1902 / 25 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 29 Jan 1902 18:00:01 GMT) scan diff

die Kontrole die geeigneten Organe, und reichen sie nicht aus, so muß ihre Zahl vermehrt werden. Ein Gesetz über den Befähigungsnach—= weis würde nicht nur zum Segen der Handwerker, sondern auch der Arbeiter und der Gesammtheit ausschlagen.

Kommissar des Bundesraths, , im Ministerium für Handel und Gewerbe Dr. von Seefeld: Die Beschwerden des Vorredners gehen den preußischen. Landtag an. Die prin⸗ ipielle Rechtsfrage liegt ganz klar. Nach dem Hes dürfen solche

etriebe in die Zwangsinnungen nicht einbezogen werden, die fabrik— . betrieben werden. Die Gewerbeordnung wollte die handwerks⸗ mäßigen und die fabrikmäßigen Betriebe einer getrennten Ordnung unterwerfen. Die Anwendung dieser Grundsätze ist ja nicht immer ganz gleich, namentlich bei den Betrieben, die auf der Grenze des handwerksmäßigen und des Fabrikbetriebes liegen. Diese Schwierig⸗ keiten sind den Behörden wohl bekannt. Die preußische Regierung sucht Material darüber und ist bestrebt, die Schwierigkeiten zu beseitigen. Abg., Dr. Esche (ul.) fragt, wie es mit einem zu erlassenden Trunksuchtsgesetz, so wie es der „Deutsche Verein zur Bekämpfung der Trunksucht! wünsche, namentlich hinsichtlich der strittigen Frage des Konzessionswesens und der Regelung des .Bedürfnisses“, stehe. Die Zurückdrängung der Schankstätten in Holland habe zu einer Ver⸗ minderung der Wahnsinnsfälle geführt. Man müsse dem Alkoholismus endlich energisch zu Leibe gehen, namentlich im Interesse der Wehr⸗ haftigkeit des Heeres. Um dem Alkoholismus in den Fabriken ent⸗ . zu treten, sollte man den Arbeitern den Genuß alkoholfreier

tränke zugänglich machen.

Darauf wird die Berathung abgebrochen.

Schluß 61“ Uhr. Nächste Sitzung Mittwoch 1 Uhr. (Antrag Bassermann über die kausmännischen Schiedsgerichte, Anträge Rickert und Gröber wegen Abänderung des Wahl⸗ gesetzes und Toleranzantrag des n

Preußzischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

14. Sitzung vom 28. Januar 1902, 11 Uhr.

Vor Eintritt in die Tagesordnung theilt der Präsident von Kröcher mit, daß das Präsidium am 27. Januar an der Defiliercour anläßlich des Geburtstages Seiner Majestät des Kaisers und Königs theilgenommen und sich des Auftrags entledigt habe, Seiner Majestät die Glückwünsche des Hauses auszusprechen. .

Sodann wird die zweite Berathung des Staatshaus⸗ halts-Etats für 1902 beim Etat der landwirthschaft⸗ lichen Verwaltung fortgesetzt. Mit den Einnahmen wird zugleich der Ausgabetitel für die banktechnischen Revisoren zur Debatte gestellt. Statt des bisherigen einen banktechnischen Revisors sollen nach dem neuen Etat drei angestellt werden.

Berichterstatter Abg. von Arnim berichtet über die Verhand— lungen der Kommission, welche die Genehmigung beantragt. Der Bexichterstatter nimmt besonders Bezug auf den Erlaß des Ministers, nach welchem die Staatsaufsicht über die Hypothekenbanken und ãhn⸗ liche private Kreditinstitute wesentlich verschärft werden soll. ; Abg. Dr. Rewoldt (fr. kons) macht darauf aufmerksam, daß seine Freunde ihren vorjährigen Antrag über diese Materie nicht wieder- holt hätten, weil die Regierung inzwischen sich mit einer Verschärfung der Staattaufsicht beschäftigt habe. Der Redner scheint der Forderung für die beiden neuen Revisoren zuzustimmen, seine Ausführungen sind jedoch auf der Tribüne nicht zu verstehen. . ö

Abg. von Eynern (ul) ist nicht der Ansicht, daß der Erlaß des Ministers irgend etwas an den Mißständen ändern und bessern werde; es würden nur neue Schwierigkeiten geschaffen. Mit der Verschärfung der Staatgaufsicht werde nichts gewonnen. . .

Abg. Dr. von Heydebrgnd und der Lasa (ons) schließt sich dem Abg. Rewoldt in der Zustimmung zu dem Vorschlag der Re⸗ gierung an und hofft, daß der neue Minister eine etwas schärfere Stellung als der frübere in dieser Frage einnehmen werde. 2

Abg. Im Walle (Zentr.) meint, daß, wenn ein Staatskommissar da sei, das Publikum sich nur noch einer größeren Vertrauensseligkeit hingeben werde. ; Die Einnahme und das Kapitel der banktechnischen Revi⸗ soren wird bewilligt.

Vei den Ausgaben und zwar bei dem Titel „Gehalt des Ministers 36 000 6“ vegrüßt es

Abg. Dr. Heisig (Zentr), daß der neue Etat einen Die positions⸗ fonds von 40000 Æ auswerfe für wissenschaftliche und Lebrzwecke, besonders auch zur Unterstüpung ven landwirthschaftlichen Wander lebrern. Das landwirtbschaftliche Schulwesen sei, das müsse er auch jetzt wiederbolen, nicht lediglich den Kommunen und Kommunalverbänden zu überweisen, sondern babe Anspruch auch auf die direste Unterstußung des Staates, speniell die Crrichtung von Winterschulen. Die Land wirtbschaftelammer von Schlesien babe sich mit der Frage auch schon keschäftigt. Für Oberschlesien müsse durch Gründung einer Musterschule Lem Janzen Bezirk gejeigt werden, wie diese Frage zu lösen sei. Der Redner kommt dann auf die ländliche Arbeiterfrage zurück und fübrt wieder Klage über die Schwierigkeit der Beschaffung von Arbeitekräften jur Erledigung auch nur der allerdringlichsten und notbwendigsten Arbeiten. Die aus den Städten berangejogenen ein . beimischen Arbeiter seien entweder garnicht erschienen oder nach wenigen Tagen wieder verschwunden. Ueberaug ungünstig babe das Verbot, nach dem 20. Dejember noch autländische Arbeiter zu ver wenden, gewirkt. Dam werde bei den Aueweisungen ven aug landischen Arbeitern sehr rigoreg verfabren. Der Redner trägt ju dieser Beschwerde eine Anzabl Ginzelfälle vor und wendet sich dann ur Frage der Zulafsung der Ginfubr russischer Schweine; die ser Theil seiner Ausfübrungen ist indessen auf der Tribüne nicht zu versteben.

Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Podbielski:

Ich möchte auf einzelne Punkte, die der Herr Vorredner berübrt bat, kur eingeben.

Wag junächst die Frage des Titelg als gerichtlicher Sachwer⸗ ständiger, Tarator oder dergl betrifft, so würde ich ibn bitten, dieg beim Justij Etat verjubringen; denn dertbin gebört die Sache, nicht in mein Ressort.

Det gleichen gebören die Autweisungen ven Arbeitern wegen ibrer Nattlenalität, Religien z. in erster Linie zum Ressert deg Ministere deg Innern.

Ich kemme nun auf einzelne Punkte, die mein Ressort berübren. Der Herr Vorredner bat zunüchst die Winterschulen berübrt. Ich babe bereite bei der neulichen Debatte Gelegenbeit gebabt, mich dabin angmsrrechen, für wie wünschentwerth ich ex erachte, die Errichtung don Winterschulen ju fordern. ũberbauvt die Gelegenbeit ju schaffen, daß unsere mittlere und lleinere Bevelkerung sich über die Fortschritte der Wissenschaft auf dem landwirthschaftlichen Gebiet infermicten kann;: aber ich babe mir auch erlaubt darauf binjunelsen, daß die land irtbschaftliche Ver- wallung in diesem Punkt wesentsich anders stebt alz 3 B. das Nessort für Dandel und Gewerbe. Wäbrend dert der Staat mit seinen Mitteln eintritt, ist die Errichtung land wirtbschaftlicher Lebranstalten jn erfler Linie Sache der Prerinzen. Der Staat tritt mit seinen Mitteln fuhr ein, uad se waß ez auch mil der den dem

Hertn Abarerdneten gewünschten Fördermag der Winterschulen in Schlesten sein.

Was nun die Pferdemusterung anlangt, so bin ich in der Weise, wie der Herr Vorredner es wünscht, bemüht gewesen, die Militär⸗ verwaltung zu veranlassen, den landwirthschaftlichen Betrieben möglichste Erleichterung dadurch zu schaffen, daß Pferdemusterungen in der Zeit, in der die Landwirthschaft gerade der Pferde am dringendsten bedarf, nicht anberaumt werden. Ich glaube, das ent— spricht auch Ihren Wünschen. (Sehr wahr!)

Die allgemeine Arbeiterfrage ist eine äußerst schwierige Materie, und ich glaube, wir würden uns heute über das Für und Wider auf diesem Gebiete sehr lange unterhalten können. Ich gebe zu, daß be⸗ sonders in der Nähe größerer Städte Schwierigkeiten bestehen. Zwar ist im allgemeinen das eigentliche Gesinde noch zu beschaffen, Mangel besteht aber bezüglich der Saisonarbeiter. Ich kann nur wiederholen, daß wir nach meinen Erfahrungen im Lande mit der Schaffung ge⸗ eigneter Wohnhäuser vorgehen müssen, die möglichst von den Arbeitern erworben werden können, sodaß sie ihr eigenes Heim haben. Ich bin nicht der Meinung, wie das oft ausgesprochen wird, daß die seßhaft gemachten Arbeiter nachher in die Stadt abwandern, und daß der Heimathsgemeinde nur die Armenlasten verbleiben. Je mehr wir besiedeln, je mehr wir den Leuten Gelegenheit geben, sich ein eigenes Heim zu verschaffen, um so mehr werden wir geeignete Landarbeiter haben; auf diese Weise werden wir, nach meinen Erfahrungen, der Landflucht erfolgreich begegnen.

Was nun das Schlachthaus in Gleiwitz anlangt, so liegen die

Verhältnisse wohl nicht ganz so, wie sie der Herr Vorredner ge⸗ schildert hat. Zunächst möchte ich anführen, daß das gesammte wöchent⸗ liche Einfuhrkontingent 1350 Schweine beträgt, und daß davon auf Gleiwitz 67 entfallen. Das Kontingent für Gleiwitz ist schon um deswillen geringer bemessen, weil man den Wunsch hatte, daß Gleiwitz, mehr im Binnenlande liegend, sich aus der Provinz Schlesien selbst versorgte; das liegt doch im Interesse der heimischen Landwirthschaft.

Der Herr Vorredner wird mir auch zugeben, daß für die Stadt Gleiwitz im Hintergrunde die Frage der Einnahmen steht, die aus dem Schlachthausbetriebe zu erzielen sind. Es ist wesentlich eine Geldfrage für die Stadt. (Zuruf) Es kann auch Schweinefleisch von Zabrze, das nur etwa 6 km von Gleiwitz entfernt ist, dorthin gebracht werden. Die Entfernung der westlichen Vororte Berlins vom Schlachthofe ist größer. In diesem Sinne habe ich mich auch einer Abordnung aus Gleiwitz gegenüber geäußert.

Was nun die Klodnitzfrage anlangt, so wird der Herr Abgeordnete mir auch zugeben müssen, daß die Sache von verschiedenen Seiten zu betrachten ist. Auf der einen Seite soll die Stadt Gleiwitz von dem HDochwasser befreit werden, andererseits beklagt der Herr Ab⸗— geordnete die durch die Flußbegradigung bewirkte schleunigere Ab— führung des Wassers, die den Unterliegern schade. Meine Herren, wie immer im Lande: was dem einen zum Vortheil ist, ist dem andern zum Nachtheil. (Heiterkeit Ich bemerke noch, daß bezüglich der Abführung der Abwässer aus der Stadt Gleiwitz in erster Linie der Minister des Innern zuständig ist.

