sortgesetzt, um die Arbeiter fertdauernd zu beschäftigen, nicht etwa nur
nieresse für die Arbeiter, sondern weil es in ihrem eigenen Interesse 2 3 Der Vorwurf, der gegen die staatlichen Behörden aus dem Umstande abgeleitet werde, daß auch Königliche Bergwerksbeamte in den Auffichtsraͤthen der Koblenbergwerke säßen, sei ganz und gar nicht berechtigt. Arbeiterentlassungen seien im ganzen Industriebezirk auf den Eisenwerken nur im geringen Umfange erfolgt; die Ver⸗ bältniffe ständen also noch nicht so schlimm. In Dortmund
ien flädtischerfeits alle Vorkehrungen getroffen, um durch Ge⸗ . . etwa wirklich eintretenden Nothstande zu
In erslser Linie sei allerdings die Industrie selbst verpflichtet, in Zeiten des Rückganges Arbeiterentlassungen zu ver⸗ hindern; denn die Arbeitgeber mußten sich mit ihren Arbeitern solidarisch fühlen. Ein Verfahren, Arbeiterentlassungen im großen Maßstabe eintreten zu lassen, wie es ein Mannheimer Werk gethan habe, halte er für unanständig. Er glaube, nicht, daß die Krise bald beendet sein werde, und da müsse schließlich der Staat eingreifen. Der Staatssekretär Graf von Posadowsky möge doch seinen Einfluß auf den preußischen Minister⸗Präsidenten dahin aufbieten, daß dieser endlich die große wasserwirthschaftliche Vorlage einbringe. Ueber— haupt sollte der Ausbau der Wasserstraßen im ganzen dande in be⸗ schleunigtem Tempo in Angriff genommen werden. Die Krisis werde sich auf die Dauer erst überwinden lassen, wenn eine, Beruhigung über das Schickfal der Handelsverträge eingetreten sei; die landwirth⸗ schaftlichen Zölle müsse, und werde ingn erhöhen; aher ebenso noth⸗ wendig wären langfristige Handelsverträge. Einer Erhöhung der Ge⸗ treidezölle auf ö. von den e , . gewünschten Sätze werde er allerdings seine Zustimmung nicht geben. ö .
. . 9 Pachnicke (fr. Vgg): Vielleicht handelt es sich bei der gegenwärtigen Depression nur um einen Reinigungsprozeß, in welchem Wucherungen abgestoßen werden. Das kann uns aber nicht abhalten, der Frage ernsthaft ins Auge zu sehen. Eine Regelung von Staatswegen würde Schwankungen im wirthschaftlichen Leben auch In den Jahren 1898 und S909 schon sind Warnungsrufe von rechts und links ertönt und die Reichsbank hatte ein Warnungssignal aufgezogen mit dem Reichsbankzins; der es aufzog, war der Reichsbank-Präsident, Koch. Worin soll nun die Abhilfe bestehen? Graf Kanitz will diese den Gemeinden aufbůrden. Diese haben an Schul⸗ und Armenlasten eigentlich Lasten genug. Aber sie haben auch mehr oder weniger das Ihrige für die soziale Reform gethan, und das wird hoffentlich auch in Zukunft geschehen. Die Hauptsorge wird den Einzelstaaten überlassen, wie dies früher hei Ueberschwemmungen u. s. w. der Fall war, Man sollte sich jedenfalls hüten, den Arbeitern zu nehmen, was sie haben, das heißt. durch erhöhte Jölle die Lebenshaltung zu vertheuern. Es handelt sich um Summen, die für die nationale Wirthschaft von großer Bedeutung sind. Ueber 500 Millionen müßte, das Inland tragen, wie es heute . nach Aufhebung des Identitätsnachweises geschehen ist. Bei 1600 S Ginkommen würde die Belastung 60 „, das sind 60/0, be⸗ tragen. Es sind Arbeiter entlassen worden, die jahrelang in einem
begegnen.
nicht hintanhalten können.
Betriebe beschäftigt waren. Diesen Arbeitern noch, neue Lasten auferlegen, hieße einen durch Blutverlust geschwächten Körper
von neuem zur Ader lassen. Mit Handelsverträgen ist uns ein Ein— lluß auf das Ausland möglich, ohne Handeleverträge sind wir der Willkür des Auslandes ausgeliefert. Die Berl. Pol. Nachr. haben den Jusammenhang der Krise mit dem Zolltarif bestritten; die Herten im Wirthschaftlichen Ausschuß würden gewiß einer Vorlage nicht beigestimmt haben, welche die Industrie ge⸗ schädigt hätte. Wir kennen ja die Zusammensetzung des Wirthschaft⸗ sichen Ausschusses. Die Mehrheit der Industriellen fürchtet die Zölle. Sie (rechts) sind nun dabei, über den Regierungszoll hinaus- zugehen, und Graf von Bülow trat Ihnen bisher leider nicht entgegen. Er sagte im preußischen Abgeordnetenhause, wir wollen unter den vorgeschlagenen Minimaltarif nicht gehen. Hoffentlich hat er dabei nicht den Vertragstarif im Auge; denn er wird sich doch wohl den Vertragsweg nicht verbauen wollen. Die Opposition hat die Aufgabe, jeden Widerstand zu leisten, daß dieser Tarif nicht zu stande kommt. Möglich, daß dabei Schiffer und Kahn untergehen. Eine Kündigung der Handels vertrage hieße das letzte Sicherheits ventil aus der Hand geben. Kündigen und nich wissen, ob eine Cinigung gelingt, wäre ein sehr großes Wagniß. Vor einer neuen Reichstagswahl werden Sie den Tarif nicht bekommen; dafür wird die Obstruktion sorgen. Warum setzt man sich mit den Arbeiterorganisationen nicht in Verbindung, um bessere Arbeitanachweise zu bekommen? Mit einseitigen Arbeits nachweisen nur der Arbeitgeber oder der Arbeiter werden wolitische und andere Nebenzwecke verbunden, die dem Hauptzweck widersprechen. Beide Theile müssen gleichmäßig betheiligt werden. Die Versicherung gegen Arbeitelosigteit ist schwierig; aber es muß doch ein erster Schritt geschehen, und die jetzige Zeit ist am ehesten geeignet, damit zu be— ginnen, weil die Noth groß ist; später, in günstigeren Zeiten, denkt man nicht mehr daran. Man wähle entweder den Wen der Gewerk · schaften oder der kommunalen Drganisation, oder den Staalgzwang, oder eine Kembinatien der gewerlschaftlicͤchen mit der lommunalen Drganisation. Ansätze finden sich ja schon in den Hirsch . Duncker'schen und anderen Drganisationen. Selbswerschuldete Arbeitslosigkeit und die Abneigung gegen Arbeit sollen natürlich nicht begünstigt werden.
