1904 / 25 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 29 Jan 1904 18:00:01 GMT) scan diff

z rtig bekommen. Die polnischen Arbeiter werden von den Vorgesetzten in der schmählichsten Weise beschimpft. Die Aufsichtsbeam ten bilden sich allmählich zu , Agenten aus. Sie haben veranlaßt, daß polnische Arbeiter entlassen wurden, weil sie sich angeblich geweigert haben, Deutsch zu sprechen, obwohl es Tatsache ist, daß die . Kinder zum großen Teil in den Schulen nicht Deutsch lernen. Die Staatsbetriebe stehen hinter den Privatbetrieben in diefer Bezsehung nicht zurück Ich allerdings habe ja lange Zeit als Bergarbeiter gearbeitet und fann daher aus eigener Anschauung mitreden, wie es bei den Wahlen jugeht. Dem Arbeiter wird einfach befohlen, wem er seine Stimme zu geben hat, und wehe dem, der es nicht tut! Bei einer Gemeinde⸗ chöffenwahl wurde ein Arbeiter, der es gewagt hatte, gegen die Instruktion zu wählen, trotz seiner 21 Jahre Dienstzeit h nch Dem pelnischen Arbeiter in Oberschlesien ist es ganz unmöglich, sein Foalitlonsrecht auszuüben. Unsere höchsten Staate behörden sehen ez lieber, daß der polnische Arbeiter sich dem Trunke ergibt, als daß er sich an christlichen Vereinen beteiligt. Wir haben feine einzige Wahlversammlung bei den letzten Reichstagswahlen abhalten dürfen. Das Versammlungsrecht muß von Reichs wegen geregelt werden. Die Arbeitszeit und die Behandlung des Arbeiters sst nirgends so unmenschlich, wie bei uns in Oberschlesien. Wie sollen die Deutschen und Polen friedlich neben einander arbeiten können? Man benutzt selbst die Kirche zur Agitation gegen die Polen. . Die Religion soll dem Volke erhalten bleiben“; wie ist das aber möglich, wenn die Religion in dieser Weise zum Büttel der Kirche gemacht wird? Der Reichskanzler hat gesagt, die führenden deutschen Schichten sollten sich fester gegen die Polen zufammenschließen. Die Folge wird nur sein, daß die polnischen Arbeiter noch mehr mit Füßen geireten werden. Der Reichskanzler hat uns Polen ein großartiges Material durch seine Rede von neulich geliefert, es wird weit ver⸗ breitet werden und in jedes Haus, jede Hütte, jede Grube dringen. Die Antipolenpolitik bringt uns eine Armee von modernen Hochstaplern, die das Volk wirtschaftlich ausplündern.

lange zugesetzt, bis sie es fe

Gin Beispiel für die Hochs savelck bei den Leutschen Aerzten: Auf dem Aerztekammertage in Breslau wurde von einem deutschen Aerzte gesagt, es würden polnische Aerzte al

Emissäre mit Unterstützung des polnischen Nationalschatzes nach

Oberschlesien geschickt, um sich in rein deutschen Gegenden anzusiedeln und im Sinne des Polentums zu wirken; die deutschen Aerzte könnten deshalb nicht daran denken, die freie Arztwahl ein⸗ zuführen. Alle solche Dinge werden uns die Kanonen sein, mit

denen wir die deutschen Burgen beschießen wollen. Ein Arzt, der

fo etwas sagt, ist ein. verkommeneg Individuum, ist ein Lügner. (Präsident Graf von Ballestrem:; Ich muß den

Redner bitten, von Leuten, die sich hier nicht verteidigen können, nicht unter Benutzung der Redefreiheit solche Ausdrücke zu gebrauchen; im Deutschen Reichstag ist das nicht Sitte.) Es ist ferner gesagt worden, die Aerzte brauchten nicht mit den Kranken Polnisch sprechen zu können, denn der Tierarzt spreche mit dem kranken Vieh auch nicht Polnisch. Das ist deutsche Kultur. Ein solches System ist eine Schande! Abg. Dr. Müller⸗ Meiningen (fr. Voʒkep.): Die Art und Weise,

