1903 / 293 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 14 Dec 1903 18:00:01 GMT) scan diff

9

Rach weisung.

Schlusse des 1. 2.

der Ginnahme an Wechselstempelsteuer im Deutschen Reiche für die Seit vom 1. April 19038 bis zum onats November 1903. 42

3. 5. 6.

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9 8h 8 23 453

, ,

906 451 84 815 24 730

Summe 1 II. Bayern II. Württemberg.

6 421 463 619 330 187 160

7327 915 704 145 211 890

7076 408 707 112 211 121

NUeberhaupt Berlin, im Dezember 1903.

1015996

7227 954

8 243 9651 7994 641 249310

Hauptbuchhalterei des Reichsschatzamts. Biest er.

Deutscher Reichstag. 6. Sitzung vom 12. Dezember 1903. 1 Uhr.

Ueber den Anfang der Sitzung wurde am Sonnabend berichtet.

Zur ersten und eventuell zweiten Beratung steht zunächst der Gesetzentwurf, betreffend die Handelsbeziehungen . britischen Reiche, durch den die Ermächtigung

es Bundesrats, den Angehörigen und ,, des Ver⸗ einigten Königreichs von Großbritannien und Irland sowie den Angehörigen und den Erzeugnissen britischer Kolonien und auswärtiger Besitzungen die Rechte der Meistbegünstigung ein⸗ zuräumen, auch auf die Zeit nach dem 31. Dezember 1903 „bis auf weiteres“ erstreckt wird.

Abg. Graf zu Reventlow (b. t. F. fortfahrend): Wir werden ferner in Afrika differenziert von 2 bis 23355/o. Was Canada betrifft, so ist die Prophezeiung der „Kreuzzeitung' in Erfüllung gegangen: wir befinden uns mit Canada im Zollkriege. Wir müssen ung von Canada sehr hohe Strafiölle gefallen lassen. Als das bekannt wurde, entstand sogar in offiziösen Blattern Entrüstung, aber seitdem Chamberlain gesprochen hatte, hörte man keinen Ton mehr von der Seite, nur die extrem agrarischen Blätter sprachen davon. Wir meinen nun, dag ist ein Punkt, wo sich unsere Wirtschaftspolitik mit der nationalen Ehre decken sollte. Von 1896 an begann England an der Widerstandsfähigkeit Deutschlands zu zweifeln, und zwar mit

utem Grund, weil wir uns den schnöden Bruch des Saratoga

ertrages von seiten Amerikas gutmütig haben gefallen lassen. 85 muß zu unserer Bekümmernis gestehen, daß wir von englischer Seite richtig eingeschätzt worden sind. Jeßzt ist vielleicht der Zeitpunkt ge⸗ kommen, wo wir deutschen Volksvertreter versuchen könnten, unsere i ng wieder guf, einen nationalwirtschaftlichen Standpunkt zu bringen. Leider besteht jetzt ein Vertrauen zur Wirtschaftspolitik unserer Reglerung nicht. Wir sind in wirtschaftspolitischer Beziehung die Leiter a n g, sondern in schnellem Tempo herabgestiegen. Dag gleichzeitige Bestehen von Meistbegünstigungsberträgen und Tarif vertragen ist unhaltbar. Es fallen den Meistbegünstigungsstaaten, ohne daß sie sich besondere Mübe zu geben brauchen, alle Vorteile in den S f die wir den Vertragsstaaten eingeräumt haben, und das muß den Abschluß günstiger Handelsverträge mit den Staaten erschweren mit denen wir heute in Handelsvertragsbeziehungen leben. Es ift für ung, speziell für den Bund der Landwirte und 9 die Wirtschaft⸗ liche Vereinigung denen immer nachgesagt wird, sie seien Vertreter einseitiger agrarischer Interessen, eine ganz besondere Genugtuung, daß wir gerade in diesem Falle als Vorkã mpfer für vorwiegend ann frre g Interessen eintreten, denn an unseren . zu England ist in erster Lnie die deutsche Industrie interessiert. Wir gehen uns ja nicht zu r Illustonen hin, es besteht noch zu viel guter Glaube an zie Wirtschaftspolitik der Regierung. Die Herren, die vor einem Jahre in der Langen Nachtsitzung für den Antrag Kardorff stimmten, gaben sich der Hoffnung hin, daß eine Kündigung der Handelsverträge 2 werde. Sie ist nicht . und niemand weiß, wann sie erfolgen wird. Wir betrachten die 2 Verhandlung ungefahr als Probe auf dag Exempel, wie es bei der Beratung neuer Handelgverträge gehen wird, fallt der jüngste von uns das Ginbringen solcher Verträge no erleben sollte. Wir werden sehen, wieviel Widerstandsfähigkeit au seiten der Regierung noch vorhanden ist. Was speziell die Begründung r eg so verd . sie die vom R f ur 5b. Wir meinen, daß wir dem Auslande gegenüber in wirt- chastgpolitischen Dingen Einst machen müssen, wenn wir . dauernden gůnftigen Handelsbeziehungen gelangen follen. Dem Reichskanzler gegenüber dürfen wir in Anspruch nehmen, daß wir mit unserer wirtschaftapolitischen Stellungnahme die Regierung dem Auslande

gskanzler neulich erwähnte

gegenüber auf das allerkräftigste unterstützen, indem wir die Stellung unserer Unterhändler stärken.