Abg. Freiherr von Eyngtten (Zentr.): Auf den neuen Zoll—⸗ tarif im gegenwärtigen Augenblicke näher einzugehen, ist nicht meine Absicht; aber daß die Landwirthschaft einen wesentlich höheren Ge— freldezol für dringend . hält, damit der Grundbesitz wieder eine ergiebige Rente abwirft, während zur Zeit die Produktionskosten nicht annähernd gedeckt sind, muß ich auch hier nochmals betonen. Mit der Grrichtung neuer Zuckerrühenfabriken kann der Landwirth— schaft nicht geholfen werden, im Gegentheil. Was es für den Bauernstand bedeutet, wenn das Getreide 3 ½ höher steht oder nicht, wird niemand verkennen. Unser Großgrundbesitzerstand hat seit Jahrhunderten im Osten und Westen so hohe kulturelle gif ben gelöst, d er für den Staat ein unersetzbarer Bestandtheil st, und unser Großgrundbesitz vertritt einmüthig die e höherer Getreidezölle. Auch von den Pächtern wird diese

irhöhung dringend Ehret und zwar gerade von dem intelligentesten

Theile derselben. Es ist neuerdings eine Verordnung ergangen, welche auf dem platten Lande große Unzufriedenheit erregt Es darf nach derselben kein Hühner,, kein Ziegen., leine Schweinestall erbaut werden, obne daß die Pläne der Ortspolizeibebörde eingereicht werden. Daß dadurch das Bauen auf dem Lande sehr vertbeuert werden muß, liegt auf der Dand. Es ist gewiß sehr erwünscht, wenn man die Arbeiter auf dem Lande seßbaft machen kann, um so der Landflucht zu steuern. Vor allem muß die Erziehung der ländlichen Be— lter dabin geben, daß sie das Land lieb gewinnt. Heute aber ist es sebr zu beklagen, daß die Lebrer bie ach alles daran setzen, vem Lande weg in die Städte ju kommen. Unser ländliches Interesse wird andererseltt häufig beeinträchtigt durch Faktoren, die unsern Interessen und unserer Lebenssphäre überbaupt zu fem stehen. Ich meine die Agitation des Bundes der Landwirthe, welche bereits zu großen Unzuträglichleiten geführt hat. Diese Art des Vorgebens kann nichts nüßen. Wir baben in unseren landwirtbschaftlichen Ver⸗ einen so tüchtige Leute, die geeignet sind, das landwirtbschaftliche Interesse ju wahren und zu vertreten. Der Entwickelung des Klein= kabnweseng wird von der Gisenbabnꝑerwaltung leider nicht das nöthige Interesse entgegengebracht, manche Strecken bebält sich die Gisenbabn« derwastung selbst vor, s ist aber niemals absuseben, wann sie diese Strecken bauen will. Das Land ist mit Steuern überlastet. Unsere Landwirtbe lassen jwar nicht den Kerf hängen, aber es berrscht doch eine erklärliche Mißstimmung über diese Belastung auf dem Lande.

Minister für Landwirihschaft ꝛc. von Podbielski:

Ich möchte auf einzelne Punkte kurz eingeben. In einer längeren, zusammenfassenden Rede könnte es doch vielleicht vorkemmen, daß ich einzelne Momente äberseben werde

Gin Gesetz über das Wasserrecht ist Gegenstand der Erörterungen der beteiligten Ressorta, aber bei dem großen Umfange und der Schwöierigleit der Materie und dem (GGegensatze der Interessen ist eine befriedigende geseßliche Regelung äußerst schwer. (Sebr richtig) Eine bestimmte Jusage, wann dag neue Wasserrecht berauetemmen wird, vermag ich zur Jeit nicht ju geben.

Wegen der Flufwerameinigung möchte ich Herrn ven GEvnatten auf den im vergangenen Jahre ergangenen gemeinschaftlichen Erlaß meinen Hern Vergängerg und der übrigen betbeiligten Minister bin⸗ weisen, der auch publijiert ist. Dieser Erlaß bat im Greßen und Ganzen die Justimmung der Interessenten gefunden. Seine Wirkung läßt sich ur Jeit nech nicht vollig überseben.

Mas den Fall der Verunreiniqung der Rör betiifft, so möchte ich bitten, selche Fälle steig aletbald ju meiner Renntniß zu bringen. Ich werde sefort eine Untersuchung eintreten lassen. Jetzt, dag wird mir Derr den Grnatten zugeben, ist eg schwer, nech in die Prüfung ein jutreter.

Wag die bemängelte, mir nicht belannte neue Polijeinererdnung für den Negierungabejttk Aachen anbelangt, so muß derselben dech der Renrka.⸗ Aus schuß jugestimmt baben, und in dem Be nttka. Aue schuß sißen dech Sachderstandige, die den Verbältnissen nabesteben. Auch berührt die Verordnung in erster Linse dag Messert der Miaglster der öffent⸗ licihen Arbelten und deg Innern.

Meine Herren, ein Wohnungsgesetz befindet sich im Stadium der

Vorbereitung. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß dieses Wohnungs⸗

gesetz besondere Bestimmungen enthalten muß für die Städte und für das platte Land. Wie der Herr Vorredner ausgeführt hat, sind auf dem platten Lande die Verhältnisse vollständig verschieden von denen der Städte, und dieser Verschiedenheit muß das Gesetz Rechnung tragen. Ich hebe ausdrücklich hervor, daß ich ein warmer Freund guter Wohnungen auf dem Lande bin und alles dafür einsetzen werde, die Wohnungen auf dem Lande so auszugestalten, daß sie nach jeder Richtung menschenwürdig sind und den sanitären Verhältnissen ge— nügen. Da haben wir noch ein weites Arbeitsfeld vor uns, und ich glaube, nach den Ausführungen in diesem hohen Hause auch auf die Unterstützung der Herren rechnen zu dürfen.

Betreffs der kommunalen Bauten stimme ich mit Herrn von Eynatten vollständig überein. Die kommunalen Bauten werden jetzt auf dem Lande möglichst eingeschränkt, oder wenigstens verlangsamt werden müssen. Wir dürfen da nicht sehr schnell vorgehen, und ich kann das, was mein Herr Vorgänger, Herr Minister von Hammer— stein, hier dem hohen Hause erklärt hat, wiederholen: Von meiner

Seite wird alles geschehen, um einer Ueberstürzung vorzubeugen. (Bravo!)

