es nach meiner Ueberzeugung England. Für die Konvention einen Fortschritt, für England aber ist sie ein weiterer Rückschritt von dem Wege des Freibandels. Wenn alfo der Cobden-Klub in England sich gegen die Brüsseler Konvention sträubt, so weist das außerdem darauf Hin, welchen Vortheil England bisher von der Prämienpolitik Deutschlands gehabt hat. Graf Lim— burg⸗-Stirum hat diese Stellungnahme des Cobden-Klubs für fich verwerthet, aber für einen Vertreter des handelspolitischen Idealis— mus wird doch Graf Limburg-Stirum nicht zu gelten beanfpruchen. Die Frachtenfrage wurde in der Kommission mehrfach angeschnitten, aber in den sachverständigen Kreisen hieß es immer: O rühret, rühret nicht daran!‘ damit das Ausland nicht dahinter komme, was auf diesem Gebiete möglich ist, und wer im Glashause sitzt, soll nicht mit Steinen werfen. Als Engländer würde ich mich entschieden diefer Konvention widersetzen. Unsere deutschen Vertreter sollen England gegen— über zu nachsichtig gewesen sein; aber England hatte eine starke Position und ist davon selbst abgegangen. Redner giebt eine ausführliche statiftische Darlegung der Bedeutung der Zuckerindustrie und des Zuckerkonfums für England und Deutschland und fährt dann fort: Die englische Regierung hat den westindischen Pflanzern, welche dort dieselbe Rolle spielen wie bei uns die Agrarier, jeden Fortschritt theuer bezahlen müssen; seit Hunderten von Jahren haben diese Herren immer ge— schrieen, sie stünden am Rande ihres Verderbens, und so schreien sie auch jetzt, wo es sich um den Kolonialzucker handelt. England bringt, indem es der Konvention beitritt, ein ungeheures Opfer. Würde gar keine Steuer erhoben, so würde der Zucker seinen Beruf als Volks— nahrungsmittel erst ganz erfüllen können; wir werden diesen Antrag wieder einbringen. Aber auch bei dem Herunterge hen mit der Steuer auf 12 0 wird der Preis des Pfundes Zucker von 32 auf 20 3 sinken und der Zuckerkonsum rasch und stark zunehmen. Wir können also für einen höheren Steuersatz nicht stimmen; es liegt auch für die übrigen Parteien gar kein Grund vor, von den Kommissions— anträgen abzugehen, wie es der Abg. Müller-Fulda inzwischen beantragt hat, der bis 1. September 1905 14 46, von da ab 12 ½ Steuer erheben will. Die Engländer trinken nicht nur Thee, sondern auch Bier, und mehr Bier als die Deutschen; trotzdem hat sich der Zuckerkonsum dort so kolossal entwickelt; dieses Beispiel wird analog für die deutschen Verhältnisse sich als zutreffend erweisen, wenn mit der energischen Herabsetzung der Zuckersteuer bei uns vorgegangen wird. Es ist ja möglich, daß die neue Situation den Interessen der Rübenbauer zunächst Schwierigkeiten bereitet; aber in welchen wirthschaftlichen Zweigen wäre das bei neuen Erfindungen, bei wirthschaftlichen Neuorknungen nicht der Fall? Die Pommersche Zuckerfabrik in Anklam hat im Durchschnitt in zehn Jahren 17 G Dividende gezahlt. Für jeden Vorschlag, der auf dem Wege des sozialen Fortschritts liegt, haben Sie unsere Stimmen; aber wenn Vorschläge, welche die Konvention ungeschehen machen sollen, geschehen, werden wir es uns noch sehr überlegen, ob wir die Konvention überhaupt annehmen, und' dann wird die Verantwortung bei Ihnen liegen.
