1904 / 9 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 12 Jan 1904 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Zu Oberlehrern sind ernannt worden: die Baugewerk⸗ schullehrer Pes ö in Görlitz, Escher in Eckernförde, Möckel und Husung in Hildesheim. .

Zu etatsmäßigen Baugewerkschullehrern sind ernannt worden: die Baugewerkschullehrer Heußner in Idstein, Setz in Kattowitz und Griska in Münster i. W.

Topographische Uebersichtskarte des Deutschen Reich im Maßstabe 1: 200000. ? (Buntdruck.)

Im Anschluß an die unterm 6. Juni v. J. angezeigten Blätter sind die nachstehenden 13 Sagard,

Sekt. 12 Wiek a. R., 30 Stolp, 43 Neubrandenburg, 45 Wollin, 46 Labes, 84 Osnabrück, 96 Wesel, 105 Glogau,

97 Münster, 110 Arnsberg durch die Kartographische Abteilung bearbeitet und veröffentlicht worden.

Der Hauptvertrieb der Karte ist der Verlagsbuchhandlung von R. Eisenschmidt hier, Dorotheenstraße 70a, übertragen worden. Der Preis eines Blattes beträgt 1 6 50 4.

Die Anweisung für den Dienstgebrauch zu dem ,,, , Preise von 1 M für jedes Blatt erfolgt durch die Plankammer der König lichen Landesaufnahme hier, NW. 40, Herwarthstraße Nr. 2 und 3. Berlin, den 8. Januar 1904. Königliche . Kartographische Abteilung. ain,

i Oberst und Abteilungschef.

Per ssnalveränderungen.

göniglich Preußische Armee.

Beamte der Militärverwaltung.

Durch Verfügung des Kriegsministerium s. 24 De⸗ zember. Reisewkttz, Heyne, Intend. Räte von den Inten— danturen des VI. bejw. II. Armeekorpg, gegenseitig, Kleffner, Krüger (Friedrich), Intend. Räte von den Intendanturen des XVI. bezw. VI. Armeekorps, gegenseitig, versetzt. Reddemann, Intend. Referendar von der . des III. Armeekorps, unter Üeberweisung zu der Korpsintend. des XVII. Armeekorps, ium überzähl. Militärintend. Assessor ernannt. Dornheim, Intend. Sekretär von der Intend. des XIV. Armeekorps, auf seinen Antrag aus dem aktiven Dienstverhältnis entlassen und zu den oberen Militärbeamten des Beurlaubtenstandes übergetreten.

25. Dezember. Evmann, Fiedler (Paul), Intend. Sekretäre von den Intendanturen der 31. Div. bejw. des XV. Armee korps, gegenseitig Reßmeyer, Ku dert, Intend. Sekretäre von den ö der 19. Div. bezw. des X. Armeekorps, gegenseitig, dersetzt.

28. Dezember. Engelien, Intend. Registrator, von der Intend. des J. zu der des V. Armeekorps versetzt.

Ostasiatische Besatzungsbrigade. Allerhöchste Kabinettsordre vom 17. Dezember 1903.

May, bisher Div. Pfarrer der 37. Div., mit der Stelle eines evang. Geistlichen beliehen.

Aichtamtsliches. Dentsches Reich.

Preußen. Berlin, 12. Januar.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute in Breslau den Vortrag des Chefs des Militärkabinetts, Generalleutnants Grafen von Hülsen⸗Haeseler entgegen.

Der Kaiserliche Botschafter in Paris, Wirkliche Geheime Rat Fürst von Radolin hat einen ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub angetreten. Während dessen Dauer werden die Geschäfte der Botschaft von dem Ersten Sekretär, Legationsrat Grafen von der Groeben geführt.

Laut Meldung des, W. T. B.“ ist S. M. S. „Panther“ am 5. Januar in Port⸗au⸗Prince (Haiti) und am 10. Januar in Puerto Plata (Dominika) eingetroffen und geht heute von dort wieder nach Port⸗au⸗Prince in See.

S. M. S. „Falke“ ist am 8. Januar in Isrémie (Haiti) angekommen, an demselben Tage von dort wieder ab⸗ gegangen, am 9. Januar in Cayes (Haiti) eingetroffen und am 19. Januar von dort nach Havana in See gegangen.

S. M. S. „Gazelle“ ist am 9. Januar in Mira⸗ goane (Haiti) angekommen und am 10. Januar von dort ebenfalls nach Havana weiter gegangen.

S. M. S. „Vineta“ ist am 10. Januar in Gonaives (Haiti) eingetroffen und gestern von dort nach Havana in See gegangen.

S. M. S. „Habicht“ ist am 10. Januar in Kapstadt angekommen, um daselbst bis Mitte Februar zur Ausführung von Reparaturen zu bleiben.

Der Dampfer „Prinz Heinrich“ ist mit dem Transport der von den Schiffen der ostasiatischen Station abge⸗ lösten Offiziere und Mannschaften am 8. Januar in Gibraltar eingetroffen und hat an demselben Tage die Reise nach Southampton fortgesetzt.

Der Dampfer „Roon“ ist mit der Besatzung für das Flußkanonenboot „Tsingtau“ am 9. Januar in Ant⸗ werpen angekommen und hat gestern die Reise nach Sout⸗ hampton fortgesetzt.

Breslau, 11. Januar. Die „Schlesische Zeitung“ meldet: Seine Majestät der Kaiser und König traf um 1 Uhr 50 Minuten auf dem Bahnhof in Landeshut ein, wo Allerhöchstderselbe von dem Grafen Udo zu Stolberg und den Spitzen der Königlichen und städtischen Behörden empfangen wurde. Unter Glockengeläute fuhr Seine Majestaͤt sodann nach der Gnadenkirche zur Trauung der Gräfin Armgard zu Stolberg mit dem Grafen Platen e Hallermund und begab . nach einer kurzen Rundfahrt urch die Stadt zum Schlosse Kreppelhof, wo Allerhöchst⸗

derselbe am Hochzeitsmahl teilnahm. Um 6i / Uhr erfolgte die

Abreise von Landeshut und um Si Uhr die Ankunft in

Breslau.

