1903 / 292 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 12 Dec 1903 18:00:01 GMT) scan diff

Deutscher Reichstag. 5. Sitzung vom 11. Dezember 1905. 1 Uhr.

Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen

Nummer d. Bl. berichtet.

Tagesordnung: Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs des ch sn. ts er, für 1904 . Ver⸗ bindung mit der ersten Beratung des Etats für die Schutz⸗ . und des Gesetzentwurfs, betreffend Aen⸗ erungen im Finanzwesen des Reichs.

Abg. Dr. Sattler (ul., fortfahrend): Die Reichsfinanzberwaltun muß 3 werden, ö darf nicht 3. lediglich 3. g n der Budgetkommission abhängen. Die Zuschußanleihe beträgt nach dem vorliegenden Etat nur 59 Millionen Mark. Wenn der Etat nach denselben Grundsätzen e en, wäre, wie im vorigen Jahre, so würde er guch einen Fehlbetrag von 39 Millionen Mark, enthalten müssen, also eine Zuschußanleihe von 895 Millionen Mark erfordern ur Deckung der ordentlichen Ausgaben. Aber der neue Etat über⸗ 26 die Deckung von z0 Millionen bekanntlich auf das Extra⸗ ordlnarium. Im ordentlichen Etat ist von einer Verminderung des Ausgabenbedarfs nichts zu sehen. Ich sehe auch darin die Folge des Mangels einer kräftigen, , e. Reichs finanzverwaltung. Hätten wir einen selbständigen Reichsfinanzminister, so hätte er dafür esorgt, daß der ordentliche Etat weniger Mehrausgaben aufwpiese. o unerfreulich der Etat, so unerfreulich ist auch der völlige Bankerott des Reicht invalldenfonds. Die Budgetkommission wird keine besonderg freudigen Momente bei der Beratung dieses Etats erleben. Ich möchte raten, den Grundsatz der Sparsamkeit in möglichst kräftiger Weise durchzuführen. Ueber den auswärtigen Etat will ich nicht sprechen, da ich das Vertrauen zu der Regierung habe, daß sie die deutschen Interessen nach außen kräftig wahrnimmt. Das Deutsche Reich mußte sih Punkte . in den fernen Weltteilen. Daß es in den Kolonten nicht weiter geht, ist zum großen Teil die Schuld des Reichstags, der den Eisenbahnbau in OSstafrika so lange ver⸗ en, at. Was den Etat des Reichsamts des Innern betrifft, so st es erfreulich, daß die Reichsbehörden in der sozialen Fürsorge auf dem Gehiete der Wohnungsfrage vorangehen. Für die Weltausstellung in St. Louis ist das Auswärtige Amt mit der kargen Hand vor⸗ gegangen, die wir bei ihm gewöhnt sind. Auffallend 9 es, daß das Quinquennat nur ö. ein Sehr verlängert werden soll. Ich frage die Kriegs berwaltung. ob etwa i . ist, die gesamte Bewilligung ür das Militär in jährliche Bewilligung umzuwandeln? Ich meinte isher, daß es notwendig ist, die Grundlage der Wehrverfassung möglichst auf längere Zeit festzustellen, weil man dann mit größerer finanzieller Voraussicht disponieren kann, was notwendig ist. Gerade wir, die wir in die Armee unseren Stotz setzen, die wir wollen, daß sie ohne jeden Flecken dasteht, müssen darauf hinweisen, daß in der Armee Schäden eingetreten sind, die in weiten Kreisen tiefste Ver⸗ stimmung und tiefsten Schmerz erregt haben. Wichtig ist die Frage des notwendigen Ersatzes des Offizierkorpz. Bei der Infanterie herrscht ein großer Mangel an Anwärtern. Bei der gegenwärtigen Anspannung aller Kräfte ist es aber durchaus erforderlich, die unteren Offizterchargen genügend zu besetzen. Wir sehen, daß die Kriegs. verwaltung Besorgnisse in dieser Beziehung hat und uns wenigstens den Vorschlag macht, die Gehälter der Oberstleutnants zu erhöhen. Die , hängt aber auch von weiteren Gesichtspunkten ab. Der Luxus in den Offizierkreisen hat eine solche Steigerung er⸗ ahren, daß viele Bedenken tragen, in das Offizierkorps einzutreten. le große Zahl der Uniformänderungen und anderes ver⸗ ursacht in kurzer Zeit den Offizierkreisen große Aufwendungen, und deshalb fragen wir, was die Kriegsverwaltung für Mittel er= reifen will um hierin Abhilfe zu schaffen. Was die oldatenmißhandlungen betrifft, so krampft sich einem das Herz . wenn man liest, daß ein einziger Unteroffizier über 1000 L=, , begangen hat. Ich bezweifle gar nicht, daß die Nilitãrverwaltung derartigen Ausschreitungen gegenüber ihre schaärfsten Mittel anwenden will; aber mit, der Bestrafüng der einzelnen ist es nicht getan. Die Unteroffiziergehälter sollen aufgebessert werden. Ich habe aber den Eindruck, daß diese Aufbesserung im wesentlichen nur denjenigen i, nn, e. zugute kommt, die im Bureaudienst Gef et sind, aber nicht denen, welche die Rekruten ausbilden. Die Angelegenheit von ö. hat uns gezeigt, daß die kleinen Garnisonen für die Ausbildung nicht besonders günstig sind. Die ganze Stellung des Trains und die Strafversetzung der Offiziere jum Train trägt guch eine Mitschuld an diesen unerfreulichen Dingen. Seit der Annezion von Elsaß, Lothringen sind im Ctat allsährlich Zulagen bewilligt worden für die Offiziere, Unter⸗ offiziere und Gemeinen in Elsaß⸗Lothringen. Die Polen haben also keine Ursache sich darüber zu beklagen. Wir haben den Zu⸗ lagen in Preußen mit voller Ueberzeugung zugestimmt, weil wir es für notwendig halten, daß gerade in jenen Provinzen, wo uns daran liegen muß, mõglichst zuverlässige und ausgezeichnete Beamte zu haben, die Möglichkeit vorhanden ist, den Kampf gegen das Polentum auf⸗ zunehmen. Daß Herr Schaedler diese Maßnahme für eine falsche hält, wundert mich von einem Vertreter des Zentrums nicht. Er sagte, die Polen sollten ganz so behandelt werden wie die anderen, dafür müßten sie auch treue Preußen sein. Ja, das ist es eben; die Polen wollen eben nicht Preußen sein, sie erstreben die Errichtung eines eigenen, selbständigen polnischen Reichs. Ein selbständiges polnisches Reich ist nicht zu erreichen ohne Loslösung preußischer rovinzen: Bestrebungen, denen wir entgegentreten müssen. en⸗ elben Grund haben wir auch gegenüber den Herren von der Deutsch · Hannoverschen Partei. Sie werden selbst nicht glauben, * es möglich sei, eine Selbständigkeit Hannovers zu erringen. Ich versõnlich habe die Herren ja immer rücksichtsvoll behandelt, weil sie Niedersachsen sind; aber den Gedankenflug kann ich nicht mitmachen, daß sie glauben, die Wiederberstellung eines selbst= ständigen welfischen Herrscherreichs sei ohne einen Tampf auf Leben und Tod mit Preußen möglich. Worauf Preußen einmal seine Hand 2 bat, das gibt es nicht wieder heraus. Einen Teil des preußischen Staats wieder loszureißen von Preußen, ist nur möglich durch einen blutigen Kampf auf Leben und Tod. Was nun den Etat und speziell den Marineetat betrifft, so hat der Abg. Schaedler ge⸗ meint, daß dieser über den Rahmen des Flottengeseßes hinausgegangen sei. Das muß ich bestreiten. Die Marineverwaltung hat 64 vor⸗ behalten, in dem einen Jahre weniger und im anderen mehr auszugeben. Die Gesamtsumme wird nicht verändert, Gefreut hat es uns, daß der ähnrich Hüssener seine Entlassung erhalten hat. Nur meinen wir, er ätte sofort nach Inkrafttreten des Urteils entlassen werden sollen. Statt dessen haben wir gehört, daß er sogar in den Straßen Magde⸗ burgg spazieren gehen durfte. Das hat sehr schlimme Wirkungen auf die Stimmung weiter Bevolkerungekreise geübt. Was das Eisenbahn⸗ wesen betrifft, s9 haben wir Klagen aus der Pfalz gehört, die objeftiv unzweifelhaft berechtigt sind. Der Cisenbahnbau ist dert hinter anderen Teilen des Deutschen Reichs zurückgeblieben, namentlich klagt man über schlechte Anschlüsse Eine Verbesserung im Verkehr mil den verschiedenen Landesteilen ist absolut notwendig. Namentlich die Umgehung der Pfalz im Warenverkehr schlägt einer gesunden Gisenbahnpelitik geradezu ins Gesicht. Ich möchte den Staats sekretar des Innern . bitten, seinerseitẽ dafür einzutreten, daß derartige Verkehrsverschiebungen, die eine Folge des verschiedenartigen Eigen tums der Cisenbahnen sind, vermieden werden. Die Einnahmen der ostverwaltung scheinen mir etwas gering veranschlagt zu sein. Hin⸗ tlich der Anleihen war die Postverwaltung früher geradezu muster⸗ haft, alle einmaligen Autgaben bestritt sie immer nobel aus den eigenen Ginnahmen. Das ist in den letzten Jahren anders geworden. 2 gebe 2 daß es xicht ist, die Ausgaben für bestimmte Anlagen die Anleihe zu übernehmen, die Vorautsetzung dazu aber ist, .

