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erhebt der Minister den Kompetenzeinwand. Aber sein Ressort hat doch das Gesetz auszuführen, und er hat auch bei der Berathung hier im Hause dazu gesprochen. Das 4 hat Fiasko gemacht; was nicht betroffen werden sollte, das legale Ge chäft, wird ganz empfindlich be⸗ nachtheiligt. Ich könnte mich ja allerdings einer irrthümlichen Auf⸗ faffung über die Kompetenzfrage hingegeben haben.
Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:
Meine Herren! Ich würde sogleich nach den beiden Herren Rednern, die vor dem letzten Herrn Redner gesprochen haben, das Wort ergriffen haben, wenn ich nicht angenommen hätte, daß auch der Herr Vorredner über die Errichtung einer Handelskammer in Berlin sprechen würde. Statt dessen ist er wieder auf Dinge zurückgekommen, die wir gestern besprochen haben. Ich möchte mir gestatten, noch mit zwei Worten darüber zu reden. Jedermann ist im allgemeinen der beste Interpret seiner eigenen Aeußerungen; ich glaube, deshalb auch für mich das Recht in Anspruch nehmen zu können, daß die von mir gemachten Aeußerungen von niemand besser als von mir interpretiert werden können. (Sehr richtig! rechts) Wer das nicht anerkennen will, dem kann ich nicht helfen. (Sehr richtig! rechts.)
Was das Börsengesetz betrifft, so scheint der Herr Vorredner nicht zu wissen, daß dies Gesetz bereits in Kraft trat, als ich in mein Amt eingetreten bin, und daß mir die Aufgabe zufiel, es gewissenhaft zur Ausführung zu bringen. Diese meine Aufgabe glaube ich auch erfüllt zu haben; ich habe aus seinen Ausführungen nichts entnehmen können, woraus das Gegentheil hervorgeht.
Was nun den deutschen Handelstag anlangt, so pflege ich der Regel nach einen Kommissar zu seinen Sitzungen hinzuschicken. In diesem Jahre habe ich es nicht gethan, weil zwei Gegenstände auf der Tagesordnung standen, bei denen ich schlechterdings nicht in der Lage war, mich auch nur informatorisch zu äußern; das eine war die Zoll⸗ tariffrage und das andere das Börsengesetz. Ich kann hierin den Entschließungen der Reichsregierung nicht vorgreifen; diese aber war durch den Grafen Posadowsky und durch einen besonderen Kommissar vertreten, sodaß meine Vertretung nicht nothwendig war. Nur aus diesem Grunde, keineswegs aus irgend einer feindseligen Haltung gegen⸗ über dem Handelstage, habe ich in diesem Jahre davon abgesehen, mich vertreten zu lassen. In früheren Jahren habe ich bei so und so viel Anlässen Kommissare hingeschickt und selbst sogar an dem Essen theil⸗ genommen, zu dem man mich eingeladen hatte (Heiterkeit), also in jeder Weise zu erkennen gegeben, daß ich es durchaus nicht ablehne, mit den Herren in einen freundlichen und angemessenen Verkehr zu treten.
Ich komme nun zum Waarenhaussteuergesetz. Der Herr Vor⸗ redner scheint aus meiner gestrigen Aeußerung entnommen zu haben, als wenn ich mich über die Bedeutung des Gesetzes irgendwie abfällig oder ungünstig habe aussprechen wollen. Das hat mir vollständig fern gelegen. Ich habe meine Erklärung über das Waarenhaussteuergesetz seinerzeit hier im Hause abgegeben. Ich bitte auch wohl zu berück⸗ sichtigen, daß das Ministerium für die Vorlagen, die es macht, solidarisch ist, und daß es vollständig ausgeschlossen ist, daß ein Minister sich gegen ein Gesetz ausspricht, welches von einem andern vertreten ist. Wenn Sie aber bezüglich dieses Gesetzes eine Kritik üben und Reformvorschläge machen wollen, habe ich wohl die Berechtigung, Sie zu ersuchen, sich an die Stelle zu wenden, die besser informiert ist, die das Gesetz gemacht hat; das ist die Finanz⸗ verwaltung.
Ich komme zu der Frage der Errichtung einer Handelskammer in Berlin. Ich habe bereits im vorigen Jahre meine grundsätzliche Auf⸗ fassung in dieser Sache auseinandergesetzt. Ich gehe von der Ansicht aus, daß die Korporationen, die ja noch in verschiedenen großen Städten unseres Sandes bestehen und die nach dem Handelskammergesetz auch die Handelskammern ersetzen sollen, allerdings ihre volle Berechtigung haben, wenn sie thatsächlich eine Gesammtvertretung der Interessen des Handels und der Indu⸗ strie eines bestimmten Bezirks darstellen. Ich bin aber der Meinung, daß da, wo das nicht der Fall ist, thatsächlich die Regierung, die Handels und Gewerbeverwaltung, den Wunsch haben muß, eine Gesammtvertretung der Handels ⸗ und Gewerbeinteressen des be⸗ treffenden Bezirks an ihre Stelle zu setzen. Das trifft nun aber bei Berlin zu. Das Aeltesten⸗Kollegium hat es trotz der Aenderung seines Statuts nur auf circa 2300 Firmen gebracht gegenüber einer Ge sammtsumme von mehr als 19000. Das ist doch keine Vertretung der Gesammtinteressen von Handel und Industrie in Berlin. Des halb muß ich Werth darauf legen, daß eine solche Gesammtvertretung geschaffen wird. Bisher habe ich, um mir zu helfen, immer neben den Aeltesten der Kaufmannschaft noch verschiedene andere Vereine gebört. Das ist mir sehr nützlich und zuträglich gewesen; aber schließlich geben solche Aeußerungen nur die Auffassung von einzelnen Gruppen, aber keineswegs ven der Gesammtvertretung von Handel und Industrie. Nun legerich allerdings großen Werth darauf, daß eine solche Gesammt vertretung im Wege der freiwilligen Umgestaltung herbeigeführt
ird, aus den Gründen, die ich früber ausgeführt babe und die auch der Herr Abg. Richter vorgetragen hat. Ich gehe sogar noch weiter: ich hätte nichts dagegen einzuwenden gehabt, wenn es thatsächlich der Korporation gelungen wäre, die Gesammtzabl der hiesigen Firmen oder auch nur den überwiegenden zeil i si aufiunehmen, statt daß sie es bisher nur auf 2300 Firmen gebracht hat. Hätte die Korworation den Rath befolgt, den ich ihr nach Verabschiedung des Handelskammergesetzes gegeben hatte, sie möge nur die Thore etwas weiter öffnen, die Beiträge weiter abstufen und beruntersetzen und die Zahl ihrer Mitglieder noch weiter vermehren,
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worden ist, ob der Zweck noch iu erreichen ist.