Hierauf vertagt sich das Haus.
Schluß nach i, Uhr. Nächste Sitzung Dienstag 1 Uhr. (Wahlvrüfungen und Berathung des Gesetzentwurfs
wird, die ergehenden Ladungen so auszufertigen und so zu gestalten, daß daraus irtzend ein Einwand gegen die Gültigkeit der Ladungen nicht erhoben werden kann. Das ist etwas, was sich sehr einfach regeln läßt. Ich glaube daher, daß der Herr Abg. Kirsch in der Lage sein wird, sein Bedenken fallen zu lassen. Es müßte sonst noch ent⸗ weder eine Königliche Verordnung vorgesehen werden für das Inkraft⸗ treten des Gesetzes oder aber es müßte die gewöhnliche Frist, inner⸗ halb deren ein Gesetz nach der Publikation im Gesetz⸗Sammlungsblatt in Kraft tritt, innegehalten werden. Wir sind davon ausgegangen, daß der im Entwurf gewählte Weg der zweckmäßigere ist.
Was dann die von dem Herrn Abg. Bachmann aus gesprochenen Wünsche anbelangt, daß die für die Beamten herzurichtenden Dienst⸗
wohnungen nicht unter einem Dache, s ondern von einander getrennt und unter Ausschließung jeglicher Gemeinsamkeit eingerichtet werden, so bin ich meinerseits gern bereit,
diesen Wunsch, soweit es möglich ist, zu erfüllen. Die Vor—⸗ bereitungen für den Bau sind noch nicht soweit gediehen, daß ich eine bestimmte Stellung zur Sache nehmen kann; ich kann das umsoweniger, als für die Art der Ausführung die Mitwirkung des Herrn Finanz-⸗Ministers erforderlich ist und die finanzielle Seite dabei mit ins Gewicht fällt. Möglicherweise würde ein erheblicher Kostenunterschied entstehen, wenn die Dienstwohnungen für die Richter, Bureau⸗ und Unterbeamten getrennt aufgebaut und jedem ein be⸗ stimmtes Grundstück zugewiesen werden sollte. Ich kann dem Herrn Abg. Bachmann nur versichern, daß sein Wuͤnsch nach Möglichkeit erfüllt werden soll; ich denke, daß damit auch der Herr Abg. Bach⸗ mann sich einverstanden erklären wird.
Alsdann folgt die Verlesung nachstehender Interpellation
der Abgg. von Knapp (nl,) und Genossen: . „Welche Maßregeln gedenkt die Königliche Staatsregierung infolge der durch eine Verwechslung der Personen herbeigeführten Verhaftung eines durchaus un escholtenen Elberfelder Bürgers, des Kaufmanns G. Kuhlenkampf, zu treffen, um dem unschuldig Verhafteten r, n,, für die. erlittene Unbil! zu verschaffen und im Interesse der allgemeinen Nechts⸗ sicherheit ähnliche Vorfälle für die Zukunft möglichst zu verhüten?! Nachdem der Justiz-Minister Dr. Schönstedt sich zur sofortigen Beantwortung der Interpellation bereit erklärt hat, begründet diese ̃ t ö Abg. 3 Knapp: Herr Kuhlenkampf hat eine Beschwerde bei dem Minister eingereicht und mich gebeten, seine Sache hier zu ver— treten. Ich thue es, um damit der Oeffentlichkeit einen Dienst zu leiften. Ich motiviere die Interpellation an der Hand der mündlichen Mittheilungen des Betheiligten. Wegen Entwendung einiger kleinen Sachen im Gesammtwerthe von 10 im Nãärz 1900 wurde ein ge⸗ wisser Keulenkamp gesucht. Des ähnlichen Namens halber wurde der Kaufmann Kuhlenkampf in Elberfeld, der einer angesehenen Familie angehört und sich als Vertreter der Badischen Anilin⸗ und Sodafabꝛit in gesicherter Stellung befindet, vernommen. Er wußte den Verdacht natürlich sofort zu entkräften; er war nie in Neu⸗Ruppin, wo die Dieb— stähle begangen sind, gewesen, und schließlich war Keulenkamwp nicht Kuhlenkampf. Am 2. Januar aber, als Herr Kuhlenkampf infolge einer Sehnenzetrung am Fuße das Zimmer hütete, erschienen zwei Geheim⸗ polizisten, um Haussuchung nach zwei der gestoblenen Gegenstände zu halten. Sie wurden natürlich nicht gefunden, die Beamten führten ihn aber nach dem Amtsgericht; auf seinen Wunsch bielt unter- wegs der Wagen vor seinem Komtor, damit er seinen Sezius ver⸗ ständigen konnte. Der Amtsrichter, der gerade im Begriff war, in der Mittagsstunde das Lokal zu verlassen, nahm in Gegen⸗ wart seiner Gemahlin, die ihn abbolte, nur ein kurzes Ver⸗ hör ver. Es ergab keine Verdachtsgründe, und Herr Kuhlenkampf sollte freigelassen werden, wenn er sein Alibi im März 1900 nach wiese. Es sollte an die von ihm vertretene Firma in Ludwigshafen depeschiert werden, und da ihn im Amte gebäude niemand überwachen konnte, wurde er in das Arresthaus geführt. Es lag doch kein todes⸗ würdiges Verbrechen vor, und ein Blick in die Akten der Unter⸗ suchung hätte hingereicht, um den Verdacht zu beseitigen. Der Amte⸗ richter hat ibm gesagt, er könne sich im Arresthaus auf eigene Kosten veipflegen, und verwies ihn auf den Weg der Beschwerde. Hätte der Untersuchungerichter den Gefängniß - Inspektor über den Zustand des PVerrn Kublenkampf verständigt, so wäre diesem die schmachvolle Behandlung im Arresthause erspart worden. aber wurden mit ibm die für Untersuchungsgefangene vor⸗ geschriebenen Prozeduren vorgenommen. In Gegenwart ven vier anderen Straflingen mußte er sich entkleiden und sollte gebadet werden. Auf seinen lebbasten Protest wurde ihm diese Prejedur zwar erlassen, aber er mußte doch die für Sträflinge bestimmten Unterkleider und Strümpfe ansieben und wurde dann vier Treppen boch bis unter das Dach gejagt; und zur Beschaffung des Bettzeuges wurde er dann nochmals vier Treypen binunter und hinauf gefübrt. Dann erst wurde er dem Inspektor des Hauses vorgeführt. Sich aug einer Wirtkbschaft Speisen zu beschaffen, wurde ihm verweigert, und er batte
* 9
zum Schutze des Genfer Neutralitätszeichens) .
