Deutscher Reichstag. 188. Sitzung vom 6. Mai 1902. 1 Uhr.
Am Tische des Bundesraths: Staatssekretär des Innern, Staats-Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner.
Zur dritten Berathung steht zunächst der Gesetzentwurf wegen Abänderung des Gesetzes von 1896, be⸗ treffend die Kaiserlichen Schutztruppen in den afrikanischen Schutzgebieten und die Wehrpflicht daselbst. Nach der Vorlage soll der 5 18 des angezogenen Gesetzes folgende Fassung erhalten:
„Durch Kaiserliche Verordnung wird bestimmt, in welchen Schutzgebieten und unter welchen Voraussetzungen wehrpflichtige Reichsangehörige, die außerhalb Eurcpas ihren Wohnsitz haben, ihrer aktiven Dienstpflicht bei den Schutztruppen Genuͤge leisten dürfen.
Abg. Dr. Hasse (nl. beantragt, den Satz die außerhalb Europas ihren Wohnsitz haben“ zu streichen, und bezieht sich zur Be— gründung auf seine Ausführungen in erster Lesung.
Nachdem ein Vertreter der Militärverwaltung erklärt hat, daß grundsätzliche Bedenken gegen den Antrag nicht vorliegen, wird derselbe angenommen und das Gesetz in der so abgeänderten Fassung endgültig genehmigt.
Darauf wird die erste Lesung des Vertrags, betreffend die Behandlung des Zuckers, und des Gesetzentwurfs wegen Abänderung des Zuckersteuergesetzes fortgesetzt.
Abg. Lucke (b. k. F. zur Geschäftsordnung: Nachdem der Abg. Bebel gestern das dringende Bedürfniß betont hat, daß die dem Reichs— tage vorliegenden Petitionen noch erledigt würden, beantrage ich die Ab⸗— setzung des zweiten Gegenstandes von der Tageserdnung und den Eintritt in die Berathung der Petitionen.
Abg. von Kardorff (Rp.): Nachdem wir uns im Senioren— Konvent über die Geschäftslage ausgesprochen haben und der Präsident in Aussicht gestellt hat, im Juni die Brennsteuervorlage auf die Tagesordnung zu setzen, und eine Verständigung darüber als vorhanden angesehen werden darf, daß von einer unlauteren Obstruktion seitens aller Fraktionen Abstand genommen wird, möchte ich den Abg. Lucke bitten, seinen Antrag zurückzuziehen.
Abg. Lucke: Wenn es richtig ist, daß auf der Linken eine Ob— struktion keiner Art gemacht werden wird, bin ich bereit, den Antrag zurückzuziehen, ein solcher Widerspruch ist nicht erfolgt, ich ent⸗ nehme daraus, daß die Herren auf der Liuken von einer solchen Absicht Abstand genommen haben.
Abg. Bebel: Was soll eine solche Herausforderungsweise? Bis jetzt ist von der sogenannten Obstruktion bei uns noch keine Rede gewesen. Wir haben uns streng innerhalb der Regeln der Geschäftsordnung gehalten, und wir werden das auch künftig thun. Damit ist in keiner Weise gesagt, was wir bei der Berathung der Branntweinsteuervorlage thun oder nicht thun werden. Ich bab im Senioren-Konvent erklärt, daß wir mit dem Vorschlage des Präsidenten, am 3. Juni die Branntweinsteuervorlage auf die Tagesordnung zu setzen und nach dieser die Zuckersteuervorlage, vollständig einverstanden sind. Mehr kann ich nicht erklären. Wenn nun Herr Lucke sich auf meine gestrigen Ausführungen berufen hat, so ist dies seltene Ent gegenkommen ja sehr liebenswürdig von ihm, aber ebenso selbst— verständlich ist, daß erst die Zuckersteuervorlage, in der wir ja mitten drin stebhen, unter allen Umständen vor den Petitionen zu Ende ge— fübrt wird.
