schnittspreis jedenfalls die gesamte Produktion, also auch sehr geringe Eisensorten, welche die Eisengießereien nicht verarbeiten, andererseits sind wahrscheinlich die vorjährigen Schlüsse mit hineingetragen worden, die in dem abgeschlossenen Jahr nicht zur Ausführung gelangen konnten und noch zu geringen Preisen verschlossen waren. Es wird also jedenfalls richtig sein, diesen Differenzen gegenüber die tatsächlich im Berichts⸗ jahr erzielten Preise festzustellen und nach denselben den Durch⸗ schnittspreis zu ermitteln.
Aber der Herr Generaldirektor Kaiser wies auch darauf hin, daß die Warenpreise den erhöhten Roheisenpreisen gefolgt seien, und als Beweismaterial führte er Zirkulare einzelner Gruppen des Vereins Deutscher Eisengießerelen an, in welchen eine Preiserhöhung mitgeteilt wird.
Ja, meine Herren, wenn die Eisenwaren an und für sich ein so einfacher Artikel wären wie das Roheisen, dann würde es richtig sein, auf diese Kundgebungen zurückzukommen. Diese Zirkulare fagen nichts weiter, als daß die Preise verschiedener Waren einen Aufpreis erfahren. Nicht berührt von diesen Aufschlägen werden die alten Schlüsse, und gerade in den Zeiten der niedergehenden Konjunktur war vielleicht noch kein Kilo zu höheren Preisen verkauft, als dieselben bereits um 10, 20 und 30 S für 1000 kg zurückgingen. Also ich kann nicht annehmen, daß die Beweisführung des Herrn Generaldirektors Kaiser eine richtige gewesen ist. Es lassen sich eben ohne genaue Ermittelungen der einzelnen Werke selbst diese Preiserhöhungen nicht feststellen. Wie der Herr Ver⸗ treter der Tempergußfabriken auch ausgeführt hat, waren diese Erhöhungen in seinen Artikeln nur geringfügig.
Fabrikbesitzer Weichelt⸗-Leipzig: Ich gestatte mir ein Wort zu einer Berichtigung. In dem Bericht des Herrn Referenten heißt es auf Seite 49, wo von den Verhandlungen die Rede ist, die zwischen dem Verein Deutscher Eisengießereien und dem Roheisensyndikat stattgefunden haben, im zweiten Absatz:
1 Wenn der Verein behauptet, daß die Abschlüsse für das laufende Jahr nur dadurch zustande gekommen seien, daß die Vertreter der Hüttenwerke den Ab⸗ nehmern allerlei Erklärungen abgegeben hätten, welche sich nachher als unrichtig herausgestellt hätten, so sei zu bemerken, daß die Abschlüsse nicht von den Hüttenwerken oder deren Vertretern getätigt würden, sondern von dem Syndikat, auch sei es nicht richtig, daß die Hütten nicht die abgeschlossenen Mengen geliefert hätten und zum Teil mit 50 /o im Rück⸗ stand geblieben seien.
Mit bezug auf den ersten Teil, worin gesagt ist, daß nicht die Hüttenwerke und deren Vertreter, sondern das Syndikat die Ab⸗ schlüsse mache, lege ich hier einen Schlußschein von dem Vertreter eines Eisenwerks vor, worin er mit meiner Firma einen Abschluß tätigt. Ich könnte eine größere Anzahl von Schluß⸗ scheinen vorlegen; dieser eine wird wohl genügen.
Generaldirektor, Geheimer Kommerzienrat Kirdorf⸗Gel⸗ senkirchen: Meine Herren! Die Ausführungen des Herrn Reichsgerichtsrats Spahn, der nach Maßgabe der Angaben von Herrn Bergassessor Huth wünschte, daß die Statistik zur Beurteilung der Syndikate, namentlich des Rheinisch⸗West⸗ fälischen Roheisensyndikats, dahin ergänzt würde, daß die Rohstoffpreise in den verschiedenen Jahren den Preisen der Fertigfabrikate gegenübergestellt würden, veranlaßt mich zu einer Frage an Herrn Bergassessor Huth. Ich habe die An⸗ gabe des Herrn Bergassessors Huth dahin verstanden, daß die Roheisenpreise, die Herr Huth angegeben hat, nicht Syndikats⸗ preise sind, sondern Händlerpreise, und ich halte es für wichtig, daß es mit Rücksicht auf die Aufgabe, die Herr Reichsgerichts⸗ rat Spahn für diese Statistik stellt, hier festgestellt wird, ob meine Vermutung richtig ist, daß es sich hier nicht um Syn⸗ dikats,, sondern um Händlerpreise handelt. Soviel ich mich erinnere, hat Herr Huth ausdrücklich gesagt, daß für seinen Fabrikationszweig überhaupt das Roheisen des Syndikats fast gar nicht in Frage käme, und ich halte es für wichtig, daß das gegenüber der Aufgabe, die diesen Zahlen gegeben werden soll, festgelegt wird.
Bergasfessor a. D. Huth⸗Gevelsberg: Ich kann den Aus— führungen des Herrn Geheimrat Kirdorf nur zustimmen. Ich habe vorhin ausdrücklich gesagt: es handelt sich bei den An—⸗ gaben, die ich über Roheisenpreise mache, um Händlerpreise. Ich darf noch hinzufügen, daß ich außerdem noch betont habe, es handle sich bei den von mir angeführten Gießerei⸗ Verkaufspreisen hauptsächlich um Grauguß, dle Tempergußpreise habe ich nur nebenbei angeführt, denn für den Temperguß kommt Syndikatsroheisen sozusagen überhaupt nicht in Frage.
