Deutscher Reichstag. 163. Sitzung vom 12. März 1902. 1 Uhr.
Am Tische des Bundesraths: Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner.
Das Haus erachtet zunächst eine Reihe von Petitionen gemäß dem Vorschlage der Petitionskommission als nicht ge⸗ eignet zur Erörterung im Plenum, überweist in erster Be⸗ rathung die allgemeine Rechnung über den Reichs⸗ haushalt für 1898 der Rechnungskommission und setzt dann die dritte Berathung des Reichs haushalts-Etats für 1902 fort mit dem Etat des Reichsamts des Innern, und zwar bei den dauernden Ausgaben für das Reichs⸗ Versicherungsamt.
Abg. Stadthagen (Soz.) geht auf die von ihm schon wieder⸗ holt behandelte Frage der Vertrauengzärzte, insbesondere den Prozeß Blasius⸗Sprengel ein. Inzwischen sei Professor Sprengel, der in erster Instanz verurtheilt worden sei, in zweiter Instanz freigesprochen worden, weil ihm der ö des 5 183 des Strafgesetzbuchs (Wahr— nehmung berechtigter Interessen) in vollem Umfang zugebilligt worden sei. In der zweiten Lesung habe ihm, dem Redner, der Staats⸗ sekretär einen Vorwurf daraus gemacht, daß er den Präsidenten des Reichs⸗Versicherungsamts angegriffen habe. Diese Angriffe richteten sich gegen das ganze Kollegltum. Daß es gesetzwidrig sei, daß die orsitzenden der Berufsgenossenschaften gewissermaßen Ge⸗ schenke in Form von hohen Gehältern und anderen Zuwendungen er— halten, habe seinerzeit sogar Freiherr von Stumm anerkannt. Die dem Präsidenten des Reichs⸗Versicherungsamts gemachten Vorwürfe müßten daher in vollem Maße aufrecht erhalten werden, Dem § 44 des Gesetzes müsse endlich sein Recht werden; hoffentlich werde der Staatsfekretär auch ohne besondere Resolution einschreiten und sich Bericht darüber erstatten lassen, wer es denn im Reichs⸗Versicherungsamt ge— wesen sei, der die Genehmigung dazu gegeben habe, daß für jeden Zeitverlust den ehrenamtlichen Leitern der Berufsgenossenschaften in Gestalt von Entschädigungen Gehälter von 12000, 160090 96, freie Wohnung u. J. w. gewährt werden. Die Hauptkosten der Berufsgenossenschaften müsse doch der Arbeiter zahlen, da ihm gesetzli ein Drittel des vollen Schadenersatzes entzogen sei. Die Berufsgenossenschaften hätten sich allmählich zu einer Art Behörde ausgewachsen; es müsse verhindert werden, daß sie einen Staat im Staate bildeten und die 8 r. ganz und gar verachteten. Die Arbeiter seien der Meinung, daß diese hohen Gehälter nur deshalb gezahlt würden, weil man die Empfänger für solche halte, die, durch diese hohen Gehälter verlockt, alles versuchen würden, die Rechte der Arbeiter zu kürzen. (Widerspruch) Wenn der Abg. Roesicke das bestreite, fo zeige er, daß er darüber anders denke, aber nicht, daß die Ansicht der Arbeiter unrichtig sei. Herr Roesicke und selbst Freiherr von Stumm hätten sich seiner Zeit gegen diese Machenschaften aus⸗ gesprochen; man sollte sich mit ihm, dem Redner, verbünden, diesem Unfug ein Ende zu machen. Man befinde sich eben in einer Klassen⸗ gesetzgebung, und auch die Behörden seien den Uebergriffen der Unter⸗ nehmerschaft gegenüber ohnmächtig.
. Dr. Oertel (d. kons. : Herr Stadthagen hat in zweiter Fesung ehauptet, daß Professor Sprengel in Braunschweig das System der Vertrauensärzte für unmoralisch erklärt habe. Herr e . Sprengel hat bereits am 27. Dejember vorigen Jahres erklärt, daß dies nicht seine Meinung sei, daß er es auch nicht einmal in der Er⸗ regtheit des Augenblicks behauptet habe. Herr Stadthagen sagte ferner, er würde sich freuen, wenn irgend etwas von dem, was er gegen den Sanitätsrath Blasius gesagt hatte, als übertrieben nach- gewiesen würde. Ich will ihm diese Freude gern machen. Nachdem Derr Hilbck damals Herrn Blasius preisgeben zu wollen erklärt hat, muß ich diesen Fall doch noch etwas unter die Lupe nehmen. . babe keinerlei persönliches oder Parteiinteresse an diesem Herrn, i weiß nicht, welcher Partei er angehört, und ob er jemals konservativer Durchfallskandidat gewesen ist; ich habe ihn erst vor wenigen Tagen kennen gelernt und einmal gesprochen. Herr Stadthagen hat mit Bezug auf Herrn Sanitätsrath Blasius die Vertrauensärzte Hand⸗
langer, Hausknechte und Lakgien des Unternehmerthums genannt und das Verhalten des Herrn Blasius als verdammenswerth bezeichnet,
weil er die Kranken in ihrer Rente gekränkt und an den armen Ver⸗ unglückten einen Raub begangen babe. Der zu Grunde liegende Fall war so: Ein Ziegel eiarbeiier verlor den vierten Finger der rechten Hand. Der Direktor des braunschweigischen Krankenbauses, Professor Sprengel unterzeichnete das Gutachten deg behandelnden Assistenzarztes; Der vierte Finger der rechten Hand ist abgequetscht, es ist keine Druck. emxfindlichleit des Stumpfes mehr vorhanden, die Streckfähigkeit des kleinen Fingers ist gut, die Beugefäbigkeit ist beschränkt, die übrigen Finger beugen und strecken gut, die Kraft des Armes ist unverletzt, Dand⸗ und Armgelenke frei, nur die Handschlußkraft mäßig berabgesetzt, ob⸗ gleich der feine Finger noch bemerlbaren Druck autzübt. Profe sor Sprengel schlug auf Grund dieses Gutachteng 40 Rente vorläufig auf drei Monate vor. Fünf Tage später schlug auf Grund dieses Gutachteng der Vertrauengarzt der Jiegelei⸗Berufegenossenschaft Dr. Blasius eine Rente von 20 . 25 09 ver, und jwar auf längere Jeit. Der Arbeiter berubigte sich dabei und belam länger als drei Monate eine Rente von 2529. Den Grundsatz, daß ärstliche Gutachten nur nach eigenem Augenschein erstatter werden sollen, kann niemand
bestreiter, aber dieser Grundsatz wird toto die durchbrochen und
