1904 / 48 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 25 Feb 1904 18:00:01 GMT) scan diff

seine Drohung, eventuell die Augnahmegesetzgebung des Reichs au biesem Gebiete mobil zu machen, auch nur den geringsten Eindru

im TLandesausschuß machen wird, Abg. Molkenbuhr erklart, er bleibe bei seinen vorherigen

Angaben hinsichtlich der Unfallziffer stehen; er weist auf ein geheimes Altenstück ö aus welchem der Zusammenhang mit den Unternehmer ˖

nicht eingehen wird. Herr Schlumberger soll ja nicht glauben, .

verbãänden era , oll. Preußlscher Minister der öffentlichen Arbeiten Budde: Die

Voraussetzungen des Verredners bezüglich des Geheimaktenstücks seien vollkommen hinfällig; ihm (Redner) feen alle geheimen Akten bekannt, aber nichts von einer Verbindung mit Unternehmerverbänden. Die Statistik des Vorredners gebe auf Ziffern des Reichsversicherungsamtz zurück, die auf anderer Grundlage beruhen als die seinigen und mit diefen nicht übereinstimmen könnten. .

Abg. Erzberger (Zentr.) tritt in kurzen Ausführungen dem Abg. Blumenthal entgegen.

Abg. Schlumberger: Ich wollte nur im Interesse der Ent⸗ wickelung des Kleinbahnwesens in Elsaß · Lothringen die Aufmerksamkeit des hohen Hauses auf die Schwierigkelten lenken, die dieser Entwicke⸗ lung entgegenstehen. Die Ablehnung des Gesetzes würde das 6 Unglück für das Land sein. Mag das Privateigentum noch so heilig sein, höher steht das all emeine Interesse. .

Abg. ö wahrt nochmals die Rechte der Petitions⸗ komm fflon gegenüber dem Abg. Blumenthal.

Abg. Blumenthal Für mich ist es gleichgültig, ob elne Sache in der Kommission oder im Plenum begraben wird für mich ist die Hauptsache, daß sie überhaupt nicht begraben wird, Ich bilde mir ar nicht ein, die Bräuche den Hauses zu kennen, ich bin immer be⸗ trebt, etwas zu lernen. Ich kann Ihnen versichern, daß ich auch heute wieder mit großem Nutzen den Verhandlungen beigewohnt habe. Ich möchte feststellen, daß der Abg. Schlumberger einmal den un- getrübten Beifall der Sozialdemokraten gefunden hat, Ich hoffe, daß er nicht nur bei der Eisenbahn, sondern auch in seinen Fabriken die heute geaußerte Ansicht auf sozialem Gebiet zur e,, ,. wird.

. Br. Mülter⸗Meiningen: Da der Herr Minister selbst feine authentische Interpretation seiner Erklärungen über das Koalitionsrecht vom März v. J. gegeben hat, so hatte er keinen Grund, mir vorzuwerfen, daß ich rein theoretische Ausführungen ge⸗ macht hãtte. . .

Abg. Schlumberger: Ich möchte zur Richtigstellung der An⸗ nahme des Serrn Abg. Blumenthal betonen, daß, wenn ich mich ent⸗ schieden für die Expropriation des Privateigentums zu Gunsten des allgemeinen Wohls ausgesprochen habe, dies sich von der Expropriation zu Gunsten einer Klasse wesentlich unterscheidet.

Die Ausgaben für die Zentralverwaltung werden

darauf bewilligt.

Bei den Ausgaben erklärt der .

Abg. Werner (Reformp.), er schließe sich den zahlreichen Wünschen der Vorredner auf Gehaltsaufbesserung der Betrieb beamten an. .

Abg. Dr. Hoeffel (Ry) findet es unbillig, daß die Statione⸗ vorsteher Zweiter Klasse 1200 weniger Gehalt bezögen als die Erster Klasse, obwohl sie denselben Dienst zu leisten hätten. Die Wagen Vierter Klasse würden nicht nur von Arbeitern benutzt; sie

für die Betriebs verwaltung

entfprächen allen billigen Anforderungen.

Die Betriebsausgaben werden angenommen.

Um 6“ Uhr wird die weitere Beratung des Etats für die Verwaltung der Eisenbahnen auf Donnerstag 1 Uhr vertagt. (Außerdem Etat der Reichsjustizverwaltung.)

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

26. Sitzung vom 24. Februar 1904, 12 Uhr. Ueber den Beginn der Sitzung, in der die zweite Be⸗ ratung des Staatshaushaltsetats für das Rech nungs⸗ 4994 im Etat der Ju stizverwaltung bei dem Ein⸗ titel „Gerichts kosten“ fortgesetzt wird, ist in der estrigen Nummer d. Bl. berichtet worden. Abg. Viereck (freikons.) weist, wie kurz wiederholt sei, darauf das Armenrecht in prozessualischer Beziehung vielfach miß⸗ Gs erwachse dadurch den Gerichten eine erhebliche Mehrarbeit, und es würden unnützerweise Zeugen vernommen, wodurch Auch den Rechtsanwälten entstehe dadurch mebr Arbeit, die baren Auslagen müßten sie aus ihrer Tasche zablen. Das sei unbillig. Eine Statistik über den Ausfall der Prozesse würde ergeben, daß die Armenrechtssachen die meisten Mißerfolge haben.

