der Herr Abg. Schwarze angeführt hat, ist der und das soll wohl die rechtliche Seite der Verpflichtung nach seiner Auffassung sein daß die Staatsregierung der Lippe zur Speisung anderer Kanäle Wasser entnimmt. Das ist ganz richtig, aber Herr Schwarze hat vergessen, oder es ist ihm aus den Denk⸗ schriften, die dem Gesetzentwurf beigegeben sind, nicht bekannt geworden, daß, wenn der Mittelland⸗Kanal ausgeführt worden ist, wir von der Lippe eigentlich kaum noch etwas beanspruchen. Hineingesetzt sind in den Entwurf O75, in Wirklichkeit werden wir aber überhaupt kein Wasser der Lippe mehr zu entnehmen brauchen.

Meine Herren, ich will aber auf die technische Seite, auf den technischen Vergleich zwischen Lippe⸗ und Emscherthal-Linie hier nicht weiter eingehen; ich möchte vielmehr diesen Theil der Angelegenheit meinen technischen Herren Kommissarien überlassen. (Bravo!)

Geheimer Ober-Baurath Dresel setzt die technischen Vorzüge der Emscherthal-Linie auseinander, ist aber im einzelnen nicht zu verstehen.

Abg. von Tiedemann fr. kons.; nur bruchstückweise verständ⸗ lich: Ich habe früher meine Ansicht zu Gunsten der Kanalvorlage ausgesprochen, weil sie nicht nur dem Westen, sondern auch der Land—⸗ wirthschaft im Osten Nutzen bringt. Diese meine Ansicht hat das Mißfallen eines Theils meiner Wähler erregt. Landwirthschaft und Industrie müssen aber zusammengehen; im Reichstage liegt die Sache so, daß wir erhöhte Kornzölle nur mit Hilfe der Industrie durchfetzen können. Deshalb müßte die Landwirthschaft auch für den Kanal sein, selbst wenn sie keinen Nutzen., davon hätte. Aber der Landwirth— schaft wird mindestens kein Schaden durch den Kanal erwachsen. Die Landwirthschaft im Osten leidet am meisten darunter, daß ihr ein sicherer Absatzmarkt fehlt. Ich spreche allerdings eine ketzerische Ansicht aus, wenn ich behaupte: es fehlt der östlichen Landwirthschaft eine Industrie, welche derselben ihre Produkte abnehmen kann, die sie jetzt nicht loszuwerden weiß. Die Behauptung, daß der Arbeitermangel in den östlichen Provinzen durch eine Industrie noch vermehrt werden würde, ist sehr aum grano salis zu nehmen. Was veranlaßt denn den Arbeiter, abzuwandern? Er geht nach Westen, weil er in den Industriebezirken einen höheren Lohn hat. Könnte man das Miß verhältniß zwischen Angebot und Nachfrage selbst ausgleichen, so wäre es vielleicht leichter, die Arbeiter im ile festzuhalten, und die Arbeiter könnten, wenn sie im Winter in der Industrie gearbeitet haben, im Sommer wieder auf dem Lande arbeiten. (Bei der wachsenden Unruhe im Saale wird es für die Tribüne fast zur Un möglichkeit, ven den weiteren Ausführungen des Redners etwas im Zusammenhange zu verstehen.) Seute betrage die Fracht von Bromberg nach Herne 377 6, unter den Staffeltarifen habe sie etwa 2370 M betragen; sinke die Fracht auf dem Wasserwege, dem Kanal bis auf höchstens 13 oder 14 4, so eröffne sich damit für den Export der östlichen Landwirthschaft eine Perspektive, die in ihrer Bedeutung nicht unterschãtzt werden dürfe. 6 komme aber dazu noch, daß aller Wahrscheinlichkeit nach die Zölle für. Getreide erhöht würden:; jede Mark KTornzollerhöhung erhöhe auch die Differenz jzwischen den Preisen im Westen und im Osten und lasse den Export nach dem Westen noch lohnender erscheinen. Seit langem sei man bemüht, die Pro— vinz Posen wirthschaftlich zu beben; als ein großes Meliorations werk in diesem Sinne stelle sich auch die Kanalvorlage dar. Werde die Verbindung durch die Brahe mit der Weichsel ausgebaut, sodaß Schiffe mit größerer Tragfähigkeit ostwärts dirigiert werden könnten, se werde für die Provinz geradezu eine neue Uera anbrechen. Der Redner bofft, daß jedenfalls der neue Wasserweg zur Verbindung der

Dder und Weichsel nach der Vorlagg derwirflichi werden wird. Mit dem Bau des Kanals werde dem Mißverhältniß ein Ende gemacht, sich erinnern werden, daraufhin auch eine Erklärung abgegeben worden

das darin bestebe, daß dem Westen die große Wasserstraße des Rheins, dem Osten aber nichts Gleichbedeutendes zur Verfügung stebt.