Abg. Graf zu Lim burg Stirum (d. kons., schwer verständlich) erklärt sich gegen die Konvention und führt aus, daß die Hauptbedenken gegen die Konvention in den Beziehungen lägen, wie sie durch die Kon— vention gegenüber Rußland und England geschaffen würden. Absicht der Konvention sei doch die Aufhebung der Prämien. Man sei aber in Bezug auf die englischen Kolonieen von der Regierung nicht berubigt worden. Die Tolonieen mit Selbstverwaltung blieben ganz außerhalb der Konvention. Darin liege eine große Gefahr. Rußland trete der Konvention nicht bei. Seine Prämien beruhten auf einem legalen Kartellfystem. Die russische Regierung sage, es seien keine Prämien, die Konvention sage, es seien Pramien. Was werde nun geschehen, wenn Deutschland der Tonvention beitrete? Könne Rußland ein Strafzoll auferlegt werden? Er (Redner) sage nein. Rußland gehe die Konvention nicht an, weil es ihr nicht beigetreten sei, es brauche sich alfo einen Ueberzoll nicht gefallen zu lassen. Zu einem Vertrage gehörten zwei; man könne den russischen Handelsvertrag nicht einfeitig interpretieren. Dann wärde der deutsche Rübenbau Rußland gegenüber in sehr pre⸗ lärer Lage sein. In Rußland würden schon jetzt die Rüben zu einem Preise produziert, mit dem unsere Rübenbauer nicht konkurrieren könnten. Fiele der Ueberzoll fort, so würde Deutschland mit ruffischem Zucker überschwemmt werden. Seine (Nednerg) Partei sei dafür, daß die Prämien aufgeboben werden, aber vollständig. Geschehe das nicht, se könne sie der Konvention nicht beistimmen.
Deutschland bedeutet
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner: Meine Herren! er Herr Vorredner hat seine Rede mit den rten geschlossen: ich bitte, die Konvention abzulehnen. Ich richte ie namens der verbündeten Regierungen das dringende Ersuchen, en anzunehmen.
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fallen, wenn ein Staat durch eine allgemeine Unterstützung die Landeskultur oder den Nothstand einer Provinz, einer Kolonie zu heben sucht. Dann müßte es schließlich dahin kommen, daß man auch einer Vertragsregierung verbieten könnte, in den Rohrzuckerländern Eisenbahnen oder Chausseen zu bauen, um durch solche allgemeine Kulturmaßregeln auch die Rohrzucker⸗Industrie mittelbar zu heben. Eine solche Auffassung ist unmöglich. Es kann vielmehr die Brüsseler Konvention nur diejenigen indirekten oder direkten Prämien erfassen, die in engerem Sinn als Prämien für die Zuckerindustrie als solche anzusehen sind. Wollten wir allgemeine Unterstützungen, die auf dem Gebiete der allgemeinen Landeskultur liegen, dahin rechnen, dann müßte der Ueberwachungsrath, der in Brüssel gebildet ist, geradezu die Verwaltung der sämmtlichen Zuckerländer in die Hand nehmen. Es scheint mir daher, daß die Einwände, die gegen die event. Be⸗ günstigung der Rohrzuckerländer erhoben sind, in dieser Form unter keinen Umständen aufrechterhalten werden können.
Ich wiederhole die Thatsache, daß seiner Zeit das hohe Haus darin einstimmig war, auch die Partei des Herrn Vorredners, daß der beste Zustand für die deutsche Zuckerindustrie die Ab— schaffung aller direkten und indirekten Prämien wäre (sehr richtigh, und heute hören wir etwas ganz Anderes. (Sehr richtig! links. Zurufe rechts.) Heute werden an die Abschaffung der direkten und in— dirckten Prämien Bedingungen geknüpft, wird eine Kasuistik in die Sache hineingetragen (sehr richtig!, die es ausschließt, daß wir überhaupt jemals zu einer Konvention kommen könnten. Wenn wir uns auf diesen Standpunkt stellen, da müssen wir uns damit vertraut machen, daß die Zuckerprämien ein bleibender Zustand sind. Wir werden aber nie zu einer Konvention kommen, die in solcher Weise ins Detail eingeht und noch alle die Kautelen enthält, die die Herren hier ver— langen. (Sehr richtig! links.)
Ueber die Angriffe, die gegen die Konvention im einzelnen gerichtet sind, wird sich alsdann ein Vertreter des Auswärtigen Amts äußern und Ihnen nachweisen, daß alle jene Einwände un— begründet sind.