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auch bei den neuen Verhandlungen die deutschen Interessen nicht zu kurz kommen laffn werden. Was die Einführung von Diäten angeht, so spricht für sie einmal der Grund, daß es in der Tat äußerst schwierig ist, ein beschlußfähiges Haus zu haben. Nicht . hat die Neigung so lange Neden anzuhören, wie ich heute eine halte, und es besteht die Befürchtung, daß Parteidiäten eingeführt werden, sodaß die . des Hauses von Mitgliedern eh werden, die von Außenstehenden fin abhängig sind. Dles könnte zur Erhöhung der Würde des Reichstags und seiner Beschlüsse nicht beitragen. Ich wende mich zum Toleranzantrag. Die Religion ist gewiß zu allen Zeiten ein großes Kulturmittel gewesen, aber die Hauptsache ist die Wahrung des inneren Friedens. Der Stagt muß, unbekümmert um irgend welche konfessionellen r seine Maßnahmen treffen können. In einzelnen Staaten bestehen in der Tat noch Zustände, die der Abänderung bedürfen. Preußen gehört nicht dazu, der Papst hat anerkannt, daß kaum irgendwo in der Welt die Katholiken so gut behandelt werden, wie in Preußen. 6. Schaedler hat auch den luke an, wieder angekündigt. enn wir entschiedene Gegner der Auf ain des ,, es sind, so wollen wir eben das friedliche Zusammenleben aufrecht erhalten. (Lebhafter Widersp im Zentrum.) Nun, Herr Kollege Gröber, wir werden uns schwerlich darüber verständigen können. Für die herrn der Sozialpolitik als eines der edelsten Werke ist die Anschauung im deutschen Volke von Jahr zu Jahr gewachsen seit der großen Botschaft Kaiser Wilhelms J. Aber in Uebereinstimmung mit dem Reichskanzler meine ich, daß man auf diesem Gebiete nicht überstürzen und nicht unbekümmert um die Verhältnisse in anderen Ländern vorgehen kann. Es muß alles von dem Geiste erfüllt werden, im Interesse der minderbegüterten Volksklassen und der Schwachen zu tun, was nötig ist. Das Verantwortlichkeitsgefühl der Behörden muß nach dieser Richtung hin wachsen, denn manche Erscheinungen der letzten Zeit haben großen Anstoß erregt, weil sie den Anschein er⸗ wecken, als ob die Regierung und die i , ihre Fürsorge mehr den besser situierten . zuwenden. Dahin gehören z. B. die unnötigen poltzeilichen Verhaftungen. Daher kommt es, daß jeder, der mit 1. einer . der Regierung unzufrieden ist, ie,. Unzufriedenheit durch den ö, Stimmzettel usdruck gibt. Wir müssen dahin wirken, daß diese Mitläufer der Sozialdemokratie sich auf ihr besseres Ich besinnen. R den Wohltaten der Arbeiterversicherung will jetzt auch der Mittel⸗ stand teilnehmen, und wir müssen an die Frage herantreten, ob nicht auch dieselben . Zeinrichtungen für die Handwerker und Privatbeamten zu schaffen sind. Gegenüber dem Abg. Bebel bemerke ich, daß auch die besitzenden Klassen es nicht an gi rh. für die Ar⸗ beiter fehlen lassen. Ich kann es als Ruhm für unsere Partei in An—⸗ spruch nehmen, daß für die Invaliditätsversicherung von den damaligen 100 Mitgliedern meiner Partei 80 eingetreten sind. Wir haben des⸗ halb ein gutes Gewmissen gegenüber allen Angriffen der Sozial⸗ demokratie, und es wird immer mehr klar werden, daß eine wirklich humane Soꝛialpolitik . wird durch die Maß⸗ nahmen, die die Regierung Eg die bürgerlichen Parteien ge⸗ fördert haben, daß aber die Sozialdemokratie ihre Durchführung ver⸗ hindert hat. Der Reichskanzler hat die Sozialdemokraten gestern Cee wie denn ihr Zukunftsstaat und ihr k aussieht. bwohl sie es nicht wissen, erheben ö. in Dresden den lauten Kampf für den Umsturz. Je nachdem kehrt die Sozialdemokratie die rauhe hat hervor, wenn sie es für vorteilhaft hält, aber es steht ihr auch die milde Note zur Verfügung. Herr Bebel hat in Dresden gt: Solange ich lebe, solange ich atme, will ich der Todfeind ieser bürgerlichen Gesellschaft sein und bleiben, sie untergraben, und womöglich, wenn ich kann, sie stürzen. Das ganze. Verhalten der Sozialdemokratie ist nicht die Vorbedingung für die Bildung einer neuen Kultur, während sie immer behauptet, daß sie die alte verrottete Kultur beseitigen wolle, um die Grundlagen für eine neue bessere zu schaffen. Wir werden uns nicht die Freude an unserer gegenwärtigen deutschen Entwickelung durch solches Vorgehen rauben laffen; wir sehen in Deutschland frisches, aufstrebendes Leben. Wir wollen keine Störung dieser Verhältnisse, wir wollen auch, daß der einzelne in seiner Bildung und Kultur sich frei entwickeln kann, und , . 2 . . n , m steht, tätig sein idlagen unserer nationalen Entwickelung in wa freiheit lichen Sinne zu schützen und zu fördern. .

