der Hoffnung, daß in künftigen Jahren noch mehr Vertreter seiner , . ein eschlagen worden.
besondeten Richtung hier anwesend sein würden. Diese großpolnische Richtung ist es ja eben, Herr Abg. Korfanty, die wir bekämpfen; es gibt nun einmal auch in der Geschichte abgelaufene Prozesse, und in der Geschichte Schlesiens ist die polnische Bewegung und der Polonis— mug unzweifelhaft ein abgelaufener Prozeß. (Sehr richtig! rechts) Schlesien ist seit 600 Jahren von der früheren Krone Polens geteilt, und wir können unter keinen Umständen dulden, daß dieses für uns so wichtige Grenzland Oberschlesien, was eingekeilt liegt zwischen der Provinz Posen und Galizien, zum Schauplatz einer großpolnischen Agitation im Sinne des Herrn Abg. Korfanty wird. Ein Staat, der das dulden wollte, würde die innere Kraft verloren haben, die allein ihm das geschichtlichte Recht zur Existenz gibt. (Bravo! rechts und bei den Nationalliberalen Der Herr Abg. Korfanty kann sich darauf verlassen: er tut seinen heimatlichen Interessen keinen Dienst, wenn er solch bedenkliche Reden hier im Reichstage hält.
Der Herr Abg. Korfanty hat mich auch gefragt, ob ich nun nicht auf seine Beschwerden hier antworten wolle. Nein, Herr Abg. Korfanty, das werde ich nicht tun (sehr gut! rechts; Lachen links), weil der Deutsche Reichstag nicht der Platz ist, um diese Frage zu erörtern, sondern das preußische Abgeordnetenhaus, und solange Sie nicht einen Vertreter im preußischen Abgeordnetenhause haben, müssen Sie eben darauf verzichten, in der gesetzgebenden Versammlung von der Regierung eine Antwort zu erhalten auf Beschwerden, die die Regierung für un⸗ berechtigt hält. (Brabo! rechts.)
Abg. Stücklen (Soz) verlangt ein einheitliches Vereins! und Versammlungsgesetz um den Auslegungskünsten und Schikanen der Polizeibehörden ein Ende zu machen, vor allem in Sachsen⸗Altenburg, wo der Minister von Borries gesagt habe, über dem Koalitionsrecht stehe das Recht der Bürger un Ruhe und Ordnung. Ihn, Redner, hätten die altenburgischen Behörden, das Gericht und der Minister als einen aufreizenden Redner bezeichnet, ohne dafür Zeugen erbringen zu können, und Versammlungen verboten, in denen er auf, treten wollte. Ein Beamter habe eine Versammlung aufgelöst auf Grund des a,, das längst aufgehohen sei. Aehnliche Kuriosa seien in anderen Orten bie n f vorgekommen, was kein
Gendarmen vergegenwärtige. Dieser müsse natürlich jede Kritik des Militarismus als Aufreizung ansehen. ie solle ein Gendarm die Grenzen zwischen Politik und Wirtschaft ziehen? Die Versammlungt⸗ verbote der Königlich sächsischen Regierung während der Wahlzeit kämen auf eine Bevorzugung der bürgerlichen Partei hinaus. Eine Versammlung sei verboten worden, weil vom Nebenhause Minder⸗ jährige hätten zuhören können. Sogar hinter einer Hecke hätte man Minderjährige vermutet und deshalb die Versammlung verhoten. Ginem Gastwirt sei die Berechtigung aberkannt worden, seine Gast— wirtschaft „Zum Deutschen Kaiser' zu nennen, weil er eine sozial. demokratische Versammlung darin habe abhalten lassen. Da könne man wirklich von einem Königlich sächsischen Chinesenzopf reden. Redner kritisiert schließlich das Versammlungsverbot im Altenburgischen für die Crimmitschauer Arbeiter. ö Bevollmächtigter zum Bundesrat, Herzoglich sächsisch alten burgischer Staatsminister von Borries: Die Leere des Hauses könnte dem Vorredner zeigen, daß das Haug an altenburgischen An⸗ gelegenbeiten kein großes Interesse hat. Diese Dinge gehören auch ar nicht hierher. Da ich aber zufällig hier anwesend bin, so will ö antworten. Die Verordnung über daz Sammelwesen in Ver— sammlungen ist nicht erlassen zur Bekämpfung der Sozialdemokratie, sondern ganz allgemein, weil das Sammelwesen überhand genommen batte. Es durfte nicht an einem fremden Orte für die Crimmitschguer Arbeiter gesammelt werden. Daß im September vorigen Jahres ein Not⸗ stand in Crimmitschau nicht bestand, hat der weitere Verlauf der Sache ergeben. Wir haben allerdings geglaubt, daß Herr Stücklen, der außer⸗ halb Altenburgs als Agitator bekannt war und ein ziemliches Re⸗ gister von Vorbestrafungen aufwies, aufreizend reden würde. Später haben wir uns überzeugt, daß er diese Gabe doch nicht in dem Grade besitzt, und seine Versammlungen sind nicht verboten worden. Zu Weihnachten sind allerdings Versammlungen Crimmitschauer Arbeiter in Altenburg verboten worden, weil die Bewegung einen ernsthafteren Charakter angenommen hatte. Vorher waren Versammlungen zu⸗ gelassen, die sogar von 3000 Arbeitern besucht waren. Den