wie man mit Initiativanträgen vorgeht, führt zu einer Verstopfung der Geschäfte. Es werden Interpellationen und Resolutionen ein⸗ gebracht über Fragen, die uns zum Teil seit 30 Jahren beschäftigen. Das Zentrum namentlich ist mit einer Flut von Anträgen gekommen, wie (8 früher nicht Sitte war. Von Papier kann der deutsche Arbeiter nicht leben. Die Segnungen, die damit den Arbeitern von der Majorität zugeführt werden sollen, machen den Schaden nicht gut, den der Zolltarif ibnen zufügen kann. Statt 25 Resolutionen zu stellen, sollten die Mehrheitsparteien lieber zwei bei den verbündeten Regierungen durchsetzen. Handeln Sie doch einmal, zwingen Sie die Regierung z. B. in der Frage des Zehnstundentag«s, zwingen Sie sie, daß sie keine schikanöse Verwaltungspraxis einführt. Diese Schikanen führen Hunderttausende⸗ ja Millionen der Sozialdemokratie zu. Schaffen Sie liberale Institutionen, schaffen Sie Koalitionsfreiheit, ein freies Vereins · und Versammlungsrecht Die vielen gestellten Anträge sind aber auch staatsrechtlich bedenklich. Man mutet uns zu, daß wir in einer Lesung Dinge durchbringen, die doch in Form von Gesetzen erledigt werden müßten, Technisch ist es rein unmöglich, solch unreife Anträge in kurzer Zeit sachlich zu begründen und durchzuführen. leber die vorliegenden 49 Anträge könnten wir bis in den Juni hinein beraten, und unser ganzer Verwaltungsapparat würde nicht ausreichen, um das durchzuführen, was uns da unverdaut vorgesetzt wild. Am Schluß der Session wären dann 30 Reselutionen im Ramsch angenommen, ohne daß man wüßte, was eigentlich darin steht. Dieses ganze Vorgehen, diese Dutzendarbeit, diese Fabrikarbeit muß alle wichtigen Dinge ersticken. Darin liegt eine Gefahr für die Behandlung der Wünsche des Reschstags seitens der Regierung. Wir bitten alle Teile, den Seniorenkonvent wie den Präsidenten hier Kbhilfe zu schaffen. Wir machen sonst mit der ganzen Etats⸗ beratung Fiasko. Wir haben unserseits nur zwei soʒialpolitische Anträge eingebracht. Soll in der nächsten Zeit von der Regierung das Geschenk der Anerkennung der juristischen Personen der Berufsvpereine gemacht werden, und wie steht es mit der Ausdehnung der Koalitionsfreiheit auf die Vertretung der Standesinteressen der Arbeiter? Die blutigen Wunden des Crimmitschauer Streiks sollten durch die vereinigten Anstrengungen der Arbeitgeber und der Arbeiter geschlossen werden. Wie steht es ferner mit dem Erlaß eines Automobilgesetzes, mit dem sich schon das Herrenhaus beschäftigt hat? Auch über den Schutz des photographischen Urheberrechts möchten wir Auskunft haben. Es be—⸗ fteht eine Bundesratsverordnung, zum Schutz der Arbeiter in Stein, brüchen und Steinhauereien. Diese gutgemeinte Verordnung ist auf den roten Sandstein nicht anwendbar. Sie geht zu weit, was sich namentlich bei dem roten Sandstein in Nürnberg fühlbar macht. Ich bitie den Staatssekretär um eine Erklärung darüber, ob die Verordnung auf diesen Sandstein Anwendung finden soll. Gypentuell müßte die Verordnung geändert werden. Auch die neunstündige Arbeitszeit, die in dieser Verordnung vorgeschrieben ist, läßt sich nur aufrecht erhalten, wenn sie für alle Bauarbeiter eingeführt wird. Die sozialvolitische Wohltat der Verordnung wird übrigens durch ein oberfränkisches gerichtliches Erkenntnis dadurch illussrisch gemacht, daß dieses Erkenntnis die Weiterbeschäftigung der Steinarbeiter nach ihrer Feunstündigen Arbeitszeit mit leichteren Rrbeiten für zulässig erklärt hat. Wir müssen neben der Rechts- fähigkeit der Berufsvereine auch ein völlig freies Koalitionsrecht haben; noch heute nach 33 Jahren sind wir nicht weiter als 1871. Gg ift Gesabr im Verzuge. Man spricht von einer preußischen Ver⸗ einsgesetznovelle; es sollen dadurch auch einige Rückständigkeiten neu eingeführt werden. Kommt eine solche Novelle zustande, so können ir für absebbare Zeit im Reiche auf das Zustandekommen einer Vereins⸗ und BVersammlungsgesetzgebung nicht rechnen. Es ist ja an sich erfreulich, daß die Frauen auf diesem Gebiete in Preußen endlich dem Manne aleichgestellt werden sollen; aber warum soll das nicht auch in den anderen deutschen Ländern geschehen? Wo bleibt da unser Reichskanzler? Die christlichen Arbeiterverbände haben ebenso wie die sozial⸗ demokratischen an die Spitze ihrer Forderungen ein freies Vereins. und Ver⸗ sammlungsrecht gestellt. Wie selbst in der Republik Hamburg dieses Recht heute noch gehandhabt wird, erscheint fast unglaublich, Die dorsige Polizei hat einen wahren Sport getrieben mit der Schikanierung der Frauen; ich erinnere nur an die mit der Ulrich⸗ straße und ihrer Bordellwirtschaft in ufammhang stehenden Prozesse. Die Frauen, die für die Gleichberechtigung ihres Geschlechts kämpfen, haben dort die pale n unangenehm mit der Enthüllung berührt, daß sie dort junge ädchen von 15 Jahren wider ihren Willen unter polizeiliche Kontrolle gestellt habe. Auf Grund eines überaus schlechten Vereinggesetzes sberwacht man jetzt dort auch die Frauenversammlungen, die in Privathäusern stattfinden; verbietet man, in folchen Versammluggen über Themata zu sprechen, die in jeder Mannerversammlung zu erörtern gestattet ist. Was fürchtet denn die burger Polizei? Höchstwahrscheinlich hat sie kein sehr gutes ewissen. an hat ja gehört, daß die Bordellwirtschaft gewisser⸗ maßen zu einer Staatseinrichtung geworden ist; ist doch von den Behörden erklärt worden, man könne gesetzlich gegen die Prostitution und die Bordellwirtschaft in Hambuig nichts machen.

Mit Einzelheiten werde ich eventuell noch aufwarten. Im Dtiober I5oz durfte der Perhand fortschrittlicher Frauenvereine eine Verhandlung über die Reglementierung der hrostitution nicht abhalten, und die Frauen mußten von Hamburg in das Land des klaffischen Hammersteinschen Segments, nach Altona wandern, um iiberhaupt nur über diese Frage sprechen zu können, Es ist sehr schwierig, darüber keine Salire zu schreiben. Der Verfan nl g. kuriofa in diesem Jahre sind Legion. Im Juni war es recht heiß: standen irgendwo die Fenster be einer Versammlung offen, so be⸗ kamen es die überwachenden Behörden fertig, diefe Versammlung als eine solche unter freiem Himmel zu verbieten. Hat ein Staatsmann den Mut, dem kulturwidrigen Zustand auf diesem Gebiete in den ver⸗ schiedenen Einzelstaaten ein Ende zu machen? Graf von Bülow sprach nm Herrenhaus das gewichtige Wort: „Deutschland in der Welt poran!! Aber wie stimmt dieses Wort zu der auf diesem Gebiete unentwegt weiterbestehenden Krähwinkelei? Graf von

Bülow hat da so schöne Worte für die Frauen übrig gehabt;

Graf von Posadowsky hat bezüglich der Ausbildung der Frauen so treffende Ausführungen getan, daß er sich der Notwendigkeit gründ⸗ licher Reform auf diesem Gebiete nicht verschließen kann. Möge sie bald kommen! Wir werden jedenfalls alle unsere Kräfte aufbieten, damit dieser Rest e, Rückständigkeit aus der Welt verschwindet.

Vhepräsident Dr. Graf zu Stolberg. Wernigerode ersuhht die Redner, auf die Arbeiterkammern und Rechtsfähigkeit der Berufs vereine nicht einzugehen, da sie als Gegenstand von Resolutionen be⸗ sonders zur Beratung kommen werden.

Kommissar des Bundesrats, Hanseatischer Syndikus Dr. Schaefer: Die Tatsache, daß die Versammlung mit dem Thema, Die Reglementierung der Prostitution in Hamburg verboten wurde und dann in Altona statt⸗ gefunden hat, ist richtig. Hätten die Damen den Beschwerdeweg be⸗ schritten, so wäre die Säche durch die Instanzen gegangen. Aber sie haben sich mit dem Bescheid der Polizeibehörde begnügt. Ich glaube aller- dings, daß die Dame, die in diefer Versammlung sprechen wollte, auch in der Beschwerdeinstanz die Erlaubnis nicht erhalten hätte. Die Dame ist den Hamburger Behörden seit Jahren bekannt, und ein ähnlicher Vorgang wie dieser hier hat sich vor einem Jahre abgespielt. Auch damals wollte dieselbe Dame über genau das sel be . sprechen. Auch damals wurde diese Versammlung verboten, und als dann an demfelben Tage eine Versammlung mit dem Thema „Das Hamburger Vereinsgesetz und die Frauen“ angemeldet wurde, lag die Vermutung sehr nahe, daß die Bame unter diesem unverfänglichen Thema die⸗ selben Dinge besprechen würde, wie unter dem anderen. Und dies wurde zur Gewißheit, als in Berlin eine andere Dame in öffent⸗ licher Versammlung sagte, daß, weil die Polizei in Hamburg jenen Vortrag verboten habe, ein Thema angemeldet sei, das nicht verboten werden könnte,