Justizminister Dr. Schön ste dt:

Meine Herren! Die Tatsache, daß in Zivilprozessen das Armen recht nicht selten zur Verfolgung von in Wirklichkeit aussichtslosen und unbegründeten Ansprüchen mißbraucht wird, hat sich auch der Justizverwaltung in mannigfachen Wahrnehmungen aufgedrãngt. Schon mein Herr Amtsvorgänger ist deshalb mit dem Herrn Minister des Innern im Jahre 1887 in Verbindung getreten und hat ihn insbesondere darauf aufmerksam gemacht, daß anscheinend bei der Er⸗ teilung der Armutszeugnisse seitens der zuständigen Verwaltungs= und Polizeibehörden nicht immer mit der nötigen Sorgfalt zu Werke gegangen winde. Sehr richtig! rechts) Der Herr Minister des Innern hat daraus Veranlassung genommen, eine Verfügung an die ihm unterstellten Verwaltungsbehörden zu erlassen, sie auf die maßgebenden Gesichtespunkte hin⸗ zuweisen und ihnen eine sorgfältige Prüfung der Frage der Be⸗ durftigkeit ins besondere auch nach der Richtung hin, ob gerade für den beabsichtigten Prozeß die Mittel von der Partei, die das Armenrecht nachsucht, nicht aufgebracht werden könnten, zur Pflicht zu machen.

Im Jahre 18935 ist eine weitere Verfügung seitens des Ministers des Innern in der gleichen Richtung ergangen, zweifellos auf Grund der Erfahrung, daß die erste Verfügung nicht vollständig zur Er⸗ reichung ihres Zweckes ausgereicht hat.

Ich bin nun nicht in der Lage, mich heute darüber zu äußern, wie tatsächlich die Frage seitens der zuständigen Behörden behandelt wird, ob nicht etwa zu leichten Herzens, möchte ich sagen, diese Armutszeugnisse bewilligt werden oder nicht. Ich bin gern bereit, mit dem Herrn Minister des Innern nach dieser Richtung noch ein⸗ mal in Verbindung zu treten und ihm die Frage nahe zu legen, ob es sich vielleicht empfiehlt, noch einmal wie es ja ũber⸗ haupt bei derartigen Verfügungen immer von Zeit zu Zeit geschehen muß diese frühere Anregung in Erinnerung zu bringen.

Die jweite Voraussetzung für die Bewilligung des Armenrechts ist nach der Vorschrift der Zivilprozeßordnung nur eine negative, und zwar geht sie dahin: daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht un⸗ begründet oder aussichtelos erscheine. Das Gericht, welches über das Armenrechtsgesuch zu befinden hat, ist also nicht in der Lage, sich glaubhaft machen zu lassen, daß positiv der Anspruch Aussicht auf Erfolg habe, sondern etz muß sich genügen lassen, wenn nach Dar legung der Partei die Sache so liegt, daß die Verfolgung nicht von vornherein sich als eine aussichtslose darstellt.

Wenn der Herr Abg. Viereck angeregt hat, daß es sich empfehlen möchte, unter Umständen die Gegenpartei über den Sachverhalt zu bören, bevor über das Armenrechtsgesuch befunden wird, so glaube ich, daß die Justijverwaltung nach Maßgabe des Gesetzeß wohl kaum die Befugnis hat, eine derartige An⸗ weisung an die Gerichte zu erlassen. Ez mag dem einzelnen Richter, wenn ihm die Sache zwelfelhaft erscheint, überlassen werden, seinerseits eine solche Maßregel eintreten zu lassen; es wird meiner seits dem nicht entgegengetreten werden. Aber eine Anweisung nach dieser Richtung zu geben, halte ich mich nicht für befugt.

Im übrigen ist eine Anregung gegeben, der nur auf dem Wege der Reichsgesetzgebung Folge gegeben werden könnte. Es würde sich um eine Aenderung der Zwilprojeßordnung handeln. Dies wird schwerlich als Einzelpunkt herausgegriffen werden können, sondern es wird da wohl der Zeitpunkt abgewartet werden müssen, zu welchem an eine umfassendere, nach manchen Richtungen hin wünschenswerte Revision der Zivilprozeß; ordnung herangetreten werden wird. Ich weiß nicht, ob der Herr Abg. Viereck heute den Wunsch wiederum zum Ausdruck gebracht hat, daß statistische Ermittelungen angestellt werden möchten; ich habe das vielleicht überhört. (Zuruf des Abg. Viereck: ja) Ich erinnere mich nur, daß in der Kommission diese Anregung gegeben worden ist. (Zuruf des Abg. Viereck: Ich habe es heute gesagt) Ich werde dies zum Gegenstand der Prüfung und Erwägung machen; ich kann aber dazu noch nicht eine bestimmte Stellung einnehmen; ich muß mir zunächst darüber Klarheit verschaffen, ob diese statistischen Erhebungen mit den davon zu erwartenden Ergebnissen in einem richtigen Ver⸗ hältnis stehen, ob sie nicht einen Arbeitsaufwand verursachen würden, der mit dem, was davon erwartet werden kann, im Mißverhältnisse steht. Aber ich verspreche, daß ich die Sache einer Prüfung und Er— wägung unterziehen werde.

