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legenen, mit modernen Feuerwaffen und Schnellfeuergeschũtzen reichlich ausgestatteten Feinde besetzt waren. Der Entschluß, an derartige Positionen heranzugehen, ist ein ernster, namentlich wenn man weiß, daß in Feindeshände fallende Verwundete ohne weiteres in der grau⸗ samsten Weise hingeschlachtet werden. Daß eine gute, in Schützenlinie formierte Truppe große Schießresultate haben muß, versteht sich für einen Soldaten von selbst. Die große Zahl der Todten begründet die gute Schießausbildung, unser gutes Gewehr, die Sichtbarkeit und sehr oft die Nähe des Ziels. Wiederholt ist es vorgekommen, daß die Chinesen unsere Truppen in ihren Verschanzungen erwartet und die Flucht erst ergriffen haben, als unsere Truppen in die Verschanzungen eingedrungen waren. Daß in solchen Fällen das Verfolgungsfeuer bis zur Ver⸗ nichtung des Gegners führen kann, ist bekannt.
Die Frage des Herrn Abg. Bebel, weshalb wir auch gegen chinesische Truppen kämpften, läßt sich damit erklären, daß dieselben, vom Lande lebend und scheinbar ohne gemeinsamen Oberbefehl, von Räuberbanden kaum zu unterscheiden sind. Innerhalb des inter⸗ zationalen Occupationsgebietes werden sie daher, wie die Boxer, als Eindringlinge behandelt.
Besonderes Interesse ist von einigen Rednern den sanitãren Verhältnissen entgegengebracht worden. Das ist mir sehr begreiflich, und ich bitte daher, hierauf etwas ausführlicher eingehen zu dürfen. Die bei dem Expeditionskorps — den Landtruppen vor handenen Sanitätsformationen bestehen aus einer Sanitãts⸗Kompagnie, sechs Feldlazarethen, dem Kriegs-Lazarethpersonal, einem Lazareth⸗ Reservedepot und einem Armee-Lazarethschiff (. Wittekind‘), bemessen für die Stärke eines Armee⸗ Korps. Die Marine hat eine Sanitäts-Kompagnie, ein Feldlazareth, ein Marine⸗Lazareth⸗ schiff (. Gera“ und außerdem das Vereinslazareth des Rothen Kreuzes und das von der Hamburg ⸗Amerika ⸗Linie zur Verfügung gestellte Lazarethschif Savova.'. Letzteres ist von Marine⸗Sanitäts⸗Offizieren eingerichtet und mit Personal der frei⸗ willigen Krankenpflege ausgestattet. Aus diesen Formationen sind folgende Lazarethe entstanden: in Tientsin vier große Lazarethe mit Platz für 1000 Kranke, Lazareth Nr. 4 ist Genesungsheim; in Peking zwei große Lazarethe und ein Marinelazareth mit zusammen 550 Betten, in Paoting-fu ein großes Lazareth für 300 Betten. Außerdem bestehen drei größere Etappen⸗Lazarethe mit je 30 bis 80 Betten, und an den Verbindungsstraßen von Tientsin nach Meking und Paoting⸗fu, und von Tongku nach Schanhaikwan noch sechs kleinere Lazarethe, denen sich vier an Zwischenposten unter Sanitäts-Unteroffizieren an⸗ schließen. In Schanghai werden die Kranken dem dortigen Sospital überwiesen; ein Sanitätsoffizier versieht den Dienst bei den dortigen Ersatzkompagnien. Die Evakuierung der Kranken findet nach den Lazarethschiffen und durch diese in die Genesungsheime in Japan und in Tsingtau statt. Ein solches Genesungsheim befindet sich seit Anfang Dezember auch in Kobe, ein zweites bei Jokohama — das in Kobe für die Armee, das bei Jokohama für die Marine. Auf allen Lazarethschiffen befanden sich am 31. Dezember v. J. 260 Kranke. Der Gefundheitszustand des Eweditions-Korps wird nach den Berichten als ein durchaus günstiger geschildert; er bat sich mehr und nebr gebessert. Ausführlich wird vom 31. Dejember v. J. hierũber wie folgt berichtet.
Der Gesundheitszustand des Erveditionskorps ist im Ganzen als günstig zu bezeichnen, namentlich wenn man die beiden See⸗ lone ausnimmt, die sebr unter Typhus zu leiden haben.
Zu Anfang wurde das Gesammtkrankbeitsbild sehr bald durch
reiche Ruhrerkrankungen beberrscht, deren Entstehung den unge⸗
en Wasserverhältnissen in China zuzuschreiben ist. Gegen diese
eten sich daher sofort die sanitã
schon bei der Ausrüstung der Ervedi der Wasserfrage die größte Aufmerksamkeit geschenkt war.
Berkefeld⸗ Filter. Wasserkocher, Chemikalien und Abesspnier⸗
waren den Truppen und Sanitätsformationen in aus—
war für die Geschmacks⸗
w 0rd Crrer M- Ferse wer * gewordenen Wassers gejorgt.
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258 wkłBerron F? Krankh nen 1
rankhe der Befallenen des Verlaufs auf, sow as die lange Dauer der
ekonvalescenz als auch die Mortali
höher, als sie bei Friedensexidemien
auch unter diesen wesentliche Verschiedenbeiten zieht sich die Rekonbvalescenz mehr in die Lãnge trächtlicher Theil der noch in Behandlung Befindli sächlich außer Gefahr. Eine weitere deutliche Beeinflussung Erkrankungsziffer fand durch zahlreichere Krankheiten der Atbmungs⸗ werkzeuge statt, welche zum theil auf die kalten Sandstürme zurũck⸗ geführt wurden.
Eine Zusammenstellung für den 31. Dezember 1900 giebt folgende
allgemeine Uebersicht über die Erkrankungsziffern:
Die Zahlen beziehen sich auf die Erpeditionskerps der Armee und Marine zusammen. Lazarethschiff und Genesungs beim Kobe sind nicht mitgerechnet.