und die Bame würde also alles das sagen können, was sie unter dem verkotenen Thema beabsichtigte. Diese Absicht ist nicht geglückt. Der äberwachende Polizeibeamte wurde mit ausdrücklichen Anweisungen versehen, und die Versammlung verfiel bald der Auflösung. Bon allen Beschwerdeinstanzen auch das Organ der Hamburger Volksvertretung, das verfassungsmäßig Verletzungen öffentlich rechtlicher Bestimmungen nachzuprüsen hat, ift damit befaßt worden hat die Dame den Bescheid erhalten, daß ihrer Beschwerde keine Folge gegeben werden könne, weil die Polizei sich in den Grenzen ihrer gesetz lichen Befugnisse gehalten habe. Die Angelegenheit gehört eigentlich nicht in den Reichstag, denn über das Vereins und Versammlungsrecht hat noch die Landes⸗ gesetzgebung freie Hand, Es handelt sich lediglich darum, ob die Pollzei das Gesetz richtig angewendet hat; ob es gut oder schlecht ist, hat die Polizei nicht zu prüfen. Daß die in Hamburg verbotene Ver⸗ sammlung in Altona stattfand, ist auf den ersten Blick befremdend, aber wenn die Altonaer Polizei dasselbe Material zur Verfügung ge⸗ habt hätte wie wir, würde sie jene Versammlung auch nicht zuge⸗ lassen haben. An sich wäre eine Versammlung mit dem Thema „Reglementierung der Prostitution zugelafsen, worden, aber die Dame hat über diesen Gegenstand schon wiederholt in einer Weise gesprochen, die sich nicht in den Grenzen sachlicher Erörterung hielt. Ihre guten Absichten will ich nicht in Abrede stellen. Die Hamburger Behörden haben nicht die Absicht, irgend etwas auf diefem Gebiete zu vertuschen. Die Hamburger Polizeibehörde erfüllt ihre Pflicht in vollstem Umfange, und sie würde die schwersten sitt⸗ lichen Gefahren hervorrufen, wenn sie das jetzige System aufheben wollte. Der Vortrag wurde nicht gestattet, weil die Versammlungen dieser Dame besucht wurden von Personen beiderlei Geschlechts, die zum großen Teil sich in einem Alter befanden, in dem man Dinge, wie sie in jener Versammlung ohne Scheu besprochen wurden, im allgemeinen noch nicht zu erfahren pflegt. Würden diese Dinge hier im Reichstag öffentlich erörtert, so würde dies sehr bald eine Leerung der Tribünen zur Folge haben. Als der Dame Schwierig⸗ feiten gemacht wurden, über die Reglementierung der Prostitution öffentlich zu sprechen, hat g das Thema gewählt: „Unsere Vater⸗ stadt“. Uns ist eine Eingabe zugegangen von einem Herrn, der in Begleitung seines Schwiegersohnes, eines jungen Theologen, diese Ver⸗ sammlung besucht hat. r berichtet, daß in ihr junge Mädchen an⸗ wesend waren, die Dinge zu hören bekamen, die sie sonst in ihrem Leben wahrscheinlich nie gehört hätten. Der Herr hat bemerkt, wie diesen jugendlich 'n Mädchen die wachsende sinnliche Erregung all⸗ mählich vom Gesicht abzulesen war. Es liegt der Wortlaut solcher Vorträge vor, und ich muß sagen, daß die Art und Weise, wie die Prostikution behandelt worden ist, eine sittliche Gefährdung weiter Bevölkerungskreise notwendig zur Folge haben muß. Solche Damen, die in dieser Weise derartige Fragen besprechen, bilden trotz ihrer wohlmeinenden Absichten für die oͤffentliche Sittlichkeit eine weit größere Gefahr als diejenigen Einrichtungen, die sie kritisieren. Mir gefallt ja die Hamburger Prostitution auch nicht. Und ich würde den Herren dankbar sein, ie Uns einen anderen, besseren Weg vorschlagen sönnten. So leicht wird das nicht möglich sein, denn solange es eine Erde gegeben hat, hat es auch eine Prostitutien gegeben. Die Ham⸗ burger Polizei hat sich verpflichtet gefühlt, seit Jahren die Prostitution zu Überwachen und sie auf das möglichst geringste Maß zurückzuführen. Sie befolgt, ich spreche das ganz offen aus, das System der Kaser— nierung und Lokalisierung. Mögen Sie das Bordell nennen, auf den Ausdruck kommt für mich gar nichts an, sondern auf das Wesen, das Prinzip. Die Prostituierten sind auf bestimmte Straßen angewiesen, Ind 'es ist natürlich, daß die anständige Bevölkerung aus diesen Straßen mehr und mehr verschwindet. Das ist es eben, was mit jenem System erreicht werden soll: eine Scheidung zwischen Pro—⸗ stitution und dem anständigen Teil der Bevölkerung. In keiner anderen Stadt können anständige Damen nicht allein bei Tage, sondern auch in den Abendstunden so unbehelligt über die Straße gehen wie in Hamburg. Dafür müssen Sie (links) doch auch eine Empfindung haben. Werden einmal Damen pon Trunkenen usw. belästigt, so tritt eine so scharfe Ahndung ein, daß den Belästigern die Lust zur Wiederholung vergeht. (Zuruf links.). Es wird eben behauptet, daß die Hamburger siltenpolizellichen Einrichtungen der Hamburger Polizei viel Geld bringen. Ich bin neugierig, wie man daß en , will; vorlaufig erkläre ich nur, daß es nicht wahr ist. Eine sehr ernste Frage ist die des Zuhältertums, die gefährlichste Begleit- erscheinung der Prostitution. Wir sind in fn, stolz darauf, daß es Uns gelungen ist, dies Zuhältertum nahezu vollständig zu unter. drücken. Werden einmal Zuhälter getroffen, so werden sie so hart bestraft, daß sie nach ihrer Entlassung Hamburg den Rücken kehren. Auch zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten haben die Hamburger Einrichtungen das Ihre beigetragen. Wir haben sie eingedämmt und nach Möglichkeit auf ihren ursprünglichen Herd beschränkt. Was das besagen will, werden Sie begreifen, wenn Sie sich die Gefahren der Familiensyphilis vergegenwärtigen. Es gibt bei uns keine Prostituierten, hie sich au föringlich bemerkbar machen. Mie Einschränkung der Prostitution . zur Folge, daß ,,, bei uns nicht auf die Straße zu gehen rauchen. Bel uns ist es nicht möglich, daß gewisse Damen in das Caf gehen. Den Bescheid der Hamburger Siaattanwaltschaft be⸗ züglich der Vermietung von Wohnungen an Prostituierte, halte ich für richtig. Redner bemüht sich sodann unter wachsender Unruhe des Hauses die Stellungnahme des Staatsanwalts auch gegen Reichs⸗ gerichtzentscheidungen in bezug auf den Kuppeleiparagraphen darzutun,

und schließt: Die Hamburger Polizei ist sich im vollen Umfange der schweren Verantwortung, die auf ihr ruht, bewußt, und sie wird nach wie vor den Weg beschreiten, den sie einmal beschritten hat, und sich durch Ausführungen, wie wir sie hier gehört haben, nicht um Haareg⸗ breite von ihm abbringen lassen.