muß durchbrechen werden, namentlich bei Revisionggutachten. In den fünf Tagen koennte sich nichts Wesentlicheg geändert haben, Dr. Blasiug machte deg Gutachteng des Professorg Sprengel. Gz einfache Verletzung ohne jede Kompilation. Ich lasse es dabin-⸗ gestellt, eb nicht eine eigene Untersuchung durch Dr. Glasiug sweckmäßig gewesen wäre, aber verdammengwerth war eg jeden- jall bel einer einfachen Verleßung und bei einem so wissenschaft⸗ lichen Gutachten, auf dag er sich verlassen konnte, nicht. Döbe der Rente entbalte ich mich eineg Urtbeilst, rechnerisch bat aber der Arbeiter dasselbe erreicht, da die geringere Nente ibm länger besablt ist. Daß Herr Dr. Blasiuz schematisch verfabren sei, ist nicht richtig, denn nach dem üblichen Schema wäre die Rente in diesem Falle auf 12 — 185 0 festmseßzen gewesen. Dr. Blasiug bat in l Fällen eine bäbere Rente dorgeschlazen alg der bebandelnde Art, in mehreren Fällen auch da, wo der bebandelnde Arjt eine Mente für unnötbig erachtet batte. Rewnßte und rflichtwidrige Rentendrückerei kann man alse Herrn Dr. Blasing nicht derwerfen. So wie Herr Dr. Ulasiug bandelt fein Handlanger, lein Haupkaecht und kein Lalai des Unter- nebmerihuma Verr Stadtbagen bat aug einer fleinen unbedeutenden Mücke einen unget ngen Gler banten emacht hg Roesicke Dessau (b. 6E. F): Derr Stadthagen bat den den Vertrauen arten der Berufegencssenschaften bebaurtet, daß sie ju Uagunsten der Wabrbeit und ja Mansten der Genessenschaften Gut achlen abgeben Darin erkenne ich eine Deraksehung und KBe⸗ leidigung der Vertrauentärzte wie der Gerufgenossenschaften, welche ich qa entschleden sarücreisen muß Den Bewelg für seine Be⸗ baud tung ist Derr Stadtbagen schulbkig geblieben. Ich bin mit ihm der Melnang daß in den Berufegenefsenschaften manckeg nicht so ist, rie eg sein Jellte aker sie se allgemein derdächtigen, beißt sie un⸗ erbort beleidigen. Die Berufe genessenschaften bedürfen der Vertraugn arjte, am lar beit uber bie Bedeutung der ärztlichen Gatachten a derschaffen. Die Berufe genessenschaften bewilligen sogar siemlich ang Renten, ne der are Wertlaut der Gesches E nicht zu- . kalen eil Die Senaftemekraten Haber ' seihsi fete die vertreten, daß e alchi richtig fel, enn die Uerne sefern a bren Mäachter Gen Prerentfag der Renten anfegen danach bär dech alle auch bert Srrrngel ch richten mässen Ter Ner- 1 M la sfetaem Nechte acht geichlolat erden, gleiihriel eb die Hern die Dandlangeree de, br Glasta verurteilen eder icht. Mag die Gatschldigang der Merafeenessenschafteleiter betrifft e Rebe M nech Lenke au dem HBeden de g 4; ich ende
elch nar genen die Dastaualien, daß die Henerare daf 1 — 1 dam die Tenerleren die Nerten der Urkenter r
bandle sich um eine
seinen Rentenfestsezungevorschlag auf Grund
Ueber die
berabdrücken. Davon kann gar keine Rede sein. Auch ich hoffe, daß
das Reichs ⸗Versicherungsamt bei erneuter Prüfung zu der Ansicht
kommen wird, daß diese Gehälter nicht so normiert werden dürfen, wie die Berufsgenossenschaften es vorschlagen, namentlich wenn den Herren aus ihren ehrenamtlichen Funktionen gar kein Zeitverlust er⸗ wächst. Auf dem nächsten Berufsgenossenschaftstage wird sich zeigen, daß der ehrenamtliche Charakter reiner gewahrt werden muß.
Staatssekretär des 2 Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Meine Herren! Ich möchte zunächst ein Versprechen einlösen, das ich bei der zweiten Lesung des Etats gegeben habe. Einer der Herren Abgeordneten der Linken hat Auskunft von mir darüber verlangt, was auf meinen entsprechenden Erlaß seitens der Berufsgenossenschaften zum Schutz der Arbeiter im Baugewerbe geschehen sei. Ich konnte damals leider diese Auskunft nicht geben, weil mir der betreffende Bericht des Reichs⸗Versicherungsmts noch nicht vorlag. Ich hole deshalb heute diese Auskunft hiermit nach.
Nach dem Bericht des Reichs⸗Versicherungsamts sind bei 10 der vom Reichs⸗Versicherungsamt ressortierenden Baugewerks-Berufs⸗ genossenschaften 31 Beamte thätig gewesen, davon 10 für die Be— zirke im ganzen Aufsichtsbezirke, die übrigen für Sektionsbezirke. In dem Bericht des Reichs-Versicherungsamts heißt es aber am Schluß noch:
Für die Bezirke der Sektion 1, VI und VII der Rheinisch⸗ Westfälischen Baugewerks⸗Berufsgenossenschaft ist die Anstellung je eines Aufsichtsbeamten auch beschlossen. Für den Bezirk der Sektion 1V der Nordöstlichen Baugewerks⸗Berufsgenossenschaft und den der Sektion VIll der Rheinisch⸗Westfälischen Baugewerks—⸗ Berufsgenossenschaft sind wegen der Anstellung der technischen Auf— sichtsbeamten zur Zeit noch Verhandlungen im Gange.
Ich hoffe, meine Herren, daß bei den zahlreichen Bauunfällen, die leider noch immer zu verzeichnen sind, die Berufsgenossenschaften ernstlich auf dem Wege fortschreiten werden, ein wirklich ausreichendes Aufsichtspersonal anzustellen.
Nun komme ich zu der Frage, die der Herr Abg. Stadthagen heute berührt hat. Ich gehe zunächst auf das Gesetz ein; ich muß die maßgebenden Bestimmungen in ihrem Zusammenhange wieder⸗ holen. Meine Herren, nach § 44 des Gesetzes, betreffend die Ab⸗ änderung der Unfallversicherungsgesetze, verwalten die Mitglieder der Vorstände der Berufẽsgenossenschaften ihr Amt als unentgelt« liches Ehrenamt, sofern nicht durch das Statut eine Entschädigung für den durch Wahrnehmung der Genossenschaftsgeschäfte ihnen erwachsenden Zeit⸗— verlust bestimmt ist; die Höhe der Entschädigung unterliegt der Genehmigung des Reichs⸗Versicherungsamts. Das Genossenschafts⸗ statut bedarf zu seiner Gültigkeit der Genehmigung des Reichs⸗ Versicherungsamts, und wie Sie eben gehört haben, unterliegt die Festsetzung der Höhe der Entschädigung ebenfalls dieser Behörde. Hierzu hat der Herr Vorredner ausgeführt, zunächst allerdings nur hypothetisch, glaube ich, daß zu diesen Beschlüssen Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer hinzugezogen werden müßten. Das ist ein Irrthum, denn § 16 des Gesetzes lautet:
Die Entscheidungen des Reichs⸗Versicherungsamts erfolgen in der Besetzung von fünf Mitgliedern einschließlich der Vorsitzenden, unter denen sich je ein Vertreter der Arbeitgeber und der Ver⸗ sicherten befinden muß, und unter Zuziehung von zwei richterlichen Beamten, wenn es sich handelt ꝛe.
