1904 / 39 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 15 Feb 1904 18:00:01 GMT) scan diff

ne r r e n den mne,

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 165. Februar.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten heute von 10/4 Uhr an im hiesigen Königlichen Schlosse die Vorträge des Fhe s des Zivilkabinetts, Wirklichen Geheimen Rats Br. von Lucanus und des Staatssekretärs des Reichs⸗

postamts Kraelke.

Der Ausschuß des Bundesrats. für Handel und Ver⸗ kehr und die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen hielten heute Sitzungen.

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Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. Han sa⸗ mit dem Zweiten Admiral des Kreuzergeschwaders, Kontre—⸗ admiral von Holtzendorff an Bord am 12. Februar von Tschifu in Port Arthur eingetroffen und an demselben age mit den deutschen Frauen und Kindern und der deutschen Post

singtau in See gegangen. . 5 8 . S. „Sher ist am 10. Februar von Tsingtau nach Tschemulpo abgegangen.

S. M. S. „Luchs“ ist

ngekommen.

3 SM. SS. „Vin eta“ und „Panther“ sind am 13. Fe⸗ bruar von Veracruz nach Puerto Cortez (Honduras), S. M. S. „Gazelle“ ist an demselben Tage von Veracruz nach Belize und 5 ö S. „Falke“ von Veracruz nach Progreso (Yucatan) in See gegangen. .

g . Dampfer „Roon mit der Besatzung für S. M. Kanonenboot „Tsingtau“ ist am 11. Februar in Penang (Halbinsel Malacca) eingetroffen und hat an demselben Tage hie Reife nach Singapore fortgesetzt. .

Der Dampfer „Syrig*, mit der abgelösten Be⸗ satzung von S. M. S7 „Möwe“ ist am 12. Februar in Colombo (Ceylon) angekommen und hat an demselben Tage die Reise nach Suez fortgesetzt.

am 11. Febraar in Canton

Sachsen⸗Coburg⸗ Gotha.

Der gemeinschaftliche Landtag der Herzogtümer Coburg und Gotha beriet am Sonnabend die Regierungs⸗ vorlage, betreffend den Gesetzentwurf zur Abänderung der Landtagswahlordung. Der Gesetzentwurf wurde, wie „W. T. B.“ mitteilt, gegen die 8 Stimmen der Sozial⸗ demokraten angenommen. Durch . werden bei der Landtagswahl geheime Zettelwahl sowie Isolierräume vor⸗

eschrieben. Bei den Urwahlen entscheidet absolute . 676 Wenn aber bei den Stichwahlen ein Mehrheit nicht erzielt wird, entscheidet die relative Mehrheit. Hier— auf wurde der Landtag bis nach den Neuwahlen vertagt.

Deutsche Kolonien.

Der Kaiserliche Gouverneur von Deutsch⸗ Süd westafrika, Oberst Leutwein ist, wie „W. T. B.“ berichtet, nach einer vorgestern in Berlin eingetroffenen Meldung aus dem Süden des Schutzgebiets in Swakopmund angekommen.

Oesterreich⸗Ungarn.

Die Königin von Schweden und Norwegen ist

gestern in Abbazia eingetroffen. Großbritannien und Irland.

Am Sonnabend ist in London, wie „W. T. B.“ meldet, ein Blaubuch über die Congostaatangelegenheit ver⸗ öffentlicht worden. Es umfaßt den Zeitraum vom 21. Januar 1903 bis zum 12. Februar 1904. In dem Blaubuch ist ein Bericht über den Besuch Lord Cromers in Kiro und Lado enthalten sowie die Note der Congoregierung, in der diese das am 8. August 1903 von England an die Signatarmächte der Congoakte abgesandte Rundschreiben beantwortet, ferner der Bericht über den Besuͤch des britischen Konsuls Casement im inneren Congogebiet. Dieser Bericht weist darauf hin, daß von den belgischen Beamten große Tatkraft entwickelt werde bei der Ein⸗ fuͤhrung ihrer Maßnahmen zu dem Ziele, eines der wildesten Gebiet? Afrikas zu beherrschen. Casement erwähnt zunächst, daß der offene Verkauf von Sklaven verschwinde, der früher ein' weit verbreitetes Uebel gewesen sii. Er geht dann zu einer ausführlichen Schilderung der Zwangsarbeit über. So⸗ dann führt er zahlreiche Mißbräuche an, darunter die Inhaft— setzung von Frauen, um ihre Männer zur Arbeit zu zwingen, und schildert ferner schwere Fälle von Grausamkeiten und Folterungen durch Eingeborenentruppen, die im Kautschuk⸗ gebiet als Polizei verwendet würden. Schließlich teilt das Blaubuch eine Denkschrift vom 11. Februar d. J. mit, durch die das Auswärtige Amt die Note des Congostagtes vom 17. September beantwortete. In der Denkschrift heißt es, der Bericht des Konsuls Casement werde den Signatarmächten der Berliner Congoakte und dem Parlament vorgelegt werden. Die Mitteilungen Casements über die Verwaltung des Congo und das bei der Steuereintreibung beobachtete Verfahren bildeten eine ernste Anklage, die keines Kommentars bedürse. Die britische Regierung sei der Meinung, daß in weiten Gebieten die durch den Berliner Vertrag übernommenen Ver⸗ pflichtungen nicht burchgeführt worden seien. Was den Congo⸗ handel betreffe, so duͤrfe es angezeigt sein, die Frage dem Haager Schiedsgericht zu unterbreiten.

Bei der am Sonnabend in St. Albans vorgengmmenen Ersatzwahl zum Unterhause wurde Slack. (ib) mit Nö? Stimmen gegen Gibbs (kons), einen entschiedenen An⸗ hänger der Cham erlainschen Zoll politik, gewählt, der 4625 Stimmen erhielt. Die Wahl war durch den Austritt Gibbs aus dem Unterhause veranlaßt, den Gibbs für notwendig ge⸗ , hatte, weil er als Vermittler für die Admiralität beim nkauf chilenischer Kriegsschiffe fungiert hatte. Frankreich.