von mir ausgesprochenen Satz: Höher als das Versammlungsrecht und das Koalitions recht steht das Recht der ruhigen Bürger auf Ordnung und Sicherheit, muß ich in vollem Umfange aufrechterhalten. Ruhe ist das erste Bürgerrecht. Bevollmächtigter zum Bundesrat, Königlich sächsischer Geheimer Rat Dr. Fischer:; Auf die einzelnen Fälle des Versammlungsver⸗ bots in Sachsen bedauere ich nicht eingehen zu können. Ich habe schon im vorigen Jahre erklärt, ich nehme an, diese Frage ist so ein⸗ gehend hier erörtert worden, daß ich es ablehnen muß, mich nochmals darauf einzulassen. Ein ehrlicher Mann hält sein Wort; da aher der Abg. Stücklen neu im Hause ist, darf ich ihn auf diese meine frühere Grklãrung verweisen. i Abg. Stolle (Soz.) erklärt es für seine Ehrenpflicht, auf die schweren Angriffe, die gegen die Crimmitschauer Arbeiterschaft erhoben worden wären, zu antworten. Der Geheime Rat Dr. Fischer habe die ausgesperrie Arbeiterschaft für die Ausschreitungen in Crim⸗ mitschau verantwortlich gemacht; das sei eine grobe Unrichtigkeit. Der Geheime Rat Dr. Böhmert habe sein Zeugnis dafür ab⸗ gelegt, Laß nicht von den Arbeitern, sondern von den Unternehmern der Friede gestört, die schlimmen Zustände verschuldet worden seien. Mit diesen Verdächtigungen der Crimmitschauer müsse er trotz der späten Stunde eine Generalabrechnung halten. Nicht die Sozialdemokratie habe den Streik geschürt; der Streik sei eine reine Priwatsache der Crimmitschauer Arbeiter gewesen. Redner führt dann ein sehr umfangreiches Material von Vorkommnissen wor, die beweisen sollen, wie weit gerade der Terrorismus der Fabri⸗ kanten und die Mitschuld der Polizeiorgane, namentlich der Gendarmen, fühlbar gewesen sei. Ausführlich behandelt er das Vorgehen ber Crimmitschauer Fabrikanten gegen eine Trikotagenfabrik, die längst den zehnstündigen Arbeitetag in ihrem Betriebe eingeführt hätte. Gegen diese Fabrik habe der Fabrikantenverein den unerhörtesten Terrorlsmus ausgeübt, Davon habe aber der Geheime Rat Fischer nichts erzählt, davon sei ihm vielleicht auch nichts berichtet worden. Gin Fabrikant be Arbeiter auf offener Straße 2 elt, der Prozeß MJ webe uchi der Klassenjustiz, die in Sachsen herrsche, werde der Schläger wo l limpflich davonkommen. Redner polemisiert dann gegen die neulichen e,, l, des Abg. Lehmann, der auch die Handlungsweise der sächsischen Regierung gebilligt hätte. Die sächsische ve n hätte ihrem Ansehen besser gedient, wenn sie in diesem wirtschaftlichen Kampf eine reserpiertere Stellung eingenommen hätte. Mit pile der Gendarmen hätten die Fabrikanten gesingt, moralisch aber sel der Sieg auf seiten der Crimmitschauer Arbeiter und der deutschen Arbeiter, die ihnen geschlossen ihre tatkräftige Unterstützung gewährt ãtten.
Wunder sei, wenn man sich den . eines überwachenden
Bevollmächtigter zum Bundesrat, Königlich sächsischer Geheimer Rat Dr. Fischer. Ich las einmal in einem Zeitungsbericht: Nach dem Abg. Siolle kam der Geheime Rat Fischer. Vat i so sch wie das Amen in der Kirche. Ich 31 nar kurz erwidern. Ich schitze Herrn Geheimrat Böhmert sehr Hoch, ich habe mit ihm in freier Liebestätigleit zusammen gearbeitet. Herr Höhmert ist pen⸗ stonierter Heamter und nur als Privatmann nach Grimmitschau ge—
Er sst zu solchen Arbeit willigen gekommen, die nicht bedrängt wochen sind; datz wöibe legt meine Behauptungen nicht. Herr Stolle
Arbeitswẽöilligen jene Taten nicht verübt ächsischen Klassensustiz muß ich entschieden zurückweisen, Redner stellt ö . n n. des Abg. Legien über den Crimmitschauer Streik richtig.
mitschau an, die den Terrorismus der Arbeitgeber gegen die Arbeiter beweisen sollen.
fanty, Dr. David und Bebel wird der Titel 1 „Gehalt des Staatssekretärs“ bewilligt und gegen 8 Uhr die weitere Beratung des Etats des Reichsamts des Innern auf Montag 1 Uhr vertagt.
an Te / e . — *
Natürlich bleiben die Täter nicht stehen,
- s ist doch klar, daß die Arbeitgeber und is die Polizei kommt; aber e ist doch i abdeß .
Abg. Stolle führt eine Reihe don weiteren Fällen aus Crim⸗
Damit schließt die Diskussion. Nach persönlichen Bemerkungen der Abgg. Wurm, Kor⸗
Prenszischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
12. Sitzung vom 6. Februar 1904, 11 Uhr.
Ueber den Beginn der Sitzung ist in der vorgestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden. ;
Das Haus setzt die zweite Beratung des Staatshaus⸗ han e ke für das Rechnungsjahr 1904 im Etat der landwirtschaftlichen Verwaltung bei den dauernden Ausgaben für Tierärztliche Hochschulen und Veterinär⸗ wesen fort.
