1903 / 291 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 11 Dec 1903 18:00:01 GMT) scan diff

unterliegt ihrer Kritik, wird alles verworfen. Also die Kritik ist außerordentlich leicht, aber das Bessermachen! Wenn ich doch endlich einmal eine Verfassung, eine solche Gesetzgebung sehen könnte, wie die Herren Führer der Sozialdemokraten sie sich denken. Sie sind jetzt 25; das zweite Dutzend haben Sie also; ich will Ihnen noch das dritte geben; wenn Sie aber 36 sind, erwarte ich mit Sicherheit,

daß Sie ihren vollen Operationsplan zur Verfassung, wie sie sein

soll, entwerfen; sonst glaube ich, Sie können nichts.“

Meine Herren, seitdem sind beinahe 20 Jahre verflossen. Die Sozialdemokratie hat das sechste Dutzend Mandate bereits überschritten. Aber den vollen Operationsplan der Verfassung, den Fürst Bismarck von Ihnen verlangte, den haben Sie uns immer noch nicht verraten. Wenn es früher hieß, daß es dazu noch zu früh wäre, so können wir eine solche Entschuldigung heute nicht mehr gelten lassen.

Der Herr Abg. Bebel hat im Juni in Karlsruhe gesagt, daß der Untergang der bürgerlichen Gesellschaft viel näher bevorstände, als sie es selbst glaube. Da ist es doch natürlich, daß wir wissen möchten, was uns bevorsteht. (Heiterkeit) Daß der Herr Abg. Bebel einen genauen und detaillierten Zukunftsplan besitzt, das muß ich nicht nur anstandshalber annehmen (Heiterkeit), sondern das hat er selbst auf einem der letzten sozialdemokratischen Parteitage ich weiß wirklich nicht, war es in Lübeck oder in Mainz gesagt. Da sagte der Herr Abg. Bebel, in der Zeit der Aktionen sei es zu spät für theoretische Diskussionen, der Plan des Zukunftsstaats müßte schon vorher in allen Details ausgearbeitet und fertig sein. Sie besitzen also einen solchen ganz genauen Plan, Sie wollen ihn uns nur nicht zeigen. (Heiterkeit; Es geht dem Herrn Abg. Bebel und der Sezialdemokratie wie dem Verteidiger von Paris, dem General Trochu, während der Belagerung durch die Deutschen: der sprach auch immer von einem geheimnisvollen Plan, durch den alles gut und schön werden würde. Wenn man aber den Plan sehen wollte, dann sagte er: der Plan ist bei meinem Notar mit meinem Testament deponiert, beide werden einmal gleichzeitig geöffnet werden. (Große Heiterkeit) Den Plan des Herrn Abg. Bebel möchten wir aber doch noch bei seinen Lebzeiten sehen. (Heiter⸗ keit) Also sagen Sie uns doch endlich statt der ewigen Klagen, statt der fortgesetzten Beschwerden, sagen Sie uns endlich, aber nicht in negativer Kritik, nicht in verneinenden Redensarten, sondern in positlven Angaben, was Sie nun eigentlich an die Stelle des Bestehenden setzen wollen, wie es nun eigentlich praktisch aussehen soll in dem Paradies, in das Sie uns führen wollen. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Sie nicht) Ich danke Ihnen, daß Sie mich nicht dorthin mitnehmen wollen, ich möchte dort auch gar nicht sein. (Heiterkeit) Daß für die Sozialdemokratie die Pflicht vorliegt, in dieser Beziehung endlich einmal mit der Sprache herauszurücken, das hat Ihnen auch ein Ihnen nahestehender, ein Ihnen befreundeter Politiker, der Herr Abgeordnete leider nicht mehr Abgeordneter Herr Dr. Barth vorgehalten (Heiterkeit), der vor einiger Zeit in einem Artikel der Nation“ schrieb, für die Sozialdemokratie sei jetzt endlich der Augenblick gekommen, nicht mehr wie bisher eine Politik unfruchtbarer Demonstrationen und Agitationen zu machen, sondern zu zeigen, was sie Positives leisten, was sie Positives hervorbringen könnte.

Meine Herren, ich habe mich nicht erst seit heute und gestern, ich

habe mich seit Jahren redlich bemüht, aus Ihren Reden, denen ich

immer besonders aufmerksam zuhöre, und aus Ihren Schriften mich darüber zu informieren, wie nun Ihr Zukunftsstaat praktisch einge⸗ richtet werden soll, wie Ihr Zukunftsstaat eigentlich aussehen soll. Die Ausbeute war unendlich gering. Das Konkreteste, was ich darüber gelesen habe, war noch ein Aufsatz, der vor 3 oder 4 Jahren erschien in einer Zeitschrift, deren Mitarbeiter zum Teil persönliche Bekannte von mir waren, und der mir übersandt worden ist, in der Zeit⸗ schrift Kosmopolis“, und dann die Broschüre „Die soziale Revolution“ von Herrn Kautsky, die ich als Bädeker, als grünen Bädeker für die Reise nach Utopien bei mir habe. (Große Heiterkeit.)

Also, meine Herren, in dem Aufsatz des Herrn Liebknecht hieß es über den Zukunftsstaat denn es war dieser Aufsatz die möglichst präzise Antwort auf die Frage, wie es in dem Zukunftsstaat aussehen würde —:

Verschwinden werden die Kasernen, denn wir haben keine Soldaten mehr, und verschwinden werden die Zuchthäuser, denn die Gesell—⸗ schaft wird sich ohne Verbrecher behelfen. Heiterkeit.)

Verschwinden werden die Justizpaläste, denn an Prozessen wird Mangel sein. Verschwinden werden rein aus Schönheits⸗ rücksichten die entsetzlichen Bauungeheuer, durch die man heute den Menschen beweisen will, daß außerhalb dieser Welt der Materie eine bessere Welt“ über dem Sternenzelt sei. Denkmäler der Kunst wird man dafür um so andachtsvoller verehren. Verschwinden werden die Bastillen der Arbeit, die Fabriken, verschwinden werden die Löcher, nicht gut genug für das Vieh. Und verschwinden werden auch die ungesunden, fieberverbreitenden Häuserwüsteneien und Häuser⸗ sümpfe, genannt Großstädte. Der Unterschied zwischen Stadt und Land wird aufhören, und dank den vervollkommneten Beförderungs— mitteln werden die Menschen nicht mehr Sklaven der Entfernungen sein und, ohne sich von den Kulturgenüssen zu trennen, in der freien Natur leben können.