Abg. Graf von Kanitz (d. kons.): Die Aufforderung, mit der der Herr Vorredner geschlossen hat, ist aus dem Hause heraus so oft an die Regierung gerichtet worden, daß ich über diesen Punkt kein Wort mehr zu verlieren brauche. Ich kann aber wiederholen, daß im ,. Lande eine förmliche Erbitterung darüber herrscht, daß die

ündigung der Handelsverträge noch nicht erfolgt ist. Ich selbst hatte vorgestern einen Antrag vorbereitet, der sich genau mit demjenigen des Grafen von Reyventlom deckt. Ich habe ihn verschiedenen Mit— gliedern hier im ale fiel, auch Herr Gothein hat ihn in Händen i,. Ich habe mich allerdings nicht dazu entschließen können, diesen

ntrag einzubringen, weil wir diese selbe Vorlage 1898 und 1990 haben durchgehen lassen, ohne eine solche Klausel anzufügen. Wir haben keine Ursache, anzunehmen, daß die Regierung von der schon in der Vorlage von 1898 abgegebenen Versicherung hinsichtlich der Wahrnehmung der deutschen Interessen gegenüber solchen englischen Kolonien, die darauf ausgehen, uns zollpolstisch zu differenzieren, ab⸗= gehen wird. Wir werden dem Entwurf, wie er vorliegt, zustimmen mit der einzigen Modifikation, daß ebenso wie in den 8 von 1898 und 1960 eine bestimmte Frist eingefügt wird. In eine weitere Debatte treten wir nicht ein. .

Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:

Meine Herren! Der erste Herr Vorredner hat seine heutige Rede damit gewürzt, daß er erklärte, die arbeitenden und werktätigen Kreise des Volkes könnten zu der Handels⸗ und Wittschaftspolitik der Regierung kein Vertrauen haben. Aus den Ausführungen dieses Herrn Vorredners habe ich nur entnommen, daß der Kreig, für den er gesprochen hat, ein recht kleiner sein muß und daß dieser kleine Kreis den tatsächlichen Vorgängen auf dem Gebiete unserer Handelspolitik recht weltfremd gegenüberstehen muß. Wer die handelepolitische Entwicklung in dem letzten Jahre außerhalb der Grenzen Deutschlands verfolgt hat und namentlich auf dem Gebiete, das der erste Herr Vorredner ganz besonders berührte, wird zu der Ueberzeugung kommen müssen, daß diese Frage mit unendlich mehr Vorsicht, mit unendlich mehr Ruhe behandelt werden muß, wie der Herr Redner getan hat, wenn wir eine wirklich deutsch⸗nationale Politik treiben wollen. (Sehr richtig! links) So unerfahren, solche Waisenknaben, wie der Herr Vorredner beliebt ung hier darzustellen, sind wir nicht, wir kennen die Dinge besser wie der Herr Vorredner, und wir handeln nur im Interesse unseres Landes, wenn wir so handeln, wie wir Ihnen hier vorschlagen. (Bravo! links) Die Lage ist jetzt nicht derartig, um mehr ju sagen, und es wäre deshalb ein schwerer politischer Fehler von mir, mich jetzt auf alle die Angriffe des ersten Herrn Redners gegen die Regierungspolitik hier zu äußern; ich lehne das im gegenwärtigen Stadium der Verhandlung und der Sachlage mit der größten Be⸗ stimmtheit ab. (Bravo! links.)

Was speztell unser Verhältnis zu Ostindien betrifft in bezug auf die Einfuhr unseres Zuckers, so bemerke ich, daß mir eben eine . unseres Herrn Botschafters in London vorgelegt wird, die autet:

Die britisch⸗ostindischen Zuschlagszölle sind unter dem 2. d. M. für allen Zucker aufgehoben worden, der in den an der Brüsseler

Konvention betelligten Staaten nach dem 31. August d. J. erzeugt

*

worden ist und der weder in dem Hafen eines der Konvention nicht beigetretenen Staates verschifft, noch durch ein solches Land durch. geführt worden ist. .

Alle diese Angriffe, die auch in der Presse gegen dag Verhalten der deutschen Regierung im Verhältnis jur Haltung der zsterreichischen Reglerung wegen der ostindischen Zuckerfrage erhoben wurden, sind somit hinfällig. Wir haben die gleichen Einwände wie Oesterreich erhoben, und Sie sehen, daß diese Einwände den Erfolg gehabt haben, der in der Depesche dargestellt ist.

Ich kann mich auf noch eine Bemerkung beschränken. Wenn der erste Herr Vorredner sagte, er stünde hier alt Vertreter industrieller Interessen, so kann ich der Industrie nur wünschen,

daß sie andere Freunde hat. (Sehr gut! links) Denn wenn wit

diese Politik trieben, die er uns eben empfohlen hat, dann würden wir allerdings sehr bald zum allerschwersten Schaden des gesamten

deutschen Erwerbslebens in Zollkonflikte mit der ganzen Welt kommen.

(Bravo! links.)

Abg. Gothein (fr. Vgg.): In diesem Stadium müssen wir uns . eine gewisse Reserve auferlegen. Als Graf von Kani mir gestern er für die Regierung unannehmbar sein müsse, da er uns zu Ver, wicklungen führen würde, und ich danke dem rafen von Kanitz, daß er dies eingesehen und seinen Antrag nicht eingebracht hat. Ich 3. mich auf die Erklärung beschränken, daß wir der Verlängerung auf e. Jahre durchaut zustimmen, wenn nicht Graf. von Kanitz noch die

egierung aufgefordert hätte, die Handelsverträge so . wie möglich zu kündigen. der Landwirtschaft meint man, daß die Handel verträge nicht gekündigt werden sollen, ehe man nicht andere hat. Was unter annehmbaren Handelsverträgen zu verstehen ist, werden wir später sehen.

