1902 / 140 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 17 Jun 1902 18:00:01 GMT) scan diff

Preußischer Landtag. Herrenhaus. 16. Sitzung vom 16. Juni 1902, 2 Uhr.

Zur einmaligen Schlußberathung steht zunächst der von dem Abgeordnetenhause in abgeänderter Fassung an das Herren— haus zurückgelangte Gesetzentwurf, betreffend die Um— legung von Grundstücken in Frankfurt a. M.

Der Referent Graf Bothe zu Eulenburg beantragt die Zustimmung zu der jetzt vorliegenden Fassung. Diese weiche zwar sehr beträchtlich von den früheren Beschluͤssen des Herren⸗ bauses ab, dennoch xrechtfertige sich materiell der Beitritt zu dem Beschluß des Abgeordnetenhauses, mit dem die Regierung einverstanden sei, und mit dem auch die Stadt Frankfurt sich abfinden könng, wenn auch die Vaterfreuden des Ober⸗ Bürgermeisters Adickes durch die Art, wie das Kind gerathen ist, vielleicht etwas beeinträchtigt seien. Jede Abänderung würde zudem das Gesetz für diese Session zum Scheitern bringen. Die meisten Amendements seien Verbesserungen oder doch unter dem Gesichtspunkt des tolsrari posse zu betrachten. Die Streichung des § 47, welcher die Aus dehnung des Gesetzes auf andere Kommunen gestattete, sei ja zu bedauern, aber jeder Versuch der Wiederherstellung würde bei der Haltung des anderen Hauses vergeblich sein. Man müsse sich also mit dem Exreichten für jetzt begnügen. ö . ö. DOhber⸗Bürgermeister HII. Adickes, Frankfurt: Bei der Geschäftslage ist es thatsächlich unmöglich, an dem Gesetz, wie es jetzt vorliegt, noch irgend welche Aenderung vorzunehmen; ich bin daher mit dem Herrn 5 5 * 5 8 * . 16 ö 2 Referenten der Ansicht, daß es das Beste ist, der Fassung, welche das andere Haus der Vorlage gegeben hat, beizutreten. Ich freue mich, daß es in mühsamen Verhandlungen gelungen ist, die Zahl der Freunde des Gesetzes zu vermehren, und ich danke der Regierung, daß sie an dem Zustandekommen einer Verständigung eifrig mitgearbeitet hat. Verwunderung hat es erregen mussen, welche sonderbaren Anschauungen über die Kommunalverwaltung im Anschluß an diese Vorlage von richterlicher Seite im anderen Hause aus— gesprochen worden sind; würde diese. Methode auch von der andern Seite befolgt, so würde ein gedeihliches Zusammenwirken zwischen Justizpflege und Verwaltung doch sehr erschwert. Ueber die Ent⸗ schädigung der Eigenthümer für Terrainabtretung ist, eine Be⸗ stimmung formuliert worden, welche den Verzicht auf dieselbe aus— zuschließen scheint; ich meine indeß, daß trotz dieser Tormulierung der Verzicht gegebenen Falls stets freistehen muß. Der Redner geht dann näher auf den vom andern Dause eingeschalteten 13 ein, nach welchem für das zu Plätzen und Straßen über den Flächeninhalt der eingeworfenen öffentlichen Wege und Plätze hinaus erforderliche Gelände den Eigenthümern Entschädigung in Geld gewährt werden muß, soweit dieses Gelände 30 co der von den Grundeigenthümern eingeworfenen Grundstücke übersteigt. Dieser Paragraph könne leicht zu Spekulgtionen zum Nachtheil der Kommunen führen; doch möchte es einige Wege geben, diesen Bedenken zu begegnen. Im allgemeinen werde sich mit dem Gesetz arbeiten lassen und die bessere Bebauung des Bodens der Stadt Frankfurt ermöglicht werden.