Abg. Gothein (frs. Vzg ): Herr Schwarze hat heute auch der Reselution des Vereins zur Hebung der deutschen Fluß- und Kanal schiffabrt gedacht. Er wird wissen, daß ich an der Fassung, welche darin die Frage der Lippe⸗Kanalisierung erbalten bat, wesentlich be— theiligt bin. Ich gebe nun zu, daß die Antwort deg Ministers bezüglich der Lippe nicht befriedigt; aber die Lippe Interessenten gefährden die Livpe⸗Kanalisierung auch, wenn sie die Emschertbal-Linle gefährden. Daß der Minister sich auf einen ganz ablehnenden Stand— punkt stellt, bedaure ich sehr; die Forderungen der Interessenten, daß der Ausbau für Schiffe von mehr alg 600 1 Tragfähigkeit ibnen über⸗ lassen werde, und daß ibnen ein Theil der Kosten vom Staate zurück⸗ erstattet werde, sind doch keineswegs übertrieben. Ich fann daher auch nicht recht erkennen, warum der Minister sich so absolut ver⸗ neinend geäußert hat. Ebenso wenig kann ich entdecken, worin die Schädigung der linksrbeinischen Landwirthschaft durch den Kanal besteben soll. Derr am Jehnboff bat Kleinbabnen verlangt. Dagegen wird nie mand etwas haben, aber in diese Kanalporlage kann man doch nicht auch noch die mn mr bineinarbeiten. Ich finde auch in der Vorlage keine einzige Aeußerung, die dabin gedeutet werden könnte, daß es sich bier um ein . Programm handle, an dem vor den naͤchsten 15 Jahren nicht im geringsten gerüttelt werden dürfe, an dem nicht hinzusmsetzen und nichts abmihandeln sei. Man bat schon mit Recht darauf hingewiesen, daß die sehbigen Verhandlungen des preußischen Abgeordneten bauses eine k e Aehnlichkeit mit jenen Debatten baben, welche bei der Verstaatlichung der Eisenbahnen geyflegen wurden. Zum großen Nachtbeil des Staals hat thatsächlich der Staat nach der Verstaatlichung lange Zeit darauf verzichtet, neue Babnen ju bauen; aber das ging schließlich nicht länger, und man bat dazn übergeben müssen, das Bahnnetz ganz außerordentlich zu erweitern, zumal. nachdem durch das Rleinkahngeseß Gelegenbeit ur rascheren Förderung gegeben war. Von konservafiner Seite ist der Vorwurf erhoben, eg 2 ganz unjweckmaßig, eine wasserwirthschaftliche Vorlage einzubringen, in der Ranalbauten nnd R ahrtestraßen verquickt sind mit landwirtbschaftlichen Meliorationen. früher haben die Herren

doch selbft ein einheitliches Vorgehen verlangt. Jetzt nehmen sie eine andere Haltung ein, weil sie bloß die Rosinen 2 Kuchen 66. möchten. Graf Limburg hat es ja i , daß man nut die Meliorationen haben möchte, und selbst da möchte man noch die o geringe Beitragspflicht der Interessenten beseitigen. Graf Limburg hält die Regierung für verpflichtet, die ganzen Kosten zu tragen, weil ie selbst erklärt habe, die Ueberschwemmungsschäden an der unteren

der seien bloß durch die im Interesse der Schiffahrt erfolgte Oder regulierung am oberen und mittleren Lauf entstanden. Diese uffassung des Herrn Grafen ist absolut unrichtig. Wo hat die Regierung jemals eine solche Erklärung abgegeben? Die Regierung hat vielmehr stets bestritten, e eine solche Regulierung vorzugsweise im Schiffahrts— interesse erfolge; es handelt sich vielmehr bei jeder Regulierung in erster Linie um die Beschaffung genügender Vorfluth. Es ist außerdem aber auch völlig unrichtig, daß die speziell im Interesse der Schiffahrt vorgenommene Regulierung Ueberschwemmungen an der unteren Oder erzeugt habe. Im wesentlichen sind doch alle die kostspieligen Arbeiten zu dem Zweck gemacht worden, damit das große Oderbruch brauch⸗ bares Ackerland würde. Noch vor zwei Jahren hat ein Kommiffar der Regierung ausgeführt, daß die ausschließlich im landwirthschaft= lichen Interesse vorgenommene Eindeichung das Hochwasser sehr viel schneller als vorher ö, . alle an den Flüssen im Landes⸗ kulturinteresse, d. h. im Interesse der im Inundatlonsgebiet liegenden Besitzer, ausgeführten Arbeiten trägt der Staat die Lasten; 3. soll die Schiffahrt auch dazu herangezogen werden. Das Schiffahrtsinteresse ist doch auch auf diesen regulierten Flüssen das sekundäre Interesse; darum schreibt auch Artikel 54 der Reichs⸗ verfassung ausdrücklich die Abgabenfreiheit auf den natürlichen