Meine Herren, da frage ich doch mit aller Rücksicht, die ich für einen ehrlichen und überzeugten Mann hege, der jetzt unter der Erde ruht: Ist es möglich, von dem Zukunfteprogramm einer großen Partei, einer Partei, die alles Bestehende umstürzen will, ein nebel⸗ haftereg, phantastischeres, unklareres Bild zu entwerfen, als es hier einer der hervorragendsten parlamentarischen Führer der Sozial⸗ demokratie getan hat?

Was mich bei solchen und ähnlichen Zukunftsbildern nur immer wundert, ist, daß die Farben nicht noch dicker aufgetragen werden. Wenn ich schon das Aufhören der Verbrechen, der Zuchthäuser, der großen Städte und der Fabriken verspreche, warum nicht auch das Auf⸗ hören von Kopfweh und Zahnweh, von Tod und Krankheit. (Heiter⸗ keit) Vielleicht kommt das noch: wenn ich an Ihrer Stelle stände, würde ich die Farben noch viel dicker auftragen.

Bei Herrn Kautsky habe ich gelesen, daß an dem Tage nach dem Siege der sozialdemokratischen Partel die Grundeigentümer, die Großindustriellen, die Kapitalisten ihres Besitzes enteignet werden würden. Daß bei einem solchen großen Raubzug auch nur die Lage der Arbeiter sich wirklich und dauernd bessern würde, dafür bleibt Herr Kautsky den Beweis vollkommen schuldig. Wie in dem Zu⸗ kunftsstaat nun praktisch regiert werden soll, wie bei der in Aussicht genommenen Herabsetzung der Arbeitszeit und Steigerung der Arbeitslöhne eine Verringerung der Produktion verhindert werden

soll, wie bei der Zuweisung der Arbeit dem Arbeiter auch nur der bescheidenste Rest von persönlicher Freiheit und eigener Initiative bleiben soll, welcher Maßstab der Vertellung gelten soll, ob gleich⸗ mäßig oder nach Maßgabe der Leistung über alle diese ent- scheldenden, grundlegenden Fragen erfahren wir so gut wie gar nichts. Ich bin also vollkommen berechtigt, zu sagen, daß es der Sprung eines Blinden ins Dunkle ist, den uns die Sozialdemokratie mit ihrer ganzen Agitation, mit ihren ewigen Klagen zumutet. Was Sie an die Stelle des Bestehenden setzen wollen das hat ja der Dresdner Parteitag jedem gezeigt das wissen Sie eben selbst nicht, darüber sind Sie sich selbst nicht klar, darin sind Sie nicht einmal untereinander einig. Wenn es wirklich die Durchführung Ihres Parteiprogramms sein würde, so käme das heraus es ist schon vor mir gesagt worden auf die Schaffung eines riesigen Staatszuchthauses, auf ein kolossales Ergastulum, wo es kein Mensch aushalten würde. Es wird aber niemals gelingen, einen solchen Zuchthausstaat aufrecht zu erhalten. Die von Herrn Bebel in Aus—⸗ sicht genommene Nivellierung wäre natürlich nur möglich und denk⸗ bar, wie er das mehr als einmal in seinen Schriften entwickelt hat, durch die Anwendung der brutalsten Gewalt. Aber selbst wenn die von Ihnen in Aussicht genommene Diktatur des Proletariats durch geführt würde, wenn momentan der Besitz aller Menschen gleich⸗ gemacht würde, so würde das morgen wieder anders sein, denn es wird stets fleißige und faule, sparsame und verschwenderische, kluge und dumme Menschen geben. (gZwischenrufe bei den Sozialdemokraten.) Ach, Herr Bebel, ich habe aus den Verhandlungen Ihres letzten Parteitages den Eindruck entnommen, daß Sie manchen Ihrer Partei⸗ genossen für sehr viel weniger fleißig halten als sich selbst, daß mancher von Ihnen manchen andern für sehr viel dummer hält als sich selbst. Daran, an der Besonderheit der Menschen, an ihrem Bedürfnis nach indi⸗ vidueller Freiheit, welche macht, daß der Mensch nicht getrieben und geleitet und von Herrn Bebel an den Pflock gebunden werden will, daran werden Sie scheitern, auch wenn Sie sich nicht vorher die Köpfe einrennen an den ehernen Mauern der gegenwärtigen Staats⸗ und Gesellschaftsordnung, die sehr viel fester ist, als Sie glauben. (Sehr richtig) Es ist ja unmöglich, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, ohne den Herrn Abg. Bebel auf Schritt und Tritt auf Widersprüchen zu ertappen. Diejenige Staats⸗ und Gesellschaftsordnung, die Sie durchführen wollen, Herr Bebel, und die Sie am Schluß Ihrer Aus führungen herbeiwünschten, wäre doch nur möglich bei einem Mangel an Egoismus, bei einem Altruismus, bei einer gegenseitigen Bruder⸗ liebe, wie sie meines Wissens bisher in keinem Staatswesen und in keiner Gesellschaft anzutreffen gewesen sind. Ihre Republik, Herr Bebel, wäre, wie die Republik des Plato, nur möglich mit Engeln und Engelssöhnen. Bilden Sie sich etwa ein, ein solcher Engel zu sein? (Heiterkeit) Sie sind mir ein netter Engel! (Stürmische Heiterkeit) Und glauben Sie, daß Sie Engel züchten, indem Sie immerfort an den Neid, das Mißtrauen, den Haß, an alle schlechten menschlichen Leidenschaften appellieren? Wer, wie Sie, den be— rechtigten und natürlichen Egoismus, auf dem bis jetzt jede gesell⸗ schaftliche und staatliche Ordnung mit beruht hat, ersetzen will durch eine angebliche höhere Form selbstlosen Gemeinsinns, der muß doch erst anfangen, selbst duldsam und milde und gut zu sein. (Sehr richtig! rechts, in der Mitte und bei den Nationalliberalen) Statt solcher Harmonie haben Sie uns in Dresden eine Kakophonie auf— geführt, wie sie noch nie dagewesen ist. (Heiterkeit)