Abg. Dr. Barth (fr. Vgg.): Das Vorgehen des Herrn von Kardorff ist das denkbar unxraktischste. Wenn er eine zustimmende Erklärung von allen Seiten des Hauses wünscht, daß der Beratbung der Branntweinsteuer eine, wie er es nennt, unlautere Obstruktion nicht gemacht wird, so e ja jede Partei, die eine zustimmende Erklärung abgäbe, damit zugeben, daß sie in der Vergangenheit irgend einmal eine solche gemacht oder doch geplant hätte. Das müssen wir von dieser Seite durchaus ablehnen
Abg. Ton Kardorff: Unlautere Obstruktion nenne ich, wenn das Haus beschlußfäbig ist und durch willkürliches Hinausgeben einer großen Anjabl von Mitgliedern beschlußunfäbig gemacht wird. Wenn Sie (nach links) darauf nicht verzichten wollen, wie mir nach der Rede des Herrn Barth scheint, so würden Sie auch
ingen, auf dieselbe Praris einzugeben, und das würde schnell Wir setzen bei zranntweinsteuervorlage nament- wir können niemand
4 — 51 Gwlußfabig
würde wurd
.
dann ol lußunfahig
wenn er seinen Willen nicht durchsetzt, und sein Freund Lucke hat ja damit schon begonnen, denn diese ganze Debatte hält doch nur unsere Geschäfte auf und ist ein Obstruktionsmansver.
Abg. Lucke hält seinen Antrag aufrecht.
Präsident Graf von Ballest rem: Ich muß mein tiefstes Be⸗ dauern darüber aussprechen, daß, nachdem noch nicht eine Viertelstunde vergangen ist, seitdem Vertrauensmanner aller Parteien dieses Hauses über die fernere Geschäftsführung sich mit mir geeinigt haben, sofort eine Störung eintritt. Ich weiß wohl, daß die Herren, die an der Besprechung theilgenommen haben, nicht absoluten Einfluß haben können auf alle ihnen nahestehenden Mitglieder, aber trotzdem kann ich nur das tiefste Bedauern darüber aussprechen, daß unsere Geschäfte durch ein solches Vorgehen gestört werden, nachdem alle Parteien sich einig geworden waren. .
Abg. Lucke; Ich muß ebenso sehr mein Bedauern darüber aus— sprechen, daß gestern, nachdem wir alle gebeten hatten, die Brannt— weinsteuer auf die Tagesordnung zu setzen, die Linke es verstanden hat, das zu verhindern. Deshalb halte ich meinen Antrag aufrecht. Das andere wird sich weiter finden.
Abg. Richter: Wir haben gestern nur bezweckt, den Vorschlag zur Geltung zu bringen, welchen der Präsident gemacht hat, der doch als über den Parteien stehend angesehen wird. Nur durch die An— zweiflung der thatsächlich nicht vorhandenen Beschlußfähigkeit ist es möglich geworden, die Autorität des Präsidenten in dieser Geschäfts— ordnungsfrage zur Geltung zu bringen. Nur weil das Bestreben vor— lag, die Zuckersteuerdiskussion unnatürlich abzukürzen und die Brannt— weinsteuer in zwei Tagen durchzupeitschen, sind wir so vorgegangen.
Pröäsident Graf von Ballestrem: Die Unterstützung des Herrn Richter werde ich stets dankbar anerkennen, aber auch dann, wenn sie mir nicht zu theil wird, bin ich durchaus in der Lage, meine Autorität selbst zu wahren.
Abg. Dr. von Levetz ow (d. kons.): Auf der linken Seite haben sich gestern eine ganze Menge Herren entfernt. Solches Verfahren kann die Verhandlungen hier überhaupt unmöglich machen. Wenn das auf der (links) Seite öfter vorkommt, dann wird es nothwendig sein, auch auf dieser Seite es ebenso zu machen, und wer dabei ruiniert wird, werden Sie sich selber sagen. Wir wünschen übrigens, es für heute bei dem Vorschlage des Präsidenten zu belassen.
zor der Abstimmung über seinen Antrag bezweifelt der Abg. Lucke die Beschlußfähigkeit des Hauses. Es erfolgt der Namensaufruf. Es sind 133 Mitglieder anwesend, waͤhrend zur Beschlußfähigkeit 199 gehören. Das Haus ist mithin nicht beschlußfähig, die Sitzung muß abgebrochen werden.