Der Ministerrat setzte vorgestern, wie W. T. B.“ berichtet, die Bedingungen fest, unter denen der Minister des Aeußern Delcassé ermächtigt werden solle, mit Siam über eine! neus Konvention zu verhandeln. Delcassè setzte die siamesische Gesandtschaft von diesen Bedingungen in Kenntnis.

Das Ubtkommen wurde darauf am Abend unterzeichnet.

und vereitelt worden.

Eg sichert Frankreich all Vorteile des Abkommens don 1902, enthält , wirtscha en und politlschen Einfluß im s

. um 2 Großen See verschaffen, wo Siam e

t n ñ ewesen ist, die lokalen Behörden ö ö . der , Polizei Gendarmerie zu segen. Diese, Ver uche werden

nicht wiederholen, da Siam sich verpflichtet, in diclen Provinzen eine reine Eingeborenenpolizei zu unterhalten, deren Offiziere Franzosen sein sollen. Sebald dort allgemeine Sicherheit. durch eführt ist, sollen öffentliche Arbeiten unter der Leitung, sranzöstscher Ingenieure unter- nommen werden. Frankreich behält Tschantabun, bis die neue französisch fiamesische Gren je festgestellt und namentlich der Teil zwischen dem Großen See und dem Meere der seit 1867 nicht hatte festgesetzt werden können, und biz die Frankreich zukommenden Gebietztesle sich in seinem Besitze befinden. Fran⸗ zöfische Jngenieure erhalten die Erlaubnis, auf dem Land. oder dein Wasserwege die Verbindung mit der bedeutendsten Stadt des

Nam muntales Ubo erleichtern. Dies wird es Franz ös ch bon zu ; Einfluß auszuüben

zu unterdrücken

siamesische

Indochina ermöglichen, dort wirischaftlichen und . ür die aus Saigon kommenden Waren zu erschließen. Langs des rechten Ufers des Melong hat Siam

Frankreich in allen großen Hand ele zentren die der Generalgonbernenr von Indochina e hat, Strecken Landes eingeräumt. wo Handels und Schiffsniederlaff ungen gegründet werden sollen. Auf siamesischem Gebicte sollen überall, wo der Mekong dem Verkehr Hindernisse bietet, Eisenbahnen gebaut werden, Frankreich wird mit, auf dem rechten Mekongufer zahlreiche Punkte besetzen sodaß die Zone von 25 Rm überflüsstg wird, durch die Siam gehindert werden sollte, sich auf dem linken Mekongufer festzusetzen. Des weiteren verzichtst. Siam auf die Souveränität über mehrere auf dem rechten Mekongufer ge— legene Territorlen. Die Frage der Schutzbefohlenen ist den Forde rungen Frankreichs entsprechend geregelt worden. Siam erkennt die gegenwärtigen Listen an; die französische Rechtsprechung wird auf alle ranzösischen Schutzbefohlenen obne Unterschied aushedehnt. . Das „Journal officiel? von heute veröffentlicht die Neutralitätserklärung Frankreichs.

Ruszland. .

Die Großfürsten Kyrill und Boris werden sich, wie dem „W. T. B.“ gemeldet wird, in den nächsten Tagen nach dem Kriegsschauplatz begeben. . .

Der Chef des Generalstahs der Marine, Koentreadmiral Roschdestwens ky wird am Dienstag nach Ostasien abreisen.

Der General Linewitsch ist zum Oberkomman⸗ dierenden der Mandschureiarm ee, und. der General Rennenkampf zum Chef der Kosaken in Ostasien ernannt worden. . J Der Kommandeur des preußischen Kaiser Alexander Garde⸗ Grenadierregiments Nr. 1 Oberst von Schenck ist in St. Petersburg eingetroffen, um im Namen des Offizier⸗ korps des Regiments dem K aiser eine Blechmütze, die historische Kopfbedeckung des Regiments, zu überreichen, Gleich⸗ zeitig überbringt der Oberst von Schenck ein eigenhändiges Schreiben des Deutschen Kaisers. Gestern wurde der Sberst von Schenck von dem Kaiser Nicolaus empfangen.

Der finntändische Senat hat an den Kaiser ein gem n, . gerichtet, worauf telegraphisch der Dank erfolgte. ;

Im Hofe des Palais in Warschau veranstalteten vor⸗ gestern die Studierenden der Universität, des Poly⸗ technikums und des Veterinärinstituts eine patxio⸗- tische Kundgebung; später fand eine solche vor dem fran⸗ zöfischen Konsulat statt. : .

Der Admiral Alexejew meldet dem Kaiser in einem Telegramm aus Port Arthur vom gestrigen Tage, es seien ihm Nachrichten über Versuche zugegangen, Telegraphenposten an der oftchinesischen Bahn und einen Pfeiler an der Sungari⸗ brücke zu sprengen; die Versuche seien aber rechtzeitig bemerkt Dle Eisenbahn werde stark bewacht.

Der Generalquartiermeister des Feldstabes des Statt⸗ halters Alexejew, Generalmajor Pflug meldet aus Port Arthur vom gestrigen Tage, Privatnachrichten zufolge hätten die Japaner nach dem Kampfe bei Tschemulpo 19006 Mann gelandet. Zwischen Tschemulpo und Tschifu sei von ihnen ein drahiloser Telegraphendienst mit Schiffen als Zwischenstationen eingerichtet worden. In Port Arthur sei alles ruhig. Vom feindlichen Geschwader lägen keine Nachrichten vor. Aus Inkau träfen fortgesetzt Mel⸗ dungen ein, daß bei Nacht auf hoher See und unweit des Nordbahnhofs Lichter gesichtet worden seien, woraus auf die Anwesenheit feindlicher Kundschafter geschlossen werde.

Der Ingenieurchef im Kwangtunggebiet, General Bazi⸗ lewski meldet, daß die Batterien der Festung Port Arthur bei der Beschießung keinerlei Beschädigung erlitten hätten.

Italien.

Vorgestern abend fand, wie „W. T. B.“ berichtet, im Ministerlum des Auswärtigen ein Diner zu Ehren der deutschen Unterhändler fur die Vorbereitung eines Handel svertrags statt. An dem Diner nahmen teil: der deutsche Botschafter Graf von Monts, der Ministerpräsident Giolitti, der Minister des Auswärtigen Tittoni, der Schatzminister Luzzatti, der Minister für Ackerbau, Handel und Industrie Raa und die stalienischen Handels vertraͤgsunterhändler, der Unterstaatssekretär im Ministerium des Auswärtigen Fusinato, der General⸗ sekretär in demselben Ministerium Meld a no und der Unter⸗ staatssekretär im Finanzministerium Majorana.