Geheimer Bergrat Krabler⸗Altenessen: Die Bemerkungen, zu denen ich mich zum Worte gemeldet hatte, sind ja schon durch Herrn Generalsekretär Bueck gestreift worden; bei der Wichtigkeit der Sache sehe ich mich aber doch veranlaßt, noch⸗ mals gegenüber der Frage des Herrn Bergrats Gothein, in welcher Weise namentlich das Roheisensyndikat mit den Zöllen zusammenhänge, ausdrücklich auf die Tatsache hinzuweisen, daß sowohl das Kohlensyndikat als auch das Kokssyndikat, die beiden größten Syndikate, die wir haben, mit Waren handeln, bie durch keine Schutzzölle geschützt sind
Bergrat Gothein-Breslau, M. d. R.. Meine Herren! Was bie letzten Ausführungen des Herrn Geheimrats Krabler angeht, so habe ich bereits beim Kohlensyndikat darauf hin⸗ gewiesen, daß überall da, wo es sich quasi um ein Monopol vorkommen, um ein öirtlich beschränktes Vorkommen eines im Verhältnis zum Gewicht relativ geringwertigen Artikels handelt, der Schutzzoll gewissermassen dadurch ersetzt wird, daß die Frachtkosten bei wachsenden Entfernungen so hoch werden, daß sie bie Konkurrenz anderer Gebiete in einer gewissen Zone ausschließen und damit wie ein Schutzzoll wirken. Es ist das in ber Wissenschaft auch wiederholt dargelegt worden, sodaß meines Erachtens diese Gegenausführung des Herrn Geheim rats Krabler nicht beweiskräftig ist. Was dann die Ent⸗ gegnung bes Herrn Generalsekretärts Bueck anlangt, baß ja her beste Beweit, daß ber Schutzzoll nicht der Boden sei, auf
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dem die Kartelle wachsen, das Beispiel Englands sei, indem es dort gerade in der Eisenindustrie massenhaft Kartelle gäbe, so ist eine derartige Behauptung allerdings von seinem öster⸗ reichischen Kollegen, Herrn Professor Josef Grunzel aufgestellt worden. Ich habe mir auch die Mühe genommen, diese Grunzelschen Behauptungen in einem Aufsatz in der „Nation“, „Eine Apologie der Kartelle“, einer eingehenden Untersuchung zu unterziehen, und bin zu dem Schlusse gekommen, daß diese behaupteten englischen Kartelle in der Eisenindustrie, aber auch die in anderen Industrien, absolut nicht das sind, was wir unter „Kartellen“ verstehen, daß es dort gar keine Kar— telle in unserem Sinne gibt. Was Grunzel als solche an⸗ nimmt — und ich nehme an, daß Herr Generalsekretär Bueck ihm darin folgt — sind Fusionen, Amalgamationen, die überall vorkommen, um Betriebs- und Debitskosten herabzumindern usw. Eine Fusion hat eben Vorteile anderer Art, als ein Kartell sie bietet, es sind das Vorteile, die in den geringeren Verwaltungskosten, die in der Beseitigung der Konkurrenz auf einem beschränkten Gebiete beruhen können, dazu bedarf es allerdings nicht im geringsten eines Schutzzolles. Aber ich kann nur wiederholen: mir ist auch nicht ein einziges wirk— liches Kartell in England bekannt, und unter all denjenigen, die Grunzel als solche zitiert hat, ist nicht ein einziges vor⸗ handen, daß nach unseren Begriffen dem Wesen eines Kartells entspricht, wie wir sie im Auge haben.
Nun hat Herr Generalsekretär Bueck, obgleich wir auf⸗ gefordert worden sind, alles Persönliche möglichst beiseite zu lassen, darauf hingewiesen, daß ich so sehr viel jünger sei und mir infolgedessen über die Vorgänge vor 1879 wohl nicht das richtige Urteil zustehe. Ich kann nur sagen: ich freue mich außerordentlich, daß ich Herrn Bueck in dieser Frische wiedersehe, aber der Mangel, den er mir vorwirft, ist ledig— lich einer, der sich mit jedem Tage bessert. Es gibt aber in diesem Kreise eine ganze Anzahl Herren, die jünger sind als ich, und ich hoffe, es wird deshalb niemand sich scheuen, das Wort zu ergreifen. (Zuruf: Sachlich) Ja, die Ausführungen, die gegen mich gemacht wurden, waren auch nicht sachlich, sie waren persönlich, und deshalb glaube ich, auch persönlich erwidern zu dürfen.
Ich habe jene Zeit, wenn auch nicht aktiv, so doch schon als denkender Mensch mit dem größten Interesse durchlebt und auch die sämtlichen Vorgänge der damaligen Zeit habe ich damals wie hinterher aufs eingehendste studiert. Ich glaube also, ich kann mir wohl ein Urteil darüber zumuten, und wenn Herr Bueck der Meinung ist, daß dabei nicht von einem „der Appetit kommt beim Essen“ gesprochen werden kann, so kann ich darauf nur erwidern: das sind Auffassungs⸗ sachen. Wenn jemand ursprünglich für einen Zoll von 60 ist und wenn er kurz darauf 1 (66 verlangt, so kann man wohl sagen: „der Appetit kommt beim Essen“ und das war nicht nur beim Eisen, sondern auch bei viel anderen Waren der Fall. — Das sind aber Ansichtssachen.