Der Herr Abg. Bebel hat im Eingange seiner Ausführungen sich auch wieder gegen den Militarismus gewendet. Er glaubt, es ginge auch ohne Armee oder mit einem Milizheer. Ich möchte nur wissen, was er täte, wenn wir von unseren Nachbarn angegriffen würden. Gegenüber Zuständen, wie sie der Herr Abg. Bebel hervor= rufen will, läge die Versuchung zu einem solchen Angriffe sogar sehr nahe. (Sehr wahr! rechts.) Und selbst wenn ein solcher Angriff ver⸗ mieden würde, so beweist doch die ganze Geschichte, daß der Beste nicht in Frieden leben kann, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. Was würden Sie nun also machen, Herr Bebel, wenn wir ohne eine starke, ohne eine wohldisziplinierte Armee von unseren Nachbarn angegriffen würden? Und wie denken Sie sich überhaupt die Durchführung Ihrer auswärtigen Politik ohne eine große Armee? (Sehr richtig! rechts; Unruhe bei den Sozialdemokraten und Zurufe) Um die auß⸗ wärtige Politik des Herrn Abg. Bebel und der Sozialdemokratie zu realisieren, müßten wir eine viel stärkere Armee haben, als wir sie heute besitzen: er will ja Überall intervenieren, in Mazedonien, in Finnland, in Armenien, in Rumänien, sogar in der Mandschurei (Heiterkeit), überall, wo Menschen leiden. Das ist an sich ganz schön. Das macht vielleicht dem menschlichen Gefühl Ehre, das ist aber nicht durchzuführen ohne eine ganz ungewöhnlich große Armee. Und wie denkt sich der Herr Abg. Bebel die Leitung der künftigen Politik? Wen haben Sie beispielsweise als Minister des Aeußern ins Auge gefaßt (große Heiterkeit), als Botschafter, als Gesandte? (Heiterkeit und Zurufe) Ich fürchte, nach den Aus— lassungen des Herrn Abg. Bebel auf dem Dresdener Parteitag, daß es Akademiker nicht sein dürfen. (Heiterkeit) Sich auf diese Frage vorzubereiten, haben Sie ja allen Grund, wo Sie uns sagen, daß unser Untergang und Ihr Regierungsantritt so nahe bevor— steht, und wo Sie, ebenfalls in Dresden, erklärt haben, die Sozialdemokraten würden, wenn sie am Ruder waren, ihre Sache ganz vorzüglich machen. (Heiterkeit rechts) Und wie denken Sie sich das Verhältnis zu Rußland (Heiterkeit), über das Sie sich soeben so überaus unfreundlich und gehässig ausgesprochen haben? Vor einigen Wochen las ich in einer italienischen Zeitung einen Brief, den der Herr Abg. Bebel an einen italienischen Freund, den Abg. Enrico Ferri, einen italienischen Sozialisten, gerichtet hatte. In dem Briese hieß es, die deutsche Sozialdemokratie ignoriere das Zarentum. (Lachen rechts. Zuruf des Abg. Bebel.) Herr Bebel, ich habe den Brief in der Presse gelesen. Wenn Sie den Brief nicht geschrieben haben, dann freut es mich für Sie. Aber glauben Sie, daß Sie, einmal am Ruder, das mächtige russische Reich mit 130 Millionen ignorieren würden?

Ich lese beständig in sozialdemokratischen Blättern Angriffe gegen Rußland, beinahe so scharf, wie das, was der Herr Abg. Bebel hier eben über Rußland gesagt hat. Ich lese da, kein Mittel müßte un⸗ versucht gelassen werden, dem russischen Kaisertum den Abscheu des deutschen Volkes, den Haß des deutschen Volkes zum Ausdruck zu bringen. Glauben Sie, daß mit solchen Tendenzen ein friedliches Verhältnis möglich wäre zwischen uns und Rußland, wie es dem wohlverstandenen Interesse des deutschen Volkes ent⸗ spricht? Wer vor solchen Unklarheiten, solchen Widersprüchen, so

viel Rätseln steht, der sollte sich mehr in seiner Kritik mãß igen es der Herr Abg. Bebel heute getan hat (sehr gut! rechtz und bei den Nationalliberalen. Zurufe bei den Sozialdemokraten a sollte nicht die bestehende Gesellschafst umstürzen wollen, denn“ hat gar nichts Besseres an ihre Stelle zu setzen. (Sehr uu Das größte Pech, das dem Herrn Abg. Bebel und der Sojnl demokratie passieren könnte das habe ich oft gedacht win wenn Sie durch irgend ein Wunder plötzlich in die Gewalt, an . Macht kämen (Zurufe von den Sozialdemokraten), denn dann ihn sich Ihre Unfähigkeit im Innern und nach außen, Ihre unfahisha die Produktion zu organisieren, Ihre Unfähigkeit, die aus wartig Politik zu führen Ihre ganze Impotenz würde sich in bengalischer Beleuchtung zeigen. (Große Heiterkeit; Sehr wahr! Zurufe von den Sozialdemokraten.) Ich gebe allerdings zu, daß Ihre Geschastz übernahme auch für uns ein heilloses Pech sein würde (große Heiter. keit), denn, wenn Sie nichts Dauerndes organisieren und produieren würden, im Zerstören und Ruinieren, da würden Sie groß sein (Sehr richtig! rechts.) ; Meine Herren, in den langen Ausführungen des Herrn Abg. Bebel traten uns namentlich zwei Gesichtspunkte entgegen: einmal dat bon dem Herrn Abg. Bebel schon früher oft proklamierte, unverhüllte Bestreben, die bestehende Ordnung der Dinge, unsere bestehende staat⸗ liche und gesellschaftliche Ordnung umzustürzen. Und dann Klagen über mangelndes Entgegenkommen des Staats gegenüber der sozial. demokratischen Bewegung, der sozialdemokratischen Weltauffassung. Ja, meine Herren, solche Klagen erinnern mich an das französische Sprichwort von dem Tier, das für böse erklärt wird, weil es sich verteidigt, wenn es angegriffen wird. Verteidigen wird sich der Staat. (Zuruf von den Sozialdemokraten Wer der Staat ist? Das würden Sie schon merken, wenn Sie losgingen. Wir werden die bestehende Ordnung der Dinge, wir werden die Fundamente, auf welchen diese Ordnung ruht, die Religion, die Monarchie, die in Jahrhunderten langsam emporgewachsene Kultur, wir werden das Haus, das vielen Geschlechtern Obdach gewährt hat und das noch unsere Kinder aufnehmen soll, zu verteidigen wissen und verteidigen können. An diesem Hause haben viele Generationen ge⸗ arbeitet, große Geister und tüchtige Männer, es ist das Resultat von viel Hingebung und Treue, von viel Schweiß und Blut. Aufzubauen ist schwer, einzureißen ist leicht. Die Künstler, die den Tempel aufführen, werden selten geboren, aber Herostrate, die bereit sind, ihn anzuzünden, sind zu Dutzenden vorhanden. (Sehr gut! rechtz.¶ Wir werden unser Haus zu verteidigen wissen mit voller Festigkeit, aber auch mit voller Ruhe. Denn wenn wir sehr wohl die Gefahren sehen, welche unsere Traditionen und Zukunftshoffnungen, die Quellen unserer Macht und Wohlfahrt bedrohen, so fürchten wir diese Ge— fahren doch durchaus nicht. Und alle Versuche, an die Stelle der orga—⸗ nischen und gesetzmäßigen und verfassungsmäßigen Fortentwicklung die widerrechtliche und gewaltsame Revolution zu setzen, werden nach meiner Ueberzeugung scheitern scheitern an dem gesunden Sinn des deutschen Volkes, das sich selbst aufgeben müßte, wenn es Ihnen folgen würde. (Andauernder lebhafter Beifall rechts, in der Mitte und bei den Rationalliberalen. Zischen bei den Sozialdemokraten. Erneuter lebhafter Beifall.)