Abg. Wurm (Soz ): Die Stimmung des Hauseß läßt keinen Zweifel darüber, daß man sn einem Kreise des Hauses der Meinung ist, daß der sächsische Polizeigeist moralische Eroberungen auch in Hamburg gemacht hat. Man in es in 5 fertiggebracht, eine Versfammlung zu verbieten wegen eines Vortrages, in dessen Verlauf Aeußerungen hätten erfolgen können, welche die Polizei als nicht zulässig angesehen hätte. Also ganz nach der Auffassung, die in der Zeit des ignahm ge che galt, heute aber nicht mehr durch ein solches gestützt wird. ebrigens ist es interessant, daß der Herr Kommissar heute zugegeben hat, daß in Hamburg eine Bordell⸗ wirtschaft besteht. Früher hieß es immer, es gebe in Hamburg im polizeitechnischen. Sinne keine Bordelle. Sonst aber haben wir heute wobl Wichtigeres zu tun, als auf die Ausführungen des Ham⸗ burger Vertreters näher einzugehen. Die Flut der Resolutsonen und Anträge zeigt, daß unsere 3 Millionen auf Sie (rechts) ge— wirkt haben. Sie haben jetzt das allgemeine Wettrennen veranstaltet mit sozialpolitischen Anregungen, Wir halten dem gegenüber unsere Anträge aufrecht und ziehen sie nicht zurück, wie es Herr Trimborn verlangte, schon um zu zeigen, wie unsere Anträge sich von der Pflaumenbrühe unterscheiden, die Sie den Arbeitern vorsetzen. Sie wollen uns jetzt beweisen, daß Sie eigentlich die Väter der So zial⸗ reform sind. Vergebene Mühe Sogar die Kaiserlichen Erlasse von 1850 sprechen davon, daß in die Sozialreform des Staates die⸗ jenigen Forderungen übergeführt werden sollten, über welche die Arbeiter unter . selbst schon Verhandlungen gepflogen haben; also auch hier wird den Arbeitern die Priorität zugesprochen. Ich unter= schreibe nicht die kleinliche Auffassung des Fürsten Bismarck, daß die k nur ergangen selen, um der Sozialdemokratie den Wind aus den Segeln zu nehmen; es ist gar nicht nötig, diese Erlasse damit zu erklären. Wir haben stets mit Stolz darauf hingewiesen, daß Deutsch⸗ land eine bessere Arbeiterschutzgesetzgebung hat als andere Länder. Aber wir haben auch mit ähnlichem Stol; immer hervorgehoben, daß Deutschland die entwickeltste Sozialdemokratie hat; aus dem letzteren erklärt sich das erstere. Graf von . hat eine Lobrede auf die Monarchie gehalten, die den Arbeitern am meisten gerecht werden kann. Das ssimmt doch wohl nicht, wenn zugleich Herr von Hammer⸗ stein im preußischen Abgeordneten hause das Treiklassenwahlsystem als das idealste Wahlrecht hinstellt. Dem Staatssekretär kann ich darin nicht beistimmen, daß auch in der Republik die Geldaristokratie

zur Herrschaft käme. Er meinte auch; „Besitz berechtige dazu, in der Regierung vertreten zu sein Das werden sich die Arbeiter merken und zur richtigen Zeit darauf antworten.

Die Herren vom Zentrum krebsen von neuem mit der Legende, daß die Sozialreform vom Erzbischof von Ketteler von Mainz auf⸗ gebracht worden sei. Da befinden sie sich auf dem Holzwege. Ketteler hat sich allerdings mit der Sozialreform beschäftigt, aber zeitlich nach Lassalle und im Anschluß an Lassalle; er hat diesen soga brieflich um Rat gefragt, wie er auf dem Wege der Lösung sozialer Probleme weitergehen könne, von denen er nicht mehr verstehe als man mit gesundem Menschenverstande dabon begreifen könne Seit sich das Zentrum mit Sozlalreform beschäftigt, befindet es sich im Schlepptau der Sozialdemokratie, und alle seine Anträge sind nm verdunnte Uufgüsse unserer Anregungen, Ketteler war ein Vertrete kirchlicher Sozialpolitik. Schon 1848 haben die Arbeiter in de ersten Berliner Arbeiterparlament den Zehnstundentag gefordert, un zwar vor Herrn von Ketteler, der erst im Oktober 1848 öffentlich auftrat. 1867 versuchten Fritzsche und Hasenelever, Anträge eins bringen, fanden aber nicht die Unterschriften der Linken, und die Anträg konnten nicht einmal gedruckt werden, Das Zentrum kam, obwoh es schon mindestens seit 1873 dazu Gelegenheit hatte, erst 1877 mi jenem von ihm so gepriesenen Antrag Galen, der aber auch m kam, damit es schiene, als ob etwas getan worden sei. Das Zentin hat sich seitdem durchaus gleichmäßig verhalten; es hat sich zögernd; einigen Konzessionen verstanden, mit Rücksicht auf die Wahlen brachte kurz vor Toresschluß, am letzten Mai, noch den Antrag auf Einführung de allgemeinen Zehnstundentages ein, von dem jetzt keine Rede mehr is Es ist dem Zentrum are eat mit diesen Bingen nicht Ernst; den wollte es ernsthaft eine oder die andere der Forderungen dieser 13 An träge durchsetzen, so wäre für das Zentrum nichts leichter. Aber di Regierung weiß, daß hinter dem Blendfeuerwerk, welches das Zentrum macht, kein Ernst steckt Wenn Sie (jum Zentrum) Ihre Anträge nu als Scherz auffassen und damit nur nach außen wirken wollen, so müsse wir mit Ihnen Fraktur reden. Unter dem Eindruck des Crimmitschau Ausstands und der sozialdemokratischen Erfolge bei den Wahlen babe Sie sich veranlaßt gesehen, jetzt einige Anträge mehr zu stelle Herr Erzberger meint, wir wären unter uns selbst uneinig un wüßten nicht, was wir wollten, denn Herr Schippel sei z. für Agrar lle eingetreten. Herr Erzberger wird in dieser seint Ansicht allerdings unterstützt durch den Bericht des Vorwärt über die Versammlungsrede des Kollegen Schippel am Dienstag,! der dieser sich allerdings in Widerspruch mit seinem Protest geg die Wucherpolitik und mit seinen Abstimmungen gegen die Agrar l ausgesprochen hat. Meine Freunde können nicht verstehen, wie de Abg. Schippel zu solchen Anschauungen kommt, vorausgesetzt, daß d Bericht deß „Vorwärts zuverlässig ist. Unfere Partei steht aber nm wie vor auf demselben Boden. Herr Gamp meinte, es sei richtiger, Protokolle des Dresdener Parteitags zu verhreiten, als die Reden de Reichskanzlers gegen die Sozialdemokratie. Damit können wir einde standen fein, wir würden sogar gern einen Zuschuß aus der Partt kasse leisten, um diese Verbreitung möglichst umfangreich zu macht Wenn unsere Vertrauenzleute in Dresden über den Weg gestrin haben, welcher der rechte ist, so wissen die Arbeiter, die win be freten, sehr gut, daß es sich dabei nur um die Lösung der Fra handelt, wie den Arbeitern am erfolgreichsten zu helfen sei. Vn wir etwa bei den Nachwahlen Mandate verloren? (Zuruf rechts: Ib Stimmen!) Na, Sie (rechts) haben dabei mehr verloren. wir. Unsere Partei verfolgt nach wie vor das Ziel der Beseitisn der kapitalistischen Produktionsweise. In diesem Ziel ist sie in im geringsten schwankend geworden. Verbreiten Sie also imme das Dresdener Protokoll; wir sind es sehr zufrieden. Die ih die Herr Gamp von der Höhe der Dividende der oni und Laurahütte und den Aufwendungen für Wohlfahrtseinrichturn angab, treffen für 1902 absolut nicht zu. (Zuruf des Abg. Gan 196511) Jene Aufwendungen erreichen auch nicht entfernt die Höhe Dividende. Herr von Heyl hat über die Tätigkeit des früheren ll Ullrich und seine Steueranträge im ben ge, Landtage Behauytunß aufgestellt, die wider besseres Wisfn aufgestellt sind. (Der Präside untersagt dem Redner diesen gegen die Ordnung des Hauseß n stoßenden Ausdruck) Die Steuerskala, die Ulrich beantragte, von dem Regierungsvertreter mißverständlich aufgefaßt worden tit längst klargeftellt. Daß, wir die Stimmen aller deutschen ibo besitzen, haben wir nie erklärt, wohl aber, daß wir die Interessen⸗ Arbeiter vertreten. Nun hält uns Herr von Heyl die national Rrbeiter von Neuseeland, Amerika und England als Muster pon, herrschenden Klassen sind in Amerika, England, Frankreich benso ufrieden mit den rbeitervereinigungen als Sie mit uch dort werden Polizei, Gendarmen und Truppen gegen sie m gemacht, wenn ihre Bestrebungen lästig werden. Redner wenden dann den Berichten der . zu, die er eingehend kritiñ Sodann wendet er sich der Frage der freien Arztwa Meinungen darüber seien in der Partei verschieden; fei für die freie Arztwahl. Es handle sich hier nicht um politische Frage, sondern um eine Frage der ; wendigkeit. Nur konservative und nationalliberale diejenigen ihrer Kollegen in Verruf zu bringen, die n ihnen gehen. Diejenigen Aerzte, die sich heute zusammen an und ihre Ärbest nicht unter einem bestimmten Preise cen 1 wollten, seien nicht mit Arheltergewerkschaften. zu ber n sondern mit Milchringen usw. Was verständen die Aerzte eig unter freler Arztwahl? Als man darunter verstehen wollte,

