1901 / 77 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 30 Mar 1901 18:00:01 GMT) scan diff

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Bezüge. Der Herr Graf von Schlieben hat ganz recht, die jungen Assessoren erhalten 2 Jahre gar nichts und nachher 500 Thaler, während früher die jungen Verwaltungs⸗Assessoren mit 800 Thalern anfingen. Aber es hat Perioden gegeben, wo sie sich noch viel schlechter standen, und insofern ist wenigstens eine wesentliche Verbesserung ein⸗ getreten, die ich allerdings schärfer und in höherem Maße gewünscht hätte. Ich werde nach wie vor bemüht sein, für meine Beamten zu thun, was in meinen Kräften steht. (Bravo)

Ober⸗Bürgermeister Struckmann: Der Staat sollte mehr etatsmäßige Stellen schaffen; es ist kein richtiges Verhältniß, wenn der Staat die Kräfte der jungen Leute, die er nöthig hat, umsonst in Anspruch nimmt. Ausreichend sind die Beamtengehälter überhaupt trotz der Erhöhung noch heute nicht. Der Staat muß die Kräfte, die er benöthigt, angemessen bezahlen, dann wird es in keinem Ressort an Beamten fehlen. .

Ober⸗Bürgermeister Pr. Giese: Die Finanzkommission hat die . stets eingehend erörtert und einmüthig der Regierung ihre Auf⸗

asfung zu erkennen gegeben, daß die unentgeltlichen Dienstleistungen der Assessoren möglichst eingeschränkt werden sollten. Nach der einmüthigen Auf⸗ fassung der Kommission ist die jährliche Vermehrung der etatsmäßigen Stellen ganz unzureichend. Es giebt Affefforen, welche Ji Jahre dienen, ohne in eine etatsmäßige Stelle einzurlicken. In diesem Jahre hat der Finanz-Minister eine andere Art der Beförderung einschlagen lassen, die Zahlung von Remunerationen von 4000 66 und die Ver⸗ 6. des Titels Regierungsrath an die Inhaber von nichtetats⸗ mäßigen Stellen. Mit Titeln soll die Regierung die Leute aber nicht abspeisen, sondern ihnen das zum Lebensunterhalt Nöthige gewähren.

Ober⸗Bürgermeister Struckmann plaidiert für eine Vermehrung und bessere ö der Hilfsbeamten der Landräthe.

Minister des Innern Freiherr von Rheinbaben:

Ich kann mich den Ausführungen des Herrn Vorredners nur anschließen; auch ich halte es für durchaus nicht nur erwünscht, sondern nothwendig, einer größeren Anzahl von Landrathsämtern derartige Bureauhilfsarbeiter beizugeben. Bisher haben wir bei 488 Landraths⸗ ämtern nur 180 Bureauhilfsarbeiter, also nur der geringere Theil der Landrathsämter ist mit derartigen Hilfskräften versehen. Es ist überhaupt ein Unikum in der staatlichen Verwaltung, daß die Land— räthe gezwungen sind, einen großen Theil der Hilfskräfte selbst anzunehmen und aus ihrer Bureaukosten⸗ Entschädigung zu bezahlen, während jedes Amtsgericht die Hilfskräfte auf Staats⸗ kosten bekommt, erstere also etatsmäßig angestellt werden. Ich brauche nicht darauf hinzuweisen, wie wichtig es ist, daß der Landrath von der Bureauarbeit entlastet wird, daß er in der Lage ist, diese auf anderweitige Kräfte abzuwälzen. Wenn der Landrath seiner Aufgabe gewachsen sein soll, so muß er mit Land und Leuten in enger Fühlung bleiben und er darf nicht zu einem bloßen Bureauchef herabsinken. Und um seine Stellung so wahrzunehmen, braucht er eben solche Hilfskräfte.

Die Umfrage, die ich veranstaltet habe, hat das Bedürfniß nach dieser Richtung hin durchaus bestätigt, und das Bedürfniß besteht nicht nur von dem eben von mir dargelegten staatlichen Gesichts⸗ punkt aus, sondern auch aus der Nothwendigkeit der Fürsorge für die Beamten selber. Diese Privatangestellten des Landraths widmen vielfach ihr halbes oder ihr ganzes Leben dem staatlichen Dienst, ohne die Aussicht, in eine etatsmäßige Stelle zu gelangen, und es ist daher auch vom Standpunkt der Fürsorge für diese Beamten durchaus an— gezeigt, wenigstens einem Theil endlich eine etatsmäßige Stelle zu schaffen. Ich beabsichtige deshalb, mit entsprechenden Anträgen erneut an den Herrn Finanz⸗Minister heranzutreten, und ich hoffe, daß er mir seine Zustimmung nicht versagen wird.

Noch eins möchte ich kurz berühren. Herr Ober⸗Bürgermeister Struckmann wird im Etat 10000 S gefunden haben als Unter— stützungsfonds für derartige Angestellte und ihre Angehörigen. Bisher habe ich nicht einmal die Mittel zur Verfügung gehabt, solchen An— gestellten bei den Landrathsämtern und ihren Hinterbliebenen im Falle der Noth eine Beihilfe zu geben. Es sind deshalb jetzt diese 10 000 6 eingestellt, um diesen Hilfskräften und ihren Angehörigen gegebenen Falls Nothzuschüsse gewähren zu können.

Ich werde also an den Herrn Finanz⸗Minister Anträge stellen und hoffe, daß auf diese Weise den Landräthen die nöthige Entlastung zu theil werden wird, die ganz unerläßlich für sie ist, wenn sie ihren Aufgaben wirklich gewachsen bleiben sollen. (Bravo!)

Graf von Arnim-Boitzenburg tritt für eine Erhöhung der Gehälter der Gendarmen ein. Die unzulängliche Fürsorge für diese vortreffliche Beamtenkategorie führe zu einem steigenden Mangel an geeigneten Kräften; allein in Brandenburg seien 38 Stellen unbefetzt.