Dann möchte ich noch bemerken, daß es ja ganz natürlich ist, daß unter Umständen billiger nach dem Auslande verkauft wird als im Inlande. Ich weiß sehr wohl, daß, wenn ein Werk einen großen Teil seiner Produktion im Inlande ver⸗ schlossen hat und damit seine Produktionskosten einschließlich der Generalunkosten gedeckt hat, es dann einen großen Auf— trag auch noch hereinnehmen kann zu wesentlich niedrigeren Preisen und trotzdem dabei noch vorteilhaft fahren kann. Wo es sich aber um Kartellbildungen handelt, ist es etwas ganz anderes als dieser natürliche Vorgang, der sich auf dem Ge— biete der freien Konkurrenz abspielt. Hier wird die Konkurrenz im Inlande ausgeschlossen, während sie bei den anderen Vor— gängen im Inlande vorhanden ist, und hier wird deshalb im Inlande ein künstlicher Preis erzeugt, der es den Produzenten ermöglicht, nun auf Kosten dieses künstlichen Preises und des Gewinnes daran, ihre Waren unter dem Selbstkostenpreise nach dem Ausland anzubieten. Ich erinnere an die deutsch⸗ luxemburgische Gesellschaft, deren Vorsitzender das gegenwärtig auf ihrer Generalversammlung ausgeführt hat, und an viele andere Beispiele, daß diese Ausfuhr unter den Selbstkosten gemacht wird, und es ist kein Zweifel, daß hier ein künstliches Unterbieten der Preise stattfindet, das im Auslande natürlich ebenso großen Aerger unter den Konkurrenten in Rohmaterial und Halbzeug hervorruft wie im Inlande auf seiten der Ver⸗
arbeiter.
Was sodann die Ausführungen anlangt, die mir gegenüber gemacht worden sind, wegen des zitierten Artikels in der „Deutschen Industriezeitung“, so habe ich mit keinem Worte behauptet, daß damit die Auf⸗ fassung des Zentralverbandes deutscher Industrieller
wiedergegeben sei. Das würde allerdings nicht ehrlich ge⸗ wesen sein, denn dessen Ansichten sind mir zu gut bekannt. Ich habe aber ausdrücklich sagen müssen, was für ein Blatt es ist und welchen Charakters dieses Blatt ist; denn wenn dieser Artikel in der „Nation“ oder in der „Freihandels⸗ korrespondenz“ erschienen wäre, so hätte er selbstverständlich für die Mehrzahl der hier anwesenden Herren nicht die Be⸗ deutung als Symptom; daß er aber in einem solchen Blatt, das bloß Artikel aus Kreisen seiner Mitglieder aufnimmt
und in diesem Falle war es ein Mitglied, das diesen Artikel geschrieben hat —, ein solcher Artikel veröffentlicht werden kann, ist ein Symptom, das in gewisser Beziehung beweis kräftig ist, und wenn demgegenüber gesagt wird, daß die wachsende Ziffer der Ausfuhr von Lokomotiven und Loko mobilen in den letzten Jahren beweise, wie der Artikel von unrichtigen Voraussetzungen ausgegangen sei, so verweise ich Herrn Generalsekretär Bueck auf die Geschäftsberichte der Deutschen Lokomotiven- und Lokomobilbauanstalten, soweit sie Aktiengesellschaften sind, und auf die Aeußerungen ihrer Generaldirektoren in den Generalversammlungen, wo überein stimmend ausgeführt wird, daß diese Ausfuhr an Lokomotiven zu direkten Verlustpreisen erfolgt sei, lediglich zu dem Zwecke, um die Arbeiter in den Betrieben weiter zu beschäftigen, und daß biese Verlustpreise eben darauf beruhten, daß sie die Roh materialien zu teuer bezögen. Also die Schlußfolgerungen,
die Herr Generalsekretär Bueck gezogen hat, treffen in diesem Falle gar nicht zu.
Molkenbuhr-Hamburg, M. d. R.: Meine Herren, ich bin durch die Ausführungen der Herren Generalsekretäre Beumer und Bueck doch genötigt, einige Bemerkungen zu diesen Ausführungen zu machen. Herr Beumer hat freilich eine nicht ganz neue Rede hier gehalten, indem er darauf hinwies, wie es seinerzeit gewesen ist, als Deutschland noch Freihandel im Eisen hatte, daß damals unendlich viel Eisen den Rhein heraufgekommen ist. Diese Rede feiert ja nächstens, glaube ich, ihr fünfundzwanzigjähriges Jubiläum; sie wurde, soweit ich die Reichstagsakten habe kontrollieren können, zuerst von Herrn von Kardorff gehalten und zwar sehr oft von ihm ge⸗ halten, von Herrn Beumer habe ich sie auch wiederholt gehört. Aber die Herren lassen eines außer betracht, nämlich daß, als Ende der siebziger Jahre der kolossale Eisenimport stattfand, England uns technisch in der Eisenfabrikation erheblich über⸗ legen war. Wäre das Thomaseisenverfahren anstatt in England in Deutschland erfunden worden, dann hätte vielleicht die Sache umgekehrt gelegen, und es wären zur selben Zeit un⸗ endliche Mengen deutschen Eisens nach England gegangen. Ich würde es aber für vollständig falsch halten, wenn solche Tatsachen vorlägen, sie auf den Freihandel zurückzuführen. Es war unabhängig von Freihandel und Schutzzoll. Das lag am Stande der Technik. Man könnte das an der Hand vieler Beispiele beweisen. Wenn man z. B. unsere elektrische und chemische Industrie, unsere Feinmechanik ansieht, da haben wir einen ganz kolossalen Export, und wir haben ja bei den Zolltarifverhandlungen in der Kommission gesehen, daß die Feinmechaniker sich dagegen wehren, daß sie einen Schutz auf ihre Produkte bekommen, weil sie fürchten, daß dann im Autz—⸗ lande die Schutzzölle nachgemacht werden. Darum ist es kein Beweis, daß, wenn in einer Zeit, wo England uns technisch überlegen war, ein erheblicher Import Englands vorhanden war, dieser Import auf den Mangel eines Schutzes unserer Eisenindustrie zurückzuführen sei. Man müßte dann den Nachweis erbringen können, daß Deutschland damals tatsächlich imstande war, Eisen von derselben Qualität wie England her⸗ zustellen. Ich denke unsere Industriellen haben nach dem „Erfolge“ in Philadelphia alle Ursache gehabt, sich nach guten Rohmaterialien umzusehen.