. Präsident setzt auf X Uhr eine neue Sitzung an mit der Tagesordnung: Fortsetzung der ersten Lesung der Zuckersteuer⸗Vorlage.
Schluß 2 Uhr 25 Minuten.
184. Sitzung vom 6. Mai 1902. 23 Uhr.
Am Tische des Bundesraths Reichskanzler Graf von Bülow, Staatssekretär des Innern, Staats-Minister Dr. Graf von Pasadowsky⸗Wehner, Minister für Handel und Ge— werbe Möller, Staatssekretär des Auswärtigen Amts Lr. Freiherr von Richthofen, Staatssekretär des Reichs— Schatzamts Freiherr von Thielmann.
Die erste Lesung des Entwurfs eines Süßstoff gesetzes wird fortgesetzt.
Abg. Dr. Barth fir. Vgg.): Der Reichskanzler, den wir ja nicht allzu bäufig zu seben das Vergnügen baben, war gestern mit verschiedenen Staatssekretären erschienen. Daraus ging schon hervor, daß man die erste Lesung der Zuckersteuervorlage als eine große Altion ansah. Die Parteien, die sonst die Gefolgschaft der Regierung bilden, baben bei dieser Vorlage vollständig versagt; seit 20 Jahren ist ein solcher Vorgang nicht zu konstatieren gewesen. Selbst das Zentrum stellte unmittelbar nach dem Appell des Kanzlers den Antrag auf Kommissionsberathung. Dieser Vorgang ist so ungewöhnlich und so wenig rücksichtsvoll auch gegen den Relchs kanzler, daß man die Ursachen etwas näber beleuchten muß. Herr don Karderff meinte, weder Freund noch Feind sei in der Lage, sich ein Urtbeil über die Vorlage zu bilden
sich ein Urtbeil
Mentee wm 2 w— 186 gegeben bei denen die Möglichkl geben w vie bei dieser Dutze —
en von nien
eigenen Lande durch Herabsetzung der Konsumabgabe. Wir werden dez halb, sobald es die Finanzlage nur einigermaßen gestattet, ie weiteren Herabsetzung sehr gern zustimmen, aber dazu werden w uns nicht hergeben, durch eine stürmische und überstürzte Herab, setzung die ganze Konvention zu gefährden. Wir lehnen es ab, der artige Pläne durch unsere Unterstützung zu fördern. Ich hoff. daß wir in rascher Zeit mindestens guf 12 46 herabkommen werden. Aber das ist z. Zt. eine Perspektive der Zukunft jetzt kommt es darauf an, die Brüsseler Konvention unter Dach und Fach zu bringen. Die Ratifikation muß so bald wie möglich er, folgen, weil die Industrie im allgemeinen viel weniger, als die Interessenten am Zufkerring, betroffen wird. Dieser Ring ist eigentlich derjenige, de jetzt büßen muß für seine Sünden, für die Machinationen, die er au dem Gewissen hat. Er hat die Preise unnatürlich heraufgesetzt fun den Inlandzucker, und die Uveberproduktion hat er noch gesteigert und so nach zwei Seiten aufs schlimmste gesündigt durch Steigerung der Produktion und Herabsetzung der Konsumtion. Durch die Herab' ctzung des Ueberzolls wird dem Zuckerring das Rückgrat gebrochen. Das ist das Wesentlichste an der ganzen Vorlage; denn die Kartell. prämien sind ja viel höher. Der Kartellnutzen war außerdem nur den vierten Theil so groß wie der Schaden, der den Konsumenten urch die Kartellpolitik zugefügt worden ist. Bei einem Ueberzoll von 6 Fr. kann das Kartell nicht mehr weiter bestehen. Der ganze Weg der vrotektionistischen künstlichen Preissteigerung war ein unglück seliger; die deutsche Regierung sollte stolz darauf sein, die Konvention mit zu stande gebracht und auch einmal der Vernunft Gehör gegeben zu haben!