Minister des Innern Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! Ich kann mit dem Herrn Vorredner nur di Anerkennung aussprechen für die vortreffliche Haltung der Gendarmen, und würde es mit ihn bedauern, wenn irgendwie das Gendarmerie Korps nicht mehr auf der Höhe steben sollte, wie es Gottlob der Fall Einstweilen brauchen wir diese Befürchtung nicht zu hegen, im Gegentheil, ich kann anerkennen, daß das Gendarmerie-Korvs in jeder Beziehung den Anforderungen, die an dasselbe im äußeren und inneren Dienst gestellt werden, vollkommen nachgetommen ist. Ich kann auch mit Ihnen den Wunsch theilen, daß die Gehaltsverhältnisse dieser Beamten⸗ kategorie aufgebessert werden mögen. Aber der einzelne Ressortchef kann in dieser Beziehung nicht maßgebend sein, und es ist begreiflich, daß, wenn man die Frage der Gehaltsaufbesserunger

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der Gendarmerie in Angriff nehmen würde, die ganze große Frage der Gehaltsaufbesse rungen wieder aufgerollt werden würde, und daß man aus diesem Grunde Bedenken trägt, diese einzelne Kategorie herauszugreifen. habe auch erwogen, ob es nicht möglich sei, die Stellen⸗ Auf diese Weise aber ergeben sich wiederum im wesentlichen auf eine Gehaltsaufbesserung gegen ist gesucht dieses prinzivielle Bedenken ausschließt, daß einzelne Kategorie von Beamten berausa ist einstweilen eine Vereinbarung dahin h den nächstjährigen Etat der Unterstützungsfonds der Gen? armen, zärtig sehr niedrig bemessen ist, eine wesentliche Auf— Es wird dem Herrn Grafen bekannt sein, des Antrages

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ö Gamp im anderen Hause die ganze Frage nochmals in der Budgetkommission behandelt wird. Einstweilen ist also innerbalb der Regierung eine Vereinbarung dahin getroffen, den Weg zu beschreiten, daß der Unterstützungsfonds erheblich erhöht wird, um einen Theil der Wünsche zu befriedigen, die mit Recht Herr Graf von Arnim Boitzenburg hier geäußert hat.

Dann möchte ich noch auf einen Punkt zurückkommen, der für die

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Aufbesserung der Bezůge der Gendarmen von besonderer Wichtigkeit ist. Wie er aus dem Etat ersehen haben wird, sind nicht bloß 47 000 S6 dauernd zur Anmiethung von Wohnungen für die Gendarmen ausgeworfen, sondern auch im Extraordinarium ist eine Summe von rund 4 Million Mark zur Er⸗ richtung von Dienstgebäuden für Gendarmen vorhanden. Ich halte diese Fürsorge, den Gendarmen geeignete Wohnungen zu bieten, für die allergeeignetste, sowohl im dienstlichen Interesse, wie im Interesse der Gendarmen selber. Im dienstlichen Interesse halte ich es für unerläßlich, um die Gendarmen vor Einflüssen zu bewahren, die nur ungünstig einwirken können, wenn man ihnen die Wohnungen anweist, wo sie Wohnungen sich nicht beschaffen können. Ich ge⸗ denke in dieser Beziehung systematisch und konsequent vorzugehen. Die Positionen, die die Herren im Etat finden, sind bestimmt, dem großen Wohnungsbedürfnisse im rheinisch-westfälischen Industriegebiet Rechnung zu tragen. Wir haben zunächst versucht, uns Wohnungen miethsweise zu verschaffen in der Weise, daß wir mit Gemeinden oder geeigneten Privatunternehmungen Verträge geschlossen haben, wonach diese selber die Wohnungen erbauen, der Staat ihnen aber die Wohnungen auf eine lange Reihe von Jahren abmiethet und den Gendarmen überweist. Wo es nicht möglich war, solche Miethsver⸗ träge zu schließen, haben wir, wie aus der Position von 4 Million Mark hervorgeht, die Erbauung eigener Wohnungen in Aussicht genommen. Ich habe selbst Gelegenheit gehabt, als Regierungs⸗Präsident in Düsseldorf die Verhältnisse kennen zu lernen, und muß erklären, daß ich es für eine der wichtigsten Maßnahmen halte, die Gendarmerie von schädlichen Einflüssen fernzuhalten. Im Industriegebiet sind sie vielfach gar nicht in der Lage, sich eigene Wohnungen zu beschaffen. Das hatte die Konsequenz, daß sie entweder unentgeltlich von Hütten und Zechen Wohnungen überwiesen bekamen, eine Konsequenz, die ich vom Standpunkt der Disziplin und allgemeinen Autorität der Gendarmen für unerwünscht halte, oder daß sie genöthigt waren, auf dem Hofe drei oder vier Treppen hoch inmitten einer Bevölkerung, die durchaus nicht immer einwandsfrei war, Wohnungen zu miethen. Es kann nicht ausbleiben, daß eine derartige Bevölke⸗ rung einen ungünstigen Einfluß auf die Gendarmerie übt, und daß von allen Seiten Versuchungen an die Gendarmen herantreten, denen zu widerstehen schwer ist. Wir sind deshalb dazu übergegangen, wie gesagt, im rheinisch⸗westfälischen Industriegebiet derartige Wohnungen zu miethen bezw. zu erbauen, und inzwischen ist auch Ordre an den Ober⸗Präsidenten von Schlesien ergangen, für den nächstjährigen Etat gleiche Anträge für das schlesische Gebiet zu stellen. So denke ich Schritt für Schritt weiterzugehen und hoffe das Wohnungsbedürfniß dort zu befriedigen, wo die Gendarmen nicht in der Lage sind, sich aus eigenen Mitteln Wohnungen zu verschaffen.

Es kommt noch ein weiterer Punkt hinzu, wo eine erhöhte Für⸗ sorge für die berittenen Gendarmen bethätigt werden kann. Bisher sind sie gar nicht anders behandelt worden als die Fußgendarmen. Sie haben keine Entschädigung dafür bezogen, daß sie ihrerseits Stallungen zu beschaffen verpflichtet waren. Sie mußten aus ihrem an sich unzulänglichen Wohnungsgeld nicht nur sich persönlich die Woh— nung beschaffen, sondern auch Stallung für das Pferd. Es ist nur billig, daß diesen berittenen Gendarmen für diese besonderen Aufwen⸗ dungen eine höhere Entschädigung, ein Stallservis, gewährt wird. Ich hoffe, daß sich auch im nächsten Etat eine entsprechende Position finden wird.