Meine Herren, es ist noch ein Punkt berührt worden, welcher einer eingehenden Erörterung bedarf, das sind die Kleinbahnen. Ich habe mich mit dieser Frage viel in früheren Jahren beschäftigt, und ich kann nur wiederholen hier vor dem hohen Hause und vor dem Lande: Der Ausbau unseres Eisenbahnnetzes ist von der vitalsten Bedeutung für die Landwirthschaft. (Sehr richtig) Die außerordentliche Steigerung der Abfuhrkosten bei größerer Entfernung eines Gutes von der Eisenbahn ist bekannt. (Sehr richtig! im Zentrum und rechts.) Eines aber möchte ich noch hervorheben. Ich habe schon vor Jahren, ehe ich überhaupt in amt⸗ licher Stellung war, beobachtet, Kleinbahnen, die schmalspurig sind, sollten nur da gebaut werden, wo es sich lediglich um internen Verkehr handelt. (Sehr richtig! im Zentrum und rechts. Es würde uns manche traurige Erfahrung erspart geblieben sein, wenn wir das be— herzigt hätten und nicht mit Schmalspurbahnen dort vorgegangen wären, wo nach Lage der Verhältnisse eigentlich eine Vollbahn hätte gebaut werden müssen. Das Umladen und alle die Schwierigkeiten, die sonst aus dem Schmalspurbetriebe sich ergeben, werden meiner Ueberzeugung nach vielfach zu einer Umwandlung der Schmalspur— bahnen in Normalspurbahnen führen. (Sehr richtig! im Zentrum und rechts) Hoffentlich werden solche Fehler in Zukunft vermieden. (Bravo! rechts und im Zentrum.)

Abg. Malkewitz (kons.); Meine Freunde zollen der Energie, mit welcher der neue Minister die Interessen der Landwirthschaft vertritt, vollen Beifall. Auf die Zollfrage und die ganze gegenwärtige Situation will ich nicht eingehen, auch nicht auf die Friktionen zwischen den Parteien. Es hat mich . daß Herr von Eynatten eine Scheidung zwischen dem Zentrum und dem Bund der Landwirthe in so milder Form besprochen hat. Der Bund denkt nicht daran, konfessionelle Fragen mit den landwirthschaftlichen zu verknüpfen, es ist aber kein Schaden, daß der Bund auch in katholischen Landestheilen den Leuten etwas das Gewissen schärft. Aus seinem Wablsieg in Pommern kann Herr Gothein nicht den Schluß ziehen, daß in Pommern unter der ländlichen Be⸗ völkerung eine Schwenkung nach links eingetreten sei. Der Wahlkreis Greifswald Grimmen umschließt sieben mittlere Städte, welche eine Mehrheit von 5000 Stimmen für den freisinnigen Kandidaten aufge— bracht haben; das Land bat nach wie vor konservativ gewählt, unterlag aber der Zahl der städtischen Stimmen. Nicht richtig ist auch die Mittheilung in den Zeitungen, auf welche ch Herr Gothein berufen hat, daß in Stolp ein Verein von 2000 ländlichen Mitgliedern sich gegen die Erhöhung der landwirtbschaftlichen Zölle ausgesprochen babe. Es sind in der betreffenden Versammlung nur 200 Mitglieder an⸗ wesend gewesen; es wurde allerdings von einem auswärtigen Herrn eine Resolution gegen die Getreidezölle beantragt, es wurde ihm aber bedeutet, daß der Verein nur wirtbschaftliche Zwecke verfolge und die politische Frage der Zölle von ihm nicht behandelt werden solle. Die Resolution wurde nicht gefaßt, ist aber doch in die Zeitungen gekommen. Herr Gothein prophezeit uns bei den nächsten Wahlen weitere Niederlagen in Pommern. Ich möchte ihn vor solchen Pro— phejeiungen warnen. Der Freisinn hat einige Wablkreise in Pwnmern, aber nur durch die Unterstützungen anderer Parteien. Sonst könnte man auch von ihm in den vommerschen Wahlkreisen sagen: Wenn der Wind darüber geht, sind sie verwebt, und ihre Stätte kennet man nicht mehr. (Prãsident von Kröcher, der den Redner schon einmal unter⸗ brochen bat, macht ihn wiederbolt darauf aufmerksam, daß diese Dinge nicht zum landwirthschaftlichen Etat gehören.) Gin Theil der freisinnigen Agitation in Pommern entspringt dem Haß gegen das platte Land: an Herren aus diesem Hause denke ich natürlich nicht dabei. Diese Agitationen reien die Leidenschaften auf dem Lande in unerhörter Weine sie gehen aus von dem Verein Nord ⸗Ostn, von dessen Existen; ich den Minister hiermit in Kenntniß setzen möchte. Der Schun⸗ verband mecklenburgischer Landwirtben ist ein Brudewerein det Nord ⸗Ost! und siebt auf demselben Standpunkt. Die Sache in Pommern und Westmwreußen siebt nicht so aus, wie Herr Gotbein sie geschildert bat.

Abg. de Witt (Zentr.) : Zu ung am Rhein braucht der Bund der Landwiribe nicht u kommen. Er sollte sich lieber darum kümmern, daß Wablkreise wie Greifswald Grimmen ibm nicht verloren geben. Die große Partei des Jentrumg im Reichetag braucht die 4—— stüßung der leinen Partei deg Bundes der Landwirtbe nicht. Der Husarenritt de Bundes nach dem Rheinland wird obne Erfolg sein; denn die realen, noch mehr aber die idealen Interessen der Bauern sind beim Jentrum besser aufgeboben, algz beim Bund der Landwirlbe. Der Redner bespricht sodann die Frage des Wildschadeng⸗ ersageg. Daß der Hase läuft, wisse jeder, aber wie er läuft, wüßten selbst die flügsten Leute nicht. Die Klagen über Wildschaden würden nicht verstummen, solange es Wild gebe. Am Fuße deg Sieben

birges seien die Weinberge durch . beschadigt werden. Der Winjewerein in Tänigewinter babe sich der geschärigten Winier an⸗ genommen, und diese bätten allerdings eine Entischädigung erbal ten, die aber nicht genügend sei. Ga sei sebr schwer festiustellen ob ein Schaden durch Rebe eder durch Kaninchen, die dem freien Wildfang unter- liegen, vernrsacht sei, und degbalb brauche der Wald besißer in der Regel nicht den vollen Schaden ju ersetzen; man müsse suchen, die Interessen der Waldbesitzer und der waldbenachbarten Grundbesißer auszugleichen. Daß die Klagen der Grundbesißer in der Näbe der sielalischen Wälder aber den Wildschaden zunebmen, liege in der Art der Bewirtbschaftung der Staateforsten, darch welche Wild im Forst nicht genügend Aesung finde. Fürst Stolberg ⸗Wernlgerode babe in seinen Forsten besendere Unlagen acht, dam iz dag Xi. Aesung finde. Wer Wild bege, müsse auch Summen dafür auggeben, dam die Schödigung der Bauern vermieden werde.