Da die Debatte über Konvention und Gesetz verbunden ist, will ich auch sofort auf die Anträge eingehen, die in finanzieller Beziehung gestellt sind. Sie alle, meine Herren, wissen am besten, in welch außerordentlich schwieriger finanzieller Lage sich das Reich befindet. (Hört, hört!) Sie wissen auch, daß die verbündeten Regierungen aus allgemeinen politischen und wirthschaftlichen Gründen auf die Annahme der Brüsseler Zuckerkonvention den höchsten Werth legen müssen. Ist es nun richtig, frage ich, daß Sie uns bei dieser Sachlage auf finanziellem Gebiete Bedingungen auferlegen, die nach der Auffassung einer Anzahl Bundesstaaten äußerst perniziös für die weitere Entwickelung ihrer Finanzen sein müssen, ja nach der Auffassung mancher Bundetstaaten völlig unannehmbar sind? Eins werden Sie zugestehen, die Zucker⸗ steuer gehört nicht zu den Steuern, die besonders drückend gewirkt haben. Der Herr Schatzsekretãr hat Ihnen in der Kommission aus— geführt, daß im nächsten Jahre die Finanzierung des Reichs-Etats noch unendlich schwieriger sein wird als in diesem Jahr. Von neuen Steuern haben wir meist das Unglück gehabt, gerade solche auszuwählen, die der Mehrheit des Reichstages ni ch t gefielen. (Heiter keit. Sehr gut! links.) Ich sehe also vorläufig keine neue Steuer, die geeignet wäre, den finanziellen Nöthen des Reichs abzubelfen und gleichzeitig auf eine Genehmigung des bohen Hauset rechnen könnte. Sie baben die beweglichen Klagen der Einzelstaaten gehört und namentlich der kleineren Staaten, in welch unmögliche Lage sie kommen bei den jetzigen Finanzwerhältnissen des Reichs. Und in dem— selben Augenblick wollen Sie gegenüber den Vorschlägen der Re⸗ gierung die Zuckersteuer in einem Maße ermäßigen, das unzweifelbaft dahin fübren muß, die Finanwerbältnisse des Reichs nech schwieriger. noch ungũnstiger zu gestalten, wie sie schon im gegenwärtigen Augenblick sind. (Sehr richtig! linkt) Meine Herren, ich kann Sie desbalb nur dringend bitten, alle diese Anträge abzulebnen oder, wenn Sie nicht auf die Regierungevorlage sich jzurücküieben wollen, mindestens den Antrag anzunehmen, der die Zuckersteuer für die Zukunft auf 14 M festlegt. Sellten in Zukunft sich wieder günstiger gestalten, so ist die En
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abgaben und Zöllen größere Lasten aufzulegen, so würden wir einen größeren Theil unserer Militärlasten bestreiten können aus laufenden Einnahmen und brauchten sie nicht in Form por Schulden den künftigen Geschlechtern aufzulegen, an die nen unvorhergesehene Aufgaben herantreten werden. Ich glaub. ich habe bereits in der Kommission ausgeführt: das werthvollste Recht einer Volksvertretung ist nicht das Recht der allgemeinen Gesetzg sondern das werthvollste Recht einer Volksvertretung liegt in ihrn etatsmäßigen Rechten; aus dem Rechte der Ausgabebewilligung um Einnahmebewilligung sind die Parlamente geschichtlich erstanden, un ein Parlament hätte in solch schwierigen Zeiten wie jetzt vor allen Dingen die Verpflichtung, finanziellen Rücksichten die allergrõßte B. achtung zu schenken, hier die grundlegenden Interessen des Reichs ve,
gehen zu lassen den Wünschen einzelner Interessentengruppen, dem nicht nur Gerechtigkeit, sondern auch gesunde Finanzen sind die Grund. lage jedes Staatswesens. (Bravo! links.)