In Lazarethbehandlung am 31. Dezember 1900 1174 Mann (hört! hört), im Revier 405, in Summa 1579 Kranke. (Hört! hört) Davon leiden an Ruhr 106, an Typhus 425, zum thbeil Rekonvalescenten. Die meisten Kranken sind in Tientsin: nämlich 668.
Gestorben sind bis zum 31. Dezember 1900 im Ganzen 154, davon 47 Marine ⸗Infanterie, diese meist am Typhus, davon an Ruhr 36, am Typhus 82, an Schußverletzungen 8 (und zwar 4 aus Gefechten).
Nach Ansicht kompetenter Aerzte ist diese Krankenziffer keine ungünstige. Wir waren auf mehr Kranke gefaßt, und ist deshalb für 3000 Kranke Vorsorge getroffen worden. Was die Unterkunft der Truppen anbelangt, so liegen sie ietzt sämmtlich in festen Räumen. Diese bestehen theils aus europäisch gebauten Häusern, theils aus besonderen Lehmbambusbaracken und chinesischen Mamen, deren Papier- theile (Wände und Fenster) durch Backsteinmauern bezw. Glasfenster ersetzt sind.
An Verbesserungen wurden angebracht Ventilationsklappen, Dielung der Fußböden, Aufstellung von Backstein⸗ und eisernen Ger mania · Defen.
Die Bekleidung hat vollständig genügt. Für den Winter hat jeder Mann zwei große Ziegenfelle und zwei Bettdecken, die Be— ättenen Pelilitewken, die Posten Pelzmäntel. Die Verpflegung bat
ren Maßnahmen, wie überhauxt ö
niemals versagt. Es war ein Vorrath auf sieben Monate mitgegeben worden und sollte nur das frische Fleisch an Ort und Stelle gekauft werden. In dieser Beziehung drohte kurze Zeit eine Gefahr durch die in Schanghai aufgetretene Rinderpest. Dieselbe wurde jedoch zur rechten Zeit erkannt und durch Ober⸗Stabsarzt Kohlstock durch Impfung wirksam bekämpft. Jetzt befinden sich in Schanghai ein Sanitãtsoffizier und ein Roßarzt zur Untersuchung und Impfung des Schlachtviehes. Die Wasserversorgung hat, wie ich bereits erwähnte, sehr große Schwierigkeiten gemacht. Der Boden ist so verseucht, daß es nicht möglich gewesen ist, auch nicht durch bis auf 26 im Tiefe getriebene Bodenschachte auf wirklich brauchbares Wasser zu kommen. Es ist deshalb nothwendig, das Wasser stets zu kochen und zu filtrieren. Um die Verbreitung von Ruhr und Typhus zu hindern, wurden Des⸗ infektionsanstalten eingerichtet und für regelmäßige Abfuhr gesorgt. Ich glaube, diese Verhältnisse sind so befriedigende, daß man Allen, die hierbei mitgewirkt haben, nur warm danken kann, und daß sich namentlich unsere Aerzte wieder vorzüglich bewährt haben.
Ich muß nun im Interesse unserer Truppen noch das Thema der Hunnenbriefe berühren. Die in China eingeleiteten Recherchen sind zu einem gewissen Abschluß gelangt. Wenn auch die Details noch fehlen, da die Berichte noch unterwegs sind, so hat doch der Feld⸗ marschall Graf Waldersee auf meine Bitte in einer ausführlichen Devesche über diese Verhältnisse berichtet. Diese Depesche bitte ich wörtlich vorlesen zu dürfen, sie giebt einen vollständigen Ueberblick:
Hunnenbriefe enthalten größtentheils nicht Selbsterlebtes, son⸗ dern phantasievolle Uebertreibungen aus Zeit bis zur Einnahme Pekings, an der deutscherseits nur schwache Landungsabtheilungen betheiligt. Damalige umfangreiche Verwüstungen, größten⸗ theils von Borern veranlaßt, haben sich später nicht wiederholt. Bei Gefechten nahmen stets rechtzeitig zurückgehende Borer oder Truppen Verwundete mit sich; deshalb fast nie Gefangene. Wo überraschte Truppen sich ergaben, wurden sie nach Entwaffnung entlassen. Gefangene Borer werden standrechtlich und nur dann verurtheilt, wenn Verbrechen zweifellos vorliegen. Ebenso wird mit den hier in jedem Winter landesüblichen Räuberbanden verfahren. Hächste chinesische Behörden dringen auf häufigere Todesstrafen, sind gegen milderes Verfahren vorstellig geworden. Einzelne vor⸗ gekommene Ausschreitungen wurden streng bestraft.
Der Feldmarschall wendet sich nun den verschiedenen Schreiben zu, die ich in der Angelegenheit an das Oberkommando gerichtet habe. Zu dem Schreiben vom 29. November — ich hatte damals 15 Zeitungsausschnitte und die Reichstagsverhand lungen übersandt und angefragt, ob Briefe verboten und die Korrespondenzen nur auf Post⸗ karten beschränkt wären.
Eine der großen, Peking in erster Zeit nach Einnahme brand⸗ schatzenden Räuberbanden wurde theils von amerikanischen, theils deutschen Truppen auf frischer That ergriffen und mit Ausnahme jugendlicher Theilnehmer erschossen, worauf Bevölkerung für wieder⸗ hergestellte Sicherheit dankte. Armeebefehl vom 11. 10. befahl Schutz der friedfertigen Bevölkerung, aber Strenge gegen Boxer, die auf dem Lande zerstreut Dorsschaften terrorisierten, plünderten, mordeten und gegen Verbündete heimtückischen Guerillakrieg führten, indem sie beim Herankommen von Truppen Waffen und Abzeichen ablegten. Von Ortsbehörden ausgelieferte Borer wurden stand⸗ rechtlich abgeurtheilt.