Preunsßischer Landtag. Haus der Abgeordneten J. Sitzung vom 20. Januar 1902, 11 Uhr.
Ueber den Beginn der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Vl. berichtet worden.
In ersler und zweiter Berathung wird der Geseß entwurf, betreffend die Verlegung des Amtsgerichis von Tinnum nach Westerland, angenommen, nachdem die Abg. Bachmann (nl), Kirsch (JZentr. und Hansen (freilons.) denselben kurz befürwortet haben und der
Justiz· Minister Pr. Schönstedt erklärt hat
Meine Verren! Verren Redner sich nicht aus gesrrechen nichts mehr sager auf die Schlußbemerkung der die Beslimmung
n — 1 * n
en daz Geseß in seinem materiellen Inhalt
baben, so glaube ich, in seiner
Ich beschränke mich in der Beantwortung D
welcher
Gefürrortungꝗ
Der § 2
D 2
in Kraft
entbält, daß dag Gesch sosort elneg seit Jabren schen bestebenden weiteren geichafilichen, keine Dag gan ze Gerichte versenal
zaftandeg handelt, der gar keine
webnt
nung Umtggzericht Tinnum in Westerland. Nun, wir balten
.
nuler Umständen einer rechtlichen Anfechtung
land. Versere getreffen werden müssen. dan diejenigen Unzaträglichteiten
wit deren Mönlichteit der Oert Aba. Kirsch rechaet, nicht eintreten. Taz wird in der Wee gesche ben, daß rechtzeitlz bever de Geseh ruklinkert wird dag Amtnerckt im Nermaltur zen aner idrn
der Sache selbst die bieber aufgetretenen
. treten soll, berubt auf der Tdatache, daß es sich um die gesetzliche Sanktieniernng
wirt hschaftlichen Vorbereitungen erfordert. seit Jabren auf der Jasel, eg aimmt dert die Geschäfte dee Amtegerichtz; wahr nter der Reneich⸗ es für wünschenkwerth, daß dieser immerbin efwag anermale Jasftand, der unterliegen Höante, so bald ie möglich, auf bert, daß also so bald eie mäalich des Gericht Ic
alcht mebt die den der besteberden geselichen Lege abrreichende Firma
fährt., sendern daß en sesort zelchnen kann al Amthaericht ju Mester⸗- f- Selbstrerstandlich wird im Wege der Justwerwaltang dar
den ganjen Tag leine Verpflegung. Auf seine wiederbolte Frage, ob nicht schen eine Antwort aus Ludwigebafen da sei, wurde ibm ge sagt: Wir wollen Sie schon telegrapbieren lebren, wir werden
Sie schen lire kriegen. Die anderen Sträflinge batten ihr Gaudium an dem Unglücklichen und trieben ibren Spott mit ibm. Giner der Sträflinge sagte: Du, lieber Freund, kannst unter ung
nur gesteben, Du bast es ja doch gethan. Erst um 7 Ubr schlug die Stunde der Erlösung. Wabrscheinlich war die Anfrage vom Amtg. richter auch um ciniqe Stunden verschleyyt worden. Als Herr Kublenlampf, da sein Fuß gischwellen war, um einen Wagen ersuchte, wurde ibm gesagt, er sei auf dem Herwege trantvortfähig gewesen, er könne auch big zur Strafenbabn geben. Der Haftbefehl, der Kublen⸗ kampf wie ein Blinstrabl traf, erinnert an die lettres do cachet- Jedenfallg kätte es in der Machtbefugniß des Untersuchungarichterg gelegen, die Bewachnng de Kublenkampf in anderer Weise zu sichern, als durch die sofortige Verbastung. Diese Vorgänge sind cine Folge weniger des Systems als der seit Jabren vorbandenen Juftände im Gefangniswesen: einer übel an zebrachten Srarsamkeit früberer Jeiten, . die der Justiwemwaltung und dem Ministerium den Innern die Mittel versagte, neue Bauten und Erweiterungen von Gerichta= gebauden und Gefängntssen vormnehmen. Die Mauptschuld liegt in einem Mangel an Matctial der Unterbeamten, die sich nicht immer .