Auf die Ausführungen des Abg. Hackenberg (nl.) er⸗ widert der
Minister für Landwirtschaft ꝛc. von Podbielski:
Ich habe vorher einzelnen der Herren, die bereits die Frage Be⸗ kämpfung der Maul⸗ und Klauenseuche berührten, nicht geantwortet, weil ich wußte, daß bei den verschiedenen Titeln des Etats noch mehrere Herren ihre Wünsche in dieser Sache zur Sprache bringen wollten. Ich nehme nunmehr Veranlassung, zumal ich aus der Redner⸗ liste entnehme, daß vielleicht noch einer der Herren auf die Sache zurückkommt, diese Frage noch einmal eingehend hier zu besprechen. Was zunächst meine Bemerkungen über die Wahlverhandlungen betrifft, so stehen dem Herrn Vorredner meine Akten zur Verfügung. Ich will sie nicht dem Hause unterbreiten. Ich glaube, er würde auch für seine eigene Partei etwas daraus entnehmen können. Ich habe nie behauptet, daß da mala fide etwas ge— schehen sei. Das will ich auch jetzt nicht aussprechen. Was nun die Sache selbst angeht, so sind in den Blättern sehr scharfe Vorwürfe gegen uns erhoben, und ein Teil davon ist auch heute, wenn auch in liebenswürdigerer Form, vorgebracht worden. Ich muß fast sagen: es tut mir leid, daß ich an verschiedenen Stellen zu gutmütig gewesen bin. Meine Herren, als die Seuche dann an zwei Zeitpunkten — es war, glaube ich, etwa im Dezember 1902, dann im Frühjahr 1906 — ins Abflauen kam, sind mir aus den Kreisen unausgesetzt Petitionen der Beteiligten zugegangen: mildere, komm uns doch ent⸗ gegen! Ich könnte den Herren hunderte solcher Petitionen zeigen. Ich war so gutmütig und habe gesagt: wir wollen auf die Wünsche ein gehen, ich hoffte, daß neue Ausbrüche nicht kommen würden. Leider kamen die Ausbrüche aber sehr bald wieder; jetzt erhebt man daraus gegen mich einen Vorwurf. (Widerspruch) Ja, meine Herren, ich habe gehofft, die Seuche wäre überwunden, sie war aber nicht überwunden. Ich muß dem Herrn Vorredner ferner sagen, ich habe mich dessen nicht gerühmt, sondern ich habe gesagt, ich hätte mich für verpflichtet gehalten, wo ich glaubte, der Seuche beikommen zu können, in erheblichem Umfange staatliche Mittel aufzuwenden. Die erwähnten 32 000 sind nicht etwa aufgewendet worden, um Vieh zu kaufen, sondern um die Differenz auszugleichen zwischen dem Gebrauchswerte und dem augenblicklichen Verkaufswerte. Dadurch gewinnen diese Summen noch einen ganz anderen Hintergrund; sonst würde man mir ent- gegenhalten können, daß es doch nur wenige Stück Vieh gewesen wären, vielleicht einige 60 Stück Vieh, wenn Sie das Stück Vieh mit 500 M bewerten. Es würde das sehr wenig gewesen sein, sondern die 32 000 S waren die Differenz zwischen dem Gebrauchswert des betreffenden Stücks und dem augen⸗ blicklichen Verkaufserlös. Meine Herren, es ist zweifellos — ich muß das auch hier wieder holen, wie ich es gestern im Landesökonomiekollegium ausgesprochen habe — eine ganze Reihe von Maßregeln sind mit Erfolg nur durch⸗ zuführen, wenn die Behörden auch von der Bevölkerung selbst unter' stützt werden. Meine Herren, es ist den Beamten unmöglich, bis in die letzten Ecken bineinzuleuchten, wenn nicht die Bevölkerung selbst davon durchdrungen ist, daß die Maßregeln in ihrem eigensten Inter⸗ esse liegen. Diese Unterstützung habe ich — ich muß es hier öffentlich aussprechen — nach jeder Richtung hin bei der Landwirtschafts⸗ kammer der Rheinprovinz gefunden, aber nicht so bei der Be⸗ völkerung der betroffenen Kreise selbst. Es sind immer und immer wieder Ortschaften gefunden worden, wo Leute wußten, daß Tiere krank waren, — und sie haben es nicht angezeigt. Das sind Schwierigkeiten — da weiß man wirklich gar nicht, wie man da vorwärts kommen soll. Weiter — das muß ich auch anführen —: in dem Kreise Simmern wie in allen Gebirgskreisen liegen die Ver hältnisse viel schwieriger und intrikater als in anderen Kreisen. In diesen Gebirgsdörfern sind die Gehöfte eng gebaut, die Häuser liegen
reichlich entgegengetreten sind.
eg wäre ein Sieg über Trümmern (sehr richtig! bei den National
welter um sich gegriffen hat, daß sie insbesondere nicht in das Rhein
aß ist ein Erfolg, der meiner Ansicht nach im Interesse der All
alle an den schmalen Straßen, die Dungstätten sind an der Straße selbst oft in der mangelhaftesten Art angelegt, der Besitz ist unendlich zersplittert — also alles Momente, die es erklären, daß, wenn in einem solchen Tale die Seuche ausbricht, sie in kurzer Zeit — oft springend, bald hier, bald da, durch den regen Verkehr innerhalb der Ort schaften, durch bie Passage von Fuhrwerken, durch den Verkehr von Ort zu Ort immer wieder welter getragen wird. Darin liegen be⸗ sondere Schwierigkeiten, die in Simmern der Veterinärverwaltung
Es würde falsch sein, wenn ich von einem Siege spräche; denn
liberalen), und sagte: es wäre jetzt Ruhe. Darum handelt es sich bei dem Kampf nicht, sondern der Sieg liegt darin, daß die Seuche nicht
land übergegriffen hat, in die wertvollen Bestände der Niederungen.
Es liegen neben den örtlichen Verhältnissen dort im Westen auch ganz eigentümliche Gewohnheiten, will ich mal sagen, in der Vieh⸗ wirtschaft vor. Die Viehverstellung ist ja allerdings überwunden, aber
das Wunderbare ist, daß dort in jenen Kreisen der Viehhandel in
einer ganz anderen Weise entwickelt ist wie fonst. Soweit meine Berichte gehen, hat man nicht das Bestreben, ein Stück Vieh jahre⸗ lang in seinem Stalle zu haben, sondern die gesamte Bevölkerung treibt eigentlich Viehhandel. Der gewohnte viele Wechsel in den Viehbeständen wurde durch die Sperrmaßregel zeitweise verhindert und der landläufige Viehhandel unterbunden, und das hat natürlich viele Unzuträglichkeiten mit sich gebracht und viel Erbitterung hervor erufen.
? Nun möchte ich die Herren bitten, die vom Lande sind und einen Ausbruch der Maul. und Klanenseuche alle mehr oder minder — leider — in den vergangenen Dezennien wohl schon miterlebt haben, sich zu vergegenwärtigen, wie es beim Ausbruch der Seuche in einem Dorfe zugeht. Wenn der Verdacht entsteht: hier ist Maul⸗ und Klauenseuche, da wird, ehe der Tierarzt kommt, ehe die Polizei ein⸗ schreiten kann, ausgerissen mit dem Vieh in einer manchmal, ich will mich vorsichtig ausdrücken, wenig schönen Weise.
Ja, meine Herren, darin liegen die Schwierigkeiten der Situation, die Schwierigkeiten der Bekämpfung; und das hat sich immer wieder und wieder gejeigt. Wenn in dem Moment allet Vieh zu Hause bliebe, kein Schlächter herangeholt würde, um schnell noch das Vieh abzuholen, zu schlachten und zu verkaufen, meine Herren, dann würde ja die Sperre einzuschränken sein.