Direktor im Auswärtigen Amt Dr. von Koerner: Meine DVerren! Die Herren Abgg. Müller-Fulda und Graf zu Limburn Stirum haben Lie Ausstellung gemacht, die Konvention enthan, nur allgemeine Bestimmungen und lasse vermissen die spezielle Rege. lung einzelner wichtiger Fragen. Es lag in der Natur der Sache daß die Konvention sich darauf beschranken mußte, gewisse gra Brundsätze aufzustellen, und die Ausführung dieser Grundfätze ständigen Kommission überlassen mußte. Es war unmöglich, an der Brüsseler Konferenz von jedem Staat zu verlan en, daß er d Gesetze und die sonstigen Bestimmungen, die er zur Ausführung de Konventign erlassen würde, vorlegen sollte, daß schon auf der Fer ferenz selbst Entscheidung getroffen werden sollte, darüber, ob fie m der Tendenz der Konvention übereinstimmen oder nicht. Ich halt, es geradezu für einen Fortschritt, daß man ein Ausfũhrungzorgn für einen internationalen Vertrag gefunden hat, welches voraus, sichtlich gut funktionieren wird. Es war ganz natürlich, daß man alle die Einzelfragen, die auch heute wieder berührt worden sim, immer nur im Großen ordnen konnte. Ich verweise dor allen darauf, daß wesentlich für die ganze Beurtheilung der Auslegum der Konvention die Bestimmung in Art. 1 ist, daß unte keinen Umständen von einem der Vertragsstaaten in JZukun in irgend einer Form Prämien gewährt werden dürfen. Nun ka namentlich Herr Graf zu Limburg⸗Stirum in verschiedener Richtun; Mängel an der Konvention hervorgehoben; namentlich hat * wie das auch schon in der Kommission geschah, bezweifelt, ob En; land den Begriff des Entrepots ebenso auslegen würde wie wir, wir also sicher wären, daß England in Zukunft keine Raffination? prämie gewährt. Ich kann da nur wiederholen, was ich schon der. Kommission ausführte. Die Entstehung des Art. 2, welche diese Frage behandelt, war folgende. Zunaäͤchst batte ein deutsche Delegirter darauf aufmerksam gemacht, daß unter den jetzigen Verhältnissen die englischen Raffinerien eine Prämie genießen, un es nothwendig sei, diese zu beseitigen. Die englischen Delegine bestritten die Existenz einer Prämie und suchten das näher au zuführen, erklärten aber, in
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Delegirten, die sie der offiziellen gethan baben, die ich zum tbeil in der babe, und die auch Aufnabme in den Bericht gefunde baben. Ich möchte dann serner nech, wie ich auch schen der Kemmissien getban babe, auf die Aeußerungen der Herren verständigen Bezug nebmen, die jetzt kürzlich vor Pfingsten noch nemmen sind, und zwar auf die Aeußerung des Serrn Kommen; ene. Ich darf diesen Passus verlesen. Er sagt: „Ich Kare Gelegenheit genommen, mich mit einigen Herren unterbalten, und die waren der Ansicht, wobl in Zukunft, Deutschland eg wünscht affinieren werde.“ Dieser Fall ist ja eingetreten 5st, der Robzucker, welcher den bier nach England imrer!