Staatssekretãr des Innern, von Posadowsky-Wehner:
. Der Herr Vorredner hat heftige Vorwürfe gegen die Zuckersteuer gesetzgebung des Jahres 1896 gerichtet. Ich glaube, mit Unrecht Er glaubt namentlich die Zustände, die jetzt in der Zuckerindustri⸗ eingetreten sind, auf das von den verbündeten Regierungen beliebte . ; ; — . . System der Kontingentierung zurückführen zu müssen. Geschichtlich erlaube ich mir demgegenüber daran zu erinnern, daß das System der Kontingentierung von den verbündeten Regierungen im Jahre 1896 wesentlich anders gedacht und vorgeschlagen war, wie es vom hohen Hause leider beschlossen ist. (Sehr richtig!! Wir hatten ein Grundkontingent von 14 Millionen Doppelzentnern vor geschlagen und wollten dem Bundesrathe überlassen, je nach der Ent— wickelung des inneren Konsums und unserer Ausfuhr dieses Kontingent dementsprechend zu erhöhen. Das hohe Haus beschloß indeß ein Kon— tingent von 17 Millionen Doppelzentnern und außerdem die alljähr— liche doppelte Verstärkung des Kontingents um die Steigerung des inneren Konsums. Dadurch wurde aber die Grundlage un seres Vor— schlages völlig verschoben. Außerdem hatten wir sehr hohe Steuer— strafen auf Ueberschreitung des Kontingents gesetzt. Auch diese Bestim— mungen wurden vom Reichstage durchlöchert und noch in vielen anderen Beziehungen die Grundlage unserer Gesetzesvorlage verändert. (Sehr richtig Meine Herren, wir standen aber damals vor der Nothwendig⸗ teit, eine unmittelbar bevorstehende, ja theilweise schon eingetretene Krisis der Zuckerindustrie bekämpfen zu müssen. Es waren bekanntlich bereits eine Anzahl Fabriken bankerott geworden. Wir hatten 189) den meines Erachtens handelspolitischen Irrtum begangen, unsere Zuckerprämien vorweg abzuschaffen, während andere Staaten ibr Prämienspstem aufrecht erhielten. Wir waren desbalb gezwungen, in Konkurrenz mit den anderen europäischen Zuckerstaaten ebenfalls wieder zum Prämienspstem zurückzukebren, gleichzeitig aber auch das vom Reichstage wesentlich abgeschwãchte Spstem der Kontingentierung an zunehmen. Meine Herren, das Prämienspstem, nicht nur aus wirth schaftspolitischen, sondern vor allem aus finanwolitischen Gründen, batte zur selbstverständlichen Voraussetzung die gleichzeitige Beschrãn. kung der Produktion, d. b. die Kontingentierung. Kontingentierung und Prämienspstem standen in engem inneren Zusammenbhang.
Staats⸗Minister Dr. Graf
n auch dem Herrn Vorredner nicht
zugeben, daß selbst wächte Kontingentierung
abgeschw ie Herren gütigst entsinnen den Motiven des Gesetzez zum Jabre 1894 95 Dor vel jentnern g war ein ickerindustrie ierung dalt
1 al 92 *
2 Va uc u ntingenti 5
l
aten fortfahren, solche Prämien zu gewähren, während die
gemeinen Abschaffung der Erportprämien ihre Stel ng auf dem Weltmarkte selbständig zu behaupten. (Hört! 5rtt!) damals war das preußische Landes-Oekonomiekollegium er Ansicht, Deutschland ist stark genug, seine Weltmachtsstellung auf em Zuckermarkt auch ohne Prämien zu behaupten unter der Voraus— g, daß auch die andern Staaten ihre Prämien abschaffen. ieser Zustand ist jetzt erreicht, und wenn man die Erklärungen liest, ie damals von den sämmtlichen sachverständigen Rednern des hohen zu der Frage abgegeben worden sind, müßte man annehmen,
ß jetzt das hohe Haus einstimmig der Ansicht ist, es sei mit der rüsseler Konvention ein glückliches Resultat erreicht worden. Es damals auch von allen Seiten des Hauses zugestanden,
auf gleicher freier Basis neben den anderen Staaten. wahr!) Wenn man deshalb gegenüber der Zucker⸗
die die Prämien in solch großem Umfange abschafft, jetzt