Nun sagt Herr Generalsekretär Bueck, daß der Zweck des Schutzzolles ist, die Preise zu erhöhen; aber hohe Preise sind doch immer für die Industrie sehr bedenklich, sobald es fich um Rohmaterialien oder Halbfabrikate handelt, weil sie den Teil der Industrie, welcher diese Materialien verarbeitet, doch dadurch auf das allerschwerste schädigen und gerade diesen Teil unserer Industrie damit vollständig konkurrenzunfähig machen. Nun führt zwar Herr Bueck an, daß kein Mensch billiger verkauft als er verkaufen muß, auch im Auslande, und daß das speziell auch für unsere Eisenindustrie und Eisensyndikate in Betracht kommt; aber er hätte dann auch die Konsequenz ziehen müssen, daß auch im Auslande gar kein Mensch mehr zahlt als er notwendig zahlen muß. Je höher das Angebot von irgend einer Ware im Auslande ist, um so niedriger wird selbstverständlich der Preis sein, und wenn nun durch Syndikate künstlich die Ausfuhr gefördert wird und auf bestimmten Märkten, die uns direkt vor den Toren liegen, wie Belgien und die Niederlande, kolossale Mengen Eisen abgeladen werden, so ist es selbstverständlich, daß die dortige Industrie der unsrigen dann eine recht be⸗ denkliche Konkurrenz machen kann. Im einzelnen Falle wird es sich ja schwer nachweisen lassen, wie das ineinandergreift; aber es gibt doch vereinzelte Fälle, wo es sich nicht gerade direkt um Gußwaren handelt, aber doch um solche, die recht charakteristisch sind.
Es wurde uns in den Motiven zum Zolltarif mitgeteilt, daß der Bau von Binnenschiffen an der Ruhr und am Nieder⸗ rhein vollständig vernichtet sei durch die niederländische Kon⸗ kurrenz, weil die Niederländer mit billigerem deutschen Eisen billiger bauen könnten als unsere deutschen Werften. (Zuruf: Schundlöhne) Es wurde eben gesagt: schlechte Löhne. Nun, im vorigen Jahre war in der Hamburger Börsenhalle eine Nachweifung, daß von Holland Schuten, Binnenschiffe, die zollfrei eingehen, nach Hamburg billiger angeboten würden,
als die Werften, die im Zollgebiet liegen, das Rohmaterial
hätten. Nun, da können doch Baulöhne gar nicht in Frage kommen. Es wurde ausgerechnet, wieviel Eisen in einer
solchen Schute verarbeitet würde und was der Preis der Schute ist, und da stellte sich heraus, daß die Niederländer in Hamburg Schuten anbieten zu Preisen, die ungefähr den Preisen des Rohmaterials gleichstanden. Nun läßt sich an⸗ nehmen, daß solche Sachen auch bei Gießereiprodukten vor⸗ kommen, freilich nicht in dem Maße, weil diese letzteren nicht zollfrei eingehen. Dagegen, wenn der deutsche Gießer an das Ausland liefern will, ich will einmal sagen, nach England oder Belgien, so tritt es vollständig in die Er⸗ scheinung, daß er dann um so schlechter gestellt ist, daß er ganz außer stande ist, zu konkurrieren. Er muß zu verlust⸗ bringenden Preisen verkaufen, wo der Ausländer noch verdient, weil der Ausländer billigeres Rohmaterial bekommen hat. Daß das auf die Preise wirken muß, wenn plötzlich in großen Massen Eisen auf einem Markt abgeladen wird, wie es im Jahre 1902 geschehen ist, ist ganz selbstverständlich. Wenn man die Ausfuhrtabellen von Deutschland vom Jahre 1902 vergleicht, so sieht man, daß gerade von Deutschland aus eine Ueherfüllung des Marktes stattgefunden hat und infolgedessen natürlich auch ein Preisdruck stattfinden mußte. Und wenn auch die deutschen Verkäufer so viel nahmen, als sie irgend kriegen konnten, so kauften doch andererseits die Ausländer so billig als sie konnten, und sie konnten gerade die Ueberfüllung des ausländischen Marktes meiner Meinung nach sehr wohl für sich ausnützen.