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indischen Kolonien gewähren soll, so kann ich nur wiederholen, was ich schon in der ersten Lesung gesagt habe. Die westindischen Kolonien befinden sich in einem thaisaͤchlichen Nothstande, und Tie englische Regierung kann nicht darauf verzichten, diesem Nothstand in irgend einem Theile ibrer Kolonien zu steuern und dies auch im Wege einer baaren Unterstützung zu thun. Ein konventionswidriges Ver⸗ fahren kann darin nicht liegen, weil die Unterstützung' gewährt wird, ehe die Tonvention in Kraft getreten ist. Wenn wir verlangen wollten, daß England jetzt auf eine derartige Unterstützung verzichtet, so würde England uns gegenüber verlangen können, daß wir jetzt auf unsere Prämien verzichten. Erst wenn die Konvention in Kraft ge⸗ treten sein wird, wird zu prüfen sein, ob solche Unterstützungen einen Prämiencharakter haben oder nicht, und das festzustellen, wird Sache der ständigen Kommission sein. Ebenso verhält es sich mit der Détaxe, die Frankreich etwa gewähren sollte. Run möchte ich auf die Frage bezüglich Rußlands zurückkommen, die von verschiedenen Seiten angeregt worden ist. Da liegt die Sache folgendermaßen. Auf der Londoner Konferenz vom Jahre 1888 war ein Antrag eingebracht worden von französischer Seite auf Aufnahme eines Artikels, nach dem die Erhebung von Ausgleichszöllen gegen Prämien nicht im Widerspruch stände mit der Meistbegünstigung. Von deutscher Seite wurdé darauf erklärt, der Aufnahme eines solchen Artikels bedarf es nicht, denn es ist von vornherein unzweifelhaft, daß die Erhebung von Ausgleichszöllen gegen Prämien mit der Meistbegünstigung nicht im Witerspruch steht. Dieser französische Antrag ist dann gefallen, und gleichwohl hat der russische Vertreter diese Konvention unterzeichnet. Es kommt jetzt noch dazu, daß wir ja doch nicht allein in diesem Verhältniß zu Rußland stehen, sondern England und Frankreich haben auch die Meisthegünstigung mit Rußland. Jedenfalls ift nicht anzu— nehmen, daß wir das Land sind, wo der russische Zucker zuerst und hauptsächlich hineinkommen wird. Ich glaube also auch diese Meist ,, m. mit Rußland braucht uns keine Ursache zur Beunruhigung zu geben.
3 Dr. Roesicke - Kaiserslautern (b. k. F.: Wir stehen auf dem Standpunkt der Abschaffung der Prämien, aber selbstverständlich nur unter der Voraussetzung, daß alle Lander ihre Prämien aufgeben. Wie aus einer ruinierten Produktion noch Einnahmen für das Reich herausgezogen werden können, haben uns die Vertreter der Regierung nicht verrathen. Wegen der eventuellen Begünstigung der eng⸗ lischen Kolonien hat thatsächlich eine eingehende Erörterung in der Kommission nicht stattgefunden. Die Regierung in Jamaika bat unter Zustimmung des Kolonial⸗-Ministers eine sehr starke Vergünstigung für den Zucker eintreten lassen, ohne daß dieser Umstand in der Kommission auch nur zur Besprechung gelangt wäre. Wenn auch nicht England direkt, so können die Kronkolonien selbst bei sich die Unterstützung gewähren. An dem Branntweinsteuergesetz laborieren wir seit Monaten, die Konvention, obwohl von eminenter Wichtigkeit, war in wenigen Tagen erledigt. Unser Hauptbedenken liegt in der Befürchtung der Bevorzugung der englischen Kolonien. Man verweist uns darauf, daß sie jederzeit dem Vertrage beitreten können; warum warten wir denn nicht, bis das geschehen ist? Dann sind ja alle Bedenken erledigt. Jeder Vertrag unterliegt der Interpretation, aber es ist Thatsache, daß Deutschland bei diesen Interpretationen in den