Meine Herren, jetzt liegt die Sache überbaupt etwas anders als im vorigen Jahre. Die Verhandlungen, die ich mit den Aeltesten ge⸗ führt babe, sind insofern ergebnißlos gewesen, als sie es absolut ab⸗ gelehnt baben, sich freiwillig in eine Handelskammer umzuwandeln. Nun ist bei mir der Antrag auf Errichtung einer Handelskammer neben der Keworation eingegangen; diesen Antrag habe ich darüber nach 5 2 des Handels lammergesetzeg Danach errichte nicht ich die Handelslammern, sondern die Handelskammern werden von den Betheiligten errichtet; ich habe nur die Genehmigung damn zu ertbeilen und kann sie nur
zu prüfen und zu entscheiden.
hätte sie das alles in dem Umfange gethan, wie ich es jbr bei Berathung ibres Statuts empfohlen habe, vielleicht wäre es ibr möglich gewesen, etwas mehr zu erreichen, als sie erreicht hat. Sie bat es damals nicht gethan und kommt jetzt mit solchen Antrãgen, wo die Sturmfluth so boch gewachsen ist, daß es jetzt zweifelhaft ge⸗
dann verweigern, wenn Gründe des öffentlichen Interesses vorliegen, die schwerwiegend genug sind, um diese Verweigerung auszusprechen. Das ist die Entscheidung, die mir vorbehalten ist, die ich zu treffen habe. Die kann ich aber nicht eher treffen, als bis ich der Korporation der Kaufleute, den Aeltesten, Gelegenheit gegeben habe, sich über diesen Antrag, über die ihm beigefügten Anlagen, die ganzen Unter⸗ lagen des Antrages zu äußern. Das habe ich veranlaßt; ich habe den Herrn Ober⸗Präsidenten veranlaßt, den Antrag den Aeltesten vor⸗ zulegen, eine Erkläruug von ihnen einzufordern und sie mir mit Bericht vorzulegen. Sobald diese Erklärung und dieser Bericht vor⸗ liegt, werde ich meine Entscheidung treffen. Daß ich mich aber nicht dazu verstehen kann, hier schon jetzt eine Erklärung abzugeben, die dieser meiner Entscheidung präjudiziert, das werden Sie, meine Herren, sowohl aus formellen wie aus sachlichen Gründen begreiflich finden. Deshalb beschränke ich mich auf diese Bemerkungen. (Sehr richtig! rechts.)
Abg. Dr. Barth ffr. Vgg): Mit der Sturmfluth gegen das Aeltestenkollegium ist es wirklich nicht so weit her; die Sturmfluth egen das Börfengefetz ist eine ganz andere. Ein konservativer Minister eh sich doch an das Bestehende halten, und zwar in diesem Falle um so mehr, als niemand sagen kann, daß die Handelskammer auch nur entfernt etwas dem Aehnliches leisten wird, das die Korporation der Aeltesten der Kaufmannschaft in Berlin geleistet hat. Die Leistungen der letzteren treten hinter keiner Leistung irgend einer anderen deutschen Handelskammer zurück. Es sind ja sehr zahlreiche Stimmen für eine Handelskammer aufgebracht worden, aber gerade dieser Um⸗ stand spricht dafür, daß es sich hier in den meisten Fällen um Ge⸗ fälligkeltsaecepte gehandelt hat. Die 10 000 Leute, an die man heran⸗ getreten ist, und die verschiedenen Vereine. welche die Durchsetzung ihres Willens in dieser Frage zum agitatorischen Ehrenpunkt gemacht haben, sind sich der Wichtigkeit der Sache kaum bewußt; denn sie haben sich bis jetzt nicht um Hie Geschäfte der Aeltesten gekümmert und werden sich später um die Geschäfte der Handelskammer nicht kümmern, sie werden' kelnen inneren Antheil daran nehmen. Was nützt die Be⸗ rechtigung der Leute, wenn sie sich thatsächlich nicht um die Sache kümmern? Die 2000 Korporierten haben ein inneres Interesse an den Fragen und bekunden es auch. Daß man sich darüber wundert, daß gerade die Konservativen und die Agrarier von der Farbe des Herrn Paasche mit diesem handelsfreundlichen Antrag kommen, kann nicht auffallen; man kennt die Herren nachgerade und sagt ich timeo Hanaosl let d0ng ferentes. Man sollte doch zunächst abwarten, ob die von dem Aeltestenkollegium vorgeschlagenen Reformen von der Korporation wirklich abgelehnt werden; es ist mit 10 gegen] zu wetten, daß das nicht geschehen wird. Daß die Abstufung der Jahresbeiträge gegen die Ehre der jetzigen Agitatoren verstoße, wenn sie nicht so viel bezahlen sollen als die Höchstbesteuerten, ist doch besonders eigenartig; bisher hat man von einem solchen Gedränge nach den höheren Steuer⸗ stufen nichts gehört. Dieses Argument bezeichnet so recht die Ver⸗ legenheit derjenigen, die sich abmühen, die Nothwendigkeit einer Handels⸗ kammer plausibel zu machen. Weshalb können die Herren, wenn sie folches Interesse an der Sache haben, nicht die paar Tausend Mann mobil machen zum Eintritt in die Korporation, in der sie ihr Ziel viel ein⸗ facher und rascher erreichen könnten? Diese Elemente aber waren bisher todt und haben jedenfalls für ernste, dauernde Arbeit keine Neigung gehabt; deshalb scheint auch dieser Pairsschub' in die Korporation hinein