Nun, meine Herren, wenn Sie § 16 nachlesen, werden Sie finden, daß sowohl die Genehmigung des Statuts (8 39), wie die Festsetzung der Entschädigung für die Vorsitzenden der Berufagenossenschaften (6 44) nicht unter den Gesetzesparagraphen sich finden, zu deren Ausführung die Zußiehung von Arbeitgebern und Versicherten noth⸗ wendig ist.
Gs kommt demnächst für die Zuziehung der Arbeitgeber und Versicherten noch 5 18 in Betracht, der aber für die vorliegende Frage nicht wesentlich ist.
Meine Herren, es fragt sich nun, in welchem Verfahren batte das Reichs. Versicherungs amt, da Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht zuzuzlehen waren, die Entschädigungen der Vorsitzenden der Berufs. genossenschaften festzusetzen. Hier sindet 5 19 der Verordnung vom 19. Oktober 19009 Anwendung. Derselbe lautet:
Die Geschäfte des Reiche Versicherungkamte sind, soweit sie nicht durch den Präsidenten oder unter Mitzeichnung des Präsidenten. eines Direktors oder des Leiters einer Unterabtheilung von dem mit der Bearbeitung betrauten Mitgliede bearbeitet werden, in Sitzungen zu erledigen. In den Angelegenbeiten der Verwaltung werden Gesammtsitzungen, Abtheilungesitzungen und Sitzungen der Unterabtheilungen abgebalten
Meine Herren, es giebt also Angelegenbeiten, die einerseitz vom Präsidenten erledigt werden können im gewöhnlichen Geschäftegange also im Wege der Dekretur, und ferner Angelegenbeiten, die in Sigungen ju erledigen sind mit oder obne Juziebung von Arbeit gebern und Arbeitnebmern oder in Unterabtbeilungen. Meine Herren, die Frage, in welcher Form bier jene Gntschaädigungen festgesetzt sind, war bieber nicht Gegenstand der Grörterung im Neichetage, und ich muß selbswerständlicͤch annehmen, daf eine rechtsrrechende Bebörde die gesetzliöen Formen in ibrem Geschästegange beachtet bat. Gesammtsttzungen konnten für die verliegende Angelegenbeit nach S 13 der Vererdnung nichl in Frage lommen, vielmebt kennte die Sache nur im Wege der Defretur, in Abtbeilungesihungen oder in Siynungen der Unterabtbeilungen entschieden werden. Ich babe mich telerbenisch während der MNede de Herrn Abg. Stadibagen erkundigen lassen, wie in der Sache derfabren ist, und seweit man sich auf ein Teleyben derlaßeen ann, ist die Sache so erfolgt, daß die Gnt⸗ schädigungen, die ju feinen Gedenken Anlaß gaben, im Wene der De⸗ kretur festgesent sind; aber, wie mit don dem Neich Versicherunqu amt mitgeteilt ird, kaben bei dieser Dekrefur stefg aufer dem Prä- sidenten nech fün Mitglleder det Versicherunghamste mitem irt. Die schwierlgen Falle aber, die ja Jweiseln Anlaß geben fennten, sind in Naterabtbeilungen entschleden werden. Ich ann bei dieser Sachlage alcht anerlennen, daß entegen den Vorschriften des Gescheg eder der Verordnung dorgegangen it. Ich werde mich berichtlic¶h noch einmal ganz genau jar Sache lafermieren, ich eie aber daranf bin, daß ich mich in dieser Sache nur sebr versichtig dafern fann, denn das Mech NVersicherun ham ist eiae entffrrechende Heberde, nad ich maß auch den Echesn dermeiden, mich ia die Kemeten des Reiche Nersicheranat ˖ am tg nach dieler Richtung ein zamsschen
Wan die Höke der GQutschadigaag Ketriffi, se grflebe ih eber reelkereg a,. e näre der Tdeale Jassand, Kenn die Nersidenden der
WBlasiung zu rechtfertigen
der Aerstelammer entnebmen können, daß auch
Berufsgenossenschaften ihre Geschäfte ehrenamtlich verwalteten, ohne jede Entschädigung. Wenn Sie aber die Entwickelung der Berufs— genossenschaften verfolgt haben, werden Sie Folgendes gesehen haben: Zuerst, wie die Geschäfte einfacher waren, wie der Kreis der Geschäfte ein verhältnißmäßig kleiner war, waren sozusagen die Spitzen der In— dustrie, die hervorragendsten Männer derselben Leiter der Berufs— genossenschaften. Mit dem Wachsen der Geschäfte war es einem Theile dieser Herren nicht länger möglich, an der Spitze ihrer Berufsgenossen⸗ schaften zu bleiben, es traten zum theil, wenn ich recht informiert bin, ihre Direktoren, ihre höheren Beamten ein. Aber auch diese Personen sind so außerordentlich beschäftigt, daß es für das Reichs⸗Versicherungs⸗ amt immer schwieriger wird, geeignete Personen aus der In⸗ dustrie selbst für die Leitung der Berufẽsgenossenschaften zu gewinnen. Die Geschäfte sind zum theil geradezu überwältigend ge— worden. Meine Herren, machen Sie sich doch nur klar, welche Ge—= schäfte den Berufsgenossenschaften allein erwachsen sind durch die Neu— organisationen der letzten Unfallversicherungsgesetze, durch die Ver— änderung der Grenzen der Berufsgenossenschaften, durch die große Zahl von Personen, die dadurch neu versicherungspflichtig geworden und zum theil den bestehenden Berufsgenossenschaften angegliedert worden sind. Ich glaube, das Versicherungsamt wird sich deshalb in vielen Fällen geradezu in einer Nothlage befinden; um Kräfte für die Leitung der Berufsgenossenschaften zu erhalten oder zu gewinnen, wird es Entschädigungen festsetzen müssen, die den Zeitverlust dieser Personen ausgleichen. Selbstverständ— lich muß darin aber auch die äußerste Grenze dessen liegen, was zu bewilligen ist. Wie schwer es ist, für die Berufsgenossenschaften ehren⸗ amtliche Leiter zu finden, das mögen Sie daraus ersehen, daß eine Reihe von Berufsgenossenschaften schon dazu übergegangen ist, Ge— schäftsführer anzustellen. Meine Herren, das ist schon ein Nothbehelf, es ist nicht der ideale Zustand, es ist nicht die ehrenamtliche Ver— waltung, wie man sie sich bei Begründung der Berufsgenossenschaften dachte. Ich glaube deshalb, zu scharf darf man in der Beurtheilung dieser Verhältnisse nicht sein. Sachlich kann, wie gesagt, eine Ent— schädigung festgesetzt werden für den Zeitverlust. Ob das im vor— liegenden Falle — und das nehme ich unter allen Umständen an — in einem gesetzlich zulässigen Verfahren geschehen ist, das werde ich mir noch ausdrücklich bestätigen lassen. Soweit meine telephonischen Nachrichten reichen, ist die Sache auch formell vollständig in Ordnung.