letzten Jahrzehnten meistentheils den Kürzeren gezogen hat. Wir werden bei einem Ueberjell von nur 480 ις eine Einfuhr von Rohrzucker zu erwarten haben, die für unsere Industrie verderblich werden muß. Lediglich, um das Kartell in einem landwirtkschaftlichen Neben- betriebe unmöglich zu machen, während Sie das Kartellwesen Überall sonst bestehen lassen wollen, soll eine solche Konvention an genommen werden? Auch wir sehen das Zuckerkartell nicht als etwas Vollkommenes, Einwandfreies an, aber diese Zumuthung geht denn doch über das Maß des Zulässigen binaus. Die Engländer haben bei der Konvention sich wieder als sehr kluge Leute erwiesen; obwohl England das größere Interesse batte, ung entgegenzukommen, kat es günstigere Bedingungen erlangt als wir. Wir baben uns differenzieren lassen in den englischen Kolonien, und jetzt follen wir diefer Kon vention zustimmen, deren Vortheile für England auf der Hand liegen! Kein Deutscher will den Zollkrieg um des Krieges willen; aber den Zollfrieden auf dem Wege zu erreichen, daß wir uns alles gefallen lassen, dazu können wir die Hand nicht bieten. Die Lankwirtk schaft verlangt von der Regierung eine andere Frontstellung. England bat uns gedrobt mit schwerwiegenden Maßregelungen, wenn wir der Konvention nicht beiträten. Warum bat es das gethan? Weil es sei dlonien begünstigen will, und das ist leichter, wenn unser artell zerstört ist, und wenn nur der niedrige Üeberzoll bestebt. erinnert an den Ausspruch des osterreichifschen Ministers des
Grafen Goluchoweki, daß die Parlamente jetzt die Entscheidung r Dang bätten; dem gegenüber beißt es bei uns Ihr mürt an
Die Verwerfung der Konvention ist für den Rübenbau und juckerindustrie besser als die Annabme
r. Paasche (nl. : Für meine rolitische
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des Möglichen gekommen. Auch ist die Bewãsserung der Plantagen so kostspielig. daß der Zentner Zucker sich auf 7,50 M stellt. Einzelne Plantagen vroduzieren allerdings billiger. Unter dem Schutze dieser Konvention wird unsere Industrie, wie ich glaube, auskommen können. ⸗ ö. .
Abg. Gamp (Rp.): Ich wundre mich über die Naivetät des Abg. Bernstein, daß er den Engländern, diesen gewiegten Geschäfts—⸗ leuten, glaubt, sie würden ihm die Wahrheit sagen hinsichtlich der Erfolge, die die Konvention ihnen bringen kann. Man ver— langt eine Reichseinkommensteuer, übersieht aber die Doppel. besteuerung Derer, die ihr Einkommen aus Aktien beziehen. Was die Konvention selbst betrifft, so erkläre ich, daß die große Mehrzahl meiner Freunde dafür stimmen wird. Dazu sind wir nach sehr ernsten und schwierigen Erwägungen gekommen. Wir unter schätzen die Bedenken gegen diese Konvention nicht, namentlich auch nicht die Bedenken, welche wir in Bezug auf Rußland haben. Daran ändern auch die Ausführungen des Direktors Koerner nichts. (Rider— spruch des Direktors Koerner) Nun, dann haben wir ihn eben alle nicht verstanden. Nur durch die Konvention können wir auch das Süßstoffgesetz in der Ferm bekommen, wie es jetzt zu ftande ge— kommen ist. Das Kartell hat den Konsumenten Heschadet und den Produzenten nicht genützt. Die Regierung möchte ich bitten, dem Erport der Waaren, welche mit Zucker hergestellt werden, möglichst entgegenzukommen. Auch mit der Kontingentierung sind wir einper— standen, wenn es auch ein großes Opfer für den Often ist. Ich möchte den Reichskanzler bitten, dies Zugeständniß in das Debet Der Landwirthschaft zu schreiben und ihr ein entsprechendes Acquipalent zu gewähren. .