Bevollmächtigter zum Bundesrat, Königlich sächsischer Mi— nistexialdirekor Dr. Fischer: Ich werde zu sofortiger Beantwortung der Angriffe des Herrn Abg. Bebel, veranlaßt. Einer der Gründe, die mich dazu veranlassen, liegt in den Zwischenrufen, die mir von dieser Seite (links) geworden. Den ersten dieser Zwischen— rufe, in dem ich als Kommis der Unternehmer bezeichnet wurde, habe ich sofort durch den freilich nicht sehr parlamentarischen de. Unverschämtheit! zurückgewiesen; ein anderer dieser wischenrufe ging dahin: ich sollte es nicht wagen, die sächsische n zu herteidigen. Bei der Leidenschaftlichkeit, mit der Herr Bebel die sächsische Regierung angegriffen hat, würde ich es aber für eine Feigheit halten, zu schweigen. Die Darstellung des Crimmitschauer Streils durch Herrn Bebel war etwas einseitig. Richtig ist, daß die Einführung des Zehnstundentags die Ursache war. Es handelt sich aber nicht allein um eine Lokalfrage, sondern um eine solche, welche die gesamte deutsche Industrie betrifft. Das haben auch die Streikenden selbst anerkannt; Crimmitschau soll vorangehen, dann wird ganz Deutsch= land nachfolgen, und so wird man nachher auch den Neunstundenta durchsetzen, um endlich den Achtstundentag zu erreichen. Das ist bon einem Abgeordneten in öffentlicher Versammlung er— klärt worden. Der Redner gibt hierauf eine Dar, 66 der Entstehung des Streiks, aus der sich ergibt, daß ormell allerdings von einer Aussperrung gesprochen werden kann. Tatsächlich wären aher die Arbeitgeber gezwungen worden, die Arbelt in ihren sämtlichen Fabriken aufhören zu lassen, weil die eingeleitete Verhandlung durch die Schuld der Arbeiter nicht zu Ende geführt werden konnte. In dem ersten Teil des Streiks sei die Haltung der Arbeiter im wesentlichen würdig gewesen, kleine Ausschreitungen wären natürlich auf beiden Seiten vorgekommen. Aber nach dem amtlichen Material habe sich im Laufe der Zeit daß Bild, verändert. Sowie einige Arbeiter Neigung zeigten, die Arbeit wieder aufzunehmen, waͤren sie von den sbrig* in einer nicht mehr schönen Weise bedrängt worden. Nach den Berichten der Gendarmen sei der Vergewaltigung der Arbeitswilligen kein Ende gewesen. Kamen Arbeitswillige nach der Fabrik, so schauten auf ihrem Wege aus allen Fenstern höhnische Gesichter hinaus, höhnisches Hurra wurde gerufen und schließlich sei ein richtiger Boykott über sie verhängt worden. In den sozialdemokratischen Flugblättern sei ein Ton angeschlagen worden, der ebenfalls „nicht mehr schöänꝰ war. In 16 Fällen sei das Amtsgericht in Crimmitschau zu Verurteilungen wegen Bedrohung Arbeitswilliger, also wegen Vergehen gegen 8 153 der Gewerbeordnung gekommen. In einem dieser Fälle sei ein Weber verurteilt worden, der einem Arbeitswilligen unter anderem 66 Schämen Sie sich nicht? Hals und Beine sollen Ste brechen, um Sie wäre es auch nicht schadel⸗ In— zwischen sei eine erhebliche Zunahme der Arbeitswilligen zu konstatieren ewesen, von 1325 auf 1477 in einer Woche. Für die jüngsten Be⸗ . des Stadtrats von Crimmitschau bezüglich der Versammlungen eien ganz besonders die massenhaften und groben Ausschreitungen gegen diese Arheitswilligen maßgebend gewesen, die man einzuschüchtern und 6 sofortigem Rückzug zu veranlassen Echt Dag Streikpostenstehen, ährt Redner weiter fort, sei an sich nicht, verhoten, sondern nur dann, es für den Verkehr und die öffentliche Ordnung hinderlich werde. Der Bürgermeister von Crimmitschau habe sich die größte Mühe gegeben, den Streik beizulegen. Bei der Zunahme der Ausschreitungen sei es nur gerechtfertigt gewesen, 9 man alle Versammlungen und Ansammlungen verboten habe, und da tatsächlich so etwas wie ein kleiner ,,,, über die Stadt verhängt sei. Die Vertreter der Arbeiter, die sich an den Minister von Metzsch beschwerdeführend gewendet hätten, selen won den beiden Geheimen Räten sehr freundlich empfangen worden. Der Minister habe auch eine Deputation der Arbeitgeber, die sich an ihn gewendet, nicht empfangen, weil er über den Parteien stehen wollte. Redner schließt mit dem Wunsche, daß der Friede, der in der Stadt zum großen Schaden der ganjen Bepölkerung durch einen Teil derselben gestört sei, recht bald wiederhergestellt sein möge.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