(Schluß in der Jwelten Bellage.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Abg. Wam hoff. (ul.: Meine Freunde haben den Abgang des Landwirthschafts-⸗Ministers von Hammerstein lebhaft bedauert; er hat seinen Posten aufs beste ausgefüllt, wenn es auch erklärlich ist, daß er nichk alle Wünsche hat befriedigen können. Aber wir bringen auch dem neuen Minister volles Vertrauen entgegen, daß er die Interessen der Landwirthschaft aufs beste vertreten wird. Ich wünsche besonders, daß noch mehr für die Förderung der Viehzucht geschieht. Rindviehzucht und Schweinezucht werden vernachlässigt; es ist schwer, gutes Zuchtmaterial zu bekommen. gien bezogen wir dieses aus Holland, dessen Grenze uns jetzt verschlossen ist. Gerade auf diesem Gebiete kann dem mittleren und kleinen Grund⸗ befitzer geholfen werden mit Hilfe, höherer. Staatsmittel. In den General-Kommissionen überwiegt jetzt das juristische Element, es müssen mehr praktische Leute hineingebraͤcht werden. Die Regierung muß für das landwirthschaftliche Bildungswesen noch mehr thun, namentlich durch Förderung des Wanderlehrerwesens, des landwirth⸗ schaftlichen Vereinswesens, der Winterschulen, Fortbildungsschulen u. s. w. Der Finanz-Minister von Miguel hat sich einmal darüber beklagt, daß der Landwirthschafts⸗Minister zu wenig Geld von ihm fordere. Wenn der jetzige Minister mehr fordert, wird er die Unter— stützung meiner Freunde finden. Die Zollfrage ist Sache des Reicht⸗ tags. Wir sind für Erhaltung der Landwirthschaft, aber auch für die Innehaltung der mittleren Linie, damit die Handelsverträge nicht un⸗ möglich gemacht werden.

Minister für Landwirthschaft 2ꝛc. von Podbielski:

Betreffs der Waldwiesen und ⸗Aecker zur Ernährung des Wildes, die einer der Herren Vorredner hier angeführt hat, kann ich nur kon—⸗ statieren, daß seitens der Forstverwaltung unausgesetzt Mittel auf⸗ gewandt sind, um durch künstliche Düngung, Meliorierung diese Grund⸗ stücke zu verbessern und dadurch zu erreichen, daß das Wild, das im Walde ist, mehr auf die Nahrung innerhalb des Waldes angewiesen wird, als auf die auf den Grundstücken der Adjazenten. Sollen aber alle die Wildäcker und Wiesen auf fiskalische Kosten angelegt werden? Das ist doch nicht unbedenklich. Ich glaube auch, daß es im Interesse der betreffenden Revierverwalter liegt, geeignete Wildäcker zu haben, und ich hoffe, daß auf dem eingeschlagenen Wege doch etwas erreicht wird. Ich freue mich auch, daß der Erlaß an die Forstverwaltung wegen vermehrten Abschusses des weiblichen Wildes zweifellos zu einer Verminderung der Wildschäden geführt hat. Ich bin immer der Meinung: man soll in Gegenden hoher Kultur doch mehr und mehr auf Einschränkung des Hochwildes Bedacht nehmen, beziehungsweise durch Einzäunung Wildschaden zu verhüten. Also nach dieser Rich- tung hin möchte ich nur konstatieren, daß ich allen diesen Anregungen mit Wohlwollen gegenüberstehe und helfen werde, wo es nur immer geht.

Auch auf andere Ausführungen des Herrn Vorredners möchte ich noch eingehen.

Hinsichtlich der Rindviehzucht, wie überhaupt der Biehzucht kann nicht alles von der Staatsregierung verlangt werden. Das Noth⸗ wendigste ist, daß die einzelnen Gegenden sich über die anzustrebende Zuchtrichtung klar werden und dann konscquent vorgeben. Ist einmal die Zuchtrichtung festgestellt, so wird die landwirthschaftliche Verwal⸗ tung es an der nöthigen Unterstützung nicht feblen lassen. Zur Ver⸗ mehrung der hierfür zu verwendenden Mittel sind bei Kap. 104 Tit. 50 000 mehr eingestellt, die auch für die Rindviehzucht verwendet werden sollen. Dem Schutze und der Hebung der inländischen Viehzucht dient auch die Grenzsperre, und ich konstatiere vor dem Lande, daß diese Maßregel einen guten Eifolg gehabt hat. (Sehr richtig! rechts und im Zentrum.) Meine Herren, wenn jetzt so est von der anderen Seite gerufen wird: Oeffnen der Grenze! so spricht hier die balbmonagtliche Zusammenstellung einfach dafür, daß wir konstant fortgeschrilten sind, daß die Seuchenherde nicht im Heimathland liegen, sendern doß wir die Seuchen immer aug dem Ausland belemmen. (Sehr richtig! rechts und im Zentrum.) Ich stelle bier diese usammenstellung jedem gern zur Verfũqung. Sie können sich daraus überreugen: Jetzt im Jahte 1902, wo wir konstant seit ein paar Jahren die Grenzen geschlossen gebalten baben, was ist da binsichtlich rer Maul und Klauenseuche das Bild? Durchschnittlich 20 big 30 Gemeinden mit Vo bis 70 Geböften sind verseucht: vor 2 Jabren noch 3000 Gemeinden mit 8 bie 10 009 Gebösten! (dört! hört! rechte) Diese Zablen zeigen doch: wenn wir nur konsequent vor- geben, so werden wir die Seuchen bei uns im Lande beseitigen. Diese Differenz: b bie 70 Geböfte gegenüber 8 bis 1000090 Gebhöften ver 2 Jabren sellte selbst die Gegner der Maßregel, die aus anderen Gründen dagegen sind, weil sie J. B. glauben, daß das Fleisch billiger werden würde u. s. w., doch überjeugen, daß hier schlienlich eine Maßrenel vorliegt, die wirklich nach jeder MNichtung bin unserem Seimatblande nut.