aug dem juderlassgen Stand der Militäcanwärter rekrutieren, sendern aug Jivilkreisen, die nicht immer die volle meralssche Garantie bieten Der vorgeiragene Fall ist nicht alleinstebend. Mir ist ein Schreiben dem 11. Januar zugegangen, dessen Absender mich ersucht, auch seinen Fall bier ur Sprache zu bringen. Derselbe ist auf Grund eineg Haft befebl des Staatgannwaltg in Giberfeld verbaftet werden, weil er cinem Ubrmacher Goldwaaren nach und nach entwendet babe, tretzdem er Kremer und nicht Grämer beißt, wie der cigentlich Schuldige beißen soll. Die ser Fall unterschestet sich von dem Falle Kublenfampf dadurch, daß der Indaftierte mit einer Tete um das rechte Vand⸗ gelenk am bellen Tage in Fuß mum Untersuchungkrichier geführt urde. Der Inbaftierte deilangie, dem Bestoblenen geoennber genellt n erden, und warde nach larem Verbsr entlasen, weil cine Verwechselurg beraugstellle. Der Unteriuchuagorichter bat ibm auf fein Griachen beschelnigt, daf eine Namencderwechselung derlaa. ibm aber cine Erstattang Der Qesten dermreigert, peil' er nicht wer für die nagerechtferr gte Verkaftung deranfeerilich fei. Jagleich bat er secisa Wöbaucrn ber den Miharsssf angedrückt. Dag fit la gan ferreft ven seiten des Uatersuchungarichters, en, aber nicht fa Staac nad nach den Mäaschen der Pakt. Von gewifser Seite d der Dorenr cCMheben werden, der derltenrnde
wegen eines gemeinen Mannes weniger Aufsebens gemacht hätte. 3 protestiere dagegen ganz entschieden, ich würde hier mit leicher Wärme die Interessen des geringsten Arbeiters vertreten. 6? ist die schönste Aufgabe des Parlaments, dem Bedrückten wieder zu seinem Recht zu verhelfen. Uebrigens vertrete ich hier nicht nur eine Perfon, sondern das tiefgekränkte Rechtsgefühl weiterer reife. Diese Fälle zeigen, daß auch höchstangesehene Staatsbehböiden und der Juristenftand irren kann, und daß man Richtern und Staatsanwälten heute zurufen möchte: vidennt consules. hoffe und erwarte don der Staatsregierung, daß sie aus Anlaß dieses . für die Abstellung unnöthiger Härten in der Behandlung der ntersuchungs efangenen, für die Erweiterung der Gefängnisse, und . die Ver⸗ . erung des vorhandenen Unterbegmtenpersonals Fürsorge treffe. Sie werden sich hoffentlich meinem Wunsche anschließen, daß beiden zu Unrecht verhafteten Personen volle Genugthuung zu theil werde, und daß die Regierung im Interesse der öffentlichen Algen cinen ich it Maßnahmen ergreife, um für die Folge ähnliche Rechte verirrungen zu vermeiden.
Justiz-Minister Dr. Schönstedt:
Meine Herren! Ich hätte gewünscht, daß der Herr Abg. von Knapp bei der Begründung seiner Interpellation den Fall Kremer noch nicht hineingezogen hätte, der unmittelbar mit dem Falle Kulen⸗ kampff nichts zu thun hat. Es würde sich vielleicht Gelegenheit ge= geben haben, in der voraussichtlich ohnedies eintretenden Besprechung auch diesen Fall zur Sprache zu bringen, wenn aus ihm allgemeine Schlüsse gezogen werden sollen. Aber eigentlich gehört er nicht in den Rahmen der Interpellation hinein. Der Abg. von Knapp hat die Güte gehabt, mir vor drei Tagen auch von diesem Falle
Kenntniß zu geben, und ich habe mich selbstverstãndlich sofort darüber zu informieren gesucht. Die Akten sind mir aber soeben erst von Elberfeld zugegangen, und ich habe,
da ich meine Aufmerksamkeit den Ausführungen des Herrn von Knapp nicht entziehen wollte, nicht die Möglichkeit gehabt, mich aus diesen ziemlich dicken Akten zu informieren. Ich glaube aber, ohne weiteres annehmen zu können, daß der Fall so gelegen bat, wie der Herr Abg. von Knapp uns an der Hand der von ihm verlesenen ge— richtlichen Verfügung dargestellt hat. Danach war wegen eines in Elberfeld bei einem Uhrmacher verübten Diebstahls ein von dem Be⸗ stohlenen verdächtigter Gehilfe, Namens Cremer — ob mit G oder K und mit ä oder e weiß ich nicht — bezichtigt, über den Aufenthalt dieses Cremer, welcher sich angeblich von Elberfeld nach Düsseldorf entfernt hatte, wurde bei der Polizeibehörde in Düsseldorf um Aus— kunft ersucht, und diese Auskunft ging dahin, der gesuchte 2c. Cremet habe sich im Februar nach Wickrath abgemeldet. Nun hat der Herr Staatsanwalt in Elberfeld geglaubt, nicht ohne weiteres annebmen zu dürfen, daß es sich hier um zwei verschiedene Personen handele. Es ist auch möglich, daß ihm die verschiedene Schreibweise des Namens entgangen ist. Er hat also an den Untersuchunggrichter
es war schon die Voruntersuchung eingeleitet — das Ersuchen ge— stellt, diesen Cremer in Wickrath verhaften zu lassen. Das ist ge schehen; er ist nach Elberfeld binbefördert, zunächst ins Gefängniß abgeliefert, bald nachher dem Richter vorgeführt, der, nachdem er ihn verhört hatte, sich überzeugte, daß hier ein Irrthum, eine Verwechselung vorlag, ihn sofort entlassen hat. Ich glaube kaum, daß aus diesem Falle gegen die be⸗ theiligten Justizbehörden erhebliche Vorwürfe hergeleitet werden können Derartige kleine Unterschiede in der Schreibweise des Namens sind viel zu häufig, als daß dadurch die Polizeibehörde und die Straf⸗ verfolgungsbehörde sich ohne weiteres bestimmen lassen könnte, den Träger eines solchen Namens, der denselben vielleicht mit kleinen Ab. weichungen schreibt, deshalb allein außer Betracht zu lassen.
Nun, meine Herren, ich verlasse diesen Fall, um zu der Hauptsache über zugehen. Die Vorgänge, welche den Anlaß und den Gegenstand der Inter- pellation des Herrn Abg. von Knapp bilden, sind mir von demselben am vorigen Donnerstag, glaube ich, mitgetbeilt worden, und zwar unter Ueber⸗ reichung einer Nummer der Elberfelder Zeitung, die diesen Vorfall behandelt unter der sensationellen Ueberschrift: Leben wir wirklich in einem Rechtestaat? ((Sebr richtig! bei den Nationalliberalen.) Mir war die Sache ganz unbekannt; ich babe aber ganz selbst⸗ verständlich sofort, und zwar telegraphisch, nach Glberfeld und nach Neuruppin verfügt, daß über die Sache zu berichten sei, und zwar unter Einforderung der Akten. Diese Berichte und die Akten sind mir zugegangen. Es ist mir injzwischen auch eine Beschwerde den Derr Kulenlampff ⸗Elberseld, des Opfers der ganzen Angelegenheit, zugegangen, die sich im wesentlichen mit den Auefübrungen der Artikels der Elberfelder Zeitung deckt, der also wabrscheinlich auch unmittelbar auf den Herrn zurũckzufübren sein wird.