praktisch nicht ausführbar gewesen zu sein. Auch das Aeltesten⸗ follegium hat sich bis jetzt noch nicht davon überzeugen können, daß eine Handelskammer nothwendig ist; die Korporation wird aufrecht⸗ erhallen bleiben und die Handelskammer mit ihrem viel größeren Ansehen, mit ihrer viel größeren Bedeutung erdrücken. Schon aus dieser Eventualität heraus wird der Handels⸗ Minister es jedenfalls nicht zum Konflikt kommen lassen. Für das Börsengesetz lehnt der Minister die Verantwortung ab; er thut recht daran, ich möchte sie auch nicht tragen. Aber uns scheint doch, als ob auch für ihn der Moment gekommen ist, angesichts der auf diesem Gebiele hervorgetretenen Schäden aktiv einzugreifen. Herr von Berlepsch hat fich niemals so ablehnend verhalten. Daß es sich um eine Reichsfache handelt, die Preußen nichts angeht, kann man nicht gelten lassen. Das Börsengesetz, wie es jetzt gehandhabt wird, ist ein Gesetz zur Verletzung von Treu und Glauben; die Praxis mit dem Differenzeinwand hat ungeheuerliche Aus artungen gezeitigt. Es macht sogar schon der Einzelne diese Doppelgeschäfte, indem er, die Gewinne instreicht und gegen die Verluste den Differenzeinwand erhebt. Der reelle, rer baste
Kaufmann, der sein Wort einlöst, ist jetzt im Nachtheil gegenüber
demjenigen, der sich die Prämie verdient, welche das Gesetz auf die Verletzung von Trtu und Glauben thatsächlich gesetzt hat. Diesem“ Zustande muß der Minister im Interesse des Schutzes des eörenhaften Kaufmannsstandes ein Ende bereiten. Im Auslande fängt der Kredit des deutschen Kaufmanns an, auf Erschütterung zu stoßen, weil man auch dort gemerkt hat, daß einzelne Kaufleute sich dieser faulen Hinterthür bedienen. Im Wirthschaftlichen Ausschusse sind der Handel und seine Interessen bei der Zusammensetzung sehr schlecht weggekommen. Man hat keine genügende Empfindung dafür gehabt, daß gerade der Handelsstand bei dem Abschluß der Handelsverträge ein gewichtiges und sachverständiges Wort mitzureden bat; man hat bloß die einseitigen Interessenvertreter zusammengesetzt, während der Kaufmann die allgemeinen Interessen ver⸗ tritt. Die Kaufmannschaft hätte also weit mehr berücksichtigt werden müffen. Ueberall stoßen wir auf eine so kleinliche Auffassung dieses nothwendigen Instruments des Weltwerkehrs, wie sie im zwanzigsten Jahrhundert kaum begreiflich erscheint. Der Handels-Minister sollte es gerade für seine Aufgabe halten, den Minister⸗Kollegen gegenüber zu betonen, von welcher eminenten nationalen und internationaler RBedeutung der Kaufmann ist. Unsere Meinung von der Stellung cines Handels Minifters ist also eine außerordentlich hohe: wir be dauern nur, daß er nicht bisher schon aus eigener Initiative die Be deutung seiner Stellung in höherem Maße zur Geltung gebracht hat.
Abg. Felisch: Meine Freunde legen Werth auf die Lsung der Handelekammerfrage für Berlin, weil sie darin eine eminente Mittel standefrage sehen. Bei der vorsäbrigen Verhandlung zog ich infolge der entgegenkommenden Erklärung des Ministers meinen Antrag zu rück. Serr Barth bat neulich darüber gewitzelt, daß niemand sagen könne, was denn der Mittel stand sei. Es ist erklärlich, daß Herr Barth, der Vertreter des laisser faire, sich nicht für den Mittelstand erwärmen kann. Mittelstandepolitik ist die Fürsorge für denjenigen Stand, der in den letzten zwansig Jahren durch die Gesetzgebung, in un erbörter Weise vernachlässigt worden ist. Die überwältigende Mehr best der Handels- und Gewerbetreibenden von Berlin hat sich für die Errichtung der Handelt kammern ausgesprochen. Die Korporation der Aeltesten der Kaufmannschaft vertritt wesentlich nur Börseninteressen und stellt daber keine Vertretung des gesammten Handels und Ge⸗ werbes dar. Der Bund für Handel und Gewerbe, der Bund der Industriellen, der Zentralverband der selbständigen Gewerbetreibenden, der Verkand der Berliner Spezialgeschafte und die Vereinigung der Kaufleute batten an das Aeltestentolleginmn den Antrag gerichtet, eine Umfrage zu veranstalten, ob eine Handelskammer gewunscht werde; das Kollegium bat das kübl abgelehnt. Deshalb wurde bon anderer Scite die Umfrage gemacht. Von 20 200 he fragten Firmen baben 60 09 geantwortet; davon stimmten 10 141 für bie Grrichtung einer Handelekammer und nur 378 gegen dieselbe. Der Minister bat also Recht, wenn er saßt, daß die Bewegung schon zur Sturmfluth angewachsen sei. Man sagt, dle Sandelskammer sei eine Jwangsorganisation und daber ein Danaergeschenk. Beruht nicht aber die ganze Sonalvolitif auf Zwangsorganisatienen? Und der Zwang bat fich durchaus als segengreich erwiesen. Gs ist eine Mittelstande frage, aber absolut keine Parteifrage.