S Kommissionsberathung beliebt, so kann ich in der That nicht ein— s man damit erreichen will. Meine Herren, bei der Konvention
die Regierung sollte Sachverständige befragen. Meine Herren, ich babe vielfach mit Zuckersachverständigen verhandelt, habe aber seiner eit immer die Erfahrung gemacht, daß die Zuckersachverständigen verschiedene Interessen verfolgen und naturgemäß ver— folgen müssen. Der Rübenbauer hat ein ganz anderes Interesse, wenn er nicht gleichzeitig Theilnehmer an einer Rohzuckerfabrik ist, wie der Rohzuckerfabrikant. (Sehr richtig! links.) Der Eine ist der Verkäufer, der Andere der Käufer des Rohmaterials. Der Eine sucht möglicht bohe Preise zu bekommen, der Andere will einen möglichst geringen Preis gewähren. Der Raffinadeur hat wieder ein ganz anderes Interesse wie der Rohzuckerfabrikant, und der Melasse⸗ fabrikant ein anderes Interesse wie der Raffinadeur, wenn nicht gleich— zeitig der Raffinadeur auch die gewonnene Melasse verarbeitet. Also pon einer gemeinsamen geschlossenen Auffassung der Zuckerinteressenten, namentlich von einer gemeinsamen Auffassung der rübenbauenden Landwirtbschaft und der Zuckerfabrikanten kann im allgemeinen keine Rede sein. Daß man also durch solche Erhebungen noch irgend etwas Neues eriabren sollte, halte ich persönlich für vollkommen aus— geschlessen. (Sehr richtig!)
Wie stellt sich nun die Situation, je nachdem man die Zucker konvention genebmigt oder nicht genebmigt? Meine Herren, mit 800 unserer Ausfubr werden wir differenziert werden, wenn die Zucker—⸗ konvention nicht zu stande kommt, und wie mit dem allerhöchsten Grade von Wabrscheinlichkeit anzunehmen ist, wird insbesondere England einen Ausgleichs zoll erheben nicht nur entsprechend unseren gesetzlichen Prämien, wenn unser gegenwärtiges Gesetz fortdauert, sondern auch entsprechend
em sebr reichlich berechneten Kartellnutzen, den die Raffinadeure aus
ganz
Landwirtbschaft sich hier vereinigen konnen mit den Interessen der Raffinerien, die in dem Kartell verbunden sind; denn das kann man offen aussprechen, bisher hat der Kartellverband für die Landwirthschaft keinen sichtbaren Vortheil mit sich gebracht. (Sehr richtig) Er hat einen solchen gebracht für die Raffinadeure; für die Rohzuckerfabrikanten war der Nutzen schon sehr zweifelhaft. Die Landwirtbschaft aber hat einfach die That— sache zu konstatieren, daß der Zuckerkonsum zurückgegangen ist und der Preis der Rüben ebenfalls. (Sehr richtig! links. Wenn Sie also, insoweit Sie auf dem Boden des landwirtbschaftlichen Interesses stehen, hier auf diesem Gebiet mit dem Interesse der Raffinerien sich vereinen, so, glaube ich, spannen Sie sich zusammen mit einem Interessenten, der auf ein ganz anderes Ziel hinsteuert und hinsteuern muß, wie die Landwirthschaft erstrebt. (Sehr richtig! Es ist ja Grundsatz der Regierung, sich in die Geschäftsbeschlüsse des hohen Hauses nicht zu mischen, ich glaube aber, daß unter der krisenhaften gegenwärtigen Lage der Zuckerindustrie für die Landwirthschaft an sich, wie auch für die Rohzuckerfabriken, vielleicht in gewissem Grade auch für die Raffinerien die Genehmigung der Zuckerkonvention der einzig gangbare und jedenfalls beste Weg ist. Dieser Weg sollte meines Erachtens auch die Mehrheit des hohen Hauses nicht dahin führen, noch die Zeit damit zu versäumen, daß man die Regierung ersucht, weiter Sachverständige zu vernehmen (sehr gut! links), die je nach den Gruppen, aus denen sie genommen werden, völlig verschiedene Interessen vertreten — Engusten, die nach den vielen Enquèéten, die schon angestellt sind, neues nicht ergeben können — sondern schnell und unmittelbar den Entschluß zu fassen, der der einzig mögliche