Seine Majestät fuhr sofort zum Diner nach dem fürstbischöflichen Palais. .

Ein Empfang fand nicht statt.

Bayern.

Der Staatsminister . von Podewils, der zu 3 des Jahres an Influenza erkrankt war, hat, wie „W. T. B.“ meldet, nachdem bereits Besserung eingetreten war, einen Rückfall erlitten, der ihn seit mehreren Tagen ans Bett fesselt.

Baden.

Der badische Landtag ist gestern wieder zusammen⸗ . Der Zweiten Kammer ist ein Gesetzentwurf, etreffend die Abänderung des Biersteuergesetzes, zu⸗ ö angen, der, dem, W. T. B.“ zufolge, unter anderem bestimmt, * zur Bierbereitung außer See, Hefe und Wasser nur Malz verwendet werden dürfe. Die Steuer beträgt für je 100 kg , Malzes, die bei einem Brauereigeschäft in einem Kalenderjahr steuerbar werden, für die ersten 250 dz & 4, für die folgenden 1250 dz 19 MS, für die folgenden 1500 de 11 M, für die folgenden 2000 dz 12 ½ und fur die folgenden 13 S6. Die letzteren Steuersätze sollen mit dem 1. Januar 1905, die übrigen Bestimmungen des Gesetzentwurfs mit dem Zeitpunkt der Verkündigung des Gesetzes in Kraft treten.

Mecklenburg⸗Schwerin. Seine Königliche ge der Großherzog ist, wie die „Mecklenburgischen Nachrichten“ melden, in Cannes leicht an Influenza erkrankt.

Oesterreich⸗Ungarn.

Wie dem „W. T. B.“ berichtet wird, besagt der gestern in Gmunden ausgegebene Krankheitsbericht über das Be⸗ 661 der verwitweten Königin Marie von Hannover, Allerhöchstdieselbe an einer leichten Lungenentzündun ö sei, die aber glücklicherweise einen normalen Warn

nehme.

Der Budgetaugsschuß der österreichischen Delegation verhandelte gestern über den Voranschlag des Ministeriums des Aeußern. Nachdem der Berichterstatter Marquis Bacquehem die Verhandlungen eingeleitet batte, f der Delegierte Kramare das Wort und erklärte, die freudige Botschaft über die Erneuerung des Dreibundes habe kaum jemanden besonders aufgeregt, und der Minister des Auswärtigen habe offenbar die Bedeutung dieses welt- historischen Ereignisses etwas heben und unterstreichen wollen. Er (Redner) glaube, daß die ernsten Gegner des Dreibundeg es gar nicht für der Mühe wert hielten, durch scharfe Bekämpfung dessen geringe Bedeutung für die gegenwärtige und auch künftige Politik des österreichischen Staates zu erhöhen. Ein solcher rhetorischer Aufputz in der Rede des Ministers des Aeußern verwirre aber einfache Gemüter dermaßen, daß jum Bei—⸗ spiel der preußische Kritiker der österreichischen Manöver gewagt habe, zu berlangen, daß deutsche Kayallerieoffiziere zu den fen hirn Kavallerie⸗ manövpern zuzuziehen seien, damit sie das östliche Gelände besser kennen lernten. Vie Herren schienen wirklich die Entwickelung der letzten Jahre anz und gar berschlafen zu haben. Sonst müßten sse doch wissen, daß . Inspizierungen des österreichischen Heeres wohl früher möglich gewesen seien, zu der Zeit, in der man mit dem Dreibunde einen . Götzendienst getrieben babe, daß sie jedoch in die heutige Lage nicht hineinpaßten. Gott sei Dank. wir stehen nicht mehr unter dem Zwange der Gegnerschaft zu Rußland, und solche Intimitäten mit den preußischen Offizieren mit einer direkten a3. gegen Rußland wären zwar wohl na dem Berliner eschmack, aber für die österreichische Politik sind sie wohl für die Zukunft undenkbar. Trotz der traurigen inneren Verbältnisse ist die auswärtige Stellung der Monarchie durch die Befreiung von der Berliner Vormundschaft, welche ja von den Tagen von Et. Petert⸗ burg datiert, viel besser und freier ,. und es wird sich wohl niemand finden, der es mit diesem Staate ehrlich meint und zugleich die früheren Verhältnisse wieder haben will. Jeder, der es mit dem Staate ehrlich meint, muß aufrichtig wünschen, daß die österreichisch⸗ russische Entente die Feuerprobe der Balkanwirren überdauert. Jeder, der es mit dem Staate ehrlich meine, müsse ferner wünschen, daß die Entente positive Erfolge für die Erhaltung des Friedens habe und in der Erfüllung der Pflichten der Humanität gegenüber den christ— lichen Völkern in der Türkei zum unverrückbaren Fundament der Orientpolitik der beiden Staaten werde. Der Redner kritisierte dann abfällig das Griechenland im Exposs unverdient gespendete Lob sowie die allzu strenge Sprache gegenüber Serbien, dessen loyale Haltung gegenüber Mazedonien Anerkennung verdiene, erklärte sich dagegen mit der Haltung der Regierung in der serbischen Offizierfrage einverstanden. Er (Redner) sei, trotz der Dreibundpolitik, die er mehr als eine diplomatische Archäologie ansehe, im großen und ganzen mit der auf der österreichisch ⸗russischen Entente basierenden äußeren Politik einverstanden. Er stimme gegen das Budget hauptsächlich wegen der desolaten innerpolitischen Verhältnisse. Der Delegierte Graf Schönborn hob den guten Eindruck hervor, den die Helen ng und die Vertiefung des guten Einvernehmeng mit Ruß— land gemacht hätten, erkannte dle Bemühungen des Grafen Goluchowski um die guten Beziehungen mit den alliierten anderen Mächten dankbar an und wies auf die charakteristische Annäberung der europäischen Staaten hin, die nicht miteinander in einem Allianzverhältnis ständen, namentlich auf die jwischen England und Frankreich. Er empfahl die ausgiebige Pflege und Vertiefung der österreichisch⸗ ungarischen Beziehungen zu Frankreich, wo die Sympathien für Desterreich⸗Ungarn im Parlament neuerlich zum Ausdruck gekommen seien, und eine weitere Ausgestaltung der internationalen Schieds⸗ . Der Delegierte Sugdersic erklärte, die Ausübung des Vetorechts bei der letzten Papstwahl keineswegs billigen zu können, dagegen mit der Haltung der Regierung in der Balkanfrage ein