Ich refapituliere mich dahin, daß ich auch sehr gern wünschte, daß die Gehälter der Gendarmen aufgebessert würden, daß dies aber aus allgemeinen Gründen einstweilen nicht in Aussicht gestellt werden kann, und daß ich bemüht sein werde, auf dem Wege, den ich angedeutet habe, erhöhte Fürsorge für die Gendarmen zu bethätigen, weil ich mit Herrn Grafen von Arnim anerkenne, daß es ein unersetzlicher Verlust sein würde, wenn die Gendarmen nicht auf der Höhe sich hielten, auf der sie Gott sei Dank augenblicklich sich befinden.

Es geht ein Antrag der Herren Dr. Giese und Graf von Schliehen ein, die etatsmäßigen Stellen in der inneren Verwaltung so zu vermehren, daß die Wahrnehmung noth⸗ wendiger Amtsangelegenheiten nicht durch unbesoldete oder ungenügend remunerierte Assessoren geschieht.

Graf von Schlieben empfiehlt den Antrag nach der vorauf⸗ gegangenen Debatte zur Annahme; der Antrag sei nöthig geworden, da der Finanz⸗Minister sich ablehnend in der Finanzkommission aus gelassen habe. Der Antrag solle dem Minister des Innern das Rück grat stärken.

Geheimer Ober- Finanzrath Belian: Fast in jedem Jahre ist die Schaffung einer größeren Zahl neuer etatsmäßiger Stellen beantragt worden. Das wird auch in den folgenden Jahren geschehen. Vor drei Jahren sind auch für die Regierungs-Assessoren Dienstalters« stufen eingerichtet, nach denen deren Remunerationen nach acht Jahren bis 4200 „M steigen. Diese fixierten Diäten sind sogar vensionsfähig. Die Finanzverwaltung hält es für ihre Pflicht, immer genau die Parallele zu halten zwischen den Regierungs- und den Gerichts⸗Assessoren.

Ober ⸗Bürgermeister Dr. Giese hält diesen Ausführungen gegen⸗ über an der Berechtigung des Antrags fest. Neben den firlerten Re— munerationen werde kein Wohnungsgeldzuschuß gezahlt.

Geheimer Ober-Finanzrath Belign: Ich habe diesen Umstand bei meinem Vergleich durchaus nicht übersehen.

Der Antrag Giese-Graf Schlieben wird angenommen.

Ueber den Etat des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten referiert Freiherr von Durant. Die Etats Kommission hat beantragt, die zum Etat dieses Ministeriums vorgelegte Denk— schrift über die durch die Revision der allgemeinen Lehrpläne der höheren Schulen herbeigeführte Erhöhung der Gesammt—

ernsten Zeit, wie uns das furchtbare Attentat in Bremen gezeigt hat.

stundenzahl und die dadurch entstandenen Mehrbedürsnisse durch Kenntnißnahme für erledigt zu erklären; eine Petition mehrerer schlesischer Korporationen um Errichtung einer Tech⸗ nischen Hochschule in Breslau soll der Regierung als Material überwiesen werden.

Graf von Zieten⸗Schwerin: Wir leben in einer sehr Gott der Herr hat in seiner Gnade seine schützenden Vände über das Daupt unseres Königs gehalten, sodaß nichts Schlimmeres eingetreten ist, und wir dürfen von der Gnade Gottes erwarten, daß er unsere Fürbitte auch ferner erhören werde. Aber das setzt voraus, daß jeder einzelne, jeder gute Christ, jeder gute Patriot an seiner Stelle seine Pflicht in äußerstem Maße erfüllt, und das gilt auch von der hoben Staateregierung und von beiden Häusern des Landtags. Der Staat orgt allerdings nicht nur für das materielle Wohl des Volkes, sondern auch für das ideale, aber es genügt noch nicht, um den bösen

Geist der Zeit zu bekämpfen, der durch alle Schichten der Bevol kerung gebt, der geradezu entsetzlich ist und zum Ausdruck kommt in solchen Thaten wie der in Bremen. Eg thut mir leid, daß Bremen jetzt in diesem Zusammenhange so oft genannt wird: es steht in Bremen nicht schlimmer als an allen anderen Orten, wo durch Sozialdemokratie

und Angrchismus die Geister bethört sind. Der Staat muß deshalb mehr Mittel zur Verfügung stellen für die evangelische Kirche und ür die Schulen, besonders für die Errichtung obli atorischer Fort. ildungeschulen, damit die Kinder, die aus der Volkeschule kommen, nicht ins Uferlose hinausgestoßen werden. Die evangelische Kirche hat noch keine Entschãdigung für die eingezogenen Kirchengüter bekommen. Die Steuern für kirchliche . i so herangezogen, daß nichtz mehr davon zu erwarten ist. Ich bitte die Staatsregierung, der evangelischen Kirche zu helfen. Die General⸗Superintendenten und Superintendenten müssen besser gestellt werden; wir brauchen mehr Konsistorien, mehr Semingrien; die evangelische Kirche braucht über⸗ haupt eine größere Selbständigkeit. Dem Materialismus sollte der Staat durch Förderung der idealen Aufgaben von Kirche und Schule entgegentreten. Im CEhristenthum und im Hohenzollern⸗Königthum liegen die Wurzeln unserer Kraft.

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Studt: Meine Herren! Die staatliche Kultus- und Unterricht verwaltung ist sich der schweren Aufgabe und Verantwortlichkeit voll bewußt, die ihr gerade bei den gegenwärtigen Zeitverhältnissen und den im höchsten Grade beklagenswerthen neuesten Ereignissen gegenüber erwächst. Ich glaube aber, das Bild, welches

der vorliegende Etat bietet, kann wohl den Beweis liefern, daß die

genannte Verwaltung mit aller Kraft bestrebt ist, den an sie heran⸗ tretenden Anforderungen auf dem von dem Herrn Vorredner be zeichneten Gebiet in vollem Maße gerecht zu werden. Ich darf namentlich an die für die Volksschulen bestimmten Erlasse erinnern, welche zu dem Zweck ergangen sind, um Gottesfurcht und Vaterlands⸗ liebe in den Herzen der Jugend zu wecken und zu erhalten. Ich darf ferner, was den vorliegenden Etat anbetrifft, noch besonders darauf hinweisen, daß kaum jemals in einem Etat so beträchtliche Summen von der Landesvertretung gefordert worden sind, wie in dem vor— liegenden, und zwar zu Zwecken, die nicht bloß die materiellen Ziele des Ressorts betreffen, sondern namentlich auch die idealen Aufgaben fördern sollen, die an die mir anvertraute Verwaltung gestellt werden.