Zum ersten Titel der Ausg aben, „Gehalt des Ministers“, 4 die Abgg. Seydel (nl und Genossen den Antrag gestellt,

die Königliche Staatsregierung aufzufordern, möglichst bald gegen solche buch errangen des Automobilsports vorzu⸗ een, durch welche eine Gemeingefahr für Leben, Gesundheit und Figentum der Bevölkerung hervorgerufen wird.

Das Haus beschließt, zunächst über diesen Antrag zu ver⸗ handeln.

Nach der schon im Auszug wiedergegebenen Begründung des Äntrags durch den Abg. Seydel führt

Abg. Peltasohn (fr. Vgg.) aus; Durch Polizeiverordnungen allein kann diese Frage nicht gelöst werden, denn solche Verordnungen müßten alle einheitlich sein und auch außerhalb 6 gelten. Man muß ferner berücksichtigen, daß die Automobile auch für den Last⸗ verkehr benutzt werden. Die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetz⸗

buchs über die Haftpflicht reichen nicht aus, da nach diesem erff ein Verschulden nachgewiesen werden muß. Diese Be⸗

stimmungen beziehen sich auf die Haftpflicht fuͤr Schäden, die durch Tiere verursacht werden, und können daher auf den durch Auto- moblle herbeigeführten Schaden eigentlich nicht angewandt werden. Es wird nichts anderes übrig bleiben, als daß man auf Grund des Gesetzes über die Haft der Eisenbahnen die Haftpflicht für die Auto⸗ mobilbesitzer festsetzt. Die Uebernahme der Unfallentschädigungen durch die Versicherungsgesellschaften wird nicht möglich sein, denn es wird i feine Gesellschaft dazu bereit erklären; deshalb wird man den Vor- chlag erwägen n , Zwangsgenossenschaften der Automobilbesitzer zur Aufbringung der Entfckädigungen zu bilden. Der Antrag ist gewiß sympathisch; aber es ist besser, daß die Lösung dieser Frage der Reichs gesetzgebung überlassen wird. —.

Abg. Dr. Becker (Zentr): Nicht nur auf privatrechtlichem, sondern auch auf strafrechtlichem Gebiete müssen wir eine einheitliche Gesetzgebung für die Autömobile schaffen. Die einzelnen Polizei- verordnungen über die bei Automobilfahrten zulässige Geschwindig⸗ keit können keine Abhilfe schaffen; die Wagen fahren mit solcher Ge— schwindigkeit, selbst durch die Ortschaften, daß sie, wenn ein Unglück geschehen ist, schon entschwunden sind, ehe man ihre Nummer erkannt bat. Es müssen für das Reich einheitliche Verordnungen geschaffen werden. Gewiß verdient die Automobilindustrie, in der 80 000 Menschen beschäftigt sind, Rücksicht, aber wo Menschenleben in Frage kommen, können wir nicht mit der Abhilfe zögern.

Abg. Dr. Rewoldt (freikons); Die Frage hat allerdings zwei Seiten. Man kann dem Automobilwesen, mag 8 dem Verkehr Jder dem Sport dienen, nicht Hindernisse in den Weg legen. Der Antrag ist mir in der Tendenz sympathisch, aber die Form müßte dahin geandert werden, daß er sich nicht nur auf den Sport, sondern auch auf das dem Verkehr dienende Automobil bezieht. Die einzelnen Polizeiverordnungen haben sich nicht bewährt, es müssen mindestens allgemeine Grundsätze für das ganze Reich fest⸗ gestellt werden. Die Rireinbahnen sind lange nicht so gefährlich wie die Automobile, die Kleinbahn hat bestimmte Grenzen und verkehrt zu bestimmten Stunden, vor einem Automobil ist man aber keinen Augenblick sicher. Sind denn die Landstraßen dazu da, ausschließlich dem Automobil zur Verfügung zu stehen? Die Frage ist erwägens⸗ wert, ob nicht eine Zwangẽgenossenschaft der Automobilbesitzer zu bilden ist, die für den Schaden haftet. Von Ausländern, die nach Deutschland mit einem Automobil kommen, das vielleicht 40 000 bis 55 000 M kostet, könnte man verlangen, daß sie 10 000 hinterlegen, die sie erst zurückerhalten, wenn sie unser Land wieder

verlassen. Meine Freunde werden dem Antrage zustimmen.

Justizminister Dr. Schönstedt:

Ich hatte eigentlich die Absicht, die Vertreter sämtlicher Parteien reden zu lassen, bevor ich das Wort ergriff. Da es mir aber einmal erteilt ist, darf ich mich wohl in aller Kürze zu dem gestellten An⸗ trage äußern.