War nun die Frage der Unterstützung der Schweinezucht anlangt. so möchte ich beworbeben, daß bier gerade der fleine Man am meisten interessiert ist. Dos Schwein ist ein Produkt, das auf dem Lande der leinste Mann in seinem Stall bat und mit dessen Erlög wirllich sein Wobl und Webe verbunden ist. Darum müssen wir dafür sorgen, daß nicht durch Imrert vem Autland unser Schweine bestand verseucht wird. Den kleinen Mann trifft eg furchtbar bart, wenn er Wechen und Menate lang ein Schwein gemästet bat, dag cinen Merb ven 80 bis 1099 M bat, und dieses gebt ein. Gg bandelt sich sär den leinen Mann rm ein Vermögen, und wir müssen desbalb alleß Iban, um die Seuche fern zu balten und die Schweine sncht im Lande ju fördern. In erster Linie sellte man überall für Weiden und Laufrläpe für die Ferlel sergen, dag sichert ung cine gesunde Nach ucht.

Nun bat der Herr Vorredner eine Spezialisiernng des Kar 101 Tit 4 gewänscht. Meine Derren, ich bin bereit, jederneit der Budget kommlsssen über die Merwendung den Fond für die ein elnen Imweige der Vöebracht Auskunft ma geben. Aber wenn weir anseren Gtat ju sebe spenallsieren, so bert sede Uebertragbarfeit jwischen den einzelnen JZraelgen der Wiebsucht auf. Gg aan in einem Jabte notbwendiag sein, far Jiegen mehr auemgeben, eder in jenem Jabre für Schweine n. . n.

Gejm Fende Tit. 4 des Karp. 12 siad 60 0 abaesent. Diese

Zweite Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M 25.

Berlin, Mittwoch den 29 Januar

Summe war in den letzten Jahren für Einrichtungen von Muster⸗ wirthschaften verwandt und soll eine solche demnächst für die Marschen eingerichtet werden. Dabei ist auch Oldenburg be⸗ theiligt. Die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen. Demnach kann die Musterwirthschaft in diesem Jahre noch nicht ein⸗ gerichtet werden.

Was nun die Frage der Rentengüter im Kreise Sulingen an⸗ langt, so möchte ich hier konstatieren, daß aus dem Folgeeinrichtungs⸗ fonds die Sache ausreichend dotiert ist. Soweit sich die Klagen auf die Regelung der Kirchen⸗ und Schulverhältnisse für die neuen Renten⸗ güter beziehen, bin ich nicht allein zuständig. Da ist auch der Herr Kultus⸗Minister betheiligt. Die Beschwerden sind eingegangen, und ich habe die General-Kommission zum Bericht darüber aufgefordert. Der Bericht steht noch aus. (Bravo! rechts.)

Abg. Dasbach (entr.): Wenn im Zolltarif der geringe Quebrachozoll bestehen bleibt, kann es wirklich eintreten, daß die Militärverwaltung mit der Ausrüstung unserer Truppen in Verlegen⸗ heit kommt. Die Versuche mit der Quebrachogerbung sind ungünstig ausgefallen. Ein Gutachten des Generals von Heringen geht dahin, daß dieses Leder ,, ist, und sich Reparaturen schwer machen lassen. Der neue Handels⸗Minister Möller hat gesagt, daß ein neues Verfahren geprüft werde, welches gutes Material erhoffen

die einzig richtige Grundlage für ein gutes Ledermaterigl. Wenn die Zölle auf ausländische Gerbstoffe nicht wesentlich erhöht werden, werden wir bald nicht mehr die nöthige Zahl der Lohgerbereien haben, weil sie nicht mehr rentabel sind. Viele kleine Bauern sind an der Erhaltung des Schälwaldes interessiert, sie brauchen neben ihrer Land⸗ wirthschaft noch Nebennutzungen. Ihre Einnahme aus dem Schäl⸗ walde ist aber im letzten Jahrzehnt von 18 6 auf 810 M Pro Doppelzentner Rinde gesunken. Wir können allerdings das nöthige Quantum an Eichenrinde nicht selbst produzieren, der Import von folcher darf also nicht zu sehr belastet werden. Das für das Reich erlassene e ge befriedigt die Wünsche der Winzer, welche Werth auf ein reines Naturprodukt legen, keineswegs, es wird über— haupt nicht wirken, wenn es an scharfer Kontrole fehlt; die Regelung der 22 durch die Einzelstaaten ist aber in Preußen noch immer nicht erfolgt.

Abg. Pohl (fr. Vgg.) bespricht das Fortbildungsschulwesen auf dem Lande, namentlich in Ostpreußen. Diese Schulen hätten erst wenig Anklang gefunden, weil der Lehrstoff zunächst im r, . nur wiederholt habe, was in der Schule gelernt worden. Das habe sich allerdings schon geändert. Die ländlichen Arbeiter könnten für ihr Vieh nicht genug sorgen, die Gemeinden müßten ihnen Weideplätze beforgen. Auf den Domänen sollten Versuche über die Möglichkeit der Her ug der elektrischen Maschinen für die Landwirthschaft gemacht werden; die Domänen seien 4 doch als Musterwirthschaften gedacht. Zur Einführung der elektrischen Betriebskraft sollten Zweck= verbände gebildet werden. Wenn die Landwirthschaft an Betriebs⸗ kosten spare, könne sie ihre Arbeiter besser bezahlen. An den land. wirthschaftlichen Hochschulen ständen sich die Professoren schlechter als an den Universitäten; die landwirthschaftlichen Hochschulen könnten vielleicht besser dem Kultus. Ministerium unterstellt werden. Erfreulich sei die Vermehrung der landwirthschaftlichen Wanderlehrer.

