wir diesen Weg gehen und eine authentische Interpretation des Gesetzes vornehmen; ich darf wohl in dieser Richtung auf den Inhalt der Ihnen vorliegenden Begründung verweisen.
Wenn wir nun diese uns dargebotene Gelegenheit benutzt haben, zugleich noch über den Rahmen einer authentischen Auslegung hinaus einige kleine Unebenheiten in der bisherigen Fassung des Gesetzes zu beseitigen, so dürfte auch das wohl nur die Billigung des hohen
Hauses finden.
Aus der Begründung möchte ich dann aber noch einen Punkt besonders hervorheben, und dieser Punkt betrifft diejenigen Schatz— anweisungen, die nur ausgegeben werden zur Ausgleichung der vor⸗ übergehenden Schwankungen in den Kassen des Reichs. In dieser Beziehung wollte ich darauf aufmerksam machen, daß an dem dritten Absatz des 5 7, der insbesondere die Vorschrift enthält über die Nicht⸗ überschreitbarkeit der Umlaufszeit dieser Art von Schatzanweisungen, absolut nichts geändert werden soll. Diese Vorschriften bleiben also durch die Vorlage vollständig unberührt.
Zum Schlusse möchte ich dann auch noch das Eine hervorheben, daß die Reichsschuldenverwaltung ihrerseits Gelegenheit gehabt hat, an der Ihnen vorliegenden Fassung des Gesetzentwurfs sich zu be— teiligen, und wir haben die Sicherheit, daß, wenn der Gesetzentwurf in der Fassung, die die verbündeten Regierungen Ihnen hier vor— geschlagen haben, zur Annahme gelangen sollte, dann weitere Anstände hinsichtlich der Einlösung von Schatzanweisungen sich nicht mehr er⸗ geben werden.
Nach alledem darf ich das hohe Haus bitten, dieser Gesetzesvorlage, die lediglich einem dringenden praktischen Bedürfnis entsprungen ist, die Zustimmung nicht zu versagen.
Abg. Kaempf (fr. Volksp.): Diese Ausführungen bestätigen,
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daß in der Tat in der Reichsschuldenordnung eine Reihe von Be— stimmungen enthalten sind, die zu Zweifeln Veranlassung geben. Der Entwurf geht aber auch auf das materielle Gebiet über und dies in dem Grade, daß ich Kommissionsberagtung beantrage. Bezüglich der Schatzanweisung bestimmt die Reichsschuldenordnung, wenn sie für vorübergehende Bedürfnisse der Reichskasse ausgegeben werden, eine dreimonatige Umlaufsfrist; bezüglich derjenigen Schatzanweisungen, die zur Deckung von bewilligten Krediten ausgegehen werden, findet sich eine solche Bestimmung nicht. Eine genaue Definition des Begriffs „Schatzanweisungen“ findet sich in dem Geseße ebensowenig. In der Praxis ist ein Unterschied zwischen verzinslichen und nicht- verzinslichen Schatzanweisungen auch nicht gemacht worden. Der einzige Nachteil, der besteht, ist, daß die verzinslichen Schatz. anweisungen nach der Zeit, die sie laufen, eingelöst werden müssen, während die Einlösung der verzinslichen Schuldverschreibungen davon abhängt, ob das Reich Mittel zur Einlösung verfügbar hat. In solchen Fällen, wo es sich um die Realisierung von Anleihe. krediten handelt, soll nun die Ausgabe von Schatzanweisungen, sowohl unverzinslichen, kurzfristigen, als verzinslichen, langfristigen, bis zur Ausgabe definitiver Schuldverschreibungen erfolgen können. Ich er⸗ kenne an, daß diese Maßregel für die Verwaltung gegenüber der jeweiligen Lage des Geldmarktes zweckmäßig und von Nutzen sein wird. Die Bedenken fangen aber da an, wo es sich darum handelt, beim Verfallen von verzinslichen, mit Coupons versehenen Schatz anweisungen neue Schatzanweisungen auszugeben. Dazu soll der Kanzler, ohne den Reichstag zu fragen, ermächtigt sein. Es könnte bei der Fortdauer der starken Geldbedürfnisse des Reichs dann einmal der Moment eintreten, wo die Ausgabe dieser neuen Schatz scheine mit Unzuträglichkeiten verknüpft sein könnte. Ich brauche nicht auszuführen, welche Bedenken es hat, mit einer großen schwebenden Schuld belastet zu sein und dadurch in zu große Abhängigkeit vom Geldmarkte zu geraten. Die wiederholte Ausgabe kurzfristiger Schatz anweisungen halte ich für unbedenklich, für bedenklich aber die erneute Ausgabe langfristiger verzinslicher Schatzanweisungen obne. Mit— wirkung des Reichstags und unter Uebergehung seines Geldbewilli⸗ gungsrechts. Ich beantrage daher die Ueberweisung der Vorlage an
die Budgetkommission. . ᷣ Abg. Dr. Spahn entr): Mir will scheinen, als ob die vom Vorredner erörterte Frage nicht gelegentlich dieser Vorlage erledigt werden kann, sondern in dem jeweiligen Etatsgesetz erledigt werden muß. Die Reichsschuldenordnung wird dauernd gemacht; die Bedenken des Vorredners aber fußen le auf den jeweiligen Geldmarkt⸗ onjunkturen. Deshalb halte . isung an eine Kommission für nötig. Ich zicht, Recht des Reichstags ge⸗