Nun muß ich jzunächst bitten, daß Sie mir gestalten, an der Hand der Akten den wirklichen Sachverhalt festjustellen, der doch in nicht unwesentlichen Punkten ven der von H. ven Knary in gutem
Glauben übernemmenen Sachdarstellung der Glberselder Jelturg“ 1 8 abweicht. Am 23. März 18900 wurde der Polieibebörde in Neuruppin die
Anjeige gemacht, daß ein unbelannter Mann, der sich ulenkamp oe nannt, erklärt babe, er wolle zu einer Schwesler nach Brernen reisen, bei einer Reibe angesebener einzelstebender Damen eingefunden batte mit der Bitte um Unterstüpurg. Er batte diesen D᷑ men cinen Gmpyfeblungebrief einer Frau Pastor Buchbelj in Neurnm pin selbsi vorgezeigt, in dem diese ihre Freundinnen und Bekannten den Vor zeiger iu einer Unterstihurg empfabl. Meine Herren, auf Grund dieser Bitte baben sechs dieser Damen sich bereit finden lassen, dem Mann eine Unterstühung zu geben; eine siebente Dame bat ibn ab- gewiesen, und dabei ist der Mensch siemlich ungebuhrllch geworden
und
Gr war belleidet mit einem schwarjen Schlapyphat und einem grauen Daveloc Sedr bald nachber telle sich berang, daß die Frau Paster Buchbel; nlemandem cinen
solchen Gmrfeblungebrief gegeben babe, daß man eg also mit einem Betrüger, einem Vochstarler ju tbun babe, der dag gute Herz die ser Damen unter falscher Versrimnelung und unter Verjelgung elneg ge. sälschten Briefes benutzt batte, sich Neisemittel ja verscheffen. Ven cinem Diebstabl ist in der ganzen Sache garnicht die Mede, sondern es bandelt sich um 6 dellendete and einen versuchten Getrugnfall Die sofert angestellten voelineillcãhen Gtmittelungen nach dem VUerbleiß dieseg Menschen, der sich nicht Krulenkamp lch vill dea glei wieder belen —, sondern Rulenkamy ger anat batte der Nara Keulenkamd femmt in den gan len Mien nicht dot — blicken erfelales.
¶ Schleß le der Dritten Bellen)
Fan e rertrieke , anni, nonden, een ee nm Gee Pere an beeren baadese brend man
zum Deutschen Reichs⸗
M 1G.
(Schluß aus der Zweiten Beilage.)
Infolge dessen gab die Polizeibehörde die Sache an den Amtsanwalt in Neuruppin ab, zu dessen Zuständigkeit die Sache gehörte, da es fich im Ganzen nur um Beträge von etwa 11 6 handelte. Die Staatsanwaltschaft des Landgerichts ist mit der ganzen Sache nicht befaßt gewesen; insofern lag ein Irrthum in der Elberfelder Zeitung vor. Der Amtsanwalt war, wohl nicht ohne Grund, der Ansicht, daß es sich hier um einen gemeingefährlichen Schwindler handele, der das Geschäft anderswo mit gleichem oder besserem Erfolge fort— setzen möchte, und gegen den deshalb mit allen zulässigen Mitteln vorzugehen sei. Er beantragte deshalb bei dem zuständigen Amts— gericht Haftbeschluß und Erlaß eines Steckbriefs. Das Amtsgericht gab diesem Antrag nach, erließ einen Steckbrief durch zahlreiche Zeitungen und fügte demselben ein Signalement bei, dem selbstver— ständlich nur die Beschreibung der betrogenen Damen zu Grunde lag. In dem Signalement war gesagt: Alter: ca. 25 Jahre; Größe: ca. 1,0; Statur: schmächtig; Haar: dunkel; Bart: dunkler Schnurrbart; Augen: dunkel; Kleidung: dunkelgrauer Pelerinenmantel und Schlapphut.
Meine Herren, dieser Steckbrief ist in einer Reihe von Zeitungen veroffentlicht worden, auch im Central⸗Polizeiblatt, ohne allen Erfolg. Der Amtsanwalt in Neu⸗Ruppin, den diese Erfolglosigkeit natürlich sehr betrübte, beantragte nach Jahresfrist eine Erneuerung des Steck⸗ briefes. (Zuruf des Abg. Dr. Friedberg: Alles um 11 461) — Alles um einen Schwindler, der in sechs Fällen alleinstehende Damen be— trogen, sich zugleich ungebührlich benommen und dadurch die Möglich keit zu erkennen gegeben hatte, daß er ein Mann sei, dem die Polizei alle Aufmerksamkeit zu schenken nicht nur berechtigt, sondern auch ver— pflichtet ist. (Sehr richtig! rechts.)
Meine Herren, auch der zweite Steckbrief blieb ohne allen Erfolg, bis am 24. Oktober 1901 der Polizeisergeant Nr. 19 in Elberfeld seiner vorgesetzten Behörde meldete, und zwar unter Beifügung einer Abschrift des Steckbriefes:
Der Vorgenannte ist seit dem 27. d. M. Kipdorfstraße Nr. 7; bei Vogelsang gemeldet.
Es ist daraufhin, scheinbar sofort, eine polizeiliche Vernehmung dieses Herrn, des Herrn Kulenkampff, mit dem wir es heute zu thun baben, erfolgt, und die Polizei registriert infolge dessen:
Der hier Kipdorf 7 wohnende Gottlieb Kulenkampff, geboren 26. Juli 1878 zu Bremen, will nicht identisch sein. K. H. der Polizeiverwaltung vorzulegen. Lachen links.)