Abg. von Kardorff (Rp): Die Auffassung des Herrn Gothein bedeutet geradezu eine Aufforderung an das Ausland, mit uns Handelsverträge abzuschließen. Daß dies der Partei de Herrn Gothein , wäre, glaube ich, aber ein großer Teil unse res Landes versteht nicht, daß Lie Verträge, und namentlich die Meistbegünstigungsberträge, noch nicht gekündigt sind, was der vorige Reichstag mit Zweidrittel mehrheit empfohlen hat. Man muß doch dieses Votum achten. Ich wollte ursprünglich selbst einen Antrag einbringen, die Ermächtigung auf ein Jahr zu geben; da aber die erren Herold und Spahn zwei Jahre beantragen, werde ich meinen Antrag als Unterantrag dazu einbringen. Auf die Aeußerungen des ersten Redner gehe ich nicht ein, weil wir die Er= fahrung gemacht haben, in welch unglaublicher Weise Reden aus dem Reichsiag in England verdreht werden, um dort Deutschenhaß hervor zurufen. Keiner würde dem ersten Redner dankbar fein, wenn es Herrn Chamberlain gelänge, in England den Eindruck hervorzurufen, dat sei die Stimmung Beutschlands, und dagegen müssen wir uns wehren. Solche Reden führen das Gegenteil dessen herbei, was beab— sichtigt war.

Abg. Bernstein (Süß): Die Rede des Grafen zu Reventloam konnte an dieser Sache nicht mehr verderben, als schon verdorben ist. Die sozialdemokratische Partei wird für diese Vorlage stimmen. (Abg. Bebek: Positive Tätigkeit) Wir hätten heute gar nicht gesprechen, wenn nicht die Herren von der Rechten wiederum ihrer Gegnerschaft Cen die Verlängerung der Handelsverträge Ausdruck gegeben hätten.

mne Reserve sich aufzuerlegen, ist gar nicht nötig, denn alle diese Dinge sind heute jedem . und man schadet oder nützt niemandem, wenn man die Tatsachen vorführt. In den letzten zehn Jahien ist unsere Ausfuhr nach England von 673 auf 365 Millionen Mark gestiegen; es hat eine . regelmäßige Ent⸗ wickesung stattgefunden. England ist tatsächlich unser allerbester Kunde auf dem Weltmarkt, und es könnte keine falschere Wirtschafte— politik geben als eine solche, die uns mit England in einen oll⸗ krieg hineinreißt. 250, 0 unferer gesamten Ausfuhr gehen 14 ni land, und da sollte man doch Vorsicht walten lassen, . nicht durch chauvinistische Reden in einer Stimmung zu bestärken die nicht das Werk des Herrn Chamberlain ist, sondern di sich jahrzehntelang dort vorbereitet hat und jetzt . in immer weiteren Kreisen zum Ausdruck gelangt. Canada, u dessen Vorzugstarif ge enüͤber dem Mutterlande ein so großes Ge schrei gemacht wird, hat uns gegenüber eine passive Handelsbilanz auch dorthin ist unsere Ausfuhr trotz jener Differenzierung gestiegen und zwar von 16 auf 38 Millionen, während es uns nur 9 Millionen Mack liefert. Wenn eine Nation beständig gereizt un in ihren Handelsbeziehungen zu anderen Ländern benachteiligt wird, gewinnt schließlich das Gefühl die Oberhand über den Verstand, und das ist ein Grund, weghalb Chamberlains Agitation in England in ien Zeit auf einen fruchtbaren Boden gefallen ist. Wir hoffen, daß der nüchterne Verstand nicht nur dort wieder die Oberhand gewinnen und daß man hüben und drüben wieder ju der

einen Antragsentwurf ef erklärte ich ihm gleich, . J

nnte

In den weitesten Kreisen der Industrie und

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Ueberzeugung kommen wird, daß uns die . Schutz jöllnerei nur Ünheil bringen kann. Wir stimmen deshalb auch gegen alle an⸗ gekündigten Amendements; jeder dieser Anträge würde in England lediglich wie eine Drohung wirken. Während die deutsche Ausfuhr nach England 25 unserer Ausfuhr ausmacht, beträgt die englische Ausfuhr nach Deutschland nur 8 o g der englischen Kis Dem Grafen zu Reventlow! gegenüber möchte ich mich auf das entschiedenste gegen jede Vertragspolitik wenden, die geeignet ist, Repressalien auf der anderen Seite hervorzurufen. Ich möchte auch gegen die Meinung Verwahrung einlegen, daß seine Stellungnahme den Interessen der deutschen Industrie, der schaffenden Arbeit entspricht.

