1901 / 52 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 01 Mar 1901 18:00:01 GMT) scan diff

Meine Herren, an diesen Wortlaut schließt die von mir an⸗ gezogene Allerhöchste Verordnung vom 28. Dezember 1899 an, in der gesagt wird:

„Die Disziplin verlangt, daß auch im gerichtlichen Verfahren das Ansehen der Kommandogewalt, der militärischen Emrichtungen, Verordnungen und Gebräuche erhalten, der Sinn für die unbedingte Unterordnung des Untergebenen unter den Vorgesetzten jeden Grades Hewahrt und dem berechtigten Ehrgefühl aller Betheiligten, ins⸗ besondere derjenigen des Offizierstandes, Rechnung getragen wird.

Sobald dieser Grundsatz gefährdet ist, sei es nach dem Gegen⸗ stande der Anklage, nach den Eigenheiten des zur Verhandlung kommenden Falles, nach der Persönlichkeit des Angeklagten oder der Zeugen, nach zeitlichen oder örtlichen besonderen Verhältnissen, ist die Oeffentlichkeit auszuschließen.“

Diese Verordnung ist also völlig in den Grenzen des § 283 der Militär⸗Strafgerichtsordnung geblieben. Ich möchte aber den Herrn Vorredner besonders darauf hinweisen, daß die ehemaligen baverischen Bestimmungen in dieser Beziehung viel weiter gingen. In den Voll⸗ zugsvorschriften des bayerischen Kriegs⸗Ministeriums zu Art. 138 heißt es nämlich:

„Von den militärdienstlichen Interessen ist das militãärische Standesinteresse untrennbar.

Hieraus ergiebt sich, daß die in Art. 138 gestattete Beschränkung der Oeffentlichkeit auch dann platzgreifen kann, wenn nach Be⸗

schaffenheit des Falles zu besorgen steht, daß durch die öffentliche Verhandlung der Sache die militärische Standeswürde, das An⸗ sehen des Standes eine Beeinträchtigung oder Gefährdung er— leiden kann.“

Wenn dann der Herr Vorredner noch auf den Mörchinger Fall zurückgekommen ist, so darf ich erklären, daß die Oeffentlichkeit bei der Gerichtsverhandlung überhaupt nicht ausgeschlossen war, und nur vor⸗ übergehend bei einzelnen Vernehmungen nach Ansicht des Gerichts der Ausschluß der Oeffentlichkeit nothwendig war. Im übrigen bin ich nicht in der Lage, auf den Fall jetzt näher einzugehen, da das Urtheil noch nicht re tztskräftig und von beiden Seiten, vom Gerichtsherrn wie von dem Angeklagten, Berufung eingelegt worden ist.

Inzwischen ist ein Antrag der Abgg. Graf von Carmer (d. kons.) und Genossen eingelaufen, wonach auch für Unter⸗ offiziere, die nach zwölfjähriger Dienstzeit noch länger im Dienst bleiben, die Dienstpraͤmie von 1009 6 an die be— treffenden Truppentheile zur zinsbaren Anlegung überwiesen werden soll, damit sie auch diesen bei ihrer Entlassung zu Gute komme. .

Das Kapitel wird bewilligt. Bei den Ausgaben für die höheren Truppenbefehlshaber führt der .

Abg. Hau ßmann-Böblingen D. Volksp.) aus, daß eine Ver⸗ kürzung der Dienstzeit bei der Kavallerie nothwendig erscheine. Die Entfremdung der Landleute von ihrem landwirthschaftlichen Beruf werde immer größer, je länger die Dienstzeit andauere. Redner er⸗ klärt, keinen Antrag stellen, sondern nur eine Anregung geben zu wollen. Für jeden Monat der Abkürzung werde sich die Verwaltung den lebhaften Dank der Betheiligten verdienen.

Zum Ausgabenkapitel „Geldverpflegung der Truppen“ erstattet der Referent, Abg Graf von Roon (d. kons.) Bericht über die in Aussicht genommenen Neuformationen: Maschinengewehr-Abtheilungen und Versuchs⸗Abtheilung der Verkeirstruppen. Von den Meldereitern oder Jägern zu Pferde sollten nach dem Etatsentwurfe fünf Eskadrons nach Posen gezogen und ein Regimentsstab für sie eingerichtet werden. Die Kommission hat diesen Regimentsstab gestrichen. Die Einrichtung von zunächst fünf neuen Maschinengewehr— Abtheilungen hat die Kommission dagegen bewilligt, desgleichen die neue Versuchs⸗Abtheilung der Verkehrstruppen (Telegraphen⸗ truppen und Luftschiffer⸗Abtheilung).

Ohne Diskussion wird der Titel 1, „Regiments⸗Komman⸗ deure, Bataillons⸗Kommandeure, Hauptleute, Oberleutnants, Leumants 30610062 6“, nach dem Kommissionsantrag, also unter Streichung des Obersten für die 5 Eskadrons Jäger zu Pferde, bewilligt.

Titel 3, amte, Korps⸗Roßärzte, Ober⸗Roß⸗ ärzte, Ober⸗Zahlmeister, Zahlmeister, Büchsenmacher“, liegt eine Resolution der mission vor:

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„Mannschaften“, beantragt die ommission: ( Reichskanzler wiederholt nn darauf hinzuwirken,

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und Ersetzung derse der Budgetkommis ämtern der Versuch r tellung von sei, geantwortet worden, daß die Versuche seit de bei dem VI. ) gefallen seien. Man könne nu Redner führt Innungen Obermeister chneiderinnun der Lieferungen für die Armee eigentl Auf eine Anfrage habe er sich bereit lärt, eine 63ʒu übernehmen. Darauf sei ihm betreffenden Be kleidungsamt geschrieben worden niedrige Preise offeriert werden müßten, e schließlich der Transportkosten, billiger stelle als ir a in. Das sei etwas Ungeheuerliches angesichts der Klager von jeher von den Handwerkern über die Konkurrenz der Strafanstalten erhoben worden seien. Etwas mehr Rücksicht könnten die den Bekleidungs ämtern vorstehenden Offiziere, die als Oberschuster und Oberschneider anzusehen seien, wohl nehmen. An Versicherungen des Wohlwollens für das Handwerk habe es bis jetzt nicht gefehlt; möge man dieses Wohlwollen doch endlich in Thaten umsetzen.