Es würde aber — das möchte ich gegenüber einem der Herren aus Oberschlesien anführen — unendlich schwer sein, von der Zentral⸗ stelle aus alle örtlichen Verhältnisse zu übersehen und zu sagen, wie weit der Rayon gegriffen werden soll, der gesperrt wird. Ich möchte ihn immer so eng begrenzen, wie es möglich ist, aber auf der anderen Seite auch so weit, daß man einer Verbreitung mit Erfolg zu wider stehen vermag. Das sind aber die Punkte, die meiner Ansicht nach nur auf Grund örtlicher Verhältnisse bestimmt werden können, und ich erachte es als äußerst schwierig, wenn hier einer der Herren Ab— geordneten wünscht, es solle nach dieser Richtung hin von der Zentral⸗ instanz Vorsorge getroffen werden, daß eine gleichmäßige Ausgestaltung stattfindet. Dazu bin ich, das muß ich zu meinem Bedauern sagen, nicht in der Lage.
Meine Herren, mein Wunsch geht dahin, daß immer weiter in die Kreise unserer ländlichen Bevölkerung die Ueberzeugung dringt: wenn jemand von der Seuche betroffen wird — schleunigste Anzeige, nichts verbergen, die Bestrebungen der Veterinärpolizei unterstützen! Dann kommen wir vorwärts. Aber gerade dieses Verheimlichen, das ist die größte Gefahr und das beste Mittel, die Seuche weiter zu verbreiten. (Sehr richtig!) Nun werden den Kreistierärzten Vor⸗ würfe gemacht, sie hätten dies oder jenes getan oder unterlassen; ich habe dergleichen auch in Iden Zeitungen gelesen. Ich will ja nicht leugnen, daß vielleicht einmal ein Versehen vorgekommen ist, aber das muß ich behaupten und feststellen: die beamteten Tierärzte haben unter sehr großen Schwierigkeiten treu und unermüdlich gearbeitet. Ich habe von hier aus sofort meinen veterinärtechnischen Hilfsarbeiter hingesandt, und auch jüngere Tierärzte zur Unterstützung der Kreis tierärzte hingesandt, um in dem Bezirk Klarheit zu schaffen. Denn, meine Herren, für jeden Einsichtigen war es unzweifelhaft bei dem sprunghaften Auftreten der Seuche an verschiedenen Punkten, daß die Seuche schon länger in dem Bezirk herrschte, und es hat sich das ja auch bestätigt. Ich habe sogar in der ersten Zeit einen Seuchen⸗ kommissar ernannt, weil ich glaubte, daß das Seuchengebiet sich nicht bloß auf den einen, sondern auf mehrere Kreise erstreckt, und weil ich wünschte, daß die Bekämpfung einheitlich gestaltet würde.
Aus allen diesen Ihnen dargelegten Verhältnissen möchte ich das hohe Haus bitten, die Ueberzeugung zu gewinnen, daß wir wirklich nur mit streng durchgeführten Maßregeln, wie sie auch der Herr Abgeordnete aus Emden gewünscht hat, zu einer Reinhaltung unserer Viehbestände von Seuchen gelangen können. Nur wenn scharf und fest die Kontrolle und die Absperrungsmaßregeln durchgeführt werden, daun werden wir die Seuche, trotz einzelner sporadischer Ausbrüche niederhalten, und die schweren Verluste, die in diesem Falle den Kreis Simmern getroffen haben, werden dann nicht für das Vaterland im allgemeinen eintreten, sondern es sind doch immer nur kleine Teile im Verhältnis zu dem großen Ganzen, das zu schützen ich mich unbedingt für verpflichtet halte. (Bravo! rechts.)
Abg. Engelsmann (ul.): Wir haben nicht mit der Seuchen bekämpfung Agitation getrieben, sondern nur versprochen, eventuelle Härten hier im Abgeordnetenhause vorzubringen. Das hätte jeder andere auch getan. Aber das muß ich sagen: die Maßnahmen der Regierung sind zu weit bangen Zum Beispiel wurde der Markt in Kreuznach gesperrt, obwohl dort keine Seuche herrschte. In Bingen dagegen, wo die Seuche herrschte, wurde der Markt nicht ge= sperrt. Ich meine, was dem einen recht ist, ist dem andern billig. Natürlich gingen die Leute mit dem Vieh einfach nach Bingen. Sollte die Seuche in Simmern nochmals aushrechen, so bitte ich den Minister, scharf gegen sie vorzugehen, aber doch ein wenig den lokalen Verhältnissen Rechnung zu tragen. Ich habe noch eine Bitte an den Minister: es sind im Kreise Simmern zwei anständige Bauern im
Taufe der Seuchenbekämpfung mit Gefängnis bestraft worden. Ich möchte den Minister bitten, doch dafür zu sorgen, daß ihnen die Strafe
erlassen wird. ; ö ; ö. Abg. Marx (Zentr.): Ich bin auch nach dem Landwirtschafts⸗ mint n gegangen und habe um Schonung für die Bevölkerung ebeten. Ich muß entschieden dagegen Verwahrung einlegen, daß der Minister dies mit den Wahlen , Wir glauben dem Minister aufs Wort, daß er ein gutes Her; für die Landmirtschaft hat, aber anderseits gibt es auch hier im Hause eine Reihe von Abgeordneten, die ebenfalls ein gutes Herz für die Landwirtschaft haben. In die Be⸗ völkerung ist jedenfalls der Glaube an das gute Herz des Ministers nicht gedrungen nach seinem scharfen Vorgehen im Kreise Simmern. Einen falscheren Standpunkt kann man nicht einnehmen, als viele Beamten ihn eingenommen haben: wir haben zu befehlen, und ihr habt zu gehorchen; wir haben ja Gendarmen, die den Gehorsam erzwingen werden. Vor allem ist wichtig, daß die Leute zu den Beamten das Vertrauen gewinnen, 6 alles nur in ihrem Interesse eschleht. Der Landrat meines Wahlkreises hat sich direkt darüber . wert, daß ihm zu viele Gendarmen zur if gestellt Wenn das der Landrat a dann muß es doch schon Und dann muß ich sagen: le Gebühren für die Unter suchung des Viehes sind umsonst seiah nt worden; denn trotz des Scheins, der den Besitzern ausgestellt wurde, ist ihnen durch das Marktverbot der Handel mit Vleh unmöglich gemacht worden.
worden seien. dick kommen.