Preußischer Kriegsminister j i ö g , „Generalleutnant von Einem Meine Herren! Das hohe Haus wird meinen Worten glauben, wenn ich sage, daß bei meinem ersten Auftreten hier als preußischer Kriegsminister es mir allerdings lieber gewesen wäre, über erfreulicher Dinge zu sprechen, als sie leider in der letzten Zeit in der Armee vor⸗ gekommen sind und das deutsche Volk nicht allein, sondern auch die ganze deutsche Armee bis ins Innerste erregt haben. Der Name Forbach, einst ein Name von gutem Klang, der die Herzen höher schlagen ließ in der Erinnerung an den 6. August 1870, wo in der Nähe die Schlacht von Spichern geschlagen wurde, verbreitet heute einen trüben Schatten. Es sind Dinge dort vorgekommen, die man für unmöglich gehalten hätte. Als ich das Buch des Leutnants Bilse gelesen, als ich mich gezwungen habe, es durchzulesen, da habe ich es voll Ekel beiseite geworfen und mir gesagt: das ist ein niedriges Pamphlet, und es ist eine Schande, daß ein preußischer Offizier etwas derartiges schreiben konnte. (Oh! bei den Sozialdemokraten.) Ja wohl, das habe ich mir gesagt. Und dennoch ist das, was in dem Buche steht, zum Teil wahr.

Der Herr Abg. Schaedler erwähnte das Wort des Fürsten Bismarck: „Den preußischen Leutnant macht uns niemand nach.“ Von diesem Ausspruch müsse man jetzt etwas zurücknehmen. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten. Ich glaube, es sind bisweilen unter den Amtsbrüdern des Herrn Abg. Schaedler auch räudige Schafe gewesen, und er wird nicht angestanden haben, zu erklären: das waren keine Führer im Herren. So sage ich auch: diese Offiziere, die sich derart vergangen haben, obwohl sie das Kleid des Königs trugen, sie waren zwar äußerlich Offiziere, aber innerlich und in dem Geiste, wie sie es sein sollen, nein, meine Herren, waren sie es nicht. Dat erkläre ich, auch wenn sie heute noch meine Kameraden sind.

Nun darf man gewiß nicht die Augen schließen und muß offen fragen: wie können denn solche Zustände vorkommen? wie sind sie denn zu erklären? Ich habe vieles darüber in der Presse gelesen.

* daß K sozialpolitischen Gesetzgebung durchaus

und keine Regierung, die nicht mit

das ist das System, das ist der Militarismus; der Mil

der Vater alles Uebels, der alles in Ketten schlägt, . freie Willens meinung unterdrückt, der zur Verblödung führt, der hat auch dieseß hervorgebracht. Wenn das richtig wäre, dann müßte das ganze deutsche Voll, welches seit 100 Jahren die Wehrpflicht trägt, also dem Militarismus gewissermaßen unterworfen ist, verblödet sein. Das deutsche Volk hat aber mit einer Tatkraft und einem Fleiße ohnegleichen sich einen großen Teil des Weltmarktz erobert; und die Sozialdemokratie müßte die letzte sein, die etwas derartiges sagen durfte, denn auf dem Dresdener Parteitage ist ja be⸗ hauptet worden, wenn die Sozialdemokratie erst an der Spitze der Geschäfte stände, würde sich ohne weiteres aus der Masse der Be⸗= völkerung eine solche Kraft und eine solche Intelligenz entwickeln, daß sofort die Regierung übernommen werden könnte was doch nur von einem Volke sich behaupten läßt, das von Gesundheit strotzt.