In der Deputiertenkammer erklärte am Sonnabend der Schach minister Lußzzatti auf cine Anfrage, er könne, ohwohl die internationale Lage sich inzwischen verschlechtert habe, auch jetzt noch wiederholen, was er in seinem Finanzexposs ausgeführt habe, daß nämkich der Stand des Budgets im großen und ganzen gut sei.

Der Pa pst empfing vorgestern den Professor Dr. Frei⸗ herrn von Hertling.

Türkei. Wie die „Frankfurter Zeitung“ aus Saloniki meldet, wurde in Dschümabalag eine ungefähr 100 Mann zählende bulgarische Bande von der fürkischen Grenzwache, die

durch zwei Kompagnien verstaͤrk' war, angegriffen. Der Kampf habe lange Zeit gewährt; Nachts seien die Bulgaren geflüchtet und hätten 12 Tote auf dem Felde gelassen, die Türken hätten einen Toten und zwei Verwundete gehabt. Nach Angabe des Generalinspektors Hilmi Pascha wird, dem Wiener „Telegr⸗Korresp. Buregu“ zufolge, die all⸗ gemeine Amnestie für ungefähr 1500 Vulgaren erst in einigen Wochen erfolgen.

Griechenland. Athen, 153 Februar. Die Kronprinzessin istz wie „W. T. B.“ meidet, am Sonnabendabend von einer Prin⸗ zessin entbunden worden.

zehntausend Mann für die Grenze

Bulgarien.

Das offiziöse Blatt Nov Vek⸗ versichert, Bulgarien werde sich niemals durch Rnrtischẽ Herausforderungen zu unbesonnenen Schritten verleiten lassen, andererseits ö. man es begreiflich finden, daß zum Schutz gegen die unaufhörliche Bedrohung des Fürstentums alle erforderlichen Maßnahmen getroffen würden.

Amerika.

Die Note über die Neutralität Chinas, die der Staatssekretär Hay den diplomatischen Vertretern Amerikas bei den Mächten übermittelt hat, lautet, dem,, W. T. B.“ zufolge: .

Sie wollen dem Minisser des Auswärtigen den lebhaften Wunsch der Vereinigten Staaten zum Ausdruck bringen, daß während der mi lar schen Operationen zwischen Rußland und Japan die Reutralität Chinas und alle Mittel, seine administrative Einheit kurchzuführen, von den beiden kriegführenden Parteien respettiert würden und der Schauplatz der Feindseligkeiten nach Möglichkeit sokalisiert und beschränkt werde, damit jede Aufreizung zu einer chinesischen Erhebung vermieden und dem Welthandel und Weltverkehr möglichst wenig Schaden zugefügt werde. . .

Der französische Botschafter Jusserand teilte, wie das „Reutersche Bureau“ erfährt, dem Staatssekretär Han mit, haß Frankreich gern sein em Vorschlage, betreffend die Neu kralifierung Chinas, zusimme—. Man glaube auch Grund zu der Annahme zu haben, daß Ru ßland dem Vorschlage zustimme. Dagegen lasse man durchblicken, daß Oesterreich⸗ Ungarn keine Geneigtheit zeige, der Aktion beizutreten, da es àn den Vorgängen in. Ostasien wenig interessiert sei. England wünsche, daß die Ziele und Absichten der Note näher aufgeklärt würden. Der Staatssekretär Hay sei wenig geneigt, nachzugeben, da er es für unmöglich exachte, die Mächte zu einigen, wenn er sich bemühe, die Ziele genauer darzulegen, für die ein zusammenwirkendes Vorgehen wünschens— wert sei.

Der Marinesekretär Moody beantwortete gestern abend bei einem Festmahl des republikanischen Klubs in Washington zur Feier von Lincolns Geburtstag einen auf die Marine

ausgebrachten Toast. Er nahm dabei auf den russisch- japanischen Krieg Bezug. und erklärte; „Wir werden Neutralität bewahren. Wir haben kein Interesse,

beendet werde, und keine Sorge, außer daß keine andere Nation in den Kampf verwickelt werde. Ich kann die Versicherung geben, daß unter keinen erdenklichen UÜmständen eine Gefahr für den Frieden unserer Nation vor— handen ist.“

außer daß der Krieg schnell

Asien.

Die japanische Regierun hat, wie „W. T. aus Tokio meldet, als die eren ahl unvermeidlich erschien, durch den japanischen Gesandten in Peking der chinesischen Regierung den Rat geben lassen, im Falle des Ausbruchs von Feindseligkeiten eine strikte Neu tralitätz zu beobachten. Als Motiv zu diesem Entschluß wurde der Gesandte beauf— tragt, folgende Gründe anzuführen:

1 Es sei die Pflicht eines jeden Kriegführenden, dazu beizutragen, daß die Leiden des Kriegs zustandes möglichst eingeschränkt blieben; daber müsse versucht werden, den Kriegeschauplatz derart einzuschränken, daß der Handel und Verkehr der Neutralen möglichst geschont werde.

2) Desgleichen müsse auch angestrebt werden, die internationalen Kriegtperhältnisse möglichst zu vereinfachen, d. h. die Zahl der krieg = führenden Parteien möglichst einzuschränken. In dem gegenwartigen Falle sollte daher dies auf Japan und Nußland beschränkt werden, um einen Weltkrieg zu verhindern. t

3) Im Falle eines Krieges zwischen Japan und Rußland sei es von höchster Wichtigkeit, daß im Innern Ghinas Ordnung und Ruhe bewahrt würden. desgleichen in den offenen Häfen, um di

B

die Auf⸗ regung der Bevölkerung zu vermeiden, die den Mächten einen Vorwand dazu geben könne, in die Angelegenheiten Chinas einzugreifen.