Graf zu Stolberg⸗Wernigero de: Wir können dem Kultus— Minister für diese Erklärung nur dankbar sein. Ich möchte seine wohlwollende Aufmerksamkeit auf ein mit der Universität Köni Sberg verbundenes Institut lenken, auf die Palaestra Albertina welche der körperlichen Ausbildung der Studenten gewidmet ist. Das Institut leistet sehr Segensreiches, es hat aber mit finanziellen Schwierig⸗ leiten zu kämpfen, und, hat in diesem Jahre ein Deftzit von 15 000 M Es ist Aufgabe des Staats, hier helfend einzu— greifen. Die Universitäten Berlin und Leipzig ö jetzt die roßen Zentralisationspunkte. Wer das Leben genießen will, geht ö. Bonn oder Heidelberg. Isolierte Universitäten, wie Königsberg, aben mit größeren Schwierigkeiten zu kämpfen. Der Deutsche hat eine gewisse Vorliebe für die Gelehrtenstube oder für das Wirthshan, Man soll Bestrebungen fördern, die den Studenten vom Wirthshaus. besuch abhalten. Der Minister hat sich schon im Abgeordnetenhause davon überzeugt, daß seine wohlwollenden Absichten nach diefer Rich. tung nicht auf Widerspruch stoßen.

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Studt:

Ich habe bei anderer Gelegenheit bereits erklärt, daß ich der seht wichtigen Einrichtung der Palaestra Albertina zu Königsberg meine volle Sympathie zuwende. Ich kann diese Erklärung heute nur in dem Sinne wiederholen, daß es mir zur Freude gereichen würde die unverkennbaren Schwierigkeiten, mit denen dieses hoch am erkennenswerthe Institut zu kämpfen hat, zu beseitigen. Die Universität Königsberg kann stolz sein auf eine CEimih tung, die ihr in gewissem Sinne einen Vorrang wer anderen Hochschulen des preußischen Staats gewährt. Daß gende bei dieser im nordöstlichsten Theile unseres Vaterlandes belegenen, historisch bedeutungsvollen, für unser ganzes Bildungswesen so wichtigen Kultur⸗ stätte eine Einrichtung getroffen worden ist, die nach mehreren Rich= tungen hin, in der vom Herrn Vorredner angedeuteten Att, ihre segensreichen Folgen äußert, kann von der Unterrichtsverwaltung mur mit lebhafter Genugthuung begrüßt werden. Von diesem Gesichts⸗ punkte aus verdient der Wunsch, daß die zweifellos vorhandenen finanziellen Schwierigkeiten gehoben werden möchten, wohlwollende Erwägung. (Bravo!)

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Herr von Plehwe: Ich kann die Bestrebungen des Grafen Stolberg nur unterstützen und dem Minister danken für seine wohl wollende Antwort. Alle gebildeten Kreise und namentlich die Universität Königsberg werden davon befriedigt sein. .

Graf von Hut ten-CGzapski: Zum ersten Mal sind im Etat 100 000 M für die Denkmalpflege ausgeworfen; ich sehe aber nicht ein, warum die Forderung im Exrträaordinarium steht. Andere Staaten, wie Frankreich und Italien, geben für die Dent malpflege mehr als eine Million aus. Der Fonds müßte bei uns erhöbt werden. Ueber Peking sollte ein topographischer Plan, eine Be⸗ schreibung und eine Aufnahme gemacht werden. Für ein soelches Werk würde sich ein Verleger schon finden. Di Amerikaner haben die besten Kunstwerke' schon ausgeführt. Ein Theil der Kunstwerke ist nach der Versicherung der Mandarinen ver graben und soll wieder ans Tageslicht kommen, wenn der chinesische DVof zurückkehrt sein wird. Die Regierung würde ein gutes Ge schäfst machen, wenn sie ihre Agenten mit dem Ankauf von chinesischen Lunstsachen, namentlich Porzellan, beauftragte, die in den letzen Jahrzehnten sehr im Preise gestiegen sind. Landtages würden eine etwaige Etatsüberschreitung für diese weg im nächsten Jahre sicherlich gutbeißen. Im anderen Dause ij die Ablösung der Medizinalabtheilung vom Kultus Ministerium und die Uebertragung auf das Ministerium des Innern, de; langt worden. Es ist ein großer Uebelstand, daß die Medi; inn abtheilung gewissermaßen als eine Abtheilung zweiter lan betrachtet wird und keinen Direktor hat. Ich mochte den Ministe bitten, im nächsten Jahre eine solche Direktorstelle in den Etat ein zustellen. Das Pestserum soll sich als probat erwiesen haben; sollten damit größere Versuche angestellt werden. Auch der Influen sollte eine größere Aufmerksamkeit zugewendet werden, welche * reiche Opfer in den letzten Jahren gefordert hat; ähnlich verhal⸗ sich mit der Pneumonie, dem Typhus u. s. w. Man len einigen hervorragenden Forschern die Muße verschaffen, . mit diesen Fragen zu beschäftigen. Die Zabl der Krebserkrankunge hat sich bei Männern und Frauen ehr erheblich vermen] Der Krebs ist geradezu eine Volkskrankheit geworden, man , gegen ihn ebense energisch vorgehen, wie gegen die Tuberkulose. . vissen über den Krebs, über dessen Ansteckungs fähigkeit so gut * nichts. In Berlin hat sich im vorigen Jahre ein Comit nr * Krebgerforschung gebildet. Es hat eine Anfrage an sämmtliche ern des Deutschen Reiches abgeschickt; aus Preuften hat nur ein r Projentsatz geantwortet. Ich finde das sehr befremdlich. Der Nin. sollte erwagen, ob es nicht Mittel und Wege giebt, die Aerzte iu emme Antwort anzuhalten, soweit dies im amtlichen Wege möglich ist.