Kriegs⸗Minister, General der Infanterie von Goßler:

Ich bin einigermaßen erstaunt, diese Rede des Herrn Vorredners bier zu vernehmen. Wir haben in der Budget kommission über Gegenstand sehr eingehend verhandelt. (Sehr richtig! in der

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Ich babe nach jeder Richtung hin mein Entgegenkommen he⸗ wiesen und begreife daher nicht, daß diese Klagen nun im Plenum wiederholt werden. Dem Herrn Vorredner habe ich in der Budgetkommission erklärt, daß ich stets dafür eingetreten sei, Zivilhandwerker zu beschäftigen, und wenn Sie berücksichtigen, was in den letzten Jahren in dieser Beziehung geschehen ist, so kann der Herr Vorredner seinen Vorwurf nicht aufrecht erhalten. In den letzten Jahren ist die Zahl der Oekonomie handwerker von 8408 auf 5586, also um rund 3000 Mann, zurück⸗ gegangen. (Hört, hört! in der Mitte) Daraus ergiebt sich, daß wir auf dem Wege sind, den auch der Herr Vorredner befürwortet, und daß kein Grund vorlag, in dieser Weise gegen die Armeeverwaltung vorzugehen. (Sehr richtig! in der Mitte) Der Versuch in Breslau ist in vollem Einverständniß mit dem Reichstage eingeleitet worden, und es kann schon heute ein günstiges Ergebniß desselben erhofft werden. Die entstehenden Mehrkosten sind eine Etatsfrage; ich bin jedoch durchaus bereit, auf diesem Wege fortzuschreiten und die er⸗ forderlichen Mehrforderungen in den Etat einzustellen; zunäch t bin ich jedoch an den Etat gebunden.

Auch bezüglich der Frage der Einberufung der Oekonomie⸗ handwerker behufs Ergänzung der Bestände, die für die China⸗ Expedition gebraucht worden waren, habe ich bereits in der Budtget⸗ kommission eingehend nachgewiesen, daß wir uns in einer Nothlage befanden und nicht anders handeln konnten, sollten die von der Armee hergegebenen Bestände mit Rücksicht auf die planmäßigen Mobil⸗ machungsvorarbeiten rechtzeitig wieder sichergestellt sein. Daß die Oekonomiehandwerker zum Dienst bei der Armee einberufen werden können, ergiebt sich aus dem Wehrgesetz, in welchem ausdrücklich festgesetzt ist, daß diejenigen Wehrpflichtigen, welche zum Waffen⸗ dienst nicht die erforderliche Diensttauglichkeit besitzen, zu sonstigen militärischen, den bürgerlichen Beruf des Betreffenden entsprechenden Dienstleistungen herangezogen werden können. Für die Uebungen dieser Klasse von Mannschaften besteht dieselbe Verpflichtung, wie bei den mit der Waffe gedienten Mannschaften. Wenn sonst Oekonomiehand⸗ werker zu Uebungen nicht herangezogen worden sind, so erklart der erwähnte Nothstand die Ausnahme. Die gesetzlichen Befugnisse sind hierbei in keiner Weise überschritten worden.

Vor allem muß ich aber noch die Charakteristik, die der Herr Vorredner den Offizieren der Bekleidungsämter hat zu theil werden lassen, ablehnen. Diese Offiziere haben sich in jeder Beziehung be⸗ währt, einzelnen derselben verdanken wir sogar Verbesserungen an den Maschinen. Wir haben in diesem Dienstzweige uns nach und nach Kapazitäten erzogen, die auch in Zivilkreisen volle Anerkennung ge⸗ funden haben. 3.

Ich möchte glauben, daß der Herr Vorredner keine Veranlassung zu dem der Armeeverwaltung hier im Plenum gemachten Vorwurfe hatte. Auch bezüglich der Heranziehung der Strafanstalten zu Arbeiten der Militärverwaltung ist in der Budgetkommission ein⸗ gehend gesprochen und volles Einverständniß darüber erzielt worden, daß das Verfahren, welches die Armeeverwaltung befolgt, auch den Wünschen des Reichstages entspricht.

Ich möchte den Herrn Vorredner bitten, wenn er uns in Form angreift, doch auch das nicht zu vergessen, was bei den . Budgetkommission zum Ausdruck gekommen ist.

Abg. Jacobskötter: Ich habe mir ausdrücklich vorbehalten, die Erörterung im Plenum nochmals aufzunehmen. Ich habe mich dazu für berechtigt und verpflichtet gehalten sowohl im Interesse meiner Wähler als meines Standes. Es sind hier ungesunde Zustände vor⸗ handen; wenn ich sie zur Sprache bringe, mache ich nur von meinem guten Rechte Gebrauch. Man kann auch in der Form vielleicht fehlen, wenn man auf ze Erlasse zurückkommen muß, wie ich einen er⸗ wähnt habe. Seit Weihnachten ist bei den Schneidern die Arbeits⸗ losigkeit so g daß man sich nur hätte freuen können, wenn diese Arbeiten ihnen wären übergeben worden. Auch bin ich den Offizieren nicht zu nahe getreten. Es kann doch unmöglich zur Regel werden sollen, daß der Offizier den Schneider beim Zuschneiden anleitet.

5 3 5 m w Wowr Referent Abg. Graf von Roon ven

verwahrt sich gegen den Vor⸗

wurf des Vorredners, daß er nicht ausführlich auch über diese Kom⸗ missionsverhandlungen Bericht erstattet habe. Er könne nicht jedes Wort wiederholen, er habe aber festgestellt, daß von der Sache in der Kommission sehr ausführlich die Rede gewesen sei.

Der Titel wird bewilligt, die Resolution angenommen.