Justiz-Minister Dr. Schönstedt:

Meine Herren! Ich glaube, wir können dem verehrten Herrn Referenten dankbar sein, daß er die persönliche Verantwortlichkeit für die Vertretung des Gesetzes in seiner uns heute vorliegenden Gestalt übernommen hat, ohne erst eine Deckung bei der Kommission zu suchen, was die Verabschiedung zweifellos aufs ernsteste gefährdet haben würde. Ich glaube aber auch, daß auf eine nochmalige Be⸗ rathung des Gesetzes in der Kommission um so mehr hat verzichtet werden können, als durch die überaus klaren und übersichtlichen Darlegungen des Herrn Referenten die von dem Abgeordnetenhause an dem Gesetz entwurf vorgenommenen Aenderungen in ihrer Bedeutung jedem von Ibnen zum vollen Bewußtsein gekommen sind. der dem Vor trage des Herrn Referenten mit einiger Aufmerksamkeit gefolgt ist, wird genau wissen, um welche Punkte es sich handelt, wo das Gesetz als verbessert angesehen werden kann und wo den neuen Bestimmungen etwa mehr oder weniger ernste Bedenken entgegengeseyt werden könnten. Ich selbst, meine Herren, will mich des Urtbeils darüber enthalten, ob die von dem Abgeordnetenbause vorgeschlagenen Aenderungen des Gesetzes das Gesetz selbst in seiner Totalitãt zu einem besseren gemacht baben. In einjelnen Punkten

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sind jweifellos Besserungen anzuerkennen; von allen gelten. Um so mehr freue ich mich aber, da meister Adickeg, der ja als

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wir alle brauchen nicht weniger Muth zu haben, als der Herr Wenn Herr Adickes einige Wege angedeutet hat, wie vielleicht die aus der Anwendung des 8 13 für die Stadt Frankfurt sich ergebenden Schwierigkeiten vermieden werden könnten, so muß ich es mir versagen, auf die Einzelheiten seiner Vorschläge Die Materie ist mir nicht vertraut genug, als daß ich da gleich ein maßgebendes Urtheil mir abzugeben getraute. Aber ich meine, es kann der Stadt Frankfurt überlassen werden, auf dem von ihm angedeuteten Wege zu versuchen, sich das Gesetz annehmbarer zu machen.

Die Zweifelsfragen, die Herr Ober-Bürgermeister Adickes angeregt hat, glaube ich unbedenklich in dem von ihm vorausgesetzten Sinne Die erste Frage ging dahin, welche Ein— wendungen nach dem §13 des Gesetzes dem Magistrat gegen den von den Betheiligten gestellten Antrag auf Einleitung des Umlegun verfahrens entgegengestellt werden könnten. außer Zweifel, daß diejenigen Gesichtspunkte, die im weiter vor— geschrittenen Verfahren den Magistrat berechtigen würden, die Ein— stellung des Verfahrens in Antrag zu bringen, auch bei der Ein— leitung des Verfahrens ihm zu begründeten Einwendungen eine Grundlage geben würden, daß also, wenn schon dann die Besorgniß gegeben ist, daß die Durchführung des Umlegungsverfahrens eine un— wirtbschaftliche oder daß sie mit Opfern für die Stadt verbunden sein werde, die zu den zu erlangenden Vortheilen nicht im richtigen Ver⸗ hältnisse stehen, die hierauf gestützten Einwendungen schon in dem Einleitungsverfahren berücksichtigt werden müssen und, falls sie als berechtigt anerkannt werden, zu einer Zurückweisung des Antrags zu führen haben. Nicht minder ist es mir zweifellos, daß die Be⸗— stimmungen des § 13 über die der Stadt obliegende Entschädigungs⸗ pflicht für das den Satz von 30 ½ des in die Masse eingeworfenen Gesammtareals zwingende sind, daß sie vielmehr durch Vereinbarung zwischen den Be⸗ theiligten ausgeschlossen werden können. Also auch nach dieser Rich⸗ tung hin wird die Stadt es in der Hand haben, sich günstigere Be⸗ dingungen zu schaffen, indem sie nicht ohne weiteres auf Grund der Bestimmungen des Fz 13 die Einleitung des Umlegungsverfahrens in Antrag bringt oder aber der von den Betheiligten beantragten Ein— solchen Verfahrens Herren, daß auf diesem Wege doch manche der Schwierigkeiten werden beseitigt werden können, die aus dem 13 zunächst, falls er als unabänderlich angesehen werden sollte, für die Anwendung des Gesetzes sich ergeben könnten. Ich meine deshalb, meine Herren, daß für dies hohe Saus kein Anlaß vorliegen wird, dem Gesetze gegenüber heute eine ab lehnende Haltung einzunehmen. Es ist, wie mehrfach hervorgehoben Stadt Frankfurt

Bürgermeister Adickes.

hier einzugehen.

beantworten zu können.