Andere Zeitungen haben gesagt: das liegt in der Isolierung, das liegt darin, daß ihr euch fernhaltet vom Volk, daß ihr eine Kaste für euch bildet. Ich kann nicht anerkennen, daß unser heutiges Offizierkorps dies tut. (Widerspruch bei den Sozialdemokraten) Ja, ich aber nicht! Ich habe auch in kleinen Garnisonen ge— standen, und ich kann versichern, daß überall da ein so freundlicher und herzlicher Verkehr zwischen Militär und Bürgerschaft geherrscht hat, wie man ihn nicht besser wünschen kann. Ich möchte beinahe glauben, daß wir nach dem Verhalten der Offiziere in Forbach uns die Frage vorlegen müssen, ob wir nicht in gewisser Weise zu weit gegangen sind in der Annahme von Offizieren lsehr richtig! rechts), ob wir nicht dabei uns hüten müssen, in Kreise hineinzukommen, die geeignete Elemente für den Offizierstand, für die schweren Anforderungen, die dieser Stand an den einzelnen stellt, nicht liefern können. Nun, meine Herren und das ist erfreulich für mich, konstatieren zu können in Forbach bei dem Trainbataillon Nr. 16, hat nicht ein Offizier gestanden welcher dorthin strafversetzt ist.

Der Herr Abg. Schaedler sprach mit bezug auf das Train⸗ bataillon Nr. 16 davon, daß ein Offizierkorps nicht auf der Höhe ge⸗ halten werden könne, das sich aus Offizieren rekrutiert, die wegen Ver⸗ fehlungen in dieses Offizierkorps versetzt werden. Meine Herren, solche Versetzungen zum Train geschehen weder grundsätzlich, noch sind sie im besonderen beim Trainbataillon Nr. 16 vorgekommen. Aber der Dienst bei der Feldartillerie und der Kavallerie, von denen viel⸗ fach Offiziere in den Train versetzt werden, ist in der Tat ein ganz anderer als beim Train. Es kann sehr wohl ein Offizier bei der Artillerie oder bei der Kavallerie, wo es beim Felddienst nicht nur auf Tüchtigkeit ankommt, sondern auch auf die Fähigkeit, möchte ich sagen, taktische Dinge schnell zu begreifen und zu beurteilen, nicht genügen, er kann aber im inneren Dienst Vortreffliches leisten und ein guter Trainoffizier werden. Deshalb ist es noch keine Schande und nicht einmal ein Makel oder etwas derartiges, zum Train versetzt zu werden, sondern der Offizier wird da verwendet, wo er wirkich Gutes und Ersprießliches leisten kann.

Es ist auch darauf hingewiesen worden: kann es mit dem Train— offizierkorps so weiter gehen, muß es nicht an andere Verbände angegliedert werden? Meine Herren, Versuche dieser Art sind viel gemacht, sie sind immer gescheitert, und zwar am Widerstande der Offiziere des Trains. Das Trainoffizierkorps legt einen großen Wert darauf, aus sich selbst sich zu rekrutieren. Seine Majestät hat vor Jahren infolgedessen genehmigt, daß auch der Train Fahnenjunker annehmen kann. Nicht wenige junge Leute treten heute beim Train ein, um dort Offizier zu werden, und sie sind wirklich nicht schlechte Offiziere. Auch Reserveoffiziere, Einjährig ⸗Freiwillige treten dorthin über, um als Linienoffiziere Dienst zu tun, der vielleicht für die Ausbildung in ihrem späteren Lebensberufe, z. B. als Landwirt, ihnen nützlich und dienlich ist. Also alle diese Fragen sind erwogen und werden weiter erwogen. Aber ich gebe zu und darin mag auch mit ein Grund für das Vorkommen derartiger Dinge in Forbach liegen —, daß es mißlich ist, einen so kleinen Truppenteil mit wenigen Offizieren, abgesondert von einer großen Garnison, ohne Anschluß an andere Verbände in einem Standort unterzubringen. (Sehr richtig! rechts) Aber auch diese Frage und ich habe selbst in meiner damaligen Dienststellung in den Reichslanden dies mitgemacht ist sehr ernsthaft erwogen worden. Ein Trainbataillon hat eine außerordentlich schwierige Mobilmachung; es stellt zahlreiche Formationen auf für das betreffende Armeekorps; es muß Proviant⸗ und Fuhrparkkolonnen, Sanitätsdetachements mobil machen ich will Sie mit der Aufzählung aller dieser Formationen nicht auf— halten die unbedingt nötig sind, das Armeekorps im Kriege lebens— fähig zu erhalten. Wo konnte dieses Trainbataillon eine derartige Mobilmachung besser vornehmen als an der äußersten, rückwärtigen Grenze seines Korpsbezirks? Metz ist ein bedrohter Punkt, wenn einmal in die Kriegstrompete gestoßen wird. Nur in einem ge— schützten Landstrich kann man Tausende von Pferden und Tausende von Leuten für diese Mobilmachung versammeln. Also sehr ge⸗ zwungen und sehr widerwillig wurde dieses Trainbataillon hinverlegt in die äußerste Garnison, in den äußersten Ort des Korpsbezirks. Nun, meine Herren, das allein kann auch noch kein Grund sein für die Mißstände, und das muß ich sagen: wenn dort ein Kommandeur gewesen wäre, der seine Stellung ausgefüllt hätte, dann wäre so etwas nie und nimmer passiert. (Sehr richtig! rechts.) Der Kom— mandeur hat dort nicht hingepaßt. Damit erhebe ich keinen Vor— wurf gegen irgend jemand, nicht gegen die Stelle, die diesen Kom⸗ mandeur als geeignet für seinen Posten erachtet hat; denn in jedem Menschen kann man sich irren. Ez kommt häufig vor das weiß ein jeder und Sie, meine Herren, am meisten, die Sie im Leben stehen daß jemand, der bis dahin selbst unter Aufsicht gewesen ist, nachher, wenn er Freiheit hat, sich ganz anders entwickelt, als es vorher vermutet werden konnte. Welche pfychologischen Momente mögen hier vorgelegen haben, um diesen Mann, der bi dahin gut beurteilt war, so nachsichtig zu machen, daß er Zustände, die dermaßen gegen die göttlichen und menschlichen Gebote, gegen die dienstlichen und moralischen Vorschristen verstoßen, in seinem Truppenteil zu⸗ gelassen hat! Meine Herren, es ist überall in der Presse hingewiesen worden auf Weiberwirtschaft, und es hat einer von den Offizieren dort vor dem Kriegsgericht gesagt auf die Frage, wie er es mit den Mädchen gehalten hätte: wie jeder Leutnant das tut. Dies hat auch der Herr Abg. Schaedler erwähnt. Meine Herren, wer nicht gesündigt hat, der hebe den ersten Stein auf. Aber daß jeder Leutnant in der