Zum Titel 13, „Dienstprämien für Unteroffiziere“, liegt die oben mitgetheilte Resolution des Abg. Grafen Carmer vor.

Abg. Graf von Carmer befürwortet die Annahme seiner schon in der Kommission angekündigten Resolution. Zu 6000 Unteroffiziere in der Armee, die über 12 sollten die Zinsen der Prämie nicht einbüßen. Resolution nicht an, so hoffe er doch, daß die regung Folge geben werde.

Ueber die Resolution wird bei der dritten Lesung abge⸗ stimmt werden; der Titel selbst wird bewilligt.

Bei den Ausgaben für die Geldverpflegung der Truppen

chen Etat behauptet der

Wurm (Soz , daß die sächsischen Militärbehörden einen

n

in Vlauen drangsaliert und mit der Verhängung des Militãr s bedroht hätten, weil er dem Arbeiter Konsun verein daselbst, sozialdemokratisch angesehen werde, seinen Saal zur Verfügung Das sächsische Kriegs⸗Ministerium babe die Berechti— schwerde nicht anerkannt. So sehe es mit der aus. Wohin solle es kommen, wenn die gegen wirthschaftliche Vereinigungen derart Das Kapitel wird bewilligt. Zum Kapitel , „Naturalverpflegung“, erpflegung“, beantragt die Kommission olution:

„Mund⸗ gende Re⸗

Herrn Reichskanzler . Naturalleistungen vom 21. Februar 1875, in der daß I) die Normalsätze für die entsprechend dem heutigen Stand der Naturalprei unterzogen werden, und Y) hierbei auf diejenigen Geg Rücksicht genommen wird, in welchen außergewöhnli Naturalverpflegung zu verabreichen ist.“ g. Dr. Müller⸗Sagan: Im vorigen Jahre hat der Reichs eine Resolution angenommen, wonach der Reichskanzler dahin sollte ß den Mannschaften während ihrer Dienstzeit einmal zur unentgeltlichen Heimreise geboten werden sollte. Eine ist die, jenen Mannschaften, welche überhaupt be⸗ , außerhalb dieser besonderen Urlaubsreise die Urlaubs⸗ 3 von 1 * pro Kilometer in der III. Klasse zu : Für diesen Wunsch ist jetzt wenigstens die Mehrheit idgetkommission gewonnen. Es würde nur dem allge Interesse entsprechen, wenn Verbindung zwischen der Heimathsort des Soldaten möglichst aufrecht⸗ Je mehr die Ansprüche auf die Dienstleistungen er⸗ um so mehr muß auf diesem und ähnlichen Wegen für

Vergütung der

izler dahin

8 dle 2

Ausgleichung gesorgt werden. Möchten doch endlich die preußische Eisenbahn⸗Verwaltung und der Mann im Kastanienwälbchen auch in diesem Punkt ein Einsehen haben! Für die preußische Eisenbahn⸗ Verwaltung ist doch der Militärfiskus der größte Auftraggebern sie kann also auch etwas entgegenkommen. Freilich ist kein Verhältniß eigenthümlicher als das von Fiskus zu Fiskus.

Kriegs⸗Minister, General der Infanterie von Goßler:

Es ist ganz selbstverständlich, daß ich die Bestrebungen, welche die beiden Herren Vorredner hier zum Ausdruck gebracht haben, meinerseits unterstütze. Ich kann dem hohen Hause auch mittheilen, daß im preußischen Staats⸗Ministerium darüber Einstimmigkeit be⸗ steht, den Militärtarif für Beurlaubte, der jetzt 1,5 3 für das Kilometer beträgt, auf 1 3 herabzusetzen. (Hört, hört!) Die An⸗ regung hierzu ist vom Herrn Reichskanzler ausgegangen. Sie sehen daraus, daß zwischen dem Herrn Reichskanzler, der preußischen Re⸗ gierung und diesem hohen Hause in dieser Frage völlige Ueber⸗ einstimmung besteht.

Meine Herren, ich habe aber das Wort ergriffen, um etwaigen weiteren Angriffen, die gegen einen meiner Herren Kollegen beabsichtigt sein sollten, von vornherein die Spitze abzubrechen. Die Frage ist an sich erledigt. Es handelt sich nur noch um die Zustimmung des Bundesraths.

Was den Wunsch anlangt, daß alle Urlauber die Schnellzüge be⸗ nutzen dürfen, so halte ich diesen für schwer ausführbar. Soweit ich auch die Sache technisch beurtheilen kann, scheint mir doch durch eine solche Maßnahme eine Gefährdung des Betriebs bei der großen Zahl der Urlauber nicht ausgeschlossen. Ich glaube, die Herren unterschätzen die Zahl der Urlauber. Die Einnahme der Eisenbahn aus den Reisen der Urlauber ist größer als der Gewinn aus Militärtransporten. Man sieht daraus, eine wie große Zahl von Mannschaften jetzt schon auf Urlaub gehen und hierbei die Eisenbahn benutzen.

Auch die Anregung, den Urlaubern die Löhnung zu belassen, wird in wohlwollende Erwägung gezogen werden. Schon jetzt kann aber den Mannschaften die Löhnung bis zu 14 Tagen belassen werden, in Ausnahmefällen sogar bis zu drei Monaten, und wenn es nothwendig sein sollte, kann das Kriegs⸗Ministerium noch hierüber hinausgehen. Sie sehen, meine Herren, auch daraus, daß in dem Wohlwollen für unsere Soldaten das hohe Haus und die Militärverwaltung durchaus einig sind. (Bravo!)

Abg. Dr. Habn (b. k. F.): Die Bewilligung von Mannschaften für landwirthschaftliche Arbeiten, besonders für Erntearbeiten, ist noch immer nicht genügend; der Minister wolle in diesem Punkte das irgend thunliche Wohlwollen walten lassen.