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Staatssekretär könnte froh sein, wenn es ihm gelänge, die Anleihe so unterzubringen, wie es seinem Vorgänger gelungen ist. Bei uns sind die niedrig verzinslichen Anleihen fast nur in den Händen der großen Banken usw', nicht in denen der kleinen Leute; das liegt nur an der Schwerfälligkeit der Verwaltung, denn die Spar⸗ keen geben auch nur 3 09, und in diesen ist eine ganze Menge von Geld angelegt. Man sollte das Eindringen der Konsols in den Kreis der kleinen Leute erleichtern. Wenn der Staatssekretär jetzt ein Bedürfnis an Geld hatte, so sollte er nicht Schatzanweisungen aus—⸗ geben, sondern eine Reichsanleihe, und die Termine so ansttzen, daß die kleinen Leute ihr Geld anlegen können. Es sollten auch kleinere Abschnitte zu 500 und 300 „ usw. festgesetzt werden. Aus- zahlung der Zinsen sollte durch die Post erleichtert, und die Umsatz⸗ steuer fur kleine Beträge beseitigt werden. Gegenwärtig sind unge⸗ heuere Beträge unserer Konsols in England untergebracht, braucht es Geld, so wirft es diese auf den Markt und drückt den Kurs herab. Das könnte dadurch vermieden werden, daß die Konsols mehr bei den kleinen Leuten untergebracht werden. Ob meine politischen Freunde einer kommissarischen Beratung zustimmen würden, weiß ich jetzt nicht. Es war bis jetzt üblich, ihr nicht zu widersprechen, wenn große Parteien sie verlangten. Ich meine, auch wenn es nicht zu einer Kommissionsberatung käme, könnten wir uns bis zur dritten Lesung verständigen.
Staatssekretär des Reichsschatzamts Dr. Freiherr von Stengel:
Meine Herren! Ich möchte mich vor allem gegen einen Vor— wurf verwahren, der mir von seiten des Herrn Vorredners gemacht worden ist, indem derselbe es so hinzustellen gesucht hat, als hätte ich in meiner Rede vom 12. Januar d. J. irgend einen Tadel aus— gesprochen in Ansehung des Vorgehens meines Herrn Amtsvorgängers bei Begebung der Anleihe von 1903. Ich gestatte mir, das wörtlich vorzulesen, was ich in dieser Beziehung ausgeführt habe: Ich habe gesagt:
Persönlich trifft mich ja in Ansehung jener Vorgänge nicht die mindeste Verantwortung; ich war damals mit der Leitung der Reichsschatzverwaltung bekanntlich noch nicht befaßt. Aber eben deshalb ist es mir noch am ehesten möglich, ein freies und un— befangenes Wort über diese Dinge zu sprechen, und da kann ich nur sagen: nach meiner Ueberzeugung würde auch beim Einschlagen eines anderen Verfahrens, beim Einschlagen anderer Wege, als sie gegangen worden sind, voraussichtlich das Endergebnis kein wesentlich anderes gewesen sein.
Wie man aus diesen Worten einen Tadel oder Vorwurf deduzieren kann, den ich mir erlaubt hätte in bezug auf eine Amtshandlung meines Herrn Vorgängers, ist mir unerfindlich.
Nun sind von veischiedenen Herrn Vorrednern, den Herren Kaempf, Dove, Gamp, eine solche Reihe von Bedenken und Aus— stellungen erhoben worden gegenüber der Vorlage und in bezug auf Bestimmungen der Reichsschuldenordnung selbst, daß ich mich wirklich außerstande sehe, auf alle diese Einwendungen im einzelnen zu antworten. Ich habe den Eindruck, daß von seiten des Herrn Dr. Spahn in dieser Richtung in der Tat der allein korrekte Standpunkt eingenommen worden ist, und der Herr Abg. Dr. Spahn hat meines Erachtens das Wesentliche der Ausführungen sener beiden Herren Vorredner bereits treffend widerlegt. Wenn es den beiden Herren Vorrednern, Kaempf und Dove, und in gewissem Maße auch Herrn Gamp nach ginge, so würde uns wohl nichts anderes übrig bleiben, als schließlich die ganze Reichsschuldenordnung einer Revision zu unter⸗ werfen. Davon kann aber wohl vorerst keine Rede sein, jedenfalls be⸗= steht nach meiner Ueberzeugung zur Zeit dazu nicht der mindeste Anlaß. Der Herr Abg. Gamp hat gemeint, es sei ja 30 Jahre anstandslos gegangen. Von 1870 bis 1903 hätte sich niemals ein Anstand in bezug auf die Einlösung solcher verzinslichen Schatzanweisungen ergeben. Das glaube ich dem Herrn Abg. Gamp wohl, es sind eben von 1870 bis 1900 verzinsliche Anweisungen überhaupt nicht ausgegeben worden, infolgedessen konnte es nach der Natur der Sache auch in bezug auf die Einlösung derselben keinen Anstand geben.