Abg. Graf von Bernstorff-Ueljen (b. k. F.: Wenn die
Regierung sich für berechtigt hält, die Konvention duch gegenũber den Nicht⸗Vertragsstaaten durchzuführen, so fällt damit sedes Bedenken fort. Die Regierung hat auf der Brüsseler Konferenz wenn ich den Regierungs⸗Kommissar richtig verstanden habe, diesen Standpunkt ver— treten. Die Aufregung der Zuckerindustrie kann nur durch die Kon— vention beseitigt werden. Wird diese nicht angenommen, fo wird der jetzige Zustand chronisch und die Industrie ruiniert. Ich bin deshalb für die Annahme der Konvention. Die Gefahren der Rohrzucker— einfuhr können in den nächsten 5 Jahren nicht groß werden. Da die Kontingentierung sich nur auf 5 Jahre erstreckt, so ist diese Gefahr um so geringer. Die Verfütterung des denaturierten Zuckers muß auf jede Weise erleichtert werden. Abg. Hr. Hahn (b. k. F.): Ich werde gegen die Konvention stimmen. (Abg. Singer (Soz) hält ein Telegramm hoch.) Die Zeitungen haben erst heute früh den Lesern alle Beschlüsse mittbessen önnen, es ist also kein Wunder, wenn diese Beschläse ein folches Scho draußen im Lande finden. Eine Konkurrenz Tes Rohrzuckers baben wir schon in Deutschland erlebt. Die Konkurrenz des kolonialen Robrzuckers bei uns und auf dem Weltmarkt ist garnicht fo un— gefährlich, wie Herr Paasche sagte. Cuba bebaut allein 22 660 Acres mit Zucker. Ich erinnere ferner an die Bemühungen der englischen Regierung, ihre Kolonien durch Prämien zu begänstigen. Wir haben alle Veranlassung, vor England auf der Hut zu sein. Jetzt die Erxvportprämien aufzuheben, ist der denkbar günstigste Moment. Ich will mich nicht zum Anwalt des Kartells machen; ich, bin aber fest überzeugt. daß, sobald es gefallen fein wird, die Rübenbauer und Rübenzuckerfabrikanten nach dem Kartell rufen werden. Das möchte ich jur rechten Zeit feststellen. Die Furcht vor englischen Strafzöllen hat uns zum Beitritt zur Konvention gebracht, aber um einen zu boben Preis. Es ist ausgeschlossen, daß der Inlandekonsum nach Verminderung der Steuer auf 14 4 sich so beben wird, um den Augtfall des Exports wieder weit zu machen. Wir trinken im allgemeinen keinen Grogk, essen keine Marmelade u. f w Wir werden von der Konvention mehr Nachtheile als Vortkeile Faben. Ich möchte Sie bitten, die 14. nicht anzunebmen, sondern auf 16 16 berabzugeben. Den Ausfall können wir mit Hilfe des Zolltarifs decken. Das Reich kann dann auf die Verbrauchsabgabe verzichten. Diejenigen, welche der Caprivi schen Zollpolitik zugestimmt baben, sind schuldig an der jetzigen Krisis.
Abg. Dr. Bart h- Kiel (fr. Vxgg): An dem Telegramm ist der Bund Ter Landwirthe dech nicht so unschuldig. Am 7. Juni bat die KVorrespendenz. des Bundes die Mitglieder aufgefordert, fofort, event. telegraxhisch, ibre Abgeordneten zu bitten, gegen die Konvention zu stimmen. Auch ich babe ein Telegramm erbalien, aber nickt direkt. Das Telegramm war an den Deutschen Vandwirtksckaftebund Dessauerstraße 7, gerichtet, und der Bund bat die Gänse gebabt, es mir unter Kuvert juzuschicken. Die Brüsseler Tondention ju ver- tbeidigen, ist nicht Aufgabe der Freisinnigen. sondern der de kündeten Regierungen. Diese können sich die Niederlage Freunden nicht gefallen lassen, wenn sie sbre Auteritãt wiederbringlich verlieren wollen. Sie hätten die Rendenti rascher durchseßen kennen, wenn sie von vornberein mit zref⸗ dafür eingetreten wären. ihre Schlaf beit bat ju dem gefübrt, allerlei kleine Verthei ür z zuschlagen. Hat dech 1 z it beieichnend, wie offentlichen Moral be
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sich auf die Erklärung eines russischen Regierungsvertreters berufen konnte, die er vor 20 Jahren abgegeben haben foll, daß der Vertrag nicht im Widerspruch damit stehe. Wäre das der Fall, dann bäͤtts Derr von Marschall sich i. J. 1897 in vollem Widerspruch mit dieser Erklärung befunden. Bis zum Ablauf des russischen Handelsvertrags sind wir nicht in der Lage, einen Zuschlagszoll auf den russischen Zucker zu legen. Ich bitte nochmals um Zurückverweisung der Vor⸗ lage an die Kommsssion.