Abg. Nißler (d. kons.)) erklärt, er könne die Anregung des Abg. Müller⸗Sagan nur freudigst begrüßen. Insbesondere treffe das Be⸗ dürfniß für die in den Reichslanden garnisonierenden Truppen zu. Es handle sich um eine Sorh run] der Gerechtigkeit. Gebe man den deutschen Dienstpflichtigen die Möglichkeit, einmal eine Heimreise kostenkos zu machen, so würden noch viel mehr Altdeutsche in Metz und den anderen reichsländischen Garnisonen ihrer Dienstpflicht m Dr. Müller- Sagan: Auch der Anregung des Abg. Dr. Hahn stehen wir freundlich gegenüber. Sehr erfreulich ist, daß der Tarif für die Urlauber und die Kommandierten nach der Erklärung des Kriegs-Ministers demnächst gleichgestellt werden soll; damit ist wenigstens auf diesem Gebiete ausgleichende Gerechtigkeit geschaffen.

Kriegs⸗Minister, General der Infanterie von Goßler:

Ich habe dem Herrn Abg. Nißler meine Freude auszusprechen

die Beurtheilung der Lage der bayerischen Truppen in den eichslanden. Es ist ja allgemein bekannt, eine welch vorzügliche ruppe die bayerische Brigade in Metz ist, und ich bin gewiß, daß die Erleichterungen, welche den übrigen Truppen zu theil werden, auch auf sie Anwendung finden werden. (Bravo!)

Das Haus wendet sich zu der oben mitgetheilten Resolution, betreffend die Abänderung des Naturalleistungsgesetzes.

Abg. Broekmann Gentr.) wiederholt die Klagen, welche Lie Quartiergeber schon seit Jahren über die zu niedrigen Sätze der Raturalverpflegung geäußert haben. Namentlich die Quartiergeber am Rhein beschwerten sich darüber, daß sie im Laufe eines Jahres nicht unerhebliche Zuschüsse zur Verpflegung der Truppen zu leisten

. Die Frage habe den Reichstag und die Probinzialvertretung wiederholt beschaftigt. 80 F reichten für die Verpflegung des Mannes pro Tag nicht aus. 4

Abg. Cahensly (Zentr.) beschwert sich über die Prägravierung fes bei Limburg mit Einquartierung.

Kriegs⸗-Minister, General der Infanterie von Goßler:

Meine Herren! Es ist ja unmöglich, auf die einzelnen Fälle,

ier vorgetragen worden sind, sofort im Einzelnen eingehen zu

r Ich bin aber sehr gern bereit, dieselben näher zu prüfen. Es wäre mir deshalb erwünscht gewesen, vorher von denselben Kenntniß zu erhalten. Der Kriegs⸗Minister veranlaßt die Manöver nicht, er ist daher auch nicht in der Lage, über derartige Fragen ohne weiteres Auskunft zu geben. Im allgemeinen wird bei der Veranlagung der Manöver nach einem bestimmten Turnus verfahren. Jeder Korps⸗ bezirk wird von dem betreffenden General⸗Kommando in eine be⸗ stimmte Anzabl Abschnitte getheilt, sodaß jeder derselben innerhalb dieses Turnus etwa alle vier bis fünf Jahre an die Reihe kommt. Da wo dieses in den einzelnen Korpsbezirken mit Rücksicht auf ihre geographische Gestaltung auf Schwierigkeiten stößt, ist auf Aller⸗ höchsten Befehl ein Ausgleich vorgenommen worden, d. h. die Regelung ist so erfolgt, daß alle Theile des Korpsbezirks möglichst gleichmäßig bei den Manövern in Anspruch genommen werden. Was in dieser Hinsicht geschehen konnte, ist geschehen.

Wenn sich bezüglich der Eifel die Verhältnisse thatsächlich so jaben, wie die von dem Herrn Vorredner angegebenen eses ergeben, so verstehe ich nicht, weshalb nicht die

vinzialbehörden das General- Kommando ersucht haben, die

ngelegenheit einer Prüfung zu unterziehen, denn von der

ntralstelle aus ist dieses unmöglich. Es ist ja bekannt, daß mit der Errichtung der großen Uebungeplätze auch eine Erleichterung der Landbevölkerung herbeigeführt werden sollte. Es wird daher zu⸗ nächst mit den betreffenden Provinzbehörden zu erörtern sein, wie sich die hier vorgetragenen Verhältnisse erklären und wie die zur Sprache gebrachten Uebelstände über so ungleichmäßige Einquartierungslasten möglich gewesen sind. Ich kann daher nur empfehlen, zur Abstellung dieses Uebelstandes sich zunächst an das Oberpräsidium und das General- Kommando zu wenden, und ich bin fest überzeugt, daß da, wo Mißstände vorliegen, diese dann ohne Schwierigkeiten werden ab⸗ gestellt werden.

Abg. Dr. Habn: Es giebt auch arme Gegenden, ö. B. die Marschen an der Nordsee, die sich überhaupt nicht zum Nan ber eignen. Anderen Gegenden muß die Militãrverwaltung nach Mög⸗ lichkeit entgegenkommen. Die Provinzen und Kreise dürfen m jt

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Lasten tragen, die eigentlich Lasten des . sind. 80 3 Ent⸗ '. ung pro Mann reichen auf keinen Fall hin. Aus landwirth⸗ Harn n Kreisen sind mir mehrere Klagen zugegangen. Die Manöver werden von vielen Gutsbesitzern als eine ö empfunden. . würde diese Last gern tragen, wenn man sie einigermaßen er⸗ eichtert.

Abg. Graf von Oriola (nl): Es werden nicht allein die armen Gegenden überlastet. Auch in wohlhabenderen Gegenden haben die Gemeinden für die von seiten des Reichs nicht genügenden Vergütungen aufkommen müssen. Das ist ein unbilliges Verlangen. Bei der Magazinverpflegung aber würde die ländliche Bevölkerung noch schlechter wegkommen. Unsere Bauern haben ein viel zu gutes Herz für die Soldaten, als daß sie sie auf die bloße Ration der Milltär⸗ verwaltung angewiesen sehen wollen. Ich will nicht hoffen, daß die Militärverwaltung infolge unserer Resolution zur Magazinverpflegung übergeht. Die Einquartierungsfrage spielt eine so große Rolle, daß Käufer eines Gutes sich stets erkundigen: Wie steht es in dieser Gegend mit der Einquartierung? Im übrigen wird die Einquartierung von der Bevölkerung mit Freuden empfangen.