Ich bin nun freilich nicht der Meinung, wie Herr Bergrat Gothein, daß die Kartelle ohne Schutzzölle nicht vorhanden wären. Ich glaube, die Kartelle sind eine ganz
notwendige Folge der wirtschaftlichen Entwickelung, und wenn
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sie heute mit den Schutzzöllen vielleicht etwas beschleunigt worden sind, so wären sie schließlich auch ohne Schutzzölle ge⸗ kommen. Das einzige, was, wie ich glaube, möglich wäre, ist: wenn die Schutzzölle nicht in dem Maße vorhanden wären, würden die Kartelle derartige Mißbräuche nicht haben treiben können, wie sie sie anerkanntermaßen getrieben haben. (Sehr richtig Denn wenn die Herren von den Eisensyndikaten selbst sagen: wir sehen ein, daß wir Fehler gemacht haben, wir wollen sie nicht wieder machen, — so würden sie die Fehler wahrscheinlich nicht gemacht haben, wenn sie das im Auslande verschleuderte Eisen immer schnell wieder hätten hereinbekommen können. Aber wie weit das im allgemeinen heute wirkt, das läßt sich heute schwer übersehen. Interessant wäre es vielleicht, wenn man die Preise für bestimmte Markt— artikel einmal gegenüberstellen könnte, für welche Preise z. B. die Gießereien in Belgien und Holland dieselben Waren aus deutschem Eisen herstellen und wie teuer die Waren kommen, wenn sie in Deutschland aus deutschem Eisen hergestellt werden. Wenn man diese Dinge gegenüberstellen könnte — es müßte natürlich ein allgemeiner Markt- oder Stapelartikel sein, der in Frage kommt —,, würde man sehen können, wie die Preis⸗ wirtschaft der Kartelle gewirkt hat.
Kommerzienrat Kopp⸗Frankenthal: Ich hatte mir schon, ehe diese Diskussion weiter vorgeschritten war, erlaubt, die Frage zu stellen, in welcher Richtung volkswirtschaftlich be⸗ gründet werden könnte, daß der Export mit so geringen Preisen erfolge — resp. lediglich darauf basiere, daß im Inlande die Preise hochgehalten würden, damit es den exportierenden Firmen überhaupt möglich sei zu exportieren, daß heißt — ich will mich deutlicher ausdrücken —: die exportierenden Firmen rechnen in der Weise, daß sie sagen: wenn wir so und soviel im Inlande zu einem festgelegten hohen Preise abgeschlossen haben, dann sind wir in der Lage, noch ein Drittel oder die Hälfte, je nach dem, zu soviel verlustbringenderem Preise zu liefern. Das war der Grund, warum ich gefragt habe. Ich begreife sehr wohl, daß es für ein einzelnes Werk von größter Wichtigkeit sein kann, daß es dadurch, daß es seine General⸗ kosten vermindert, die Möglichkeit hat, seine Arbeiter weiter zu beschäftigen. Das letztere wäre eigentlich der einzige Gesichtspunkt, den wir hochhalten könnten, daß wir sagen könnten: wir wollen dadurch, daß wir die Produktion erhalten, den Arbeiterstand erhalten und die Möglichkeit haben, die Leute nicht plötzlich hinaussetzen zu müssen. Aber da wir in der weiterverarbeitenden Industrie genau unter denselben Ver— hältnissen leben, so gilt für uns das gleiche. Wir haben gerade so gut Krankenkassenbeiträge zu zahlen, haben gerade so gut Invalidenbeiträge zu zahlen, unsere Generalunkosten sind ebenso hoch, und die weiterverarbeitende Industrie ist ebenso darauf angewiesen ihre Arbeiter möglichst zu halten, und wenn wir nun hören, daß es überall der Fall ist, daß die Preise der syndizierten Waren für den Export, so wesent— lich niedriger gehalten werden, wie die Inlandspreise, so muß dahin getrachtet werden, daß sich diese Preise mehr und mehr einander nähern. Muß der Exportpreis niedriger gehalten werden wie der Inlandspreis, so darf dies meiner Ansicht nach nur bis zu einem gewissen Grade der Fall sein, es darf nicht so weit gehen, daß der Export schließlich lediglich auf Kosten des Inlandes geschieht. Wenn die Spannung zwischen dem Preise der Exportware und dem Preise im Inlande so groß wird, daß sie, wie es in einzelnen Fällen festgestellt worden ist, bis zu 500“ hinaufgeht, dann ist dies meiner Ansicht nach eine Uebertretung des Maßes des Zulässigen. Dann wird eben auf Kosten der allgemeinen Volksinteressen ein Export geführt, der allerdings für ein Syndikat oder ein einzelnes Werk von Nutzen sein kann. Infolgedessen hatte ich mir heute morgen die Frage erlaubt, inwiefern vielleicht die Herren Volkswirtschaftler — ich bin ein Industrieller, der sich mit diesen Dingen nicht so be⸗ schäftigen kann und sie nicht so übersehen kann — dies als richtig anerkennen würden. Darauf ist mir eine direkte Antwort nicht erteilt worden. Herr Generalsekretär Beumer hat wohl gesagt: wir sollten in die Zeiten vor 1879 zurück— denken, wie es damals für notwendig erachtet worden sei, einen Zoll von 1 S6 für Roheisen festzusetzen und Herr Generalsekretär Bueck hat ähnliche Ausführungen gemacht, er hat auch, wie jedoch von Herrn Bergrat Gothein bestritten wurde, gesagt, in England wären auch Kartelle und es seien dort keine Zölle. Soweit ich aber unterrichtet bin, will England gerade jetzt Zölle auf alles mögliche legen, um die Jartellbildung auch seinerseits einzuführen, bezw. ähnliche Dinge, wie wir sie in Deutschland vorgemacht haben. Allein die Herren haben auch gesagt, die Kartellbildung sei ganz ohne Einfluß auf die Zölle. Das glaube ich nicht. Aus der Gießereibranche kann ich ja mit keinem Beispiel dienen; darum muß ich, trotzdem es nicht zur Tagesordnung gehört, zwei Kartelle streifen, die mir gerade einfallen und das Gegenteil beweisen.