Äbg. Graf von Kanitz: Freundliche Handelsheiiehungen, su England wünschen auch wir; aber wir bezweifeln, ob Herr Bernstein ihnen einen guten Dienst geleistet hat, indem er auf die außer= ordentlich günstige Handelsbilanz jwischen Deutschland und England hinwieg. Badurch wird unsere Regierung in eine gewisse Zwangs, lage versetzt. Unsere Verhandlungen mit England werden dadur nicht geförßert, sondern erschwert. Die englische Statistik weist gan andere Ziffern auf, aus denen hervorgeht, daß es ein noch größeres Interesse daran hat, freundschaftliche Beziehungen zu Deutschland fortzusetzen, als umgekehrt. Nach den Zahlen, die Herr Bernstein und Herr Bebel angefübrr baben, betrug die deutsche Aktivbilan;

egenüber England im Jahre 18998 745 Millionen. Nach der engli⸗

e. Statistik hat aber Deutschland ein Minus von 167 Millionen gehabt. Für 1900 betrug danach das Minus 147 Millignen, nur für 1902 ergibt sich nach der englischen Statistik auch in England eine Unterbilanz von 10 Millionen Mark. Sie sehen daraus, wie vor⸗ sichtig man solche statistischen Ziffern aufnehmen muß. Auf. die Kolonien gehe ich des weiteren nicht ein, nur das eine möchte ich be⸗ tonen, wie ungünstig wir bei der canadischen Küstenschiffahrt he handelt werden. Die deutschen Schiffe dürfen sich an dieser Schiff fahrt nur beteiligen, wenn sie vorher eine Abgabe von 36 */ des Wertes bezahlen. Auch die australische Statistik muß mit der größten Vorsicht aufgenommen werden. Ich will die Debatte nicht verlaͤngern, es kommt ja doch nichts dabei heraus.

Abg. Graf zu Revent low: Wenn man aus meiner Rede einen Haß gegen England und deutschen Chaupinismus herausgebört hat, so darf ich versichern, daß ich davon kein Wort gesggt habe, war vielleicht eher ein übertriebenes englisches *r ret im Saale hören, und zwar bel Herrn Bernstein, der für England mit einer

mpfindlichkeit aufgetreten ist, die er hoffentlich auch für deutsche Interessen betätigen wird. Es ist mir nicht eingefallen, gegen England zu hetzen. Ich habe nur gesagt, daß wir doch wohl die Interessen der deutschen Nation vertreten dürfen, ohne dabei zu fragen, was die Leute im Auslande dazu fi Gesichter machen; ich bin Überzeugt, da wir eher dauernde und für unt hrauchbare Handelsbeiehungen m England und anderen Ländern erhalten, wenn diese sehen, daß au wir in 6 . Richtung Ernst machen wollen.

Abg. Bern stein: Ich glaube nicht, dj die Interessen eines Landes unbedingt im Widerspruch mit denen elnes andern Landes jn

* *

bestehen hrauchen. Ich bestreite auch, daß die von mir angeführten

ahlen nner af lebe e har ge, irgendwie hinderlich sein könnten;

ngland bekannt und in den englischen lugblättern verwertet, fasse die handelspolitische Stellung von and ju Land nicht als Eroberung, als Raubiug auf sondern unter dem Gesichteyuntt eines friedlichen Augtauschs der Nationen. Ein . mit England würde für beide Teile von dem größten den sein. ö ö 9 ah antit schließt die erste Lesung. ur zweiten Beratung liegt ein Antra der . erold, Dr. Spahn (Zentr), Dr. Pachn icke ff Vgg.), reiherr Heyl zu Herrnsheim (nl) und Gen ossen vor, hie Verlängerung des Provisoriums 9 zwei Jahre zu erstrecken, ferner ein Antrag des Abg. Grafen zu Reventlow und Genossen, die Verlängerung nur auf ein Jahr, also bis Ende 1904 zu erstrecken, und ferner dem Texte des Ent⸗ wurfs folgenden Zu satz zu eben: . Diese Ermächtigung bezieht sich nicht auf diejenigen ö Kolonien und auswärtigen Besitzungen, in denen die deutschen Reichgangehörigen und Erzeugnisse ungünstiger behandelt werden als diejenigen anderer Länder.

Der Abg., von Kardorff hat zum Antrag Herold den Unterantraäg gestellt, die erlängerung nur auf ein Jahr

erstrecken. zu '. Münch⸗Ferber (nl); Namens meiner raktion habe ich folgende Erklärung abzugeben: Die Fraktion ist, wie bei den früheren Anlässen in dieser Frage, auch heute mit der Verlängerung ber Vollmacht für die berbündeten Regierungen unter der Voraus setzzung einverstanden, daß ein Termin auf zwei Jahre, dem Por- liegenden Antrag gemäß eingefügt wird. Da pir uns mit den Mo- tiven, die dem Entwurf beigegeben sind, einverstanden erklären können, sehen wir von weiteren Darlegungen ab.

Abg. Herold: Es ist aus denselben Gründen, die der Herr Vor⸗ redner schon angeführt hat, nicht unsere Absicht, auf unsere handelt politischen Verhaältnisse heute einzugehen, diefe Absicht führen wir auch konseguent durch; deswegen haben, wir uns auch in der ersten Lefüng nicht jum Worte gemeldet. Wir können dies umsemehr, als bel den großen zollpolitischen Debatten im vorigen Jahre unsere Stellung zur Handelspolitik so einmütig und unzweideutig zum Aus⸗ druck gekommen ist, daß wir heute darauf verzichten können. Was den Antrag des Herrn von Kardorff betrifft, so will dieser den Termin wohl aus konstituttonellen Gründen nur auf ein Jahr bemessen. Wir halten es für zweckmäßig, die Frist auf zwei Jahre zu erstrecken, und bitten, unserem Antrage zuzustimmen.

Abg. von Kardorff erklärt, er habe den Antrag aus kon⸗ stitutionellen Gründen gestellt, Um dem Reichstage das Recht zu nab in , Jahre auf die Sache zurückzukommen.