Abg. Gröber (Zentr.): Die Ziffer 2 der Resolution, welche die besonders armen Gegenden unterstützen will, möchte ich besonders unterstreichen. Die Ünzulänglichkeit der Entschädigung wird besonders hart empfunden, wenn die Einquartierung sich in einer gewissen Gegend alle Jahre oder alle paar Jahre wiederholt. Im letzten Jahrzehnt haben sich die Lasten der größen Manöper erheblich der⸗ schärft. Die Kaisermanöper nehmen allmählich eine Ausdehnung an wie nie zuvor. Vom militärischen Standpunkt mag es gerechtfertigt sein, daß man jetzt wenige Gemeinden dicht belegt; für die Zivil⸗ bevölkerung ist das eine schwere Last. Ueber die 80 3 geht man in der Regel . hinaus, obwohl das Gesetz es gestattet bei einer außer⸗ gewöhnlichen Höhe der Preise. Diese Bestimmung haben wir gerade in der Kommission bekämpft. Es genugt, daß eine Gemeinde öfter mit Einguartierung belastet wird. Diese öftere Belastung ist leichter festzustellen als der außergewöhnliche Preis.

Die Resolution wird in ihren beiden Theilen an⸗ genommen. .

Beim Kapitel „Garnisons- und Serviswesen“ bringt der

Abg. Werner (b. k. F.) die unzulängliche Besoldung der Lasernen. Inspektoren zur Sprache. Diese Beamten wollten mit den Ober⸗Post⸗Assistenten gleich behandelt werden. Außerdem beschwerten sich die Kasernen⸗Inspektoren darüber, daß sie keinen Urlaub erhielten und daß sie in Uniform nicht gegrüßt würden.

Zum Kapitel Militär-Medizinalwesen“ schlägt die Kom— misston . Resolution vor:

„den Reichskanzler zu ersuchen, in Erwägungen darüber einzutreten,

wie die Gehaltsverhältnisse der Militär-Apotheker zu verbessern,

sowie deren Ausbildung und Rangverhältnisse anderweit zu ordnen sind, und baldmöglichst entsprechend erhöhte Beträge für die Ge— hälter der Militär⸗Apotheker einzustellen.“

Abg. Graf von Qriola unterstützt diese Resolution. Bei der Vorbildung, die die Militär-Apotheker auch als Nahrungsmittel— chemiker haben müssen, sei ein Anfangsgehalt von 1200 M viel zu niedrig. Daneben müsse die Frage der Ausbildung und der Rang—⸗ verhältnisse der Militär-⸗Apotheker eingehend geprüft werden. Es sei unhaltbar, daß akademisch gebildete Leute nach der Instruktion der Unteroffiziere nicht gegrüßt werden dürften. Der Apotheker müsse ein halbes Jahr mit der Waffe dienen, ein halbes Fahr im Lazareth beschäftigt sein.

Abg. Dr. Herm es (fr. Volksp.) schließt sich diesen Ausführungen an. Die gegenwärtigen Verhältnisse der Militär-⸗Apotheker seien un⸗ baltbar. Im gewöhnlichen Leben pflege man schon die Apotheker die NVeunundneunziger zu nennen. Beim Militär seien sie vollends die Zielscheibe des Spottes. Redner weist auf eine Petition der Militär⸗Apotheker hin, die ihre Wünsche in maßvoller Weise dem Reichs⸗ tage vortrage. Er, Redner, habe selber vor vierzig Jahren als frei⸗ williger Apotheker gedient. Er hätte sich eine Uniform zugelegt, eine Phantasie⸗Uniform mit goldenen Litzen. Der Dienst bestand natürlich aus dem Pillendrehen und dem Verfertigen von Rizinusöl. Das dauerte, fährt Redner fort, etwa zwei Stunden täglich. Dann zogen wir die Uniform aus. Als wir die Uniform anzogen, hatten wir den Rang eines Vize⸗Feldwebels und wurden auch danach behandelt. Wir wurden gegrüßt von den Mannschaften und Unteroffizieren. Wir wurden mehr gegrüßt, als eigentlich nothwendig war, weil man die Uniform nicht kannte. Wenn wir an der Wache vorbeigingen, wurde wiederholt Raus!“ gerufen. Wir wußten uns nicht anders zu helfen, als daß wir in vornehmer Weise abwinkten. Scherz bei Seite: die Stellung der Apotheker ist unhaltbar.

Titel und Resolution werden angenommen.

Um 55e, Uhr wird die Weiterberathung auf Freitag 1 Uhr vertagt.

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Hause der Abgeordneten ist der nachstehende Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Organisation der allgemeinen Landesverwaltung in den Stadt— kreisen Berlin, Charlottenburg, Schöneberg und Rirxdorf, zugegangen:

17 —— 013 Merl; 35 10 Ko ö. 8 Ivo 2 . Der Stadtkreis lin un ie bei dem Kommunalverband der Ve awirn? D von khurn vor kRIo 2 r 55* Carl a m Er. Provinz Brandenburg verble Stadtkreise Charlottenburg, waltungsbezirk

Schöneberg und Rirdorf bilden einen besonderen n steht.

* Berlin, an dessen Spitze der Ober-Präsident von Berlir

An die Stelle des Regierungs-Präsidenten tritt in den ihm gesetz lich obliegenden Geschäften für den Verwaltungsbezirk Berlin, soweit s sich um polizeiliche Angelegenheiten handelt, der Pol von Berlin, im übrigen der Ober⸗Präsident.

Durch Königliche Verordnung können einzelne dem Ober Präsidenten von Berlin gesetzlich obliegende Geschafte, ausgenommen die Aufsicht des Staates über die Verwaltung der Gemeindeangelegen— heiten, dem Polizei⸗Präsidenten von Berlin übertragen werden.