Schließlich, meine Herren, ist zu diesem Titel gestern noch eine dritte Angelegenheit von dem Herrn Abg. Dr Hitze berührt worden.
Herr Dr. Hitze sprach über die Verwaltung der Heilanstalten innerhalb der schlesischen Versicherungsanstalt. Ich habe den Artikel, der wohl auch dem Herrn Abg. Dr. Hitze Anlaß
gegeben hat zu seinen Erklärungen, ebenfalls gelesen und alsbald Veranlassung genommen, durch das Reichs⸗Versicherungsamt die Verhältnisse festzustellen. Nach dem Bericht der schlesischen Ver⸗ sicherungsanstalt muß man meines Erachtens mit Recht bei derartigen Anstalten unterscheiden: erstens die wirthschaftliche Verwaltung der Anstalt, zweitens die allgemeine Pflege der Kranken und drittens ihre religiöse Versorgung. Soweit diese 3 Richtungen der Verwaltung einer Anstalt in Frage konimen, würde das Reichs Versicherungsamt, sobald sich Mängel zeigen, wohl berechtigt sein, einzuschreiten und eine Aenderung der Uebelstände herbeizuführen. Ich glaube, die schlesische Versicherungsanstalt hat indeß ausreichend nach⸗ gewiesen, daß für die religiöse Versorgung auch der katholischen An— gehörigen in entsprechender Weise gesorgt ist. So weit aber geht das Aufsichtsrecht des Reichs Versicherungsamts nicht, daß eine
Versicherungtanstalt angehalten werden könnte, Pfleger einer ganz bestimmten Kategorie zu beschäftigen; die Pflege muß nur an sich den ärztlichen Anforderungen entsprechend sein.
Ob eg aber in einem religiös gemischten Landestheile der Billigleit entspricht, den konfessionellen Verhältnissen auch in dieser Beziehung in paritätischer Weise Rechnung zu tragen, muß man dem eigenen Empfinden der Verwaltungtorgane der betreffenden Versicherunge anstalten überlassen.
Abg. Hofmann Dillenburg (ul.): Die Stellung der Senatk⸗« n im Reichs- Versicherungtamt ist trotz der vorjährigen Re—⸗ olution des Hauses dem Range nach nicht erböht worden, und war, wie wir gehört baben, weil die vreußische Staatsregierung einer solchen Erköbung widersprochen bat. Bag Reich muß aber dech in biesem Falle der vreußischen Hierarchie vorgeben. Wärde die Stellung der entsrrechenden richlerlichen Beamten . und der Beamten bei den Previnnalbebörden bei einer sol Erboöbung berabgedrücht erscheinen, so muß eben auch bier die analoge Erböhung eintreten.
Abg. Hilbck (al.): Ich babe der Auffassung Audruck gegeben daß die Vertrauengäriie bei der ersten Feststellung der Renten auch den Patienten versönlich gesehen baben; die Person des Sanitãtetatbi Blaslug ist mir dabel gang gleichgültig. Das Hineintragen konfessie neiler Rücksichten in die Organtsation der Heilanstalten balte ich für sebr bedenklich; in Westfalen ist der Versuch des Knapvschaflewereint, im Sauerlande eine Lungenbeilanstalt in errichten, an dein Verlangen des Freiberrn von Wendi gescheitert, daß diese Anstalt von kathol ische⸗ Dberen geleitet werden sollte. Wir sind gern bereit, die Parttätt flagen der Aatbolifen ju berücksichtigen, aber damn gehört auch, daß sie die Parität da respeltieren, wo sie in der Mebrbenl sind. Aba. Stadthagen: Herr Oertel bat mir allerdings eine Freude bereitet, aber nur durch das Mißlingen seineg Versuchs, Derrn Alles. wag ich vorgetragen habe, ist za ge. richt lich sestestellt. Ven dem Derrn Blastug i dieg ja nicht der erste Fall gewesen, der Fall Fraänkel lag ja viel schlimmer. Dem KBiasiug bal dag Gutachten abgegeben, obne den Ilenelciarbeiter untersucht u Haben, und entgegen den übereinstimmenden Gutachter der Kbandelnden ernte. Derr Dertel bätte doch aug der Antwent sie auf dem Stand. punti sicke, das cine Derabsegung der Renie obne Untersachans nlemal stattbalt ei; Derr Dr. Dertel unternimmt &, aber trogdem, Derrn GBlastug jn recht fertigen. Jnjmwischen ist Profeñser Srrengel vollkemmen freigesprechen worden. Derr Dertel Htte am so versichtiger sein sellen, als das Berufung gericht sede Vcichi fertilen des Vornekeng des Prefessere Sprengel in Mbrede stellt Aa Thatsochen Hat auch nicht cin Jeta geändert; mig delle Field nnn feanen Bie rechts also nicht meßt a dem Falle dieren lenlerwatiren Herrn Masta urtbeilen. Neesicke bat selbit der Rertrauer irie al gänzlich dkerfläse Hlngestesst, wenn sie dech ar cine schemallsche Arbeit obne Gntwickelang den Fachlenntnissen ja et. füllen Deßentiih wird der Fall Blasten damn beitragen, dat gemeine fäahrtiche Srstem der Nertraucneärite ju beseitigen
Damlt schließt die Diekussion. Beim Ertraordinarinm wein der ie e Dein bard (al) anf die WMichtlalelt der 12 a Terme statidetenden internafsenalen upstelsang für deferaflre urst bin In der zweiten Lesung war die folgende Resolulten der Mag Büsing (al), Dr. Beim (Jentt] und Dr. Müller⸗ im, . (fr. Vell) ein gebrachl und diakatiert worden. Den Verrn Aer bear ler a ersachen, dar asftchtaamt per hr, aun sanesler den F il de Meeder über dr
priwaten Versichzrungsunternehmungen vom 12. Mai 1901, gnt⸗ sprechend der Absicht der per gere ge. gets , dahin zur An. endung zu bringen, daß durch denselben die Zillmer sche Methode obligatorisch für zulãffig erklärt worden ist.“
Staatssekretär des Innern, Staats⸗-Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Meine Herren! Ich muß Sie dringend bitten, diese Resolution abzulehnen, die, wenn sie angenommen würde, eine Einmischung in die richterliche Thätigkeit des Aufsichtsamts für Privatversicherung bedeuten würde. Darüber, in welchem Umfang die Zillmer'sche Methode angewendet werden darf, entscheidet nach 5 73 des Gesetzes das Aufsichtsamt für Privatversicherung auf Grund mündlicher Berathung in der Besetzung von drei Mitgliedern, einschließlich des Vorsitzenden, unter Zuziehung von zwei Mitgliedern des Ver— sicherungsbeiraths. Gegen diese einen richterlichen Charakter tragende Entscheidung ist nach 5 74 der Rekurs zulässig, und über diesen entscheidet wiederum das Aufsichtsamt für Privatversicherung in der Besetzung von drei Mitgliedern, einschließlich des Vorsitzenden, unter Zuziehung von zwei Mitgliedern des Versicherungsbeiraths, sowie eines richterlichen Beamten und eines Mitgliedes des höchsten Verwaltungsgerichtshofes in einem deutschen Bundesstaat. Es wird also über die Frage, in welchem Umfange das Zillmer'sche Verfahren angewendet werden darf, bei der Konzessionierung von Gesellschaften durch zwei verschiedene Instanzen entschieden, die einen richterlichen Charakter tragen, und deren Entscheidungen dementsprechend Rechts- sprüche sind. Ich halte es aber nicht für zulässig, daß eine politische Versammlung durch eine Resolution einen Einfluß auf die Ent— scheidung richterlicher Instanzen zu üben sucht.