Strömen vor, sofern nicht besondere Anlagen zur Erleichterung des

Verkehrs gemacht worden sind. Die Buhne ist nun keineswegs in erster Linie für die Schiffahrt da. Was in der Vorlage für die Weser an besonderen Bauten in Aussicht genommen ist, stellt sich allerdings als Verkehrsförderung dar, für die der Staat eine Abgabe zu erheben berechtigt ist. Ich hoffe, daß der Reichstag sich sehr besinnen wird, ehe er die Verfassung ändert. Nicht bloß an die Herren aus Schlesien, sondern auch an die Brandenburger und die Herren von der Elbe möchte ich die Bitte richten, sich die Sache recht gründlich zu überlegen. Bezüglich des Rheins ist es ja ganz gleichgültig, ob Artikel 54 besteht oder nicht; denn die Rheinschiffahrksakte garantiert die Abgabenfreiheit, und Holland, Hessen, Baden und Bayern werden auf die Abgabenfreiheit nicht verzichten. Diese Staaten würden sich in ihr eigenes Fleisch schneiden, wenn sie darauf verzichteten; sie denken garnicht daran. 1 stimmt nimmermehr zu. Aehnlich liegen die Verhältnisse 8züglich der Elbe. Glauben Sie denn, Oesterreich und Sachsen, deren Bahnen zum größten Theile von der Abgaben⸗ freiheit leben, würden auf die Aufhebung der Abgaben⸗ freiheit eingehen? Nein. Der Effekt würde schließlich sein, daß wir auf der Oder, der Weichsel und den märkischen ,, die er⸗ höhten Abgaben haben, während der Westen frei bleiben würde, und der Osten käme abermals nicht vorwärts. Gerade als Vertreter des Ostens muß ich mich aufs entschiedenste gegen ein solches Unternehmen wenden. Die schlesische Zuckerindustrie ist erst mit den besseren Wasser⸗ straßen zum Aufblühen gekommen, weil ja die Zuckerfracht viel höher als die Kohlenfracht ist; außerordentlich groß ist ferner der schlesische Export von Mehl und Malz auf den Wasserstraßen. Wer war denn hier im Hause früher der eifrigste Vorkämpfer der Wasserstraßen? Das war kein fossiler Freisinniger, sondern ein Fraktionsgenosse des Herrn von Zedlitz, der verstorbene Industrielle Schöller. Unmittelbar nachdem er bei der Wahl in Breslau mir unterlegen war, hat er mir noch gesagt: Es thut mir bloß leid, daß ich nicht mit Ihnen ge⸗