. (Schluß in der Zwelten Beilage.)
* auch die Arbeitgeber hätten Terrorißmus geübt. Hahe ich denn
aß Gegenteil behauplet? Der sollte ich alle vierzig Fälle einzeln und 4 Namen anführen? Eg sind Türen mit Kot beschmiert und
ganzen Beurteilung der Angelegenheit nicht vergessen.
gemelnheit errungen worden ist, und das wollen wir auch bei der
zum Deutschen Reichsan
M 3.
Zweite Beilage
zeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
Berlin, Montag, den 8. Februar 1904. — — — —— — ——— — —— ——
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Abg. von Pappenheim (kons. ): Die Vorwürfe gegen dle land— allles zen en dn! können nicht , . bleiben. Schwere Schäden sind dadurch verhindert worden, daß die Minister der Landwirtschaft und des Innern energisch die Seuchenbekämpfung unternahmen. Daß diese gelang, ist nur dem rücksichtslofen Ein. 89 der Regierung zu danken. Wenn bei untergeordneten
rganen Mißgriffe vorgekommen sind, so ist das bedauerlich, aber die Vorwürfe gegen die JZentralverwal tung sind nicht begründet. Daß lokale Schmerzen dadurch . und der einzelne in seinem Ge— werbe geschädigt wird, ist ebenfalls zu bedauern, muß aber hingenommen werden im Interesse der Allgemeinheit. Die Vorredner haben die ,, Maßnahmen auch nicht gerade kritisteren wollen, sondern aten hauptsächlich um Rücksicht auf die lokalen Interesfen. Das kommt mir so vor, wie; wasche wir den Pelj, aber mach' ihn nicht naß! Für die Zentralverwaltung kann es nicht auf die lokalen Intereffen ankommen, sondern auf die der Allgemeinheit. Wir müssen der Re⸗ 6 das öffentliche Interesse auf das entschiedenste ang Her; legen. enn wir die Seuchenquellen an der Grenze verstopfen, müsfen wir uns dasselbe auch im Inland gefallen lassen; im Inland sind besonders gefährlich. Bei den Ausgaben für die Untersuchung des in das Zoll— inland eingehenden Fleisches beschwert sich
Abg. Fürbringer (nl) über die Art der Ausführung dieser Untersuchung in Emden; es fehle dort an den notwendigen Ein— richtungen zur gewissenhaften Untersuchung. Auch die Gebühren für diese Untersuchung müßten in anderer Weise geregelt werden.
Minister für Landwirtschaft 2ꝛc. von Podbielski:
Allgemein möchte ich dem Herrn Vorredner erwidern: daß bei der preußischen Verwaltung nicht mehr Klagen über angebliche Be—⸗ einträchtigungen des Handels durch die Vorschriften über die Unter— suchung ausländischen Fleisches eingegangen sind als anderwärtz auch und als sie gewöhnlich sind bei Neueinrichtungen, die sich erst ein— leben müssen. ;
Was nun die Klagen Emdens anlangt, so höre ich heute zum ersten Male von solchen. Meine Herren, es wäre meines Erachtens angebrachter für den Herrn Oberbürgermeister gewesen, sich zuerst an seinen Regierungspräsidenten mit seinen Beschwerden zu wenden und auf diesem Wege eine Abänderung zu erstreben, als hier mit allgemein gehaltenen Klagen das Haus zu beschäftigen. Ich kann jedenfalls dazu hier keine Stellung nehmen, da mir die Verhältnisse nicht be— kannt sind. Ich möchte mir aber doch erlauben, anzuführen, daß zur Zeit in Emden die Einfuhr ausländischen Fleisches, soviel ich weiß, ziemlich gering ist, und daß es mir doch beim ersten Ansehen zweifelhaft erscheinen muß, ob es notwendig ist, dort zwei Untersuchungsstellen ein— zurichten. Indessen auch hierüber werde ich mir ein bestimmtes Urteil erst bilden, wenn die Sache an mich gelangt ist. Jedenfalls liegt noch keine Entscheidung meinerseits vor, mit der der Herr Vorredner anzufrieden sein könnte. Wenn er an einer solchen Entscheidung Kritik üben wollte, so kann ich ihm das nicht verwehren. Aber darum handelt es sich, wie ich wiederhole, nicht, sondern um eine mir völlig unbekannte Sache. Ich muß doch bitten, daß auf geordnetem Wege vorgegangen wird. Ich glaube, wir sparen dann eine ganze Menge Zeit für unsere Beratungen. (Sehr richtigh
Abg. . ürbringer erwidert, daß der Regierungspräsident bereits damit befaßt worden sei, aber aus Sparsamkeilsrücksichten nichts habe bessern können.
Der Dispositionsfonds zu Prämien bei Pferde⸗ rennen ist mit 231 909 „6 ausgestattet, und zur extra⸗ ordinären Perstärkung dieses Fonds sind 500 000 s vorge— sehen (250 000 S mehr als im Vorjahr).
Berichterstatter Abg. von Arnim referiert über die Kommissions— verhandlungen. Eine gute Vollblutzucht sei ohne Prüfung durch die Rennen nicht denkbar; wenn der Toktalisator abgeschafft würde, müßten die Fonds für die Rennen noch mehr verstärkt werden.