und richtige ist, der Brüsseler Zuckerkonvention beizutreten. (Lebhaftes Bravo links.) Was demnächst in 5 Jahren sein wird: ob es möglich sein wird, mit dem Rohrzucker auf dem englischen Markt dauernd erfolgreich zu konkurrieren, ob vielleicht sogar die Befürchtung sich verwirkichen sollte, daß nach 5 Jahren der Rohrzucker in Deutschland Eingang findet, braucht gegenwärtig nicht Gegenstand unserer Sorge zu sein. Wenn sich die Rohrzuckerfabrikation in Cuba hebt, so wird der cubanische Zucker zunächst nach Amerika gehen; wenn sich die Rohrzuckerfabrikation in den englischen Kolonien, vor allem in Jamaika, hebt, so wird dieser Zucker zunächst nach Eng— land gehen. Aber jedenfalls ist bei Genehmigung der Konvention in den nächsten 5 Jahren die Situation des europäischen, besonders des deutschen Rübenzuckers eine unendlich viel günstigere, als wenn Sie die Konvention ablehnen. Sollte die Befürchtung — was ich nicht glaube — sich bewahrheiten, daß der Rohrzucker in unserem eigenen deutschen Produktionsgebiet uns nach 5 Jahren Konkurrenz macht, dann überlassen Sie die Sorge dafür, was man dann thut, eventuell Ihren Nachfolgern, einem anderen Reichstag und den verbündeten Regierungen. Diese beiden gesetzgebenden Faktoren werden in diesem Falle sicher nicht ermangeln, zu thun, was zum Schutz des deutschen
Rübenzuckers nöthig ist. Aber in einer Verschiebung der Entschließung
558 1” rr reckræ wo 1462 ẽ r .
ö s
; ie Pramie wittert, einzuschreiten. elbstverständlich hat diese internationale Kommission als solche keine rekutive; aber das einfache Hilfsmittel ist das, daß sie durch eine Anzeige an die Konventionsstaaten die Sache zur Sprache bringt, und wenn der betreffende Staat seine versteckte Prämie dann nicht ab— schafft, er gleich den Vertrages stehenden Staaten diffe⸗ renziert wird. Darin das Korrektiv gegen etwaige versteckte Prämien. Nun hat aber der Herr Abg. Dr. Paasche v gegen die Ausführlichkeit der Anfragen, welche von der Zolltariskommission ges einen Ausdruck gebraucht, den ich nicht gern als den Ausdruck der Majorität des hohen Hauses betrachten möchte. Er sagte nämlich: ir haben in der Kommission Zeit mehr als genug, alle diese Fragen das eingehendste zu prüfen. Ich fürchte, in diesem Zeit mehr z genug“ liegt, wenn auch nicht der Wunsch, so doch die Aussicht die Möglichkeit, daß die Verhandlungen der Zuckerkommission, welche erst noch zu wählen ist, den gleichen Gang nehmen möchten, wie in der Zolltarifkommission. Ich glaube, soviel Zeit, meine Herren, haben wir nicht; denn das würde heißen, die Sache auf die lange Bank schieben, und vor den Folgen einer solchen Politik hat der Staatssekretär des Innern Sie bereits gewarnt. Also ich möchte das hohe Haus bitten, denjenigen Vertretern, welche in die Zuckerkommission werden entsandt werden, doch recht nahe zu legen, daß sie nicht in der etwas ausführlichen Weise — ich nehme dieses Wort allerdings in ironischem Sinne — wie in der Zolltarifkommission arbeiten, sondern Sitzung auf Sitzung halten, bis ein fertiges Ergebniß vor— liegt. Meine Herren, ich führe nur als Beispiel an, daß die Branntweinsteuer-Kommission stellenweise in der Woche nur zwei, allerhöchstens drei Sitzungen gehalten hat. In einem so vor gerückten Stadium der Session und der Jahreszeit ist damit nicht auszukommen. — Also ich lege Ihnen im Interesse der Sache — das kann ja jeder Partei recht sein, denn jede Partei wird in der Kom mission zu Worte kommen können — doch recht nahe, die Kommission welcher das Gesetz überwiesen werden wird, zu einem nicht bloß gründlichen, sondern zugleich auch etwas eifrigen Arbeiten ermahnen zu wollen.