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Studt:

Aus der großen Zahl der beachtenswerthen und anlene ne i e Anregungen, welche der Herr Graf von Hutten⸗Czapaki socben geg . bat, gestatte ich mir, einige herauszunehmen und einer näheren oörterung zu unterziehen. 6 6

Was die Denkmalpflege anbetrifft, so beweist schon die in de

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vorliegenden Etat aufgenommene bedeutende Summe von 100 0090 4, daß die Unterrichtsverwaltung auf diesem Gebiet den an sie so viel⸗ fältig herantretenden Anforderungen gerecht zu werden bestrebt ist. Ich darf hinzufügen, daß die gesetzliche Regelung der gesammten Materie in Aussicht genommen ist. Dieselbe wird hoffentlich in nicht zu ferner Zeit zu einem Abschluß führen, bei dem auch die von dem Herrn Grafen von Hutten-Czapski betonten Gesichtspunkte Beachtung finden werden.

Ich benütze diese Gelegenheit, um dem Herrn Grafen meinen verbindlichsten Dank auszusprechen für die freundliche Beurtheilung der Thätigkeit des um die Denkmalspflege hochverdienten bisherigen Referenten des Kultus-Ministeriums, der leider durch Krankheit ge⸗ nöthigt ist, mit dem 1. April d. J. die Stellung aufzugeben, in der er eine lange Reihe von Jahren hindurch so erfolgreich auf dem von ihm in musterhafter Weise beherrschten Gebiete thätig gewesen ist.

Was die Frage anbetrifft, ob in China Kunstschätze für unsere Museen erworben werden können, so hat das Kultusressort bereits Veranlassung genommen, sich mit anderen betheiligten Ressorts in Verbindung zu setzen. Ich hoffe, daß es möglich sein wird, dort gewisse für unsere Museen und sonstige Kunstanstalten wichtige Er— werbungen zu realisieren.

Meine Herren, Herr Graf von Hutten-Czapski ist sodann auf das Gebiet der Medizinalverwaltung übergegangen und hat verschiedene Fragen berührt. Bezüglich derselben muß ich im allgemeinen zunächst hervorheben, daß ich es mir mit Rücksicht auf die schwebende Frage, ob die Medizinal— Abtheilung bei dem Kultus-Ministerium verbleiben oder einem anderen Ressort überwiesen werden soll, selbstverständlich ver⸗ sagen muß, auf eine materielle Erörterung der Organisationsfrage einzugehen.

Was nun die von dem Herrn Vorredner berührte Pestfrage an⸗ langt, so hat die Medizinalverwaltung sofort, als Anzeichen dafür hervortraten, daß Europa mit der gefährlichen Krankheit bedroht sei, Veranlassung genommen, ihrerseits umfassende Einrichtungen zu treffen; dieselben sind namentlich auch in den Häfen zur Durchführung gelangt und haben, wie ich glaube, schon einen guten Erfolg gehabt. Die Frage, ob das Pestserum zu einer allge⸗ meinen Anwendung gelangen soll, ist nach dem Stande der wissen⸗ schaftlichen Forschung und nach den Erfahrungen, die in anderen Ländern gemacht sind, mit der größten Vorsicht zu behandeln. Es ist kaum möglich, jetzt schon ein abschließendes Urtheil zu fällen bezw. herbeizuführen.

Die übrigen Punkte der Ausführungen des Herrn Grafen von Hurten⸗Czapski, welche die Bekämpfung anderer ansteckender Krankheiten betrafen, werden bei dem in der Vorbereitung befindlichen preußischen Ausführungsgesetze zu dem Neichs⸗Seuchengesetze ihre Be⸗ rücksichtigung finden. Es wird dabei Gelegenheit geboten sein, auf die einzelnen Fragen, die seitens des Herrn Vorredners berührt worden sind, noch näher einzugehen.

Wenn ich mir zum Schlusse gestatte, noch auf die Krebskrankheit zurückzukommen, so hat Herr Graf von Hutten⸗-Czapski schon hervor⸗ gehoben, daß ein Privateomité unter Leitung hervorragender Aerzte sich gebildet hat, welches diese so außerordentlich wichtige medizinische Materie sowohl nach der statistischen als auch nach der wissenschaftlichen Seite hin einer gründlichen Erörterung unterziehen will. Ich darf hinzufügen, daß dieses Privatcomité eine staatliche Unterstützung genießt und die Medizinalverwaltung ihm selbtwerständlich nach jeder Richtung hin fördernd zur Seite stehen wird.

Aber⸗Bürgermeister Struckmann: Es wäre zu bedauern, wenn der Plan ausgeführt würde, einige General⸗Superintendentenstellen in der Provinz Hannover einzuziehen, z. B. die von Hildesheim.

Ministerial Direktor . Schwartz ko pff: Die General⸗Super— intendenten in Hannover haben andere Befugnisse und einen niederen Rang als die preußischen. Das Bestreben in Hannover geht dahin, sie den preußischen General⸗Superintendenten gleichzustellen. Soll dies aber geschehen, so müßte deren Zahl vermindert werden. Sb und inwieweit das der Fall sein wird, kann ich jetzt nicht sagen, doch steht im Augenblick eine Aufhebung der General⸗Superintendentur in Hildes— heim nicht in Frage.

Professor Dr. Förster-⸗Breslau lenkt erneut die Aufmerksamkeit inisters auf die Unzuträglichkeiten, unter denen die Universitäts in Breslau zu leiden habe, und verlangt eine befondere

hiatrische Klinik an der dortigen Universität.

Freiherr von Wendt -Papenhaufen befürwortet die Aus— gestaltung der Akademie Münster zu einer vollen Universität. Außerdem erlangt er eine erweiterte Fürsorge des Staats für die katholischen Interessen. Graf von Zieten habe unrecht, wenn er behaupte, daß der Staat für die katholische Kirche das Seine gethan babe. Auch dieser seien die Kirchengüter nicht zurückgegeben worden.