Die Resolution wird abgelehnt.
Damit ist die Berathung des Etats des Reichsamts des Innern beendet.
Es folgt der Etat für die Verwaltung des Reichsheeres.
Unter den einmaligen Ausgaben des ordentlichen Etats sind in zweiter Lesung 167 552 6 zu baulichen Aenderungen und zur Ausstattungsergänzung des Bekleidungsamts des Garde⸗-Korps, voller Bedarf, gestrichen worden.
Abg. Dr. Stockmann (Rp.) beantragt nunmehr, 154 000 (.
zum Erweiterungsbau beim Bekleidungsamt des Garde-Korps in Berlin, voller Bedarf, zu bewilligen.
Staatssekretär des Reichs-Schatzamts Freiherr Thielmann:
Meine Herren! Die Angelegenheit, betreffend das Bekleidungsamt für das Ostasiatische Expeditionskorps, hat Sie bereits in der Kommission und in der zweiten Lesung beschäftigt. Die verbündeten Regierungen hatten bei der zweiten Lesung noch nicht Stellung zu dem Antrage des Herrn Abg. Dr. Stockmann genommen, welcher zur dritten Lesung unter Nr. 36 der Drucksachen Ihnen hier vorliegt. Ich erkläre namens der verbündeten Regierungen, daß sie damit ein⸗ verstanden sind, daß, dem Antrage Dr. Stockmann entsprechend, der Erweiterungsbau beim Bekleidungsamt des Garde⸗Korps in Berlin, voller Bedarf mit 1594 000 S, beim Etat für die Verwaltung des Reichsheeres eingestellt werde.
Ich wollte dies bereits jetzt erklären, damit, wenn der Titel an die Reihe kommt, das hohe Haus bereits informiert ist.
Abg. Gröber (Zentr.): In der zweiten Lesung sind wir bei Be— sprechung des Falles Krosigk von der Voraussetzung ausgegangen, daß die Erbebungen, welche der Gerichts herr erster Instanz versönlich vor⸗ genommen hat, in die Zeit fielen, nachdem eine formelle Untersuchung gegen die Unteroffiziere Marten und Hickel eingeleitet worden war. Ich habe mich durch eine Unterredung mit dem früheren Gerichtsherrn Generalleutnant von Alten überzeugt, daß diese Voraussetzung eine irrige gewesen ist. Ich balte mich für verpflichtet, dies hier zu er llären. Jene Erhebungen baben stattgefunden, als ein Verdacht gegen bestimmte Personen noch garnicht vorlag. Erst längere Zeit darauf hat sich der Verdacht allmählich konzentriert. Für den Ge— richteberrn war die Nothwendigkeit einer persönlichen Erbebung dadurch geboten, daß der Verdacht nicht fern lag, es hätte jemand die alten Patronen benutzt, der länger beim Regiment war. Es handelte sich nun darum, festzustellen, ob ein Vorrath solcher alten Patronen vor- handen war, und daß sie jemand sich verschaffen konnte. Zu diesem Zweck hatte sich der Gerichte berr die Regimenteskammer zeigen lassen, und aug demselben Grunde batte er bei einer Reibe von Unteroffüüeren ibre Wohnungen durchsuchen lassen. Bei dieser Gelegenheit ist es auch ju einer Besprechung mit der Mutter des Marten gekommen, und da bat er die Mittheilung erbalten, die er zunächst nicht für erbeblich gebalten bat, die sich aber später als wichtig erwies. Stand somit sest, daß jene Erhebungen zu einer Zeit vorgenommen wurden, wo ein bestimmter Beschuldigter noch garnicht vorbanden war, so wird an der juristischen Beurtheilung des Falles selbst nichts geändert. Die Militär ⸗Strafgerichtgordnung schreibt vor, daß, sobald der Gerichts berr darch eine Anzeige oder auf anderem Wege den dem Verdacht einer strafbaren Handlung Kenntniß erbält, er ibebungen zur Feststellung des Thatbestandeg anstellen zu lassen, eine Untersuchung einzuleiten bat. Auf diese Untersuchung findet dann die Bestimmung des 5 167 Inwendung, wonach der Gerichtsberr nicht befugt ist, an den Unter⸗ sachungabandlungen tbeiljunebmen. Uebrlgeng fi die gesetzliche Be hmmmung, welche in der Praxis solche Schwierigkeiten herbeigeführt bat nicht vom Reichetag, sendem von den verbündeten Regierungen Tre chlagen worden, und der Neichetag bat daran feinen größeren Anibeil, alg daß er dieser Fassung seine Zustimmung gegeben bal. Abg. von Cjarlineki (Pole) bringt inen Geschwerdesall sur Tracht, nach Cem einem Serpeanten durch seinen Oberften der der Ctebelichung bezüglich der Schreibung seineg Nameng Schwierig⸗ leiten gemacht worden sejen, welche wicterbolte Verjönerung des feier. lichen lieg jur Folge gebabt bätien. Ferner beschwerl er sich daruber, daß den polnischen Soldaten beim Verlehr mit einander der Gebrauch der velnischen Syrache untersagt werde und Uebertretungen mit scbreren Strafen geabndet warden.