Beschränkungen des Briefwerkehrs sind nicht erfolgt, dagegen hat Kommandeur des Exveditionskorps gedroht, Briefschreiber fũr Veröffentlichung aus ihren Briefen verantwortlich zu machen.
Der nächste Passus des Telegramms schließt an mein Schreiben Dezember an. Mit diesem war ein Zeitungsausschnitt ein⸗ worden, der behauptete, daß 60 mit der Borerbekämpfung
gewesene chinesische Soldaten erschossen worden wären. Es ferner schonungeslose Plünderung der chinesischen Bevõolkerung, von 30 Chinesen und die Freilassung von 300 gefangenen
en Zablung von 20 000 Taels stattgefunden haben. Jungbingbsien, nicht Lungshing bat Gefecht stattgefunden, bei früberer Anwesenbeit Verbündeter versteckt ge⸗ ltenen Truppen, vor dem Thore ererzierend, durch eine deutsche überrascht wurden und Feuer eröffneten. Bei darauf fol⸗ zuser und Straßenkampf war unvermeidlich, daß auch
Unbetheiligte umkamen. Alles andere, wie Plünderung, Losegeld für Gefangene, berubt auf lügenbafter Darstellung eines Man⸗ darinen, der dadurch Ermäßigung einer früher von Englãndern auf⸗ erlegten Kontribution zu erreichen hoffte. Eingebendste Untersuchung bat stattgefunden, schriftliche Beantwortung am 12. und 21. Fe⸗ bruar abgegangen.
Der Schluß lautet: Ueber Gegenstand der c iben 9. 12., vom 19. und 22. Januar Ermittelungen
Eine unmittelbar darauf ein weitere Dexesche des Grafen
Waldersee antwortet auf das Schreiben des Kriegs⸗Ministeriums vom
9g. Dezember: auch der Vorfall, welcher bei der Kolonne von Ketteler
vorgekommen sein solle, sei ichtig dargestellt. Es werde gegen Oberkommandos Strafantrag
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gestellt.
Ich bin hiernach nunmehr in der Lage, wenn derartige Artikel in den Zeitungen sich wiederholen, auf Grund dieser Mittheilungen Strafanträge zu veranlassen und dem vom Herrn Abg. Bebel geãußerten Wunsch zu entsprechen; auch babe ich den be⸗ treffenden Offizieren des Eweditionskors anbeimgegeben, ihrer- seits sofort telegraphisch Strafantrãge bierber gelangen zu lassen. Im übrigen babe ich auch eine ganze Reibe von Briefen gesammelt, die — inzwischen aus China eingegangen — allseitig der Empörung Ausdruck geben, daß derartige Berichte über die deutschen Truppen verbreitet werden konnten. Aus diesen Briefen, namentlich aus solchen von Offizieren und älteren, erfahrenen Leuten, ergiebt sich, daß die Behandlung der Chinesen im allgemeinen als zu milde be⸗ zeichnet wird. Ein Leutnant schreibt:
Die armen Chinesen, beißt es immer. Wenn wir nicht ganz anders verfahren, kann uns noch mancherlei vassieren
Ein Berichterstatter schreibt:
Das Ganze ist eine Kette übertriebener Rücksichtnabmen, die die Folgen der Aktion in Frage stellen müssen.
Ich meine, daß derartige Kundgebungen mehr werth sind als jene seinerzeit in der Presse publizierten.
Ich will heute auf die Vermuthungen, die aus diesen Briefen über die sogenannten „Hunnenbriefen berausklingen, nicht eingeben; wenn sich diese Vermuthungen aber rechtfertigen sollten, dann wũrde
es mir eine besondere Freude sein, die Betreffenden belan (Bravo!) 3
Abg. Rich ter: Ueber die Cinsahrig Freimi ; k enn fe läbrig Freiwilligen vermisse ich
Auskunft; die jungen Leute sollen ane, ich die laren lber das Gnde ihrer Bienf zeit r cg, . * dem Falle Pekings war mindestens
ann, die im Ganzen als Bes
Englãnde
willigkeit unserer Truppen erkenne ich vollständig an.
Gesundheitszustand haben wir nun ganz klare Ziffern. Die 1840 Krank bei einer Stärke von 17000 Mann Landungskerps erscheinen 36 dings etwas hoch, und der Wunsch nach baldiger Beendigu . ö wird , g verstãrkt. 1
Direktor im Kriegs⸗Ministerium, Generalmajor v Sin? Meine Herren? Der he. Abg. Richter hat K. . mit den Einjährig⸗ Freiwilligen stände, die mit un 5 Erpeditiongkorps nach China gegangen sind. Die 8a, sehr einfach. Damals, als wir das EGrpeditionskerps biet — haben sich zur Theilnahme an diesem auch ein sabrig.· jr dienende Leute gemeldet. Sie sind von uns . nur w. 9 derselben Bedingung angenommen, wie jeder Andere, nämlich 9 sie auf ein Jahr in der gewöhnlichen Art der Kapitulations Ver handlungen kapitulierten. Sie haben sich also einfach berni te weiter zu dienen über den Entlassungstermin hinaus, vem I. 323 1900 bis 30. September 1901. Diese Einjährig Freiwilligen men. also wie jeder andere Mann, wenn sie nicht weiter kapitulieren. a diesem Termin entlassen werden. Bezüglich der Stärke der 9 Truppen möchte ich bemerken, daß, die Engländer ja bereuen Reserven in Hongkong und Schanghai haben, daß sie ferner in der Lage sind, jeder Zeit auf Indien zurückzugreifen, sodaz . Vergleich mit unserer Stärke nicht ohne weiteres gemahh werden kann. Der Herr Abgeordnete hat dann erklärt, ban ihm schiene, als ob bei den Streifzügen, welche der Felt marschall Graf Waldersee veranlaßt hat, nur deutsche Truppen je Frage kämen. Das ist nicht richtig. Der Feldmarschall berichtet aut nicht bloß über Streifzüge deutscher Truppen, sondern er fügt in