Die sozialdemokratische Presse macht es sich am leichtesten, sie sagt:

Armee so leben sollte, wie es in dem Buch geschildert wird, daß

die Weiber aus- und eingegangen sind, daß er mit ihnen gelebt hat, deß sie ihm, ich möchte beinahe sagen, das Abendbrot gebracht höen nun, meine Herren, das weise ich mit Entrũstung ric. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberal en.) Meine Herren, es mag vermessen klingen, aber ich will an dieser Stelle mich verbürgen: ein zweites Forbuch ist in der preußischen Armee nicht möglich. Und nun, meine Herren, sind in der Presse die Offizierdamen angegriffen, und es ist davon gesprochen worden, das bancement würde durch die Damen gemacht, solche Zustände müßten ausgerottet werden. Ich aus meiner Jugend denke mit Freude und Dank zurück an die Anleitung, die wir als junge Offiziere von den Offizierdamen bekommen haben. Edle Frauen können auf einen jungen Offizier wirken wie die Mutter auf den Sohn. (Bravo! rechts. Ich spreche das hier aus, weil der Vergleich dieser Frauen, die sich in Forbach vergangen haben, mit anderen Frauen in der Armee eine Beleidigung für die letzteren ist, für ehrbare Frauen, die al höchste Ehre stets ihre Tugend angesehen haben. (Bravo! rechts und bei den Nationalliberalen.)

Andere schwere, uns alle betrübende Fälle in der Armee sind die Mißhandlungen. Ehe ich auf die Sache näher eingehe, möchte ich mir gestatten, in Kürze einige wenige Zahlen über die Mißhand⸗ lungen zu geben, wie sie die Statistik ergibt, die wir bei dem Kriegs= ministerium über die Zeit vom 1. Juli 1902 bis 30. Juni 1903 auf⸗ gestellt haben. Es sind in dieser Zeit bestraft worden wegen Miß⸗ handlung Untergebener: b Offiziere, bzb Unteroffiziere, 52 Gefreite. In Prozenten auf die preußische Armee ausgedrückt, ergibt das für Offiziere C 26 o, Unteroffiniere O, S3 oo, Gefreite und Gemeine O, Ol oso. Die Höchstzahlen snnerhalb der letzten zehn Jahre ergaben als be⸗ straft 6! Offiziere, also 17 mehr als im letzten Jahre, gleich O, 37 oso, 92 Unteroffiziere, das heißt 267 mehr als jetzt, gleich 1,ů31 0so, und Gefreite und Gemeine, das heißt 20 mehr als jetzt, gleich O02 o / - Gegenüber diesen Höchstzahlen ist daher im letzten Jahre eine Abnahme zu konstatieren. Ich meine, meine Herren, wenn man diese Prozentsätze einer Krankheit zu Grunde legen wollte, so würde das niemand eine Epidemie oder eine Endemie nennen können. Gemiß⸗ handelt sind in demselben Zeitraum 1239 Mannschaften, was einen Prozentsatz von O. 32 für die preußische Armee ausmacht. Ich glaube, auch dieser Prozentsatz würde bei einer Krankheit kaum Be⸗ denken erregen.

Nun wird gesagt werden, diese Zahlen sind zweifellos unrichtig, sie geben kein richtiges Bild, denn nebenbei sind ja natürlicher⸗ weise noch eine große Anzahl von Mißhandlungen vorgekommen. Ich kann selbstverständlich nicht sagen: nein, es sind keine weiteren vorgekommen, es ist alles entdeckt worden, aber es wird dem hohen Hause doch eine gewisse Gewähr bieten, wenn ich anführe, daß von diesen Mißhandlungen, die zur Sprache gekommen sind, 68 0so durch Beschwerde und Meldung zur Kenntnis der Vorgesetzten gelangt sind. Nur 320s0 sind auf anderem Wege ermittelt worden. Ich meine also, man kann nicht sagen, daß das Beschwerderecht nicht funktioniert hätte. Ich kenne nur den einen Fall eines Hauptmanns in Holstein, wo seitens des Vorgesetzten nicht auf eine Beschwerde eingegangen ist. Wenn durch diese Zahlen festgestellt ist, daß die Mißhandlungen sich vermindert haben, so habe ich keineswegs die Absicht gehabt, sie zu entschuldigen. Wenn es hundert wären, wären es hundert zu viel.