Ich bemerke zunächst, wie ich das schon im Herrenhause bei der Beratung der Materie getan habe, daß das Justizressort nur in be— schraͤnktem Maße bei der Sache beteiligt ist. Ez sind eine ganze Reihe anderer Ressorts und vielleicht in höherem Maße als die Justizverwaltung zu der Erledigung der Sache berufen; insbesondere erinnere ich dabei an das Ministerium der öffentlichen Arbeiten, an das Ministerium für Landwirtschaft, an das Ministerium des Innern und an das Ministerium für Handel und Gewerbe. Wir haben uns im Schoß der Königlichen Staatsregierung bisher nur, soweit die nächstbeteiligten Ressorts in Frage kommen, mit der Frage einer ver⸗ schärften zivilrechtlichen Haftung für Schäden, die durch Automobile verursacht sind, beschäftigt. (Abg. Gamp: Zu wenig h Es ist vielleicht nicht so viel, wie die Herren wünschen, aber ich möchte sagen, daß aus dem, was geschehen ist, die gute und ernstliche Absicht der Königlichen Staatsregierung hervorgeht, die Frage zu erledigen.

Ich habe im Herrenhause bereits erklärt, daß sowohl von den Verwaltungsbehörden wie von den Justiibehörden Berichte über die Sache erfordert worden sind, daß sie von den letzteren vollständig ein · gegangen sind, von den Herren Oberpräsidenten noch nicht.

Ich kann die bestimmte Erklärung abgeben, daß die Anregungen, die heute hier gegeben worden sind, die Königliche Staatgregierung veranlassen werden, sich ernstlich mit der Angelegenheit zu beschaftigen

und insbesondere die Frage zu erörtern, ob es möglich sein wird, scho baldigst durch geseßgeberische Maßregeln hier einzuschreiten. ö

Die Frage hat eine nivilrechtliche und eine strafrechtliche Sesh Die strafrechtliche Seite ist bisher nicht Gegenstand der Erßrternn gewesen; wie ich glaube, wohl deshalb, weil angenommen wer kann, daß für die strafrechtliche Seite die bestehende Vorschriften na

Strafgesetzbuchs über die Bestrafung fahrlässiger und vorsaͤtzlicyn

Körperverletzungen vollkommen ausreichen, wenn sie nur richtig an gewendet werden. Die danach für solche Verletzungen zulaͤssügn Strafen gehen so weit, daß sie wohl geeignet sind, die Autom obilfahin von allen Ausschreitungen abzuschrecken.

Et könnte weiter in Frage kommen, ob die polizeilichen Vn. schriften ausreichend sind. Mir sind die Polizeiverordnungen, die n diesem Gebiete bestehen, nicht näher bekannt. Der Herr Minister Innern hat schon im Herrenhause gesagt, daß gewisse Normu, vorschriften für die einzelnen Propinzen erlassen worden sind. M ich heute aus einem Vortrag entnommen habe, haben diese An ordnungen nicht überall denselben Inhalt; es würde daher hi auch wohl die prüfende Hand anzulegen sein. Für den Automobilisnn hat sich heute kaum eine Stimme erhoben. Im derrenhan⸗ war die Stimmung anders; da wurde vor einem zu raschen Vorgehn gewarnt, sodaß vielleicht die Auffassung der beiden Häuser sich niz vollständig deckt. Es wurde damals darauf hingewiesen, daß die G. fahrungen, die auf diesem Gebiet gemacht seien, wenig ausreichen seien, daß es sich nicht bloß um einen Sport handle, sondern in eine neue Erfindung von großer wirtschaftlicher Bedeutung, die en Zukunft nicht bloß für unsere Industrie, sondern auch für die Lun wirtschaft werde beanspruchen können, und daß deshalb unter all Umständen bei einem gesetzgeberischen Vorgehen eine gewisse Vorstz geboten sein würde.

Nun hat der Herr Antragsteller hier eine Reihe von Fällen don geführt, die nach den ihm zugegangenen Zeitungsberichten sich h kurzer Zeit in Schlesien zugetragen haben sollen, und aus denen, wen sie alle richtig sind, hervorginge, daß vielfach Ausschreitungen van kommen, gegen die nach meiner Auffassung mit aller Enern eingeschritten werden muß. Aber eine Nachprüfung dieser einzeln Zeitungsmitteilungen ist nicht so ganz leicht, und dafür, daß Uchg, treibungen vorkommen, kann ich mich auf den Fall berufen, den in Herrenhause Prinz zu Schönaich-Carolath zur Sprache gebracht he und der nach seiner Mitteilung auch schon im Reichstage den Gegen stand der Besprechung und allgemeiner Entrüstung gebildet hab soll. Es wurde erzählt, daß im Breslauer Bezirk ein Automoll einen Menschen überfahren habe, der sofort tot geblieben sei, und j dafür nur auf eine Gefägnisstrafe von acht Tagen erkannt won sei. Mir war die Sache damals unbekannt; inzwischen hh ich mich informiert, und danach liegt die Sache wesentlich anden Ich bemerke, daß der Fall noch nicht rechtskräftig entschieden ist; h Sache befindet sich noch in der Revisionsinstanz.