Die Polijeiverwaltung in Elberfeld schickt die Sache ans Amts— gericht in Neuruppin zur Kenntniß und Aeußerung, ob der genannte Kulenkampff in Betracht komme. Der Amtsanwalt schickt die Sache zurück an die Polizeiverwaltung in Elberfeld mit dem Bemerken: Es bedürfe doch der näheren Feststellung, ob Identität vorliege; Zeit und Drt der Geburt des Gesuchten seien in Neuruppin nicht bekannt geworden, er habe dort erzählt, er wolle wieder nach Bremen zu seiner Schwester. Da der dort ermittelte Kulenkampff Bremen als Geburt ort angiebt und das wirkliche Alter mit den biesigen Schätzungen ibereinstimmt. 25 Jabre war die Schätzung der Damen gewesen —
so möchte ich zunächst ersuchen, festzustellen, ob die durch den Steck. brief bekannte Personenbeschreibung auf den Kublenkampff raßt. Vielleicht wäre es auch möglich, eine Photographie von ihm zu be⸗ kommen. Jur Sicherheit möchte ich auf jeden Fall bitten, eine sorgfältige Personenbeschreibung von dem Kublenkampf nebmen.
Nun, meine Herren, batte gleichieig der Amtaanwalt in Neu— ruürrin sich auch nach Bremen gewandt mit dem Ersuchen an die dertige Polizei Direktion um Auskunft über dort bekannte Bestrafungen des am 26. Juli 1876 zu Bremen geborenen Gottlieb Kublenkampf. Darauf ist registriert:
Voralten nicht vorbanden; Bestrafungen des Kublenkampf sind dier nicht belannt geworden. Ergebenst zurück.
Ja Bremen war also auch nichta gescheben um einen etwaigen Irr
dum der Neururriner Bebörde aufklären (Zuruf ling: wag
ollten sie denn machen?!)
Die Pelijeibebörde in Elberfeld nabm nun ein Signalement det
auf zu⸗
Dalenlampff in Kipderf 7 ver. Das lautet Tublenkamryf, Gottlieb; Geburteert: Bremen; Kaufmann; Ge⸗ burtztag: 26. Juli 76; . stimmt alse mit den 25 Jabren
Größe: 172
die Beschreibung lautete auf ea 1,70
Waare: dunkelblond; a. s. w, die anderen Dinge klemmen webl nicht in Retracht D jah
Lugen braun
ch werde gleich nachseben, wie die Augen des Schwindlerg don den Damen bejeichnet worden sind auch dunkelbraun! Alse, meine Derren, die Beschteibung slimmt in einer Reibe ven wesentlicihen Punkten nit dem Signalement deg Stecktieses überein. Die Pelieibeberde datte sich auch eine Phetegrapbie verschafft, wic, weiß ich nicht, und Hicke nunmehr deg den ibt aufgeremmene Signalement mit der Pbetegrarbie an die Awisgannaltschaft in Neu- Marrin mit dem Ge werken, sse vermulbe, daß Gublenfamrf identisch fei en der sprachlichen Präsisten dieseg Uutdruck war dech eine solche Larkaaft nicht gerade geeignet, bei den Rebörden in Nen Narrin die awabear ja rechtsertlgen, daß sie auf falscker Fährte fein. Die aesandte Phbetegrarble warde den sicken Damen ia Neu- Rurrin at Rrloanitiea dergelent; leide der Doo men ennie darin mit Be- Martbeit den verfelgtfen Sciriadler bdererfenncn. (Dêrt! bèrt) Trei der De men erllärten aber er föane eg webl arrrsen fein Veiter fein
Nea. rler Herren, ar der Nrwmtganall der asicht, en
Lebe eiche esderes abrig al dern Manne la Glberfese ernst auf e Leih n rächen ned er Rege den Aetraa
(Zuruf:
Aber seben
Dritte Beilage
Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Berlin, Dienstag, den 21. Januar
die Festnahme des in Elberfeld aufhältlichen Gottlieb Kulenkampff der allem Anschein nach der hier gesuchte Betrüger sei und auch von seiten des betreffenden Polizeikommissars für identisch gehalten werde, anordnen, auch gleichzeitig seine sofortige Herschaffung ver⸗ anlassen zu wollen. Dringend wünschenswerth erscheine es auch, eine Nachsuchung stattfinden zu lassen, ob der Kulenkampff im Be⸗ sitze eines grauen Pelerinenmantels und eines Schlapphutes sei, und diese mit mit herüberschaffen zu lassen. Der zuständige Richter in Neu⸗Ruppin — wie ich bemerken will, ein junger Assessor — glaubte diesem Antrag nicht entgegentreten zu dürfen. Er schrieb also an das Amtsgericht zu Elberfeld mit dem Ersuchen, den dort nach der und der Aktenstelle sich aufhaltenden Gottlieb Kulenkampff festnehmen zu lassen und eine Nachsuchung nach dem grauen Pelerinenmantel und dem Schlapphut vornehmen zu wollen. Zugleich, heißt es dann weiter — ersuchen wir um verantwortliche Vernehmung des Beschuldigten. Falls er sein Alibi für März 1900 bezw. seine Nichtidentität nicht nachzuweisen vermag, bitten wir, ihn in das hiesige Gerichts⸗ gefängniß überführen zu lassen.