wenn

zum Deutschen Reichsan

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

A

tändlich) schließt sich zunächst dem Wunsche des Abg. Schaedler in . a baldige Heilung des Kaisers an und wendet sich sodann zu einer Besprechung der Vorlage über die Finanzreform. Es sei zu hoffen, daß die Vorlage in die Finanzen des Reichs etwag mehr Klar⸗ heit bringen werde, als zur ö. vorhanden sei. Die Regelung des Verhältnisses zwischen dem Reiche und den Einzelstaaten sei allerdings schwer, und eine Regelung, die allen Wünschen gerecht werde, lasse sich wohl Überhaupt nicht aufstellen. Es komme deshalb darauf an, die richtige Mittellinie zwischen den verschiedenen ae. zu finden. Augenblicklich seien die Einzelstaaten sehr großen wankungen in den Ueberweisungen und Matrikularbeiträgen ausgesetzt. Das ent⸗ egengesetzte Extrem würde aber entstehen, wenn die Finanzen, der inzelstaaten vom Reiche völlig getrennt würden; denn dann hätten die Finanzminister der Einzelstaagten keinerlei Interesse mehr an der Finanzierung des Reicht. Zwischen den beiden Extremen müsse man die Mittellinie finden, und die Vorlage treffe wohl darin das Richtige. Redner erörtert sodann die Geschichte der , Klausel. Die Nationalliberalen hätten seinerzeit konstitutionelle Garantien durch die Beweglichkeit der Zölle gefordert. Fürst Bis—⸗ marck hätte darin eine Erweiterung der Machtbefugnisse des Reichs⸗ tags erblickt, deshalb diese Beweglichkeit abgelehnt und sich mit dem Zentrum über die clausula Franckenstein geeinigt. Wenn auch die Klausel nur eine formelle und keine materielle Bedeutung habe, so fei doch eine große Unklarheit in die Finanzen gekommen. Die Klausel habe sic daher schlecht bewährt, selbst Finanzgrößen schienen ch nicht immer ganz klar zu sein über die Etatsverhältnisse. . wenn die Franckensteinsche Klausel eingeschränkt werde, so bleibe von dem Einnahmebewilligungsrecht des Reichstags so viel übrig wie rüher. Die Abänderung des Artikels 70 enthalte wesentliche Ver⸗ ng Was den Rest der Vorlage betreffe, so dürfe man es nicht dahin kommen lassen, daß die Matrikularbeiträge gewisser⸗ maßen versteinerten. Große Schwankungen seien ja ein Fehler, aber alle Schwankungen zu besestigen, würde nicht angehen, denn dann würde das Interesse der Einzelstaaten für das Reichsinteresse aufhören. Wir haben, fährt der Redner fort, keinen verantwortlichen Reichsfinanz⸗ minister, umsomehr müssen wir darauf halten, 83 die Finanz⸗ minister der Einzelstaaten bei der Finanzierung des Reichs beteiligt sind. Eine sehr wichtige Frage ist: wann wird es gelingen, das Defisit zu beseitigen. Damit kommen wir auf, die Frage des In⸗ krafttretens des neuen Zolltarifs. Wir wissen nicht, welche Tarifsätze die neuen Verträge enthalten werden, und vor allen Dingen nicht, ob und wie stark der Rückgang der Einfuhr sein wird, wenn einzelne Sätze erhöht sein werden. Wir, die wir seinerzeit für den Zolltarif gestimmt haben, leben der Hoffnung, daß, wenn das neue Zolltarif⸗ gesetz Gesetzeskraft erlangt haben wird, dann in kurzer Zeit die De⸗ . in der wir uns setzt befinden, überwunden wird, und daß dann die Einnahmen wachsen werden. Man hat uns Konservativen oder Agrariern vorgeworfen, daß wir prinzipielle Gegner langfristiger Handels- verträge wären. Das sind wir nicht, aber wir wünschen doch, ö. solche Ver⸗ träge nicht à tout prix gemacht werden, d. h. nur solche, durch die unsere heimische Produktion den nötigen . erhält. Die Mindestzölle sind für uns bei den Handelsverträgen der springende Punkt. Ferner wünschen wir, daß der Schutz gegen die Einführung von Viehseuchen durch diese Verträge nicht abgemindert wird, namentlich im Interesse des kleinen Grundbesitzes. Die Viehseuchen werden vom Ausland ein geschleppt, das ist klar nachgewiesen, wenn die heimische Produktion dauernd gegen das Einschleppen von ir g, aus dem Auslande, wie es England annähernd gelungen ist, geschützt wird, dann ist sie auch im stande, vollständig das zu produzteren, was erforderlich ist. Durch die Gebühren wird den Konsumenten, namentlich in den größeren Städten, ich sage nicht in allen, aber in vielen, das Fleisch künstlich verteuert. Die Gebühren der Viehschlachthäuser und Vieh⸗ höfe sind in vielen Städten zu einer Einnahmequelle 3st Man hat mit anderen Worten einen Zoll auf Vieh und Fleisch gelegt. Möge der Reichskanzler auch in seiner Eigenschaft als . Ministerpräsident dieser Frage seine Aufmerksamkeit schenken. ir haben gelesen, daß mit den fremden Staaten Unterhandlungen über den Abschluß von Handelsverträgen stattfinden. Wir haben die Empfindung, daß diese Verhandlungen stocken. Die der

bg. Dr. Graf zu Stolberg⸗Wernigerode (d. 3 schwer

Stellung der Regierung würde eine bessere sein, wenn in das Tarifgesetz ein Ein führungstermin aufgenommen wäre. Sollten die Verträge h noch weiter als nutzlos erweisen, so bliebe als altima ratio nichts anderes übrig, als die Verträge zu kündigen. Ich sage das nicht in leichtsinniger Weise, aber so viel steht sest, der jetzige Zu⸗ stand ist unhaltbaͤs. Wenn wir der Regierung die Waffe des Zolltarifs in die Hand gelegt haben, dann dürfen wir auch hoffen und erwarten, daß sie von dieser Waffe auch Gebrauch macht. Etatsabstriche zu machen, wird Sache der Kommission sein. Die Mehrzahl meiner Freunde ist der Meinung, daß die Matrikularbeitraͤge erhöht werden und die Anleihe vermindert wird. 2 persönlich behalte mir mein Urteil vor bis nach der Kom—⸗ missionsberatung bezw. der zweiten Lesung. Denn erst dann wird könn wie sich der Etat gestaltet hat. Die Frage