meinsam im Abgeordnetenhause die Interessen unserer Wasserstraßen

wahrnehmen kann. Schöller würde sich im Grabe umdrehen, wenn

er die Reden seines Fraktionsgenossen von Zedlitz hätte hören müssen. Es kann uns nur leid thun, daß es in Breslau nicht mehr möglich war, die freikonservative Seite durch den großen Einfluß und die große Sachkenntniß des Herrn Schöller zu perstärken. Der Oder⸗Spree⸗Kanal bringt schon jetzt eine 3 ige Verzinfung, die auch noch weiter steigen wird. Als Schlesier hätte ich gewünscht, daß die Anlage zweiter Schleusen am Oder-Spree Kanal schon in die Vorlage aufgenommen wäre, denn dann würde nicht bloß der Verkehr sich ganz erheblich steigern, sondern auch ein höherer Ertrag die Folge sein. Aber nichts davon. Ich kann nicht umhin, zu erklären, daß die Art, wie diese Frage auch in der jetzigen Vorlage behandelt ist, in Schlesien tiefe Verstimmung erregt hat, ebenso die Ankündigung, daß man damit umgeht, auf den märkischen Wasserstraßen die Abgaben zu verdoppeln, ebwohl doch diese schon jetzt eine kleine Rente bringen. Man hat diese Ankündigung vielfach als eine Intrigue aufgefaßt, welche gesponnen sei, um die Schlesier gegen die Kanalverlage mobil zu machen. Es giebt ja auch im Ministerium gewiß Freunde und Gegner der Kanalvorlage; aber die Gegner sollten da doch etwas mehr am Zügel gehalten werden. Herr von Zedlitz hebt die Nothwendigkeit der Tarifherabsetzung in seinen Etafzreden stets hervor, aber nie hat er etwas gethan, um diese schönen Worte in die That umzusetzen. Als der Finanz. Minister die Herabsetzung der Nohstofftarife ablehnte, unterstützten ihn Herr von Jedlitz und seine Fraktionsgenossen. Herr von Ferlt hat immer die Minister unterstützt, wenn es sich darum handelte, Anträge auf Tarifherabsetzungen ab- zulehnen. Wir haben thatsächlich Tarifermäßigungen nur da erhalten, wo die Konkurenz der Wasserstraßen sie erforderte. Die Ermãßigungen haben aber stets zu Transportvermehrungen geführt, sodaß die Ein nahmen segar noch stiegen. Die Tarifermäßigungen haben außer ordentlich befruchtend auf die Eisenbahnen gewirkt. Die größte Be—⸗ deutung wird der Mittelland Kanal dadurch erlangen, daß er zu Tarifermäßigungen führt, die eine Vermehrung des Verkehrs und damit erhohte Einnahmen auch der Eisenbahnen im Gefolge haben werden. Der Eisenbahn Minister hat große nden f. erzielt infolge niedrigerer Preise der Materialien. Wir werden nach dem Kanalbau auch in Zukunft mit niedrigen Materialpreisen rechnen können der Betriebskosffizient wird also auch weiter günstig bleiben. Herr Stengel weist auf die Entwerthung des Lolomotivmakerials durch die Einführung des e Betriebes hin. Dag ist allerdings nur eine Frage der Zeit. Aber der elektrische Betrieb wird dafür auch billiger sein. Diese Umwandlung wird sich nicht so voll liehen, daß man jugleich auf allen Linien den elektrischen Betrieb einführt, sondern nur ganz allmählich. Auf dem Manchester⸗ Kanal, dessen Ergebnisse man ung immer entgegenhält, haben die Schiffahrt Einnabmen 1894 allerdings nur 340 605 M betragen; da— gen sind sie bis zum Jahre 1898 auf 4324009 M gestiegen, weil Manchester, das eine Zeit lang im Nückgang war, inzwis einen großen Aufschwung genommen bat. Den Mittelland Kanal will die Rechte entschieden ablehnen, weil sie darin ein Ginfallethor für die fremde Einfuhr sieht. Es ist aber eine eminente Gefahr vorbanden, wenn ein großes wirthschaftliches Gebiet nur auf einen einzigen Auefuhrbafen angewiesen ist. Das hat sich bei der Cholera gejeigt, als der Hamburger Dafen gesperrt war. Aus dem einseitigen Ausbau Mittelland Kanals könnten allerdings ße Schäden für Schlesien entsteben, und daher sind mir S ** gegen diesen einseitigen Ausbau gewesen. Aber die Regie rung bat ihre Jusicherungen eines Ausgleichs für Schlesien auf das Destimmteste wiederholt. Wenn wir keine neuen Verkehraanlagen schaffen, werden wir verknöchern; dann können wir gleich eine chinesische Mauer um ung ziehen. Wir sind, um unsere Bevslterung zu er. nähren, auf die Ausfuhr angewiesen. Sie (zur Rechten wollen aber die Produktionskosten durch böbere Getreidezölle und Ab= lebnun ven Tarifermäßigungen doppelt verteuern. Wir Schlesser sind ganz entschieden gegen die Bstlinie Heim Berlin Stettiner Schiffahrteweg, nicht wegen der Konkurrenz auf dem Koblengebiete, sondern schon aug dem technischen Grunde, weil nach einer Einführung dieser Wasserstraße in die Ober⸗ spree die Schleusen fortgeseßzzt verstopft sein würden. Herr don e, at gestern die Gisenbabn als die Amme des Fiekun Häichnet. Wir dürfen aber nicht nur an den Zögling denken, sondern můssen ** die Mutter, die ö denken. X von Jedlitz hat in seiner Etatgrede die Fisenbabn die milchende genannt. Die Herten Landwirtbe sollten doch wissen, daß eine Ru

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