Gleichzeitig wurde der Gesandte beguftragt, die chinesische Re gierung darüber aufzuklären, daß die Erklärung der Neutralität chinefischerfeits auch wichtige Pflichten mit sich bringe, nämlich daß China dafür sorgen musse, daß seine Neutralität auch von den Kriegführenden respektiert werde. Jeder Versuch, die Neutralität zu brechen, müsse zurückgewiesen werden, int befonder⸗ durften seine Häfen nicht als Batz für mililärisch⸗ oder maritime Operationen benutzt werden, als Aspl für Schiffe der Kriegführenden, die dort Schaden reparieren, sich verprovigntieren und aufs neue kriegerische Operationen unternehmen wollten. Ching müsse raher Schanbaikwan und andere strategische Punkte militärisch be⸗ setzen und dafür sorgen, daß seine Häfen nicht zu kriegerischen Zwecken benutzt würden. ; .

Durch eine genaue Beobachtung dieser Grundsätze werde China sein Gebiet, mit Ausnahme der Mandschurei, von den Leiden des Krieges befreien, und um die Neutralitãt Chinas von den Mächten anerkannt zu sehen, werde Japan zu geeigneter Zeit den Mächten die Mitteilung machen, daß es beabfichtige, die Neutralität Chinas zu refpektieren, solange dies auch auf feiten Rußlands der Fall sei.

Die chinesische Regierung hat, wie aus Peking gemeldet wird, am 12. d. M. eine Proklamation erlassen, in der sie die Neutralität Chinas erklärt. .

Aus Tientsin erfährt das „Reutersche Bureau“, daß zwischen Petschili und der Mandschurei bestimmte Truppen nächste Woche von Paotingfu nach Schanhaikwan abgehen würden, .

Der russische Postdampfer „Mongolia“, der angeblich von den Japanern weggenommen sein sollte, ist wohlbehalten n Dalny angekommen. Die russischen Passagiere haben von dort ihre Reise fortgesetzt, die Engländer sind auf der Rück⸗ reise nach Schanghai. . Der französische Marineminister Pelletan hat, 8. T. B.“ zufolge, vorgestern von dem Kommandanten s franzöfischen Geschwaders in Ostasien folgende Depesche aus Saigon erhalten;

Auf Ersuchen der französischen Gesandten in Soul und Tokio wird der französische große Kreuzer „Amiral de Guevdon kon Tongking ksmmend, nach Efchemulo fahren, um die qa nn. ländischen Kreuzern aufgenommenen rufsischen Matrosen an Bord * nehmen und fie auf der Durchfahrt in S anghai

Som Dell

an Bord zu cken. Der ‚„Amiral de Gueydon werde für diese internationale Missien von der japanischen Regierung sicheres Geleit erhalten. ;

Der japanische Gesandte in Korea berichtet, daß der rufsische Gesandte und die russischen Bewohner von Shul' mit ber Gefandtschaftswache am 12.8. N. nach Tschemulpo abgereist seien. ö

Die „Dally Mail“ meldet aus Port Arthur don 12. d. M., amtlichen Depeschen zufolge hätten die Japane; gh Mann bei Ta lfenw an gelanßet. Von diesen n 410 durch Kosaken niedergemacht worden, die übrigen seien auf die Schiffe zurückgekehrt. M

Demselben Hirn wird aus Niutschwang vom 11. d. . gemeldet, amtliche Depeschen gus Port Arthur besagten, baß die Japaner am 10. 8. M. große Truppenabteilungen bei den Verschanzungen an der Du ff ht ausgeschifft hätten.

Man habe sie landen lassen, dann angegriffen und mit großen Verlusten zurückgeschlagen.

Der japanische kommandierende Admiral berichtet über das Gefecht, bei Port Arthur, daß zwar einzelne Schiffe leicht beschädigt worden seien, daß aber keines außer Gefecht gesetzt worden sei. Die Torpedoboote seien nach dem Angriff zur Hauptflotte zurückgekehrt.

„Älöoyds Agentur“ wird aus Na gasaki telegraphiert, daß die Fapäner die norwegischen Schiffe „Lena“, „Activ“, „Sentis“, „Seirstad“ und „Argo“, die von einem russischen Unternehmer gechartert gewesen seien, weggenommen hätten.

Auf Ersuchen des englischen Konsuls an den japanischen Konsul in Tschemulpo um Aufnahme von 34 ver— wundeten Russen in ein japanisches Hospital seien diese in das . der japanischen Krankenpflegerinnen in Tschemulpo sofort aufgenommen worden. Die Verwundeten würden dort durch japanische Aerzte behandelt.

Afrika.

Die ägyptische Regierung hat dem russischen Torpedobootzerstörer, der am 10. d. M. havagriert in Port Said eingetroffen war, die zuerst verweigerte Erlaubnis erteilt, in Suez ins Dock zu gehen. Es wird beabsichtigt, den Torpedobootzerstörer von Port Said nach Suez durch den Kanal zu schleppen.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die vorgestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

In der heutigen (33 Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky⸗-Wehner und der Staatssekretär des Reichs postamts Kraetke beiwohnten, machte zunächst der Präsident Mitteilung von dem Eingang einer Vorlage, be⸗ freffend die Uebernahme einer Garantie seitens des Reichs für den Bau einer Eisenbahn von Dares⸗ salam nach Mrogoro.

In die Reichsschuldenkemmission wurde an Stelle des Abg. Engelen auf Vorschlag des Abg. Dr. Spahn (Zentr.) der Abg. Erzberger (öHentr) durch Zuruf ge— wählt.

Darauf setzte das Haus die zweite Beratung des Reich s⸗ haushaltsetäts für 1904 bei dem Etat des Reichsamts des Innern, und zwar beim Ausgabetitel „Reichsver⸗ sicherungsamt“ fort.