Qber⸗Bürgermeister Jun geblodt unterstützt den Wunsch nach Ausgestaltung der Akademle in Münfter zur Volluniversstät, wie sie bereits früher bestanden habe. Die Erweiterung könne mit verhältniß. maßig geringen Mitteln ins Werk gesetzt werden, da ein Studienfonds

D 3r 1 uri st: 5 NTaokul' t ro irt 23620 . ür di juristische Vati ltat bereits ein G8 er

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Studt:

Meine Herren! Aus den Darlegungen des Herrn Freiherrn von Wendt und des Herrn Jungeblodt werden Sie schon entnomme ben, wie lebhaft die Wünsche der westfälischen rer Provinzialvertretung seit einer Reihe von Jahren gerichtet sind, daß die Königliche Akademie zu Münster, die bekanntlich aus einer katholisch⸗theologischen und einer philosophischen Fakultãt besteht, zu einer vollen Universität ausgestaltet werde. Die An⸗

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interessierter Kreise hin der Provinzial⸗Ansschuß und Provinzial Landtag mit der Sache beschäftigt worden Interesse, welches der Frage von allen Arden ist, auch finanziell durch gewisse betreffenden Verhandlungen liegen Staatsregierung noch

diesem Wunsche und seine

Königlichen Antheil nahme rklärt sich

l ; erwähnten Umstand, daß ich

ug aus dem von den Herren Vorrednern die Ehre gehabt habe, eine lange

Staatsverwaltung der Provin; Westfalen Gelegenheit haben, im Königlichen Staat u vertreten. Mit welchem Erfolge, kann ich eben, und umsoweniger, als, wie gesagt gegenwärtig noch nicht vorliegt.

Fürst zu Salm-Horstmar schließt sich dem Wunsche der Vor edner aus dem Hause an. Nach der Erklärung des Ministers ruhe a die Angelegenheit in den besten Händen.

Dber Burgermeister Adickes tritt im Anschluß an den Aller⸗ bechsten Erlaß siber die Schulreform für die Zulassung sämmtlicher

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Abiturienten der drei Kategorien von höheren Lehranstalten zum medizinischen und juristischen Studium ein. Die Befürchtungen des Professors Riedler, soweit sie auf den Kastengeist und das erer, interesse der Juristen aufgebaut seien, könne er nicht als begründet ansehen. In dieser Allgemeinheit würde damit den Juristen ein durchaus unberechtigter Vorwurf gemacht.

Freiherr von Durant giebt als Referent eine Uebersicht über die Lehrpläne auf Grund des Allerhöchsten Erlasses vom 26. November v. J. und über die durch denselben eingeleitete Schulreform.

Professor Hr. ster⸗Marburg fragt, in welcher Weise die Regierung die Königliche Verordnung in Bezug guf die Mediziner auszuführen gedenkt. Die Erklärung, daß die Oberrealschul⸗Abiturienken por ihrer Zulassung zum jursstischen und medizinischen Studium einer Nachprüfung unterzogen werden sollen, habe sehr beruhigend ge⸗ wirkt. Der Boden der klassischen Bildung dürfe den? Meni— zinern nicht ganz und gar entzogen werden. Die Ent⸗ scheidung über die Zulassung zum juristischen und medizinischen Studium müsse unter allen Umständen gleichmäßig geregelt werden. Eine ungleichmäßige Regelung würde zum Schaden der Medizin aus— schlagen. Der Redner weist ferner auf die Gefahren hin, welche den Aerzten von der Macht und dem Einfluß der sozialdemokratischen Krankenkassen erwüchsen. Das wissenschaftliche Bildungsniveau der Aerzte würde noch weiter herabgedrückt werden, wenn die beabsichtigte Reform ins Leben treten solle. Es sei zu hoffen, daß der Minister eine beruhigende Erklärung abgebe.

Hierauf nimmt das Wort der Minister der geistlichen ꝛc. An⸗ gelegenheiten Dr. Studt, dessen Rede am Montag im Wortlaut wieder— gegeben werden wird.

Die ohen erwähnte Denkschrift wird durch Kenntnißnahme für erledigt erklärt.

Ober⸗Bürgermeister Struckmann verbreitet sich in ausführlichster Weise über den durch die Interpellation Kopsch im Abgeordnetenhause in den Vordergrund des Interesses getretenen bedauerlichen Mangel an Volksschullehrern und fordert eine Vermehrung der Lehrerseminare.

Ministerial⸗Direktor Dr. Kügler: Ueber die Errichtung neuer Seminare schweben Verhandlungen mit dem Finanz Ministerium.

Gegenüber der Petition um Errichtung einer Technischen Hochschule in Breslau weist

Professor Riedler auf die unerträgliche Ueberfüllung der Char⸗ lottenburger Technischen Hochschule, sowie auf die Thatsache hin, daß in den Nachbarländern die Zahl der technischen Hochschüler viel größer als in Preußen sei. Eine Technische Hochschule in Breslau sei also ein Bedürfniß. Die Technischen Hochschulen dienten nicht bloß der Industrie, sondern allen produkten Ständen und dem allgemeinen Landesinteresse. Das Gleiche würde auch bei der schlesischen Hoch⸗ schule zutreffen.

Herzog von Ratibor schließt sich diesen Ausführungen an. Auch neben der Technischen Hochschule in Danzig bleibe die in Breslau ein dringendes Bedürfniß. Die Provinz Schlesien und die Provinzial— hauptstadt hätten ihrem lebendigen Interesse für die Sache. durch be— trächtliche Stiftungen Ausdruck gegeben.

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Studt:

Meine Herren! Die Anträge auf Errichtung einer Technischen Hochschule in Breslau unterliegen einer näheren Prüfung der König— lichen Staatsregierung. Es sind dabei außer dem Ressort der Unter— richtsverwaltung betheiligt die Ressorts der Finanzen, der öffentlichen Arbeiten und für Handel und Gewerbe. Die Ver⸗ handlungen sind in vollem Gange, sie nehmen mein warmes Inter⸗ esse in Anspruch und ich hoffe, daß sie, ich sage das mit einem gewissen Vorbehalt, auch zu einem den Antragstellern günstigen Ausgange führen werden. Die Fragen, die dabei in Betracht kommen, erstrecken sich aber auch auf die Möglichkeit, daß die in Danzig zu errichtende Hochschule ein weites Gebiet für sich in Anspruch nehmen wird. Bei Bemessung der Bedürfnißfrage für Breslau ist also die bevorstehende Eröffnung der Danziger Technischen Hochschule wesentlich mit in Betracht zu ziehen. Ich kann Seiner Durchlaucht dem Herzog vor Ratibor aber die Versicherung geben, daß namentlich die Unterrichtsverwaltung die Frage mit regem Interesse weiter verfolgen wird.