Es ist mir vollkommen

überschreitende Straßenterrain

Ich glaube,

unterziehen Gesetz unüberwindliche Schwierigkeiten bietet, die die Erreichung

Der Erfahrung wird auch die Königliche Staateregierung sich nicht un— zugänglich erweisen, und wenn es sich herausstellt, daß das Gesetz so, wie es ist, nicht seinen Zweck erfüllt, dann wird es an der Königlichen Staatsregierung sicherlich nicht liegen, wenn nicht die Ich kann namens derselben erklären, daß sie gern bereit sein wird, da nachzubelfen, w Erfahrungen d

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auf Grund zu machenden

zerbesserungenothwendigkeit des Gesetzes sich ergiebt.

Ober Bürgermeister Struckm ann - Hildesbeim: würde man doch nicht sagen können, daß dieses Gesetz einfach auf andere Gemeinden sich würde anwenden lassen. Aber we Frankfurt mit dem Gesetz auch in dieser Fassung einen Wrsuch machen will und es als eine Wobltbat ansiebt, verstãndlich

Ohne weiteres

dann, wenn sie unter starkem äußeren Zwange entstanden ist, als strafmildernd oder strafmindernd angesehen werden darf. Weiter soll auf den Erlaß eines Reichsgesetzes zur Bekämpfung der Trunksucht nach dem Muster des Entwurfs von 1897 hingewirkt werden. Ein ferneres , ,, soll Bier unter 20/o Alkoholgehalt steuerfrei lassen. Endlich soll nach Analogie der Kommission zur Bekämpfung der Krebskrankheit und der . eine Landeskommission zu? Bekämpfung der Trunksucht eingesetzt werden.

Referent ist für den verhinderten Grafen von Zieten-Schwerin

Freiherr von Durant, der die Zustimmung zu dem Antrage empfiehlt.

Minister des Innern Freiherr von Hammerstein:

Meine Herren! Ich hatte bereits im anderen hohen Hause namens der Staatsregierung die Erklärung abgegeben und wiederhole sie hier gern und persönlich aus vollem Herzen, daß die Staats- regierung dem Grundgedanken des Antrags von Levetzow und Graf Douglas, wie er von der Kommission im anderen Haufe gestaltet und hier aufgenommen ist, durchaus sympathisch gegenüberstehe (Bravoh, daß die Königliche Staatsregierung auch gewillt ist, sorgfältig in eine Prüfung der Frage einzutreten, ob und wie es sich ermöglichen läßt, auf dem Wege der Reichsgesetzgebung Schäden in Bezug auf das bisherige Konzessionswesen zu beseitigen, daß die Königliche Staatsregierung auch ferner prüfen wird, ob es möglich sein wird, im Wege der Landesgesetzgebung irgendwie in diese Materie einzugreifen, daß aber alle diese Wege doch immer nur ein weit gestecktes Ziel vor sich haben und augenblicklich zu helfen nicht in der Lage sind, daß aber die Königliche Staatsregierung auch ferner darüber übereingekommen ist, daß die betheiligten Ressort⸗Minister die Anregungen, die in diesem Antrage und bei der Berathung des andern Hauses gegeben worden sind und hier noch werden gegeben werden, sorgfältig prüfen und erwägen, in wie weit auf dem Wege von Verwaltungsmaßregeln und Polizeiverordnungen den gewiß aller⸗ seits anerkannten Uebelständen des Uebermaßes an Genuß geistiger Getränke abzuhelfen sein wird. Ich habe persönlich ganz ausdrücklich das Uebermaß betont, weil ich das Kind nicht mit dem Bade aus— schütten will. (Sehr richtig) Ich glaube, daß manche Vereine ich spreche nur in meinem eigenen persönlichen Namen damit zu weit gehen, daß sie jeden Alkoholgenuß versagen wollen. Ich glaube, unsere menschliche Natur ist einmal so geartet, daß hier und da Alkohol nichts schadet, sondern nutzt; aber ein Uebermaß: das zeitigt so große Uebelstände, Uebelstände auf privatem Gebiete und Uebelstände, die in das Gemeinwohl des ganzen Staates ein— greifen, daß es Pflicht aller Staatsbeamten und der Regierung ist, wo sich die Gelegenheit bietet, gegen solches Uebermaß einzuschreiten; dazu beizutragen, wird auch mein Bemühen sein. (Bravo!)