Abg. Fräßdorf (Soz.): Daß das Reichsversicherungs⸗ amt als Rekursinstanz überlastet ist, wird,. allseitig zu—⸗ gegeben. Mehr als 15 Unfallsachen dürfen nicht auf eine Tagesordnung gesetzt werden; bei der Häufung der Rekurse wird nichts übrig kliben als eine Vermehrung der Senate. Bei den Schiedsgerichten follten in einer Tagesordnung höchstens zehn Sachen zur Entscheidung gelangen. Ueber die Aeußerungen des Staatssekretärs, betreffend die Unfallverhütung im Baugewerbe, haben die Bauarbeiter eine Freude gehabt. Einzelne Baugewerksberufsgenossenschaften haben ja ver— hältnismäßig gute Unfallpverhütungsvorschriften, z. B. die sächsische. Uber die Vorschriften stehen schließlich doch nur auf dem Papier, ohne die Mitarbeit der Arbeiter bei der Kontrolle ist kein Lortschritt zu erreschen. In Bayern ist man in dieser Hinsicht mit gutem Beispiel vor⸗ angezangen. Ueber die Kranlenkassen und die freie Arztwahl, die ja jetzt fozusagen im Mittelpunkt des öffentlichen Lebens steht, baben die Herren Dr. Becker und Dr. Mugdan allerlei gesagt, das der Richtig⸗ ftellung bedarf. Die Herren, haben darüber gezetert, daß die bösen Sozialdemokraten den Arbeitern die ganze Sozialreform verleiden. Uebtigens geben die Herren im Reichskage nur eine Gastrolle, womit ich nicht sagen will, daß sie Primadonnen sind; es ist dafür gesorgt, daß der deutsche Reichstag später auch ohne sie fertig wird. Herr Mugdan spejiell hat mit großem Erfolg den Regierungskommissar gespielt; er hat die Berufsgenossenschaften und deren Vertrguens⸗ ärzte mit dem größten Eifer verteidigt. Wenn mein Freund Stadt⸗ hagen bei der Kritik in dieser Richtung vielleicht einmal etwas zu

weit geht, so ist doch diese Kritik leider nur zu be⸗ rechtigtt. Dabei ist die Behauptung, daß, nur die bösen

Sozialdemokraten an allem, auch an den Augständen, ganz und gar nicht zu halten. bie man auf die Sozialdemokratie zurückführen könnte. Die Aibeit⸗ geberbertreter der Leipziger Ortskrankenkassen haben gegen diese Behauptungen eine öffentliche Erklärung erlassen; auch ist das Telegramm der Gölner Kassenvorstände an den Kaiser nicht von den Cölner Sozialdemokraten abgesendet; die sind vielmehr dagegen auf— getreten, daß man den Kaijer in die Sache hineinzog. Kauf⸗ männische Krankenkassen haben sich gegen die freie Arztwahl erklärt; der Eisenbahnminister will ebensowenig etwas davon wissen, weil sie ihm für die Eisenbahnarbeiter nicht durchführbar erscheint. Vie große Firma Zeiß in Jega mit 17660 Arbeitern hat die freie Arztwahl, die bei ihr früher bestand, nach den in letzter Zeit infolge der Vermehrung der Aerzte gemachten schlechten Erfahrungen wieder beseiligt. Die Aerzte werfen den Arbeitern Terrorismas vor; aber ihr heutiges Vorgehen sieht doch sehr bedenklich nach etwas aus, das, wenn es don Arbeitern ausginge, den Staatsanwalt ver— anlassen würde, den Erpressungsparagraphen in Bewegung zu setzen. Die Magdeburger Kassenärzte, 130 an der Zahl, haben die . pi dergflent und verlangen die Entlassung des Kassenrendanten. Aehnlich sind sie in anderen Orten vorgegangen, wo sie auf die Ent⸗

; in, schuld seien, Gegenwärtig sind nirgends Streiks,

lasfung bon Kassenbeamten dringen, die ihnen unangenehm ge⸗ worden sind; sie wollen sich also dem Einfluß der Kassen— verwaltung entziehen, aus der Kasse nehmen, so viel ihnen

beliebt, und schließlich auch die Vorstände nach ihrem Geschmack

zusammensetzen. In Cöln ist die Sache durchaus noch nicht entschieden, indem infolge des Kaisertelegtamms die Behörden

zu neuer Hrüfung der Verhältnisse angehalten worden sein sollen. Da wollen wir schen, ob die von der Behörde geschlossenen neuen Verträge mit den Aerzten für gültig anerkannt werden. In Crim⸗ mitschau haben die Behörden Gen falls widerrechtlich eingegriffen und mit den Aerzten gleich ein Sepiennat fertig gemacht. Man fabelt immer von der Beteiligung der Sozialdemokraten an den Kranken lassen. Vor dem sozialdemokratischen, Einfluß ist. der größte Til der Kassen schon von vornherein gesichert. (Widerspruch.) Fi. wissen dech. so gut wie ich, Herr Mugdan, daß in allen Betriebs krankentassen der Arbeitgeber, nicht der Arbeiter regiert. Nicht 20 690 der krankenversicherungspflichtigen Personen werden durch soztaldemokralische Vorstande oder Mendanten in den Kranken⸗ kassen regiert. Die Sezialdemokraten haben dort nicht den an, der ihnen zukommt. Der Abg. Erjberger ist in dieser Hesiehung übel beraten. Daß wir keine Engel sind, hat auch Bebel schon gesagt, aber mit den Vertretern des Zentrums und anderer Parteien können es unsere Beamten aufnehmen an Unparteilichkeit und Objektivität. Herr Mugdan meinte, seine Angriffe richten sich nicht gegen die Krankenkassen, sondern gegen die bockbeinigen Rassenvorstan de. Wenn er nachweist, daß er die Mehrzahl der Ver— icherungzpflichtigen hinter sich hat . gebe ich 20 in den frei⸗ nnigen Wahlfonds. Die Mitglieder ste zen hinter den Kassenvorständen. . kann, es materiell valtommen gleich sein, ob freie Arztwahl esteht. Wir kämpfen aus Idealismus, Sie aus Egoismus.

Hierauf nimmt bei Schluß des Blattes der Abg. Freiherr Heyk zu Herrnsheim (ni) das Wort.

Das Haus der Abg ordneten nahm in der heutigen

19) Sitzung, welcher der Minister für Handel und Gewerbe

öller beiwohnte, zunächst die Wahl, des Präsidenten

und der beiden Vizepräsidenten für die Dauer der Session vor.

. Auf Vorschlag des Abg. Stengel (freikons) wurde das bisherige Präsidium endgültig für die Dauer der Session durch Zuruf wiedergewählt. Der Präsident von Kröcher (kon), der Erste Vizepräsident Dr. Porsch (Zentr) und der Zweite . Dr. Krause (nl) nahmen die Wahl mit

ank an.