Abg. Dr. Wie mer (fr. Volksp.); Dem Rennverein soll durch die Verstärkung ein Ersatz für den durch die Besteuerung des , entgangenen Gewinn gegeben werden. Wir haben schon in früheren Jahren diese Forderung bekämpft. Früher enthielt der Stat dafür nur 230 000 , aber der Appetit kommt mit dem Essen; jetzt sind es 731 000 M Man sagt, wir auf der Linken verständen von der Pferdezucht nichts. Li⸗Hung⸗Tschang erwiderte einmal auf eine Einladung zu einem Pferderennen: daß Pferde laufen können, weiß ich; daß eins schneller läuft als das andere, weiß ich auch, und welches schneller läuft, interessiert mich nicht. Es handelt sich hier für uns
er um volkswirtschaftlich Interessen, um die Interessen der Steuerzahler, da hierfür Staatsmittel verwendet werden sollen. Die Meinungen über den Wert der Rennen und des Totalisators sind geteilt Die . Schlesische Ztg. sprach sich vor drei Jahren, als wir hier dieselbe Sache behandelten, gegen die hohen Prämien, gegen den Totalisator wie gegen das heutige System überhaupt aus; sie schrieb: Nicht das Wohl der vaterländischen Pferdezucht, sondern nur dag Interesse der Wettenden spricht das maßgebende Wort. Erst unter der Herrschaft des Totalisators hat sich der Wechsel voll= zogen, welcher der Landespferdezucht verderblich ist. Wir werden uns nicht durch die glänzenden Außenseiten bestechen lassen. Es gibt nur das eine ehh een e „Der Totalisator ist der Feind. Die Rennen werden nicht immer allein durch die Tüchtigkeit der Pferde entschieden, die Jockeys haben nach ihrem Gefallen den . in der Hand und halten unter Umständen die Pferde absichtlich zurück. Aber selbst wenn die Rennen eine Prüfung der Leistungsfähigkeit der Pferde darstellten, müßte doch gefragt werden, ob es im ie l Interesse liegt, den Haupt⸗ wert auf die Schnelligkeit der Pferde zu legen, oder ob nicht gerade für militlrische Zwecke andere Momente in Betracht kommen. Der englische Vollbluthengst „Ard Patrick“, der im vorigen Jahre gekauft wurde, ist mit 420 0600 M bezahlt worden, ein anderer hat 280 00 gekostet. Man muß fragen, ob die Ausgabe so hoher Summen für englische Pferde wirklich berechtigt ist. In einem fachmännischen Artikel wird darguf hingewiesen, daß die schnellen Pferde wohl eine riesige Schnelligkeit, aber auch Knochenfehler über Knochenfehler ver— erben. Man kann nicht sagen, 3. die Schnelligkeit gerade im Interesse der Remontierun 1 rr rmee liegt. Die Herabsetzung der Totalisator⸗ teuer und die Verstärkung der Rennprämien stehen in Zusammen«
ng; die Interessenken der Rennprämien agitieren für (ine Derab⸗ setzung des Totalisatorstempels von 10 auf 60. Das Dber— derwaltungogericht und dag Reichsgericht haben den Tatalisator für eine besonderg gefährliche Form der Verführung zum ehr erklart. Der Minister will die Wetthureaus unterdrücken, aber steht nicht der Totalisator auf demselben Nlbegu wie die Wettburcaus ? SHler muß man grundsätzlich vorgehen, auch gegen den Totalisator. Der Minister
denn die Seuchenherde
Ministers für Berlin, Henn, zeigt er es auch an anderen Stellen. Wir sind gegen diefe Verwendung von Staattmitteln für private Zwecke und beantragen, die Forderung zu streichen.
Minister für Landwirtschaft 2c. von Podbielski:
Meine Herren! Ich möchte eine Reihe technischer Fragen dem Herrn Oberlandstallmeister als dem berufenen Vertreter zur Beant— wortung überlassen und mich jetzt nur gegen gewisse Ausführungen des Herrn Vorredners wenden. Ich sage ganz offen: warum -soll nicht auch an Maßregeln und Vorschlägen der Regierung eine Kritik geübt werden? Ja, ich freue mich sogar über diese Kritik; denn durch solche Aus⸗ sprache mit Männern, die einen klaren Blick haben, kommt man oft zu der Ueberzeugung, daß man mit seinen eigenen Ansichten vielleicht nicht ganz den richtigen Weg gegangen ist, und daß vielleicht der Gegner erst die richtigen Fingerzeige gibt. So hoffe ich denn auch, daß der Herr Vorredner und die Herren, die jetzt Bedenken tragen,
kommenden Verhältnisse noch zu einem andern Entschluß gelangen werden.
Gehen Sie, bitte, zunächst darauf zurück, wie unsere Landes⸗ pferdezucht sich in Preußen entwickelt hat. Die Lande pferdezucht stand früher allein im Dienst der Armee, d. h. unsere Aufstellung von Hengsten ging darauf hinaus, für Frieden und Krieg die Remontierung der Armee sicher zu stellen. Mit dem Anwachsen der Ansprüche der Landwirtschaft sind in vielen Kreisen für die Interessen der landwirt- schaftlichen Pferdezucht, wenn ich sie so bezeichnen soll, schwerere Hengste eingestellt worden. Ich erinnere an die verschiedenen Erörte⸗ rungen in der Budgetkommission über die rheinische Landespferdezucht, die einen bedeutenden Aufschwung genommen hat, und an die Wünsche, die aus Westfalen wegen Vermehrung der schweren Hengste geltend geworden sind, welche, wie ich hoffe, in den kommenden Jahren immer weiter befriedigt werden können, da wir damit wirklich Gutes im Interesse unserer kleineren landwirtschaftlichen Bevölkerung tun.
Bei der Vollblutzucht aber handelt es sich — und das muß ich immer wieder hervorheben — um das Moment der Sicherstellung der Remontierung unserer Armee. Es ist eben nicht möglich, alle Pferde in bezug auf ihre Konstitution zu prüfen, und darum müssen wir die Vaterpferde einer ernsten, dauernden Prüfung unterwerfen, damit wir in diesen wirklich die Reproduktoren haben, die an Gesundheit, an Widerstandsfähigkeit, an Ausbildung nur Hervorragendes hervor—⸗ zubringen vermögen. Das ist die Ueberzeugung, die nicht nur bei der preußischen Gestütsverwaltung besteht; nein, sie ist in England, in Frankreich, in Oesterreich, in Rußland zu finden und ist hinüber gegangen über das Wasser zu den praktischen Amerikanern und Australiern. Wollen Sie diese Konstitutionsprüfung verwerfen, so werden Sie, wie wir das bei den schweren Pferden finden, Rohrer im Stalle haben, Tiere, deren Lunge, deren Herz nicht in Ordnung ist, während es notwendig ist, daß das Pferd unseres Heeres jederzeit brauchbar ist.