Abg.

enn diefe Zahlen sind auch in

ichter (fr. Volktp): Wir werden gegen den Antrag Herold stimmen. Kein Mensch kann wissen, wie sich die Umstände in zwei Jahren gestalten. Die Engländer wiffen selbst noch nicht, was fie wollen. Dazu kommt, daß unser ,, , zu England nicht grundlegend ist für unsere künftigen Vertragsverhältnisse. Ez Handelt sich zunächst um Rußland und um Oesterreich⸗ Ungarn. war ift der Umfang der internationalen Beziehungen zu England ehr groß; aber für Tariffragen kommen sie erst in Betracht, wenn England zur Schutzzollpolitik übergeht.

Unter Ablehnung der Anträge von Reventlow und von Kardorff wird die Vorlage mit dem Amendement Herold⸗ Spahn fast einstimmig J,, ͤ

Darauf fetzt das Haus die erste Beratung des Reichs⸗ haushaltsetäts für 1904 in. Verhindung mit der ersten Lesung des Haushaltsetats für die Schutzgebiete und des Gesetzentwurfs, betreffend Aenderungen im Finanz⸗

wefen des Reichs, fort.

Preußischer Finanzminister Freiherr von Rheinbaben: Meine Herren! Nachdem gestern der Herr Schatzsekretär auf die Ausführungen des Herrn Abg. Richter geantwortet hatte, mußte ich es mir versagen, auch meinerseits das Wort ju nehmen, weil ich fürchtete, daß zwei Finanzleute hintereinander iu viel für das hohe Haus sein würden, zumal es bei der vorgerückten Stunde schon er⸗ müdet war. Ich halte es aber für meine Pflicht, doch auf einige Auzführungen des Herrn Abg. Richter hier auch meinerseits zu antworten. Er hat Bedenken dagegen erhoben, die Zuschußanleihe in der von den verbündeten Regierungen vorgeschlagenen Höhe ju bewilligen, und gemeint, daß noch 20 bis 30 Millionen wenn ich ihm richtig ge⸗ folgt bin mehr auf Matrikularbeiträge geschlagen werden sollten. Ich kann nur dringend bitten, diesem Rate nicht ju folgen. Der Herr Abg. Richter sagte, Preußen könnte das leisten, die Eisenbahneinnahmen jögen wieder an, infolgedessen könne es ein höheres Maß von Matrikularbeiträgen sehr wohl vertragen. Alleidings gehen auch bei uns die Eisenbahneinnahmen wieder in die Höhe infolge der allgemein ansteigenden Konjunktur; aber trotzdem macht sich hier wie im Reich genau dieselbe Erfahrung geltend, daß die Ausgaben in viel höherem Maße wachsen als die Einnahmen; und nur mit großer Mühe wird es gelingen, einen balanclerenden Ctat herzustellen. Ich wüßte nicht, wie es möglich sein sollte, noch über die 15 Millionen Mark Matrikularbeiträge, die Preußen so wie so schon treffen, etwa weitere 10 bis 15 Millionen Matrikularbeiträge auf den preußischen Staatshaushalt zu übernehmen, dem es schlechter⸗ dings an Deckungsmitteln dafür gebricht. Was von Preußen gilt, das gilt in immer steigendem Maße von den mittleren und kleinen Bundetstaaten; und ich halte es für meine Pflicht, bier nicht etwa bloß als Anwalt Preußens aufzutreten, sondern als Anwalt der Bundesstaaten überhaupt. Es ist den Herren bekannt, daß . B. dag Königreich Sachsen dazu hat übergehen müssen, seine Ginkommensteuer in sehr scharfem Maße anzuziehen, daß in Sachsen eine Einkommensteuer erhoben wird mit viel höheren Sätzen und stärkerer Progression, als das z. B. in Preußen der Fall ist. Gerade in diesen Tagen ist mir ferner die Etatsrede des badischen Herrn Finanzministers unter die Hände geraten, welche ergibt, daß selbst ein im allgemeinen so wohlsituiertes Land wie Baden seinen Ctat nicht mehr abschließen kann, ohne zu einer Erhöhung der Ein⸗ kommensteuer schreiten zu müssen. Es ist von Interesse, die Aug führungen eines Mannes zu hören, wie die des badischen Herrn Finanz⸗ ministers Dr. Buchenberger, der als Autorität darf ich wohl sagen auf dem Gebiete der Wissenschaft wie der Praxis in allen finan⸗

ziellen Fragen bekannt ist. In seiner Schlußbetrachtung sagt er: Der Ihnen unterbreitete Staatsvoranschlag steht unter dem widrigen Einfluß zweier Tatsachen, die sich gegenseitig in der Wir⸗ kung verschärfen: einmal eines nur mäßigen Anwachsens der Ein ⸗· nahmeguellen, sodann der bevorstehenden Aufzehrung der in den Vor⸗ jahren angesammelten Ueberschüsse. Das Endergebnis der Gtatauf⸗ stellung konnte demgemäß nur ein unerfreuliche sein und dieses Ergebnis auch durch vorsichtige und sparsame Gestaltung des ordentlichen Etats und durch Beschränkung der außerordentlichen Ausgaben auf die wichtigsten Forderungen der Einzelressorts nicht nennenswert verbessert werden. Der Fehlbetrag beziffert sich für die nächsten beiden Jahre auf rund 11 Millionen Mark und einschließlich der