der Oberstleutnantsgehälter hat den Reichstag schos im vorigen Jahre beschäftigt. Vom reinen nüchternen * haf tlichen Standpunkt aus muß ich sagen: die Erhöhung von eamten⸗ und anderen Gehältern ist nur notwendig, wenn . nicht

die nötigen Bewerber für diese Aemter finden. Ich bin der Meinung, daß es allerdings an der nötigen Anzahl von Offiziergaspiranten für, die Infanterie fehlt, und darum bin ich für diese Erhöhung. tit der Unteroffijierfrage hängt auch die Frage der Soldaten

mißhandlungen zusammen. Niemand bedauert diese und verurteilt sie chäͤrfer als wir. Aber wenn wir den Wunsch haben, daß diese Miß— andlungen womöglich ganz aus der Armee verschwinden oder

mindesteng auf ein Minimum zurückgeführt werden, so muß man sich auch klar machen, woher sie rühren. Man hat aus der Ein⸗ führung der zwessährigen Dienstzeit nicht die nötigen Folgerungen seiogen. an hatte unter der dreijährigen Dienstzeit eine gewisse Anzahl brauchbarer Gefreiter, die im dritten Jahre vollständig aus. Eb hz waren und die den Unteroffizieren bei der Ausbildung er Mannschaften zur Hand gehen konnten. Jetzt ist es anders.

un wäre es der größte Fehler, in den Anforderungen an das *

nachjulassen. Wir leben heute in einer Zeit der schärfsten Konkurrenz auch auf militärijchem Gebiete. Selt 1879 arbeiten alle Armeen. Ich habe den Eindruck, daß dieser Etat für die Unter⸗ offiztere zu Ingpy bemessen ist, und ich möchte den Kriegsminister bitten, im nächsten Jahre zu erwägen, ob nicht eine Erhöhung an⸗ gezeigt ist. Nun noch eine mehr priwate Angelegenheit, die an mich als Präsidenten der We m n n, erangetreten ist. Es hat sich in der Budgetkommiffion ber Mangel heraut⸗ gestellt, daß keine Verbindung zwischen der Rechnungskommission und der Budgetkommission besteht, und daß 1 gedessen die Budget- kemmisston vielfach im unklaren ist über elnzelne Giats. Ware es nicht tunlich, daß die Rechnungskommission der Budgetkommission porarbeitet ? Die Rechnungskommisston könnte e, . alle diejenigen tat in Angriff nehmen, die im Januar in der Budgetkommission

9 Verhandlung kommen. Das soll natürlich nur eine Anregung sein. ch beantrage, beide Vorlagen der Budgetkommission zu überweisen.

man übersehen der Erhöhung

nur der Kommts des Unternehmertums“, . Sie sind ja nur

3weite Beilage

Präsident Graf von Ballest rem; Ich schlage Ihnen vor, daß wir uns vertagen. (3Zwischenrufe rechts) Ja, es will niemand mehr reden. Man i int anzunehmen, der Reichstagsmann tut seine Pflicht von 1 bis H doch länger nicht.

Abg. Metzger 6e! persönlich) Der Vertreter der Negierung von Sachsen hat sich durch einen Zwischenruf von unserer Seite be— leidigt gefühlt, der nach seiner Meinung gelautet hat: „Sie sind ja nur der Kommis des Unternehmertums“.

.Präsident Graf von Ballestrem:; Sie dürfen in einer persön⸗ lichen Bemerkung nur für Ihre eigene Person sprechen.

g. Metzger: Das tue ich auch, ich habe den Zwischenruf ge⸗ macht. (Der Präsident: Ahalj Der sächsische Vertreter hat den Zwischenruf mißverstanden; der Zwischenruf lautete nicht: „Sie sind

die Kommis des Unternehmertums‘. Es hat mir vollständig fern ge⸗ legen, den sächsischen Vertreter persönlich beleidigen zu wollen. Deshalb war guch sein Zuruf: „Unverschämtheit“ . . e.

Bevollmächtigter zum Bundesrat, an, ich sächsischer Ministerial⸗ direktor Dr. Fischer: Ich nehme keinen Anstand, nach dieser ö, 6 auch meinerseits den Ausdruck „Unverschämtheit“ zurück- zunehmen.

Präsident Graf von Ballestrem: Die Debatte ist wieder eröffnet, da ein Mitglied des Bundesrats das Wort ergriffen hat; aber ich schlage Ihnen wiederum vor, daß wir uns vertagen. Ein⸗ gegangen sind 4 Anträge auf Einftellung des schwebenden Straf⸗ verfahrens gegen die Abgg. Kuhnert, Schöpflin, Goldstein und Geyer.

Schluß gegen 6 Uhr. Nächste Sitzung Freitag 1 Uhr. (Beratung der eben mitgeteilten Anträge und Fortsetzung der Generaldebatte des Etats.)

Nr. 49 der ‚Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts“ vom 9. Dezember hat folgenden Inhalt:; Ge⸗ sundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. Sterbefälle im Oktober. Zeitweilige Maßregeln gegen Pest. Desgl. gegen Cholera. Sanitätsverwaltung in Bayern, 1901. ge ndl ef, verhältnisse in Böhmen, 1899/61. i g ung usw. Deutsches Reich.) Arbeiterinnen und jugendliche Arbeiter in Ziegeleien. Getreidemühlen. Thomasschlackeanlagen. (Preußen. . Schulärzte. (Reg. Bez. ,, Leichenscheine. (Bayern. Fleischbeschau. Leichenbeforderung. aden.) Badeorte. Üntersuchungsämter für ansteckende Krankheiten. r e urg. Schwerin.) Fleischbeschau. (Elsaß ⸗Lothringen.) Fleischbeschau. Gang der Tierseuchen im Deutschen Reiche, 30. November 1903. 3 unter den Armeepferden, 1902. Desgl. in Bosnien, 3. Vierteljahr 1903. Zeitweilige Maßregeln gegen Tierseuchen. (Preuß. Reg. Bez. Wiesbaden, Großbritannien, Belgien, Rußland.) Vermischtes. ,, Pilgerfahrt nach Meklka, 1902503. Geschenkliste. Monatstabelle uber die Sterbefälle in deutschen Orten mit 15 909 und mehr Einwohnern, Oktober. Desgleichen in größeren Städten des Auslandes. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 900 und mehr Einwohnern. Desgleichen in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher e, Desgleichen in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Witterung.