Ober⸗Bürgermeister Struckmann: Dieser Ton sticht vortheil baft von der früheren Haltung der Regierung ab. Sie sst sich jetzt der Tragweite dieser Sache vollkommen bewußt. Wir haben auch alle Ursache, den Herren im Abgeordnetenhause dankbar n sein. Es ist nicht meine Aufgabe, Sie über die Schäden des Alkoholgenusses aufzuklären. Es ist nur noch die Frage, mit welchen wirksamen Mitteln man den Alkoholismus zu bekämpfen bat. Von der Kirche und den Vereinen ist Vieles scheb Der Staat kann auf diesem Gebiet ebenfalls thãtig ̃ Der Kultus-⸗Minister sollte in dieser Beziehung das Universitätsleben streng bewachen lassen. Die Aerzte haben ebenfalls eine sebr wichtige Aufgabe, ja sie sind noch wichtiger als die Geistlichen und die Schulen; denn Gefahren für den Körrer werden mehr gefürchtet als Gefahren für die Seele. Spezialkollegia für die Aerzte auf den Universitaten zur weiteren Belehrung würden sebr nützlich sein. Ferner wünsche ich, daß eine zuverlässige Statistik aufgestellt würde äber die Ver⸗ breitung des Alfobols. Durch populäre Darftellungen und Schriften, die der Kultus- Minister den Schulen überweist, könnte außerordentlich viel gescheben. In diesem Jahre findet der große internationale Kongreß gegen den Alkebollgmus statt. Ich itte die Regierung dringend, sich bei demselben vertreten zu lassen. Das Schank⸗ wesen gebört ja zum Neichsressork. Aber das Ministerium würde die Arbeiten für die betreffende Gesetzzebung zu machen baben— Das

Konzessionswesen muß unter Berücksichtigung der Bedürfniỹ

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ektives Ermessen. Vielleicht könnte statutarisch

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worden; es wäre sehr wünschenswerth, wenn das allgemeine Nach⸗ ahmung fände. Im Offizierkorps wurde in früheren Jeiten bedeutend weniger getrunken. Der Unfug, daß ein Verbrecher wegen sinnloser Trunkenheit Strafmilderung erfährt oder frei esprochen wird, muß aufhören, der Betreffende muß eher strenger bestraft werden. Die alten Deutschen haben trotz ihrer Liebe für geistige Getränke ver— standen, die stärkste Nation ihrer Zeit zu sein. . Graf von Schlieben; Ich bin dem Minister sehr dankbar für die Erklärung, daß die Regierung bereit ist, bessernd und helfend in diese Sache einzugreifen. Die Details in dieser Stunde auch nur zu streifen, ist kaum möglich. Ich kann dem Antrage nicht durchweg beistimmen. Es ist nicht durchführbar, daß Kindern unter 15 Jahren kein Branntwein verabreicht werden darf. Soll man etwa von den Kindern einen Taufschein sich vorlegen lassen? Sehr erhebliche Bedenken habe ich gegen die Bestimmung über die Schankstätten, die Polizeistunde u. f. w. Was sind „Schänken“? Wollen Sie für die oberen Zehntausend eine Ausnahme machen? Soll, nur für die ein Gesetz gemacht werden, die infolge ihrer sozialen Stellung keinen Rothspon trinken können? Wäs hilft es, den Gymnasiasten Vorträge zu halten, die in kurzer Zeit auf der Universität es toller treiben im Alkoholgenuß wie jeder Andere? Ich bin der Meinung, daß derjenige, der ein Verbrechen in der Trunkenheit begeht, strenger bestraft werden soll als derjenige, der es nüchtern thut. Mit der Bestimmung des Antrags setzen Sie gewisser⸗ maßen eine Prämie auf die Trunkenheit. Bestrafen Sie doch die Trunkenheit selbst. Wenn die Regierung auf dle Sache eingehen will, so wird sie uns oder dem Reichstag einen u, ,,. vorlegen. Daß wir aber den ganzen Antrag annehmen, halte ich für aus— geschlossen. Sie mögen beschließen, was Sie wollen, § 11 bleibt doch bestehen.