Die Akten selbst habe ich daher nicht gesehen; es sind mir ahn Aeußerungen sowohl vom Vertreter der Staatsanwaltschaft, wie auh von den bei der Verhandlung beteiligten Richtern zugegangen, in danach hat die Sache sich folgendermaßen zugetragen. Um die mitth nächtige Stunde kamen auf einer in der Nähe von Breslau gelegen Chaussee an einem Sonntage zwei Leute daher, die ein Krieger mitgemacht hatten. Es war darunter der Verunglückte, der nach da Erzählung des Ueberlebenden noch ein paar Wirtshäuser besucht hatt der Ueberlebende sagt, sie wären beide angetrunken gewesen. Hinn ihnen kam ein Automobil, das von einem Kleinhändler gefüht wurde, der einen Sonntagsausflug gemacht hatte. Auf deu Automobil befanden sich 6 bis 8 Personen. Es war hn sehr altes Automobil, das keine große Geschwindigtt entwickeln konnte. Die Sachverständigen haben behauptet, hätte höchstens 15 bis 16 Km in der Stunde zurücklegen können. war vorschriftsmäßig mit zwei Laternen beleuchtet, die auf 10 mi Licht verbreiteten. Durch einen Versuch an Ort und Stelle ist scß gestellt worden, daß das Geräusch, welches die Maschine verbreitt; bis auf 800 Schritt gehört werden konnte. Die beiden Leute ging auf der Mitte der Straße. An einer Stelle, wo sie in einen Seitn weg abbiegen wollten, kam in dem Augenblick, als sie den Weg au überschritten, das Automobil hinter ihnen her. Der Automell— führer hat sie bei der mangelhaften Beleuchtung nicht gesehen, i die Leute scheinen nichts gehört zu haben; kurz und gut, sie wenn alle beide von dem sogenannten Kotschützer ergriffen und bei Ei geschleudert. Der eine fällt auf die Erde und hat eine kleine M letzung am Schienenbein erlitten; der andere hat eine Verlehn am Ohr davongetragen. Die Sache war unbedeutend, und Führer des Automobils hat davon zunächst nichts bench macht aber, von anderen darauf aufmerksam gemacht, etwas hinter ihm nicht in Ordnung gewesen sei, Halt und geht; !. zu der Stelle, wo der Unfall passiert ist; er findet aber nichth n fährt nun weiter. Derjenige der beiden Leute, der die Verletzung Ohr davongetragen hat, hat sich an einen Arzt gewandt. Der j hat ihm gesagt, er möge zu ihm in die Wohnung kommen, die 6 genau untersuchen und ordentlich reinigen lassen. Das hat der * letzte nicht getan. Nach einigen Wochen stellte sich eint fektionekrankheit, eine Wundstarrkrampfgiftkrankheit, ein Din ist der Mann gestorben, und jwar, wie die Aerzte gesagt haben folge der Vernachlässigung der kleinen Wunde, in die sich vermü Straßenstaub gesetzt hatte, der besonders ein Träger dieses Kum gifts ist. Unter diesen Umständen haben Staatsanwaltschaft un! richt angenommen, daß das Versehen des Automobilführer in geringfügiges sei, und daß das Versehen in höherem Maße auf sn des Verunglückten selber gelegen habe, insbesondere deshalb, ni es an jeder Sorge für seine Heilung habe fehlen lassen. /

Im übrigen, meine ich, auf dem ganzen Gebiet müssen k große Fortschritte gemacht und dürfen auch erhofft werden, z. ö r bessere Ausbildung der Führer, eine Verbesserung der Technil in Maschinen selbst, Einrichtungen, die eine automatische Selbstlomm der Maschinen in bezug auf die Fahrgeschwindigkein ermöglichen ; daß nachtrãglich kontrolliert werden kann, ob die vorgeschriebent schwindigkeit nicht überschritten ist. Auf dem letzteren Gebiet ; am allermeisten gesündigt. Die Vorschriften werden nur beobin solange man sich in der Nähe der Polizei befindet. Auf der ah Seite wird sich auch eine größere Gewöhnung des Publilim dieses neue Verkehrsmittel einstellen.

(Schluß in der Zwelten Beilage)

M 48.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Ich meine, auf allen diesen Gebieten ist eine gewisse Besserung der Verhältnisse zu hoffen und damit eine Minderung der höchst hedauerlichen Unfälle, die durch das Automobilwesen herbeigeführt sin. Ich wiederhole aber, daß die Königliche Staatzreglerung ganz senih den hier gegebenen Anregungen ernste Beachtung schenken wird, und daß sie mit der Frage sich eingehend und, wie ich glaube hervor⸗ heben ju dürfen, recht bald beschäftigen wird. (Bravo

Abg. Fischb ed (fr. Volksp.): Wir sind von einer Feindschaf gegen das utomobilwesen vollkommen frei; wir ,n mier, daß das Publikum sich noch nicht an dieses Verkehrsmittel e lgend gewöhnt hat, daß aber mit der Zeit von selbst durch Ge— pöhnung eine, Verminderung der Unfälle eintreten wird. Die Be— strebungen, Leben, Gesundheit und Eigentum zu schützen, werden wir m . fördern durch Einführung einer Automobilhaftpflicht, die die Automobilfahrer zu einem vernünftigen Verhalten veranlassen

pid. Auch entsprechende Strafbestimmungen würden wirksam sein.