Meine Herren, der Herr Abg. Sattler hat gesagt, das Herz krampft sich zusammen, wenn man von derartigen Mißhandlungen liest. Ja, meine Herren, Sie empfinden das menschlich, und Sie haben ja auch natürlich bei der Liebe und der Hin⸗ neigung zur Armee, die der Mehrzahl von Ihnen eigen ist, auch das Gefühl, daß derartiges abgestellt werden müßte. Aber wir Soldaten empfinden nebenbei doch noch ganz anders militärisch den schweren Schaden, der duich diese Mißhandlungen uns erwächst. Mißhandlungsfälle, bei denen brutal mit einer gewissen Wollust, wie in dem Fall Breidenbach, der Unteroffizier darauf ausgeht, geradezu Qualen zu erfinden, um den Mann zu schinden, sie sind das Schauderhafteste, was man sich denken kann l(sehr richtig! links), und ich stehe nicht an, zu erklären: wenn das längere Zeit in einer Kompagnie vorkommt, so muß unter allen Um⸗ ständen der Vorgesetzte davon wissen. (Lebhafte Zustim⸗ mung links, bei den Nationalliberalen und in der Mitte.) Mir ist es unbegreiflich und unfaßlich, daß ein Vorgesetzter derartige Fälle nicht klar erkennen kann. (Sehr richtig! links) Entweder hat er seine Unteroffiziere in falschem Geiste erzogen, oder er ist kein Menschenkenner, oder er hat einen solchen Optimismus im Vertrauen, wie er nicht gerechtfertigt ist. (Bravo! links) Meine Herren, ich bin überzeugt, daß wir diese Mißhandlungen aus der Armee heraus⸗ bekommen werden und daß wir sie herausbekommen müssen. (Bravo! bei den Nationalliberalen) An keiner Stelle wird dies so tief empfunden und so als durchaus notwendig anerkannt, als bei Seiner Majestät dem Kaiser selbst (Bravo! rechts), der genügend Gelegenheit genommen hat, Seine ernste Willensmeinung in dieser Richtung auszusprechen. (Bravo! rechts) Ich kann nur sagen, wir kommen dahin. Dafür aber, daß hier und da ein Schlag fällt, daß in menschlicher Erregung ein Unteroffizier einen Mann schlägt, stößt, haut meine Herren, olange es Menschen gibt und es brauchen nicht einmal Soldaten zu sein —, werden Sie das nicht aus der Welt schaffen! (Sehr richtig! rechts) Das nennt man aber auch Mißhandlung, das wird als Mißhandlung verurteilt, davon hören Sie als Mißbandlung durch unser öffentliches Gerichts verfahren, das kommt als Mißhandlung in die Zeitungen, und nun geht es lawinenhaft weiter: in der deutschen Armee ist wieder mißhandelt, und es ist nichts weiter gewesen als eine Ohrfelge. (Zuruf von den Sosialdemokraten Meine Herren, Sie werden mir nicht vorwerfen können, daß ich nicht in der allerschärfsten Weise über die brutalen Mißhandlungen ohne Entschuldigung den Stab gebrochen habe; aber für eine solche Art der Mißhandlung, für einen Schlag oder Stoß, habe ich eine Entschuldigung, weil sie sich aus dem praktischen Leben erklärt. (Zuruf von den Sozialdemokraten.)

Meine Herren, ich bin neulich, als noch der Metallarbeiterstreik war, hier in einem Laden gewesen und habe es selbst miterlebt, daß ein Arbeiter kam und zu dem betreffenden Geschäftsinhaber sagte: „Geben Sie mir Arbeit, aber geben Sie mir man kleine, daß ich sie unter den Rock stecken kann, denn wenn sie sehen, daß ich arbeite, dann gibts Senge!“ (Heiterkeit rechts) Wenn Sie eine Statistik machen wollten über die Schläge, die es gibt in den Werkstätten (sehr gut! rechts), in den Fabriken (sehr richtig! sehr gut h, auf dem Bau (wiederholte lebhafte Zustimmung rechts und bei den Nationalliberalen;

trotzdem ist es wahr.

offizier so reißt, daß er schließlich

der großen Stadt kommt, so ein Körper aus.“

nicht besser geworden. Ich meine

Autwahl an solchen Unteroffizieren zu

so nahe und muß dem Volke so nahe

Herren, es kommt auf das Maß und

und in unserem tztet. (Bravo! rechts und bei den

die Deinen Vätern vorangetragen ist

Sklavenketten. (Sehr gut! rechts.)

dem Seldaten erwarten und fordern, auch dann, wenn seine Offiziere, die

unser Reglement in den Worten:

und möge ihnen folgen.“

rechts und bei den Nationalliberalen was wird gezeichnet über den soll in kritischer Zeit, wenn es

er Autorität. Nehmen Sie ihm Herren! Es kann die Zeit kommen, preußlschen Leutnant erschallt. Das

langen, das ist die Frage.

beantworten.

Zurufe von den Sozialdemokraten und Unruhe), meine Herren, dann

so großen Partei, der eine derartige

würden wir glänzend dastehen. (Sehr richtig! rechts) Aber eine derartige Statistik kann eben leider nicht aufgenommen werden.

Meine Herren, die sozialdemokratische Presse hat sich sehr darüber aufgeregt, daß ein sonst die militärischen Verhältnisse ziemlich absprechend beurteilender Herr, Freiherr von Guhlen genannt, nach⸗ gewiesen hat, daß vielfach durch passiven Widerstand Mißhandlungen geradezu herbeigeführt würden. Die Sozialdemokratie hat erklärt: welch ein Unsinn, das fällt den Leuten gar nicht ein, die Dißziplinar⸗ machtmittel des Militärg sind so furchtbar groß, daß so ein un⸗ glücklicher Mensch sich der allerhärtesten Vielleicht wird nicht dem, der den passiven Widerstand mit großer Geschicklichkeit und geistiger Ueberlegenheit leistet, die Mißhandlung zugefügt, aber er ist es, der den Unter⸗

und ihn mißhandelt. (qZurufe von den Sozialdemokraten) Da mögen Sie sagen, was Sie wollen, meine Herren, das ist so und das kommt vor (Zurufe von den Sozialdemokraten), und das ist nicht von heute, sondern schon vor 20 Jahren so gewesen. Wenn Sie in den Berichten des Reichstags nachlesen wollen, so hat schon der Feldmarschall Moltke von bösen und guten Soldaten gesprochen, und der verehrte Präsident des Hauses Graf Ballestrem hat aus seiner Erfahrung als Eskadronchef gesagt:

einem, der konzipiert mit dem Geiste und Also es hat damals schon solche Brüder gegeben wie jetzt auch. Und dann, meine Herren, das Unteroffizierkorps ist auch

Qualität; aber es ist nicht besser geworden, weil es jünger ist als früher, weil es die früheren Erfahrungen nicht hat, weil es nicht so durchgebildete Soldaten zählt wie früher, und weil demgegenüber doch die Anforderungen so viel größere geworden sind. (Sehr richtig! rechts.) Sie finden infolgedessen in unserem Etat eine Position, durch die die Kompagnien von Abgabe der Unteroffiziere entlastet werden, indem Schreiber usw. bei den betreffenden Behörden etatisiert und eine An⸗ zahl von Unteroffizieren in ihren Bezügen besser gestellt werden. Ich hoffe, meine Herren, daß Sie darauf eingehen. Bei näherer Dar⸗ legung wird auch der Herr Abg. Sattler finden, daß es sich nicht bloß um die Schreiber handelt, sondern daß wir auch den anderen Unteroffizieren zu Hilfe kommen wollen. gewinnen, wird der Kompagniechef in der glücklichen Lage sein, mehr

muß, um die junge Mannschaft auszubilden. für die Anträge, die in dieser Beziehung gestellt worden sind, und für die Anregung, die gestern der Herr Graf Stolberg gegeben hat, um die Lage der Unteroffiziere zu verbessern. Freuden folgen und glauben, daß wir auch dadurch Zustände aus der Welt schaffen, die die Armee in häßlicher Weise belasten.