203 Ur-ndent 1301 Trasident

392 5§5 2

An die Stelle der Regierungs⸗Abtheilung für Kirchen⸗ und Schulwesen tritt in den ihr gesetzlich obliegenden Geschäften der kirch lichen Verwaltung für den. Verwaltungsbezirk Berlin der Polizei Präsident von Berlin.

§ 3.

An die Stelle der Regierungs⸗Abtheilung für Kirchen, und Schulwesen tritt in den ihr gesetzlich obliegenden Geschäften des Schulwesens für den Verwalkungsbezirk Berlin das Provinzi Schulfollegium für Berlin und an Stelle des Ober⸗Präsidenten Unterrichts Minister.

Unberührt bleibt die Zugehörigkeit der Städte Charlottenbi Schöneberg und Rirdorf

1) zu der Elementarlehrer⸗Wittwen⸗ und Waisenkasse für den Regierungsbezirk Potsdam (Gesetz, betreffend die Erweiterung, Um wandlung und Neueinrichtung von Wittwen⸗ und Waisenkassen für Elementarlehrer vom 22. Dejember 1869, Gesetz Samml. 1879. S. ),

zu der Ruhenehaltskasse für den Regierungsbezirk Potsdam

betreffend Ruhegehaltskassen für die Lehrer und Lehrerinnen in den öffentlichen Voltsschulen vom 23. Juli 1893, Gesetz Samml. S. 195),

5) ' der Alterszulagekasse für den Regierungsbezirk Potsdam (Gesetz, betreffend das Diensteinkommen der Lehrer und Lehrerinnen 4h den öffentlichen Vollsschulen vom 3. März 1897, Gesetz⸗Samml. S. 25),

4) zu der Wittwen. und Waisenkasse für den Negierunge be irl Potedam (Gesetz, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Wassen der Lehrer an G fentlichen Hol schulln vom 4. Dezember 1899, Gesetz⸗ Samml. S. 557).

Es ist jedoch der auf diese Städte bezügliche Theil des Ver— theilungsplans des Bedarfs der zu 2— 4 , . Kassen von dem Provinzial⸗Schulkollegium für Berlin in dem für seine Bekannt- machungen bestimmten Blatte bekannt zu machen. Die Frist für die den Schulverbänden zustehende Klage gegen den Vertheilungsplan be⸗ ginnt mit dieser Bekanntmachung. .

4 An die Stelle der Regierungs- Abtheilung für direkte Steuern, Domänen und Forsten tritt in den ihr gesetzlich obliegenden Ge— schäften der Verwaltung der direkten Steuern für den Verwaltungs— bezirk Berlin die Direktion für die Verwaltung der direften Steuern. Diese Behörde wird in Betreff der Zuständigkeit in Disziplinar⸗ sachen den in 8 24 des Gesetzes, betreffend die Dienstvergehen der nicht richterlichen Beamten, die Versetzung derfelben auf eine andere Stelle oder in den Ruhestand vom 21. Juli 1852 (Gesetz⸗Samml. S. 465) bezeichneten Provinzialbehörden gleichgestellt.

Für die Stadtkreise Charlottenburg, Schöneberg und Rirdorf wird eine besondere Berufungskommission (5 41 des Einkommenfteuer! gesetzes vom 24. Juni 1891, Gesetz⸗Samml. S. 175) gebildet. Die zu wählenden Mitglieder derselben werden vom Prodbinzial· Ausschuß der Provinz Brandenburg aus den Einwohnern der genannten Stadt' kreise gewählt. ;

8 1

Die Stadtkreise Charlottenburg, Schöneberg und Rirdorf zu⸗— sammen bilden für die Gewerbesteuerklassen J und I (S§ 6 ff. des Gewerbesteuergesetzes vom 24. Juni 18951, Gesetz Samml S. 265 je einen besonderen Veranlagungsbezirk. ;

4 . .

Die Provinzial-Steuer-Direktion, die General-Kommission und die Direktion der Rentenbank für die Provinz Brandenburg fungieren auch für den Verwaltungsbezirk Berlin. . .

8 Das Polizei⸗Präsidium zu Berlin ist entscheidende Disziplinar⸗ behörde erster Instanz r

a. für die bei den Ortspolizeibehörden der Stadtkreise Char— lottenburg, Schöneberg und Rirdorf angestellten, nicht unter 3 21 Nr. 1 des Gesetzes, bekreffend die Dienstvergehen der icht richterlichen

mml. S. 465)

Beamten u. s. w. vom 21. Juli 1852 (Gesetz fallenden Beamten,

b. für diejenigen Kategorien der im Verwaltungsbezirk Berlin

angestellten Beamten, bezuglich deren nicht die Zuständigkeit einer anderen Disziplinarbehörde begründet ist. . Die Einleitung des Verfahrens, die Ernennung des Unter— suchungskommissars und des Vertreters der Staatsanwaltschaft für die erste Instanz steht im Falle zu a dem Polizei⸗Präsidenten von Berlin, im Falle zu b dem Ober-Präsidenten von Berlin zu.

n w * .

f nd die Er⸗ weiterung des Rechtsweges (Gesetz⸗ Samml. S. 241) sind, soweit der Verwaltungsbezirk Berlin in Betracht kommt und nicht die Zuständigkeit einer Provinzialbehörde eines be— sonderen Verwaltungsressorts begründet ist, gegen den Ober Präsidenten von Berlin zu richten.

§ 10.

An die Stelle des Provinzialraths tritt in den Fällen, in welchen derselbe in erster Instanz beschließt, für den Verwaltungsbezirk Berlin der Ober⸗Präsident von Berlin. in ven übrigen Tzffen per zustznad ia der Qber-Präsident von Berlin, in den übrigen Fällen der zuständige Minister.