Meine Herren, es handelt sich nicht um die Verwendung von Vollblutpferden in der Armee; das Wesentliche ist die Erjeugung eines guten Halbblutpferdeg, und dazu brauchen wir das geprüfte Vollblut.
Ehe ich zu den Schlußfolgerungen komme, möchte ich auf die Frage des Totalisators zurückgreifen. Die Schrift des Landstall⸗ meisters Grabensee gibt Ihnen schon einen gewissen Aufschluß über die Verhältnisse in der Französischen Republik. Sonst wird uns ja so gern von den Herren vorgehalten, was alles in einer Republik geschieht. Meine Herren, selbst in dieser Republik hält man den Totalisator für erforderlich, gerade die Mittel, die den bedeutenden Aufschwung der französischen Pferdezucht ermöglicht haben, sind durch den Betrieb des Totalisators geschaffen worden. Aehnlich liegt es in Oesterreich und in England, wo sich die Buchmacher anders als bei uns entwickelt haben.
Herr Dr. Wiemer hat keine richtige Auffassung, wenn er sagt: jetzt ist man willens, für diese anscheinend weniger einbringenden Privatinstitute Geldmittel des Staats flüssig zu machen, — ich glaube, so waren ungefähr die Worte. Meine Herren, darum handelt es sich nicht. Man hatte in Deutschland für die Rennvereine genügende Einnahmen bis zu dem Moment, wo durch eine erhebliche Erhöhung der Totalisatorsteuer ein Krankheitsbild entstand, welches wir alle, die wir im Rennbetriebe stehen, aufrichtig beklagen. Die Steuer⸗ erhöhung ließ die privaten Wettbureaus entstehen; man hinterzog auf diese Weise dem Staat die Steuer und schädigte zugleich die Ein⸗ nahmen der Rennvereine. Während diese vor nicht ganz 16 Jahren über 1 Million aus dem Totalisator bezogen, sind die Einnahmen im letzten Jahre auf etwa 300 000 M gefallen.
Meine Herren, den Herren dort drüben möchte ich folgendes er⸗— widern: Zunächst sind die Rennverelne keine Erwerbsvereine, sondern es sind Vereine, die lediglich bestrebt sind, die Landespferdezucht zu heben und zu fördern; sie werden ehrenamtlich verwaltet und haben die Verpflichtung, alle aus dem Totalisatorbetriebe ihnen zufließenden Einnahmen für Zwecke der Landespferdezucht zu verwenden. Meine Herren, das ist der Kernpunkt, und ich würde mit dem Herrn Dr. Wiemer der erste sein, der die Einrichtung des Totalisators bekämpfte, wenn nur ein Groschen nicht für Zwecke der Landespferdezucht ver wendet werden würde. Diese Einnahmen der Rennvereine dienen wesentlich öffentlichen Interessen ebenso wie in Frankreich, wo man jetzt wieder in der Lage ist, über 10 Millionen Francs aus den Ein⸗ nahmen des Totalisators zu verwenden; ich kann dem Herrn Abge⸗ ordneten aus den letzten Verhandlungen des dortigen oorps 16gislatif zeigen, daß man in Frankreich eine Steuer über 8o“ von dem Totalisator für eine Unmöglichkeit erklärt hat. Meine Herren, durch eine zu hohe Steuer schafft man immer nur krankhafte Mißstände. Würde nicht z. B. eine hohe Kaffeesteuer nur die Folge haben, daß die Pascherei sehr zunähme? Haben die Herren das nicht oft aus. geführt? Ist eine Steuer zu hech, so reizt dag dazu an, sie zu hinterziehen. Diese Erschelnung können Sie nicht bestreiten, wenn Sie jetzt auch mit dem Kopf schütteln. Das zu bekämpfen, ist meiner Ansicht nach unsere Aufgabe, und darin, boffe ich, werden die Herren
dieser Position zuzustimmen, bei nüchterner Beurteilung aller in Frage
Totalisators der Landespferdezucht dienstbar zu machen, und so die er= forderlichen Mittel für die Landespferdezucht zu erhalten, ohne daß wir unser Budget belasten, ebenso wie in den anderen Ländern.
Wie sieht es nun bei uns aus? Die Einnahmen der Renn- vereine aus dem Totalisator sind von über eine Million Mark auf 200 bis 300 Tausend Mark gefallen. Der Abschluß des letzten Jahres ist erst bis zum 1. Oktober fertig; infolgedessen kann ich nicht genau sagen, wie groß die Summe für 1903 ist. Es fehlen also gegen früher den Rennvereinen etwa 800 000 , und meiner Ansicht nach ist noch viel mehr notwendig, wenn sich unsere Landespferdezucht wirklich gesund entwickeln soll. Unsere Ge⸗ stütverwaltung würde unweigerlich in die schwierigste Lage kommen, wenn, wie es jetzt in die Erscheinung getreten ist, die Vollblutgestüte weiter zurückgehen und als unrentabel zur Auflösung kommen. Der Herr Abgeordnete wirft der Gestütsverwaltung vor, daß sie teure Dengste kauft. Ja, meine Herren, das Material auf dem inter⸗ nationalen Markte ist immer im Preise gestiegen. Wenn wir nicht selbst gutes Material züchten, so werden wir noch vor ganz andere Preise gestellt werden. Uns eine inländische Vollblutzucht im Interesse der Halbblutzucht, im Interesse der Armee zu erhalten, ist unsere Aufgabe; das ist mein Wunsch und mein Wille. Ist erst eine Auf⸗ lösung einer größeren Anzahl von Gestäten erfolgt, ist das Zucht⸗ material, das wir noch haben, weiter verstreut und zerstreut, dann gehen Jahrzehnte darüber hin, bis eine Hebung möglich ist. Man kann eine Pferdezucht nicht aus dem Aermel schũtteln, sondern es dauert Generationen, bis sie ein gutes Material erzeugt. Die ostpreußische Pferdezucht besteht seit 100 Jahren; wenn sie heute vernichtet würde, können Sie dann etwa sagen: morgen ziehen wir Pferde? Dazu gehört eine Jahre hindurch fortgesetzte Mühe und Arbeit. Ist die Pferdezucht untergegangen, dann ist für unser Vaterland große Gefahr im Verzuge; es muß durch den Mangel an guten, ausdauernden Pferden die Schlagfertigkeit, die Ver⸗ wendbarkeit unserer Feldarmee zweifellos leiden, denn der Kavallerist, der Reitersmann ist das Auge des Feldherrn, das ist der Mann, der am Feinde hängt, das ist der Mann, der der großen Masse der Armee die Nachrichten bringt und damit dem Führer, dem Feldherrn, die Möglichkeit schafft, auch wirklich seine Truppen so zu konzentrieren, daß er die Schlacht gewinnt für das Vaterland! (Lebha fter Beifall.) Und darum halten Sie mit uns allen fest an einer guten Pferdezucht! Kritisieren Sie dies und jenes, kommen Sie und sagen: du hast andere Hintergedanken als wie die Sonntagsrennen für den Berliner! Meine Herren Abgeordneten, ich überlasse Ihnen, derartiges zu glauben. Ich habe geglaubt, Sie würden wirklich ein Verständnis haben fũr weite Kreise der Bevölkerung der Hauptstadt, die an mich in der Reihe der Jahre immer wieder heranget reten sind und gefragt haben: warum sollen wir an Sonntagen das Vergnügen nicht haben, das überall im Lande gestattet ist?