auf Schluß des Jahres verbleibenden Reftkredite deg außerordent-⸗ lichen Gtatg noch um einige Millionen höher. Als Deckungemittel für diesen Fehlbetrag stehen ung keinerlei Reserven mehr zur Ver. fügung wie in früheren Jahren: die nach dem Finanjgesetzentwurf fuͤr die Bedurfnlsse des allgemeinen Staatshaus halts heranzu ziehenden Zinsen, welche die Amortisattongkasse in den nächsten belden Jahren erwirtschaften wird, werden eine Abminderung jenes Fehlbetrags nur in Höhe von anderthalb Millionen Mark bewirken. Im Gegensatz ju früheren Perioden haben wir daher nicht mit einem mehr oder weniger nominellen, sondern mit einem wirklichen Fehlbetrag zu rechnen, und dieser mit den Grundsätzen elner soliden Finanzwirtschaft unerträgliche Zustand erheischt daher besondere Maßnahmen, die nach Lage der Sache nur in der Flũssigmachung erhöhter Staatseinnahmen zu finden sind. ĩ Daran schließt der Herr Finanzminister und mit ihm die badische Regierung den Vorschlag, auch in Baden die Einkommensteuer in er⸗ heblichem Maße zu erhöhen. Ja, meine Herren, je schmaler die Basis, desto stärker der Druck, und die in den Mittelstaaten herbor⸗ tretende überaus ungünstige Finanzlage macht sich in viel stärkerem Maße in den Kleinstaaten geltend. Ich brauche das im einjelnen nicht auszuführen; denn die Ver— hältnisse dieser Staaten sind im allgemeinen bekannt; die indirekten Steuern sind ihnen versagt, die direkten sind schon bis zum äaußersten angespannt, in einem Maße, das weit über die preußischen Sätze hinausgeht. Werbendes Vermögen, 3. B. die Eisenbahnen, haben sie nicht, oder nicht in erheblichem Maße. Diese Kleinstaaten haben die Ersparnisse früherer Jahre aufgeiehrt und sie sind in der schwersten Bedrängnis, wenn sie jetzt noch mehr Matrikularbeitrãge zahlen sollten, die zu zahlen sie sich freiwillig erklärt haben.

Der Herr Abg. Richter hatte diesen Kleinstaaten gegenüber zwar die Spendierhosen an; er sagte: den Kleinstaaten wollen wir eine Million Matrikularbeiträge schenken. Ich glaube nicht, daß er das ernst gemeint hat; denn eine Differenzierung der Einzelstaaten in wohlhabende und nichtwohl habende, in leistungsfähige und leistungsunfähige ist wohl nicht möglich. Alle Bundesstaaten sind gewöhnt, Leid und Freud zu teilen, und eine der— artige Deklassierung einzelner Bundesstaaten werden Sie selber nicht wünschen. Ich kann also aus den Verhältnissen der Bundesstaaten, der großen wie der mittleren und erst recht der kleinen, nur dringend bitten, über das Maß der Matrikularbeitrãäge nicht hinauszugehen, das der Entwurf des Reichshaushaltsetats vor⸗ gesehen hat. Ich hoffe, da der Herr Abg. Richter gestern sehr ver⸗ söhnlich gestimmt war, daß er schließlich mit sich noch reden lassen wird und nicht so grausam gegen die Bundesstaaten vorgehen wird, wie er gestern angedeutet hat.

Dann, meine Herren, ist der Herr Abg. Richter und das ist por allem der Grund, weshalb ich heute das Wort genommen habe auf die Migquelschen Finanzreformenentwürfe zurückzukommen und hat gesagt, Herr von Miquel würde sich noch im Himmel freuen über die Vorlage, die seitens des Herrn Staatssekretärs von Stengel hier dem hohen Hause vorgelegt ist. Nun, meine Herren, Herr von Miquel würde sich noch mehr freuen, wenn Herr Richter jetzt eine sympathische Stellung zu dieser Vorlage einnehmen würde. (Heiter keit) Denn bekanntlich ist im Himmel mehr Freude über einen Sünder, der Buße tut, als über 99 Gerechte. (Große Heiterkeit.) Und ich würde es mit großer Freude begrüßen, wenn der Herr Abg. Richter endlich in dieser Beziehung Buße täte. (Heiterkeit. Meine Herren, ich muß aber doch hervorheben, daß die Miquelschen Reform⸗ entwürfe etwas sehr viel Wertvolleres und viel Organischeres darstellen als die sehr bescheidene Vorlage, die uns hier beschäftigt und die wirk⸗ lich nur einen ersten, ich möchte sagen, versuchsweisen Schritt nach der Richtung hin bedeutet, die Herr von Miquel einschlagen wollte. Die erste Gesetzesborlage des Herrn von Miquel sah nämlich vor, daß die Ueberweisungssteuern immer um 40 Millionen die Matrikular⸗· beiträge übersteigen sollten, derart, daß die Bundesstaaten auf einen sicheten Betrag von 40 Millionen rechnen könnten. Als diese Vorlage hier im hohen Hause keine Zustimmung fand, be⸗ schränkte man sich, verließ die Forderung der 40 Millionen und erklärte sich damit einverstanden, daß überhaupt nur Matrikularbeiträge und Ueberweisungen sich decken, daß also die Bundesstaaten eine Sicherung gegen die Ansprüche der Reichs⸗ verwaltung erzielten. Meine Herren, ich stehe auch jetzt noch auf dem Boden, daß diese Vorlage, dieser Gedanke des Herrn von Miguel, eine seiner gesündesten, weittragendsten und durchdachtesten war. Er hat sich unvergängliche Verdienste um die Stabilisierung der preußischen Finanzen erworben, aber gerade dieser Gedanke, endlich eine reinliche Scheidung zwischen den Finanzen des Reichs und Preußens herbei⸗ zuführen, war derjenige, der gleichmäßig für die Bundesstaaten wie für das Gedeihen des Reichs von höchstem Werte war.