Direkter im Auswärtigen Amt Dr. von Koerner: Der Herr Vorredner hat mich mißverstanden. Ich habe mich nicht ezogen auf die Aeußerung eines einzelnen russischen Kommissars, sondern meine Darstellung ist folgende gewesen: Bei den Londorer Verhandlungen von 1888 ist ein Antrag auf Annahme einer befonderen RBe⸗— stimmung, daß Ausgleichs zölle mit der Meistbegünstigung vereinbar seien, abgelehnt worden, nachdem deutscherseits erklärt worden war, daß ein solcher Antrag überflüfsig und es selbstverständ“ ö. sei, daß Ausgleichszölle mit der Meistbegünstigung nicht im Widerspruch stehen. Nach diefem Vorgange! bat Ruß⸗ land der Londoner Konvention von 1888 zugeftimmt. aus ist doch meines Erachtens zu entnehmen, daß Rußland Auffassung theilt. Im Übrigen möchte ich noch Folgendes beme Unter den gegenwärtigen Verhältnifsen, unter der Wirkung Kartells ist die Surtare bei uns jetzt auch nicht Höher, als künftig sein wird. Ich glaube, sie beträgt nicht einmal 4 ½ Trotz dem kommt kein russischer Zucker zu üns herein. Es ist also nicht anzunehmen, daß bei einer Surtaxe von 4 40 oder 4,80 66 russischer Zucker zu uns hereinkommen sollte, selbst wenn man von der Auf— 66 von Ausgleichszöllen gegen die russischen Prämien abschen sollte.
K—11 Limburg-⸗Stirum: Meine Ausführungen konnten die Regierung garnicht diskreditieren, sondern sie hatten den Zweck, ihre Stellung zu stärken. Was die englischen Kolonien be— trifft, so ist die Sache unaufgeklärt geblieben. Daß die deutschen Delegirten den Ausschluß der englischen Kolonien von der Konvention nicht in den Vertrag haben hineinschreiben wollen, glaube ich gern: aber es steht nun einmal darin. Das beweift der französische Text.
Abg. Freiherr von Maltzan sd. kons) spricht sich im Sinne des Abg. Gamp für die Konvention aus. Herr von Liebermann habe selber die Deutschfeindlichkeit der Engländer durch seine Reden im Reichstage verschuldet.
Direktor im Auswärtigen Amt Dr. von Koerner: Die Be— deutung des Artikels 11 der Konvention ist doch eine andere, als der Herr Abg. Graf zu Limburg-Stirum annimmt. Der Artikel foll darüber Bestimmungen treffen, in wie weit die Kolonien und über— seeischen Besitzungen der vertragschließenden Staaten unter die Kon⸗ Rention fallen, an der Konvention theilnehmen. Der allgemeine Grundsatz ist der, daß die Kolonien ebenfo bebandelt werden, ebenso Theile der Konventionsstaaten sind, wie die Konventions⸗ staaten selbst. Besondere Bestimmungen find nur getroffen für die niederländischen und die englischen Kolonien. Das soll der Sinn des Artikels 11 sein, nicht aber soll er darüber eine Bestimmung treffen, daß die Verpflichtung der einzelnen Vertragsstaaten gegenüber den selbständigen englischen Kolonien andere fein follen als gegenüber anderen Nichtvertragẽstaaten; und daß in dieser Beziehung eine Aus nahme für England gemacht werde, das wird sich aus der ganzen Konvention nicht ableiten lassen.
Nach einer weiteren Bemerkung des Abg. Grafen von Bernstorff⸗Uelzen schließt die Diskussion.
Vor der Abstimmung zieht der Abg. Graf von Kanitz seinen Antrag auf Zurückverweisung an die Kommission zurück.
Der Artikel 1 der Konvention wird gegen die Stimmen der großen Mehrheit der Deutschkonservaniden, der Reichspartei und einer Minderheit des Zentrums und der Nationalliberalen angenommen; ebenso der Rest der Konvention und das Schluß⸗ protokoll.
Um Gi / Uhr wird die Berathung der Novelle zum Zucker steuergesetz auf Dienstag 11 Uhr vertagt
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. X. Sitzung vom 9. Juni 1902, 12 Uhr Ueber den ersten Theil der Verhandlungen iß
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der Berathung des Etats der Eisenbahnverwal ung
Antrag des Abg. Werner (deutschsoz. Reformp? Regierung
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