de detaillierten Angaben an das Kriegs-Ministerium immer genau binn wie die Kolonnen zusammengesetzt sind. Es sind bei allen Kolonne stets italienische, österreichische oder amerikanische Truppen gewesen fai bei der größeren Erpedition nach Paotingfu, wie die Herren wisse werden, ein großer Theil französischer Truppen. Was die Kranken al des Exrpeditionskorps betrifft, so bezieht sie sich nicht nur auf de Landarmee, sondern auch auf die See⸗Bataillone und die Mannsch . der Flotte, die in China . Es würde also nicht ein so beter Prozentsatz an Kranken herauskommen, wie der Herr Abg. Richte gemeint hat. Abg. Bebel (Soz.): Der Kriegs Minister spricht von chincf̃⸗ schen Truppen, welche keinem einheitlichen Oberbefehl zu gehorchen scheinen, welche mit Boxerbanden zufammen operierten, und gehen welche die Expeditionen weiterkämpfen müssen. Das stimmt nit mit anderen Mittheilungen, die wir erhalten haben. Auffallend i seine Erklärung, daß die chinesischen regulären Truppen eigentlich arch nichts Anderes als Raäuberbanden seien. Fine aus Infantzri. n Laballerie kombinierte Truppe muß doch auch unter einem einheitliche Oberbefehl stehen. Bei den letzten Kämpfen wird immer nur von Todten gesprochen, von Verwundeten hört man nie ena? Hat Graf Waldersee noch heute über die gesammten verbindet Truppen zu befeblen? Von den russischen, französischen und amerin nischen Truppen hat in dieser Hinsicht in letzter Zeit garnicht reh verlautet. Die amerikanische Regierung soll ja ihren Genter beauftragt haben., zu bewirken, daß das amerikanische Kent bis auf 160 Mann China schleunigst verlasse. Amen kat doch dort die allerbedeutendsten Interessen. Offenbet kerne eine viel kleinere Zabl für die Occupation ausreichen. D Ver bleiben der gesammten Truppen in China kann nur die Verbinerang der Berölkerung steigern. Snglands Handel ist doch 20 bis W mal fo groß wie der deutsche. Thatsächlich sind wir den Auslãndem dert das ungewöhnlich große Aufgebot deutscher Truppen zu Hille a kommen und sraren den Engländern segar einen Theil Rr Kesten Daß dentscherfeits Provokationen, der allerschlimmfte⸗ n gegen die. Chinesen vorgekommen sind, ist ja auch festzetell Die Prüfung der. Frage der Hunnenbriefe! kann den de Grafen Waldersee bis jetzt noch nicht mit der erforderlichen Grindlic keit besorgt worden sein. Wenn die Anklagen erhoben werden sellen so bitte ich dech den Kriegs Minister dringend, ohne Ansehen de Person, d. b. obne Ansehen der Blätter, zu verfahren; nicht allen die sozialdemokratischen, sondern auch die Kreis⸗, die konsewatide⸗ nationalliberalen und ultramontanen Blätter zu verklagen folche Sunnenbriefe gebracht haben. Es giebt Leute behaupten, wir, unsere Partei, hätten die in China lichen Parteigenossen veranlaßt, folche Briefe zu schreiben. folchen unsinnigen Gedanken zur Verwirklichung zu bringer uns garnicht einfallen. Die meisten Briefschreiber sind an. erfahrene Leute, welche überhaupt noch keiner Partei sich ange em kbaben. Gewisfe Gedichte, welche man den abfahrenden Mami Mn nach China mitgegeben hat, erklaren durch ihren Inhalt mere ron den vorgekommenen Scheußlichkeiten.
Damit schließt die Diskussion. Die Ausgaben dei der Verwaltung des Jieichsheeres im Betrage von jol 3 * werden bewilligt. Bei der Ausgabe von 19 Millionen bei der Marineverwaltung bemerkt der
Atg. Ci boff (fr. Vellep): Am 1. Juli 1800 wurde er erste See Bataillon nach China entsandt, die vierzig CEinjãbngt⸗ mußten mit. Sind diese jetzt zurückzukehren berechtigt? ;
Staatssekretär des Reichs⸗Marineamts, Staats ⸗ Mininer, Vize⸗Admiral von Tirpitz:
Meine Herren! Für das Marine⸗Erxveditionskorps, bestebend at den beiden Seebataillonen, liegen die Verhältnisse etwas ander nr bei der Armee. Wir haben die beiden Seebataillone seinerzen mel gemacht, sie aber nicht aufgefüllt mit Reserven, sondern durch freiwillig Mannschaften, die sich aus der Armee meldeten. Da die beiden Seebatailloe⸗ mobil gemacht worden sind, lag keine Veranlassung zu der Frage der die Einjäãhrig⸗Freiwilligen mitgehen wollten oder nicht, und ein Be dazu, die Freiwilligen zu fragen, liegt nicht vor. Nachdem die Ent wickelung und Aufstellung des Eweditions⸗Korps der Armee sich abe so gestaltet bat, daß eine Ablösung für den Herbst vorgeseben ist· auch seitens der Marine⸗Verwaltung ein entsprechender Posten in 9 Etat eingesetzt worden, und werden die Mannschaften in gleicher Wer abgelõst werden, wie die von der Expedition der Armee.
Auf eine Bemerkung des Abg. Rich ter entgegnet den
Staatssekretãr des Reichs⸗Marineamts, Staats⸗Mininer Vize⸗Admiral von Tirpitz: .
Meine Herren! Da die Truppen mobil gemacht sind, ist ibe baupt der Fall der Ablösung zunächst nicht vorgesehen worden, 1e. die Mannschaften bleiben so lange draußen, bis sie abgelöst mn Wir werden, nachdem die Armeeberwaltung durch Aufstellung Armee⸗Ewweditions· Korps einen anderen Modus angenommen hat, de gleiche Ablösung vornehmen wie bei der Armee.