Aba. Zubeil (Se) lemmt auf die Tantinen- Frage larüc. Der Generalkhächier Vogel, der Besiget des Svatenbräus, babe za. eiche Militärkantinen Ferachtet und lasse sie durch angenemmene
sonen verwalten; so habe er auch die Ranttaen auf m Schieß ˖ aß Doberiz erhalten und die Erlaubaiß bekemmen, ein Untere sfiter- Tastuo dert ju errichten. Die abrig bieibenden Srelsen vom Spatentäu leizrn in diese Kaniinen, auch in die Pestfanttacn geliefert werden elch e Bert (benfalle geredet Hake. Bie Werwalfung bake doch e icht, jede Kantine clnkesn ju derrachten. Auf dem Schief laß derrsche die grö Mißmirtb haft. , Aba Gäbel (Mesermm) kalt sich far verrflii&zet, auf Graud aer clecnen Krenntalß der Verbältnlsse nechmall auf den Fall . lar nchiulommen Misßbartianqe re. Nanneh scien ibal-
c wergrkemmen. Due el um so Glimmer, ena der Mann — beschrnki geresen ses er batte daan derrelter Rickscht
von
uf eine Anfrage des Abg Jakodetötter (d kon) er ae . 9 bg.
ö Nirefter ten Rriern- Mialsterslam, Genecralaaser den Gigaem, 2 die Lirferuag der Hefleldangharaenst laden durch der brian — 22 seyt auf der Pöbe stebe, und daß die Werwaltang beffe,
. benden Neibsfaad durch greher Nasträge mildern belfen ja
Abg. Stadt hagen bebauptet, daß der schon erwähnte Soldat, welcher die Che dan, ablehnte, wegen Nichtbefolgung des NMinisterialerlasses, wonach jede Bethätigung sozialdem gkratischer Ge⸗ sinnung bei Strafe verboten sei, mit drei Tagen Arrest bestraft worden sei, obwohl er gar nicht den Militärgesetzen unterstanden und sich gar nicht im Dienste befunden habe. Die Medaille werde also den Leuten aufgedrungen; wer sie nicht annehme, werde bestraft. Solche Handlungsweife könne die Hochachtung vor, derartigen Aus. zeichnungen gewiß nicht erhöhen. Es sei doch ein himmelschreiendes Unrecht, wenn ein Reservift wegen Bekundung der Wahrheit als un— ehorsam gegen eine kriegsministerielle Ordre in Strafe verfalle. Der riegs⸗Minister habe dazu kein Recht. (Lärmende Unterbrechung auf der Rechten. Aus dem Erlasse ... (Erneute Unterbrechungen; Vize⸗ Präsident Graf zu Stolberg⸗Wernigerode bittet, die Zwischen⸗ rufe zu unterlassen Redner dankt dem Präsidenten für diese Unter— stützung. Der Kriegs-Minister könne doch kein Recht haben, zur Be— kundung der Unwahrheit aufzufordern. So lange die Sozialdemo⸗ kraten den Haupt- und Grundbestandtheil des Heeres darstellten, dürften Erlasse nicht ergehen, welche dahin führten, daß Leute bestraft werden könnten nur deswegen, weil sie die Wahrheit sagten, und die Wahr— heit stehe höher als die Erlasse des Kriegs⸗Ministers; er müsse der Wahrheit die Ehre geben.
Direktor im Kriegs-Ministerium, Generalmajor von Tippels⸗ kirch: Es ist in dem Falle kJ worden, der Fall ist noch nicht abgeschlossen. Daß der Mann z. 3. seines Vergehens unter der militärischen Disziplin stand, darüber ist kein Zweifel.
Bei den Ausgaben für die militär⸗technischen Institute behauptete der
Abg. Zubeil, daß ein Oberleutnant Holtermann Gegenstände, welche fich in der Pulverfabrik befanden, gefüllte Spiritusflaschen, Besen u. dergl., durch den Arbeiter Heisner nach Berlin zu seinem Schwager habe fahren lassen. Der Arbeiter habe am 20. März 1901 den Oberleutnant denunziert und eine große Zahl von Zeugen angegeben. Am 2. April sei ihm von der Direktion der Yin fen rl erklärt worden, alles von ihm Angegebene sei erlogen. Der Arbeiter habe an Rheumatismus gelitten; am 3. April habe er sich krank gemeldet und wenige Tage spaͤter seine Kündigung erhalten. Er habe diese nicht angenommen, weil sie den e e fte der Arbeitsordnung nicht ent⸗ spreche. Er sei auf Aufforderung bereit gewesen, sofort ins Kranken⸗ haus zu gehen, habe aber noch einige Tage warten wollen, um seine Familienangelegenheiten zu ordnen. Er habe keinen Bescheid erhalten, aber wenige Tage später habe ihm der Vorstand der Krankenkasse ge⸗ schrieben, daß ihm alle Ansprüche ganz abgesprochen würden. Gegen diesen unbedingt zu Unrecht erfolgten Beschluß schwebe das Verfahren noch in der Berufungsinstanz; er hoffe, in seine gesetzmäßigen Rechte wieder eingesetzt zu werden. Am 30. Juni 1901 habe er beim Kriegs⸗ Ministerium angefragt, ob Strafantrag gegen ihn gestellt sei; er nehme an, daß die Direktion einen Racheakt gegen ihn verübt habe. Am 2. August habe er nochmals deswegen angefragt. Inzwischen sei der Oberleutnant nach Hanau versetzt worden. Nachdem so schwere Beschuldigungen er⸗ hoben worden, haͤtte doch das Kriegs⸗Ministerium alle Veranlassung gehabt, gegen den Arbeiter wegen schwerer Verleumdung Anklage zu erheben. — In der Geschützgießerei in Spandau sei neuerdings eine Revision angekündigt worden. Am Sonntag habe man es schon ge⸗ wußt, daß sie am Dienstag stattfinden sollte, und in fliegender Hast sei alles spiegelblank gemacht, die feblenden Spinden für die Arbeiter beschafft und sogar eine Wasserleitung angelegt worden. Wenn man Revisionen vornehmen wolle, dann dürfe doch niemand vorher etwas davon erfahren.
Direktor im Kriegs. Ministerium, Generalmajor von Einem: Der Fall des Arbeiters Heisner ist mir gegenwärtig als zu weit zurück= liegend nicht genau mehr in Erinnerung. Ich erinnere mich nur, daß ähnliche Dinge allerdings vorgekommen sein sollen. Es ist damals seitens des Nriegs⸗ Ministeriums die Feldzeugmeisterei angewiesen worden, der Sache näher zu treten. Soweit 1 mich erinnere, hat die Feldzeugmeisterei gesagt, es sei eingehend darauf eingegangen worden, die Anschuldigungen des Arbeiters bätten sich aber als zu weit gehend ergeben. Infolge dessen war man der Ansicht, man solle gegen den Arbeiter irgend ein Verfahren nicht einleiten. Aber ich weiß aus dem Kopfe nicht mebr so genau Bescheid, ich will die Sache noch einmal untersuchen, um eine präzisere Antwort zu geben. Das bobe Haus kann versichert sein, daß, wenn in dieser Beziehung Fehler gemacht sind, man sie reparieren kann, und das soll geschehen.