Graf von der Recke⸗Vollmerstein erhofft von der Errich— tung dieser Hochschule eine Ausgleichung der nationalen Gegensãtze.

. Die Petition wird der Regierung als Material über wiesen.

Der Etat im Ganzen und der Gesetzentwurf, betreffend die Feststellung des Staatshaushalts-Ctats für das Etatsjahr 1901, werden darauf einstimmig angenommen.

Schluß gegen 1646 Uhr. Rächste Sitzung unbestimmt.

Statiftik und Volkswirthschaft.

Konkursstatistik.

Nach einer vorläufigen Mittheilung des Kaiserlichen Statistischen Amts zur Konkursstatistik gelangten im vierten Vierteljahr 1900 im Deutschen Reich 2371 neue Konkurse zur Zählung, gegen 1933 im vierten Vierteljahr 1899.

Es wurden 253 Anträge auf Konkurseröffnung wegen Mangels eines auch nur die Kosten des Verfahrens deckenden Massebetrages ab gewiesen und 2118 Konkursverfahren eröffnet; von letzteren hatte in 1335 Fällen der Gemeinschuldner ausschließlich die Konkurseröffnung beantragt.

en im vierten Vierteljahr 1900: 166 (im vierten Vierteljahr 1899: 1724) Konkursverfahren, und zwar durch Schluß vertheilung 1139, durch Zwangsvergleich 344, infolge allgemeiner Ein willigung 465 und wegen Massemangels kursverfahren war ein Gläubigerausschuß

Von den w 2371 neuen

Konkursverfahren betrafen: physische Personen . . 1924 Nachlãsse . Handelsgesellschaften Genossenschaften ö indere Gemeinschuldner.

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8 * 1 3 . 1* Ion 968 beendeten Kon

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deutschen Kauffahrtei

an registrierten Fahrzeugen mit einem Brutteraumgehalt von mehr als . ehm belief sich nach dem ersten Hef des Jahrgangs 1901 der „Vierteljahrshefte zur Statistik des Deutschen Reichs“ am I. Ja nuar 1900 auf, 3759 Schiffe mit einem Gesammtraumgehalt von 2495 389 Registertens brutto und 1737 7938 Registertons netto gegen 3713 Schiffe mit 2317563 Registertons Brutto und tz. 9 552 Negistertons Nettoraumgehalt am 1. Januar 1899. Die Zahl der Schiffe zeigt gegen das Vorjahr eine Steigerung, welche einmal auf die verhältnißmaßig geringe Anzahl von Verunglückungen, sodann auf die regere Thätigkeit im Schiffbau zurückzuführen ist. Der Bruttoraumgehalt der Schiffe Pat sich

mit 1899 um 177 826 Registertons, der Nettoraumgehal

Negistertons vermehrt. Der Gattung nach waren am

1900 2466 Segel- und Schleppschiffe mit 631 865 Registertons

ver Bestand der

brutto und 587 639 Registertons netto, sowie 1293 7 ampfschiffe

mit 1863 521 Registertons brutto und 1150159 Registertons netto vorhanden, während am 1. Januar 1899 die Zahl der Segel und

Schleppschiffe 2190 mit einem Raumgehalt von 542 99 Reglstertons

2. K 25 2 ö .

brutto und 691 161 Registertons netto, die der Dampfer 123 mit einem Raumgehalt von 1674 567 Registertons brutto und 13H33 391 Registertons nette betragen hatte. Unter den Segel- und S lepp⸗ schiffen befanden sich am L Januar 1900 38 Schiffe mit mehr als drei Masten, 337 dreimastige, 1365 zweimastige, 548 einmastige Schiffe, und 178 waren Schleppfchiffe und führten keine oder nur Lademasten. Zu den Schiffen mit mehr als drei Maften zählt der in Hamburg beheimathete Fünfmaster ‚Potosi', welcher mit einem Raumgehalt von 4026 Registertons brusto das größte Segelschiff der Welt ist. Von den vorhandenen Dampfern waren 19 38. H. Räder⸗ und 1244 962 v. H. Schraubendampfer. Nach dem Brutto— raumgehalt unterschieden, waren 2108 Gh rct8 v. H) Segel⸗ und Schlepp⸗ schiffe und 506 (39.13 v. H.) Dampfschiffe unter 366 Registertons, 109 (42. v. H.). Segel⸗ und Schleppschiffe und 251 (19,41 v. H.) Dampfschiffe zwischen 5o0 und 1000 Registertons, 202 (8, 19 v. S5) Segelschiffe und 212 (16,39 v. H.) Dampfschiffe 1000 bis 2000 Re— istertons, 38 (1, 34 v. H.) Segelschiffe und 145 (11,45 v. H.) Dampf⸗ r 2000 bis 3000 Registertons, 8 (033 v. H.) Segelschiffe und 65 (603. v. S.) Dampfschiffe 3000 bis 4000 Registertons, 1 (O, O4 v. H.) Segelschiff und 39 (3,02 v. H) Dampfschiffe 4000 bis 5000 Register⸗ tons und 72 (5,57 v. H) Dampfschiffe über 5000 Registertons groß.

Aus der Statistik der Seeunfälle.