511. Für den Verwaltungsbezirk Berlin besteht ein besonderes Bezirks— ausschuß. Auf denselben finden die SS 28, 30 Satz 1, 31 Satz 3, 32, B, 34 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung dom 30. Juli 1883 (GesetzSamml. S. 195) mit folgenden Maßgaben Anwendung: L. Bei dem Bezirksausschuß werden drei Abtheilungen gebildet. Die erste Abtheilung ist zuständig für die polizeilichen Angelegen heiten aus dem Verwaltungsbezirk Berlin, die zweite für die sonstigen zur Zuständigkeit des Bezirksausschusses gehörigen Angelegenheiten aus dem Stadtkreise Berlin und die dritte für die sonstigen zur Zu— ständigkeit des Bezirksausschusses gehörigen Angelegenheiten aus den Stadtkreisen Charlottenburg, Schöneberg und Rirdorf. Der 8 58 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung mmung der Zuständigkeit der zweiten oder der des Bezirksausschusses entsprechende Anwendung. des Regierungs-Präsidenten isident. Die

9 2 Ros Beamte des

. Abtheilung be Mitglieder oder Stellvertreter bestellt sind.

3) Die gewählten Mitglieder und deren Stellvertrer werden für jede Abtheilung gesondert bestellt.

Für die erste Abtheilung werden je zwei Mitglieder und Stellvertreter auf sechs Jahre gewählt

a. durch den Magistrat und die Stadtverordneten⸗Versammlun der Haupt und Residenzstadt Berlin unter dem Vorsitz des ?; meisters aus den gemäß F 28 des Gesetzes über die allgemeine verwaltung wählba des Stadtkreises Berlin. selbe Kollegium bese Stelle des Provinzialausschusses das Aufhören einer der für die Wählbarkeit vorgeschriebenen dingungen. Die Mitglieder des Magistrats und der Stadtverordneten Versammlung sind

b. durch den Provinzialausschuß der Provinz Brandenburg aus

1 28 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung wählbaren Einwohnern der S reise Charlottenburg, Schöneberg und Rirdorf.

Für die zweite Abtheilung werden vier Mitglieder und deren Stellvertreter durch den Magistrat und die Stadtverordneten⸗Versamm lung der Haupt⸗ und Residenzstadt Berlin nach den Vorschriften unter a des zweiten Absatzes gewählt.

Für die dritte Abtheilung werden vier Mitglieder und deren Stellvertreter durch den Provinzialausschuß der Provinz Branden burg nach den Vorschriften unter b des zweiten Absatzes gewählt. 8 12. Zuständigkeit Bezirksausschusses für Berlin gehören die erwaltungsstreitverfahren zu behandelnden Angelegenheiten und é im Beschlußverfahren zu behandelnden Angelegenheiten, einzelnen durch die Gesetze seiner Zuständigkest überwiesen Betreff der übrigen im Beschlußverfahren zu behandelnden en tritt für den Verwaltungsbezirk Berlin an die Stelle ausschusses der Ober⸗Präsident von Berlin, soweit nicht in wein Anderes bestimmt ist. ezũ derjenigen im Beschlußverfahren zu behandelnden An— gelegenheiten, welche bisher durch Gesetz der Zuständigkeit des Bezirks ausschusses für den Stadtkreis Berlin überwiesen worden sind, ist der Bezirksausschuß für Berlin für den gesammten Verwaltungsbezirk Berlin zuständig.

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§ 13.

Gegen die gemäß § 20 Nr. 1 des e,, w. über die Zuständig keit der Verwaltungs⸗ und Verwaltungsgerichtsbehörden vom 1. August 1883 (GesetzSamml. S. 237) ergehenden Strafverfügungen des Ober-⸗Präsidenten findet im Verwaltungsbezirk Berlin innerhalb zwei Wochen die Klage beim Oberverwaltungsgericht statt.

9 =

In den Fällen der S5 124 und 141 des Gesetzes über die Zu ständigkeit der Verwaltungs. und Verwaltungsgerichtsbehörden vom 1. August 1883 (GesetzSamml. S. 237) beschließt im Verwaltungs⸗ bezirk Berlin an Stelle des Bezirksausschusses der Ober⸗Präsident; gegen den die Genehmigung versagenden Beschluß des Ober⸗Präsi⸗ denten findet innerhalb zwei Wochen die Klage beim Oberverwal

tungsgericht statt.

S 15. e Zuständig im Verwaltungẽstreitverfahren in den Fällen der S8 2, 8 Absatz 2. 9, 15 des Gesetzes über die Zuständigkeit der Ver⸗ waltungs. und Verwaltungsgerichtsbehörden vom 1. August 1883 (Gesetz Samml. S. 237) und des § ] des Gesetzes, betreffend die

Anstel ung und Versorgung der Kommunalbeamten, vom 30. Juli 1899 Gesetz Samml. S. 141) ist für der Verwaltungsbezirk Berlin das Oberverwaltungsgericht.

t 16.

In den Fällen der 55 115 und 117 des Gesetzes über die Zu⸗ ständigkeit der Verwaltungs⸗ und Verwaltungsgerichsbehörden vom L August 1883 (Gesetz⸗Samml. S. 237) beschließt an Stelle des Bezirksausschusses der Polizei⸗Präsident von Berlin. Gegen den ver— sagenden Beschluß findet innerhalb zwei Wochen die Klage beim Bezirksausschuß statt.

§ 17.

In dem Falle des 5 150 des Gesetzes über die Zuständigkeit der Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsbehörden vom J. Auguft 1883 (Gesetz⸗Samml. S. 237) beschließt für den Verwaltungsbezirk Berlin an Stelle des Bezirksausschusses die erste Abtheilung des Polizei⸗ Präsidiums zu Berlin.

§18.

In dem Verwaltungsbezirk Berlin erfolgt die Wahrnehmung der in den 58 5, 8 und 9 des Gesetzes, betreffend die Anlegung und Veränderung von Straßen und Plätzen in Städten und ländlichen Ortschaften, vom 2. Juli 1875 (Gesetß⸗Samml. S. 561) dem Kreis— ausschuß beigelegten Funktionen 3 den Minister der öffentlichen Arbeiten und die Bestätigung der Statuten nach 12 und 15 a. a. S. durch den Minister des Innern. .

19.