Nun möchte ich meinerseits aber doch mit ein paar Worten ein— gehen auf die prinzipiellen Bedenken, die erhoben worden sind in bezug auf die Aufnahme einer sogenannten schwebenden Schuld. Ich erkenne ohne weiteres an, daß die Aufnahme schwebender Schulden auch nur auf eine kurze Reihe von Jahren immerhin, von finanzpolitischem Gesichtspunkte aus betrachtet, manche Bedenken gegen sich hat. Man darf — und darin pflichte ich dem Herrn Vorredner bei — schwebende Schulden nicht zur Regel werden lassen. Aber ausnahmsweise kann eine schwebende Schuld sehr wohl berechtigt sein. Ich mache in dieser Hinsicht nur auf einen Umstand aufmerksam, der vielfach übersehen wird. Der Markt für die Aufnahme einer schwebenden
Schuld für verzinsliche Schatzanweisungen ist ein ganz anderer als der Markt für definitive Anlagen, für Begebung von definitiven Reichsanleihen. Wenn nun der Markt für selche dauernde Anlagen
einmal zeitweise übersättigt, wenn er zeitweilig sozusagen überfahren
Ifen
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ist, so kann es ganz zweckmäßig und vorteilhaft sein, nicht nur im es Reichs und seiner Finanzen, sondern auch im Interesse Besitzer solcher Schuldobligationen des Reichs,
wenn man Zeit etwas schont und den anderen
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unbenutzt
Markt zeitweise aufsucht. Ein solcher übersättigter Markt kann durch nichts besser kuriert werden, als wenn wenigstens für kurze Zeit auf angemes ᷓ
Meine Herr durch andere Gründ ausnahmsweise auch einma zur usgabe verzintlicher nweisungen beweist gerade der Vorgang 1900, wie wich es der Schuldaufnahme zi Als im Jahre 1900 die Ausgabe 4 0½ iger Schatzanweisungen in Höhe von 80 Millionen stattfand, stand der Kurs der Deutschen Reichs anleihe sefähr 85. Hätte das Reich bei den damaligen Kureverhältnissen eine definitive aufgenommen, es würde wahrscheinlich viel mehr altz einen Begebungekurtz von S4 0o erzielt haben, und zu von 84 0S0 hätte der dem— entsprechende Ner der Anleihe dauernd mit 3 0½ verzinst werden müssen. Also ich von 1900 dürfte einen
Beweis dafür abgeben, daß man über die ausnahmsweise vorüber—
4
Anleihe vie sem 9 115
gerade der Vorgang
gehende Aufnahme einer schwebenden Schuld im allgemeinen nicht allzu abfällig ; Nun sind in dem Herrn Abg. Gamp noch verschiedenerlei Ratschläge erteilt werden, die zum Teil noch weit über den Rahmen ber Neichtschuldenordnung überhaupt hinaus⸗ uf weiter eingehe, möchte ich noch eines vor⸗ (Gamp hat sich insbesondere der Inter— sehr warm angenommen. Gewiß, meine
die ses (Gesetzenttr
aber: ést modus in rebus. Ich glaube, die Erwerbung von Schuldverschreibungen auch des Reichs, überhaupt erstklassiger Papiere, hat für den kleinen Sparer doch auch seine Schranken insofern, als mit dem Besitz solcher Schuldverschreibungen immerhin das Risiko von Kursverlusten verknüpft ist. Nach meiner Ueberzeugung wird der kleine Sparer nach wie vor doch immer noch am besten tun, wenn er sich für die Anlage seiner Ersparnisse an die Sparkasse wendet. (Sehr richtig Dort ist er wenigstens vor Kursverlusten geschützt. Auch vor anderen Verlusten. Es ist mitunter für den kleinen Sparer recht schwierig, sich einen sicheren Platz zu wählen für die Auf— bewahrung seiner Wertpapiere, und gerade der kleine Sparer empfindet Verluste am allerschwersten.
Nun kann ich dem Herrn Abg. Gamp und auch den übrigen Herren Vorrednern die Zusage geben, daß von unserer Seite die Rat⸗ schläge, die sie uns erteilt haben, insbesondere auch in Ansehung der künftigen Begebung von Anleihen, gewiß sorgfältigst werden in Er— wägung gezogen werden. Aber mehr kann ich Ihnen auch nicht ver— sprechen; denn das werden Sie mir zugeben, meine Herren, daß wir hier in diesem Saale coram publico unmöglich im voraus alle die Bedingungen und Modalitäten festlegen können, die etwa zu beachten sind bei der demnächstigen und künftigen Begebung von Reichsanleihen. In diesen Dingen muß meines Erachtens die Exekutive freie Hand haben, um je nach den augenblicklichen Konjunkturen die richtige Ent— scheidung zu treffen. Nur dann werden auch die Interessen nicht nur des Reichs, sondern auch der zahlreichen Besitzer von Schuldwverschrei⸗ bungen des Reichs zu ihrem Rechte kommen.
Dieser Standpunkt entspricht meines Erachtens auch vollständig der Gesetzes⸗ und der Rechtslage; der Herr Reichskanzler ist für die Ausführung der Anleihegesetze verantwortlich, er trägt diese Ver— antwortung, und es bietet sich alljährlich bei der Vorlage der Denk⸗ schrift über die Ausführung der Anleihegesetze ausreichend Gelegen— heit, über das, was geschehen ist, diesem hohen Hause Rechenschaft
abzulegen.
Ich möchte schließlich noch einmal die Bitte an das hohe Haus richten, diesem Gesetzentwurf, der in der Tat nur einem augenblicklich vorhandenen dringenden Bedürfnis entsprungen ist, die Zustimmung nicht zu versagen.
Abg. Dr. Paasche (nl): Ich bitte, von einer Kommissions— beratung abzusehen, da die Sache dringend und die Budgetkommission ohnehin überlastet ist. Der Reichstag wird auch wenig Neigung haben, die vor ein paar Jahren gemachte Arbeit wieder von vorn an— zufangen. Wir können dem Gesetz so, wie es vorliegt, unsere Zu— stimmung geben.