Darauf setzte das Haus die zweite Beratung des Staats⸗ haushaltsetats für das echnungsjahr 1904 im Etat der Berg⸗, Hütten⸗ und Salinenverwaltung bei den Betriebskosten der Bergwerke fort.

Zu diesem Ausgabekapitel liegt der Antrag der Abgg. Dr. Hirsch-Berlin (fr. Volksp.) und Genossen vor:

dem Landtage zur verfassungsmäßigen e fung noch in

dieser Sessien einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den die ver⸗ alteten Bestimmungen des 7. Titels des Ällgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865 über die Knappschaftsvereine mit der Reichsgeseßgebung auf dem Gebiete der Arbeiterversicherung in Ein klang gebracht werden.

Abg. Hilbck (al); Die Wurmkcankheit ist eine so wichtige, zur Kompetenz des Landtags gehörende Angelegenheit, daß auch sch darüber ein Wort sagen muß. Der Abg. Brust hat gegen die Staat regierung und die Unternehmer schwerwie gende Vorwütfe erhoben. Die Krankheit ist in Westfalen erst 189394 bekannt geworden. 1897 99 war die Krankheit sehr erheblich zurückgegangen, und die Staats

regierung mußte annehmen, daß die Krankheit im Erlöschen war. Boch slieg die Zahl der Erkrankungen 1900 1902 wieder.

Es wurden deshalb durchgreifende Maßregeln ergriffen. Diese bezogen sich auf Reinlichkeit in den Gruben und Untersuchung der zuziehenden Arbeiter. Die Arbeitgeber haben alles getan, um die Gefahr zu bekämpfen. Leider baben die Sozialdemokraten die Sache politisch auszubeuten gesucht. Als das einzig wirksame Mittel hat sich der Farrenkrautertrakt erwiesen, alle anderen Mittel haben versagt. Die Unternehmer haben keine Kosten gescheut, sie baben 4 Millionen zur Bekämpfung der Wurmkrankheit aufgebracht. Das beste Mittel zur Bekämpfung der Krankbeit würde aber sein, daß die Arbeiter sich gewöhnen, ihre Bedürfnisse über Tage zu befriedigen. Was den Antrag Hirsch betrifft, so habe ich hier einen Gesetzentwurf in der Hand, er ist längst fertig und wird bald den Interessenten zu⸗ gehen. Ber Entwurf bezieht sich u. . auf die Regelung der Beitrags höhe, und es soll auch eine neue Instanz für die Regelung der Pensiontz⸗ ansprüche geschaffen werden. Aus der Begründung des Entwurfs er. fehe ich mit Freude, daß die sämtlichen Werkztbesitzer, die darüber befragt worden sind, bereitwilligst die weiteren Kosten übernehmen wollen. Ich bin auch dafür, daß die Beiträge der Arbeitgeber auf die Höhe der Beiträge der Arbeiter gebracht werden. Aber die Forderungen der Bergleute gehen noch viel weiter. Die sozialdemokratischen Ge⸗ werkscaften in Westfalen fordern die Vereinheitlichung des ganzen Knappschaftswesens. Diese Forderung zu erfüllen, ist un— möglich; denn die Verhältnisse in bezug auf Lebensalter, Leistungs—⸗ fähigkeit usw, sind ganz verschieden. Die Einheitlichkeit müssen wir auf jeden Fall ablehnen, die einzelnen Verbände müssen, soweit sie leistungs fähig sind, für sich bestehen bleiben. Es wird ferner verlangt, daß nach 25 Jabren jeder Bergarbeiter ohne weiteres eine Invaliden⸗

rente bekomme. Da der Arbeiter schon mit 16 Jahren in die Knappschaftskasse aufgenommen wird, so würde jeder Bergmann mit 41 Jahren eine Rente erhalten. So weit sind wir noch nicht in Deutschland, daß wir sämtlichen

Arbeitern das zahlen könnten damit kämen wir nicht weit in Handel und Industrie, sodaß diese Wobltat bald wieder verschwinden müßte.

Auch die Erfüllung der Forderung, daß Bergarbeiter, die aus irgend

einem Grunde ausscheiden, die von ihnen gezahlten Beträge zurück- erhalten, ist unmöglich. Endlich verlangen die Arbeiter, daß die Ver⸗ waltung der Knappschaftskassen ihnen allein überlassen werde. Bei solchen riesigen Kapitalien kann aber der einfache Arbeiter die Verwaltung un⸗ möglich in die Hand nehmen; das sehen wir ja schon vielfach bei den Krankenkassen. Ich bitte die Regierung, die Forderung, daß die Arbeiter die Verwaltung allein erhalten, ohgleich die Arbeitgeber die Hälfte der Beträge zahlen, nicht zu erfüllen. Die Zahl der Unglücksfälle hat sich absolut nicht vermehrt. Wenn die Zahlen größer geworden sind, so erklärt sich dies nur dargus, daß jetzt jeder einzelne Fall zur Kenntnis gebracht wird. Einige Zahlen in der Statistik

nd, sogar, günstiger geworden; so ist z B. die Zabl der Fälle völliger und dauernder Erwerbsunfähigkeit zurückgegangen.

Auch die Zahl der Todesfälle hat sich erheblich vermindert. Die hoer und oer Jahre des vorigen Jahrhunderts darf man nicht zum Vergleich heranziehen, denn damals war der Bergbau noch nicht so entwickelt. Die Statistik ist im allgemeinen nur scheinbar ungünstig; dies liegt an der Praxis des Reichsversicherungs⸗ amts, das eine Entschädigung auch für die allerleichtesten Unfälle gewährt, die früher gar nicht gemeldet wurden. Die Zahl der Revi⸗ sionen ist ganz erheblich vermehrt worden. Die Polizeivorschriften der Oberbergämter sorgen in der ausgiebigsten Weise für die Ver— hütung von Unfällen. Die Bergbauberufte genossenschaften brauchen also keine Vorschriften zu erlassen. Die Zahl der Falle schlagender Wetter ist auf einen Bruchteil vermindert worden. Die Pelizeiporschriften dürfen aber nicht sprungweise abgeändert werden. Eine Erhöhung der Betriebskosten würde namentlich für die Kohlen förderung bedenklich sein. Die eingesetzte Kommission wird ihre Auf⸗ gabe im Verein mit den Bergwerksbesitzern und den Beraleuren selbst lösen. Hoffentlich wird es uns immer mehr gelingen, die Zahl der entschãdigungepflichtigen Unfälle zu vermindern.