Arbeiter auch Naturärzte wählen könnten, da wollten die Medizin⸗ äarzte nichts dapon wissen. Der Kampf werde von den Aerzten in einer Weise geführt, die nicht juläffig fei, indem sie laubten, ß sie für eine verfehlle Gesetzgebung, wie es die Krankenkassengesetzgebung sei, schadlos gehalten werden müßten. Man sorge erst dafür, daß durch eine Zentralisation der Kassen, diese leistungtsäͤhlger würden und höhere Honorare zahlen könnten. Die Rede, die der freisinnige Abg. Mugdan in dieser Frage gehalten habe, zeige, welch tiefen Stand das Häuflein der Freisinnigen erreicht habe. Wie könne ein Freisinniger sagen. daß die ge⸗ rühmte Selbstverwaltung der Krankenkassen nur eine Verwaltung der Be⸗ amten sei! Es sei eine Nerdächtigung, 9h die Kassen die gutbezahlten Be⸗ amten nur anstellten, weil sie Sozialdemokraten seien. Die Kassen be⸗ kümmerten sich nicht darum, welcher Partei die Beamten angehörten; sie fiellten die an, die leistungsfählg und vertrauenswürdig seien. Sehr hedauerlich sei es, daß zwar der Reichstag Geseßze mache, aher deren Ausführung nicht überwachen dürfe, weil das andesfache sei. So blieben die Ärbeitenschutzgesetze auf dem Papier stehrn, weil die Einzelstaaten als Klassenstagten sie nicht uchtig ausführten. Das zeigten auch die Berichte der Gewerbeinspektoren, deren Zahl außerdem viel zu gering sei Die Bestimmungen über die Sonntagsruhe fänden nicht' genügende Beachtung, Der Zentralverband der Industriellen habe sogar auf eine Vermehrung der Sonntagsarbeit hin, ewirkt. Der Staatssekretär habe, neulich gesagt, kein vernünftiger

ensch könne eg den Arbeitern verdentken, daß 6 sich wirtschaftlich organisierten. Dies Geständnis sei ein Fortschritt, Um so befremylicher sei es, wenn Gewerbeaufsichtsbeamte mit den wirtschaftlich organisierten Arbeitern nicht verkehren wollten. In Crimmitschau glaube man, die Arbeiter in der brutalsten Weise unterdrücken zu dürfen durch das Verbot, dem Textilarbeiterverhbande beizutreten, oder ihm weiter anzu⸗

gehören. Darin werde man sich gewaltig täuschen. Und da wundere man sich noch daß die Klagen und Gegensätze immer mehr hervor, träten? Die Klassenjustiz in der lächerlich niedrigen Bestrafung von

Arbeitgebern, die die Schutzvorschriften unbeachtet gelassen hätten, müsse ebenfalls erbitternd wirken.

Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf

von Posadowsky⸗Wehner.

Meine Herren! Es ist heute zunächst von den Vorgängen die Rede gewesen, die bei der Krankenkasse sich in Cöln abgespielt haben; man hat die Erwartung ausgesprochen, daß ich mich über diese Vorgänge hier äußern werde. Ich muß demgegenüber darauf hinweisen, daß Artikel 7 der Reichsverfassung dem Bundesrat zwar das Recht gibt, über Mängel, welche bei der Ausführung der Reichsgesetze oder der zugehörigen Ausführungsverordnungen hervortreten, zu beschließen, und daß der Reichskanzler nach 7 der Reichsverfassung die Ausführung der Reichsgesetze zu überwachen hat; das heißt doch aber nur, daß der Reichskanzler dafür zu sorgen hat, daß die zur Ausführung der Reichsgesetze notwendigen Anordnungen in den Einzelstaaten er⸗ gehen, und daß der Bundesrat, wenn eine Landesregierung ein Reicht⸗ gesetz ungesetzlich ausführt, allerdings den Beschluß fassen kann, daß diesem Mangel abzuhelfen ist. Aber diese Bestimmungen der Reichs⸗ verfassung können nicht so ausgelegt werden, als ob der Reicht⸗ kanzler verantwortlich gemacht werden könnte für jeden einzelnen Vorgang, der unter die Reichsgesetze fällt. Und so wenig, wie wir über den Crimmitschauer Einzelfall in der Reichsinstanz ent⸗ scheiden konnten, so wenig können wir auch entscheiden über die Vor—

gänge in Cöln. Das ist zunächst eine Landessache, deswegen haben sich die Beschwerdeführer an die Landesregieruug zu