Meine Herren, es wird immer so getan, als ob die Armee ein Ding für sich sei, als ob wir eine Prãtorianertruppe wären. Wir sind das Volk in Waffen, wir schöpfen unsere Kraft aus dem Volke, und wir gehören eines zum andern. einander angewiesen davon sollte das Volk durchdrungen sein und auch die Armee, und darauf sollte die gemeinsame Arbeit gerichtet sein.

Meine Herren, der Herr Reichskanzler hat gestern ausgeführt, gegen Kritik hätte er nichts, und ich kann dem nur voll beistimmen. Eine Institution, die so hineinreicht in das Volksleben, für die vom Volke so viel an Gut und Geld gefordert wird, die steht dem Volle

alles das verlangen kann, was in der Armee vorgeht. Aber, meine

möchte alle diejenigen, die die Armee erhalten wollen, bitten, ein wach⸗ sames Auge darauf zu haben, daß die Kritik nicht überhand nimmt Volke nicht die

es ist ein gewaltiger Unterschied, ob ein Mann zur Truppe ent⸗ lassen wird mit der Instruktion: gehe hin und folge Deiner Fahne,

tritt ein in dieses Regiment, das einen Ruf in der Armee hat, das unter vielen Königen gefochten hat und immer siegreich; als wenn es heißt: Du kommst jetzt unter die Soldatenschinder, sieh' man zu, daß Du die zwei Jahre hinter Dich bringst, und alles, was Du da treibst und tust, das ist unnötig, aber augenblicklich halten Dich noch die

die Freude im Herzen eines jeden. Soldaten, wir müssen heute von jedem Soldaten das Höchste ver⸗ langen an Intelligenz, an Moral, an Hingebung.

bloß, wenn er beaufsichtigt ist durch seinen Offizier, nein, namentlich Kein Reglement der Welt, glaube ich, drückt das so schön aus, wie

„Wenn die Offiziere und die Führer gefallen sind, so möge der Soldat nur auf die Tapferen sehen, die immer in der Truppe sind,

Meine Herren, erhalten wir uns diese Tapferen auch dadurch, daß wir ihnen die Freude am Dienst nicht verbittern. ) Was wird alles geschrieben, Offiziersstand! Der

Niederlage, der Führer seiner Mannschaft sein.

wird er, das wird er verstehen; aber wenn es so weiter geht, ob er dann die Autorität noch hat Über seine Leute, die Sie von ihm ver- (Sehr richtig! rechts) Erhalten Sie ihm die Autorität! An der Armee soll es nicht feblen. Die Armee arbeitet fleißig, mit Hingebung und mit Treue. noch bei anderen Gelegenheiten darüber unterhalten.

Ich will mich über dieses Kapite habe nun noch einige gestern und heute an mich gerichtete Fragen zu

Der Herr Abg. Bebel hat geste mut gegen Rußland den beredtesten Ausdruck gegeben, er hat mit be- redten Worten die unglücklichen Zustände geschildert, die im Innern des russischen Reiches walten, und sich zum Anwalt eines Teiles des russischen Volkes gemacht. Man sollte glauben, daß der Fübrer einer

Behandlung aussetzt, und

zu dem Schwächling greift

Wenn da einer aus böser Mann, dann grault führt mit dem

damit nicht seine moralische

Dadurch, daß wir an Zahl haben, die er herausnehmen

Ich bin sehr dankbar

Wir werden dem gewiß mit

Volk und Armee sind auf⸗

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stehen, daß es Auskunft über die Art der Kritik an, und ich

Freude am Soldatentum Nationalliberalen.) Ich meine,

in so und so viel Schlachten,

Meine Herren, da töten Sie Wir aber brauchen freudige

Wir müssen von sein Leben einzusetzen, und nicht

ihm vorangingen, gefallen sind.

(Bravo!

Offizier sich handelt um Sieg oder Dazu braucht diese Autorität nicht, meine wo wieder der Ruf nach dem kann lch Ihnen sagen: sterben

Wir werden uns vielleicht

U nicht weiter verbreiten. Ich

in in längerer Rede seinem Un-

Konsequenz bewußt sein müßte. Würde eine derartige Rede über

unsere innere Lage in Frankreich gehalten, so könnte man wohl

davon sprechen;: da ist Krieg in Sicht, und wenn sie im japanischen Parlament gehalten wäre, dann würde jeder sagen: die platzen