Abg. Gamp (freikens ): Ich weiß nicht, ob der Minister Ver⸗ anlaffung bat, auf die Belehrungen des Abg. Barth einzugeben Ich kann Serrn Barth eigentlich nicht ernst nehmen, denn er will, daß
über die Handelsverträge nur die internationele Interessen ver. tretenden Kaufleute als . gehört werden. Landwirth⸗ schaft und Inbuftrie stehen bei den Händelsvertcägen im Vordergrund; eg wäre ein schwerer Fehler der Regierung sich dabei von den Handeln intereffenten berathen zu lassen. Mit der Zusaimmensetzung des Wirth. schaftlichen Ausschusses könnten die Berliner gerade zufrieden sein, denn unter den 30 Mitgliedern war Berlin 3 durch 4 Mitglieder die . Bachler, Martius, Frentzel und Herz, vertreten. Dag Börfengesetz hat sich durchaus bewährt, Die Vorwürfe gegen daz Gesetz richten sich nur gegen eine nicht beabsichtigte Wirkung des Gesetzes, und an dieser sind die Großhandelskreise c k, welche sich dem Gesetz nicht unterwerfen wollten. Sie haben es sich selbst zuzu schreiben, wenn sie dadurch in eine mißliche Lage gekommen sind. Nachdem sich aber die Verhältnisse, so entwickelt haben, muß die e ge . eingreifen, denn auch wir wollen, ö. Treu und Glauben die Grundlagen des Handels bleiben sollen. ir sind also hier wo es . um die Frage des Differenzeinwandes andelt, bereit, den Wünschen des Handels entgegenzukommen. Bei allen in das Handelsregister eingetragenen Personen muß der Differenzeinwand ausgeschlossen werden. Das würde die Einrichtung des Börsen— registerß stärken. Leider hat das Verbot des Terminhandels dahin geführt, daß durch die Judikatur auch die legitimen Lieferungsgeschäft n Waaren darunter fubsumiert worden sind. Die Lieferung ven Dünger⸗ und Futterstoffen ꝛc., darf davon nicht betroffen werden. In dieser . muß also eine Aenderung eintreten. Der Antrag Felisch sollte einer Kommission überwiesen werden. Ich theile die optimistische Auffassung des Antragstellers nicht, daß wirklich eine sachgemäße Vertretung des Berliner Gewerbes mit der Handelskammer geschaffen würde. Nachdem die von dem Aeltesten⸗ ollegium beschlossenen Abänderungen gemacht worden sind, kann man doch jetzt nicht sagen, dieses neue Statut sei so schlecht, daß es sofort wieder geändert werden müsse. Man hätte früher energischere e. rungen an das Kollegium stellen sollen. Ich würde eine berufs⸗ genossenschaftliche Organisation für die geeignete Grundlage der gewerblichen Interessenvertretungen halten. Ich kann mit⸗ theilen, daß Fürst Bismarck beabsichtigte den Berufsgenossen⸗ schaften weitere Nechte zu geben und darauf die Organisation der gewerb⸗ lichen Interessenvertretungen aufzubauen. Nach den Aeußerungen des Abg. Richter möchte ich fast dem Grafen Posadowsky anheimstellen, wieder beffere Beziehungen mit dem Zentral verband der Industriellen anzuknüpfen, da dieser nach dem Urtheil des Abg. Richter eine bessere Vertretung ist als der Handelstag. Das Kleingewerbe ist im Aeltesten⸗Kollegium allerdings nicht vertreten, aber das würde auch nicht in einer Handelskammer der Fall sein; Tie vierte Gewerbesteuer⸗ klasse wäre darin doch nicht bertreten. Die dritte Gewerbesteuer⸗ klasse soll für die Handelskammer einen Beitrag von 235 geben; in Wirklichkeit wird das nicht reichen, es werden wohl 5 — 6 S herauskommen; und das unterscheidet sich nicht wesentlich von dem Beitrag von 9 6, den das Aeltesten · Kollegium verlangt. Zu den freien Vereinen zahlen ja die Gewerbe treibenden jo A6. Beitrag; warum treten sie also nicht in das Aeltesten Kollegium ein und schaffen dadurch eine ihren Wünschen entsprechende Vertretung? Haben denn die Aeltesten bisher das Intereffe des Kleingewerbes vernachlässigt, oder haben andere Handels kammern für das Kleingewerbe, für Fortbildungsschulen und sonstige Einrichtungen mehr gethan als die, Aeltesten? Wenn die Handels kammer neben dem Aeltesten Kollegium nichts leisten kann, so wäre das eine Blamage für die Antragsteller. Gelingt es den Herren, eine bessere Vertretung des Kleingewerbes zu schaffen, so werde ich nm ihrer ö sein, aber ich glaube nicht, daß es ihnen möglich sein wird.