Meine Herren! Das Zuckerkartell hat seither einen sehr hohen Schutzzoll gehabt, und was das Zuckerkartell geleistet hat in bezug auf seine Mitglieder, das kann ich wohl als bekannt voraussetzen. Einzelne Fabriken wurden vollständig still gelegt, und aus den Erträgnissen des Syndikats wurden sie, damit sie still lagen, bezahlt; sie haben eben nicht gearbeitet, aber dennoch Hunderttausende bekommen. Das ist solange gegangen, bis die Brüsseler Konvention die Aenderung herbeigeführt hat. Und was ist der Erfolg? Mit dem ersten Oktober sind die Zuckerpreise gefallen. Ich habe aber nicht gehört, daß infolgedessen die Zuckerfabriken weniger zu tun tten, sondern im Gegenteil, sie haben seitdem mehr zu tun. Das Wegfallen des Zolles hat eben zur Erhöhung des Kansums beigetragen, und es ist die Frage, ob die Jucherfabhriken schlechter dabei fahren. Das ist das eine Kartell, welches ich erwähnen wollte.
Das zweite Kartell ist das Grobblechsyndikat. Der Herr Vorredner hat schon die Verhältnisse in Holland gestreist. Ich lan bestätigen, daß mir von seiten von Interessenten die Mitteilung gemacht worden ist, daß tatsächlich infolge des
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billigen Verkaufs von Grobblechen nach Holland die Unmög⸗ lichkeit existiert, daß die deutschen Schiffswerften am Rhein in der Lage seien, noch irgendwelche Kähne zu bauen, weil sie von den Holländern, die weder die Krankenkassen⸗ noch die Invalidenversicherungskosten, noch andere Belastungen zu tragen haben, die weit günstiger in bezug auf die Arbeitslöhne ge⸗ stellt sind als wir und obendrein den Vorzug haben, daß sie das Rohmaterial billiger beziehen, unterboten werden. Das Grobblechsyndikat ist eines derjenigen, die am entgegenkommendsten waren, im Verhältnis zu allen anderen. Als allgemein die Preise heruntergingen, hat es sofort auch die Abschlußpreise den Marktpreisen angepaßt.
Da die Auslandsgeschäfte nicht in das Syndikat ein⸗ bezogen sind, ist es den einzelnen Werken überlassen, die Preise festzustellen, und das haben sie in einer Weise getan, daß die Holländer in der Lage sind, ihre Bleche billiger zu beziehen wie wir, und dabei geht Schiffsmaterial zollfrei bei uns ein.
Meine Herren, ich mußte diese beiden Syndikate an⸗ führen, obwohl sie nicht zur Tagesordnung stehen, um den Nachweis zu erbringen, daß das Bestehen oder der Wegfall der Zölle wohl einen Einfluß auf die Kartellbildung hat, und bitte, mir also die Frage zu beantworten, ob es volkswirt⸗ schaftlich richtig ist, daß eine derartige Spannung zwischen den Inlandspreisen und den Exportpreisen berechtigt erscheint, wie sie tatsächlich besteht.
Stellvertretender Vorsitzender, Geheimer Oberregierungsrat Wendelstadt: Ich habe den Herrn Vorredner in seinen interessanten Ausführungen nicht unterbrechen wollen, weil er selber gesagt hat, daß er einiges anführen werde, was nicht unmittelbar zur Sache gehört; aber ich glaube, meine Herren, wir geraten doch etwas in allzu theoretische Erörterungen hinein ssehr richtig), und wir kommen dabei von der eigent— lichen Aufgabe, die wir verfolgen, etwas ab. Ich möchte deshalb an die folgenden Herren Redner die Bitte richten, sich möglichst wieder an die Anführung tatsächlichen Materials und an die Besprechung der tatsächlichen Vorgänge zu halten, die uns beschäftigen.
Generalsekretär Stum pf⸗Osnabrück: Ja, meine Herren, wenn die Verhandlungen, die wir heute hier führen, lediglich dazu bestimmt wären, orientierendes Material für sach⸗ verständige Industrielle und Geschäftsleute zu beschaffen, so brauchten die akademischen Erörterungen, die wir gehört haben, allerdings nicht dabei zu sein, das gebe ich vollkommen zu. Aber es könnte doch manches mißverstanden werden, was gesagt ist, wenn einzelne Punkte ungeklärt blieben, und so tut es mir leid, auf die reine oder gemischte Doktorfrage, ob der Schutzzoll eine Grundlage für das Bestehen des Roheisen— syndikats, wenigstens zum Teil, zu bilden hätte, nochmals zurückgreifen zu müssen.