Abg. von Normann (d. kons.): Auch wir halten eine Kom- missionsberatung nicht für notwendig, da die Vorlage nur eine Klar⸗ stellung der Reichsschuldenordnung enthält.
Abg. Schrader (fr. Vgg.): Die Frage der Ausgabe der Schatz⸗ anweisungen ist bis jetzt wirklich von geringer Bedeutung. In ge⸗— wissen Zeiten ist aber diese Maßregel notwendig. Etwaige Uneben— heiten der Vorlage könnten zwischen der zweiten und dritten Lesung beseitigt werden. Wir werden in der zweiten Lesung für die Vorlage stimmen.
Abg. Kaempf hält an seiner Meinung fest, daß in der Budget⸗ kommission eine Klärung der Frage herbeigeführt werden müsse.
Abg. von Strombeck (Zentr) erklärt, er habe im Gegensatz zur Mehrheit seiner politischen Freunde einige Bedenken gegen die Vorlage. Durch die wiederholte Ausgabe von Schatzanweisungen werde zweifellos die Reichsschuld vermehrt, und diese Vermehrung geschehe ohne Genehmigung des Reichstags.
Abg. Singer (Soz) erklärt sich ebenfalls für Kommissions⸗ beratung, die dem Plenum die Arbeit abnehmen würde. Redner wendet sich dann gegen die Ausführungen des Abg. Kaempf. Die kleinen Leute benutzten die Sparkassen, um ihr Geld jederzeitig flüssig machen zu können. Den Kursschwankungen der Anleihe würden sie sich nicht aussetzen. Sie würden an Provisionen mehr bezahlen, als sie an Zinsen erhalten. Die Postanstalten mit dem Verkauf von Reichsanleihen zu beauftragen, wie es der Abg. Kaempf wünsche, würde sie zu einer Art Warenhäuser machen.
Abg. Gamp weist darauf hin, daß die Sozialdemokraten seiner Zeit selber für die Postsparkasse gestimmt, also keine große Abneigung gegen eine Belastung der Post gezeigt hätten.
Damit schließt die erste Beratung.
Der Antrag Kaempf auf Ueberweisung der Vorlage an die Budgetkommission wird gegen die Linke und einige Mit⸗ glieder des Zentrums abgelehnt.
In der zweiten Beratung wird der Gesetzentwurf ohne weitere Debatte im einzelnen angenommen.
Darauf wird die zweite Beratung des Reichs haus— haltsetats für 1904 bei dem Etat des Reichsamts des Innern fortgesetzt, und zwar bei den Ausgaben für das Kaiserliche Gesundheitsamt.
Zu Titel 1 dieses Kapitels liegt noch folgende Resolu⸗ tion der Abgg. Dr. Mugdan (fr. Volksp) und Ge— nossen vor:
„Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, die Prüfung der Bekanntmachung betreffend die Prüfungsordnung für Aerzte, vom 28. Mai 1901 dahin zu ändern:
Die Vorschriften wegen des praktischen Jahres finden auf die⸗ jenigen Kandidaten keine Anwendung, welche das medizinische Stu⸗ dium auf einer deutschen Universität vor dem 28. Mai 1901 be- gonnen und die ärztliche Prüfung vor dem 1. April 1906 vollständig bestanden haben.“
Die Resolution wird ohne Debatte angenommen, ebenso der Rest der Ausgaben für das Kaiserliche Gesundheitsamt.
Bei den Ausgaben für das Kaiserliche Patentamt bemerkt der
Abg. Pauli Obeibarnim (Rp): Nach dem Etatéentwurf sollen die hauptamtlichen Mitglieder des Patentamts in Rang, Titel und Besoldung gehoben werden, um sie von den ihnen jetzt gleichgestellten Abteilungsvborsitzenden und den diesen gleichgeordneten Mitgliedern der Beschwerzeabteilung zu unterscheiden. Die ersteren sollen durch den Titel Geheimer Regierungsrat ausgezeichnet und ihr Gehalt erhöht werden. Viese Regelung scheint uns nicht ganz patent zu sein. Ich heantrage, das ganze Kapitel der Budgetkommission zu überweisen.
Abg. Gickhoff (fr. Volksp): Ich habe im vorigen Jahre die Erwartung auegesprochen, daß mit einem neuen Hause im Patentamt ein neuer Geist einziehen möge. Viese Erwartung hat sich erfüllt. Ich möchte wünschen, daß der neue Präsident die Handelskammern, (Vewerbepereine und Fabrikantenvereine zu gutachtlichen Aeußerungen über strittige Fragen zuzieht und sie zur Teilnahme an den Ver— hanhlungen des Patentamts einladet.
Das Kapitel „Patentamt“ wird der Budgetkommission über⸗ wiesen.
Bei den Ausgaben für das Reichsversicherungsamt kommt der
Abg. Dr. Ruegenberg (Zentr.) auf den Streit der Kranken⸗ kassen und Aerzte in Eöln zurück. In einer großen Versammlung, die sich am Sonntag in Cöln mit dieser Frage beschäftigt habe, seien seine neulichen Ausführungen als Auefluß völlsger Unkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse hingestellt worden. Rerner (rllärt, seine Ausführungen auf Grund pon Erkundigungen gemacht zu haben, dle
gerabe der fleine Sparer alle mögliche Rücksicht;
er persönlich vorher in Cöln eingezogen habe. Als er auf die Re
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solutiöon im einzelnen eingehen will, ersucht ihn der Vizepräsident Dr. Paasche, sich auf die Widerlegung persönlich . ge⸗ richteker Angriffe zu beschränken. Redner gibt darauf die weitere Er— klärung ab, daß er nach dem Erscheinen jener Resolution sofort nach Cöln gefahren sei; dort seien ihm seine Behauptungen bis auf einen kleinen nebensächlichen Punkt als richtig bestätigt worden.