Abg. von Reum ann Gro enborau (kons.): Ich habe zu er— fliren, daß meine Freunde den en. Seydel mit Freuden ben nee. und dem Minister für. sein Entgegenkommen danken. Im Hegenfatz zum Minister betrachte ich aber nicht den von ihm dar— sesellten einzelnen Fall als maßgebend, sondern alle die Fälle,

e der Abg. Seydel angeführt., hat. Ausschreitungen finden ohne Zweifel statt, und drakonische Strafbestimmungen würden Abhilfe schaffen und die wilden Automobilfahrer im Zaume

halten, durch die besonders die ländlichen Bewohner in Gejahr gebracht werden. In meiner Heimat, wo wir viele Auto⸗ mohlle haben, besteht daß Abkommen, daß, wenn ein Kutscher die . erhebt und dadurch anzeigt, daß sein Pferd unruhig wird, der ntomobilhesitzer langsam zu fahren hat. Wenn dies geschieht, können hielt Ünglückssälle vermieden werden. Die Gefahr für die Land; bewohner und für ihre Pferde und ihr Vieh ist so groß, daß schleunigst en Reglement darüber geschaffen werden muß, wie sich der Automobil- fahrer zu verhalten habe, wenn er jemandem begegnet. Der Automobil- äahrer muß vor allem gejwungen werden, dabei langsamer zu fahren.

Abg. G amp sfreikons ): Wenn die Automobilisten ein tolles Tempo fahren wollen, sollen sie sich hesondere Straßen bauen. Die Wtautomobile fahren langsam. Herr Fischbeck meint, wir sollten uns langsam daran gewöhnen. Ich danke dafür, mich daran zu gewöhnen, wenn ein Angehöriger von mir das Leben eingebüßt hat. Wir wollen eine Reform auf zwil und strafrechtlichem Gebiet, durch die alle her⸗ vorgetretenen Schäden ausgeglichen werden.

Abg. Fisch beg betont, daß er nur die Austschreitungen verhindern wolle, aber nicht Nebenzwecke verfolge. Es sei die Gewohnheit des Abg. Gamp, die Gegner ins Lächerliche zu ziehen. Schließlich werde Derr Gamp ihn noch dafür verantwortlich machen, daß seine Gemahlin beinahe überfahren sei. r

Abg. G amp erwidert, daß ihm die Sache zu ernst sei, um sie so lächerlich zu machen. Die meisten Unglücksfälle seien durch den Sport hervorgerufen worden. ö. Fischbeck wolle aber, daß das Publikum sich daran gewöhne, überfahren zu werden. Mit der zivil⸗ rechtlichen Haftpflicht und mit Strafbestimmungen allein erreiche man auf diesem Gebiete gar nichts.

Aö6g. Fischbeck bestreitet, daß er die Sache ins Lächerliche ge⸗ jogen habe. Er habe nicht gesagt, daß die Leute sich daran gewöhnen müßten, überfahren zu werden; er habe im Gegenteil anerkannt, daß Ausschreitungen vorkommen.

Hiermit schließt die Debatte. Der Antrag Seydel wird einstimmig angenommen.

Darauf wendet sich das Haus zu dem Antrage der Abgg. Ke ruth (fr. Volksp.) und Genossen:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen, die Königliche Staatsregierung ju ersuchen,

J. dem Landtage möglichst bald eine Vorlage zugehen zu lassen, welche unter Abänderung des Gesetzes vom 31. Mai 1897, betreffend die Regelung der Richtergehälter, 1) die Richter und Staats anwälte im Gehalte den höheren Verwaltungsbeamten gleich- stellt, Y für alle Richter und Staatsanwälte das Dienstalters⸗ stufen system einführt,