Falle, um dem es sich in Cöln handelt, ist übrigens die Entscheidung des Regierungspräsidenten gemäß dem preußischen Zuständigkeitsgesetz eine endgültige, und der preußische Handelsminister könnte nur dann einschreiten, wenn Forma⸗ litäten verletzt sind. Würde allerdings seitens einer Landes— regierung ein Reichsgesetz in grundsätzlichen Fragen falsch aue ge⸗ legt, dann würde freilich der Reichskanzler und der Bundesrat in der Lage sein, einzuschreiten und Abhilfe zu verlangen. Aber wenn eine einzelne lokale Behörde in einem Einzelfalle ein Reichsgesetz irrtümlich auslegt, so liegt deshalb für den Reichskanzler noch keine Veranlassung vor, einzuschreiten, und ebensowenig für den Bundesrat; da tritt eben die Souveränität der Landesregierung ein. Wenn wir den umgekehrten Weg gingen, würde schließlich jede Landes berwaltung unter die Kontrolle des Reichs fallen, denn jetzt sind fast alle wichtigen Gesetze Reichs gesetze, und das ist politisch und sachlich vollkommen unmöglich.

Was noch besonders den Cölner Fall betrifft, so hat auch der preußische Herr Handelsminister noch keinen Bericht über den Sach⸗ verhalt, und man kann denselben überhaupt erst beurteilen, wenn der Bericht des zuständigen Beamten, d. h. des Regierungspräsidenten, vorliegt.

Es ist ferner die Frage der Kartelle berührt; man hat verlangt, daß man die Kartellenquete so führen soll, daß zwangsweise die Vor⸗ steher der Großindustrien verhört und zeugeneidlich vernommen werden könnten. Die Frage, ob der Kartelluntersuchung eine Verwaltungßmaß⸗ regel zu Grunde zu legen oder ob diese ganze Umfrage auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen sei, ist in den Vorverhandlungen eingehend be⸗ sprochen worden; man hat sich aber für den ersteren Weg entschieden. Der Zweck der Kartelluntersuchung ist ja hauptsächlich der, eine Aus⸗ sprache herbeizuführen zwischen beiden Teilen, zwischen den Kartellen als Verkäufern und ihren Abnehmern, und es hat sich bei dem

wenden. In dem

bisherigen Verfahren gezeigt, daß diese Umfrage und mündliche Verhandlung ganz außerordentlich lehrreiche, nützliche Resultate

geliefert hat. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen.) Außerdem dürfen die Herren, die diese Forderung des Zwangs verhörs stellen, nicht vergessen, daß schon nach der Prozeßordnung niemand gezwungen werden kann, Auskünfte zu erteilen, die ihm zum Schaden gereichen würden, oder über Geschäftè⸗ und Fabrikgeheimnisse. Jedenfalls hätte also, wenn man die Umfrage über die Kartelle auf einen gesetzlichen Boden stellte, den Unternehmern dieser Schutz der Zivil⸗ prozeßordnung nicht genommen werden können. Den Zweck also, unter allen Umständen alles zu erfahren, jede geschãftliche Maßregel eines Kartells, hätte man auch mit einem Gesetz kaum erreichen können. Im übrigen haben wir vielfach auch Bücher und Verträge eingesehen. Ich glaube, daß das, was bisher geliefert ist, doch eine ausgezeichnete Grundlage für eine gerechte und leidenschaftslose Beurteilung der Kartellfrage überhaupt bietet.

Was die Gewährung von Tagegeldern und Reisekosten an die Sach verstandigen betrifft und an diejenigen Unternehmer, welche im Reichsamt des Innern gehört werden, so sind wir davon ausgegangen, daß es sich bei der Untersuchung nicht so sehr um ein staatliches Interesse handelt, wie um ein Interesse der beteiligten Kartelle und Gewerbetreibenden. Wenn aber eine solche Forderung gestellt ist, dann wurde sie auch stets erfüllt.

Die Berichte über die Verhandlungen werden ja bekanntlich im Reichsanzeiger! veröffentlicht. Der Reichs anzeiger! aber nimmt für diese Veröffentlichung keineswegs irgend ein Autorrecht für sich in An

spruch. Es sind von einer Berliner

Wenn getadelt wurde, daß ein z den einzelnen Umfragen über die ve

schrift über ihre Industrie vorlegen.

wie das Kartell in der Eisenindu Vereinigungen,

verschiedenen Betrieben angefragt, in stehen.

vorzubereiten.

eine Schande, werde. sinne mich noch der Zeit, wie man

Polen nannte, das mit Entschiede sei ein Preuße, ein Schlesier. 600 Jahren von

wir werden deshalb im Notfall alle

energisch wehren. (Bravo! rechts.)

kanzler ich glaube, pon , Wasserpolacken . gesprochen hat

allgemein Wasserpolnisch' nennt. dorbenes Polnisch.

etwa geändert haben; aber aus der habe, weiß ich, es war ein P Wörtern. Sehr häufig wurde ein man das deutsche Wort mit einer

das Wasserpolnisch spricht, ist eine und gäbe ist.

Frage, die heute an mich gerichtet ist worten. Ich ergreife aber die Gele sidenten zu erklären, daß ich nunme Interpellation Rede und Antwort z

gegen ihre Nebenmenschen.

keit um Ecken jagen sehen, daß es

zu reiten oder zu fahren, weil man blick ein Automobil angerast kommt, losigkeit mancher Liebhaber, und M Gefahr bringt. (Sehr richtig!) Ich glaube, diese Frage wird In England ist sie bereits verhande betreffende englische Gesetz schon erl

reits Grundlagen im Reichsamt de

die Grundlage bilden für übereinstir Denselben Weg babe ich bezüglich

Auf einem ganz anderen Gebie privatrechtliche Bestimmungen erlä

zu beantworten sein würde. Aber

mobilbesitzer oder Fahrer richten, oder Geschäftsverkehrs die Aufmerk

ihren Nebenmenschen schuldig sind.

künstlerische Verlagsrecht aufgestell

soll. Alle diese Gesetze hängen so wie ich glaube, man gut tun wird,

zur Beratung vorzulegen.

allerdings die Kartellberichte in Buchform veröffentlicht worden. Damit hängt die Verwaltung des Reichsanzeigers' nicht zusammen, und weder ich noch diese Verwaltung kennen den Vertrag, der zwischen dem Verleger und Drucker über dies Buch geschlossen ist. in dieser Beziehung keine Auskunft erteilen.

liege, so dürfen die Herren nicht vergessen, daß wir für jede einzelne Verhandlung sehr umfangreiche statistische Vorarbeiten machen und daß wir in der Regel sämtlichen Interessenten eine vollständige Denk

ist, will ich Ihnen an einem Beispiel vorführen. Um festzustellen,

die bestehen, auf die einzelnen Zweige der Eisen⸗ industrie wirken und mit ihnen zusammenhängen, haben wir bei 3400

schäftsverbindungen sie mit anderen Daraus mögen Sie ersehen, was für Arbeiten gemacht werden müssen, um die mündlichen Verhandlungen