Abg. Pauli Potedam (b. F. F.) bebt den Augfübrungen des Abg. Zubeil in der zweiten Lesung gegenüber bervor, daß er selbst den Empfang von drei Arbeitern der Spandauer Militärwerkstätten beim , , Gerner vermittelt babe, und widerspricht dann im Einzelnen den damaligen Ausführungen des Abg. Zubeil. Arbeiter der Militär- werkstätten batten ibm geschrieben, wenn Herr Zubeil sich rübme, das Kolonnensystem abgeschaft zu baben, so bedauerten sie, daß er das ge⸗ than babe; denn die Ansichten darüber seien andere geworden, und die Arbeiter würden sebhr gern zu dem alten Spstem zurücklebren. Angesichti der gestiegenen Löhne und der Woblfabrtsinrichtungen müsse man saqen, daß Herr Zubeil die Zustände falsch dargestellt babe. Die Arbeiter wollten von Verrn Zubeil garnichts wissen; denn sie sagten, die Herren * und Genossen bewilligten a überbaurt keinen Groschen für den Militäretat. Der Abg. Jubeil habe sich auch auf Versammlungen von Arbeitern berusen. Die Arbeiter bätten ibm Medner) aber mitgetbeilt, daß in der betreffenden Versammlung kein einziger Arbeiter der Milsärwerkstätten, sondern nur Arbeiter aus Pripat betrieben gewesen seien, deren Beschlüsse man dann aber als Beschlüsse der Arbeiter der Militarrerfstätten hinstelle. Auch die Aufseber in den Gescheßwerkstatten Abg. Jubeil alg Unwabrbeit erklärt Sotialdemokraten könnte gar kein Gegner zu geben wagen. Er käme nie zum Wort und würde niederßeschrieen. Die nene Lobn⸗ ordnung trage den Spandauer Verbällnissen Nechnung; daß sie ven den Sejlaldemokraten nicht ut gebeißen werde, sei ei bitrersthndiich. Die Löhne könnten nech so boch sein, jene würden sie bemängeln Die Löhne seien nach der jetzigen Lebnerdnung gegenüber densenigen von 1897 in der 1. Tlasse von G6 auf 7 A. in der 2 ven J auf 6 gesteigert werden. Dag Kriegg ⸗ Ministerinm habe alse alles gethan, um die Arbeilerschaft a beben. Die Retriebeschreiber bätten ihm. Redner, mit 783 Unterschriften far sein Gintreten gedankt und bre Gntrũstung auggesprechen, daß der Aba. Jubell unebebelter Weise sih ibrer Sache angenommen babe Sie hätten bm weder cinen Auftrag noch aterlal gegeben. Nedner bebt schließlich die Wohl. sabrteclnrichtungen bewer und bemerkt, daß er bei der nächsten Wabl eg Jubeil und KFonserten wieder darchkemmen werde.
ba. Zub eil Die Arbeiter sind jafrieden, daß das olennen. system besesilgt it. Ja melnem Auftreten für die Betriebeschreiker bln ich ven diesen auedrücklich aufgeserdert werden; Herr Mali ist düpiert werden. Derr Pauli bat ven der Arkelterdersammlung in ciner Wee gesrrechen, die cine schrer Verleumdang entbält Vrasident Geas don Ballesttem See dürfen einen Abeeerdneten nicht beschaldigen, daß er eine Verlenmdun 42 bat icͤh mse Sie ur Drdnung ! Mü den Weblfakrtreinrichtungen la Spandau Is; ee gigentbamlich bestelll. ibi man dech segar die Meseng daa. Die Laterne Ja dertkeidigen, Labe ich keine Veranlassang. Diese wird dem Verredaer chen elk die nen. wendige AUnfmerl geben. Vert Paull fagte, er werde chen gewählt werden, e femme nnr daran an, eb er die Wabl anche Nn ich glaube, die Trauen ad ka ja faner viellciht ill er sich durch die Nichtannabrae elaen Meinfall ersparen. Briefe Hennte ich
ibm z 3 — jar Verfügang ella aber ich nürde mich baten, mir Briese Ichreiben za lafen, deren Uaterschriften auf Schleibrenen erwerben sind.
Aba Pauli- Vesedara Mh abe eee Griese naansfeferdert er- balkea. ert Jebels ird art icht = eabken, n e, alaube ea e ber Me RBetrekeschreiker rant dal. Der Nelafall ni auf Sie jarnck Dare in die Men — der Wetallar better a geben, bal mir me, Verler, Derr al, heerarken, e ne
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kann mich kalt lassen. Für Sie können die Trauben auch einmal sauer sein. Sie sind ja auch nur in der Stichwahl gewählt worden. Lassen Sie das meine Sache sein; wenn ich einmal kandidieren will, dann ist der Wahlkreis mein.
Abg. Zubeil: Ich kann mit einem Mann nicht streiten, der außerhalb des Hauses die Noth der Arbeiter, die Arbeitslosigkeit in der bekannten Weise bespricht.
Präsident Graf von Ballestrem: Herr Abg. Zubeil, Sie meinen 23 nicht ein Mitglied des Hauses?
Abg. Zubeil: Nein.
Im Extraordinarium kommt nunmehr der schon erwähnte Antrag Stockmann zur Verhandlung: 154 000 6 zum Er⸗ weiterungsbau beim Bekleidungsamt des Garde⸗Korps in Berlin einzustellen. Die Forderung war ursprünglich für die Be⸗ satzungs⸗-Brigade in Ost-Asien bestimmt worden, die Kommission hat den Antragsteller beauftragt, die Ausgabe zu dem mit⸗ getheilten Zweck zu beantragen. Der Antrag wird angenommen.
Der Rest des Militär-Etats wird ohne Debatte erledigt.
Bei dem Etat des Reichs⸗Marineamts macht der
Abg. Dr. Süde kum (Soz.) auf eine Verfügung aufmerksam, worin von den Schiffsbau⸗Ingenieuren das . verlangt werde. Ein Schiffsbauführer habe sogar seine Staatsstellung aufgeben müssen, weil er das Examen nicht habe ablegen können.
Direktor im Reichs⸗Marineamt, Kontre⸗Admiral Diederichsen: Diese Verfügung besteht schon seit längerer Zeit. Es ist selbstver⸗ ständlich, daß Ingenieure, die zur See gehen, seetüchtig sein müssen. Abg. Dr. Sü de kum: Ich vermisse eine Aufklärung darüber, ob Ingenieure, welche wegen körperlicher Gebrechen nicht haben Offizier werden können, entlassen worden sind.
Direktor im Reichs⸗Marineamt Kontre⸗-Admiral Diederichsen: Meines Wissens ist deswegen kein Ingenieur entlassen worden.
Abg. Singer: Der Regierungsvertreter hat immer noch nicht darauf eine Antwort gegeben, ob von denjenigen Ingenieuren, die in die Marine eintreten, der Nachweis verlangt wird, daß sie Reserve⸗— leutnants sind. .