Abg. Molkenbuhr (Soz.): An den Reichstag sind aus berufgz⸗ genossenschaftlichen Kreisen eine Reihe von Petitionen gelangt, die die Beseitigung des 534 des Gewerbe ⸗Unfallversicherungsgesetzes erstreben der die Ansammlung eines größeren Reservefonds fordert. Dagegen laufen die Berufsgenossenschaften Sturm. Besondertz gejammert wird über die ungeheueren Fonds, die die Berufsgenossenschaften ansammeln sollen; aber übersehen wird gänzlich, daß die gegenwärtig vorhandenen Vermögen absolut nicht autreichen, die laufenden Veipflichtungen zu decken. Die, neue Vorschrift wirkt allerdings bedrückend auf alle diejenigen,
die Geschäfte neu begründen. Ein Weg, aus diesen Schwierigkeiten
herauszukommen, läge in der Vereinigung der drei Versicherungs⸗ zweige. Die Erhöhung der Umlagen anderseits ist aber garnicht so außerordentlich erheblich, sondern beträgt nur zo /)g des Arbeitslohnes und diese Erhöhung ist auch keineswegs durch die Ver stärkung des Reservefonds allein verursacht; die Novelle von 186099 enthielt ja daneben auch einige Verbesserungen, durch welche die Bezüge der Versicherten gesteigert wurden. Redner geht dann auf die weiteren Angaben in den Petitionen gegen den F534 des Gewerbe Unfallversicherungsgesetzes ein, daß jetzt die Vollrente viel weniger häufig bewilligt werde, das Heilverfahren ganz bedeutend vervollkommnet und die Unfallverhütung besser ausgestaltet worden sei. Beide Tatsachen könnten nicht etwa für das Verlangen nach Be⸗ seiligung des 34 verwertet werden. Die Zahl der tödlich verlaufenen Unfälle sei keineswegs im allgemeinen zurückgegangen; vielmehr dürfte die Verminderung der Vollrenten auf eine veränderte Geschãftspraxis der Berufsgenossenschaften zurückzuführen sein. Ebenso lasse das Heil⸗ verfahren und besonders die Organisation der Unfallverhütung noch sehr viel zu wünschen übrig; die Zahl der von den Berufsgenossen⸗ schaften beauftragten? Kontrolleure sei noch immer viel zu gering. Bei den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften geschehe keider mit wenigen Ausnahmen für die Unfallverhütung noch nichts. Hier sehe man auch, wie es mit der gerühmten Königstreue der Agrarier stehe; denn sie wüßten ja doch, daß sie, wenn sie in dieser Richtung etwas täten, nur im Sinne der bekannten Aeußerung Seiner Majestät des Kaisers im Landesökonomiekollegium handelten. Hier müßte doch endlich von den Machtmitteln Gebrauch gemacht werden, die das landwirtschaftliche Unfallversicherungsgesetz an die Hand gebe, wenn die Agrarier sich gegen den kaiserlichen Willen auflehnten.
Abg. Schmidt- Elberfeld (fr. Volksp.): Auf meinen Antrag ist seinerzeit der 8 34 des erwähnten Gesetzes beschlossen worden. Neuer— dings ist über die Wirkung dieses § 34 große Beunruhigung in die berufsgenossenschaftlichen Kreise hineingetragen worden. Man hat offenbar die mangelnde Gesetzeskenntnis der Gewerbetreibenden benutzt, um diese Bestimmung in demagogischer Weise auszunutzen als ob den Betreffenden unrechtmäßigerweise zu viel ab⸗ genommen werde. Auch auf dem Berufsgenossenschaftstage in Bremen wurde eine Resolution dagegen angenommen, nachdem dort ein Herr Wenzel nachzuweisen gesucht hatte, daß die von der Regierung darüber vorgelegte Denkschrift unrichtige Angaben enthielte. Der Betreffende irrt sich, und die groben gefer, die er anderen nachsagt, liegen bei ihm selber. Man hat sich 1900 im Reichstage auf einen Mittelweg zwischen dem Umlage“ und dem Kapital deckungsverfahren geeinigt, um das plötzliche Erschweren der Verpflichtung um mehrere hundert Millionen zu vermeiden. Schon 1884 wurde zugegeben, daß die Umlageform die spätere Zeit erheblich belasten und die Neuetablierung von Geschäften, namentlich von kleinen Handwerksbetrieben, erschweren würde; diese Voraussage ist, eingetroffen und hat jene Beschlußfassung bewirkt. Für das kleine Gewerbe, den Mittelstand und das Handwerk ist der hohe Reservefonds als eine Sicherung gegen wechselnde geschäftliche Kon⸗ junkturen zu betrachten. Die Fehler der Gegenrechnung, die Herr Wenzel aufgestellt hat, sind nur darauf zurückzuführen, daß er gegen die einfachsten Regeln der Regeldetri verstoßen hat. Er hat auch die Verhandlungen des Reichstags nicht genau gelesen. Hoffentlich nimmt er seine Behauptung zurück, wie er schon auf dem Berufsgenossen. schaftstage in Bremen wegen eines Angriffs gegen ein Bundes— ratsmitglied hat Abbitte leisten müssen. Die größeren Reserven schützen vor einer plötzlichen Steigerung der Beiträge auch im Falle der Abnahme der Versicherungspflichtigen. Man wird uns später . dafür wissen, daß wir in dieser Beziehung Vorsorge getroffen aben.