Nun fängt das Unglück an. Der mit der Bearbeitung der Straf— sachen in Elberfeld betraute Amtsrichter ersuchte die Polizei, eine Durchsuchung in der Wohnung des Kuhlenkampf vornehmen und ihn verhaften zu lassen. Das geschieht am 2. Januar 1902, und Mittags gegen 12 Uhr wird durch Polizeibeamte dem Amtsgericht dieser Herr Kuhlenkampf vorgeführt mit dem Bemerken, daß die Haussuchung nach den bezeichneten Bekleidungsstücken ohne Erfolg geblieben sei. Ich wiederhole, es war um 12 Uhr Mittags. Der zuständige Amtsrichter war an der Gerichtsstelle nicht mehr anwesend, er hatte sich schon entfernt. Dagegen war noch anwesend ein Amtsrichter Dr. Gerken, der in Begriffe war, mit seiner Gemahlin, die gekommen war, um ihn abzuholen, auch nach Hause jzu gehen. Ihm wurden durch den Sekretär die Akten vorgelegt mit der Frage, ob er bereit sei, den zu— ständigen Richter zu vertreten und den vorgeführten Herrn zu ver— nehmen. Er erklärt sich sofort dazu bereit. Die Akten kannte er nicht, war also nicht darauf gefaßt, daß besondere Zweifel be⸗ züglich der Identität vorlägen. Er ließ also den Herrn vorführen und ge⸗ stattete, daß seine Gattin in dem Zimmer blieb, weil in dem an— stoßenden Zimmer alle Fenster offen gestanden hätten und er seine Frau nicht der Gefahr einer Erkältung hätte aussetzen wollen. Er legte dem Herrn Kulenkampff den Haftbefebl vor, in welchem diese sechs Betrugefälle mit Namen und Gegenstand speziell aufgeführt waren, und ebenso der des versuchten Betrugs, vernahm ihn zur Sache, nahm ein Protokoll über seine Personalien auf, und demnächst ist folgende Erklärung des Herrn Kuhlenkampf zur Sache protokolliert worden:
Ich bestreite entschieden die mir zur Last gelegten Strafthaten. Ich bin nie in Nen Ruppin oder Umgegend gewesen; ich bin seit dem 1. Januar 1899 bis 26. Mai 1900 stets in der Badischen Anilin und Sodafabrik in Ludwigshafen am Rbein zu meiner Aus—= bildung als Reisender beschäftigt gewesen. Eine telegrapbische An— frage daselbst wird die Richtigkeit meiner Angabe bestätigen. Auf andere Weise kann ich augenblicklich mein Alibi für März 1900 bezm. meine Nichtidentität mit der in dem Haftbefehl bezeichneten Person nicht nachweisen. (Unruhe.) Meine Herren, der Amtzrichter hat amtlich erklärt, daß er den ihm vorgeführten, ihm sowohl nach seiner Person wie nach seiner Stellung und nach seinen gesellschaftlichen Beziehungen gänzlich unbekannten Herrn mit aller Rücksicht bebandelt babe; er babe ibm aus eigenem Antriebe, weil er scheinbar fußleidend war, einen Stubl angeboten,
dann gesagt: Ja, bleibt uns nichtg anderes übrig, ald in Mannbeim telegrarbisch an—⸗ zjufragen, ob Sie in der That im März 1900 unauggesetzt dort an wesend gewesen sind. Ich bin gern bereit, Ihnen daz zu vermitteln.“
Nachdem der Hert Kulenlampff das acceytiert und 10. devontert batte, wurde das Telegramm von dem Amterichter diktiert und olg dringendeg Telegramm mit bejablter Rückantwort nach Mannbeim abgeschickt.
Nun fragte ez sich, was weiter mit dem Herrn zu gescheben babe. Der Amtzrichter ist der Ansicht gewesen, er könne den Derrn doch nicht selber bewachen, bie die Rückantwort komme, und eg bleibe ibm nichte weiter übrig, alg den Herta in dag Arrestbaus bringen zu lassen, weil eine andere Bewachung nicht wehl möglich war. Der Derr babe ibm gesagt, er bätte seit dem ersten Frübstück nichts genossen, sein Fuß schmerje ibn, und er wünsche der balb einen Arn Der Amterichter versichert, daß er infelge dessen den derfüäbrenden Polijeibeamten angewiesen babe, im Arrestbause daft ju sergen, daß dem Manne gleich eine Mabljeit verabfelgt und daß, wenn nöthig,
ein Art berbeigebelt werde. Se ist der Mann in dag Arresibaug abgefübrt werden, und der Amtorichter i nun⸗ mehr mit seiner Fraun nach Sause gegangen: er batte an geerdnet, daß,. wenn die Antwert auf dag Telegramm Häme,
man junächst ju dem zaständigen Amterichler geben mässe — seine Juständigkeit batie ja aufgebart und nur, wenn dieser wieder nicht zu faden sei, wieder u ibm kemmen möge; er bat eg alse auch da an aller Bereitwilligkeit nicht fehlen lassen Meine Herten, das Antwerttelegtamm lst nach dem darauf be FRadlichen Präsentatienedermerf dm d Ubr 20 Minuten angckemmen Gg lautete
Nach unseren Aufkeichnunger wat Angefragter im gane, Menat
Min 18900 bestdadig bier beschaftiat
Anil iafabtit Mit diesem Telegramm ist der betreffende Rarranbeamte eder ein Gerichtadlener janich t ja dem jastäadigen Nratorichter, der ieder nicht a faden war, nad daan ja dem Umerichter De. Gerfen or- gangen; der bat darauf derfügt Nablenfampf it sefert a ent « lassen ! nd dann derjalenen dem Rellegen Darn n erlagsteerg eraeken die Mren acht de Gegen tbeiln
von dem aber der Herr keinen Gebrauch gemacht babe, und babe ibm in wenn Sie sich nicht anders legitimieren önnen,
1902.
— dieser Auftrag sofort erfüllt worden; aber wenn man die Ent⸗ fernungen in Elberfeld kennt, wird es nicht auffällig sein, daß die Gefängnißverwaltung erst nach 6 Uhr in den Besitz der Freilassungs⸗ ordre gekommen ist.
Ich will hierbei noch bemerken, daß die Angabe des Herrn Kulen⸗ kampff, es sei ihm von dem Richter, nachdem er ihm den Haftbefehl von Neu⸗Ruppin mitgetheilt hatte, gesagt worden, es stehe ihm natürlich das Beschwerderecht zu, er werde davon aber wohl keinen Gebrauch machen — eine Erklärung, die so aus⸗ gelegt werden könnte, als wenn der Amtsrichter selbst ein böses Gewissen gehabt und deshalb hätte bitten mögen, man möge sich nicht über seine Verfügung beschweren —, daß diese Angabe nach der amtlichen Erklärung des Richters wohl zweifellos auf einem Mißverständniß beruht. Der Amtsrichter hat erklärt, daß er dem Kulenkampff gesagt habe: Sie haben das Beschwerderecht gegen diesen Beschluß, wenn aber das Telegramm von Mannheim Ihre Angaben bestätigt, daß Sie im März 1900 dort gewesen sind, dann werden Sie zu einer Beschwerde ja gar keinen Anlaß mehr haben. Das ist also doch etwas ganz Anderes. Ebenso will nicht, wie in den Zeitungs berichten steht, der Amtsrichter dem Herrn gesagt haben: Sie baben eben Pech! — sondern er will ihm gesagt haben: ‚Ja, wenn das alles richtig ist, was Sie mir gesagt haben, dann haben Sie in der That Pech!“ Und das ist richtig! (Heiterkeit)
Nun, meine Herren, ist der Herr in das Gefängniß gebracht worden. Ueber die Vorgänge dort vermag ich Auskunft nicht zu geben. Der Herr Minister des Innern wird dazu bereit sein; denn die Gefängnisse in der Rheinprovinz stehen bekanntlich fast aus— schließlich unter dem Ministerium des Innern und nicht unter der Justizverwaltung.