Die Frage des Totalisators wird ja, wie ich glaube, den Reichs tag in der laufenden Session beschäftigen, um den herborgetretenen Mißständen zu steuern; aber wir wissen nicht, wie die Entscheidung des Reichstags ausfällt. Zunäͤchst heißt es hier, Vorsorge treffen, daß unsere Landespferdezucht nicht zurückgeht. Darum eine Bitte an das hohe Haus: treten Sie dem Antrage des Heirn Vorredners nicht bei, sondern bleiben Sie bei der Regierungevorlage stehen in Er⸗ wägung aller der von mir geltend gemachten Gründe und bewilligen Sie die von uns erforderlich erachtete Summe für Prämien zur Unter= stũtzung der Pferdezucht. (Beifall.)
Abg. Schul ze⸗Pelkum (kons): Im Namen meiner Partei- genossen habe ich zu erklären, daß wir den Forderungen der Regierung einstimmig zustimmen. Fehlte uns der Totalisator ganz, so würde das Land erheblich größere Aufwendungen für die Pferdezucht machen müssen. Wenn Herr Dr. Wiemer Studien über die Pferdezucht ge⸗ macht hat, so hätte er doch durch die bekannte Broschuͤre des Herrn von Manteuffel zu einer anderen Beurteilung der Rennen kommen müssen. Heute wird gerade durch die Winkelwettbureaus die Spiel- sucht im Volke groß gezogen, und auch das ausländische Spiel ist durch sie begünstigt worden. Ich babe den Totalisator doch noch lieber als die Zustände der privaten Wettbureaus. Für uns kommt das Interesse der vaterländischen Pferdezucht in Betracht.
Abg. Rogalla von Bie berstein (kons.): Zu der Erwerbung der englischen Hengste Ard Patrick und ‚Galtee Moore“ können wir uns nur Glück wünschen, denn sie stellen ein vorzügliches Material dar. Ich bitte aber, bei dem jetzigen System der Erselung starker Knochen bei der Zucht das alte gute Trakebnerpferd durch Ankauf von Arabern wieder aufzufrischen. Daß es ung gelungen ist. das starke ostpreußische Pferd zu ziehen, verdanken wir den Maß⸗ nabmen unserer Gestütverwaltung; aber leider können wir unser Pferdematerial nicht immer so verkaufen, daß wir die Kosten decken. Wir stellen unser bestes Material den Gestüten und den Remonten zur Verfügung, müssen aber nehmen, was ung dafür ge⸗ geben wird. Den Kommissionen sind die Hände gebunden, sie können nicht so weit gehen, wie sie selbst wollen. Wir müsfen tatsächlich an die Remontekommission unter den Produktionskosten verkaufen. Ich bitte den Minister, dahin zu wirken, daß eine gründliche Erböbung der Remontepreise eintritt, In Ostpreußen brauchen wir eine Warm- blutzucht, ich halte die Kaltblutzjucht dort nicht für geeignet. Das warmblütige Pferd bält bei der Arbeit und an Jabren länger aug. * * in dieser Frage das Interesse der Armee und das Staatg⸗ interesse.
Abg. Broemel (fr. Vg); Für uns Abgeordnete handelt es sich nicht um eine Husarenattacke, sondern um eine Debatte darüber, wie unsere Pferdejucht am jweckmäßigsten zu entwickeln ist. In einer fachmännischen Broschüre, die don zwei Herren erfaßt ift, die nicht auf Politisch freisinnigem Boden steden, wird ausgeführt., daß die Körordnung der Provinz Brandenburg unz ãßig sei, da sie allein die Rementezucht begünstige, die Zucht den kal blutigen Pferdes de,. e und dadurch gerade die kleinen Landwirte schwer schädige. Ich bin bereit, die Forderung des Etats zu bewilligen, muß aber bitten, daß alle diese für unsere Pferde zucht so wichtigen Sen endlich einmal einer gründlichen Prüfung unterzogen werden. Was den Wert der Rennen betrifft, so der man don einem Soldatenpferd noch ganz andere Fäbigkeiten als b Schnelligkeit. Der Minister ist n leicht über die tatsächlichen Mn= fübrungen des Abg. Wiemer binweggegangen. Wenn von den Menn pferden nur 3d als für die Amnee geeignet befunden sind. fo müssen sie doch A8 minderwertig für die len Jweck augeseßen werden. Es wird auch bestritten, daß die Nennen eine wirkl üfung der
sagte bezüglich der Sonntagsrennen, daß er gerade damit den Berlinern etwas guteg tun wolle. Ich wundere mich über dieses Interesse des
mit mir übereinstimmen. Wir müssen erstreben, die Mittel des
deistungosäbigkelt der Pferde darstellen. Gin Fachmann beme mindestens die Minimalgeschwindigkeit erböht werden müässe,