Aba. Dr. Hirsch⸗ Berlin (fr. Volksp.): Die Mängel des Berg— gesetzes haben die Bergarbeiter schon lange mit Erbitterung erfüllt. Das Gesetz hätte schon längst hinsichtlich der Knappschaftsvereine ab- geändert werden müssen. Die Arbeiter verlangen gebeime Wahl ihrer Mitglieder, Abschaffung der Unständigkeit, Einführung der Freizügigkeit, eines Schiedsgerichts und gleiche Beiträge für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. In dem den Interessenten mit Cteilten Entwurfe sind diese Wünsche berücksichtigt worden. Je, früher dieser Entwurf erledigt wird, um so hbesser. Wir würden den Entwurf bier bald zustande bringen können, und das würde für bö9 000 Menschen eine wesentliche Verbesserung ihrer jetzigen Lage bedeuten. Bei einer so wichtigen Sache kann es nicht auf Schönheitsfehler ankommen. Die Regierung sollte uns den Entwurf vorlegen, und unsere Kommission könnte ihn dann so gut wie möglich gestalten. Mein Antrag ist ein Vertrauens- dotum für die Negierung, und ich bitte, ihn einstimmig anzunehmen. Die Wurmkrankheit ist noch lange nicht erloschen, aber ich bin doch dankbar für die energische Bekämpfung der Krankheit von allen Seiten, und wir können auf ihr völliges Erlöschen rechnen. Man sollte jedoch in Zukunft mebr Gewicht auf die Beschwerden der Arbeiter legen. Schon 1897 haben die Arbeiter auf die Krankheit aufmerksam gemacht, während die Regierung glaubte, es handle sich nur um eine vorüber⸗ gebende Erscheinung. Ich vertrete hier die Forderungen der Arbeiter. Zunächst muß in Westfalen für die Beschaffung von Trinkwasser gesorgt werden. Ferner müssen die Arbeiter von den Kosten der Zeug⸗ nisse über Wurmfreiheit entlastet werden. Die amtlichen Belannt⸗ nachungen müssen auch in polnischer Sprache erfolgen. Das kann geschehen, ohne dem Deutschtum Eintrag zu tun. Bei Behand- lung dieses Gegenstandes müssen die Parteileidenschaften schweigen. Wenn alle Beteiligten zusammenstehen, werden wir in kurzer Zeit der Krankheit Derr werden. Die Arbeiter ollten durch Delegierte an der Kon frolle und Nepision der Gruben teilnehmen können, um Abbilfe zu schaffen. In England hat sich dieselbe Einrichtung durchaus bewährt. Die preußische Regierung bat vor kurzem einen Versuch damit im Saar revier unternommen. Welche Erfahrungen hat die Verwaltung

damit gemacht? Die Arbeiter wünschen namentlich eine Mit-

beteiligung an der Ueberwachung, man sollte diese in a

Bergwerken durchführen. Die Kommission gegen 56 D,. und Kohlenfall arbeitet leider sehr langsam. Es kommt hier auf die Art des Abbaues an, in der das nd uns schon lange voraus e ist; ich erkenne dankbar an, daß dieser Krebsschaden unseres Bergbaues, der namentlich im Westen bestanden hat, durch die Aenderung deg Abbaues beseitigt wird. Es kommt vor, daß die Arbeit er selbst Stein und Kohlenfall veranlassen, weil sie nicht die nötige Zeit dazu haben, vorsichtig zu arbeiten. Die Gedinge sind vielfach zu niedrig, sodaß die Arbeifer, um ihre Familie 3 ernähren zu konnen, sehr angestrengt arbeilen müssen und dabei die Vorsicht außer acht lassen. Die Zahl der Unfälle wird sich verringern, wenn auf das Menschenmaterial Rück⸗ sicht genommen wird. Die Arbeiter und die Arbeitgeber müssen mit ihren gemeinsamen Interessen einander näher gebracht werden, indem den Arbeitern eine Vertretung in den Arbeiterausschüssen gegeben wird.

. ö . r ( Wo die Arbeiterausschüsse bestehen, hat man gute Erfahrungen mit

ihnen gemacht, aber in der Privatindustrie fehlt es fast noch ganz an solchen Arbeiterausschüssen. Man ist diefen abgeneigt, weil sie sozialdemokratisch seien und die Begehrlichkeit förderten. Aber es gebören keineswegs alle Arbeiter zur Sozialdemokratie. Den Arbeitern muß man die Hand bieten, um auf diesem durch die Gewerbeordnung vorgesehenen Wege gemeinsam fortzuschreiten und die Stimmung unter den Arbeitern zu 6. die jetzt im Berg⸗ au vielfach eine recht traurige ist. Die Arbeitszeit ist zu lang, ich wünsche, daß die Ein, und Ausfahrt in die achtstündige Schicht mit eingerechnet wird. Etz gibt aber noch Bergmerke in denen die zwölfstündige Schicht herrscht, und wo die Schicht wirklich nur 38 Stunden beträgt, werden so viele Nebenschichten und Ueberstunden gemacht, daß die Arheiter ebenso angestrengt werden, wie bei einer an sich längeren Schicht. Wie stebt der Minister jur Frage einer Maximalarbeitszeit für die gesundheitsschädlichen Gruben? Ich warne die Grubenbesitzer davor, den Stimmen nachzugebeng die in ihrem Berufesreise noch laut werden. Der frübere Reichs⸗ tagsabgeordnete Bueck hat in einer Broschüre die Arbeitgeber zum Zusammenschluß gegen die Forderungen der Arbeiter aufgefordert und gesagt, daß Regierung und Reichstag nichts mehr tun würden, um die Arbeiter zu ihrem Rechte kommen zu lassen. Nichts ist un⸗ berechtigter, als der Regierung vorzuwerfen, daß sie in sozial⸗ demokratischem Sinne handle. Ich freue mich, daß Herr Hilkck nicht in die Posaune des Herrn Bueck gestoßen hat. In einem Aufruf des Einigungsamts der deutschen Buchdrucker in der „Sozialen Praxis“ wird darauf hingewiesen, daß Arbeiter und Arbeitgeber ein gleiches Mitbestimmungsrecht bezüglich der Lohnhöhe haben. Hier wirken beide fried lich zujammen, Auch im Bergbau sollte es fo sein. Bei der Wurmkrankheit hat es sich gezeigt, wie segensreich das friedliche Zusammenarbeiten wirkt. 9 t

(Schluß des Blattes.)