Wenn ich nun so den aktenmäßigen Sachverhalt dargestellt habe, so kann ich an der Hand des Artikels der Elberfelder Zeitung nur nochmals auf die Unrichtigkeiten derselben aufmerksam machen. Also ein Keulenkampf kommt überhaupt nicht vor, sondern nur ein Kulenkamp. Daß bei seiner Vernehmung vor zwei Monaten Herr Kulenkampff der Kriminalpolizei mit Leichtigkeit nachgewiesen habe, daß er der gesuchte Gauner nicht sei, dem widerspricht die spätere Auskunft der Polizeibehörde, er scheine identisch zu sein?. Die Staatsanwalt schaft ist bei der ganzen Sache garnicht betheiligt gewesen. Ob die vorführenden Polizeibeamten dem Amtsrichter, wie in dem Artikel be— hauptet ist, erklärt haben, sie selbst seien überzeugt, daß Kuhlenkampf der Gesuchte nicht sei, darüber vermag ich Ihnen eine Auskunft nicht zu geben.
Die Vernehmung des Herrn Kulenlampff im Beisein seiner Frau ist in Richtigkeit. Die Entschuldigung des Amtsrichters dafür erkenne ich nicht an. Er batte kein Recht, die Dame im Zimmer zu be⸗ balten wãhrend der Vernehmung. Die Verhandlungen der Ermittelungs. richter wie der Untersuchungsrichter sind gebeime. Jede Anwesenheit fremder Personen ist dabei ausgeschlossen. Aber, meine Herren, eine Kapital- sache ist das eigentlich nicht. Es bat auch wobl den Herrn kamm gestört und ibn nicht gebindert, alle sachdienl ichen Angaben zu machen. Wenn der Amterichter dem Herrn Kulenkampff erklärt batte, er würde als Untersuchungs gefangener eine eigene Zelle baben und sich selbst be⸗ köstigen können, dann ist er vielleicht mit den konkreten Verhaltnissen im Gefängniß weniger bekannt gewesen und von der Voraus setzung ausgegangen, daß dort nach den Normalvorschriften verfabren werden würde und verfabren werden könne.
Nun, meine Herren, wenn ich mich zur Kritik der dorgetragenen Vorgänge wende, so bin ich der Ansicht, daß bis zu dem Augenblick, wo die Requisitien von Neu⸗Ruppin nach Elberfeld erging, die Sache vellkemmen korrelt bebandelt werden ist. Ich glaube nicht, daß jemand
diesem Hause der Polijeibeborde, dem Amteanwalt und dem Amte gericht
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daraus einen Vorwurf machen wird, wenn gegen einen solchen Schwindler
in Steckbrief erlassen worden ist, und wenn alles geschiebt, um eines solchen Menschen babbaft ju werden. Dag Bedenkliche fängt für mich in dem Augenblick an, wo nach der Auskunft ven Elberfeld, daß dieser Vert nicht identisch' sein wolle, wenngleich der Polizeibeamte ver- mutbete, er sei identisch', daß da die Amteanwaltschaft und der Michter in Nen ⸗Rurprin sofert dan übergingen, nach Glberseld eine Vaftreauisitien ju erlassen. Nach meiner Meinung wäre eg nach den dorliegenden Umstanden durchauß angeseigt gewesen, daß man zunächst etwas eingebendere Ermittel ungen über den dort ermittelten Abulenfamr ff angeftellt batte (sebr richtig!! daß man vielleicht deß Amtagericht in CGwer⸗ feld ersucht batte, den Herrn derjuladen und ju dernebmen, und wenn aug dieser Vernebmung ein starker Verdacht sich ergäbe, daß er mit dem Schwindler identisch sei, dann ibn jn derbaften und zur Nelegultien nach Neu Mur rin derjufübren. Dag ist ju meinem Bedauern alt gescheben. Ich sebe darin cinen Ueberelfer der beteiligten Geamten, bei dem jungen Michter auf dem Mangel an Grfabrung bernbend, einen Uebereifer, den ich bedaure
Waß nun den Amferichter in Glberseld angeht rü ar aht der Instrultiengrichter eder nach beutiger Gesepetsrrache der Nater- suchunghrichter der nur beim Landgericht angrflellt n. sendern ch Amterichter dem die Sache selbst dern Jede Renntuss
unkekannt wat
der Persen und seiner kesendern Verbältnise abelian e bat dieser Derr erllärt! eirmal, daß der Unterschied der Schreiburise De Nameng KRulenkamry und Rulenfampff für ba niht dab. besttmracnd seia könen, den Mann geben sa lafsen, well derarnlge feine Verschieden beiten in der Schreibwelse creag Mannen stad Meine Derren, ich gebe eiter der anrihter la
Glberfeld darfte aug derem Grande den derbafteten NRublenfamp aaracht erben lassen denn der an ba gestellle Natrag glag dahin. acht ctren nabefaantfen Rußblenkarer ja der baffen fendern den ln Rirderf wedacnden Derra Rableafamrf. Gr rar ale garnicht la Der Tage, ang diefem Grænde irzend ein Gedenken berjaleken, enden diere Reden ren a Trüfen wärt Sache den Michterg ed Uentgannalkeg ia Nen · Rardin gere fen
Nan reritend die andere Verastedeeag rater der er na dem Grseckee des eaterichterg ie Men- Nerd den Mar acht ehen felt war die, daß der Herr fein Ml e den Mie lo enn.