Direktor im Reichs⸗Marineamt, Kontre-Admiral Diederichsen; Die Ingenieure treten mit den Kadetten zugleich ein, werden mit ihnen Offiziere und dann Baumeister. —
Bei den Ausgaben für den Werftbetrieb behauptet der
Abg. Lr; Südekum, daß in diesem Betrieb schwarze Listen über die Arbeiter geführt würden, in welchen sich merkwürdige Prädikate wie „niederträchtig“, „faul? Ac. befänden. Diese Kennzeichnung habe sich auf alte Arbeiter bezogen, die 25, 28 Jahre in der Werft beschäftigt gewesen seien. Solche schwarzen Listen seien zwar ein gutes Agitationsmittel für die Sozialdemokratie, aber sie entsprächen sehr wenig dem Ehrentitel, den die Kaiserlichen Werften für sich in Anspruch nähmen, daß sie Musteranstalten seien. Geheimer Admiralitätsrath im Reichs⸗Marineamt Harms; Die älteren Arbeiter konnten nicht beschäftigt und es mußte gekündigt werden, was rechtzeitig geschah. Es ist eine Liste aufgestellt worden von denjenigen Arbeitern, welche zunächst entlassen werden mußten. Der Obermeister hat eine Anzahl gestrichen; es befanden sich zuletzt auf der Liste nur die Leute, welche ein bis drei Jahre thätig waren. Die Entlassung war aber überhaupt nachher nicht mehr k Wäre sie eingetreten, so hätte sich erst die obere Instanz mit der Liste beschäftigen müssen, sodaß jede nur denkbare Garantie geboten war, daß keine Ungerechtigkeiten vorkamen.
Abg. Dr. Südekum: Die Listen haben die Kontrolinstanzen durchlaufen und diese haben die Bemerkungen zu den Namen ge⸗ schrieben, u. 4. „‚Aufwiegler“. Eine solche Bezeichnung kann hin⸗ geschrieben werden auf jede gemeine Denunziation hin, oder wegen Uebelwollens der Meister. erade die alten Arbeiter beklagen sich darüber, daß sie in diesen Proskriptionslisten so gebrandmarkt worden sind. Der eine von ihnen ist ein guter Patriot.
Der Marine⸗Etat wird angenommen.
Gegen 6 Uhr wird die weitere Berathung des Reiche⸗ haushalis⸗Etats auf Donnerstag 1 Uhr vertagt.
Höhe der Schneedecke in Zentimetern am Montag, den 10. März 1902, um 7 Uhr Morgens.
Mitgetheilt vom Königlich preußischen Meteorologischen Institut. (Stationen nach Flußgebieten geordnet.) Oestliche Küstenflüsse.
Memel (Dange) 3. Tilsit (Memel) 2, Gumbinnen 1. Inster⸗ burg (Pregel) l, HVeilsberg (Pregel) 0, Königeberg i. Pr. (Pregel) 0. Weichsel.
GCzerwonken (Bobr, Narew) 4. Marggrabowa (Bobr Narew) 6, Klaussen (Pissa) 2. Neidenburg (Wera) 0
Dsterode (Drewen) O, Altstadt (Drewenz) 2, Konitz (Brabe) Bremberg (Brabe)
1 — 54 . * * . . — ** * Grauden; Berent (Ferse) 1. Marienburg (Nogat) 0, Vopvenderf (Mottlau) I.
* kr 2 3 8
Kleine Flüsse nwischen Weichsel und Oder
1 1 mi . 2 al een a klIlerr * 21 2 Lauenburg i. P. (Leba) 2, Köelin (Müblenbach Schirelbein
1111 n (Rega) 4
Schillers dersf 3. Ratibor 1. Beutben (KAlednin 4. Drreln 1,
HSabelschwerdt (Glatzer Neisse) 4. Brand (Glatzer Neisse) 09. Neinern (Glatzer Neisse) 10. Glagß (Glatzer Neisse 7, Görbere der (Glaßer
Neisse) 185. Friedland Glaßer Neisse 15. Weigeleder (Glaßer
2 2 ö 2 = 1 ) . z Neisse 10. Nosenberg (Steber) 2. Breslau 1 Viegnid (Raßbach 3. Fraustadt (Landgraben) 1 Schwarmin 2. Grünbkerg T. Trumm-
bubel (Beber) 18. Wang (Beber 42. Gichberg (Beer 8. Schreiberbau
(Beber) 0. Warmbrunn (Beber) 4 Bunzlau (Bebber 3. Görlin Vausiher Neisse) 7. Frankfurt 5. Ostrewe (Marthe 0 Posen (Wartbe) 0. Tremessen (Wartbe) l. Samter (Wartbe) 1 Parretich (Wartbe] Neustettin (Wartke) 1. Deutsch rene Wartbe) 1, Landeberg ¶ Wartbe) Stettin 1. Pammin (Ibna] Prenzlau — Mecker) , Demmin (Perne) 0 Kleine Flüsse jwischen Dder und Glide Greifewald Puthag 3. Güstren (Garnen) 3, Mete (Warner) 0. RNirchderf auf Porl 8d. Seneberg TTrane)] 2 abe (Trare] 2. Gutin (Schwentine) 4 lön Schlee ig (Schlei 2 E nm Flengburg 1. Gramm (Fladsau Westerland auf Selt 2. Wel auf Föhr 1. Vasum 0. Melder 0 Gilde Tergau . Reßlau (Resßlan] 1. Dessaua (Mulde) O0. Scheibe — 2 — — — (Saale) 109. Neubaus a. R. BDaale) 21. ena (Saale) 0 Stadtilm (Saale 1. Dingelstädt (Saale 2. Ichteretbansen (Coaanle
Grfurt ¶ Saale) 0. Seadertbansen (Saale 1. Nerz bauen (Saale) 1. Greij (Soale) b. Mlitenbkurg Saalech 0. Valle (Saale 1. Miester- mand eld (Saale? 1. Bernkarg (Saale 0. Glan [Saale O. Brecken ¶ Saale] 3. Quedlinburg (Saale 2 Varkerede Sanle 5
Magde barg 0. Neustrelih (Varel 4. Teniker (Hare) 2 Dab Varel Gerlin (are! lanfenbarg be ea (are 4.
vandan (Varel 2. Wlieta-Qerren (Varel. PVegfdam (Ware 1. Brandenberg (Bere) 4. Gel (Were 2. Derr n X Gardelenen Uliaad IJ. Waren Gies d. Warez (Glde d GScdrermn
Glde d. Deen iz (Glde 2 Uelen (Ilmraau] 9 Vleckarg (Meraanu] O Nenam after (Eizr] 1. Brererderde (Oe) o weer
Echarr entkel (Mrra] Migprn bas ten (Werra Falda (Gal da]
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