Herr Abg. Korfanty ist dann auf kommen, und er hat, wenn ich recht gehört habe, sogar erklärt, es wäre daß von der Regierung eine solche Politik unterstützt Herr Abg. Korfanty, ich kenne Oberschlesien auch, und ich ent⸗

Bewegung kannte, und wo ein Oberschlesier, wenn man ihn einen

der ehemaligen polnischen Krone abgetrennt, und die preußische Regierung kann es unter keinen Umständen dulden, daß Oberschlesien auch zum Schauplatz einer großpolnischen Agitation werde. Ich kann dem Herrn Abg. Korfanty sehr ernstlich versichern,

wegung setzen, um zu verhindern, daß Oberschlesien platz großpolnischer Agitation ausbildet. (Bravo! rechts) Das ist ein Akt der Staatserhaltung, da werden wir uns sehr nachdrücklich, sehr

Der Herr Abgeordnete hat auch getadelt, daß der Herr Reichts⸗ es war im preußischen Abgeordnetenhause

stätigen, daß man das Polnisch, was in Oberschlesien gesprochen wird, (Sehr richtig!) Ich weiß jetzt nicht mehr ich bin sehr lange nicht mehr in Schlesien gewesen ob sich jetzt die

man denjenigen Teil der Bevölkerung „Wasserpolacken“ nennt, welcher

Es ist auch die Frage des Automobilverkehrs berührt worden. Ich glaube, wir alle haben empfunden, daß, Automobil ist, und so sehr die ausgezeichnete deutsche Automobilindustrie es verdient, unterstützt zu werden, so muß doch dieses Verkehrsmittel allen denen, die sich desselben bedienen, (Sehr wahr!) Automobile mit einem Leichtsinn, kann ich sagen, mit einer Schnellig⸗

ein Unfall passierte (sehr wahr), und ich glaube deshalb auch, daß gegen solchen Mißbrauch etwas geschehen muß. kenne Gegenden in Deutschland, wo es jetzt geradezu gefährlich ist,

folgendermaßen vorzugehen. Ich habe über den Automobilverkehr be⸗

Inhaber oder Führer von Automobilen. eine Frage sein, die meines Erachtens beim Etat des Reichs justizamts

Sport oder bei ihren Fahrten auszuüben, die sie meines Erachtens

Was das Photographiegesetz betrifft, so kann ich darauf erklären, daß der Entwurf desselben im wesentlichen festgestellt ist. der Entwurf eines Kunstschutzgesetzes so weit gefördert, daß demnãchst kommissarische Verhandlungen stattfinden können. auch im Reichsjustizamt der Entwurf über das photographische und

beiden oben erwähnten Schutzgesetzen gemeinschaftlich bebandelt werden

und einer österreichischen Firma

Ich kann also

iemlich langer Zeitraum zwischen rschiedenen Industrien dazwischen

Wie zeitraubend diese Arbeit

strie wirkt, wie die einzelnen

welchen Vereinigungen und Ge⸗ Zweigen der Eisenindustrie erhebliche statistische

die oberschlesische Frage ge⸗

in Oberschlesten keine polnische

nheit ablehnte und erklärte, er Oberschlesien ist seit über

Mittel der Gesetzgebung in Be— sich zum Schau⸗

Jeder Schlesier wird mir be⸗ Es ist ein ver⸗

Verhältnisse Zeit, wo ich in Schlesien gelebt olnisch, verquickt mit deutschen Wort nur dadurch gebildet, daß polnischen Endung versah. Daß

Wendung, die in Schlesien gang

Wenn der Herr Reichskanzler diesen Ausdruck benutzt hat, so glaube ich, hat es ihm vollständig fern gelegen, damit irgend einen ehrenrührigen Begriff zu verbinden Untertanen, die das Wasserpolackisch sprechen, zu verletzen. den Ausdruck nur gewählt, um ihr polnisches Idiom zu bezeichnen. Was die Frage der Anerkennung der Berufevereine betrifft eine

und diejenigen deutschen Er hat ͤ

so kann ich sie jetzt nicht beant⸗ genheit, hiermit dem Herrn Prã⸗ hr jederzeit bereit bin, auf diese u stehen.

so nützlich auch das

auch Rücksichten auferlegen Ich habe hier in Berlin

ein reiner Zufall war, wenn nicht 1

(Sehr richtig! Ich

nicht sicher ist, daß jeden Augen⸗ geführt mit der vollen Rücksichts· enschen und Gefährt in die größte

würden vielleicht auf

sehr eingehend verfolgt werden. lt, und soviel ich weiß, ist das assen. Zunächst beabsichtigen wir,

s Innern ausarbeiten lassen, und

diese Grundlagen sollen durch übereinstimmenden Bundesratsbeschluß

nmende Landespolizeiverordnungen. des Verkehrs der Zweiräder ge—

/ wählt. Auch der Zweiradverkehr soll einheitlich für Deutschland ge⸗ regelt werden im Wege übereinstimmender Landespolizeiverordnungen. Dieser Entwurf liegt bereits dem Bundesrat vor. daß in diesen beiden Beziehungen hiermit der erste Schritt getan ist.

Ich glaube also,

te liegt es aber, ob man besondere

Ft, betreffend die Haftpflicht der (Sehr richtig) Das würde

bis diese Fragen geordnet sind,

möchte ich auch an dieser Stelle den dringenden Wunsch an die Auto⸗ im eigenen Interesse ihres Sport⸗

samkeit und Rücksicht bei ihrem (Sehr wahr! Sehr richtig!)

Ebenso ist Inzwischen ist aber t worden, der demnächst mit den

eng miteinander zusammen, daß, sie auch gleichzeitig dem Reichstage

meine Herren, ich bin durchaus dafür, daß man möglichst Brot zu ich bin auch der Ansicht, daß man den Frauen nicht erschweren soll, öffentlich ihre vertreten. einen Gesetzentwurf vorbereitet, in tretung ihrer Interessen weiterer Spielraum gewährt werden soll,

Abg. Wum erklärt, ausdrücklich Bezug auf Forderungen, die die internationalen Arbeiter ˖