** 2. * *. 22
sendung den auffallen
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preufi
Berlin, Montag, den 18. März
* 66.
Schluß aus der Ersten Beilage.)
Staatssekretãr des Reichs⸗Marineamts, Staats⸗Minister, Vize Admiral von Tirpitz:
Ein Recht zur Ablösung haben unsere Einjährigen nicht; denn je See Bataillone sind thatsächlich in der Weise, wie ich vorhin dar⸗ gelegt babe, mobil gemacht worden. Wenn die Einjährigen der Armee jezt abgelöst werden, werden diejenigen der Marine auch ab⸗
öst werden, und wenn sie im Herbst abgelöst werden, werden die⸗ jenigen der Marine auch im Herbst abgelöst werden. Die Unsicherheit jst dadurch entstanden, daß man nicht wissen konnte, wann die Expedition ibt Ende erreicht haben würde.
Der Titel wird bewilligt, ebenso der Rest des Etats für die oflasiatische Expedition. . ⸗
Nach dem Etatsentwurf sind an außerordentliche Deckungsmitteln aus dem ordentlichen Etat zur weiteren Ver⸗
minderung der Reichsschuld 9 2235 . vorgesehen. Nach dem Erganzungs⸗ Etat soll dieser Posten in Einnahmen und Ausgaben gestrichen werden.
Abg. Richter beantragt, den Posten im Etat zu belassen und für die entsprechenden Summen die Einzelstaaten durch entsprechende grböbung der Matrikularbeiträge zu belasten. Jö
Königlich baverischer Bevollmãchtigter zum Bundesrath, Ministerial⸗ mtb von Stengel bekämpft namens feiner Regierung unter Be⸗ mfung auf die Spannungstheorie den Antrag und ersucht das Haus um Ablehnung desselben. ö
Abg. Müller⸗Fulda Zentr) empfiehlt den Antrag aus Zweck⸗ maßigkeitsgründen, die aus den Verhältnissen dieses Etatsjahres her⸗ zuleiten seien. . . ö
Abg. Richter: Gerade die Konseguenz dieses Standpunktes müßte dazu führen, die Deckung dieses Betrages nicht auf Anleihen sendern auf Matrikularbeiträge zu verweilen. In diesem Jahre sind leztere den Ueberweisungen gleich, während sie im Vorjahre über die likerweifungen um 15 Millionen hinausgingen. Die einzelnen Staaten würden also bei Annahme Lieses Antrages noch um D Millionen besser gestellt sein als im Vorjahre.
Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Freiherr von Thielmann:
Meine Herren! Ich möchte mich der von diesem Tisch aus bereits ziußerten Bitte, dem Antrag des Herrn Abg. Richter nicht beizu⸗ weten, anschließen. Was er bezweckt, ist an und für sich etwas ganz Zinschenswerthes, nämlich die Verrin zerung der Reichsschuld; aber ich Rn darauf hinweisen, gewissermaßen vorgreifend de zweiten Be⸗
nung des Restes des ordentlichen Etats für 1901, die auf unserer igen Tagesordnung steht, daß der Titel zur Minderung der zichsschuld durch die Beschlüsse der Budgetkommission schon eine Zu⸗
ahme von rund 10 Millionen erfahren hat. Also das Resultat, was e Verminderung der Reichsschuld anbetrifft, wird nach den Be⸗
sblüssen der Budgetkommission, falls sie vom hohen Hause gut⸗ geheißen werden, noch ein weit günstigeres sein, als im Etat ver⸗ anschlagt vorlag.
Des ferneren muß ich aber auch bemerken: es ist vollkommen tichtiiß, daß wir bei den früheren Nachtrags-Etats einfach die Matrikularbeiträge erhöht haben. Das letzte Mal, als ich selbst Staatssekretär war, geschah es aber in der Weise, daß diese Ausgaben nur subsididär auf die Erhöhung der Matrikularbeiträge angewiesen
wurden, subsididär insofern, als die Mehreinnahmen des Reichs an erster Stelle die Deckung liefern sollten.
Also ich möchte Sie bitten, wegen dieser verhältnißmäßig kleinen Summe, die in den Abstrichen der Budgetkommission ihre Deckung mehrfach bereits gefunden hat und hoffentlich durch die Beschlüsse des hohen Hauses auch endgültig finden wird, nicht ein Prinzip zu ver⸗ lassen, das von manchen Mitgliedern dieses Hauses allerdings nie ausdrücklich gutgeheißen, im Gegentheil angefochten worden ist, aber doch sieben Jahre lang schon besteht und im allgemeinen gut ge⸗ arbeitet hat zum Wohl des Reichs, wie zum Wohl der verbündeten Regierungen.
Königlich baverischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, Staats⸗ rath a. von Stengel: Die Einzelstaaten stehen nicht um 13 Millionen besser nach dem vorgelegten Etat. Thatsächlich stehen sich die Bundesstaaten in diesem Jahre um 13 Millionen schlechter,
Abg. 1er. Paasche (ul.): Die Spannungstheorie als solche
haben wir niemals anerkannt: wir wollen die Freiheit behalten, die Matrikularbeiträge herauf⸗ und herunterzusetzen, Aber aus praktischen Gründen stimme ich mit dem Abg, Müller-⸗Fulda in der Ablehnung des Antrags Richter überein. Die Einzelstaafen haben sich auf diesen Ausfall nicht eingerichtet. Wir haben doch auch die Hoffnung, unsere Kosten von China wiederzubekommen. Abg. Müller ⸗Fulda; Auch der Abg. Lieber hat sich niemals sestgelegt auf eine automatische Regulierung der Ueberweisungen und Matrikularbeiträge. Wir haben ja Finanzreformen, die darauf basierten, mehrmals abgelehnt. Nur aus Zweckmãäßigkeitsgründen wollen wir diesmal von der Schuldentilgung absehen. ;
Abg. Richter: Dann würde doch immerhin r,. sein, meinen Antrag dahin zu modifizieren, daß die Matrikularbeiträge nicht er⸗ hoben werden, wenn der Bedarf überdeckt wird.