Denn ich frage nochmals, meine Herren, wie ist es möglich, mit den Finanzen der einzelnen Bundesstaaten planmäßig vorzugeben, die Kulturaufgaben langerhand vorzubereiten und auszuführen, wenn ganz unübersehbare Anforderungen in dieser Beziehung an die einzelnen Bundesstaaten herantreten. Ich weise nur beispieleweise darauf hin, daß im Jahre 1889590 nach dem Etat des Reichs an Ueberweisungen 6s Millionen den Bundesstaaten zufließen sollten, während im Jahre 1893/94 bereits 20 Millionen ungedeckte Matrikularbeiträge von den Bundesstaaten an das Reich zu leisten waren, sodaß innerhalb von Jahren eine Verschlechterung ju Ungunsten der Bundesstaaten um den Betrag von 864 Millionen sich ergab.

Nun kommt aber dazu, daß das Soll weit übertroffen wurde durch das Ist und daß also das rechnungsmäßige Ergebnis diese Differenz zu Ungunsten der . sehr verschärft; denn tat⸗ sächlich ergaben sich im Jahre 1889/90 ein Ueberschuß der Ueber weisungen um 140 Millionen und 189394 ungedeckte Matrikular · beiträge von 30 Millionen, sodaß sich im Verlauf dieser 4 Jahre eine Differenz zu Ungunsten der Bundesstaaten von 170 Millionen ergeben hat. Aus der neuesten Zeit lassen Sie mich nur noch einige Daten anführen. Im Jahre 1901 sollten sich Ueberweisungen und Matrikularbeiträge ausgleichen und bereits im Jahre 1902 traten ungedeckte Matrikularbeiträge von 24 Millionen hervor. Nun, Sie werden begreifen, daß das nicht möglich ist, die Finanzen der Bundesstaaten ju ordnen, mit gleichmäßig auf lange Zeit berechneten Etats ju wirtschaften, wenn dergleichen große, nicht übersehbare und nicht ju erwartende Anforderungen an die Finanzen der Bundesstaaten herantreten. Aber, meine Herren und da komme ich auf den Grundgedanken des Herrn Abg. Richter

Bundesstaaten, aber sie wäre doppelt erwänscht im Interesse der Sparsamkell des Reichg selber. Herr Abg. Richter hat und darin stimme ich ihm vollkommen bel den Gedanken der Sparsamkeit vertreten, um die Ausgaben in den Grenzen der Einnahmen u halten. Will er das aber, so, meine ich, ist die erste Aufgabe, die Stellung des Staatgsekretärs des Reich schatzemtg zu stärken. Herr Richter deutete den Weg an, man solle ihm eine unabhängige Stellung einräumen, ein Weg, der meines Erachtens so, wie die Dinge liegen, unvereinbar ist mit unserer ganzen Reichsverfassung, unvereinbar mit der Stellung des Reichskanzlers sowie des Bundegrats und daher als aussichtslos angesehen werden muß. Will man die Stellung des Staatssekretärs des Reichsschatzamts stärken, so muß man ihm eine Barriere geben, über die die Anforde⸗ rungen, die an ihn herantreten, nicht hinaus können. Der jetzige Zu⸗ stand ist der, daß die Ausgaben vom Reiche bewilligt werden und die Bundesstaaten sie zu decken haben und dieser Zustand widerspricht allen wirtschaftlichen Grundsätzen. Der fundamentalste Grundsatz einer sparsamen Wirtschaft ist doch der, daß, wer die Ausgaben bewilligt, auch für ihre Deckung zu sorgen hat.

Nun sagte der Herr Abg. Richter, das Reichtschatzamt sei nur eine große Buchhalterei', wenn ich ihn recht verstanden habe. Ich glaube, er tut darin an sich dem Reichsschatzamt bitter unrecht. Denn ist das mötier jedes Finanzministers überhaupt ein dornenvolles, das des Staatssekretärs des Reichsschatzamts ist mit einem doppelten Kranze von Dornen umgeben. Ich glaube, daß der Herr Staats sekretär des Reicheschatzamts, indem er sich die redlichste Mühe gibt, die Ausgaben einzuschränken, daher eine etwas bessere Note verdiente, als sie Herr Richter ihm gestern erteilte. Aber wenn der Herr Abg. Richter die Stellung des Reichsschatzsekretärs stãrken will, dann gibt es kein besseres Mittel für ihn, als daß der Herr Schatzsekretär sagen kann: so weit kann ich nur gehen, so weit stehen mir nur Einnahmen zur Verfügung, darüber hinaus fehlt es mir an Deckungsmitteln und deswegen kann ich die Ausgaben nicht bewilligen, die an mich herantreten.