verstanden zu sein. Er wünsche jedoch ein rascheres und tat kräftigere Vorgehen der Ententemächte, um den Ausbruch

von neuen Unruhen im Frühjahr zu verhindern. Was den ser⸗ bischen Königsmord betreffe, so dürfe das serbische Volk nicht für die Tat der Mörder bestraft werden. Die serbenfeindliche Politik Oesterreich⸗ Ungarns habe eine gewisse Mitschuld an den serbischen Verhältnissen. Die Erneuerung des Dreibundes, der durch die öster⸗ reichisch · russische Entente bedeutend an Aktualität eingebüßt habe, habe er, Redner, gleichmütig zur Kenntnis genommen. Er lehne das Budget ab, ö wegen der Ausübung des Vetorechts. Der Delegierte Sylvester drückte seine Befriedigung aus über die Er⸗ neuerung des Dreibundes, ebenso über die . der Balkanpolitik. Er hoffe, daß die Bemühungen in dieser Beziehung von Erfolg gekrönt sein würden, und erklärte, so entrüstend auch die Palastrevolution in Belgrad em een sei, so halten die Obrenowitsch sich doch die Sym⸗ pathien Europas verscherit gehabt. Der Redner sprach die Ueber zeugung aus, daß weber römische Zeitungsartikel noch lin g f. Resolutionen dem Vetorecht der österreichlschen Krone gefährlich sein könnten. Bezüglich der italienischen Universitäͤtsfrage erklärte der Redner, die Opposition der Deutschen richte sich nur gegen den Plan, italienische Universitaͤtekurse in Innebruck abzuhalten, nicht gegen die Kurse, die auf italienischem Boden abgehalten würden. Der Delegierte Stransky verlangte, daß die autochthone bulgarische Bevölke⸗ rung gegen die mogslemitischalbanesischen Elemente nicht verkürzt werbe. Er protestierte gegen die , n, beabsichtigte Ersetzung des Eribischofs Kohn durch einen deutschen Nachfolger und wandte sich gegen die Haltung der Regierung in der italienischen Universitätsfrage indem er erklärte, wenn relchsdeutsche Professoren in Salijburg dozieren

könnten, müßten auch italienischen Professoren in Innsbruck wissenschaft, liche Vorträge gestattet sein. Die Delegierten Graf Dziedugzycki und Fürst Schönburg-⸗Hartenste in sprachen . volle Zustimmung zu der Politik des Ministers des Acußern aus. Angesichts der schwierlgen inneren Verhältnisse sei es ein um so , Verdienst des Minister⸗ des Aeußern, die Machtstellung der Monarchie . außen hin er, . zu haben. Beide Redner erblickten in der Entente mit Ruß. and die vornehmste Friedensgarantie. Der Delegierte Fürst Schön,

burg⸗Hartenstein betonte, die Bündnisfähigkeit der Monarch.

hänge in erster Linie von der Erhaltung der militärischen Kraft ah, die daher von größter Wichtigkeit sei. Der Delegierte Pergelt be, tonte die unbedingte Notwendigkeit des Dreibundes im österreichischen Interesse und erklärte, die Deutschen hätten die österreichisch=

russische Entente von Anbeginn mit der größten Sympathie begrüßt.

Der Delegierte Freiherr von Sedlnitzky verlangte Aufklärung über die bandelspolitischen Schritte des Ministeriums des Aeußern. Dit Delegierten Fürst Schönburg-Hartenstein und Tollinger —̃ sich gegen Aufhebung des Vetorechts, der Delegierte Pergelt für die Aufhebung aus. Der Delegierte Graf Schönborn betonte, die Erklärung des Grafen Goluchowgki, daß durch das Vetorecht die Freiheit der por m hl nicht beeinträchtigt werden solle, erfülle ihn

mit Beruhigung und er wünsche, daß sich in absehbarer Zeit

keine Gelegenheit für deren Ausübung ergeben werde. Die Generaldebatte wurde hierauf geschlossen. er Minister des Aeußern Graf Goluchowski erklärte, er könne sich in der Erwiderung auf die ge— hörten Reden um so kürzer fassen, als in seinem Exposé ohnehin alle Punkte bereits erörtert seien. Der Minister wandte sich zunächst gegen die Ausführungen des Delegierten Kramare und erklärte, das Lob, das er (der Minister) dem Dreibunde gezollt habe, sei vollauf berechtigt ge. wesen. Der Dreibund bilde und werde auch in Zukunft die Grund— lage der Politik Oesterreich⸗Ungarns bilden, und man dürfe nicht ver⸗ . daß man, eine Konstellation, die sich so herrlich bewährt abe wie der Dreibund, nicht gern aufgebe. Wenn der Delegierte Kramare in der Anspielung der Neuen Freien Presse“, daß es zweck, mäßig sein würde, eine größere Anzahl. deutscher Offttiere bei den Mansvern in Galizien zuzujiehen, die Absicht einer Bevormundung seitens des Deutschen Reichs erblicken zu sollen glaube, so sei dies eine zu gewagte und durch nichts begründete nterpretation. Wag die von dem Delegierten Kramare gegen die Durchführung des Reformprogrammz erhobenen Bedenken und die An— fechtung der These, daß sich die Türkei ändern müsse, be— treffe, so könne der inister darauf verweisen, daß früher Programme aufgestellt, Konferenzen einberufen und Vorschläge ge— macht worden seien, an die sich die Türkei nicht gekehrt habe, und daß auch tatsächlich nichts geschehen sei. Da aher die Ententemächte ein, , n hätten, daß die Türkei, vielleicht nicht immer durch ihre eigene

6 sich zur Durchführung der von den Mächten in dem früheren Reformprogramm aufgestellten Forderungen unfähig gezeigt habe, hätten sie sich entschlossen, selbst Maßregeln zu . und eine aktivere Kontrolle eintreten ju lassen. Für die Durchführung dieser Kontrollmaßregeln sei ein Termin von jwei Jahren in Aussicht genommen, damit es nicht den Anschein habe, als ob man Maze⸗ donien mit Beschlag belegen wolle. Diese Zeit werde ausreichen, daß sich die neuen Verhaͤltnisse einleben können. Außerdem seien verschie dene , . in Aussicht genommen worden, die zur Besse— rung der Verhältnisse beitragen würden, so die Reorganisation der Gendarmerie, die eine viel größere Tragweite habe, als man sich ge— wöhnlich vorstelle. Der Minister erinnerte an die Erfolge, die die Gendarmerie auf der Insel Kreta zutage gefördert habe, waß zunächst das Verdienst der Italiener gewesen sei. Deshalb babe man auch einen italienischen General mit der Reorganisation der türkischen Gendarmerie betraut. Diesem General sollten Dele— gierte der verschiedenen Staaten beigegeben werden. Ferner sollten nach Feststellung des Statuts die Delegierten auf die einjelnen Sandschaks verteilt werden. Dieser Gendarmerie werde zugleich die Ueber⸗ wachung der türkischen Behörden und die Verwaltung sowie der Schutz der . en Bevölkerung gegen Ausschreitungen obliegen. Gegenüber der

emerkung des ö Kramare bezüglich des Lobes Griechen lands erinnerte der Minister daran, daß er in früheren Jahren wiederholt das Verhalten r,, sehr scharf beurteilt habe daß es ihm aber nun, da ein positiver Beweis dafür vorliege, daß sic Griechenland dem Reformprogramm angeschlossen habe, nur gerecht erschienen sei, diese Aenderung hervorzuheben. Bezüglich Bulgarien

führte. der Min sser aug, man müsse ohne weiteres anerkennen, daß früher die Bulgaren am schärfsten gegen Reformen auf— getreten seien. Man müsse aber auch anerkennen, daß die

kei bulgarische Regierung sich Mühe gebe, einen korrekten Stand— punkt einzunehmen. Was das Belgrader Verbrechen angehe, so seien alle Delegierten ja in der Entrüstung über dieses Ereignis einig. . Eb ist unser . sagte der Minister, in die inneren Verhältnisse der Balkanstaaten uns nicht einzumengen, 64 Verhalten während dieser letzten Vorgänge ist gewiß der beste Beweis hierfür. Nach der Verübung des Hei htecke*) war das Eintreten . Zustände zu befürchten. Als die Skupschtina den Chef der jweiten Dynastie Serbiens auf den Thron berief, hatten wir deshalb allen Grund, uns damit einverstanden zu erklären. Immerhin unterließen wir aber nicht, dem neuen König einen zarten Wink in der Richtung zu erteilen, daß man hoffen müsse, es werde ibm gelingen, in absehbarer Zeit die Ordnung wiederberzustellen. In dieser Beziehung erinnerte der Minister an das Telegramm det Kaisers Franz Joseph an den König Peter und die ähnliche Aeußerung des Kaisers von Rußland. „Wir haben aber die Erfahrung gemacht“, fuhr der Minister fort, daß der König Peter diese Mahnung nicht n, e. beherzigte und sich mit Persönlichkeiten umgab, mit denen in Verkehr zu treten, unserem Vertreter kaum zugemutet werden konnte. Im übrigen liegt lein Grund vor, uns Serbien gegenüber antipathisch ju jeigen. Wir wünschen mit diesem Staate die besten Beziehungen zu unterhalten.“ Die vom Delegierten Strang geäußerten Befürchtungen, sagte der Minister weiter, daß durch die nationale Abgrenzung der Sandschaks der drei Wilajets eine Ver— gewaltigung der Nationalitäten herbeigeführt werden könne, seien unbe⸗ gründet. iese Bestrebungen verfolgten im Gegenteil den Zweck, eine solche Vergewaltigung zu verhindern. Die Abgrenzung der Verwaltungsbezirke erfolge derart, daß in 6 Sandschak jene Nationalität, die zumindest 80 9 der Bevölkerung auß mache, die Hauptrolle spielen solle. Er hoffe, daß es so ein werde, in allen Bezirken die Voraussetzung für ein

riedliches Zusammenleben der verschiedenen Nationen zu schaffen.

Nach Ablauf von zwei Jahren sollten sich die Kontrollorgane zurück ziehen, während natürlich eine allgemeine Aufsicht besteben bleiben olle. Bejüglich des Finanzdienstes sowie der Heimbeförderung der lüchtlinge, deren Zahl vielfach übertrieben worden sei, die sich aber immerhin auf 15 060 bis 18 000 belaufen dürfe, werde die Kontrolle auch weiterhin ausgeübt werden. Die Türkei werde angehalten werden, die Leute zu unterstützen. Hierzu kämen die milden Gaben, die konzentriert und den Repatriierungskommissionen übergeben werden sollten. Auf, die Anfrage des Delegierten Stransky, warum das Wilajet Adrianopel nicht in das Reformprogramm ein, bezogen sei, erwiderte der Minister, „qui trop embrasse mel streint“. Zur Zeit, wo die refer nn lion hon el worden, sei dieses Wilgjet noch nicht der Schauplatz von Agitationen gewesen. Was die, Frage bezüglich des Eribischofs Kohn anbelange, so habe der Minister selbst erst aus der Zeitung von den Kombinationen Kenntnis erhalten, die in dieser Beziehung aufgestellt worden seien. Jedenfalls werde es nicht Sache des Ministers des Aeußern, sondern der österreichischen Regierung sein, mit der Kurie über diesen Gegenstand in Verhandlungen zu treten; das Ministerium det Aeußern fungiere nur als Vermittelungsorgan. Ebenso sei die Aus⸗ weisung des Professors Guberngtis aus Innsbruck eine nf ff. heit, die zunächst die österreichische Regierung angehe. Der Minsster lam sodann auf die Vetofrage zu gprj en und bemerkte, er sel seh überrascht zu hören, daß durch dle n, des Vetorecht bei der jüngsten fern die Gefühle der Katholiken lebhast beunruhigt worden seien. Er könne nicht begreifen, wie dies a den Autzführungen seines Grposés behauptet werden könne. Er habe

uber die Aussichten

66 über die Frage eingehend ausgesprochen, um den Irrtümern, ie in den Zeitungen und in gewissen katholischen Versammlungen zu⸗ tage getreten seien, den Boden ju entiiehen, Er müsse bezweifeln, 39 die Behauptungen der Ausdruck der Gefühle der katholischen Bevölkerung gewesen seien. Er glaube Anspruch darauf erheben zu können, ein guter Katholik zu , und in dieser Hinsicht niemandem en rde, er wolle dabei garnicht auf noch maßgebendere Faktoren hinweisen. Der Minister verwies sodann darauf, daß in früheren Zeiten tatsächlich eine Beeinflussung der freien Papstwahl . habe, ö. die gegenwärtige Ausübung des Vetorechtes

aber lediglich auf einen Wunsch beschränken könne, den das Kardinalskolleglum berücksichtigen könne oder nicht, und daß die Regierung kein Mittel habe, um ihren Wunsch durchzusetzen. Wenn aber wirklich die Exklusiva nicht bestände, könnte es doch nicht ver⸗ hindert werden, daß ein nationaler Kardinal denn im Ton klave fäßen nicht bloß Kurlenkardinäle erkläre, es scheine ihm eine Kandidatur nicht wünschengwert, sie entspreche den Interessen der fatholischen Kirche nicht, und es könne von einer solchen Erklärung Akt genommen werden. Das könne man denn doch leine , nennen. Von verschiedenen Delegierten sei dem Minister nahegelegt worden, Einzelheiten über die Ausübung des Vetorechts und die Gründe bekanntzugeben, warum dies . sef. Er sei indessen . in der Lage, diesem Wunsche zu entsprechen. Der Minister schloß sich des weiteren der Ansicht des 1 Sylvester an, daß es im Interesse aller Teile gelegen sei, dlese Angelegenheit nicht weiter zu erörtern. Was das Ersuchen des Delegierten Grafen Zedtwitz um Aufschluß über den Stand der handelapolitischen Angelegenheiten betreffe, fo erkläre er, daß der Abschluß der Handelsverträge und selbst die Einleitung dazu von gewissen Vorbedingungen abhänge, namentlich von der Votierung des Ausgleichs und des Zolltarifes, die beide die parlamentarischen Verhandlungen noch nicht durch⸗ emacht hätten. Es könne daher vorläufig nichts geschehen. Das roviforium, das vor kurzem mit Italien abgeschlossen worden ei, sei erst nach Erstattung des Exposés zustande, gekommen.

Gegenüber dem Hinweis auf eine ü. von ibm in einer früheren

Delegationssession bezüglich des Zu e nnn. der europäischen Mächte gegenüber der außereuropäischen Konkurrenz glaubte der Minister geltend machen zu können, daß die in, n. inner⸗ politischen Zustände der Monarchie auf wirtschaftlichem Gebiet kaum dazu geeignet seien, um auf diesen Gegenstand zurückzukommen. Hierauf wurde die Verhandlung abgebrochen und die weitere Beratung auf heute vertagt. ;

In der gestrigen Sitzung des ungarischen Unterhauses fragté der Abg. Graf Apponyi an, ob es richtig sei, daß die Geltendmachung der ungarischen Sprache im Militärstrafprozesse die Ursache sei, daß die bereits von früheren Regierungen vorbereitete Reform des Mllitärstrafprozesses ins Stocken geraten sei, da von österreichischer Seite Schwierigkeiten gemacht würden. Der Minister⸗ präsident Graf Tiszg antworkete, er habe die Arbeiten für die Reform bei Uebernahme der Geschäfte nach der juristischfachmännischen Seite in einem vorgeschrittenen Stadium vorgefunden; für die prinzipielle An- wendung der ungarischen Sprache im Verfahren fehle es aber völlig an Vorarbeiten. Es würden in dieser Beziehung derzeit im Schoße der ungarischen Regierung noch Beratungen gepflogen. Voischläge seien der e ei fh, Regierung noch nicht gemacht worden; es kznnten von ihr also keine Schwierigkeiten erhoben worden sein. Graf Apponyi erklärte sich von der Antwort befriedigt; das Haus nahm die Antwort zur Kenntnis.

Großbritannien und Irland.

Ein gestern in London ausgegebenes Blaubuch enthält, wie „W. 2 B.“ meldet, die diplomatischen Schriftstücke über die Vorgänge im südöstlichen Europa während der Zeit zwischen März und September 1903. Das letzte bekanntgegebene, am 10. September 19035 in London eingegangene Telegramm des englischen Bot⸗ e erf in St. Petersburg besagt, er habe am selben

age den Minister des Auswärtigen Grafen Lamsdorff ge⸗ sprochen und von ihm erfahren, daß seitens Rußlands und Desterreich⸗ Ungarns eine Mitteilung an Bulgarien vorbereitet werde. Von bieser Mitteilung sollten die Vertreter der beiden Großmächte in Sofia ihren Kollegen Kenntnis geben mit dem Ersuchen, sie in der Weise zu unterstützen, daß sie bei der bulgarischen Regierung eine Sprache führten, die dartue, daß die Haltung ihrer Regierungen bezüglich des Reformprogramms sich nicht geändert habe, daß sie einig seien in dessen Unter⸗ stütung, und daß eine andere Lösung der Schwierigkeiten von ihnen eine Ermutigung nicht erhalten werde.

In n hielt der Premierminister Balfour estern abend eine Rede, in der er ausführte, er wolle nichts des Friedens oder des Krieges im fernen Osten äußern. Niemand könne die Möglichkeit eines Krieges zwischen zwei großen zivilisierten Mächten ohne ein Gefühl der Gedrücktheit und der Niedergeschlagenheit, das jeder Friedensfreund empfinden müsse, betrachten. Er hoffe, es werde nicht nötig sein zu versichern, daß England in vollem Maße gegenüber allen seinen Verbündeten alle seine Ver⸗ pflichtungen erfüllen werde, die sich aus den Verträgen er⸗ äben. Er würde der Sache des Friedens, setzte Balfour 6. keinen großen Dienst erweisen, wenn er die russisch⸗ japanischen Streitigkeiten öffentlich erörtere.

Frankreich.

Der Prinz Louis Bonaparte ist, dem W. T. B.“ ufo gt gestern in Paris n gn und am Bahnhof von en Führern der bonapartistischen Partei empfangen worden. Es waren umfangreiche Maßregeln zur Aufrechterhaltung der Ordnung getroffen. .

Bei einem Bankett des republikanischen Handels⸗ und Industriekomitees hielt gestern abend der Handels— minister Trouillot eine Rede, in der er ausführte:

Die Republik sichere den Handeltreibenden und Industriellen, die vermöge ihrer Organisgtion die Republik verteidigt und ihr ge⸗ dient hätten, als Gegenleistung Ordnung und Frieden ju, die gewähr= leistet selen durch die mächtige Armee und die bewährte Allianz, wie durch das beständige Bestreben Frankreichs, alle Zwistigkeiten unter den Völkern auf friedlichem Wege ju schlichten. Die Republik sichere ferner den Schutz der wirtschaftlichen Interessen zu, indem sie die Er- neuerung vortei . , , vorbereite. Der Minister⸗˖ präsident Combes führte aus: Die Wiederannaherung zwischen den Handeltreibenden und den Industriellen einerseits und der

olitischen Welt andererseits habe glückliche Ergebnisse gezeitigt. rotz aller ÄUngriffe einer Opposition, die einen Wust zer— splitterter Parteien bilde, die angebliche Gefahren für die Besitzer französischer Rente wittere, sodaß französischen Werten zum Vorteil augländischer Papiere geschadet, werde, sei der Kredit Frankreichs niemals stärker gewesen. Der Ministerpraͤfident erwähnte die Angriffe der Opposition auf die Staatskafsen und Die Sparkassen, legte dar, daß sie 66 seien, und führte das Ansehen und die Festigkeit des französischen Kredits auf dag republikanische System zurück, das die Ruhe im Innern und den Frieden nach außen hin geschaffen habe. a,. s Friedensliebe habe sich durch den 16 dr, jweler Schiedsgerichts verträge und en mehreren Herrschern bereileten fympathischen Empfang betundet. Alle Gedanken und alle Trdäume Frankreichs seien trotz der Nationalisten auf den Frieden gerichtet. Nur die Nationalisten wollten ihn nicht, weil sie den Bestand der Republik erschüttern wollten, Der wahre Feind der Republik sei aber größer. Dag seien nicht der Nationglismus und auch nicht die alten monarchischen Parteien, sondern die klerikale Reaktion, die sie alle sich unterorbne. Sie sei allerdings gescheitert,

dank der Mehrheit im Parlament. Der Minister legte dann dag Programm für die Arbeiken der nächsten Session dar, wobei er des näheren auf die Einführung der zweijährigen militärischen Dienstzeit, die Aufbebung des Unterrichts durch die Kongregationen und die Beziehungen von Kirche und Stagt einging. Um aber alle diese schweren Aufgaben zu verwirklichen, sei das Zusammenhalten der vier Gruppen der Linken durchaus ebenso notwendig wie der Zusammen—⸗ schluß der Handeltreibenden und. Industriellen gegenüber der kleri= kalen, monarchischen und ngtionalistischen Koalition und eine wesent liche Bedingung für die Durchfübrung der demokratischen Reformen und des republikanischen Fortschritts.

Wie verlautet, wird der Kommandeur der berittenen republikanischen Garde von Paris, Oberst Verand, von der französischen Regierung im Einvernehmen mit den beteiligten Mächten nach Mazedonien entsendet werden, um bei der Reorganisatitzwn des dortigen Gendarmerickorps mitzuwirken.

Gegen den pensionlerten Divisionsgeneral Cornulier, der sich in einem Schreiben an den Kriegsminister darüber beschwert hatte, daß er entgegen dem bisherigen Brauch nicht zum Korpskommandanten ernannt worden sei, wurde gestern vor einem Disziplinargericht verhandelt. Der General war nicht erschienen. Der Gerichtshof entschied mit 3 gegen 2 Stimmen, daß die Pensionierung des Generals in schlichten Abschied umzuwandeln sei.

Der Deputierte Reinach legte gestern dem Ausschuß der Liga der Menschenrechte eine cdl n vor, in der unter Hinweis auf den Fall Delsor beantragt wird, die Regierung zu ersuchen, sie möge das Ausweisungsrecht abschaffen oder diese Ausnahmsmaßregel zum mindesten mit neuen Bürg— schaften umgeben.

Italien.

Gestern nachmittag hat in Rom die erste Konferenz der deutschen und italienischen Delegierten für die Handelsvertragsverhandlungen stattgefunden, der, wie „W. T. B.“ erfährt, der Minister des Aeußern Tittoni, ber Finanzminister Luzzatti, der Minister für Ackerbau, Handel und Industrie Ra va und der deutsche Botschafter Graf von Monts beiwohnten. Der „Tribuna“ zufolge wurde die Sitzung mit einer Rede des Ministers Tittoni eröffnet, worin dieser die Hoffnung aussprach, daß die bestehenden aus⸗ gezeichneten politischen Beziehungen zwischen Deutschland und Italien durch fruchtbare r richt Beziehungen noch be⸗ sestigt werden möchten. . .

In Syrakus sind gestern zwei russische Torpedoboote eingetroffen.

Niederlande.

Der Prinz Heinrich der Niederlande wird sich, wie „W. T. B.“ meldet, am Mittwoch nach Berlin begeben, um an dem Kapitel der Ritter vom Schwarzen Adler-Orden teilzunehmen.

Der Spruch des Schiedsgerichts in der Venezuela⸗ angelegenheit wird voraussichtlich am 26. oder 27. Februar d. J. verkündet werden.

Türkei.

Die „Neue Freie Presse“ meldet aus Seraje wo, Privat⸗ nachrichten zufolge hätten 41000 Miriditen die Straße von Prizrend nach Skutari abgesperrt. Sie wollten der Reformgendarmerie Widerstand leisten.

Serbien.

In einem vorgestern unter dem Vorsitz des Königs ab⸗ gehallenen Ministerrat wurde, wie W. T. B.“ erfährt, beschlossen, den üblichen Neujahrsempfang bei Hofe diesmal ausfallen zu lassen. Morgen wird sich der König mit den Ministern nach Topola begeben, wo der Sylvesterabend ver⸗ bracht und die Hundertjahrfeier des ersten serbischen Aufstandes begangen werden wird. Am Donnerstag, dem Neujahrsmorgen, erfolgk die Rückkehr nach Belgrad.

Der französische Gesandtschaftssekretä⸗ Martin ist in Belgrad eingetroffen. Der rumänische Gesandte begibt sich heute nach Bukarest.

Bulgarien.

Aus Sofia berichtet die „Agence télsgraphique bulgare“: Nach Meldungen aus Athen sollten drei bulgarische Offiziere ein Bild des Kronprinzen von Griechen— lande zerfetzt haben. Dieser Nachricht liege nur die Tatsache zu Grunde, daß in Burgas ein bulgarischer Offizier zufällig die Glasscheibe eines Bildes des Kronprinzen zertrümmert habe.

Amerika.

Der Staatssekretär Hay hat am Sonnabend die zweite Note des columbischen Kommissars Reyes beantwortet. Diese Note enthielt im 33 zu der ersten eine eingehende Aufstellung von Beschwerden mit Angabe spezieller Punkte. In seiner Antwort lehnt es der Staats⸗ sekretär Hay, dem „W. T. B.“ zufolge, wieder ab, die 8 von neuem zu eröffnen, und rechtfertigt die

rundsätze der Vereinigten Staaten bei ihrem Vorgehen, wie sie in der Sonderbotschaft des Präsidenten Roosevelt definiert seien, die er am 4. Januar an den Kongreß gerichtet habe. Reyes wird Ende dieser Woche nach Columbien zurück— kehren; er hat gestern wiederum eine ergebnislose Besprechung mit dem Staatssekretär Hay gehabt.

Durch einen neuen Notenwechsel zwischen dem franzö⸗ sischen Gesandten Decragis und dem brasilianischen Minister des Auswärtigen Rio Branco ist, nach einer Meldung der „Agence Havags“, ein modus Vivendi, in den Handels— beziehungen zwischen Frankreich und Brasilien wiederhergestellt worden. Frankreich bewilligt eine Kündigungsfrist für das gegenwärtig bestehende Abkommen von einem Jahre anstatt eines halben Jahres. Der jüngste Zwischenfall ist hierdurch in freundschaftlicher Weise erledigt. .

Das neue chilenische Kabinett setzt sich, wie das „Reutersche Bureau“ meldet, folgendermaßen zusammen: Minister des Innern Rafael Errazuriz Urmeneta, Minister des Auswärtigen Raimundo Silva Cruz. Justiz⸗ minister Efrain Vasquez Guarda, Finanzminister Ramon Sanklices, Kriegsminißer Anibal Cruz, Minister für Industrie und öffentliche Arbeiten Manuel Espinoza Jara.

Asien.

Die „Neue Hamburgische Börsenhalle“ d, d,. ein Telegramm, das ihr aus maßgebenden ausländischen Handels⸗ kreisen Jokohamas zugegangen sei, des Inhalts, daß man dort jetzt einen Krieg zwischen Rußland und Japan für unwahrscheinlich halte.

Der japanische Gesandte in Söul hat, wie die Agence Havas“ berichtet, wiederholt Schritte getan, um den Kaiser von Korea zur Anerkennung des Protektorats

Japantz zu veranlassen. Seine Bemühungen sind bis jetzt ohne Erfolg geblieben. Die koreanische Regierung erklärt; sie halte sih an die Bestimmungen des russisch⸗zapanischen Ver⸗ trages über Korea.

Nach einer , des „Reuterschen Bureaus“ ist dem Staatsdepartement in Washington die Nachricht zugegangen, daß die Russen ihre S 9. in Söul säalich ver⸗ stärkten; auch Frankreich habe Vorkehrungen getroffen, dort eine Schutzwache zu errichten.

In Tokio fand gestern nachmittag eine Besprechung der „alten Staatsmänner“ mit den Ministern des Aeußern, der Marine, der Finanzen und mit den Oberkommandierenden des Heeres und der Marine statt. Der Ministerpräsident war durch Krankheit am Er⸗ scheinen verhindert. Zu heute wurden die alten Staatsmänner und die Minister in das Schloß berufen.

Die „Times“ erfährt aus Peking, daß der chinesische Gesandte in Tokio gestern dem Prinzen Tsching telegraphiert habe, er teile auf Wunsch des japanischen Ministeriums des Aeußern mit, daß die zweite Antwort Rußlands auf die Vorschläge Japans eingegangen, jedoch ungünstig sei und von Japan nicht angenommen werden könne. Wenn Rußland nicht nachgebe, werde sich Japan gezwungen sehen, ien die Waffen zu ergreifen. Japan er— uche China, die strikteste Neutralität zu bewahren, die im Innern des Landes ansässigen Fremden zu schützen und die Ordnung besonders in Schantung und YHünnan aufrecht— zuerhalten, damit . Mächte nicht den Vorwand der Un— ordnung ergreifen könnten, um dort aggressiv vorzugehen.

Afrika.

Amtlich wird aus Aden über ein Gefecht der Eng⸗ länder mit dem Mullah gemeldet, der General Egerton habe gestern mit 2200 Mann englischen und 1000 Mann eingeborenen Truppen 5000 Derwische bei Dschidballi angegriffen, di⸗ anscheinend die Hauptmacht des Mullahs gebildet hätten. Der Feind sei zum Angriff vorgegangen, habe aber die Flucht ergriffen, als er in der Flanke und in der Front beschossen worden sei. Die englische Kavallerie habe den Feind 19 Meilen weit verfolgt. Die Verluste des letzteren würden auf 1000 Mann geschätzt. Zahlreiche Gefangene und 400 Gewehre seien den englischen Truppen in die Hände ge⸗ fallen. Die englischen Verluste betrügen 41 Mann, darunter 2 Offiziere tot, 9 Offiziere verwundet und einer vermißt.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (9) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner, der Minister für Handel und Gewerbe Möller und der Staatssekretär des Reichsschatzhemts Dr. Freiherr von Stengel beiwohnten, er⸗ öffnete der Präsident Graf von Ballestrem die Sitzung mit n. Worten:

Ich eröffne die Sitzung und rufe allen verehrten Herren Kollegen ein recht herzliches Prosit Neujahr zu. .

Nach Erledigung einer großen Reihe von geschäftlichen Mitteilungen triti das Haus in die Tagesordnung ein und nimmt zunächst die Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten für die Dauer der Session vor.

Abg von Normann (d. kons.) zur Geschäftsordnung: Meine Herren, ich beantrage, die Wahl durch Akklamation zu er⸗ ledigen und, falls das Haus dieser Art der Wahl zustimmt, beantrage ich, den Herrn Präsidenten und die beiden Herren Vizepräsidenten wiederzuwaͤhlen. . ᷣö.

Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Der Präsident Graf von Ballestrem stellt fest, daß somit der bisherige Präsident und die bisherigen beiden Vizepräsidenten wiedergewählt sind, und erklärt:

Meine Herren! Ich nebme die auf mich gefallene Wiederwahl hier⸗ mit an und beziebe mich auf das, was ich bei der ersten Wahl gesagt habe. Auch für den ersten Herrn Vizepräsidenten Grafen zu Stolherg kann ich erklären, daß er die Wahl annimmt. Ich frage den zweiten Herrn Vijepräsidenten Dr. Paasche, ob er die Wahl annimmt.

Abg. Dr. 1 sche (ni.): Ich nehme die Wahl mit Dank an.

(Schluß des Blattes.)

Kunst und Wissenschaft.

A. BF. In der ersten diesjährigen Sitzung der Berliner Ge⸗ sellschaft für Anthropologie sprach . R. Hauthal aus Buenos Aires über die Funde in der rypotherium⸗ höhle bei Ultima Esperanza und ihre Bedeutung in anthropologischer Beziehung. Damit hat es folgende Bewandtnis: In der Nähe des Ultima Esperanza⸗Fjords im südwest⸗ sichen Patagonlen liegen im Uebergangsgebiet zwischen dem Tafelland und den Cordilleren auf einem 600 m hohen, aus Konglomerat und Sandstein bestehenden Höhenzuge, etwa 150 m über dem Meeres—⸗ spiegel drei ausgedehnte Höhlen, voneinander je eine halbe Stunde entfernt. Davon ist die größte eine Fundgrube ohnegleichen von in langen Zeiträumen hier angesammelten Tierresten, Fnochen, Häuten, ja selbss noch mit Haar besetzten Fellstücken. Daran sind nicht weniger als 20 Tiergattungen beteiligt, von denen neun schon ausge⸗ storben sind. Den größten Anteil an diesen,. Resten hat ein Riesenfaultier, GSrypotherium genannt, weil eine seltsam. Ver⸗ bindung des Nasenbeins mit dem Oberkiefer dem Tiere ein habicht⸗ artiges Aussehen gegeben haben muß. Dieser Gattung, die zwischen dem eigentlichen Faultier der Urjeit, dem . und dem Gürteliier, Glyptodon, die Mitte gehalten haben muß, gehört auch alles an, was sich von Haut. und Fellresten in der Höhle vorfindet, der dichte, borstenartige Haarbesatz ist bräunlich gelb. Der Gehirnraum ist auffallend klein, dagegen die Schädeldecke von ganz ungewöhnlicher Dicke. Vom Menschen finden sich keine Knochen, dagegen andere Spuren, die es wahrscheinlich machen, daß der Mensch mit den Tieren, deren Reste die Höhle birgt, mindestens mit jenem Riefenfaultier gleichzeitig diesen absolut trockenen, geschützten Ort benutzt hat. Zum Verständnis dessen muß man sich vergegen⸗ wärtigen, daß die Höhle 80 m breit und 40 m hoch ist, daß sie sich, allmählich verengend, bis tief in den Berg hineinzieht, und daß das

letzte Drittel lhrer Länge durch einen Wall von herabgestürzten Eirnbeelltn 29 vorderen Teil geschieden ist. Das hintere Drittel sst ganz ohne Interesse für den Forscher, um so, wichtiger aber ist als Fundgrube eine etwa 2 m dicke Schicht staub⸗ trockenen Dunges, die sich von jenem Wall ab in der ganzen Breite der Höhle, etwa das mittlere Drittel einnehmend, gegen den Autzgang hin erstreckt. Dag vordere Drittel ist durch einen (wa 5— 6 m hohen Hügel aus Steinbrocken in einen schmäleren rechten und einen breiteren linken Raum geteilt. Auch in diesen beigen Abteilungen der Höhle finden sich Tierreste in bedeutender Zahl, aber nicht in der ungeheuren Menge wie in jener Dungschicht. Bagegen haben sich hier einige Artefakte gefunden, fingerlange Knochennadeln und ein glatt ausgearbeiteter Tierknochen auch wurde Heu in nicht unbedeutender Menge herausgefördert. Aus diesem çanzen. Befunde schließt der Vortragende auf die Existenz des Menschen gleichzeitig mit