Der Antrag Richter wird abgelehnt und der Wegfall der Position beschlossen. . :
Darauf wird die zweite Berathung des Reich shaus⸗ halts-Etats für 1901 fortgesetzt und die Diskussion über die Forderung von 150 00 46 als ersie Rate für den Wieder⸗ aufbau der Hohkönigsburg wieder aufgenommen,
Abg. Vonderscheer (b. t. J., Als die Stadt Schlettstadt dem Kaiser die Hohkönigsburg zum Geschenk machte, sollte dies eine Huldigung an den Träger der an fe e Gewalt sein. Damit ist das Reich in engere Beziehung zur Hohkönigsburg getreten. Ich kann die von zahlreichen Bürgern von Schlettstadt unter eichnete Petition um Bewilligung der Hohkönigsburg⸗Kredite nur em 6 Ich persönlich wünschte sogar, es würde der ganze Wiederaufbau vom Reiche übernommen. Eg ist aber auch sonst ganz gut, da sich das Reich an dem Wiederaufbau betheiligt. Auch unser welt erühmtes Bauwerk, das Straßburger Mäünster, ist einer Renovierung sehr bedürftig. Die zur Verfügung stehenden FondJ sind absolut unzureichend, und ich zweifle nicht daran, daß die Reichtlande seiner Zeit 16 mit einem Ersuchen um Beihilfe an das Reich bezw. den Reichstag wenden werden.
Abg. Dr. Arendt (Rp.) Nachdem der elsässische Landegausschuß mit allen gegen zwei Stimmen zie Hälfte der Mittel zur Wieder. errichtung der Hohlönigeburg bewilligt hat lann der y nicht zursiksteben. Badurch wird auch ugleich elne, innige Verbindung
.
Zweite Beilage
zwischen den Reichslanden und dem Reichstag bergestellt. Der Redner volem isiert sodann gegen die Ausführungen der Abgg. Bindewald und Blos in der Sitzung vom Freitag und betont, daß politische Rücksichten, wie die Beseitigung des SGittaturraragraphen 2c, hier nicht in Frage kämen. Der Reichstag habe erst in der vorigen Session die Bewilligung von 380 000 60 zu einem Goethe⸗Denkmal in Straßburg verweigert. Er würde sich ein gleich beschämendes Zeugniß ausstellen, wenn er jetzt auch die Forderung für die Hohkönigsburg ablehnen würde.
Abg. Dr. Mü ller⸗Sagan (fr. Volksp.) bezeichnet die Forde⸗ rung als nach allen Gesichtspunkten unbegründet, verwahrt aber zu⸗ gleich die Gegner derselben gegen den schon vielfach in der Deffentlichkeit laut gewordenen Vorwurf, als ob sie von republikanischen Anschauungen beherrscht würden. Es sei für die Forderung viel Reklame gemacht worden, nicht zuletzt auch hier im . durch ausgelegte Plane und Zeichnungen. Was jetzt der Hohkönigsburg recht sei, sei allen anderen Burgruinen später billig. Es sei nicht ausgeschlossen daß eine Reihe von Städten und Kommunen sich beeilen würde, ihre Ruinen dem Kaiser zu schenken, wodurch die Möglichkeit entstehe, daß der Reichstag auch noch für den Wiederaufbau. anderer Ruinen angegangen werde. Im Landes⸗ Äusschuß hätten nicht nur zwei, sondern sieben Mitglieder gegen die Forderung gestimmt, und zwar seien das gerade Mitglieder aus der nächsten Nähe der Hobkönigsburg gewesen, so aus Colmar u. s. w.
Abg. von Vollmar (Soz): Wir sind nicht gegen die Ver⸗ ausgabung von Reichsmitteln für künstlerische Zwecke, im Gegentheil find uns gerade solche Ausgaben sehr fympathlsch bei dem Mangel des Etats an Forderungen, die zu bewilligen auch nach unserem
Geschmack wäre. Wir haben seiner Zeit auch für den Antrag zum Gyethe⸗ Denkmal gestinmt. Es giebt freilich erheblich wichtigere ideale Forderungen, welche dem Volk weit unmittelbarer zu gute kommen würden, fo auf dem Schulgebiet, womit wir ja im Reichs⸗ Etat nichts zu thun haben. Für die Erhaltung künstlerisch und historisch werthvoller Bauwerkẽé würden wir, auch zu haben sein. Aber darum handelt es sich bei dieser Hohkönigsburg garnicht. Herr Arendt meinte, es handle sich garnicht darum, die altere Burg wieder aufzubauen, sondern die späterhin als, Grenzveste aufgerichtete Burg, Nach meinem Wissen will man doch die Burg in spätgothischem Stil aufbauen; ferner wird das, was die Ruine an künstlerischem Werth aufzuweisen hat, durch den Wiederaufbau nicht konserviert, andern im Gegentheil zerstört. Alle solche Rekonstruttionen bleiben Phantasie⸗ produkte, moderne Bauten, welche den falschen Schein des Alterthums erwecken. In den Fachkreisen ist man in der Verurtheilung solcher Restaurierungen einig. Wir wünschen nicht, daß die falsche Romantit und das scenische Moment, welches in unserem; offentlichen Leben schon eine so aufdringliche Rolle spielt, auch auf diese Bauten übergreifen. Gestern hat man fager von der Hebung des Fremdenverkehrs gesprochen. Das können wir überhaupt nicht ernst nehmen. Die Interessen des Elsaß treten bei dieser Affgire in ein eigenthümliches Licht; wesentlich ift man dort bei der Bewilligung von dem Gesichts punkt ausgegangen, daß sich politische Vortheile dafür. einhandeln lassen würden. Die wieder ausgebaute Hohkönigsburg soll. (in Denkmal für die allzeit untrennbare Wiederverbindung des Elsaß mit Deutschland sein. Das sind tönende Redensarten, ohne jede materielle Be⸗ deutung. Im ganzen Reiche ist niemand gewesen, der sich für die Rekonstruierung der Hohkönigsburg interessiert hätte. Die Sache sst erst aufgetaucht in dem Momente der Schenkung an das Reichs⸗ oberhaupt, und das ganze krankhafte Suchen nach Gründen zeigt uns, daß lediglich die höheren Rücksichten, die Rücksichten auf die Stimmung and einer höheren Stelle ausschlaggebend sind Diese Person ist aber zugleich Besitzer der Burg, und es ist ohne Vorgang, daß ein Privat⸗ besitzer sich für die Kosten der Restaurierung, än den Geldbeutel der Steuerzuhler wendet. Einem solchen Verfahren sollte, das Gesetz Einhalt gebieten; aber wenn das nicht der Fall ist, sollte der Be⸗ sitzer selbst davon abstehen. Ludwig II. von Bayern, was für Ge danken auch in seinem schon damals erkrankten Gehirn vorgekommen sind, auf den Gedanken ist er nicht gekommen, sich seine Schlösser bom Lande bejahlen zu lassen! Daß gerade die Zentrumspartei dadurch, daß ein Theil für die Forderung stimmt eine Sparbestrebungen desavouiert, verstehe wer kann. Herr Oertel spricht vom Standpunkt n, . 8. * .