Abg. Graf von Kanitz (kons): Zwischen den Sturmfluthen des Minifters und des Abg. Barth besteht ein großer Unterschied. Hinter der Sturmfluth des Ministers stehen 10 300, hinter der des Abg. Barth nur 2000 Personen. Der Minister bemüht sich, das Börsen⸗ gesetz durchzuführen, mehr kann man von ihm nicht verlangen; von einer Parteinahme ist nicht die Rede. Es ist nicht richtig, daß Treu und Glauben durch das Börsengesetz beseitigt wird. Es kann seder in das Börsenregister Eingetragene verlangen, daß sein Fontrahent sich in das Register eintragen läßt, sonst macht er kein Geschäft mit ihm. Die Abschaffung des Börsen⸗ gesetzes würde auch nicht den Zustand herbeiführen, den Herr Barth wänscht; denn es bliebe immer noch der Differenzeinwand bestehen. Ich freue mich, daß durch die neue Entscheidung des Reichsgerichts ndlich eine gesunde, feste Basis für die Geschäfte geschaffen wird. Das Reichsgericht hat entschieden, daß Geschäfte, von Personen, die nicht in das Register eingetragen sind, der rechtlichen Grundlage ent. behren und nicht für geschlossen gelten. Wenn nun ein Geschäft nicht geschlossen ist, kann auch eine Forderung daraus nicht er— hoben werden. Wir können dem Reichsgericht für seine Entscheidung nur dankbar sein. Von Treu und. Glauben und der Ehre der Kaufmannschaft kann man hier gar nicht reden. Daß es auch im KRaufmannsstande unlautere Elemente giebt und immer geben wird, weiß Herr Barth ebenso gut wie wir. In der Börsenenquẽtekommission suchten wir nach einem Ausweg, um dem Differenzeinwand zu be gegnen, und da sind wir auf das Register gekommen. Wissen die Herren ein besseres Mittel dafür? Herr von Mendelssohn⸗Bartholdy hat in der Börsenenquetekommission auch für das Börsenregister gestimmt. Zum Antrag Felisch hat der Minister einen ganz kor⸗ retten Standpunkt eingenommen, indem er sich auf den Boden des Gesetzes stellte und hervorbob, daß er selbst nicht eine Handels kammer errichten könne. Die bisherige Einrichtung des Aeltesten. Kollegiums in Berlin ist doch wohl nicht eignet. alle Zweige der hochentwickelten Groß und Kleinindustrie Berlins gebührend zu ber treten. Ich will damit keinen Vorwurf gegen das Aeltesten · Kollegium ausfprechen und verwahre mich auch ausdrücklich dagegen, daß aus dem Antrag Felisch irgend ein Vorwurf gegen das Kollegium her geleitet wird. Indessen: das Bessere ist der Feind des Guten. Bei aller Anerkennung will ich nicht unterlassen, auf diejenigen Punkte hinzuweisen, bei, denen vielleicht eine gewisse sch will sagen: einseitige Interessenvertretung sich geltend gemacht hat. Das ist in erster Linie die Stellung des Aeltesten Kollegiums zur Börsenresorm. Ich verstehe diesen schroff ablehnenden Standpunkt, den das Aeltesten⸗Kollegium eingenommen hat und noch einnimmt, nicht. Bezeichnend ist für die Stellung des Kollegium zur Börsenreform, daß Geheimer Rath Frentzel und Nn von Mendelssohn in das Aeltesten⸗Kollegium nicht wiedergewablt worden sind. Wenn hier in Berlin überhaupt eine Sandelskamme errichtet wird, fo müssen ihr auch alle Funktionen zugewiesen werde welche ihr das Handelskammergesetz giebt; und warum sollte nickt, wie die Handelskammern in Breslau, Köln, Frankf auch die Leitung der Börsenaufsicht übernehmen? Weiterhin könnt man dem Ueltesten⸗Kollegium die Stellungnahme gegenüber den Ver bereitungen zum Zolltarif zum Vorwurf machen. Auch der Beschluß des Handel stages, welcher namentlich eine Erhöhung des Zollschutze der Landwirthschaft für unnöthig erklärt, ist nicht geeignet, Vertrauen zu erwecken. Die Vertreter der Berliner Tertilinduftrie denke anders als die Serren von der Linken über den Schutz unseret Industrie gegenüber dem Auslande. Ich hätte mich gefreut, wenn Derr Richter im Wirthschaftlichen Ausschuß ge essen bätte; dann Fatte er das alles selbst erfahren können. Die Vertreter im Ausschuß sind nicht vartelisch ausgewählt worden, sendern man bat die bedeutendsten Männer dazu gengmmen. Herr Michter sagt. bie Landwirtbe sollten vor ihrer eigenen Thür kehren und für n= bessere Vertretung der kleinen Grundbesißer auf den Rreistagen sergen. Sie haben aber dieselbe Stellung daselbst wie die Großgrundbesiher Dir vertreten mit dem Antrage Felisch vorzugsweise das Ven, gewerbe und den Mittelstand. Den Mittelstand will Ff Dart nicht gelten laffen. Er hat neulich gesagt, wenn vom ittelstand bie ebe sei, komme ihm das immer wie Stimmenfang vor Dir lassen wir ung nicht irre machen in der Fürsorge für den Mittelstand, um an Stelle der alten Srganisation eine nene zu schaffen.
(Schluß in der Dritten Beilage.)
chen Reichs⸗Anzeiger und Königlich
(Schluß aus der Zweiten Beilage.)
Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:
Meine Herren! Ich möchte mir noch zwei Bemerkungen über die Handelskammerfrage gestatten. Zunächst ist der Abg. Barth — ich glaube, er war es — von der Ansicht ausgegangen, daß die Kor⸗ poration der Kaufleute hier eine völlig genügende Gesammtvertretung des Handels und der Industrie von Berlin wäre, wenn es jedem der Angehörigen von Industrie und Handel freistände, zu einem bestimmten Beitragssatz der Korporation beizutreten. Thäte er das nicht, so hätte er durch diese seine Passivität bekundet, daß er überhaupt auf die Be⸗ rechtigung verzichtet, die Interessen von Handel und Industrie zu ver— treten. Nun möchte ich darauf aufmerksam machen, daß man in weiten Kreisen der Stadt der hiesigen Korporation eine eigenartige Bedeutung beilegt, die ganz wesentlich dazu beitragen soll, die Attraktion der Korporation für die Vertreter von Handel und Industrie zu ver⸗ mindern, und zwar soll das darin liegen, daß in der Korporation vorzugswei se die Börseninteressen vertreten sind.
In dem Statut der Aeltesten ist ausdrücklich vorgesehen: Soweit die Einnahmen der Korporation zur Bestreitung ihrer Ausgaben nicht hinreichen, wird der Bedarf durch Gebühren gedeckt, welche für den Besuch der Börse und die Benutzung der Börseneinrichtungen erhoben werden. Die Sache liegt also so, daß, wenn die Korporationsbeiträge nicht reichen, die Börse das übrige aufzubringen hat. Was folgt daraus? Daraus folgt ganz naturgemäß, daß die Besucher der Börse ein Interesse daran haben, der Korporation anzugehören; denn ob sie diesen Beitrag als Mitglieder der Korporation oder als Besucher der
BZörse bezahlen, sie müssen ihn unter allen Umständen bezahlen. Die natürliche Folge dieser Bestimmung ist also die, daß beinahe die Gesammtheit der Börsenbesucher zugleich Mitglieder der Korporation sind, die Mitglieder der Korporation sind zu zwei Dritteln Börsen⸗ firmen. Natürlich also präpalieren in der Korporation unter allen Umständen die Börseninteressen. Das ist es nun gerade, was, wie man sagt, die Attraktion der Korporation in solchem Maße vermindert, daß selbst die hervorragendsten, größten Firmen Berlins nicht eintreten wollen. Wenn Sie die Liste derjenigen durchsehen, welche jetzt dem An⸗ trage auf Errichtung der Handelskammer sich angeschlossen haben, so finden Sie die ersten Firmen Berlins darunter. (Hört, hört! rechts Wie ist das möglich? Die könnten ja in die Korporation eintreten. Weshalb thun sie es nicht? Herr Gamp hat Ihnen auseinander⸗ gesetzt, wenn sie darin wären und die Majorität hätten, könnten sie ja die Umwandlung beschließen. Sie wollen nicht hinein, weil in der Korporation die Börseninteressen überwiegen. Das ist die allge⸗ meine Auffassung. Ich habe mich verpflichtet gehalten, dies Ihnen mitzutheilen, und finde eine Bestätigung dafür in der Bestimmung des Statuts des Aeltesten-Kollegiums, die ich Ihnen vorgelesen habe.