Abg. Graf von Bernstorff⸗Uelzen (b. k. F) führt aus, für einen Theil Hannovers sei die Zuckerfrage eine Lebensfrage allerersten Ranges. Ein Gegensatz zwischen Rohzuckerfabriken und Rübenbauern bestebe nicht; in diesem Theile Hannovers seien beide vollständig identisch. Herr Wiemer habe zu erwähnen vergessen, daß ein erbeb licher Theil der Prämien direkt von der Zuckerindustrie aufgebracht sei, von einer Liebesgabe könne also nicht ohne weiteres die Rede sein. Durch die Vorlage sei in den Kreisen der Zuckerinteressenten eine sehr lebhafte Beunruhigung entstanden; sie müsse so geprüft werden, d za. a Votum des Hauses auch richtig verstehe. Die Besorgn über die zu geringe Höhe der Surtaxe von 4,80 ü ; inbr Rohrzuckers
6 seien übe werde nicht geschehen. Alles in allem sei
worden find 1ILLꝑDLLLII 111
err
kann ich nach allen Richtungen hin keinen Vortheil für die Land
dem Zuckerkartell zieben. (Hört, hört! Wir können uns biernach zeiaßt machen — man muß die volle Wahrbeit sagen, um den Ernst der Lage zu beleuchten, und nichts beschönigen — nen Ausgleichszuschlag von 12 bis 14 M für den Doppel⸗ (Hort, bört Wir werden also differenziert werden in England, wir sind bereits differenziert in Amerika und in Indien. 80 oM unseres gesammten Zuckererports geht also nach Ländern, die differenzieren, und es verbleiben nur 20 000 frei, die aber zum nach englischen Kolonien geben: wir wissen aber nicht,
em Beisriel des Mutterlandes folgend, eventuell die Kolonien (Sehr richtig Genehmigen wir also die Konvention so ist doch die natürlichste Folge, daß in den nächsten 5 Jabren den Län in denen wir in diese nziert werden,
der Jucker der Länder, beitreten und
zentner
onnten. 1 Weise
3 *er . .
mseren bisberigen
wirtbschaft oder die Rübenzuckerindustrie erblicken Ich bitte Sie deshalb dringend, die Konvention glatt anzu— nehmen; das ist der einzige Weg, den Sie jetzt im wirthschaftlichen
Interesse geben können. (Lebhaftes Bravo links.)
Abg. Dr. Paasche (al.: Die Sachen liegen doch nicht so ein fach, wie der Staaissekretär sie darstellt. Wober soll denn der deutschen Zuckerindustrie aus der Konvention ein Vortheil erwachsen? Bei der gegenwärtigen Depressien ist es keine leichte Aufgabe, einfach zu erklären: Sie müssen die Konvention glatt annehmen, dürfen nicht verschieben, und die Sachverständigen brauchen nicht verden. Kein anderer Staat als Frankreich bat die Prän bäöht; Desterreich batte seine heutigen Prämi wir die unserigen einführten.
s beim Zolltarif von Ihrer Die Industrie würde es uns mit tief einschneidende Gesetz machen, dir ja tbatsachlich nicht er man das beute sung abmachen ich nicht
stimmung in erster und zweite nicht für angemessen und 1 in Hienst 2 I 5 ann 1 ein Vienst geleistet wurd 1 ĩ
er . ĩ erung 10 Erklãrungen
*
utesekretär des Reich
so nothwendiger, als gleichzeitig die einschnei steuergesetz vorgelegt sei. Sollen denn e abgaben dauernd wachsen mit der Zunahme . Dazu liege doch gar keine Veranlassung e V nabme müsse für die weitere Herabsetzung der t rden. Obne erhebliche Steigerung des Inlandskonsums werde man niemals zu einer Gesundung der Indu Abg. Graf zu Lin sekretär des Innern kann e Staatesekretär des Reichs nentarische Erfahrung Kommission erledigt Zweifel besteben, nützt ine Generaldebatte den Engländern
Wenn