Der Herr Abg. Müller⸗Meiningen hat die Verordnung über die

Beschäftigung von Steinhauern berührt und namentlich ein Erkenntnis angeführt, wonach es für zulässig erklärt worden sein soll, daß Steinhauer, nachdem sie ihre neunstündige Arbeit beendet haben, noch mit anderen Arbeiten beschäftigt werden. richtig. Der Sinn solcher Arbeiterschutzbestimmungen ist doch der, daß man annimmt, daß eine gewisse Beschäftigung so gefährlich, so nervenangreifend, so gesundheit sschädlich ist, daß der Mann überhaupt eine solche Arbeit nur eine bestimmte Zeit verrichten kann, und daß er in der Regel seine Kräste dann so weit verbraucht hat, daß er ohne Schädigung seiner Gesundheit nicht mehr in der Lage ist, andere Arbeiten zu verrichten. festgesetzt ist, ist ganz unzweifelhaft eine solche, die es ausschließt, daß der Mann dann noch mit anderen Arbeiten beschäftigt wird. hygienischer Arbeitstag festgesetzt worden ist, und der Arbeiter darf dann noch über diese Zeit mit andern Arbeiten beschäftigt werden, so ist das in den betreffenden Bundesratsverordnungen immer zum Aus⸗ druck gekommen. Gummiwarenfabriken, wo auch bestimmte Arbeitszeiten festgesetzt sind, in denen Arbeiter mit den sogenannten Vulkanisierungsarbeiten be⸗ schäftigt werden dürfen. Da ist aber ausdrücklich gesagt, daß nach Ablauf dieser Frist der Arbeiter noch mit anderen Arbeiten beschäftigt werden kann. Das ist aber hier bei der Verordnung für den Stein⸗ hauerbetrieb nicht der Fall.

Ich halte diese Auslegung nicht für

Diese Frist, die in jener Verordnung

Wo ein

Ich erinnere nur an die Verordnung für die

Herr Abg. Dr. Müller⸗Meiningen hat dann noch besonders auf

die Bearbeitung des sogenannten Keupers hingewiesen und auf die Schwierigkeiten, auf dem Bau selbst die feineren Facettierungen unter Dach und Fach auszuführen. verbandes aus Nürnberg und Fürth liegt dem Bundesrat bereits vor, und die Königlich bayerische Regierung wird im Bundesrat Gelegen⸗ heit haben, dazu Stellung zu nehmen.

Die betreffende Petition des Innungs⸗

Ja, den Frauen Leben ihr

zu machen, und

Auch die Frauenfrage ist heute wieder berührt worden

viel Gelegenheit gibt, sich selbst im erwerben und sich so selbständig

Rechte in bezug auf die Ausübung ihres Berufs zu Der Herr preußische Minister des Innern hat ja bereits dem den Frauen zur Ver⸗

aber verzeihen Sie mir ich werde mir vielleicht die Feindschaft sehr vieler Frauenkreise dadurch zuziehen —, wenn ich sage, von der Politik sollten die Frauen ihre Hände fortlassen (sehr gut), und sollten sich bei ihrer öffentlichen Tätigkeit tatsächlich nur auf das beschränken, was in ihrem Beruftinteresse liegt. sein, das liegt meines Erachtens außerhalb des Berufs der Frauen

Politisch agitatorisch tätig zu (sehr richtig), und das zu unterstützen, dazu werden die verbündeten Regierungen sich nicht herbeilassen.

Ich möchte hier an eine allgemeine Bemerkung kurz an— knüpfen. Ich höre so oft aus dem Reichstage, die verbündeten Regierungen sind rücksichtslos gegen das hohe Haus. Jedes Jahr würden dieselben Anträge gestellt, und die verbündeten Regierungen gäben ihnen nicht statt. Ja, meine Herren, Sie stellen doch aber sehr viele Anträge, von denen Sie mit ziemlicher Bestimmtheit wissen, daß sie auf Zustimmung der verbündeten Regierungen nicht zu rechnen haben. Nun stehen doch Reichstag und Bundesrat un⸗

zweifelhaft vollkommen gleichberechtigt da (sehr wahr! rechts), und

wir legen in der Regel keine Gesetze vor, von denen wir nicht einige begründete Aussicht haben, daß sie die Zustimmung des boben Reichstags, wenn auch vielleicht in veränderter Form, finden. Wenn wir nun ebenso vorgehen würden und fortgesetzt Gesetze vorlegten, von denen wir wissen, daß sie die Zustimmung des hoben Hauses nicht finden werden, dann würden wir ganz dasselbe Recht zu der Be⸗ schwerde haben, der Reichstag sei rücksichtslos gegen die verbündeten Regierungen, wir legten jedes Jahr dieselben Gesetze vor, die der Reichstag jedes Jahr ablehne. Ich möchte also bitten, die Frage einmal von diesem Gesichtswinkel aus zu betrachten. Ich kann Ihnen auch zugesteben, in einem Staate der Freizügigkeit wie im Deutschen Reich wäre es sehr wünschenswert, daß wir ein Reichs vereinsgesetz bätten. Warum legen wir ein solches dem hoben Hause nicht vo.? Weil wir glauben, daß dieses Gesetz eine Gestalt be—⸗ kommen würde, die die Zustimmung der verbündeten Regierungen nicht finden könnte. Würde sich das hohe Haus in seinen Forde⸗ rungen gegenüber den verbündeten Regierungen bisweilen mehr be⸗ schränken, dann könnten wir beiderseits bessere Geschäfte machen und manchen Gebieten sehr viel schneller pvotwärts kommen.

Gegenüber meinen Ausführungen vom letzten Montag über die Sozialpolitik, namentlich in den monarchischen Staaten, bat der Herr die Allerhöchste Botschaft von 1891 nehme ja

vereine bereits verhandelt hätten. Ich habe allerdings erklärt, daß die Allerhöchste Botschaft die Grundlage der Sozialpolitik in Deutschland

ist, und hierzu bat zu meiner Freude der Herr Abg. Wurm beute er- 7

1

klärt, daß wir allerdings in Deutschland sozialpolitisch weiter sind wie irgend ein anderer Staat“, was Sie bisher immer bestritten kaben. (Widerspruch links Deute haben wir das vollgültige Zeugnis dafür erhalten, und man muß so etwas festlegen. (Sebr gut! rechts) Ich habe aber bei meinen Aus. führungen nicht an die Allerhöchste Botschaft von 1890. sondern an die von 1881 gedacht, wo die Krankenversicherung, die Unfallversiche · rung und die Invalidenversicherung zuerst angeregt wurde, und da stebt noch nichts von den Verhandlungen internationaler Arbeiter verbände darin. Diese Botschaft ist allerdings die Grundlage der Sozialpolitik, von der beute anerkannt ist, daß sie an der Spitze der Sozialpolitik der ganzen Welt marschiert.

Wenn dann der Herr Abg. Wurm meine Aeußerungen über das aristokratische Regiment kommentiert bat, so bat er das Sach verhältnis, wie ich es dargestellt babe, etwas verschoben. Ich babe erklärt, daß auch in einem monarchischen Staat Auswüchse der Pluto— kratie vorkommen können. Daß schnell wachsender Reichtum für einen Staat große sittliche Gefahren mit sich fübrt, weiß man anderwãrts schon längst, und auch für Deutschland sind gewiß mit dem wachsenden Reichtum ethische Gefahren verbunden. Ich babe aber ferner bebauptet, Auswüchsen der Plutokratie entgegenzutreten, ist eber möglich und geschiebt viel mebr in der Monarchie als in der republikanischen Staatsform, und ich babe ferner erklärt, daß jede Regierungeform in der ganzen Welt, wo et zwwilisierte Staaten gibt, aristokratischen

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