Aba. Schmitz Düsseldorf (Zentr): Eine Schärfung des Ge⸗ wisseng brauchen unsere rbeinischen Landwirthe nicht. Wir haben in dem Rbeinischen Bauernverein! und anderen Korporationen eine so kräftige Organisation, daß wir Fremde, die von außen herkommen und unsere Auffassung nicht immer zu würdigen verstehen, nicht brauchen. Die Jollfrage unterliegt allerdinge der Entscheidung des Reichstages, aber jede Partei hat das Recht, auch hier Wünsche zu äußern. Das Haus hat im vorigen Jahre mit großer Mehrheit den Antrag angenommen, der einen wesentlich gesteigerten Zollschutz für die Landwirtbschaft verlangte. Die Vorlage bietet aber, wenn man gerecht sein will, einen wesentlich gesteigerten Schutz, und wir dürfen nicht vergessen, daß ein zu starkes Ueberspannen des Bogens das Zu— standekommen von Handeleverträgen unmoglich machen würde. Unsere Landwirtbschaft selbst braucht eine kaufträftige Industrie, und diese lann der Dandel verträge nicht entbehren. Bei aller Anerkennung der landwirthschaftlichen Bedürfnisse kann ich des balb der Parole alles oder nichts - nicht zustimmen. In kleinem Lande wird die Arbeiterschaft von solchem Wohlwollen und Schutz umgeben wie bei ung, und sie welß auch sehr wobl, daß die Schußzollpolitit ibre Lage gebeben bat. Die größte Zabl unserer Arbeitgeber hat ein sebr warmes Inseresse für das Wohl ibrer Arbeiter. Die städtische Bevölkerung bat zu⸗ genommen, die ländliche dagegen abgenommen, und das zeigt sich im Westen ebenso wie im Osten. Wenn im allgemeinen in der Joll⸗ tarifvorlage die JZellsatze als ausreichend anerkannt werden können, so gilt das nicht in Bejug auf den Schutz unsereg Schälwaldeg. Die Regierung bat da auf einen Schutz verzichtet, den alle Interessenten mit großer Entschiedenbeit gefordert baben. Der Dandelg Minister Möller bat neulich gesagt, er stebe jent nicht mebr in der Partei, sendern auf einer boäberen Warte und babe die allgemeinen Interessen zu vertreten. Hoffentlich kann ihn nech der Landwirtb⸗ schafts Minister veranlassen, auch die der Landwintbschaft wabrzunebmen. An unserem Schälwald sind z. J. interessiert los 35 Familien mit Si7 009 Cöpfen. Die Arbeit im Gichenschalwald fällt gerade in die Zeit, wo ens sonst in der Landwirtbschaft still ist, und es handelt sich datei rade um solche Gegenden, welche an den Getreideßs hen kein Interesse baben, die aber dafür einen Auggleich in den Jöllen auf Verbstoff erbalten müssen. Die Schilwaldbesiher baben infelge des gerlngen Jollg Verluste ven Millionen erlltten. Die Gin, fubr ven Gerbstesffertratien ist den 1885 big 19 ven S220 auf 11 009 Derrpelsentner gesticgen. Frankreich bat sich die Quebracheo ; einfubr vellstandig vom Valse geschafst, Alles Heil kann die Landwirtbhschaft aber von den Schußijöllen nicht erwarten. muß dancken cine weise Geseßgecbung einbereben. Im Westen lit der Werth des Grund und Bedeng gefallln, wihrend er im Dsten überall gestiegen ist; daraug fiebe sch den Schlus.. daf die Tandwirtbschafst im Westen nech fränker ist alg im Dsten. Qir bedürfen ciner Verschuldungestatlftik als Grundlage auf wel her wir die Mittel ur Dellung der Schäden der Landmirtkschaft m finden Kaken. Die Verschuldtung it jum größten Thel unserem unfeligen Grbtbeilungereckt jujuschreiben. Wir mässen ein anderes Grkrecht baken, dag im Buärgerl chen Geseßbach gennatg nicht. unbedingte Verfügunggrechl der Gltern aber den Nachlaß will ih allerd nag nickt nebmen, aber ee muß derbatet werden, dal die fert. stebenden Kinder ibren Anteil an dem dellůen db de Marg mit in die Stadt fertnebmen. Die jepigen Jaslande fükren Gere iche · rung der Sigdte und jar Verarmung der Landen. In Belag auf die Aue gestaltung des Gisenbabnnckes siellt der Hisenbabn.· Mi lster an die Gemelnden ju bebe Anserderungen. Der Landwirt MNinister bal daz Necht und die Miicht, auch auf die anderen Meffert etnfa.˖ wirken im Interrsse der Landmirtbschaft. 2

Minister für Landwirtbschaft . von Podbielgki: Ich möchte junächtt dem Derr Abe Dackach auf setar Nafrage

erwidern, daß ih berechtigte Deffaung babe, daß die Pablifanien der

lasse. Nach Ansicht der Militärwerwaltung ist aber die Lohgerbung

1902.