des leichtsinnigen Schuldenmachers, Der Schulden häuft, um den Gegenstand seiner Anbetung zu schmücken. Eine Volkevertretung, die diesen Ramen verdient, darf sich nicht dem Verdacht aussetzen, als ob sie ihr Votum von solchen höfischen Rücksichten abhängig machte. Aus allen diesen Gründen werden wir gegen die Vorlage stimmen.
Staatssekretär des Innern, Staats-Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Meine Herren! Ich muß zunächst einen Irrthum berichtigen, in dem ich mich gestern befunden habe, wie ich zugestehen muß, auf Grund irrthümlicher Zeitungsnachrichten. Ich habe in meiner Rede angeführt, daß nur zwei Abgeordnete des Elsaß⸗Lothringischen Landes⸗ ausschusses gegen die Vorlage gestimmt hätten. Der Herr Abg. Wetterls hat die Güte gehabt, mich darauf aufmerksam zu machen, daß es deren sieben gewesen sind. Ich erkenne die Richtigkeit dieser Anführung an und berichtige die meinige.
Es wird darauf hingewiesen von dem Herrn Abg. Müller⸗Sagan, daß es schiene, als ob das Interesse an der Hohkönigsburg zunähme im umgekehrten Quadrat der Entfernung, weil die Vertreter der Wahlkreise in der nächsten Umgebung der Hohkönigsburg gegen die Bewilligung der Forderung im Landesausschuß gestimmt hätten. Das ist indeß für mich kein sachlicher Beweis. Meine Herren, gerade die nächsten Nachbarn sind häufig nicht in besonders freundlichen Ver⸗ hältnissen. Das findet auf Städte Anwendung wie auf Individuen.
Der Herr Abg. Müller- Sagan hat ewarnt, man sollte doch
9 e 2 man dieses Zwing⸗Uri, das in den Zeiten aufstrebender Freiheit vernichtet wurde, nicht wieder aufbauen. Meine Herren, das sieht wirklich so aus, als ob da oben nach Geßler'schem Vorbild so eine Art Gefängniß gebaut werden sollte (Heiterkeit); ich hoffe aber, wenn diese Burg wiederhergestellt sein wird, werden dort oben stets nur fröhliche Menschen verkehren, und daß das historische Verständniß für unsere Vergangenheit durch eine Restauration wie diese wesentlich erhöht werden wird. ö
Meine Herren, wenn wir nichts mehr wiederherstellen wollen, was aus den Zeiten des Mittelalters stamint, so müßten wir die Perlen deutscher Baulunst zum großen Theil verfallen lassen. (Sehr gut! rechts.)
Es ist auch darauf verwiesen worden, es sei die verfluchte Pflicht und Schuldigleit der Notablen von Elsaß -Lothringen, wenn die Hoh— lönigeburg wirklich einen solchen hoben Werth hätte, die Kosten für die Wiederherstellung allein zu bezahlen. Wenn wir alles das, was wir im öffentlichen Interesse auszuführen wünschen, den Notabeln privatim auferlegen wollten, würden die Herren nicht mebr lange Notabeln bleiben. Ich habe einmal von einem sehr reichen Mann in Deutschland gehört, daß er erllärt hätte, wenn er alles das geben
en Staats⸗Anzeiger.
1901.
sollte, was von ihm im öffentlichen Interesse verlangt würde, müßte er gerade das dreifache Einkommen haben von dem, was besitze. So kann man also nicht deduzieren, daß jede Sache, die i öffentlichen Interesse nothwendig oder erwünscht ist, von den reichen Leuten eigentlich allein auszuführen sei. Das können Sie nicht ver⸗ langen.
Der Herr Abg. von Vollmar scheint mir nach seiner ganzen Ausführung der kunstästhetischen Partei anzugehören, die aus kunst⸗ ästbetischen Gründen überhaupt gegen alle Restaurationen ist. Ich gestebe zu, das ist eine große Partei, und es lassen sich auch für die Auffassungen dieser Partei gute Gründe anführen. Aber andererseits möchte ich doch daran erinnern, daß auch schon in geradezu glän⸗ zender Weise in Deutschland Bauwerke aus dem Mittelalter wieder⸗ ergestellt sind, die sonst wahrscheinlich dem sicheren Verfall entgegen⸗
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gegangen wären, und daß in der That unsere Kenntniß vom mittel⸗ alterlichen Bauwesen in den letzten 20 bis 30 Jahren so fortgeschritten ĩ s wir mit einem hoben Maß von Sicherheit Restaurationen vor⸗
Wenn früher eine Anzahl verunglückter Restaurationen in Deutschland stattgefunden baben, so ist das nur ein Beweis dafür, daß man zu der Zeit, wo diese Wiederherstellungen vorgenommen wurden, noch nicht weit genug in die Kunstgeschichte des Mittelalters eingedrungen war.