Nr. 53 des ‚Eisenbahn⸗Verordnungsblatts“, heraus⸗ gegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 27. November erschien mit folgendem Inhalt; Bekanntmachung des Reichskanzlers, betr. die dem Internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahn⸗ frachtverkehr beigefügte Liste, vom 11. November 1903. Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 19. November 1903, betr. Zulassung von Diplomingenieuren zur Ausbildung im Staats⸗ dienst; vom 21. November 1903, betr. Ausstellung von Erlaubnis⸗ karten zum Betreten der Bahnanlagen; vom 23. November 1905, betr. Beflaggung der Dienstgebäude; vom 23. November 1903, betr. Stempelpflichtigkeit der Frachtbriefzessionen. Nachrichten.

Nr. 54 bom 7. Dezember enthalt den Staatsministerialbeschluß, betr. Ausführungsbestimmungen zu den Vorschriften über die Tage⸗ gelder und Reisekosten der Staatsbeamten, vom 11. November 1963.

Nr. 98 des ‚Zentralblatts der Bauverwaltung“, heraus⸗

egeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 9. Dezember, at folgenden Inhalt: Aus dem Reichshaushalt für 1904. Das Kaiserhaus in Goslar. Vermischtes: Beuthpreis bewerbung des Vereins deutscher Maschineningenieure für 19093. Wettbewerb um Entwürfe für eine evangelische Kirche in Wetter a. d. Ruhr. Internationaler Wettbewerb um Entwürfe zu einem israelitischen Tempel in Triest. Semper - Reisestipendium der Stadt Dresden. Bergerdenkmal auf dem Hohenstein bei Witten.

Literatur.

Die Schule der Chemie. Erste Einführung in die Chemie für jedermann von W. Ostwald, o. Professor der 836 an der Universität Leipzig. J. Teil: Allgemeines. it 46 Abbild. Braunschweig, Verlag von Friedr. Vieweg u. Sohn. (4,80 606, geb. h, 50 Bei dem tiefgehenden Einfluß, den die moderne Chemie auf unser gesamtes Wirtschaftsleben gewonnen hat, ist das Bedürfnis nach einem Buch, das eine angemessene, der heutigen Wissenschaft ent⸗ sprechende Vorstellung der Chemie welteren in fen übermittelt, un⸗ leugbar. Es ist daher ein Verdienst, wenn eine , n . Autorität diese Vermittelung unternimmt, denn sie bietet die Gewähr, daß die „Popularisierung“ nicht auf Kosten der wissenschaftlichen Zu⸗ verlässigkelt erreicht wurde. Professor Ostwald hat die Voraus« setzungen an die Kenntnisse seiner Leser so niedrig gestellt, daß keiner, der die Elementarschule mit Erfolg besucht hat, auf unüberwindliche Schwierigkeiten in dem Büchlein stoßen dürfte.

Naturwissenschaft und 86366 in , m lichen Einzeldarstellungen. 1. Band: „Die Physik des täglichen Lebeng?. Von Professor Leopold Pfaundler. Reich illustriert. Geb. 7, 50 M (Stuttgart, Deutsche Verlagsanstalt.) Die Deutsche Perlagsanstalt beabsichtigt, eine Reihe von Büchern, die die Hauptgebiete der Naturwissenschaft und Technik gemein⸗ verstãndlich . herauszugeben. Der vorliegende * Band bringt die Physik des täglichen Lebens in 4 gewählten Bei⸗ spielen aus dem häuslichen Wirtschaftsleben in Stadt und Land, aus der freien Natur wie aus den Industriestätten dem Verständnis des ebildeten Laienpublikums näher, wobei der Tert w eine große en el instruktiver Abbildungen zweckentsprechend unterstützt wird.

Der Vulkan. Die Natur und das Wesen der Feuerberge in Lichte der neueren Anschauungen für die Gebildeten aller Stände in gemeinfaßlicher Weise , ,. t von Dr. phil. . aas, Professor an der Hochschule in Kiel. Berlin, Verlag von fred Schall. (Verein der Bücherfreunde, geb. A 5) Unter Benutzung der Ergebnisse der neuesten , ,. ung gibt der Verfasser eine Darstellung bon den Ansichten über den fi. atzustand des Erd—⸗ innern, um dann auf den Streit über die vulkanischen Spalten einzu- gehen und den Mechanismus des Vulkans ausführlich zu schildern. Den unterseeischen Eruptionen, den erloschenen Vulkanen und den

312 550 (639 187, 44. Sol. a

zeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

Berlin, Freitag, den II. Dezember

ö

vulkanischen Ausbrüchen auf den kleinen Antillen im Jahre 1902 sind i . Kapitel gewidmet. Das Buch ist anschaulich und fesselnd geschrieben und mit guten Abbildungen versehen.

Im Verlage der Hinstorffschen Hofbuchhandlung in Wismar (Mecklenburg) sind neue, billige, illustrierte Ausgaben von Reuters Ut mine Stromtid?! und von Hanne Nüte“ erschienen. 6.6 bejw. 4 1 Die Werke haben sich längst einen unbestrittenen Ehrenplatz bei, dem deutschen Lesepublikum erworben, und da die früheren illustrierten Prachtausgaben längst vergriffen sind, wird die d, , Neuausgabe, bei der Ludwig Pietsch die „Stromtid“, Speckter, der bekannte Illustrator der Heyschen Fabeln, den Hanne . n e, . versehen haben, sicher eine freundliche Auf⸗ nahme finden.

Geogrgphische Kulturkun de. Eine Darstellung der Beziehungen jwischen der Erde und der Kultur nach älteren und neueren Reiseberichten von Leo Frobenius. Mit 18 Tafeln und 42 Kartenskizzen im Tert. (Geb. 11,50 ö Verlag von Friedrich Brandstätter. Das Buch besitzt keinen selbständigen wissenschaftlichen Wert, denn es bringt . . Auszüge gus den Berichten von Reisenden früherer und jüngerer Zelt, ohne diese Berichte unter gewissen Gesichts⸗ punkten zu verarbeiten. Immerhin sind die Berichte so ausgewählt, daß sie ein Bild von den hervorragendsten Kulturerscheinungen bei den einzelnen geschilderten Volksstämmen bieten.