Nun möchte ich noch eines hervorheben gegenüber den Aeußerungen verschiedener Redner. Es handelt sich jetzt gar nicht mehr um die Frage: was ist besser, die Korporation der Kaufmannschaft oder die Handelskammer? Nein, meine Herren, es ist jetzt formell die Er—⸗ richtung einer Handelskammer nachgesucht; ich errichte sie nicht, sie wird ja von den Interessenten errichtet; ich habe nur die Genehmigung ju ertheilen, und die Genehmigung kann ich nur verweigern, wenn ich mich stützen kann auf öffentliche Interessen, die diesem Wunsch der Betheiligten entgegen sind. Hat einer von den Herren mir denn nun schon ein öffentliches Interesse bejeichnen können, das dem Wunsche der Betheiligten entgegensteht? Ich finde das nicht. Was nützen also ihre Ausführungen? (Heiterkeit.
Der Herr Abg. Barth hat dann meine Aeußerungen bezüglich r Bildung des Wirthschaftlichen Ausschusses dahin verstanden, als eb ich es überhaupt ablehnte und darauf verzichtete, bei der Reichs⸗ regierung die Anregung zu Aenderungen in der Verwaltung und Gesetz⸗ gebung zu geben. Ich weiß nicht, wie ich zu einer solchen Auffassung Anlaß gegeben haben soll. Ich babe mich lediglich auf die Bildung des Wirthschaftlichen Ausschusses beschränkt und habe gesagt: die ist seitens der Reichdregierung erfolgt, ohne daß meine Mit wirkung dabei in Anspruch genommen worden ist, ich kann also dezwegen nicht verantwortlich gemacht werden, wenn die Zu⸗ sammensetzung dem Herrn Abg. Barth nicht konveniert. Im übrigen aber betrachte ich es selbstverständlich als meine Pflicht, auch dafür zu sorgen und meinerseits die Anregung dafür zu geben, wenn sich ein Reformbedürfniß auch bei der Reichsgesetzgebung geltend macht.
Da komme ich nun zu der Frage, die von verschiedenen der Herren Vorredner eingehend erörtert worden ist, zu der Frage einer etwaigen Reform des Börsengesetzes. Meine Herren, ich bin der Meinung, eine Aenderung und Reform des Börsengesetzes ist nur zu erreichen in dem Rabmen des Spystems, des Grundgedankens, der dem Börsengesetz zu Grunde liegt; darüber hinaus werden Sie es nicht ermöglichen, im
Reichstage eine Majorität zu erzielen (sehr richtig! rechts); mit dem
Kopf gegen die Wand zu rennen, hat keinen Sinn. Wenn der Herr Abg. Barth das Bedürfniß bat (Heiterkeit), meinen Kopf kann ich ibm dafür nicht zur Verfügung stellen. (Erneute Deiterkeit.) Also, meine Herren, in dem Rahmen des Spstems des Börsengesetzes ist die Möglichkeit einer Reform gegeben. Und da, meine Herren, muß ich anerkennen, liegen allerdings verschiedene Umstände vor, die dafür sprechen, eine solche Reform nicht von der Dand zu weisen. Ich stütze mich in dieser Beziebung vor allem auf die Begründung der Entscheidungen des Reichsgerichts. Das Reichsgericht hat sich ganz auf den Standpunkt der Kommission des Reichstages gestellt, auf den Standpunkt der Tendenz, der Absicht, die dem Börsengesetz zu Grunde liegt. (Sehr richtig) Es versteht diese Absicht dahin, es soll die Börsenspekulation nicht unterdrückt werden, aber sie soll beschränkt werden auf diejenigen Kreise, die den Beruf ⸗ haben und das Verständ⸗ niß haben, auf diesem Gebiete Geschäfte zu treiben. (Sehr richtig! rechtz) Sie soll nicht übertreten in solche Kreise, die von der Sache nichts versteben; das ist als ein Erforderniß der wirthschaftlichen und sitt · lichen Interessen angesehen worden. Das, meine Herren, war der Stand⸗ dunkt, die Auffassung, die dem Boͤrsengesetz ju Grunde liegt ssebr richtig!)
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Dritte Beilage
Berlin, Donnerstag, den 21. Februar
und diese hat das Reichsgericht festgehalten. Nun, meine Herren, ist zweifellos die Börsenspekulation als solche für die Börse nicht zu ent⸗ behren, sie gehört zur Börse als ihre Lebensbedingung, als ihr Lebens⸗ athem; wenn Sie aus dem Barometer das Quecksilber herausnehmen, dann zeigt es den richtigen Wetterstand nicht mehr an, und wenn Sie der Börse die Spekulation nehmen, dann kann sie nicht als richtiger Werthmesser fungieren, nicht mehr die richtige Bewerthung der großen Werthobjekte vornehmen, die in den Mengen von Effekten und Waaren enthalten sind, deren Umsatz an der Börse vor sich geht. Das ist, meine Herren, die Aufgabe der Börse, aber es soll sich nach der Absicht des Gesetzes diese Spekulation auf die Kreise der Börse — * 5 d er — . **
beschränken, und deshalb hat man das Börsenregister eingeführt und hat die Berufung auf die Nichteintragung in das Börsenregister jedem wahren wollen, der außerhalb der Börsenkreise steht; gegeben hat man sie aber thatsächlich auch denjenigen, die zu den Börsenkreisen gehören, in ihrem gegenseitigen Verkehr, in den Geschäften, die sie mit einander schließen. Das ist der Punkt, wo nach meiner Meinung und das ist auch die Auffassung des Abg. Gamp — die Reform würde einzutreten haben. Es würde die Reform also einfach darauf hinaus⸗ gehen, daß an dem Börfenregister selbst nichts geändert wird, aber die Berufung auf die Nichteintragung in das Börsenregister wird denen versagt, die berufsmäßig Börsengeschäfte betreiben, insbesondere allen denjenigen, die in das Handelsregister eingetragen sind. Ich möchte glauben, daß das ein Punkt ist, über den in der Folge auch im Reichstage wohl eine Verständigung der Parteien sich finden ließe. Ob es zur Jeit erreichbar ist, weiß ich nicht.