Da möchte ich mir zunächst doch die eine Bemerkung gestatten, — ich stehe seit 47 Jahren in der Industrie und habe namentlich in den letzten vier Jahrzehnten die Dinge ziemlich aufmerksam verfolgt, — daß, wenn wir im Jahre 1879 den Roheisenzoll nicht eingeführt hätten, wir vielleicht auch heute eine ebenso leistungsunfähige Roheisenindustrie im Lande besäßen wie damals, und es wäre die Frage gewesen, wie die verarbeitende Industrie sich alsdann zur Sache gestellt hätte. — Wenn von Herrn Molkenbuhr hervorgehoben worden ist, daß England uns damals überlegen gewesen sei, weil man dort in jener Zeit den Thomasprozeß eingeführt hatte, so glaube ich, das doch mindestens als eine wohl auf Irrtum beruhende Uebertreibung bezeichnen zu müssen. Es hat nämlich gar nicht so lange gedauert, bis der Thomas— prozeß nach Deutschland herübergenommen wurde, daß die englische Industrie uns einen wirklichen Vorsprung hätte ab— gewinnen können. Vielmehr hat es dieser Erfindung wegen durch seine Industrie einen Einfluß auf den Weltmarkt gar nicht ausüben können. Soweit ich unterrichtet bin, hat Deutschland von vornherein den größten Anteil an der prak— tischen Ausbildung des Thomasprozesses gehabt, und England ist es nicht vergönnt gewesen, durch seine Thomaswerke auf den Weltmarkt irgendwie nennenswert einwirken zu können.
Nun will ich noch eines sagen: Man spricht immer von dem billigen Verkauf nach dem Auslande im Zusammenhang mit der Frage, ob das volkswirtschaftlich richtig sei oder nicht. Da möchte ich doch darauf aufmerksam machen, daß die Syndikate als solche mit dem billigen Verkauf nach dem Aus⸗ lande notwendigerweise nichts zu tun haben. Ich weiß aus der Praxis, daß man auch aus eigener Entschließung des einzelnen unter Umständen Geschäfte nach dem Auslande macht zu Preisen, die unter den Selbstkosten des betreffenden Werks liegen, nur um für seine Arbeiter Arbeit zu behalten und den Betrieb — wenn auch unter schweren Opfern — vorübergehend nicht einstellen zu müssen, weil man die Hoff— nung hegt, daß in absehbarer Zeit die Verhältnisse sich wieder bessern können. Das ist eine Erwägung, die in der Debatte noch mit keiner Silbe gewürdigt worden ist. Man hat die bei solchen Geschäften befolgte Preispolitik bemäkelt und es gewissermaßen als einen Fehler hingestellt, daß man im Aus⸗ lande nimmt, was man kriegen kann. Ja, meine Herren, ich meine, daß man im Auslande nicht mehr nehmen kann, als
zu haben ist, ist doch eine ganz natürliche Sache! Mir gegen⸗
über sitzen eine Anzahl von Vertretern unserer bedeutendsten
Eisenhüttenwerke, die mir bestätigen werden, daß, wenn große Werke ihre Arbeiter nicht brotlos machen und den Betrieb nicht vorübergehend still legen wollen, sie mehr als einmal in die Lage kommen, mit sich zu Rate zu gehen, ob sie nicht ver⸗ ständigerweise selbst mit Verlust Geschäfte nach dem Ausland machen sollen, die ihren Betrieb eine Zeit lang beschäftigen. (Sehr richtigh 1 .
- Im übrigen sind wir darüber klar, daß der syndizierten Industrie gegenüber die Werke, die einer nicht syndizierten Industrie angehören, sich immer in einer verhältnismäßig unbequemen Lage befinden, weil sie nach der einen Richtung dann mit bestimmten Preisdiktaten zu rechnen haben, während sie nach der anderen Seite in einen oft schrankenlosen Wett⸗
bewerb eintreten müssen. Aber ich kann nicht so weit gehen, hier den Gegensatz gelten zu lassen, den Herr Bergassessor Huth aufgestellt hat. Man darf auch bezüglich der Ausführungen dieser Herren das eine nicht vergessen, daß es in der Klein⸗ industrie Zweige gibt, bei denen unter Umständen weniger Intelligenz und auch weniger Anlagekapital dazu gehört, irgend einen Betrieb ins Leben zu rufen (Rufe: oh! oh) — erlauben Sie, meine Herren, ich habe noch nicht ausgesprochen — ich sage, bei denen unter Um ständen weniger Intelligenz und vielleicht noch weniger Anlagekapital — ich rede ja hier nicht von den Werken des Vereins deutscher Eisengießereien — dazu gehört, um einen Betrieb ins Leben zu rusen. Denken Sie sich nur den Fall, daß, wenn irgendwo einmal ein früherer Meister eines größeren Werkes mit einem anderen, der ihm die paar Tausende dazu gibt, plötzlich einen kleinen Gießerei⸗ betrieb anfängt, und damit, ohne groß zu rechnen, eine wahn⸗ witzige Konkurrenz aufnimmt — dann erklären sich aus dieser unüberlegten und unverständigen Konkurrenz nicht selten die unzureichenden Preise, die wir für einzelne Artikel im Inlande zu verzeichnen haben.