Es ist auch auf die Wiederherstellung der Saalburg Bezug ge⸗ nommen. Dieses Beispiel — muß ich sagen — selbst wenn ich auf dem Standpunkt derjenigen stände, die grundsätzliche Gegner von der⸗ artigen Restaurationen sind, halte ich für kein glückliches. Denn gerade die Wiederherstellung der Saalburg und was vorher zu ihrer Wieder⸗ herstellung geschehen ist, hat das Interesse weiter Kreise Deutschlands und namentlich der deutschen Jugend für die Wirksamkeit und die großen Spuren des Römerthums in Deutschland außerordentlich an⸗ geregt, und gerade die Restauration der Saalburg wird für die lernende Jugend das ihr oft trocken erscheinende Studium der Klassiker beleben. Ein Schüler, der jemals auf der Saalburg ge⸗ wesen ist und dort die Restaurationsarbeiten gesehen hat und das, was dort ausgegraben ist, wird mit viel größerem Interesse seinen Cäsar und Tacitus lesen, als vorher. Wie wirksam und bedeutungs⸗ poll die Restauration der Saalburg ist, sehen Sie auch daran, daß die bedeutendsten deutschen Philologen sich ganz außerordentlich gerade für diese Restaurationsarbeiten interessieren.
Es ist auch behauptet worden, es hätte sich eigentlich kein hervor⸗ ragender Kunstkenner für die Restauration der Hohkönigsburg aus⸗ gesprochen. Ich gestatte mir aber, darauf hinzuweisen, daß die Akademie der Bauwissenschaft sich in der That ganz außerordentlich günstig über das Wiederherstellungsprojekt ausgesprochen hat. Und wenn Männer wie Professor Raschdorf, Professor Ende, Baurath Schmieden, Baurath von Großheim, Baurath Kaiser und Andere sich so außerordentlich günstig über dieses Projekt aussprechen, so meine ich, hat doch dieses Gutachten solcher Männer ein Schwergewicht auch in ästhetischer Beziehung.
Es ist auch gefragt worden, warum die Sache so extraordinär behandelt worden wäre und nicht budgetmäßig wie andere Forderungen. Ja, ich meine, die Sache ist durchaus budgetmäßig behandelt worden. Seine Majestät der Kaiser hat 100 000 6 aus Seiner Privatschatulle gespendet, um zunächst die nöthigen technischen Untersuchungs⸗ und Aufräumungsarbeiten vornehmen zu lassen. Erst diese Arbeiten haben überhaupt die Grundlage für das ganze Restaurationsprojekt geboten. Daraufhin sind die Projekte aufgestellt worden. Diese sind in viel⸗ facher Gestalt dem hohen Hause vorgelegt worden, in ordnungs⸗ mäßiger und in budgetmäßiger Weise ist schließlich das hohe Haus gebeten worden, einen Beitrag zur Wiederherstellung der Burg zu geben.
Es ist auch eingewendet worden, bisher hätte sich doch niemand um die Wiederherstellung der Hohkönigsburg gekümmert. Ja, meine Herren, ich frage Sie: ist nicht bei allen solchen Restaurierungsarbeiten von irgend einer Stelle der Gedanke und die Initiative zunächst aus⸗ gegangen? Immer sind es z. B. zunächst einzelne Personen gewesen, die dafür eingetreten sind, unsere herrlichen alten Dome zu restaurieren, alte Schlösser wiederherzustellen. Die Initiative ist immer von Einzelnen ausgegangen, und warum nicht das Oberhaupt des Reichs auch eine solche Initiative ausüben soll, das kann ich nicht einsehen.
Es ist eine falsche Darstellung, wenn man behauptet, es handle sich nur um einen Privatbesitz des Reichsoberhauptes. Die Hohkönigs⸗ burg — und das ist heute auch wohl von dem Herrn Redner aus Elsaß⸗Lothringen erklärt worden ist Seiner Majestät dem Kaiser von der Stadt Schlettstadt als dem Reichsoberhaupt übergeben, und das Reichsoberhaupt wünscht, daß diese Burg wiederhergestellt wird, und zwar nicht im Interesse der Krone, nicht in einem Privatinteresse, sondern lediglich im öffentlichen Interesse, zum Besten des deutschen Volks und der elsaß lothringischen Bevölkerung.
Es ist auch gesagt worden: wenn ich nichts von den politischen Rücksichten wüßte, wie sie in Elsaß-Lothringen gespielt haben, so müßte wohl der Draht nach Straßburg während der Zeit abgerissen sein. Meine Herren, das sind Privatunterhaltungen, die in die Oeffent⸗ lichkeit gedrungen sind, und ich habe bereits in der Kommission gesagt, solche Privatunterhaltungen existieren für mich nicht. Ich halte es für eine bedenkliche Richtung der Zeit, daß man jetzt fortgesetzt mit Privatunterbaltungen arbeitet und diese als politische Momente ver⸗ werthet. (Sebr gut! rechts.)
Ich boffe, diese Neigung wird im deutschen Volk nicht zunehmen; denn dann würden wir, wie ich ebenfalls schon in der Kommission ge⸗ sagt habe, in Zustände kommen, wie sie in den schlimmsten Zeiten der venetianischen Republik bestanden haben.
Schließlich kann ich nur das bestätigen und in diesem Punkte bin ich mit dem Herrn Abg. Wetterlé einer Ansicht: die Restau ratien der Hobkönigsburg und die Bewilligung der Mittel dann darf unter keinen Umständen mit irgend welchen vpolitischen Gesichts punkten verkoppelt werden. Gntweder erlauben es die Justände in Glsaß Lothringen, daß wir gewisse Beschrãnkungen die
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