Meine Absicht ist nun diese: ich wünsche, daß eine freie Kom⸗ mission berufen werde, die aus Vertrauensmännern der Parlamente, der betheiligten Berufskreise, aus hervorragenden Autoritäten des Handelsrechts besteht, und mit diesen die Frage erörtert werde, in welcher Begrenzung eine Remedur, eine Aenderung der betreffenden Bestimmungen des Börsengesetzes erreichbar und möglich sein wird, ohne den Grundgedanken und die Tendenz des Gesetzes zu tangieren. Nur in dieser Beschränkung würde eine Reform erreichbar und nach meiner Meinung auch nützlich sein.
Ich habe über diesen meinen Gedanken mich mit der Reichs⸗ regierung in Verbindung gesetzt, weil ich meine, in solchen Dingen muß man der Reichsregierung den Vortritt lassen. Was das Er gebniß sein wird, bin ich selbstverständlich nicht im stande zu sagen. Ich würde es aber mit Dank anerkennen, wenn diese meine Auffassung hier im Hause eine beifällige Aufnahme finden würde. (Bravo! rechts und im Zentrum.)
Abg. Cahensly Gentr) tritt für den Antrag Felisch und für die Revision des Börsengesetzes im Sinne des Ministers ein. Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (fr. kons. ): Das Endergebniß der heutigen Verhandlungen ist dahin zusammenzufassen, daß zweifellos eine Handelskammer in Berlin errichtet werden wird, und daß aller Widerstand des Aeltesten- Kollegiums dagegen als völlig vergeblich bezeichnet werden muß. Das Kollegium ist nicht entfernt eine Gesammtvertretung des Berliner Handels und der Industrie und wird es niemals werden. Der Noth gehorchend, nicht dem eignen riebe, hat das Aeltesten⸗Kollegium einige Konzessionen gemacht, um der Mehrzahl der nicht zur Börse gehörigen Industriellen und Kaufleute den Bei tritt zu ermöglichen. Das Kollegium ist aber nur eine einseitige Ver tretung einer kleinen Interessengruppe. Jetzt kommt es darauf an, ob neben der Korporation eine Handelskammer zu errichten ist. Die Umwandlung der Korporation in eine Handelskammer ware der jzweckmaßigste Weg gewesen, denn das Nebeneinander bestehen führt zu Unzuträglichkeiten. Es. muß thunlichst dahin gewi kt werden, daß die Korporation sich selbst in eine Vandels kammer umwandelt. Bisher hat sie sich bedauerlicher Weise ab— sehnend verhalten. Sie wird sich aber heute üherzeugt haben. daß sie nur die Wahl zwischen einer Handelskammer hat, in welcher sie ben größten Einfluß hätte und einer Handelskammer neben ihr. Darum wird sie ihren Widerstand noch in letzter Stunde auf Eben und die Umwandelung selbst in „Die Hand nehmen. Dieser Weg bleibt ihr allein, wenn sie den Anspruch erhebt, die Interessen von Handel und Industrie in Berlin zu ver—⸗ treten. Bemerkenswerth ist das absprechende Urtheil, den Abg. Richter über die Handelskammern. Er legt also den freien Vereini gungen, wie z. B. dem Zentralverband der Industriellen ein ungleich größeres Gewicht bei als dem deutschen Handelstage. Der Differenz einwand ist nicht erst durch das Börsengesetz herbeigeführt worden. Nach dem B. G.⸗B. kann ihn jedermann erheben. Das Böorsengesetz hat ihn für alle diejenigen ausgeschlossen, welche in das Börsenregister eingetragen sind. Würde das aufgehoben, so könnten ihn nach dem B. G. B. alle erheben. An eine Aenderung des Börsengesetzes, die nicht im Rahmen des Gesetzes liegt, ist nicht zu denten. Die Versuche, an die Stelle des verbotenen Termingeschäfts ein anderes zu setzen, sind einfach Umgehungen des Gesetzes; ein Borseninteressent hat gesagt: wir fahren um und durch das Börsen gesetz mit 4 Pferden. Aber wir wollen auch verhindern, daß unter dem Deckmantel des Gesetzes Tren und Glauben vernichtet werden, und sind zu einer Aenderung bereit, die den Grundlagen des Gesetzes entsprechen würde. Wo so schwere Mißstände vorhanden sind, muß die Gesetzgebung die bessernde Vand anlegen. Der Handel ist uns genau so lieb wie alle anderen Zweige des Erwerbslebens. Des⸗ halb freue ich mich, daß der Minister die Initiative zur Reform er⸗ griffen hat. ;
Abg. Richter bemerkt, daß er die Handelskammern nur als kein Ideal hingestellt habe; er habe nur die Form der Vereinigungen besprochen, aber nicht die Bestrebungen des Zentralverbandes gebilligt.
Um 15 Uhr wird die Weiterberathung bis Donnerstag 11 Uhr vertagt.
Verdingungen im Auslande.
Spanien.