Geheimer Kommerzienrath Schlutow: Der Antrag Douglas

ist, eingehend berathen worden. Fast saͤmmtliche Mitglleder haben sich eingehend an der Berathung betheiligt; es ist ein schriftlicher Be— richt erstattet worden, und wir haben uns ihm angeschloffen. Einzelne Bedenken gegen den Antrag können wir erheben, wenn die Regierung uns einen Gesetzentwurf vorlegt. Warten wir das Gesetz ruhig ab' Ich beantrage, den Antrag en bloc anzunehmen. Wir prãjudizieren unserer definitiven Stellungnahme dadurch nicht. Keiner von uns will eingreifen in das wirthschaftliche Leben, wo es nicht nothwendig ist. Wir bekämpfen nur den Mißbrauch und das Uebermaß des Altohol— genusses. s Herr von Gordon: Ich möchte einem Angriff auf die Korps gegenübertreten Verschiedene Universitäten haben den Frühschoppen abgeschafft. Mit der Ah scheffung des Trinkzwangs würde das ganze studentische Leben untergraben werden. Auch die Angriffe gegen? das Offizierkorps halte ich für unbegründet.

Graf von Mirbach; Die Materie ist ja sehr bedeutungsvoll. Aber wenn man auf dem Wege der Gesetzgebung vorgehen will, fo muß man sehr vorsichtig sein, um nicht englische Zustände zu schaffen. Die jungen Leute werden aus sich heraus den veränderten Verhälitniffen Rechnung tragen.

Graf von Hohenthal-Dölkau: Allgemeine Abstinenz liegt nicht im Sinne des Antrages. Ich möchte aber das blaue Kreuz, welches vollständige Enthaltsamkeit auf christlicher Grundlage zu seinem Ziel gestellt hat, in Schutz nehmen. Berufstrinker können nur durch vollständige Abstinenz geheilt werden. Eine Erweiterung des Antrages wünsche ich dahin. daß auch auf die Verpflegungsstationen und auf die Arbeiterkolonien Rücksicht genommen wird. Die Kreise sind außer stande, die Lasten für diese Zwecke zu tragen; diefe Lasten sollten auf die Staatskasse übernommen werden.

Graf von Schlie ben will nur für den ersten Satz des Antrags stimmen, der sich auf die landesgesetzgeberischen Maßnahmen bezieht, und beantragt deshalb getrennte Abstimmung.

Damit schließt die Besprechung.

Nach einem Schlußwort des Referenten Freiherrn von Durant, der sich dagegen verwahrt, die Korpsstudenten und das Offizier⸗-orps angegriffen zu haben, denen er selbst an— gehöre, wird der Antrag von Levetzow in allen seinen Theilen angenommen.

Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Der vom Ab⸗ geordnetenhause inzwischen eingegangene Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Ausführung des Fleischbeschaugesetzes, wird einer sofort gewählten AJommission von 15 Mitgliedern überwiesen, die denselben am Dienstag vorberathen soll.

Schluß 5 Uhr. Nächste Sitzung Mittwoch, 11 Uhr. (Gesetzentwurf, betreffend die Ausführung des Fleischbeschau gesetzes ) ö

Haus der Abgeordneten. 91. Sitzung vom 16. Juni 1902, 11 Uhr

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Fleisches der Schlachthausgemeinde zur Last fallen, falls dafür nach den übrigen Bestimmungen des § 13 Gebühren erhoben werden. .

Die Abgg. r. Heye-⸗-Stolzenau und Genossen be— antragen, den Absatz folgendermaßen zu fassen: „falls die Untersuchung durch Gemeindebeschluß angeordnet ist.“

Abg. Ehlers (fr. Vxgg. beantragt, daß von der Ge— bühr für nochmalige Untersuchung der Betrag der Gebühr für die erste Untersuchung in Abzug zu bringen ist.