Ich bitte die Herren Sachverständigen aus der Eisen⸗ gießerei und der Maschinenfabrikation, zu erklären, ob das richtig ist oder nicht. (Sehr richtigh
Nun meint man, es wäre unrichtig vom Roheisensyndikat gewesen, die billigen Abschlüsse nach dem Auslande zu machen. Mir scheint aber, man verwechselt da die Geschäftstätigkeit des Syndikats mit der der einzelnen Werke, da das Ausfuhr⸗ geschäft dem Syndikat bisher entzogen war. Die Herren vom Roheisensyndikat haben nun bereits zugestanden, daß auch in dieser Beziehung inzwischen eine ganz andere Geschäfts⸗ handhabung eingetreten ist, die denjenigen Anforderungen ent⸗ spricht, die ich als Vertreter des Vereins deutscher Eisen⸗ gießereien den Herren des Syndikats vor nicht zu langer Zeit dargelegt habe. Ich glaube, wir werden uns damit abfinden dürfen, daß die in der Tat sehr bedauerlichen Geschäfts— vorgänge, die nach meiner Ueberzeugung hauptsächlich die Ver⸗ stimmung gegen das Syndikat hervorgerufen haben, auf einen Mangel in der früheren Organisation zurückzuführen sind, und ich spreche nicht nur die Hoffnung, sondern das feste Ver⸗ trauen aus, daß die Herren im Syndikat es fortan nicht daran fehlen lassen werden, mit ihren Abnehmern sich auch in dem Sinne zu verständigen, daß diese, wenn sie ein Geschäft nach dem Auslande machen, nicht schlechter gestellt werden, als die deutsches Roheisen beziehenden Fabrikanten im Auslande, mit denen unsere heimischen Werke draußen zu konkurrieren haben. Wenn dies in Zukunft nicht geschehen würde, so würde ich das allerdings für einen großen Fehler halten, der unbedingt vermieden werden muß. (Sehr richtig! und bravoh
Es ist nun auch noch die Frage der Qualitätsbestimmung aufgeworfen. Da möchte ich nun im Hinblick auf die in anderen großen Verbänden gemachten Erfahrungen glauben, daß die Herren, die den Wunsch hegen, daß nach dieser Richtung einheitliche Grundlagen gewonnen werden, sich an niemanden besser wenden können als an das Syndikat selber, und ich hege die Hoffnung, daß auch in diesem sehr wichtigen Punkte das Syndikat es nicht daran fehlen lassen wird, für bestimmte Marken passende Klassifikationen einzuführen, damit beispielsweise für Gießereien J, II und III u. dgl. Qualitäts⸗ bezeichnungen, unter denen man sich bisher kaum etwas wirklich bestimmtes denken kann, innerhalb gewisser Grenzen einiger⸗ maßen brauchbare Begriffe ermöglicht werden.
Meine Herren! Ich will diesen Gegenstand hier nicht weiter eindringlich behandeln und ich habe meine Bemerkungen hauptsãächlich gemacht mit Rücksicht darauf, daß die akade⸗ mischen Erörterungen, die über einzelne Seiten der Frage stattgefunden haben, möglicherweise im Lande mißverstanden werden könnten, wenn nicht kleine ergänzende Erklärungen dazu gegeben würden.
Stellvertretender Vorsitzender, Geheimer Oberregierungsrat Wendelstadt: Die akademischen Erörterungen sind ja nun von beiden Seiten erfolgt, und ich gebe daher der Hoffnung Ausdruck, daß die folgenden Redner in der Lage sein werden, sich wieder wesentlich an unser eigentliches Thema zu halten. (Sehr richtig!
Baurat Dr. Rieppel-Nürnberg: Ich bin durch Privat⸗ unterhaltungen in der Zwischenzeit darauf aufmerksam ge⸗ worden, daß meine Ausführungen über das angeführte Bei⸗ spiel aus Amerika und die Konkurrenz Deutschland gegenüber falsch verstanden worden sind. Ich habe gesagt: die Spannung zwischen dem marktfähigen Verkaufspreis und dem Material⸗ preis beträgt in Amerika für den angeführten Fall 16 3, in Deutschland 11,5 J für das Kilogramm. Was enthalten nun diese Zahlen? Sie enthalten die Löhne für die Her⸗ stellung, die Betriebskosten und den Gewinn. Ich habe daraus gefolgert, aber nicht nur aus dem allein, sondern auch aus meinen übrigen Studien in Amerika, daß man dort die Her⸗ stellungskosten, zusammengesetzt aus den Löhnen und Betriebs⸗ kosten, höher zu rechnen hat als in Deutschland, daß wir also technisch auf einem höheren Standpunkt stehen müssen, min⸗ destens aber stehen wir technisch nicht tiefer. Der Arbeiter ist in Amerika, bei viel höherer Bezahlung, zwar leistungsfähiger als der unsrige, allein die höheren Durchschnittsleistungen unserer Ingenieure im Zusammenhang mit den höheren Löhnen in Amerika stellen den Ausgleich her. Wir würden also in der Lage sein, auf Grund der Technik und Lohnaufwendungen mit den Amerikanern auf dem Weltmarkt gut zu konkurrieren. Tat⸗ sächlich ist es aber für uns außerordentlich schwierig. Ich komme als Direktor einer größeren Fabrik mit den Ameri⸗ kanern in den verschiedensten Weltteilen in Wettbewerb, fast stets ergeben sich Unterbietungen durch die Amerikaner. Ich will ein Beispiel anführen: Meine Firma steht in Konkurrenz mit Amerika für ein Objekt von ca. 30 Millionen, die Ameri⸗ kaner haben viel niedrigere Einheitspreise, meine Firma hat aber die Gesamtpreise niedriger, und das kann doch nur das Ergebnis des höheren Standes unserer Technik sein. Woran liegt es also, daß wir einen so schweren Standpunkt gegen⸗ über den Amerikanern haben? Nur an dem Materialpreis,
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