Durch den preußischen Staatshaushaltsetat für das Rechnungsjahr 1963 sind für Reisen zum Studium der in anderen Bundesstaaten und im Ausland ge⸗ troffenen Maßnahmen zur Förderung des Klein— gewerhes 15 000 M zur. Verfügung gestellt worden. Daraufhin sind zunächst Oesterreich⸗Ungarn, Süddeutschland und die Schweiz sowie England bereist worden, und zwar: I) Oesterreich-Ungarn durch den Geheimen Oberregierunge⸗ rat Simon und die Regierungs- und Gewerbeschulräte Götte und Nausch, Württemberg, Baden, El saß⸗Lothringen und die Schweiz durch den Geheimen Regierungsrat Dr. von Seefeld und die Regierungs- und Gewerbeschulrät Dunker und Lachner, 3) England durch den Geheimen Ober⸗ regierungsrat Dönhoff, den Negierungs- und Gewerbeschulrat von Czihak und den Landbauinspektor Dr. Muthesius. Die über die Studienreisen durch Oesterreich⸗Ungarn und England von den Geh imen Oberregierungsräten Simon und Dönheff erstatteten Berichte hat der Minister für Handel und Gewerbe nunmehr dem Hause der Abgeordneten zugehen

lassen. Der von dem Geheimen Regierungsrat Dr. von See⸗ feld erstattete Bericht über die Reise durch Württemberg,

Baden, Elsaß-Lothringen und die Schweiz wird in Kürze nachfolgen.

Kunst und Wissenschaft.

A. E. In der Urania“ Invalidenstraße hielt am Sonnabend vor einer eingeladenen Zuhörerschaft Professor Dr.

Cerebotani⸗ München einen interessanten Experimentalvortrag über Reuerungen auf dem Gebiete der Faksimile⸗ und Tppentelegrgphbie mit und ohne Draht?. Der Vor⸗ tragende, Geistlicher nach seinem Beruf, aber seit Jahren als Physiker geschätzt, sprach bereits vor acht Jahren an dieser Stelle über den damaligen Stand seiner Erfindung, deren Ziel die telegraphische Uebertragung von Typen und Faksimiles (in Schrift oder Zeichnung) mit oder ohne Draht ist. Seitdem hat Pro⸗ fessor Cerebotani unausgesetzt an der Vervollkommnung seiner Er⸗ findung gearbeitet und sich von ihrem Gelingen die Ueberzeugung verschafft, indem er zunächst zwischen München und Augsburg, dann wischen Mailand und Rom, auch Mailand und Turin und endlich zwischen München und Berlin damit operierte. In jedem

Falle war ihm von den betreffenden Eisenbahnbehörden je

ein Draht während der Nachtstunden zur Verfügung gestellt * Y irak; 19 on Cx J s

worden Das Ergebnis dieser mehrere Jahre fortgesetzten

Bemühungen liegt jetzt in Gestalt einiger Apparate vor, die vom Vortragenden sowohl in natura, als im vergrößerten Bilde und im ersteren' Falle auch teilweise in Tätigkeit vorgeführt wurden. Als das bedeutendste Ergebnis darf die gebotene Möglichkeit gelten, handschrift⸗ liche Mitteilungen und Zeichnungen ohne Draht auf große Entfernungen telegraphisch zu übertragen. Vermochte Professor Cerebotani die drahtlose Uebertragung auch seinen Zuhörern nicht bei diesem ersten Vortrage zu zeigen, weil noch einige Vorbereitungen fehlten, die erst in einigen Tagen erledigt sein werden, so gelang doch die Uebertragung mittels Draht aufs Überzeugendste, und es bestand hei den Zuhörern, soweit sie den Erläuterungen folgen konnten, kein Zweifel, daß die Strom⸗ stöße, die im Empfänger die gesehene Wirkung hervorgerufen, ganz denselben Effekt haben müssen, gleichgültig, ob sie durch den Draht oder durch elektrische Wellen vermittelt werden, umsomehr, als es ganz minimale Strommengen et g 2 Mill iamperes sind, die im Empfangsapparat jene Wirkungen auslösen. Es würde an dieser Stelle zu weit führen, vielleicht auch vergebliche Mühe sein, die überaus sinnreichen Apparate erklären zu wollen; Foch fei darüber einiges wenige mitgeteilt: Die Basis bildet eine eigenartige elektromagnetische Anordnung, bestebend in vier auf einem Brettchen über Kreuz angebrachten Spulen mit je zwei Wickelungen. Je nachdem man durch diese Wickelungen stärkere oder schwächere, gleichgerichtete oder entgegengesetzt gerichtete Ströme sendet. kann man in der Zeitein heit eine ungeheure Menge und Mannigfaltigkeit von potenzierten oder abgeschwächten Strömen in beiden Richtungen und die ihnen ent—

sprechenden eleltromagnetischen Wirkungen erzeugen. Auf dieser von dem so beschaffenen Apparat zur Verfügung gestellten, fast un⸗

begrenzten Zahl und Vielartigkeit der Stromstöße beruht deren Ver wendung in dem Gebeapparat, um, sei es Typendruck, seien es Faksimiles nach dem gleichartig eingerichteten Empfänger zu senden. Beim Typendruck liegt es nabe, daß die metallische Type, eingebettet in nicht leitende Masse, die wesentliche Rolle bei der Uebertragung spielt. Da Hughes vor länger als 49 Jahren, wenn auch auf ganz anderer Basis, die Typendrucktelegtaphie erfunden, scheint dieser Teil der Ferebotansschen Erfindung der minder wichtige. Der Erfinder erklärte auch selbst, daß sein . Quiquolibet? genannter Apparat im Punkte

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