. Abg. von Gerlach (fr. Vgg): Durch eine Entscheidung der Königlichen Eisenbahndirektion Berlin wurde einem Rangierer, dem beide Beine abgefahren waren, eine Hilflosenrente aberkannt, weil er ja, abgesehen von den Folgen des Unfalls, gesund und im Besitz der Hände sei. Auf diese Entscheidung könnte man auch die Bezeichnung »Gemütstiefe“ anwenden. Der Bescheid der Eisenbahndirektton stũtz sich auf verschiedene Entscheidungen des Reichsgesundheitsamts. Piefe Enscheidungen verstoßen aber gegen die Billigkeit, die Absicht des Gesetzgebers und den klaren Wortlaut des Gesetzes. — ü 15 Trim born GSentr): Ich bin im großen und ganzen der— selben Meinung. Es wurden seinerzeit im Reichstage gerade die Fälle, wo ein Verunglückter beide Hände oder Füße verkoren hat, als solche anerkannt, wo die Hilflosenrente gezahlt werden müßte. Auf Grund des § 48 des Gewerbe, Unfall er iche rungsgesetzes haben die meisten Berufsgengssenschaften Dienstvorschriften erlaffen, in denen den Berufsgenossenschafts beamten die Pensionsberechtigung und der— artige Versorgungen zugebilligt werden. Nur drei Genossenschaften haben diese Wohltaten ihren Beamten nicht zu teil werden lassen. Vielleicht kann das Reichsversicherungsamt hier Abhilfe schaffen. Von der Weiterversicherung und Selbstversicherung der Handi ler wird jetzt leider nur ein sehr geringer Gebrauch gemacht. Es müßte dafür durch tabellarische Uebersichten über die geringen Bei⸗ träge, durch Vorträge in den Meisterkursen, Gesellenvereinen, in Fort⸗ bildungsschulen usw. Propaganda gemacht werden. Hygienische Vor⸗ träge und Themata allgemeiner Gesundheitsfragen wärben auch sehr segensreich wirken. .
Abg. Körsten (Soz.) weist auf die Zunahme der Unfälle gegen das Vorjahr hin, während die Zahl der Todesfälle erfreulicherweise zurückgegangen sei. Die Entscheldungen des Reichsbersicherungsamts würden für die Arbeiter immer ungünstiger. So werden, führt Redner weiter aus, neuerdings die Renten entzogen, wenn ein Arbeiter einen oder mehrere Fingerglieder verloren und sich mit der Zeit daran an— geblich »gewöhnt!“ hat. In einer Holzarbeiterversammlung befanden sich (5H og Verstümmelte, von diesen bezogen aber nur 20 0 Renten. Dahin führt diese Spruchpraxis des Reichs versicherungs⸗ amts von dem (kleinen, unberechenbaren Schaden“, der durch den Berlust von Fingergliedern uw. elngetreten ist. Besonders schlimm ist die immer mehr einreißende Praxis des Reichsversicherungsamts, Illes auf „Gewerbekrankheiten' zurückzuführen, wodurch eine weitere Verminderung der Unfallrenten herbeigeführt wird. Daneben wird e6‚ den Unfallverletzten, deren Renten herabgesetzt worden sind, immer schwieriger, ein Attest zu erlangen, wenn sie den Bescheld anfechten wollen. Kein Krankenhaus stellt ein solches aus. Viele Aerzte weigern sich, eins. auszustellen. Anderseits bekommt der Verletzte das Altest, das der behandelnde Arzt ausstellt, überhaupt nicht zu sehen, ja die Berufsgenossenschaften ver“ weigern sogar die Einsichtnahme. Bei den Rekursverhandlungen wird der Vertreter des Arbeiters häufig nicht einmal zugelassen. Das Reichsversicherungamt ist auch schon dazu gelangt, zu erklären, daß es gleichgültig sei, ob ein Arbeiter ein Brittel seines Verdlenstes . Beruf oder außerhalb verdient. Vielfach verlangt jetzt das Neichsversicherunggamt auch, daß vor dem Eintritt in die Prüfung des Rentenansprucheg die Karten vom Arbeiter voll geklebt werden müssen, auch wenn durch Schuld oder Nachlässigkeit des Arbeitgebers ahrelang nicht geklebt worden ist. So steht es in der Praxis, und da darf man sich nicht wundern, daß die Invaliden, und Altersrenten zurückgehen.
Abg. Dr. Spahn: Wenn die Wünsche des Vorredner erfüllt werden sollen, müßte das ganze Verfahren, vor den Schiedsgerichte umgestaltet werden. Zu den Einzelfällen hier im Reichstage Stellung zu nehmen, ist sehr schwer; wir müssen doch von der Voraussetzung guggehen, daß die Herren im Reichsbersicherungs amt auch! nach bester Ueberzeugung ihre Entscheidung treffen. In' den Berichten ist die Angabe der Konfesfion der Empfänger von Darlehen A4ug Mitteln der Landeshersicherungsanstalten immer noch nicht voll⸗ ständig enthalten. Wir bitten wiederholt um diese Angaben, um er— sehen zu können, eb die katholischen Anstalten in größerem Umfange bei der Vergebung dieser Gelder berücksichtigt worden sind. Redner fordert schließlich Parität, für die Konfession des Krankenpflege— personals. In den Heilanstalten der Berufsgenossenschaften müßte volle Parität gewährt werden.
Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Ich gehe zunächst auf einige Bemerkungen des ersten Herrn Vor⸗ redners ein. Es ist behauptet worden, das Reichsversicherungsamt hätte den Grundsatz einer gewissen Gewöhnungsrente; wenn jemand trotz eines körperlichen Schadens sich gewöhnt hätte, eine gewisse Arbeit zu ver⸗ richten, werde die ihm zustehende Rente gekürzt. Das Sachverhãltnis ist aber doch ein etwas anderes. Das Reichsversicherungs amt gewährt biSweilen Verunglückten, die durch einen Unfall in ihrer körperlichen Bewegungsfähigkeit irgendwie beschränkt sind, eine etwas höhere Rente, als eigentlich nach dem objektiven Befund ihres Leidens geboten wäre, von der Ueberzeugung ausgehend, daß ein Mann, der irgend einen Schaden an einem Gliede seines Körpers erlitten hat, allerdings eine gewisse Zeit gebrauche, um mit diesem Schaden, mit dieser körper— lichen Behinderung seine alte Arbeit wieder in dem bisherigen Um⸗ fange fortsetzen zu können. Wenn dann eine Zeit vergangen ist, von der man annehmen kann, daß er sich inzwischen gewöhnt hat, mit dem beschädigten Gliede die alte Arbeit wieder zu verrichten, dann wird allerdings die Rente entsprechend heruntergesetzt, weil man sagt: jetzt hat der Mann sich so weit wieder eingearbeitet, z. B. mit einem verletzten Finger oder Arm, daß er seine Arbeit wieder in einem bestimmten Umfange verrichten kann. Daß aber darin, wie der Herr Vorredner anzunehmen schien, die Absicht läge, die Rente künstlich herabzudrücken, das ist nicht der Fall. Außerdem muß ich auf das entschiedenste bestreiten, daß das Reichs versicherungs⸗ amt jemals ein Erkenntnis dahingehend gefällt habe, daß jemand um deswillen eine geringere Rente zu bekommen habe, weil ein Arbeitgeber ihm den alten Lohn weitergewährt hat. Das wäre eine vollständig verkehrte Rechtsprechung. Humane Arbeitgeber gewähren sehr häufig Arbeitern, die infolge eines Unglũcksfalles in ihrem Betriebe weniger arbeitsfähig geworden sind, trotzdem den alten Lohn weiter. Das ist selbstverständlich nur ein Akt der Frei⸗ gebigkeit des Arbeitgebers. Das darf aber natürlich bei einer gericht lichen Entscheidung auf Grund des Unfallversicherungegesetzes nie in Rechnung gesetzt werden. Akte gutherziger Freigebigkeit gehen die Behörden nichts an; die rechtsprechende Behörde hat lediglich zu ent⸗ scheiden: in welchem Grade ist die bisherige normale Erwerbs tätig⸗ keit des Mannes eingeschränkt? z
Es ist dann weiter behauptet worden, daß der Verletzte das Attest gar nicht in die Hand bekäme, das der behandelnde Arzt über seine Verletzung ausgestellt habe. Das kann ich auch in dieser Allgemeinhei als zutreffend nicht anerkennen; denn für die Schiedsgerichtsinstanz heißt es im § 9 des Gesetzes:
Die dem Schiedsgericht eingereichten Urkunden sind ;
Berufsgenossenschaften wie den Verletzten rechtzeitig zuzustellen. Und dann heißt es weiter:
Inwieweit ärztliche Zeugnisse in gleicher Weise mitzuteilen sind,
unterliegt zunächst der Entscheidung des Vorsitzenden.
Es ist also keineswegs gesetzlich ausgeschlossen, daß die ärztlichen Zeugnisse, insbesondere das Zeugnis, welches der behandelnde Irzt ausgestellt hat, den Verletzten mitgeteilt werden; aber bei den Be— ratungen in der Kommission war, als diese Fassung gewählt wurde,
der Gesichtspunkt maßgebend, daß es in manchen Fällen geradezu eine
Grausamkeit wäre, den Verletzten das Attest mitzuteilen; denn manchmal ist dieses ärztliche Attest für den Verletzten geradezu ein Todesurteil. Ich glaube aber, wenn nicht derartige Gründe vorliegen, werden die Schiedsgerichtsvorsitzenden dieses Attest, welches Verletzten unter Umständen ein wichtiges Beweismaterial
oder auszugsweise mitzuteilen keinen Anstand nehmen.