Zu 81, welcher u. 4. die Hausschlachtung von der Trichinenschau ausnimmt und bestimmt, daß als eigener Haus— halt in diesem Sinne nicht anzusehen ist der Haushalt der Kasernen, Krankenhäuser, Erziehungsanstalten, Speiseanstalten, Gefangenenanstalten, Armenhäuser und ähnlicher Anstalten, sowie der Haushalt der Schlächter, Fleischhändler, Gast⸗ Schank⸗ und Speisewirthe, beantragt

Abg. Wolff-Biebrich (nl), hinzuzufügen: „sowie der Handwerker, Land- und Forstwirthe, sofern von diesen mehr als 10 Arbeiter oder Arbeiterinnen regelmäßig beschäftigt werden, die sie beköstigen“.

Abg. Ehlers: Es war mir am Freitag persönlich keines— wegs angenehm, die Berathung am Sonnabend verhindern zu müssen, es ist mir auch jetzt nicht angenehm, nochmals gegen das Gesetz sprechen zu müssen; es handelt sich aber für mich um einen Verzweiflungskampf gegen dieses Gesetz das viele Städte in eine schwierige Lage bringen kann. Ich muß alles aufbieten, um Sie zu be⸗ wegen, diese Interessen zu schonen. Die Bestimmungen in S4 und s 13 brechen mit den Bestimmungen des Kommunalabgäbengesetzes. Eine große Anzahl von Städten hat auf Drängen Ter Regierung und im Vertrauen auf das Kommunalabgabengesetz unter großen Kosten Schlachthäuser errichtet und den Stadt- Etat erheblich belaftet. Wir haben keineswegs die Konkurrenz des auswärtigen Fleisches aus⸗ geschlossen; aber wir muͤssen darauf halten, daß diejenigen, die aus— wärtiges Fleisch einführen, unter denselben Bedingungen arbeiten wie diejenigen, die unter den Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes arbeiten. Besonders die Stadt, deren Interessen ich zu vertreten habe, Danzig, hat unter einer starken Steuerbelastung zu leiden, und in einem solchen Augenblick wird uns ein erheblicher Einnahmegusfall zu— gemuthet! Das Haus wird doch zugeben, daß diese gesetzliche Regelung über Nacht gemacht, daß die Sache nicht , worden ist. Ich bitte jedenfalls, in angemessener Frist, vielleicht in zwei Jahren, eine Revision des Schlachthausgesetzes und des Kommunalabgaben— gesetzes vorzulegen. Es geht nicht an, hier nebenbei das Kommunal⸗ abgabengesetz außer Krafi zu setzen. Herr von Mendel freute fich neulich, daß ich das Herrenhaus anerkannt habe. Ich habe nur dse Hoffnung ausgesprochen, daß das Herrenhaus diese Vorlage gründlich prüfen wird. Ich bin als Politiker nicht gegen die Fleischbeschan' aber als Kommunalbeamter muß ich die konservative Politik bei diesem Gesetz bekämpfen. Ich bitte, 5 4 vorläufig abzulehnen und erst die Revision des Schlachthausgesetzes und des Kommunalabgabengesetzes zu machen. Da ich damit nichi durchdringen werde, habe ich meinen Antrag gestellt. Die Differenz zwischen den Gebühren für die beiden Untersuchungen müssen die Gemeinden wenigstens erheben dürfen, ob— gleich auch sie schen einen Ausfall für die Gemeinde bedeuten wird. Die Rechte geht hier von vpolitischen Rücksichten aus, ich bitte daher, eine wahrhaft konservative Politik zu treiben und das Bestehende zu erhalten.

Abg. lr. Hege-⸗Stoljenau befürwortet seine Anträge, die lin gleicher Weise die Interessen der Landwirthschaft und der Tenfumenten berũcksichtigten.