Dann hat der Herr Abg. Richter von dem Bundesrat gesprochen und hat gemeint, der Bundesrat sei nur eine Schutztruppe der Bundesstaaten gegen Matrikularbeiträge. Ich glaube, daß dieser Ausdruck nicht ganz richtig war jedenfalls nicht ganz höflich —, denn auch der Bundesrat seinerseits gibt sich die redlichste Mühe, die Ausgaben einzuschränken. Aber da begegne ich mich wieder mit dem Eingang der Ausführungen des Herrn Abg. Richter: der Bundesrat ist gar nicht die richtige Stelle, um in genügendem Maße auf Spar samkeit hinzuwirken, denn alle Forderungen kommen in einem Moment an ihn heran, wo kaum noch kaum, sage ich die Zeit ist, sie so zu prüfen und kritisch zu beleuchten (hört! hört! links), wie es der Herr ⸗Staatssekretär des Reichsschatzamts tut, und nur jemand, der dauernd in den Geschäften steht, der das ganze Werden der Dinge von Anfang sieht und dauernd eingreifen kann, wie der Herr Staatg⸗ sekretär des Reichsschatzamts, ist in der Lage, in dem erwünschten Maße wirklich auf Sparsamkeit hinzuwirken.

Meine Herren, hinter diesen Vorlagen des Herrn von Miguel bleibt nun aber die jetzige Vorlage weit zurück. Sie sieht eine grund⸗ legende Regelung überhaupt nicht vor; aber sie bedeutet einen ersten kleinen Schritt in der Richtung, die auch Herr von Miquel gehen wollte, und der Herr Abg. Dr. Sattler hatte meines Erachtens voll⸗ kommen recht, als er das eben nur als ersten Schritt bezeichnete. Auch in der Presse ist ja dieser Vorlage der Name die kleine Finanz⸗ reform gegeben worden, und ich möchte bitten, diesem ersten schüchternen Versuch, wenn ich so sagen soll, auch die Zustimmung des hohen Hauses zu erteilen.

Der gz 1 der Vorlage bringt, indem er die clausula Franckenstein auf die Branntweinverbrauchtabgabe beschränkt, in der Tat ein größeres Maß von Uebersichtlichkeit in den ganzen Haushaltsetat und in den Etat der Bundesstaaten. Der Herr Abg. Richter hob selber hervor, daß er sich jedesmal vor dem Beginn der Reichstags ver handlungen wieder in den ganzen Reichsetat heineinarbeiten müsse. Meine Herren, wenn ein auf dem Gebiete der Finanzen so versierter Mann wie der Herr Abg. Richter das nur mit Schwierigkeiten machen kann, wie sollen sich andere noch durch den Reichsetat durcharbeiten? Aber daz ist nicht der einzige Grund. Es wird überhaupt eine größere Uebersicht lichkeit in den finanziellen Beziehungen zwischen dem Reich und den Bundesstaaten geschaffen. Jetzt müssen die Bundesstaaten bekanntlich die Matrlkularbeiträge monatlich vorauszahlen und kriegen die Ueber weisungen nur nach Ablauf eines Vierteljahres erstattet. In- folgedessen sind die Bundesstaaten immer mit erheblichen Summen im Vorschusse, berauben sich der eigenen Be⸗ triebsmittel, und es gibt ein ganj kolossales Rechnung.

werk zwischen dem Reiche und den Bundesstaaten, von dem also nur derjenige einen Begriff hat, der wirklich in diesen Dingen drin ge- standen hat. Es wird doch dieser ganze unübersichtliche Etat klarer, dieses ganze Hin und Herschieben, wenn auch nur im Buchwege, zwischen dem Reiche und den Bundesstaaten eingeschränkt, wenn die Ueberweisungen nicht mehr den Betrag erreichen wie bisber.

Nun ist von dem Herrn Abg. Richter, auch von anderen Seiten, namentlich in der Presse, hervorgehoben worden, daß eine solche Ein · schränkung der clausula Franckenstein auf die Branntweinverbrauchs⸗ abgabe eine wesentliche Einschränkung des Einnahmebewilligunggrechts des Reichstags darstelle. Meine Herren, ich vermag diesen Einwand wirklich nicht als zutreffend zu erachten und meine, daß das Einnahme bewilligungsrecht des Reichstags auch in völlig ausreichender Höhe beste hen bleibt, wenn es sich um ein Einnahmebewilligungsrecht nicht mehr von 500 Millionen, sondern von etwa 109 Millionen das ist das durchschnittliche Aufkommen aus der Branntweinverbrauchgabgabe handelt. Denn das Einnahmebewilligungsrecht des Reichstags kann doch nur die Bedeutung haben, dem Reiche nicht mehr Einnahmen zu bewilligen, als das Reich erforderlich hat, um die Ausgaben zu decken, denen der Reichstag zugestimmt hat. In diesen Grenzen aber wird ein Einnahmebewilligungsrecht von 109 Millionen Mark jährlich vollkommen hinreichen, um den Wünschen und Beschlüssen dieses hohen Hauses den nötigen Nachdruck ju geben (sehr richtig! rechth); denn die Differenzen zwischen dem Reichtztage und den verbündeten Regierungen haben noch nie wenigstens soweit ich übersehen kann Summen von einer solchen Höhe erreicht. Die ganzen Abstriche, die der Reichstag beispielsweise für 1903 an dem Etat bewirkt hat, betrugen 28 Millionen, für 1300 9 21 Milllonen, 1901 3 Millonen, 1900 3 Millonen, 1889 auch 3 Milllonen. Also diese Oblekte waren die Differenmwunkte, wenn ich

daß gewiß eine solche Regelung erwünscht wäre im Interesse der

so sagen darf, jwischen dem Reichstage und den verbündeten Re-