Sandel und Gewerbe.

(Aus den im Reichsamt des Innern zu sammengestellten Nachrichten für Handel und Industrie“ )

Anbahnung von Handelsbeziehungen zwischen Rußland und Persien.

Die russische Dampfschiffahrts⸗ und Handelsgesellschaft in Odessa, die, mit staatlicher Unterstützung einen regelmäßigen Dampferverkehr zwischen den wichtigsten Schwarzmeerhäfen und den Haupthandels⸗ Plätzen im südlichen Teil des Persischen Golfs sowie am Golf von Oman eingerichtet hat, ist zur Zeit durch Versendung von Rundschreiben eifrig bemüht, die russischen Industrie⸗ und r, n. für dieses Schiffahrtsunternehmen zu interessieren. Sie geht hierbei von der richtigen Voraussetzung aus, daß ohne ein stetiges Zusammenwirken mit den heimischen Fabrikanten und Kaufleuten das Unternehmen auf Erfolg nicht rechnen kann.

In Südpersien selbst beabsichtigt die Gesellschaft ständige Muster⸗ lager russischer Exportartikel, zunächst in Basra und 6 mit Hilfe ihrer dort etablierten Agenten zu errichten und hofft hierdurch die Nachfrage nach den noch wenig bekannten russischen Waren in Südpersien zu heben. (Nach der Fimes of India, mitgeteilt durch das Kaiserliche Vizekonsulat in Schiras.)

Der Bergbau in Peru.

Nach der im amtlichen Auftrage herausgegebenen Denkschrift Mines and Mining in Peru“ gestaltete sich Umfang und Wert der PMineralproduktion in dieser Republik während der Fahre 1900 und 1901, wie folgt: .

kg Wert in Sol kg Wert in Sol Gold.. 5 417,269 2232 900 6 994,814 2500 000 Silber 26 108015 9 295 755 21 368 3525767 7000 000 Kupfer . 35 500 000 6 192 615,36 25 172 826, 500 10 252 500,63 2 218 933 S5 116,67 114407 hö0 123,02 Quecksilber 11 500 17 500 Kohlen . 47 500 000 650 000 45 000 000 600 000 Graphit . 11909 1613 Schwefel. 634 31,70 4120 412 Borax. 7 09714 H66 377, 12 4156 047 332 483, 46 Salz. . 15 000000 550 000 15 849 111 784 764,20 Gallonen Gallonen Mineralöl 10 789 446 1319 032,60 9567 735 680 640

Gesamtwert einschl. der

übrigen Mineralien. 20 949 638,95 22 368 872,25.

Gold wird hauptsächlich in der Umgegend von Sandig, Cara⸗

baya, Paucartambo und Pataz gewonnen. Den größten Goldreich⸗ tum weist das Departement Puno auf, wo der Goldbergbau in er⸗ heblichem Umfang betrieben wird und auch die ergiebigsten Resultate liefert. Bedeutendere Goldfelder finden sich noch in El Gigante (Pataz, Libertad) und in Santo Domingo (Carabaya, Puno). An der Küste ist in bezug auf das Vorhandensein und die Produktion von Gold der Distrikt um Camanä (Departement Arequipa) der er⸗ giebigste. Das bedeutendste im Distrikt Carabaya gelegene Goldberg⸗ werk der Inca Mining Co. produzierte im Jahre 1900 durchschnittli pro Monat 100 kg Gold und erreichte im Jahre 1901 eine Gesamt⸗ ausbeute von 16560 kg Gold (23 Karat). Das in den öffentlichen Münzen im Jahre 1991 . 1900) geprãgt⸗ Gold bewertete sich auf

w e

Silberlager finden sich in Peru ziemlich reichlich und fast in allen Teilen der Anden vor. wöhnlich trifft man das Silber in Verbindung mit Kupfer und Blei, panßt auch mit Zink. Früher beschränkte man sich ausschließlich auf die Extrahierung des Silbers, jetzt betreibt man aber, und zwar infolge Steigens der Kupferwerte, auch die Gewinnung von Kupfer und Blei. Die bedeutendsten Silberminen befinden sich in , (Cajamarca), Salpo . Duaylas, Recuay, Cajatambo (Ancachs), Cerro de 6 HJaull (Junin), Huallanea (Huänuco), Huarochirt (LZima), Castrovirreyna (Huancavellea), Cailloma (Arequipa), Lampa und Puno (Puno). Der Wert der Sllberausfuhr aug Peru bezifferte sich 1901 (und 1900) auf 6 887 683, 10 Sol (9 218 754,97).

Kupfer, dessen Gewinnung man erst in letzter Zeit größere 6 amkeit zugewendet bat, findet sich über ganz Perun ver⸗ breitet. Kupfer allein oder in Verbindung mit geringen Mengen von Gold und Silber trifft man an vielen Stellen der Küste, wo jedoch die Ausbeute bis jetzt nur in Ica, Lomas und Chimbote berg⸗ männisch betrieben wird. Im Andengebiet hat man arsen, schwefel⸗ und antimonhaltige reiche Kupferadern entdeckt, von denen man sich, besonders in Cerro de . und Jauli, große Resultate verspricht. Es unterliegt keinem Zweifel, daß Peru gerade in bezug auf die . von Kupfer in absehbarer Zeit eine ausschlaggebende

olle auf dem Weltma elen wird, denn die

ll f dem Weltmarkt spiel trd, d die Kupferlager in Cerro de . werden von sachverständiger Seite als die größten der bisher bekannten eingeschätzt.

Die Bleiminen haben bis jetzt so gut wie keinen N ab- geworfen. Die 6a ionsgebiete sind JYauli, Hurochiri, Pallasgca und Huari. Früher hatten die im Departement Ancachs gelegenen Minen von Cbilete einen bedeutenden , aufjuweisen.

Die beiden hauptsächlichsten n, , , sind Santa Barbara und Grand Jarallon, ersteres in 3 dicht bei Huan- 2 g Santa Barbara liesert eine Augdente, die nach fach . 2 Urteil noch Jahrhunderte lang in gleichem Umfange an. auern wird.

Die Eisenproduktion hat bis jetzt irgend welchen bedeutenden Umfang in Peru nicht angenommen. Große Lager sind in Tambo— rande (Piura), in den ö Calea und Lareg, wo die unter . riproben S0 oO Metallwert ergaben.