Auch der Vorwurf ist nicht ganz gerechtfertigt, daß, wenn eine erste Festsetzung in einer Unfallsache stattgefunden und der Rechtsweg gegen diese erste Entscheidung noch nicht ers ist, bei einer demnächstigen Herabsetzung dieser ersten Festsetzung . ; ss ö z are Verletzte eigentlich nicht wisse, was er zu tun hätte. Ich weise den § 89 des Unfallversicherungsgesetzes hin, wonach in solchem R ausdrücklich die Rechtsbelehrung vorgeschrieben ist, daß durch — den früheren Bescheid eingelegte Rechtsmittel der Eintritt der Recht = kraft des neuen Bescheides nicht gebemmt wird. Der Verletzte in solchem Fall also ganz genau, was er zu tun hat. :
Es ist auch wieder hingewiesen worden darauf, daß die laudwir schaftlichen Berufsgenossenschaften noch ni die nötigen Unfallt hütungsvorschriften erlassen hätten. Ich kann dem gegenüber daß die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften eine stän mission errichtet haben, um solche Unfallverhũ ungsdorsch entwerfen. Ich glaube, sie werden jetzt schon dem Reichsdersicherungs. amt vorliegen, und daraufbin soll mit den Berussgenossenschaften wegen Erlaß dieser Unfallverbütungsvorschriften alsbald verhandelt werder Ich bin allerdings der Ansicht, daß es dringend notwendig ist Unfallverhütungsvorschriften zu erlassen; denn durch die letzt Novelle zur Unfallversicherung sind eine ganze Anzabl . früher zu den gewerblichen Berufsgenossense wirtschaftlichen Berufsgenossenschaften i gewerblichen Berufsgenossenschaften bestanden eß r landwirtschaftlichen Nebenbetriebe schon vielfach Unfallverbütungs— vorschriften. j wirtschaftlichen Berufsgenossenschaften mit überwiesen ohne derartige Vorschristen. bi ⸗ daß jetzt Unfallverhütungsvorschriften die erwähnten Entwürfe wirtschaftlichen Berusegen auf die Jandwirscha Wichtigste. Man wird
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seits den besten Willen, etwas Genügendes und Praktisches zustande zu bringen, aber man muß allerdings nicht vergessen, daß in der Landwirtschaft, wo der kleinste Mann bisweilen Maschinen hat — ich erinnere nur an die Häckselschneidemaschinen, Dresch⸗ maschinen —, die Gefahr einer Verunglückung außerordentlich groß ist, um so mehr, als diese Arbeiten häufig in dunklen, schlecht er⸗ leuchteten Räumen verrichtet werden. Deshalb ist es auch außer⸗ ordentlich schwer, gerade für die Landwirtschaft praktische und wirklich außführbare Unfallverhütungtevorschriften zu erlassen. Es handelt sich nicht, wie bei der Industrie, um große Betriebe, sondern vielfach um kleine Handmaschinen, und bei diesen kleinen Maschinen passieren die meisten Unfälle.
Der Herr Abg. Dr. Spahn hat mich gefragt, was geschehen ist gegenüber dem Antrage des Abg. Schmidt (Warburg): erstens, fest⸗ zustellen, wie die Darlehen der Versicherungsanstalten verwendet sind nach der konfessionellen Seite hin, und zweitens, wie es sich verhält mit der Anstellung des Pflegepersonals in denjenigen Anstalten, dle den Invalidenversicherungsanstalten unterstellt sind. Ich habe schon im Jahre 1902 durch das Reichsversicherungsamt die Invaliden⸗ persicherungtanstalten und Kasseneinrichtungen anweisen lassen, in ihren Geschäftsberichten eine Uebersicht über die von den Verstcherungs⸗ trãgern gewährten Darlehen an Gemeinden, Schulen ufw. unter Be— zeichnung des konfessionellen Charakters des Darlehnsnehmers auf zunehmen. Herr Dr. Spahn wird sich aus den einzelnen Berichten überzeugt haben, daß sämtliche Versicherungsanstalten das getan haben; nur drei sind meines Wissens der Aufforderung nicht nachgekommen es ist aber wiederholt an das Reichs bersicherungsamt verfügt bon en, das Notwendige dieserhalb zu veranlassen. Ich habe nunmehr uf Grund der Zusammenstellungen, die dem Reichsversicherungtamt vor⸗ liegen von allen Versicherungtanstalten, auch einschließlich der be= zeichneten drei, einen Vergleich ziehen lassen, wie die Verteilung der Darlehen stattgefunden hat, und da ergibt sich folgendes: Es sind an Anstalten mit protestantischem Charakter Darlehen gewährt worden in Höhe von z zoh 443 . und an Anftalten mit. katheolisc;: m Charakter in Höhe von 8 963 448 (Hört, hört! rechts.) Daß es sich in den einzelnen Bundesstaaten und Provinzen verschieden gestaltet, mag richtig sein. Wenn man aber alle Bundesstaaten und Provinzen zusammennimmt, ist durchaus paritätisch vorgegangen und wenn man das Verhältnis der protestantischen zur fatholischen Bevölkerung innerhalb Deutfchlands zum Vergleich heranzieht, so sind in der Tat die Institute mit vorwiegend fatholischem Charakter erheblich besser weggekommen als die Institute mit vor⸗ wiegend protestantischem Charakter, weil die katholischen Institute eine erheblich höhere Summe erhalten haben als die protestantischen. (Hört, hört! rechts.)
Was die Verteilung des Pflegepersonals betrifft, so bin ich allerdings der Ansicht, man sollte bei dieser Gelegenheit ebenfalls mög⸗ lichst paritätisch verfahren, um auch nicht den Verdacht zu erwecken daß man die Reichsversicherungsgesetz gebung benutzen will, um irgent welche konfessionellen Zwecke damit zu verfolgen. Aber es ist sehr zweifelhaft, ob das Reichsversicherungsamt überhaupt befugt ist, in dieser Beziehung den Versicherungsanstalten bestimmte Vorschriften zu machen; denn die Versicherungsanstalten haben nur die Vervflichtung, ein geeignetes Pflegematerial anzustellen; welchem konfessionellen Charakter dieses Pflegepersonal anzugehören hat, glaube ich, ist das
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Zum Schluß no führungen des Herrn die sich einerseits
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