Abg. Schmitz-Düsseldorf (Zentr.): Ich kann das Bedenken, daß dieses Gesetz in das Kommunalabgabengeseß eingreife, nicht anerkennen'

Wenn die Kommunen zu viele Gebübren erheben, muß die Gesetz

gebung eine Schutzwehr dagegen aufrichten. Die Geset gebung kann

sich der Aufgabe nicht entüeben, die Frage der Trichinesis

wird. Aber die Haueschlachtung muß ausgenommen werden. De kleine Mann, der bie ber ein Schwein beim Dorfschlächter schlack! ließ, kann nicht das Schwein erst auf den Warren lade Schlachthaus in die Stadt bringen; dadurch geht ihm ei verloren. Den in zweiter Lesung beschlossenen s schlachtung ausgenommen ist, „soweit nicht etwas Anderes bestimmt ist“, fasse ich dabin a Polijeiverordnungen nicht biermit mebr abgeändert werden kännen.

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r 652 5. 198 * 26 55 Erne wer eine Erklarung, ob diese meine Auf

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Minister des Innern Freihe Durch die Zusätze gebracht bat, ist S geratben. Ich erlaul orber junächst in Bezug auf Bei Schweinen, deren Fleisch kalt des Besitzers verwendet unterbleiben, seweit nicht bestimmt ist eder wird dem Derrn Verredner soelche Bestimmung,

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zu lösen:

wir müssen Bürgschaft schaffen, daß trichinöses Fleisch nicht genossen

Meine Herren, diese Schlußbestimmung ist nach meiner Auffassung doch in gewissem Grade bedenklich. In § 4 ist ausdrücklich gesagt, daß zu einem bestimmten Zwecke noch eine Untersuchung stattfinden darf, daß die Untersuchung stattfinden darf, ob das Fleisch inzwischen verdorben ist. Für diese Untersuchungen entstehen doch ganz gewiß auch Kosten, und diese Kosten würden nach dem ganzen Sinne unseres Schlachthausgesetzes auch durch den zu decken sein, der das Fleisch zur Untersuchung bringt. Das würde durch § 13 ausgeschlossen sein.

Dann aber hat § 13 noch eine weitergehende Bedeutung. Es ist den Herren bekannt, und auch von Herrn Ehlers vorhin schon aus— geführt worden, daß das Kommunalabgabengesetz den Gemeinden ausdrücklich gestattet, Schlachthausgebühren zu erheben, auch Ge— bühren für die Untersuchung des Fleisches zu erheben, auch des in die Gemeinden von auswärts eingeführten geschlachteten Fleisches. In dem Kommunalabgabengesetz ist ausdrücklich gesagt, daß diese Gebühr einmal bestehen soll aus den Kosten, die die Untersuchung selbst gemacht hat, und zweitens aus einem gewissen Zuschlage, der an einen Prozentsatz der Gesammtkosten und der Gesammteinnahme gebunden ist, aber aus einem gewissen Zuschlag. Meine Herren, dieser Paragraph des Kom— munalabgabengesetzes hat einer sehr großen Anzahl von Gemeinden die Errichtung von Schlachthäusern ermöglicht, und die Regierung hat seit einer Reihe von Jahren bei allen mittleren und größeren Gemeinden mit allem Eifer darauf hingewirkt, daß dort öffentliche Schlachthäuser entstanden sind. Diese öffentlichen Schlacht— häuser, die in der ganzen Monarchie weit über 100 Millionen gekostet haben, sind fast überall aus Anleihen errichtet, und die An— leihen sind fundiert auf den nach dem Gesetz zu erwartenden Gebühren. (Hört! hört! links Wenn Sie nun durch diesen Paragraphen einen großen Theil dieser Gebühren ohne weiteres den Gemeinden nehmen, so bringen Sie viele Gemeindeverwaltungen dadur in eine sehr erhebliche Verlegenheit. (Sehr richtig!) ĩ ob das dahin führen kann ich halte es möglich —, die schon in vielen Städten sehr hoch ges schläge zur Staatseinkommensteuer noch weiter zu richtig!; jedenfalls wird aber in sehr vielen Gemeinden momentan eine sehr erhebliche Verlegenheit entstehen.

Meine Herren, ich würde es an und für sich für richtig halten, wenn man an eine Abänderung des Kommunalabgabengesetzes denkt, das durch einen besonderen Initiativantrag Kommunalabgabengesetz zu veranlassen (sehr richtig mit dem die Sache in Verbindung steht, oder, wenn d Fall ist, diese Sache bei der Neuregelung der Schlachthausgesetzgebun

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