II. in den Etat der Justijverwaltung für das Etatsjahr 1995 eine der Bevölkerungszunahme und der Steigerung der Geschäfte entfprechende Anzahl von Richter und Staats anwalts⸗ stellen und den hierzu sowie zur Durchführung des Antrags zu 1 erforderlichen Mehrbedarf an Geldmitteln einzustellen!. Abg. Ker uth: Schon bei der allgemeinen Regelung der Beamtengehälter im Jahre 1897 verlangten wir die Gleichstellung der Richler mit den höheren Verwaltungsbeamten, es kam aber damals in der Kommission zur Annahme eines Kompromiß⸗ antrages mit 15 gegen 13 Stimmen, der dann auch im Plenum an⸗ Hammen wurde. Die Regierung hatte als Maximalgehalt für die Richter erster Instanz 6300 M vorgeschlagen, die Verwaltungsbeamten erhalten 65600 M, die Kommission schlug 6600 S vor. Der Abg. Ghlers wurde damals beschuldigt, durch Zustimmung zu diesem Kom⸗ promiß die alte liberale Forderung der völligen Slg fen beider Kategorien zu Fall gebracht zu haben; wenn Herr Ehlers aber nicht zugestimmt hätte, wäre die damalige Verbesserung für die Richter gar nicht erzielt worden. Jetzt ist der Zeilpunkt gekommen, unsere Forderungen wieder ju stellen. Die Finanzlage ist günstig genug, um sie zu erfüllen. Gs handelt sich nicht um eine Aufrollung, der ganzen Gehalts frage, sondern nur um die Ausfüllung einer Lücke, die wir 1897 aus prak— tichen Gründen gelassen hatten, Entscheidend sind für unseren An⸗ trag jedoch nicht materielle Gründe, um den Richtern ein höheres Gehalt ju geben, sondern ethische Gründe. Die Richter sind vom 5 ausgenommen, sie wissen allo nicht, wann sie n eine böhere Gehaltsklasse einrücken. Wenn die Richter überlastet sind, müssen neue Stellen geschaffen werden; es wird aber ein über⸗ lriebener Mißbrauch von dem Hilfsrichtersystem gemacht; der hohe Prolentsaz der Hilfsrichter widerspricht den Gifordernissen der preußischen r saf Justitin fündamentum regnorum. J beankrage, unferen Antrag der Kommission ju überweisen, der die Antzrichtervorlagen überwiesen sinde . ö ; Abg. von Arnim (ons): Die preußische Justitia würde nicht leiden. wenn der Antrag nicht angenommen würde. Wir können diese 1 nicht wieder ausführlich behandeln. Die Kommission bat 6 damals in vielen Sitzungen mit den Gebaltsfragen beschãftigt. *. Abg. Ehlerz, der einen praktischen Blick und ein richtiges ge für die Finanzfrage hatte, hat dem damaligen Kompromiß Ker mmt. Ich warne dringend, diese Frage ven, neuem iu handeln, denn das würde für eine ganie Reihe anderer mtenkategorien Konsequenzen nach sich liehen. Meine Freunde alten an dem Standpunkt fest, daß die Gehaltsregelung für eine 6 Reibe von Jahren als abgeschlossen zu betrachten ist. Es nn auch nicht jweckmäßiq, auf die Rangfrage einzugehen; sonst ärden sofort andere Forderungen in anderen Jnstan sen erhoben werden. Wie wilöman übrigens die Nichter mit den Verwaltung. enten vergleichen, z. B. mit einem Regierungepräsidenten, der 6 Aufsichtginstan für große kommunale N nden ist? Ausschlag; gebend gegen den Antrag ist für uns, daß alle Parteien nach monate.

Zweite Beilage

Berlin, Donnerstag, den 25. Februar

zum Deut chen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

1904.

langer Arheit sich vor 7 Jahren auf daß Kompromiß geeinigt haben. Wir lehnen debhalb den Antrag ab. Was die Dienstaltertzstufen be⸗ trifft, fo halten wir die Verhältnisse noch nicht fär gellärt genug, um zur Zeit dem Antrag zuzustimmen. Auf den Antrag 1I hat der MWeinister berestz in der Kommlission die e. Antwort erteilt. Zur Zeit ist das Verhältnis der Zahl der Hilfsrichter zu der der ordent⸗ lichen Nichte fogar etwas beffez als frfiher, Nur an elnigen Gerichten besteht ein Mißstand, wie der Minister zugegeben hat. Wir stimmen des halb dem Antrag II zu, und i beantrage, diesen Teil des An⸗ trages der Kommission zu überweisen.

Abg. Peltasohn (fr. Vgg. unterstützt den Antrag Keruth in allen Teilen auf das wärmste. Der ging minister von Miquel hat im Jahre 1501 hier zugegeben, daß den ichtern 1397 unrecht ge⸗ schehen fei. Das Dienstallersstufe nshstem wäre schon längst eingeführt, wenn es nicht der unglückselige Assessorenparagraph mit zu Fall ge— bracht hätte. Es heständen h. große , eiten, daß nur die Ein⸗ führung der Tienstaltersstufen eine Abhilfe schaffen würde. Eine Vermehrung der Richter sei unbedingt ,, Im letzten Jahre seien nicht weniger als 61s Bilfgrichter beschäftigt gewesen. Die Gerichte seien tatsächlich überbürdet.

Justizminister Dr. Schönstedt:

Meine Herren! Von den Anträgen des Herrn Abg. Keruth ent⸗ spricht der unter 14 im wesentlichen den Auffassungen der Justiz · verwaltung, und ich habe keinen Anlaß, ihm entgegenzutreten. Wie ich schon bei früherer Gelegenheit hier zum Ausdruck gebracht habe, halte ich es für meine Pflicht und habe es immer dafür gehalten, nach meinen Kräften dafür zu sorgen, daß die Besetzung der Gerichte dem wirklichen Bedürfnis genügt, und ich habe schon in einer früheren Sitzung meinerseits zugegeben, daß die gegenwärtige Besetzug der Gerichte nicht überall eine ausreichende ist, daß sie vielfach weder der Bevölkerungszahl noch der Menge der Geschãfte entspricht, und daß dort notwendigerweise Abhilfe geschaffen werden muß. Soweit die Justizverwaltung die Sache in der Hand hat, wird sie also alles tun, denjenigen Zustand herbeizuführen, der als ein der Absicht des Gesetzes entsprechender angesehen werden kann.