Ausführungsverordnung zum Weingesetze in den nächsten Wochen erfolgt. r

Was nun die Ausführungen des sehr verehrten Herrn Vorredners wie des Herrn Abg. Dasbach betreffs unserer Lohwaldungen anlangt, so meine ich: man soll von dieser Stelle aus dem Lande gegenüber offen Farbe bekennen. Meines Erachtens werden gute Schälwaldungen auch fernerhin die Konkurrenz aushalten können (Widerspruch im Zentrum) ja, meine Herren ; aber schlechte werden ganz zweifel⸗ los in andere Betriebe übergeführt werden müssen. (Sehr richtig! links.) Die Mittel bereitzustellen, um dieses zu erleichtern, ist meiner Ansicht nach die Aufgabe der Staatsverwaltung, und ich hoffe, daß auch das hohe Haus hierzu die Hand bieten wird. Sie können sich versichert halten: ich habe in erster Linie immer die Interessen unseres kleinen und mittleren Besitzes im Auge, und der steht hier wirklich vor einer äußerst schweren Katastrophe. Die Frage des Quebrachozolles ist ja schon öfter erörtert worden; ich möchte hier nicht das ganze Zahlen⸗ material anführen. Nach den Erhebungen, die seitens der Ferstver⸗ waltung gemacht worden sind, ergiebt sich, daß für unsere große, Gerbstoffe verwendende Industrie eine inländische Produktion von nur etwa 8 Millionen Zentner Lohe zur Verfügung steht. Nun wollen wir aber auch die Augen nicht davor verschließen, daß nach der jetzigen Entwickelung unserer Chemie wir wahrscheinlich in diesem oder im nächsten Jahre die Einführung einer Mineralgerbung zu erwarten haben. Was dann? Da sage ich: offen der Gefahr ins Auge sehen und die Mittel zur Verfügung stellen, um den kleinen Lohe⸗ waldinteressenten ihren Besitz zu sichern, diesen in anderen Betrieb überzuführen, weil auf die Dauer die Sache wirklich nicht zu halten ist. Ich meine, es ist besser, ich spreche das offen aus. Ich hahe mich ja redlich bemüht, einen höheren Quebrachozoll zu erhalten. Aber, meine Herren, der Werth eines Zentners Quebrachoholzes ist 5 S; bitte, sagen Sie mir: das Wievielfache des Werths soll der Zoll betragen? Aber das erkenne ich offen an, wenn wir für die Tausenden und Abertausenden von Familien, deren Wohl und Wehe jetzt an den Eichenschälwald gebunden ist, nicht sorgen, begehen wir ein Unrecht.

Was nun die Leistungen des Statistischen Bureaus anlangt, so untersteht dasselbe dem Minister des Innern. Ich kann da nur an⸗ regen und Anregungen unterstützen.

Die Frage des ländlichen Erbrechts ist ja eine der wichtigsten und schwierigsten Materien. Es ist ja neulich bereits die Frage hier gestellt worden, wie weit es mit dem Fidei⸗ kommißgesetz sei. Diesbezüglich habe ich nur zu erwidern: Wir haben 7 bis 8 Abschnitte fertig kodifiziert das ist ungefähr die Hälfte die andere Hälfte werden wir hoffentlich bis zum nächsten Jahre fertig bekommen. Aber noch wichtiger als die Fidei⸗ kommißgesetzgebung ist das, was der Herr Vorredner in Betreff der Ausgestaltung des sonstigen ländlichen Erbrechts sagte. Ich meine, wer die Verhältnisse unseres Vaterlandes kennt, wird unbedingt zu⸗ geben müssen, daß ein Erbrecht anders gestaltet sein muß, je nachdem es am Rhein oder für den Osten gelten soll. (Sehr richtig) Man kann diese Sachen nicht in einen Topf gießen und kann nicht für den Besitz dort dasselbe festsetzen wie für jenen Besitz. Auch die Erfah⸗ rungen bei der Höferolle haben uns gezeigt, daß der Weg der Unifizie rung bier nicht gangbar ist. Ich kann dem Herrn Vorredner erwidern, daß die von ibm gewünschte Anfrage bei der rbeinischen Landwirtb-⸗ schaftskammer über die Gestaltung des ländlichen Erbrechts am Rbein bereits ergangen ist. Den Bericht weiden wir boffentlich bald be⸗ kommen. Wir werden darüber in Ueberlegung und Berat hung treten müssen, in welcher Weise wir den Grundbesiß dert und anderswo den Familien sichern. Ich scheide bierbei das Fideilemmiß vollständig aug und spreche nur von dem bäuerlichen Besitz, von dem es doch auch wünschenswerth ist, daß er, wenn ich so sagen sell, nicht auf die Landstraße binaus geworfen wird, sendern der Familie erbalten bleibt. Da wird die Frage der Entschuldung eine gewisse Relle spielen müssen. Ich bin der Meinung, wenn der Staat ge⸗ wisse Lasten übernimmt und eine gewisse Garantie, dann die Familie die Verpflichtung übernimmt, den Besiz der Familie zu erbalten, und wenn dann ein selcher Besitßz aug der Familie gebt, muß die Familie vervflichtet sein, die Aufwendungen. die der Staat gemacht bat, aus dem Verkaufterlöse wiederjuerstatten. Dag wird meiner Ansicht nach der einzig mögliche Weg sein, wenn ich ibn im Großen slinieren soll. Freilich werden auf diesem Gebiete ganz außer- ordentliche Schwierigleiten u überwinden sein, und mancher Trerfen wird nech ing Meer fließen, ebe eine feste Grundlage gefunden ist.

Abg. Graf von Melt ke (freikens.; fehr schwer verstãndlich) bebt die Entwickelung der Industrie gegenüber der der Vander irtbschaft in den letzten Jabren berwer und ist durch die Gtalkgansäßge im dem vorliegenden Grat nech nicht befriedigt. Er emrfleblt., srrebsamen Landwirtben Mittel zur Verfügung ua stellen damit sie in anderen Ländern lernen könnten, und wänscht eine Debung der ugfubr land- wirthschaftlicher Pfnredukte.

Minister für Landwirthschaft ꝛc

Meine Herten! Die Anregungen deg Serrn Abe Grafen Meltke baben sich nach wei Richungen beregl. Gr iünschte, ir fellten Stipendien aus schen, um Landwirten das Studiurn der landeirtkh- schafilicihen Verbältntffe im Auglande m erleichtern. ch bekenne offen, ich balte eine Grreikerang der Teantnife der Verblraise la anderen Lindern für wichtig; aber wenn ir auf diesen Wen geben wellen, daan bedarf es gan anderer Mitel al 18000 n Die siad den mel drei derten in Amerika schacll derbeancht, and da würde nickt la dem Maße irken, ie sich da err Mera Melee derstellt. Ich erachte Janächs dag Reichart de anern für diese usoabke für aständig welcheg Ja auch laadreirtbibaflihe Saceer- stnd igt binaut ichick die die dent he Tandreirtdichaft in enger Fubleng mit dem Aulande erbalten fellen. Mh agen dem VDerrn Mrasen Melle fangen, daß nach melner Uekerenznn diefe die allwmenallich vablinert werden dem dent ichen Lander er t · wien Gtablick in die land trtk i chartlichen Werbäaltutỹe acderet Sander gestatten

von KVodbielgki: