1904 / 22 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 26 Jan 1904 18:00:01 GMT) scan diff

wie manche seiner näheren Genossen. Ich werde mich daher auch be⸗ mühen, in der Antwort auf die Ausführungen des Herrn von Jaidieweli alles zu vermeiden, was irgendwie persönlich verletzen oder über das Maß dessen hinausgehen könnte, von dem ich glaube, der Zustimmung dieses hohen Hauses gewiß zu sein. Ich möchte aber doch darauf auf⸗ merksam machen, daß bei aller Glätte und Liebenswürdigleit des Ausdrucks unter der Decke auch bei Herrn Dr. von Jazdzewski eine derartig ablehnende Haltung gegen alles, was deutsch und preußisch ist, durchdringt, daß dem mit Entschiedenhelt entgegengetreten werden uß.

. . der Herr Abg. Dr. von Jazdzewski damit angefangen hat, daß er, weil in der Thronrede der Polen nicht gedacht sei, nun geglaubt habe, die Staatsregierung würde sich um die Polen nicht mehr bekümmern und es würde in diesem Hause die Polenfrage überhaupt nicht mehr erwähnt werden, so war das ein Glaube, der wohl nicht sehr tief gewesen ist. Die Polenfrage wird nicht zur Ruhe kommen, wie der Herr Abg. Dr. von Jazdzewski hofft, sondern erst dann, wenn wir keine Polen, sondern nur polnisch sprecheude Preußen im Lande haben. (Sehr richtig! rechts; Heiterkeit bei den Polen.)

Der Herr Abg. Dr. von Jazdzewski hat dann einige Worte be⸗ mängelt, die der Herr Reichskanzler in seiner Rede hier ausgesprochen hat. Er hatte allerdings selbst hinzugesetzt, daß gerade die Punkte, die Oberschlesien betreffen, ihm selbst nicht ausreichend bekannt wären. Meine Herren, der Herr Reichskanzler hat niemals dem Ausdruck ge⸗ geben, daß das schlesische Wasserpolnisch nicht auf demselben Stamme gewachsen sei wie das Polnisch, das in den Provinzen Posen und Westpreußen, in Galizien und Russisch⸗ Polen gesprochen wird. Selbstverständlich ist es derselbe Sprachstamm. Aber mit vollem Recht hat der Herr Reichskanzler ausgeführt und der Herr Abg. Dr. von Jazdzewski hat es selbst eingehend bestätigt daß seit 600 Jahren Oberschlesien von dem polnischen Mutterlande ge⸗ trennt gewesen ist, eine eigene Bildung durchgemacht und auch in der Sprache eine große Anzahl deutscher Endungen angenommen hat. Meine Herren, es ist ganz richtig, daß die Oberschlesier bis dahin treue preußische Untertanen gewesen sind, und ich glaube, sie würden es noch sein, wenn nicht eben diese grohpolnische Agitation zu ihnen hereingetragen wäre (sehr richtig! rechts); sie sist nicht entstanden in Oberschlesien selbst, sondern sie wird eben hineingetragen aus Galizien und namentlich aus unseren Provinzen Posen und Westpreußen, und es wäre sehr dankenswert, wenn die derren in den Pro⸗ vinzen Posen und Westpreußen sich um ihre Angelegen⸗ heiten bekümmern wollten und ihre Tätigkeit nicht auf Ober schlesin erstreckten. Die allerneuest: Phase ist die, daß wir nicht mehr eine polnische Bewegung in der Provinz Posen oder in den angeblich früher polnischen Landesteilen haben, sondern eine polnische Bewegung in ganz Deutschland. Vor einigen Wochen ist der großpolnische Wahlverband für Deutschland gebildet worden. Dieser großpolnische Wahlverband hat sich selbst bezeichnet als die oberste Behörde in allen polnischen Wahlangelegenheiten die alle Wahlen dekretieren soll, aber nicht nur in den Probinzen Posen und Westpreußen, sondern ebenso in Oberschlesien, ebenso in Westfalen, überall da, wo nur ein paar Polen zusammen sind. Ja, meine derren, das ist eine Nebenregierung im Staate, und eine Nebenregierung, die wir nicht dulden können. (Zuruf von den Polen: Jede Fraktion hat das!) Ich brauche wohl nicht einzugehen auf die Auseinandersetzungen, die der Herr Vorredner mit verschiedenen Parteien des dauses gehabt hat. Er hat der einen Urfehde geschworen, der anderen einen Fehdebrief hingeworfen und hat sich bereit erklärt, künftig mit einer dritten zu gehen. Meine Herren, das zeugt nicht von einer festen Stellung dieser Partei selbst; sie beruht nicht auf eigenen Schultern, sondern sucht Anlehnung da, wo sie sie finden kann. Ich hoffe, daß sie dieselbe in diesem hohen Hause bei keiner der staatserhaltenden Parteien findet.

Die Abschiedsworte, die der Herr Fürst von Datz feldt · Trachenberg bei seinem Ausscheiden aus dem Dienste gesprochen hat, sind so hübsch und so tief empfunden, daß ich bedaure, daß der Herr Abgeordnete auch die benutzt hat, um gewissermaßen einen Hieb gegen die Ver⸗ waltung in Schlesien zu richten. Was der Herr Fürst Hatzfeldt⸗ Trachenberg gesagt hat, ist gewiß aus treuem Herzen ge⸗

kommen, und es schildert den Zustand so, wie er ist. Fürst Hatzfeld hat geschlossen mit! dem Bedauern darüber daß in den südöstlichen Teilen der Provinz sich eine leidige anti⸗

deutsche Agitation in den letzten Jahren mehr und mehr entwickelt hat, und daß es hohe Zeit sei, derselben entgegenzutreten. Und diesem Gedanken, den Fürst Hatzfeldt bereits als Oberprãsident gehabt hat, steht auch die Regierung durchaus nahe, in dem Sinne des Fürsten Hatzfeld und im Sinne seines Nachfolgers auch in Oberschlesien eine kräftige Polenpolitik zu führen. Es hat mich dann gefreut, zu hören, daß der Herr Vorredner ganz ausdrücklich die Idee vieler Polen, die Idee der Lostrennung von dem preußischen Staat als ein Phantom bezeichnet hat; ich glaube, so war der Ausdruck. Ja, meine Herren, begründet hat er es damit es ist das bezeichnend —: nicht, weil wir hier in Preußen bleiben wollen, sondern weil wir nicht wissen, wo wir hin sollen (sehr gut rechts und bei den Nationalliberalen. Zurufe bei den Polen); weil wir nicht wissen, welchem anderen Staat wir uns anschließen sollen. Meine Herren, Sie sollen sich auch gar keinem anderen Staate anschließen. Nicht nur aus einzelnen gelegentlichen Aeußerungen erhellt, sondern es durchzieht die ganze polnische Agitation von oben bis unten, daß Sie sich lostrennen wollen vom preußischen Staat und einen eigenen, unabhängigen Staat ilden. ; . Meine Herren, es ist ja nicht hübsch, wenn man immer wieder auf Zeitungsartikel zurückzugreifen genötigt ist; aber hier, glaube ich, wird es doch die Herren interessieren, wie der Sokoltag in Lemberg, der, wie ich glaube, im Juli vorigen Jahres stattgefunden hat, noch ganz ausdrücklich bekundet hat, das Endziel aller Bestrebungen in den drei polnischen Landesteilen sei die Freiheit unserer Standarte und die Unabhängigkeit. Und wenn wie weiter ausgeführt ist dort auf dem Sokoltage die polnische Armee noch nicht eristiere, so existierten doch schon die polnischen Sokols als der Stamm einer künftigen Armee, und die künftige Armee würde die ganze Nation hinter sich haben, wenn sie demnächst aufstände zu der Unabhängigkeit Polens. (Hört, hörth Ja, meine Herren, das ist der Gedanke, der nicht nur bei Dichtern oder jungen Schwärmern vorherrscht, sondern der auch durch alles durchgeht, was wir von polnischer Agitation hören. Wenn der Herr Abgeordnete hier nun dem entgegentritt und das als Phantom bezeichnet, so kann ich auch nur wieder sagen, was ich, glaube ich, im

wenn Sie entgegen diesen Aeußerungen, die Sie, wie Sie ausdrücklich sagen, nicht vertreten wollen, denen Sie selbst wie Sie sagen widerstreben, wenn Sie diesem Widerstreben auch einmal einen Ausdruck da geben, wo er von Nutzen sein kann: in der Deffentlichkeit in den polnischen Landesteilen selbst; aber da habe ich den Herrn Abgeordneten noch niemals in diesem Sinne reden hören; wenigstens

mir ist davon nichts bekannt. (Sehr richtig! rechts.) Meine Herren, der Herr Abgeordnete hat dann gesagt, daß die Polen nichts verlangen als dieselben Rechte wie alle Preußen. Er hat dann aber den höflichen Zusatz gemacht und dazu noch die dorde⸗ rung: unsere Sprache und unsere Sitte. Ja, meine Herren, daß wir im preußischen Staat nun gar die polnische Sprache und polnische Sitte fördern sollen, ich glaube, das ist ein bißchen zu viel ver⸗ langt. Seine Majestät hat in der Rede, die Er in Posen vor zwei Jahren gehalten hat, auch dem Ausdruck gegeben, was alle gute Preußen fühlen: In der Vergangenheit mögen die Polen stolz sein auf das, was sie geleistet haben, auf ihre Geschichte, auf ihre Entwickelung. In der Gegenwart aber werden sie ganz gleich wie alle Preußen behandelt werden, wenn sie sich auf den gleichen Standpunkt stellen wie die anderen preußischen Unter⸗ tanen, nämlich, daß sie gute, willige Preußen sind. Aber leider fehlt azu noch recht viel. . . . vorhin schon gesagt, daß voraus sichtlich Ihnen dem⸗ nächst ein Gesetzentwurf vorgelegt werden wird zu einer Ermöglichung der Ueberwachung fremdsprachiger Versammlungen. Gegen diesen Gesetzentwurf hat sich der Herr Abgeordnete mit den Worten ge⸗ wendet: das wäre ein Einbruch in das Versammlungsrecht, in ein Recht der Polen. Ja, meine Herren, wer im preußischen Staat sich um öffentliche Angelegenheiten bekümmert und mitwirken will. von dem kann man erwarten, daß er auch in der Sprache spricht, die jedem Staatsbürger, der da mitzureden berufen ist, auch derstãndlich ist. (Sehr richtig Wenn ich die Frage beantworte: was die Polen denn in diesem Fall thun sollen, dann sage ich: sie sollen deutsch lernen und deutsch sprechen! Der Herr Abgeordnete hat selbst ad oculos demonstriert, wie gut ein Pole deutsch spricht. (Sehr gut! iterkeit. . 9 Der . Abgeordnete hat dann ferner gesagt, daß die Zunahme der polnischen Bevölkerung im Westen deshalb erfolgt sei, weil seine Landsleute aus der Heimat vertrieben seien. Ich würde gar nicht darauf kommen, wenn nicht der Ausdruck vertrieben gebraucht wäre. Denn den Gedanken glaubt der Herr Abgeordnete selbst nicht. Die Leute sind dorthin gegangen, um ihr Brot zu verdienen, wie tausend andere aus allen Teilen Deutschlands sich in den großen In⸗ dustriezentren zusammenfinden. Seine Behauptung würde auch mit dem später von dem Herrn Abgeordneten gebrauchten Auẽdruck nicht harmonieren, daß die Leute dort Geld sparen, es in die Deimat schicken und sich dafür in der Heimat ankaufen. Also mit der Schwierigkeit des Ankaufs für die Polen in polnischen Landen scheint es doch nicht weit her zu sein. Und wenn wir die Statistik nachsehen, so, muß ich zu meinem Bedauern erkennen, wird noch viel zu viel Grundbesitz von den Polen in der Provinz Posen angekauft. . Meine Herren, der Herr Abgeordnete hat damit geschlossen ich gehe auf seinen Vergleich mit der englischen Politit in Irland nicht ein, weil er nicht hierherpaßt —, daß eine Verstäandigung der polnischen Bevölkerung mit der Staatsregierung nicht möglich sei, solange die Staatsregierung so vorgeht wie jetzt: die Bevblkerung habe sich bemüht, beim Regierung?antritt des Kaisers dessen Regierung und Absichten entgegenzukommen, das sei aber nicht gelungen. Ja, meine Herren, das ist eine Auffassung der Untertanenpflicht, die ich nicht teilen kann. Die Untertanenpflicht besteht nicht darin, daß man dem Monarchen entgegenkommt, sondern darin, daß man ihm untertan ist, und an dieser Untertänigkeit fehlt es leider in diesen Provinzen polnischer Nationalität. ö. Ich wiederhole nochmals: mit dem Augenblick, wo Sie sagen wir sind Preußen, wir wollen nichts anderes sein als Preußen, wird auch Ihnen gegenüber die Regierung eine ganz andere Stellung einnehmen. Leider ist es heute aber ganz anders. Alles, was preußisch ist, wird in der Provinz Posen von polnischen Eingeborenen angegriffen und in den Staub gezogen. Ich erinnere an die Aufnahme, die die Ent⸗ hüllung des Denkmals des großen Kanzlers, des Fürsten Bismarck, im letzten Sommer in Posen innerhalb der polnischen Beybllerung gefunden hat. Ich möchte daran erinnern, wie die polnische Presse sich damals darüber geäußert hat: Menschen, welche als Helden Persönlichkeiten ehren, deren ganze Tätigkeit auf die geschickte Entreißung fremden Eigentums begründet ist, die sind zu allen Gewalttaten natürlich bereit. Dieses Denkmal ist eine Schande für Posen. Es wird sogar gesagt, daß es kein Zufall sei, wenn gerade kurz vor der Enthüllung des Denkmals in Preußen ein Prozeß zu Ende geführt sei es handelte sich um den Prozeß Dippold —, der mit acht Jahren Zuchthaus für barbarische Mißhandlung eines Schülers geendet hat; denn solche Früchte seien auf dem Boden der Bismarckschen Kultur erwachsen.“ (Heiterkeit und Pfuirufe rechts.) . Das sind polnische Aussprüche. Und wenn am letzten Kaisers« geburtstag eine polnische Stadt illuminiert hat, so äußert sich dar⸗ über eine polnische Zeitung:

druck von Zufriedenheit. Ich frage nun: kann die polnische Be— völkerung mit der Regierung zufrieden sein, hat sie Grund zur

Jede Illumination ist eine Bekundung von Freude und Aus⸗

fügung aus dem Jahre 1901 stammt, also ein Jahr vor der An— wesenheit Seiner Majestät in der Provinz Posen, auf die der Herr Abgeordnete ausdrücklich hingewiesen hat, erlassen ist, und daß der betroffene Lehrer sich wohl beruhigt haben wird; denn auch von seiner

Seite ist eine Beschwerde an die Ministerialinstanz, soweit ich dies

feststellen konnte, nicht erhoben worden.

Dr. Irmer (kons.): Ich möchte mi gegenüber den en . ö von Jazdzewski darauf be wen zu erklären, daß wir den Ausführungen des Ministers voll zustimmen und über die Festlgkeit der Regierung erfreut sind. Wir werden allen Maß. nahmen zustimmen, die ohne Schikane getroffen werden. Ich wende mich zum Etat. Daraus, daß unsere Bilanz sich bessert, konnen wir nur schließen, daß wir uns auf dem, rechten Wege mit der sogenannten Thesaurierungspolitik befinden. Wir sind noch lange nicht der reiche Mann; und darum ist eine reinliche Scheidung der Finanzen des Reicht von denen der Einzelstaaten nötig, um so mehr, als erstere immer schlechter werden. Nur wenn Preußens Finanzen gut sind, pird es dem Reich einmal eine Stütze sein können. Und unserer Finam. verwaltung Rückgrat bilden die Eisenbahneinnahmen; darum müssen wir sie . damit wir nicht in die Lage kommen, die Cin— kommensteuer zu erhöhen. Ich möchte gegenüber den Tarifwünschen, die hler geltend gemacht sind, die Regierung bitten, alles zu ver— meiden, was irgendwie zu einer Minderung der Ueberschüsse der Eifenbahnverwalkung führen könnte. Denn eine Quotisierung der Einkommensteuer werden wir nicht annehmen. Entweder würden wir sonst Schulden machen oder Notwendiges zurückstellen müßen oder zur Popularitätshascherei kommen. Die Erhöhung des Fond für Reliktenpbersorgung der Geistlichen kann ich Ihnen nur empfehlen. Der Staat hat die Pflicht, für die staatlich anerkannten Kirchen zu sorgen, und die Kaiserliche Kabinettsorder, die diese Erhöhung befahl, ist in den beteiligten Kreisen als eine große Wohltat empfunden worden. Die Ausführungen Richters über die Kanalvorlag⸗ scheinen mir nur zu dem Zweck gemacht zu sein, um das Verhältnit zwischen Konservativen und Regierung zuzuspitzen. Demgegenüber begrüße ich die Erklärung der Regierung, daß sie alles tun will, um die staaterhaltenden Parteien jusammen zu halten. Ich bedauere, daß in der Thronrede vom Schulunterhaltungsgesetz keine Rede gewesen ist. Nun hat ja der Kultusminister eine Erklärung darüber abgegeben. Wir begnügen uns vorläufig mit einem Schul— unterhaltungsgesetz, müssen aber an unserer Forderung festhalten, daß der konfessionelle christliche Charakter der Volksschule unter, allen Umständen gesichert wird. Würde es darüber zu einem Zwiespalt kommen, so würden wir die Verantwortung dafür vor unseren Wählern sehr gut tragen können. An den Grundlagen un seres Wahlrechts kann im jetzigen Augenblick nicht gerüttelt werden; dagegen werden wir die Vorschlaͤge der Regierung zur Verbesserung im einzelnen wohlwollend prüfen. Herr Friedberg meint, die Nationalliberalen hätten bei den Wahlen zu den Konservativen freundnachbarlich. gestanden, ich kann Ihnen aber massenhaft nationalliberale Flugblätter zeigen, die unt

röblichst beschimpfen. (Ruf bei den Nationalliberalen; Wo denn?) Hen en haft Aber auch von Führern, der nationalliberalen Partei sind Aeußerungen gefallen, die eine auf ihre Ghre haltende Partei sich nicht gern gefallen läßt. Beispielsweise heißt es, vor zehn Jahren seien die Konservativen r Leute gewesen, jetzt aber machten sie lediglich konfessionelle Gesichtspunkte geltend. Das gilt doch aber gerade bon den Nationalliberalen; lesen Sie nur den Streit zwischen dem Evangelischen Bunde und der ‚Kreuzzeitung“. Der 5Han—⸗ noversche Courier“ stellt sich immer an die Seite des Evangelischen Bundeß. Ferner hieß es bei den Nationalliberalen, wir Konservatibe verträten nur agrarische Interessen und einseitige Klasseninteressen. Wir müßten doch ein dickes Fell haben, wenn wir uns das gefallen ließen. Das ist für uns verletzend. Wir haben das Kartell seiner⸗ zeit ehrlich gehalten; es hat aber dem Vaterlande nichts genützt, und deshalb haben wir es aufgegeben. Von Freundnachbarlichkeit merken wir jetzt bei den Nationalliberalen nichts. Herr Friedberg sagt, wir haͤtten an Verkehrsfeindlichkeit das Menschenmögliche geleistet, aber es handelte sich nicht um Verkehrsfeindschaft, sondern um die Frage, ob Kanal oder Eisenbahnen. Die bürgerlichen Parteien müssen zusammenhalten gegen die Sozialdemokratie, aber wenn die National. liberalen die Reaktion bekämpfen wollen, so zeigen sie nicht das Maß staatsmännischer Einsicht, auf das sie immer An spruch machen. Sie waren doch auf Anregung der nationalliberalen Jugendverein nahe daran, mit den Sozialdemokraten zu paktieren. Trotz aller verbind⸗ lichen Form war die Rede des Abg. Friedberg nicht geeignet, zum Frieden zwischen uns beizutragen. Meinen Freunden wäre ein fried liches Verhältnis zu den Nationalliberalen sehr erwünscht.

Darauf vertagt sich das Haus. Persönlich bemerkt

Abg. Dr. von Jaz dzewski: Daß die Regierung zu befehlen, die Polen zu gehorchen hätten, kann ich nicht anerkennen, weil der Minister nicht der Herr, sondern der Diener des Staates ist.

Schluß / Uhr. Nächste Sitzung: Dienstag, 11 Uhr. (Fortsetzung der ersten Lesung des Etats)

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Hause der Abgeordneten ist nachstehender Entwurf 4 Aus führungsgesetzes zu dem Neicht⸗ gesetze, betreffend die Bekämpfung geme ingefähr— licher Krankheiten, vom 30. Juni 1900 nebst Be— gründung zugegangen:

Erster Abschnitt. Anzeigepflicht.

§1. Außer den in dem § 1 des Reichsgesetzes aufgeführten Fallen der anf erf ht bei Aussatz (Lepra), Cholera gasiatischer), Fleck⸗ fieber (Flecktyphus), Gelbfieber, Pest (orientalischer Beulenpest), Pocken (Blattern) ist jede Erkrankung und jeder Todesfall an: Diphtherie (Rachenbräune), Genickstarre, übertragbarer, Kindbettfieber (Wochenbett, , . Körnerkrankheit (Granulose, Trachom), Räckfallfieber (Febris recurrens), Ruhr, übertragbarer (Dysenterie), Scharlach (Scharlachfieber), Typhus (Unterleibstyphus),

Freude und Fröhlichkeit? Das Illuminieren am Geburtstag des Monarchen läuft unserm nationalen Empfinden zuwider, und jeder ehrliche Mensch ekelt sich vor Deuchelei und Falschheit. Deshalb sollte niemand verlangen, daß wir illuminieren. Das ist die Untertanentreue, das ist die Hochachtung und Ver⸗ ehrung vor der Person Seiner Majestät. Welche Nation würde sich das von in ihr wohnenden Bestandteilen anderer Völkerschaften ge—

ebenbürtig sind, sondern wir haben zu befehlen und sie haben zu ge—

gerecht zu sein.) Minister der geistlichen, angelegenheiten Dr. Studt: , . Meine Herren! Der Herr Abg. Dr. von Jaädzeweki hat aus

Unterrichts- und Medizinal—⸗

direkte Anfrage an mich gerichtet. Ich kann dieselbe zur Charakteri⸗

sierung des von ihm angeführten Falls nur dahin beantworten, daß

vorigen Jahre auch an seine Adresse gerichtet habe: es wäre doch gut,

über diese Verfügung mir nichts bekannt geworden ist, daß die Ver—

fallen lassen? Ich meine, unsere Langmut ist noch viel zu groß (sehr richtig! rechts; wir haben nicht zu verhandeln mit Gegnern, die uns

horchen. (Lebhafter Beifall rechts. Zuruf bei den Polen: Sie haben

Anlaß einer Verfügung der Königlichen Regierung in Danzig eine

Milzbrand,

Ro

. wut (Lyssa) sowie Bißverletzungen durch tolle oder der Tollwut verdächtige Tiere,

Fleisch⸗, Fisch⸗ und Wurstvergiftung, i n. welcher . 6. Kindbettfieber, ber, Typhus oder Rotz erweckt, .

der al . r ghd or . n eth oder den Sterbeort in

andi olizeibehörde unverzüglich anzuzeigen. stint e g 6. Erkrankte die Wohnung oder den Aueh e, so ist dies unverzüglich bei der Polizeibehörde, bei einem Wechse . Aufenthaltsort auch bei derjenigen des neuen Aufenthaltsorts, i Anzei bringen. ö in Gemäßheit der Bestimmung des Abs— 14 auch jeder Todesfall an Lungen und Kehlkopfstuberkulose, dice gr krankung jedoch nur, wenn ein gn porgeschrittener Lungen⸗ und kopfstuberkulose Erkrankter die 86. wechselt.

8 Zur Anzeige sind verpflichtet: I) der en n. . ö 2) d aushaltungsvorstand, 3 e . mit 6. Behandlung oder Pflege des Erkrankten

beschäftigte Person,

Rückfall

4 derjenige, in dessen Wohnung oder Behaufung der Erkrankungs⸗ oder

odesfall sich ereignet hat, 366 Leichenschauer. e

Verpflichtung der unter Nr. 2 bis 5. genannten Personen wenn ein früher genannter Verpflichtefer nicht

tritt nur dann ein, vorhanden ist.

Die unter 1 und 3 bezeichneten Personen haben in jedem in welchem sie von Unteroffizieren und Mannsch Heeres zur Behandlung von Spphilis, Tripper oder Sch

ezogen werden, dies dem Kommando des betreffenden Truppenteils maßregeln bezüngk 21); . i. bei demselben angestellten Ober Militärarzte unperzäglich 6j . 3 ö. ö anzuzeigen.

§ 3. . Krankheits- und Todesfälle, welche sich Kranken⸗, Entbindungs,, Pflege⸗, 3 ereignen, ist der Vorsteher der An

zeige verpflichtet.

Auf Schiffen oder Flößen gilt als der zur Erstattung der Anzeige verpflichtete Haushaltungsvorstand der Schiffer oder Floßführer oder

deren Stellvertreter.

Der Minister der Medizinalangelegenheiten ist ermächtigt, im Ginvernehmen mit dem Minister für Handel und Gewerbe Bestim⸗ mungen darüber zu erlassen, an wen ben Krankheits, und Todesfällen, . tt Schiffen oder Flößen vorkommen, die Anzeige zu er atten ist.

§ 4. ‚Die Anzeige kann mündlich oder schriftlich erstattet werden. Die Polizeibehörden haben auf Verlangen Meldekarten für schriftliche An⸗ zeigen unentgeltlich zu verabfolgen. -

§5.

Das Staatsministerium ist ermächtigt, die in den 1 bis 4 dieses Gesetzes enthaltenen Bestimmungen über die Anzeigepflicht für einzelne Teile oder den ganzen Umfang der Monarchie auch auf andere übertragbare Krankheiten vorübergehend auszudehnen, wenn und solange dieselben in epidemischer Verbreitung auftreten.

Das Staatsminssterium ist ermächtigt, bei der Lungen und Kehlkopfstuberkulose die Anzeigepflicht über den in dem § 1 dieses Gesetzes bezeichneten Umfang für einzelne Teile der Monarchie vor⸗ übergehend zu erweitern, auch wenn die Voraussetzungen des ersten Absatzes nicht vorliegen.

Zweiter Abschnitt. Ermittelung der Krankheit.

§ 6. Auf Erkrankungen, Verdacht der Erkrankungen und Todesfälle an

Kindbettfieber,

Rückfallfieber,

Typhus (Unterleibstyphus),

Rotz sowie auf Erkrankungen und Todesfälle an

Genickstarre, übertragbarer,

Ruhr, übertragbarer,

Milzbrand.

J Bißverletzungen durch tolle oder der Tollwut verdächtige

iere, leisch, Fisch und Wurstvergiftung,

richinose finden die in den FS 6 bis 10 des Reichsgesetzes enthaltenen Bestim⸗ mungen über die Ermittelung der Krankheit mit der Maßgabe ent⸗ sprechende Anwendung, daß der Zutritt zu dem in ärztlicher Be⸗ handlung befindlichen Kranken dem beamteten Arzte untersagt ist, wenn nach pflichtgemäßer Erklärung des behandelnden Arztes von dem Zutritt des beamteten Arztes eine offensichtliche Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens des Kranken zu befürchten ist.

Auch kann bei Typhus oder Rotzverdacht eine Oeffnung der Leiche polizeilich angeordnet werden, insoweit der beam tere Arzt dies jur Feststellung der Krankheit für erforderlich hält.

Die ersten Fälle der vorstehend nicht genannten übertragbaren Krankheiten (5 1) hat, falls sie nicht von einem Ärzte angezeigt sind, die Ortspolizeibehörde ärztlich feststellen zu lassen.

§5 7.

Das Staatsministerium ist ermächtigt, die in dem § 6 dieses Gesetzes bezeichneten Bestimmungen ganz oder teilweise für einzelne Teile oder den ganzen Umfang der Monarchie auch auf andere als die daselbst aufgeführten übertragbaren Krankheiten vor⸗ übergehend auszudehnen, wenn und solange bieselben in epidemischer Verbreitung auftreten.

Abs. 1

Dritter Abschnitt.“ Schutz maßregeln.

Zur Verhütung der Verbreitung der nachstehend genannten Krank⸗ heiten können für die Dauer der Krankheitsgefahr die Absperrungs— und Aufsichtsmaßregeln der 12 bis 15 und 21 des Reschsgesetzes nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen polizeilich angeordnet werden, und zwar bei:

I) Diphtherie (Rachenbräune): Absonderung kranker Personen F 14 Abs. 2), jedoch mit der Maßgabe, daß die Ueberführung von Kindern in ein Krankenhaus oder in' einen anteren geeigneten Unter⸗ kunftsraum nicht gegen den Widerspruch der Eltern angeordnet werden darf, Verkehrsbeschränkungen für daz berufsmäßige Pflege⸗ personal (5 14 Abs. 5), Ueberwachung der gewerbsmäßigen Herstellung, Behandlung und Aufbewahrung sowie des Ver— triebes von Gegenständen, welche geeigner sind, die Krank⸗ eit zu verbreiten, nebst den zur Verhütung der Verbreitung der Krankheit erforderlichen Maßregeln (5 15 Nr. 1 und 2), mit der Maßgabe, daß diese Anordnungen nur für Ortschaften zulaͤssig sind, welche von der Krankheit befallen sind, Fernhaltung von dem Schul⸗ und Unterrichtsbesuche (5 16), Desinfektion (§5 15 Abf. J und 3), Vorsichtsmaßregeln bezüglich der Teichen (6 21);

2) Genickstarre, übertragbarer: Absonderung kranker Personen S 14 Abf. 2. Desinfektion (5 19 Abs. 1 und 3);

3) Kindbettfieber (Wochenbett, Puerperalfieber): Verkehrs⸗ heschrãnkungen für Hebammen und Wochenbettpflegerinnen (5 14 bs. H), Des infektion (6 19 Abs. 1 und 9). erzte sowie andere die Heilkunde gewerbsmäßig betreibende Per- sonen haben in jedem Falle, in welchem sie zur Behandlung einer an uindbettffeber Erkrankten zugezogen werden, unverzüglich die bei der⸗ se en tätige oder tätig gewesene Hebamme zu benachrichtigen.

lem men oder Wochenbettpflegerinnen, welche bei einer an lind ettfieber Erkrankten während der Entbindung oder im. Wochen ett tätig sind, ist während der Dauer der Beschäftigung bei der Er— rankten und innerhalb einer Frist von acht Tagen nach Beendigung derselben jede Tätigkeit als Hebämme oder Wochenbettpflegerin bei .. anderen Frauensperson untersagt. Auch nach Ablauf der acht 6 Frist ist eine Wizderaufnahme der Tätigkelt nur nach gründ- it Reinigung und Desinfektion jhres Körpers, ihrer Wäsche, dung und Instrumente nach Anweisung des beamteten Arztes ge— attet. Die Wiederaufnahme der Berufstätigkeit vor Ablauf der achttãgigen Frist ist jedoch zulässig, wenn der beamtete Arzt dies für unbedenklich erklart:

H Körnerkranktheit (Hranulose, Trachom): Beobachtung kranker ker e nf is . (5 15), Meldepflicht (6 15), Des⸗

n Lund 9); ö an . ungen. und Kehlkopfstuberkulose: Desinfektion (5 19 Abs. 1 1c) Rückfall fieber (Febris recurrens): Beobachtung kranker Personen 6a Meldepflicht (3 13). Abfonderung krauker Personen 3 14 Abs. 2 . M Rennzeichnung? der Wohnungen und Häuser (6 14 Abs. 4. Ver- rebeschränkungen für das beruftimäßige Pflegepersonal (6 14 Abf. 5), . ot oder Beschränkung der Ansammlung größerer Menschen· . (6 15 Nr. 3), sobald die Krankheit einen epidemsschen arakter angenommen hat, Üeberwachung der Schlffahrt ( 16 Rr.

alle, aften des aktiven anker zu-

ch in öffentlichen und ähnlichen Anstalten d talt oder die von der zuständigen Stelle damit beauftragte Person ausschließlich zur Erstattung der AÄAn⸗

Abs. 1 und 3;

7) Ruhr, Personen größerer

übertragbarer

und Unterrichtsbesuche (5 16), Verbot bon Wasserversorgungsanlagen usw. ! und Gehäuden (6 18,

werbsmäßig Unzucht treiben: G 14 Abs. 2);

F 12),

Abs. 2 und 3 Satz IJ, Kennz Hãäuser 6 1 berufs mäßige Pflegeperfonal (6 der gewerbsmäßigen Herstellung, des Vertriebs von Gegenständen, we

erforderlichen Maßregeln (6 15 Nr. zeichneten Maßgabe, Verbot oder

und Unterrichtsbesuche (5 16), Verb

Behandlung und Aufbewahrung sow ständen, welche geeignet zur Verhütung der Verbreitung der regeln (5 15 Nr. 1 und Y), Desinfektion (5 19 Abs. Leichen (5 215

12) Rotz: Beobachtung kranker kranker Personen (5 14 Abs. 2 und

13) Tollwut: Beobachtung gebisse kranker Personen 14 Abs. 3).

behandeln. 9

nicht glaubhaft nachweisen, daß sie si sachgemäßer Behandlung befinden, gehalten werden.

handlung der erkrankten Personen, treiben, angeordnet werden,

Die Verkehrs beschränkungen aus gesetzes finden auf Körnerkrankheiten,

in Vollzug zu setzen sind. u Das Staatsministerium ist erm

Teile oder den ganzen Umfang der M F 8 dieses Gesetzes nicht genannte

Verfahren und

. ̃ § 12.

Die in dem Reichsgesetz und in d überwiesenen Obliegenheiten werden,

anderes bestimmt, von den Ortspolizei

Krankheit zu übernehmen. berührt.

vernehmen mit den sonst beteiligten Medizinalangelegenheiten.

dem die als Kommissare der

und Stelle entsandten Medizinalbeamte Die Vorschrift des § 36 Abs. 2 die in dem §5 1 Anwendung.

Fünfter Abs

§ 14.

Grund der SF 8 und 11 dieses nichtung von egenständen polizeilich Anspruch auf Enischädigung fällt jedoch

815.

Ortspolizeibehorde.

16. Die Ermittelung und h

Bei Gegenständen, werden sollen, ist vor der verständige abzuschätzen.

Sind bei ein Desinfektion Gegen scinde

Vernichtung d

§18 polizeilich derart beschãd

und by, Fernhaltunge von dem Schul. und Unterrichtsbesuche (6 16,

können, so ist sowohl der Grad dieser

Desinfektion (6 19 Abs. 1 und 3), Vorsichtz⸗

9) Spphilis, Tripper und Schanker, bei Personen, welche ge⸗ ͤ Beobachtung kranker, krankheits. oder ansteckungs verdächtiger Personen (5 125, Absonderung kranker Personen

10) Typhus (Unterleibstyphus): Beobachtung kranker Personen Meldepflicht (5 13), Absonderung k

Verkehrsheschränkungen Behandlung und Aufbewahrung sowie zu verbreiten, nebst den zur Verhütung der Verbreitung der Krankheit

größerer Menschenmengen (5 15 Nr. 3), sobald 'die Krankheit einen epidemischen Charakter angenommen hat, F

nutzung von Wasserversorgungsanlagen usw. Wohnungen und Gebäuden (5 18, Desinfektion G6 19 Abs. 1 und 9), Vorsichtsmaßregeln bezüglich der Leichen (5 21);

117 Milzbrand: Ueberwachung der gewerbsmäßigen Herstellung,

ind, die Krankheit zu verbreiten, nebst den

mit der in Nr. 1 bezeichneten Maßgabe, 1 und 3), Vorsichtsmaßregeln bezüglich der

Abs. J und 3), Vorfichtßmaßregeln bezüglich der Leschen (8 336

Erkrankungsfälle, in welchen Verdacht von Kindbettfieber (Nr. 3), Rückfallfieber (Nr. 6H, Typhus (Nr. 10) und sind bis zur Beseitigung dieses Verdachtes wie die Krankhest selbst zu

Personen, welche an Körnerkrankheit leiden,

zu einer solchen zwangsweise an—

Bei Spphilis, Tripper und Schanker kann eine zwangsweise Be⸗= sofern sie gewerbsmäßig Unzucht wenn dies zur wirksamen Verhütung der Ausbreitung der Krankheit u,, erscheint.

der Maßgabe entsprechende Anwendung, ermächtigt ist, Vorschriften über die zu treffenden Maßnahmen zu be⸗ schließen und zu bestimmen, wann und in

t, Gesetzes bezeichneten Absperrungs⸗ und e f hte ah edi? für einzelne

sonderen Ausnahmefällen vorübergehend auszudehnen, wenn und so lange dieselben in epidemischer Verbreitung auftreten.

Die auf Grund der vorstehenden Bestimmung ergangenen Ver⸗ ordnungen sind dem Landtage vorzulegen. setzen, soweit der Landtag dies verlangt.

Vierter Abschnitt.

Landrat ist befugt, die Amtes verrichtungen der Ortspolizeibehörden für den einzelnen Fall einer gemeingefährlichen oder sonst übertragbaren

Die Zuständigkeit der Landespolizeibehörden auf dem Gebiete der Seuchenbekämpfung wird duich die Bestimmung des Abs. 1 nicht

Gegen Anordnungen der Polizeibehörde findet nur die Beschwerde im Aufsichtswege statt. In letzter Instanz entscheidet, im Ein—

Die Anfechtung der mn. hat keine aufschiebende Wirkung. S'iz

8 9.

Beamtete, Aerzte im Sinne des Reichsgesetzes und dieses Gesetzes sind die Kreisärzte, die Kreisassistenjärzte, soweil sie mit der Stell— vertretung von Kreisärzten beauftragt sind, sowie die mit der Wahr⸗ nehmung der kreisärztlichen Obliegenheiten beauftragten Stadtärzte in Stadtkreisen, die Hafen. und Quarantänecärzte in Hafenorten, außer⸗

m Regierungsprãäsidenten, präsidenten oder des Ministers der Medizinalangelegenheiten an Ort

dieses Gesetzes bezeichneten Krankheiten entsprechende

Entschädigungen.

Die Bestimmungen der S8 29 bis 34 Satz 1 des Reichsgesetzes finden auf diejenigen Fälle entsprechende Anwendung, in welchen auf Gesetzes die Desinfektion oder Ver⸗

den Verlust ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie notwendigen Unterhalts zu tragen bermag.

Die Festsetzung der Entschädigungen in den Fällen der 55 28 bis 23 des Reichsgesetzes und des F 14 dieses Gesetzes erfolgt durch die

Gegen die Entscheidung findet unter Ausschluß des innerhalb einer Frist von einem Monat nur die Beschwerde an die

Aussichts behörde, in Berlin an den Oberprasidenten, statt. Die Ent⸗ scheidung dieser Beschwerdeinstan ist endgültig.

l Festsetzung der Entschädigungen aus § 28 des Neichegesetzes geschieht von enn wegen. ; Die Entschaͤdigungen sind nach Ablauf jeder Woche zu zahlen. 1

8 06 2 welche auf polizeiliche Anordnung vernichtet

9. angeordneten und

ihrem bestimmungsmäßigen Gebrauche nscht welter verwendet werden

Räumung von Wohnungen und Gebäuden (5 18), Dezinfektion (5 19 Dysenterie):

Krankheit einen

oder Beschränkung der Benutzung 17), Näumung von Wohnungen

ranker Personen (§5 14 eichnung der Wohnungen und für das 14 Abs. 5), Ueberwachung sche geeignet sind, die Krankheit

L und 2), mit der in Nr. 1 be— Beschränkung der Ansammlung

ernhaltung von dem Schul-

ot oder Beschränkung der Be— (G 17), Räumung von

ie des Vertriebetz von Gegen— Krankheit erforderlichen Maß—

Personen (G 12), Absonderung 3 Satz 1), Desinfektion (5 15

ner Personen ( 12), Absonderung

Rotz (Nr. 12) vorliegt,

it leiden, können, wenn sie ch in ärztlicher oder anderweiter

den §§ 24 und 25 des Reichs— Rückfallfieber und Typhus mit daß das Staatsministerium

welchem Umfange dieselben

ächtigt, die in dem 8 8 dieses

onarchie auch auf andere in dem übertragbare Krankheiten in be—

Sie sind außer Kraft zu

Behörden.

iesem Gesetz den Polizeibehörden soweit dieses Gesetz nicht ein behörden wahrgenommen. Der

Ministern, der Minister der

der Ober

n.

des Reichsgesetzes findet auf

chnitt.

angeordnet worden ist. r weg, wenn der Antragstesler

Rechts weges

er gemeine Wert durch Sach⸗

e überwachten igt worden, daß dieselben zu

Absonderung kranker (8 14 Abs. 2), Verbot oder Beschränkung der Anfammlung r Menschenmengen (5 15 Nr. 3), sobald die epidemischen Charakter angenommen hat, Fernhaltung von dem Schul.

Wert der Hegenstände vor ihrer Rückgabe an den Empfangsberechtigt durch Sachverftändige abzuschätzen. 1 fangsberechtigten

Bei den Abschätzungen gemäß der 5 17 und 18 dieses Gesetzes sollen die Jer erh kenlich r werden. , ser

0.

In den Fällen der ss 17 und 18 dieses Gesetzes bedarf es der Abschätzung nicht, wenn feststeht, daß ein Entschädigungsanspruch ge⸗ . ausgeschlossen ist oder wenn der Berechtigte auf eine Ent- schädigung verzichtet hat.

§ 21.

Für jeden Kreis sollen von dem Kreigausschusse, in Stadtkreisen von der Gemeindevertretung, aus den sachverständigen Eingesessenen des Bezirks auf die Dauer von drei Jahren diejenigen Perfonen in der erforderlichen Zahl bezeichnet werden, welche zu kem Amte eines Sachverständi en zugezogen werden können. Als Sachverständige können auch Frauen bezeichnet werden.

us der Zahl dieser Personen hat die Ortspolizeibehörde die Sachverstän digen für den einzelnen Schätzungsfall zu ernennen. In besonderen Fällen ist die Polizeibehörde ermächtigt, andere Sach-

verständige zuzuziehen.

Die Sachverständigzen sind von der Polizeibehörde durch Hand schlag zu verpflichten. Sie verwalten ihr Amt als Ehrenamt und haben nur Anspruch auf Ersatz der baren Auslagen.

Auf das Amt der Sachverständigeu finden die Vorschriften über die Uebernahme unbesoldeter Aemter in der Verwaltung der Gemeinden

und Kommunalverbände k Anwendung. 322

Personen, bei welchen für den einzelnen Fall eine Befangenheit zu besorgen ist, dürfen zu Sachverständigen nicht ernannt werden. Ausgeschlossen von der Teilnahme an der Schätzung ist jeder: Nin eigener Sache; best h in Sachen seines Ehegatten, auch wenn die Ehe nicht mehr esteht; 3) in Sachen einer Person, mit welcher er in gerader Linie oder im zweiten Grade der Seitenlinie verwandt oder verschwägert ist, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr besteht. Personen, welche sich nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden, sind unfähig, an einer . teilzunehmen.

Die Sachverständigen haben über die Schätzung eine von ihnen zu unterzeichnende Urkunde aufzunehmen und der Orte polizeibehörde zur Festsetzung der Entschädigung zu übersenden.

Hat eine ausgeschlossene oder unfähige Person 22 Abs. 2 und 3) an der Schätzung teilgenommen, so ist die Schaͤtzung nichtig und zu wiederholen. z

24.

Die Entschädigung für vernichtete oder infolge der Desinfektion beschädigte Gegenstande wird nur auf Antrag gewahrt.

. Antrag ist bei Vermeidung des Verlustes des Anspruchs binnen einer Frist von einem Monat bei der Ortspolizeibehörde, welche die Vernichtung oder Desinfektion angeordnet hat, zu stellen.

Die Frist beginnt hei vernichteten Gegenftänden mit dem Zeit⸗ punkte, in welchem der Entschädigungeberechtigte von der Vernichtung Kenntnis erhalten hat, bei Gegensländen, welche der Desinfektion unterworfen sind, mit der Wiederaushändigung.

Sechster Abschnitt. Ko sten. ö 25.

Die Kosten der amtsärztlichen Feststellung der gemeingefährlichen und derjenigen übertragbaren Krankheiten, auf welche die Bestimmungen der S8 6 bis 10 des Reichsgesetzes für anwendbar erklärt find 686 Ab. 1, 7 dieses Gesetzes, fowie die Kosten, welche durch die Be. teiligung des beamteten Arztes bei der Anordnung, Leitung und Ueber—

wachung der Schutzmaßregeln gegen diese Krankheiten ent tehen, fall der Staatskasse zur Last. stehen, fallen

FS 26.

Im übrigen findet die Vorschrift des 5 37 Abs. 3 des Reichs- gesetzes auf diejenigen Fälle, in welchen die daselbst bezeichneten Schutz⸗ maßregeln auf Grund der Bestimmungen diefes Gesetzes angeordnet werden, mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die Kosten der Desinfektion und der besonderen Vorsichtsmaßregeln für die Auf⸗ bewahrung, Einsargung, Beförderung und Bestattung der Leichen nur dann aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten sind, wenn nach Fest⸗ stellung der Polizeibehörde der Zahlungepflichtige ohne Beeintrãch⸗ tigung des für ihn und seine Familie notwendigen Unterhalts diese Kosten nicht zu tragen vermag. Wegen der Anfechtung der Entschei— dung findet die Vorschrift des 5 15 Abs. 2 Anwendung.

Wem die nach dem Reichsgesetze und nach diefem Gesetze aus öffentlichen Mitteln zu bestreitenden Kosten und Entschädigungen ein⸗ schließlich der den Sachverständigen nach F 210 dieses Ge , zu er⸗ stattenden baren Auslagen und die sonstigen Kosten der Ausführung der Schutzmaßregeln zur Last fallen, bestimmt sich, soweit dieses Gesetz . anderes vorschreibt, nach den Vorschriften des bestehenden

echts. Uebersteigen die nach diesen Vorschriften einer Gemeinde mit weniger als 5000 Einwohnern zur Last fallenden Kosten in einem Etatsjahre 5 oso des nach den Vorschriften des Kom munalabgaben⸗ esetzes der Gemeindebesteuerung zu Grunde zu legenden Veranlagungs⸗ . an Staatgeinkommensteuer einschließlich der fingierten Normal⸗ steuersätze (6 38 des Kommunalabgabengesetzes, 5 74 des Einkommen- steuergesetzes), so ist der Mehrbetrag der Gemeinde auf ihren Antrag zu zwei Dritteilen vom Kreise zu erstatten. Die Erstattung findet jedoch nur dann statt, wenn der Bedarf an direkten Gemeindesteuern mehr als das Ein- und einhalbfache des seiner Verteilung zu Grunde zu legenden Veranlagungssolls an Ein⸗ kommensteuer (einschließlich der fingierten Normalsteuersätze) und Real. steuern betrug. Liegt die Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen besonderen Schulsozietäten ob, so sind die von den Angehörigen der Gemeinde an diese Sozietäten entrichteten baren Abgaben dem Ge⸗ meindesteuerbedarf hinzuzurechnen. Den Kreisen ist die Hälfte der in Gemäßheit der vorste henden Vorschiuift geleisteten Ausgaben vom Staate zu erstatten.

§ 27.

Die Gemeinden sind verpflichtet, diejenigen Einrichtungen, welche zur Bekämpfung der gemeingefährlichen oder sonst übertragbaren Krankheiten notwendig sind, schon zu seuchenfreier Zeit zu treffen und für deren ordnung maͤßige Unterhaltung zu sorgen. Sofern diese Einrichtungen Bedürsnissen dienen, welche über die Grenzen einer einzelnen Gemeinde hinausgehen, kann die Verpflichtung dem Kreisverbande auferlegt werden.

Die Anordnung zur Beschaffung der in dem § 27 Einrichtungen erläßt die Kommunalaufsichtsbehörde. Gegen die Anordnung findet innerhalb einer Frist von einem Monat nur die Beschwerde im Iugschtewege statt.

8 25

bezeichneten

5 2* „Die Kreisverbände sind verpflichtet, denjenigen Gemeinden des Kreises, welche die ihnen aus § 26 und § 27 tiefes Gesetzes zur Last fallenden Kosten aufzubringen unvermögend sind, eine Beihilfe zu ge⸗ währen. Auf Beschwerden von Gemeinden gegen Beschlüsse der Krei verbände, ob und in welcher Höhe Beihilfen zu gewähren sind, beschließt endgültig der Bezirksausschuß.

Siebenter Abschnitt. Strafvorschriften.

§ 30. Mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis sechshundert Mark wird bestraft: e. 9

L wer wissentlich bewegliche Gegenstände, für welche auf Grund der 8 und 11 dieses Gesetzeg eine Desinfektion . an

zeschädigung wie der gemeine

ö . war, vor Ausführung der angeordneten Desinfektion in Ge— rauch nimmt, an andere überläßt oder sonst in Verkehr bringt;

5 6 . 433 ö

K