nächstens aufeinander. (Bewegung) Er muß entweder als Führer

seiner Partei an deren Einfluß auf unsere politischen internationalen

Angelegenheiten nicht glauben oder ein ungeheueres Vertrauen auf das

Heer haben, das hinter ihm steht, um eventuell alle Konsequenzen zu

ziehen. Das besitzt er aber auch nicht; denn er hat gesagt,

wir hätten die miserabelsten Waffen, ein vollständig minder

wertiges Geschütz, und er meint, es wäre unglaublich, wie

die preußische Militärverwaltung im Jahre 1895 ein der⸗

artiges Geschütz hätte anschaffen können, nachdem das Rohrrück⸗

laufgeschütz vollständig fix und fertig gestanden hätte. Ich glaube,

daß ich ihn nicht falsch verstanden habe. Wie lagen denn nun die

Sachen? Ein Rohrrücklaufgeschütz war im Jahre 1896 nicht fertig,

nicht einmal konstruiert. Es ist vielleicht dagewesen, wie auch bereits

Napoleon J. ein Hinterlader vorgestellt worden sein soll. Aber es

ist uns nicht einmal gezeigt worden. Das erste Rohrrücklauf⸗

geschütz, das uns vorgestellt ist, war von Ehrhardt konstruiert. Man

hat es bei der Artillerieprüfungskommission als einen interessanten

Versuch auf diesem Gebiet bezeichnet, es aber nach seiner Konstruktion

als ein vollständig unbrauchbares Geschütz hingestellt, gewisser⸗

maßen als die Spielerei eines genialen Ingenieurs. Schon im Jahre

1893 war aber der preußischen Militärverwaltung klar, daß das

Feldgeschütz von 1873 verbraucht war. Es handelte sich nur darum,

entweder eine neue Auflage dieses Geschützes zu machen oder

ein neues einzuführen. Die Entscheidung fiel in letzter Richtung, und

zwar deshalb, weil das Geschütz von 1873 konstruiert war für das

schwarze Pulver, während das rauchlose Pulver bereits erfunden war,

und man dieses sich zu nutze machen mußte. Erleichtertes Gewicht,

erheblich bessere Richtmaschinen, die Möglichkeit, das Geschütz fester zu stellen, als es bis dahin gelungen war, gaben die Veranlassung, das Modell vom Jahre 1896 ju wählen. Nun kamen nachher die Technik arbeitete mit der größten Regsamkeit weiter die Rohrrücklaufgeschütze, sie waren zunächst aber so mangelhaft, daß die schärfste Kommission, die wohl jemals ũber Rohrrücklaufgeschütze geurteilt hat, die der Schweiz, im Jahre 1901 der Bundesregierung den Vorschlag machte, kein Rohrrũcklaufgeschũtz, sondern ein Federsporngeschütz zu wählen, also fünf Jahre nach Ein⸗ führung unseres Geschützes noch nicht zum Rohrrũcklaufgeschũtz schreiten wollte. Erst infolge des Umstandes, daß andere Fabriken, durch diesen Beschluß der Kommission ermuntert, glaubten, Krupp schlagen zu können, und andere Modelle vorführten, gelang es, ihn rückgängig zu machen und die schweizer Regierung ju bestimmen, auf eine erneute Prüfung einzugehen. Diese Prufung endigte nun mit einem glänzenden Siege des Kruppschen Geschützes. Das ist im letzten Jahre gewesen.

Wenn ich, meine Herren, heute vor die Wahl gestellt würde, das jetzige franzõsische Rohrrücklaufgeschütz oder das preußische Modell 96 zu nehmen, ich nähme das letztere. (Hört, hört! rechts) Das fran⸗ zösische Geschütz ich will nichts darüber sagen, aber zwei Mãngel hats: es ist schwer und es ist kompliziert. Es ist so kompliziert. daß bei jeder Batterie Mechaniker vorhanden sein mũssen, die jederzeit bereit sind, die Schäden auszubessern. Ich will Ihnen auch eine Geschichte erzählen, die mir von einem höheren Offizier mit geteilt ist. Er sagte im Manöver zu dem Fůhrer der franzõischen Artillerie: nach unseren Grundsätzen würde man jetzt mit der Artillerie dem weichenden Gegner folgen, um ihm mehr Abbruch zu tun. Da

hat jener erwidert: Sie haben ganz recht, das möchte ich auch ganz

gern; ich bin aber schon 15 km marschiert, und wollen Sie sich ein

mal das Gelände bier ansehen, da komme ich mit meinen Geschũtzen

nicht durch! Mit unseren Geschützen, meine Herren, komme ich aber hin, wo immer es möglich ist, Krieg zu führen.

Also, wenn wir auch zu dem Rohrrũcklaufgeschůtz kommen müssen wegen anderer Gründe, über die wir uns noch unterhalten können unser jetziges Geschütz ist durchaus kriegs brauchbar.

Der Herr Abg. Bebel hat weiter gesprochen über ein neue Gewehr; das Gewehr 98 müßte schon wieder ersetzt werden. Mir ist davon nichts bekannt. Heiterkeit) Natürlich, meine Herren. arbeitet auch auf diesem Gebiete das weiß ich sehr wohl die Technik rastlos weiter, um einen Selbstlader zu erfinden, und es sind ja auch schon Selbstlader erfunden worden für Jagdjwecke. Alle diese Selbstspanner aber sind so vollstãndig unkriegsmãßig, so schwer, daß man mir von sachverstän diger Seite gesagt hat, es wäre gar kein Gedanke daran, daß in absebbarer Zeit ein derartiger Selbstspanner jemals als Militärgewehr zur Einführung gelangen könnte.

Nun, meine Herren, hat der Herr Abg. Sattler die Frage an mich gerichtet, wie es mit dem Quinquennat stãnde. Meine Herren, als ich die Geschãfte des Kriegsministeriums übernahm, da fand ich einen Entwurf für ein solches Quinquennat vor. Dieser Entwurf batte aber weder dem Herrn Reichskanzler vorgelegen zur eingehenden Begutachtung, noch waren die bohen Behörden des Heeres, die bei derartigen Dingen auch sehr mitzusprechen baben. wie der Chef des Generalstaba usw, über diesen Entwurf gehort worden. Er hatte auch die Billigung Seiner Majestãt noch nicht er halten. Nun, meine Herren, wäre eg ja ganz gewiß ein leichtes ge wesen, entweder diesen Entwurf zu nehmen oder da, wo er mir nicht gepaßt bätte, irgend einen anderen Entwurf auszuarbeiten und dann als Quinquennatgentwurf zu bringen. Ich war mir aber vollkommen klar darüber, daß bei unserer ganzen finanziellen Sage, wenn etwas für die Armee geschehen soll, nur das, was wirklich notwendig ist. was die Lücken unserer Organifation schließt., was uns fähig macht, aus unserer Friedengorganisation auf das allerleichteste in die Kriegs organisation übernugeben, dem boben Danuse vorgelegt werden konnte. Daruber konnte man verschiedener Ansicht sein. und ich babe mir auf der einen Seite gesagt, daß das Gefüge des Heeres momentan ein so festes ist, daß ich ohne Schaden ruhig mit diesen Dingen ein Jahr warten könnte.

Auf der anderen Seite habe ich es als eine Ehrenschuld der Re- gierung betrachtet, das von ibr lãngst angekündigte Versorgungsgesetz das auch vom boben Hause gefordert worden ist, vorzulegen. Auch das mußte noch fertiggestellt werden; es war im Kriegsministerium bearbeitet, bedurfte aber noch der Billigung des preußischen Staats ministeriums und des Bundesrats. ;

Meine Herren, ich babe mich einfach gefragt: welche Ct dan wichtigere Gesetz? Und da war die Antwort: das

Rede hält, sich der politischen

Versorgungegesez⸗ well ich der Ucberreugung bin, dieses Bersorgungsgesetz wird falls es

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