Das erste „Vierteljahrsheft zur Statistik des Deutschen Reichs“, Jahrgang 1901, enthält eine Abhandfung über die Schiffsunfälle an der deutschen Küste während des Jahres 1899, d. h. über die⸗ jenigen zu amtlicher Kenntniß gelangten Unfälle, von denen Schiffe an der deutschen Küste selbst, auf dem Meere in einer Entfernung von nicht mehr als 20 Seemeilen von der Küste oder auf den mit dem Meere in Verbindung stehenden, von Seeschiffen befahrenen Binnen gewässern im Jahre 1899 betroffen worden sind. Derartige Unfälle sind im Ganzen 372 gezählt, die 514 Schiffe betrafen. Die Erhebungen der vier vorhergehenden Jahre hatten ergeben für 1398: 346 Unfälle und 481 betroffene Schiffe, für 1897: 383 Unfälle und 530 be⸗ troffene Schiffe, für 1596: 351 Unfälle und 461 betroffene Schiffe und für 1895: 391 Unfälle und 29 betroffene Schiffe. Gänzlich verloren gingen von den Schiffen, welche im Jahre 1853 einen Unfall erlitten, 89 (1898: 72, 1897: 47, 18965: 52, I895. 74), 275 wurden theilweise beschädigt, 147 blieben unbeschädigt, und von 3 Schiffen ift über den Ausgang des Unfalls nichts ermittelt worden. Der Verlust an Menschenleben (67) ist der zweithöchste im ganzen fünfjährigen Zeitraum und wird nur übertroffen von dem ganz außergewöhnlich hohen des Jahres 1895. Der Durchschnitt der bier Vorjahre ist um 2 geringer als die Verlustziffer des Jahres 1899, welche sich auf l, 98 v. H aller an Bord gewesenen Perfonen (soweit deren Zahl bekannt war) gegen 0,59 v. H. im Vorsahre, O, H8 v. B., O, 64 v. H. und 112 v. H. in den Jahren 1897, 1896 und 1895 berechnet.

Von der Gesammtzahl der nachgewiesenen Schiffe sind 1398 132 gestrandet, 7 gekentert, 15 gesunken, 277 in Kollision gerathen, und 82 wurden von Unfällen anderer Art betroffen. 185 Unfälle er⸗ eigneten sich im Ostseegebiet (235 auf je 10 Seemeilen Küstenstrecke), 184 im Nordseegehiet (6424 auf je 10 Seemeilen Küstenstrecke. 345 der betroffenen Schiffe fuhren unter deutscher, 16? unter fremder Flagge, während von 3 Schiffen die Nationalität nicht zu ermitteln war. Unter den infolge der Unfälle gänzlich verloren gegangenen Schiffe befinden sich 57 deutsche und 32 fremde Schiffe.

Nach der Statistik für die Verunglückun gen (Totalverluste) deutscher Seeschiffe in den Jahren 1898 und 1859 sind 1898 (die Angaben für 1899 sind noch nicht vollständig) 111 deutsche registrierte Seeschiffe mit einem Raumgehalt von 41648 Registertons brutto und 34 882 Registertons netto verloren gegangen, und zwar sind 55 gestrandet, 1 gekentert, 19 gesunken, 9 infolge don Zufammen« stößen, 8 infolge schwerer Beschädigungen verunglückt, 1 verbrannt und 18 verschollen. Dabei büßten von 1f71 an Bord gewesenen Menschen (1092 Mann Besatzung und 169 Passagiere] 235 Personen (231 Mann Besatzung, 4 Passagiere) ihr Leben ein. Im Vergleich zum Be⸗ stande der registrierten deutschen Seeschiffe am J. Januar 1898 beträgt der Schiffsverlust im Laufe des Jahres 30 v. H. Dagegen bezifferte sich der Verlust in den Jahren 1897, 1895, 1395 und 1891 auf 2,01 v. H., 2,37 v. H., 1,15 v. H. und 3 24 v. S. des Schiffs⸗ bestandes am Anfang des betreffenden Jahres. Für die Schiffs⸗ besatzung berechnet sich das Verlustverhältniß derart, daß in den Jahren 1898, 1897, 1896, 1895 und 1851 1 Mann von je 184, 210 225, 197 und 154 Seeleuten, welche auf deutschen Schiffen dienten, verunglückte.

Zur Arbeiterbewegung.

„Aus Marseille meldet W. T. B. unterm gestrigen Tage, daß die Zahl der an den Quais thätigen Hafenarbeiter vergl. Nr. 76 d. Bl.) gegenwärtig 3600 beträgt und der Betrieb auf fäst allen Arbeitsstätten, besonders in den Docks und bei den Molen wieder aufgenommen worden ist.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Ernte-Ergebnisse in Oesterreich.

Von dem österreichischen Ackerbau Ministerium sind, wie die Wiener Itg.“ mittheilt, auf Grund amflicher Daten über die Ernte Ergebnisse der wichtigsten Körnerfrüchte im Jahre 1909 folgende Einzelheiten veröffentlicht sammten Ackerlands— fläche der cisleithanischen Neichshäl zon 10 636 872 ha entfiel auf den Anbau von Weizen ste, Hafer und Mais 38,7 Dasselbe

im Jahre 1900 eine Areal durch

vertheilte sich auf die fünf schnittlich pro ha . . Metr Weizen 1067 035 11 147 13 10.4 Roggen 1705132 13 936284 8, Gerste 1235016 13 390 19 1038 Vafer . 1902996 17 153 899 9

Mais 335601 3923501 11.7.

Fruchtgattung

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungẽ⸗ Maßregeln.

Abwehrmaßrege estädten. Aus einer Beobachtung, welche in Januar d. J. in Hamburg gemacht werden zeröff lichungen des Kaiserlie 16

et nitteln, beste d ̃ n

au der unter anderen Häfen auch das vestverseuchte Smornaa igelaufen Die Manns in gutem Gesund

in einem Schiff saat gefüllt waren lbehörden üung des Ergebnisses Die Untersuchung Infektion mit Pestbacillen verendet waren. Von Damburg ing mit einem Kommissar

3 Kaiserlichen 2 geln gegen eine Ver tung der Pest durch das Aff und seine Ladung ergriffen. Theile der Ladung, welche von itten angefressen waren, wurden durch Feuer vernichtet. Die unverletzten Umhüllungen der übrigen Waare: wurden mit 100,9 Kalkmi etwa auf der Oberfläche zefindliche, von Auescheidung anker Thiere herrührende lebende Pestkeime unschädlich zu mach Die bei diesen Arbeiten beschäftiaten Leute wurden besonderen butzmaßregeln unterworfen. Eine Er

krankung an Pest kam weder unter ihnen noch unte der Schiffsmann

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