Die Aufsicht des Staats über die Verwaltung der städtischen Angelegenheiten und über die Amtsführung der Standesbeamten (857 und 154 des Gesetzes über die Zuständigkeit der Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsbehörden vom 1. August 1883 [Gesetz-Samml. S. 237) wird im Verwaltungsbezirk Berlin in zweiter Und letzter Instanz vom Minister des Innern geführt. ;

§ 26.

Die vor Inkrafttreten diefes Gesetzes anhängig gemachten An— gelegenheiten sind von den bisher zuständigen Instanzen zu entscheiden. § 21.

Innerhalb des Verwaltungsbezirks Berlin sind bei Störungen der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung, bei Feuersbrünsten und in sonstigen dringenden Fällen die Beamten der Ortspolizei⸗ behörden gleichmäßig zur Vornahme von Amtshandlungen berechtigt. Den Anordnungen des zuständigen Ortspolizeiverwalters haben dabei auch die ihm nicht unterstellten Beamten Folge zu leisten.

22.

Der IV. Abschnitt des Gesetzes über die allgemeine Landes— verwaltung vom 30. Juli 1883 (Gesetz-Samml. S. 195) (85 41-47) sowie das Gesetz, betreffend die Polizeiverwaltung in den Stadtkreisen Charlottenburg, Schöneberg und Rirdorf, vom 15. Juni 1900 Gesetz⸗ Samml. S. 247) werden aufgehoben.

§ 33. as Gesetz tritt am 1. April 1902 in Kraft.

Der Minister des Innern erläßt die zur Ausführung des Gesetzes erforderlichen Bestimmungen.

Diesem Gesetzentwurf ist folgende Begründung bei— gegeben:

Die im preußischen Staat ihrem Umfange und ihrer Art nach einzig dastehende Entwickelung der Haupt⸗ und Residenzstadt Berlin hat im Laufe der Zeit eine besondere, von den für das übrige Staats—⸗ gebiet geltenden Normen abweichende Organisation sowohl der staatlichen wie der kommunalen Verwaltung erforderlich gemacht. Bis zur Ver— waltungsreform der siebziger und achtiger Jahre des letzten Jahrhunderts bildete die Stadt Berlin sowohl in kommunaler wie in administrativer Beziehung einen Theil der Provinz Brandenburg unter dem Ober⸗ Präsidenten von Brandenburg. Die Befugnisse des Regierungs— Präsidenten bezw. der früheren Regierungs-Abtheilung des Innern waren für Berlin zwischen dem Polizei⸗-Präsidenten von Berlin, der Ministerial- Militär- und Baukommission zu Berlin und dem Regie— rungs-Präsidenten bezw. der Regierungs-Abtheilung des Innern in Potsdam vertheilt; die kirchlichen Angelegenheiten wurden abgesehen von den besonderen Bestimmungen über das landesherrliche Patronat

von der Regierungs-Abtheilung für Kirchen- und Schul— wesen in Potsdam, die Angelegenheit der öffentlichen Schulen bon dem Provinzial⸗Schulkollegium der Provinz Brandenburg in Berlin, die Steuerangelegenheiten von der Regierungs-Abtheilung für direkte Steuern, Domänen und Forsten in Potsdam bearbeitet. Burch die Verwaltungsreform wurde Berlin sowohl in kommunaler wie in administrativer Hinsicht von der Provinz Brandenburg getrennt. In— dessen blieb der Ober-Präsident von Brandenburg zugleich Ober Präsident von Berlin; ebenso fungierten auch einzelne andere Be hörden der staatlichen Provinzialverwaltung, insbesondere das Pro

Schulkollegium, weiterhin gemeinschaftlich für beide Verwaltungs— Mit der Loslösung von dem Landesverwaltungsbezirk der Brandenburg war für Berlin naturgemãß auch die Loslösung „Regierung zu Potsdam verbunden. Die bisherigen Befugnisse zierungs-Abtheilung des Innern, insbesondere die Kommunal⸗ vurden unmittelbar dem Ober⸗-Präsidenten übertragen; die Angelegenheiten der Regierungs⸗Abtheilung für Kirchen lwesen gingen auf den Polizei⸗Präsidenten von Berli igelegenheiten der Regierungs⸗Abtheilung für auf die neugeschaffene Direktion für die Verwaltung Steuern zu Berlin über. eigenartige Entwickelung der Verhältnisse der St r Umgebung hat dann weiterhin zu dem Erlaß Sondervorschriften nicht nur bezüglich des ei Berlin, sondern auch bezüglich einiger an Der unmittelbar örtliche Zusammenhang Vororte machte eine engere Angliederung an die Berlin vor allem in iz ziehung erforderlich. Es erging in dieser c das Gesetz, betreffend die Uebertragung polizeilicher in den Kreisen Teltow und Nieder⸗Barnim s Charlottenburg an den Polizei⸗Präsidenten 1889 (Gesetz⸗Samml. S. 129) und dann dieses Gesetzes getretene Gesetz, betreffend die den Stadttreisen Charlottenburg, Schöneberg 13. Juni 1900 (GesetzSamml. S. 247). dessen Begründung und parlamentarische M nommen werden darf, sind bekanntlich die drei Vororte Schöneberg und Rirdorf in polizeilicher Hinsicht bezirk Potsdam losgelöst und mit der Stadt B lichen Landes⸗Polizeibezirk unter dem Poliz vereinigt worden. Von einer Angliederung der Ertheilung einer bezüglichen Vollmacht zu einer solchen Maßnahme, wie dies in dem vo dem Landtage im Jahre 1889 vorgelegten e der Abgeordneten ein ni Vororte einstweilen nicht anerkannt hat

Das Vororts⸗Polizeigesetz vom 13 seiner Begründung und den parlamentarisch giebt, lediglich den Zweck verfolgt ; unbedingt gebotene und einen weiteren Abänderung der für Berlin un der allgemeinen Landesverwaltung Durchführung zu Geltung übersehen läßt währt und damit die in ihrer En Berliner V Abtrennung von organisation