23. März, 12 Uhr, beim Magistrat (yuntamianto) in Gijon und bei der General-Direftion der Verwaltung im Ministerium des Innern zu Madrid: Anlage einen Wasserreservoirs in Gijon. Vor⸗ anschlag 291 242.73 Peseten, Sicherbeilsleistung vorläusig 1471213 Peseten, endgültig 109 des Zuschlags. Angebot auf Siempelpapier Giasse 11. Näberes beim Reiche Anzeiger“.
Preußischen Staats⸗Anzeiger.
1901.
Handel und Gewerbe.
(Aus den im Reichsamt des Innern zu sammenge stell ten Nachrichten für Handel und Industrie ).)
Kohlenbergbau in Preußen im Fahre 1900
nach vorläufigen Ermittelungen
Bergamts ⸗ Werke
Be⸗ triebene Förderung Absatz 1900 1899 1900 39 1900 1899
t ö t
Dortmund ..
Zusammen
Klausthal .* 32
Zusammen
s Vorjahr mehr 2673069 t für Rechnung des Syndikats. Ferner wurden versandt an Koks
7786 757 t,
a. Steinkohlen 29 580 693 27 959 689127 311 863 25 593 884 1262 8 242 10 660 5 243 fo 36 664 38 7a 337 625 63h 166 59 618 900 54 641 120659 634 619 54 643 170 25 12 005 886 1 501 220119604095 11 454 470 Dio sifß d. fr Is 6 S593 2 325 462 b. Braunkohlen 33 S64 467 ; 644 333 722 568 494935 279] 27 144 224 23 386 35021 705 443 18 522245 534 663 444 736 454 485 381 729 411 5202274 3 984 4995 5 220 071 3 890 595 85 33 745 623 28 499 918 28 102 567 23 289 504.
Hiernach hat im Jahre 1909 die Zahl der im Betrieb befind⸗ lichen Steinkohlen⸗Bergwerke in Preußen gegen das Vorjahr um fünf zugenommen. Die Förderung von Steinkohlen ist um 7201 515 t — 7.60 , der Absatz um 7 518 407 t — Die Zahl der betriebenen Braunkohlen⸗Bergwerke hat sich um fünf vermindert. Dagegen zeigt die Förderung von Braunkohlen eine Zunahme von 5285 710t — 1857 0½ und der Absatz eine Ver⸗ mehrung von 4813 063 t — 20,670.
Beschäftigt waren im Jahre 1900 in den nachgewiesenen Stein⸗ kohlen⸗Bergwerken 375 171 Arbeiter gegen 342 556 im Jahre 1899, und in den' Braunkohlen-Bergwerken 41 846 Arbeiter gegen 35974.
7, g3 oo gestiegen.
Rheinisch-Westfälisches Kohlen-Syndikat.
Produktion und Absatz für 1900.
hlenförderung innerhalb des Rheinisch⸗Westfäl ischen Kohlen
Syndikats betrug nach dem vom Vorstande des Syndikats erstatteten Bericht im Jahre 1960 52080 898 t gegen 48 024014 t im Jahre
einer Zunahme von 4 056884 1 — SeM5 oo entspricht.
Der Abfatz stellt sich auf 52 099 612st, hat also die Förderung um 8714 1 Üüberschritten, um welche der Lagerbestand auf den Zechen, der Ende des Jahres 1899: 97 780 6 betragen hat, verringert worden Dieser Absatz vertheilt sich, wie folgt:
Selbstverbraullh.. . 14199 810 t 27,26 o/o Landdebit für Rechnung der Zechen... . . Lieferung auf Zechen⸗Verträge . Lieferung für Rechnung des Syndikats,
; 0, 3J1 36 616 246 . — 70, 28 „.
Nach Abzug des Selbstverbrauchs verbleibt ein Gesammt Versand
in Eisenbahn- und Landabsatz von 37 899 802 t, gegen 7,59 9; hiervon gingen 96,61 0
an Briquets 1 542 632 t.
Für die drei Qualitäten (Fettkohlen, Flammkohlen sowie Mager⸗ und Eßkohlen) ergiebt sich folgender Vergleich gegen das Vorjahr:
Förderung Versand Selbstverbrauch 1900 1899 1900 1899 1900 1899
i . 1
15405448 14252680 14432930 13
0266705 27780533 18881169 17442185 11393433 10323467
979989 945502
640s7 16 59908011 4585703 44852141 1826383 1519274
Von dem Selbstverbrauch der Zechen, der 14199 310 t betragen hat und gegen das Vorjahr um 1411567 t entfallen 106 3002161 t 10. ih M auf die Briquetanlagen. Für die Kokereien ist gegen das
1 56 11,04 0ν gestiegen ist, 72,54 0,9 auf die Kokereien und 1 440 954 t
7230
Vorjahr eine Zunahme von 13 5856 — 9,73 o/ und für die Briquet anlagen von 249 844
Die Pꝛꝛoduktionsbetheiligung der im Rheinisch Westfalischen Koblen⸗ Syndikat vereinigten Zechen wurde am 1. Januar 1991 für das Jahr 1901 auf 56 029 273 t festgesetzt. Für 1900 stellte sich die Betheiligungsziffer auf 53 734 084, für 1899 auf 50 506 559, für 1898 auf 48 713912 t
20,98 0,9 zu verzeichnen.
Vertheilung des Koblenabsatzes der staatlichen Saar gruben an die wichtigsten Konsumentenkreise
im Jahre 1900. ü o n
Gisenindustrie (einschl. Kokskohlen) 2 4985 380 26,19
Handel V— 5 .
Zelbstverbrauch
Eisenbahnen
Gasanstalten ö
Tagespreisbesteller (lleine In dustrielle und Hausbrand)
Textilindustrie
Ghemische Fabriken
Glasindustrie KN
Verbände als Selbstverbraucher.
JZementwerke. ĩ
Maschinenfabrilen. k
Thonwaarenfabriken..... 39 560
HManiersabeleen—— . 76 330
Porzellan und Steingutfabriken. 75 630
Juckerfabrilen k 59030
11
Sonstige Gewerbe
1972360 2101 966 310 10531 933 440 7.95
11 7140 8,79
6060 150 321 880 225190 222740 175 580 143 120 140 680
zusammen.
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