Es ist in der Tat richtig wie der Herr Abg. Peltasohn aus⸗ geführt hat daß zu Ende des vorigen Jahres bei den verschie⸗ denen Gerichten der Monarchie 618 Hilfsgrichter wegen Geschäfts⸗ überhäufung tätig waren, und für einen fehr großen Teil dieser Hilfs⸗ richter wird nicht bestritten werden können, daß das geschäftliche Bedürfnis für ihre Beibehaltung ein dauerndes ist, daß deshalb diese Stellen in etatsmäßige Stellen verwandelt werden müssen. Ob diese Schaffung neuer etatsmäßiger Stellen allerdings zu einer Entlastung der vorhandenen Richter führen wird, das ist ja eine andere Frage; denn es handelt sich dabei im wesentlichen nur um eine Umwandlung der Hilfsrichter in etatsmäßige Richte r, und ich kann nicht zugeben, daß in dem Umfange, wie es von dem Herrn Abg. Peltasohn und auch wohl von dem Herrn Abgeordneten Keruth dargestellt worden ist, eine Ueberbürdung der Gerichte tatsächlich besteht. Ich habe in der umfassendsten Weise allen Anträgen auf Bewilligung von Hilfs⸗ richtern in den letzten Jahren stattgegeben. Ich bin dem Bedurfnis in jeder Weise entgegengekommen, und es ist mir von zahllosen Richtern, Praͤsidenten, Direktoren, Räten, die mich im Laufe der Jahre ja vielfach besuchen, erklärt worden: ja, nachdem diese Hilfsrichter be⸗ willigt sind, haben wir uns nicht mehr zu beklagen, jetzt sind wir den Ge⸗ schäften gewachsen, wir können das ohne übermãßige Anstrengung erledigen. Also insoweit wird der von den Herren erwartete Erfolg durch die Schaffung neuer etatsmãßiger Stellen im Grunde nicht realisiert in diesem Sinne.

Wat nun den Doppelantrag unter J des Herrn Abg. Keruth angeht, so könnte ich, was zunächst die Gleichstellung der Richter und Staatsanwälte im Gebalte mit den höheren Verwaltungsbeamten betrifft, ja als Ressortminister erklären: mir ist jede Hebung der Richter in ihren äußeren Bezügen wie in ihrer ganzen Stellung und ihrem Ansehen eine durchaus erwünschte, und ich kann es nur mit Freuden begrüßen, wenn derartige Anträge gestellt werden. Aber, mei ne Herren, zunächst stehe ich hier nicht als Ressortminister allein, sondern auch als Staatsminister, als Mitglied des Staatsmin isteriums, und da muß ich die Auffassung, der auch der Herr Abg. von Arnim Ausdruck gegeben hat, als eine berechtigte und zwingende anerkennen, daß an der mũhsam erreichten Besoldungsregelung aus dem Jahre 1897 nicht ohne weiteres gerüttelt werden kann. Diese Gehaltsregelung des Jahres 1897 stellt sich als ein geschlossenes Ganzes dar, und die Staats⸗ regierung hat immer an dem Standpunkt festgehalten, daß es nicht julässig sei, eine einzelne Klasse von Beamten, deren Gehälter damals mit festgestellt worden sind, herauszugreifen und für sie eine Besol⸗ dungsbesserung herbeizuführen. Es handelt sich auch nicht, wie der

Herr Abg. Keruth gesagt hat, um Ausfüllung einer Läcke, die damals geblieben sei, sondern die Darstellung des Herrn Abg. von Arnim ents pricht den Tatsachen: es hat

sich um ein Kompromiß gehandelt. Nach langmonatigen Verhand⸗ lungen ist die Gehaltserhöhung für die Justizbeamten und für die höheren Verwaltungsbeamten so geregelt, wie sie gegenwärtig in Kraft besteht.

Meine Herren, es kommt aber noch ein Zweites hinzu. Ich habe mir die Frage vorgelegt, wie denn nun eigentlich der Antrag zu ver⸗ stehen sei; er spricht nur von Richtern und Staatsanwälten; man könnte das ja auch auf die Richter sämtlicher Instanzen beziehen, auf die Oberlandesgerichte, Landgerichte und Amtsgerichte. Ich habe geglaubt, ihn so verstehen zu sollen, daß es sich nur um die Gleich⸗ stellung der Landgerichte und Amtsgerichte mit den Mitgliedern der Regierung bandelt, nicht etwa mit den Landräten, deren Gehalt mit 6600 M oben abschließt, also um 600 M niedriger als das der Regierungsräte ist.

Nun, meine Herren, wenn dem Antrag stattgegeben würde, daß die Gehälter der Amterichter und Landrichter gleichgestellt würden dem der Regierungsräte, so würde das in Wirk lichkeit eine Gleichstellung gar nicht sein; denn es muß doch die Frage aufgeworfen worden: wie sind denn die Anstellungs. verbältnisse? Und da steht fest, daß nach den gegenwärtigen Ver⸗ hältnissen das etatsmäßige Gehalt eines Regierungsrats erst erreicht

wird im Dienstalter von mehr als 11 Jahren nach dem Assessor⸗ examen, während die Anstellung der Richter und Staatsanwälte erfolgt im Durchschnitt nach 5 Jahren und 6 Monaten, in einzel nen Fällen nach sehr viel kürzerer Zeit, nach 2 oder 3 Jahren. Wenn also diese Herren dann schon, nach 2 Jahren, eventuell nach dem Durchschnittssatze von 5 Jahren und 6 Monaten, dasselbe Minimal⸗ gehalt bezögen wie die etatsmäßigen Regierungträte, so würde das keine Gleichstellung sein, sondern eine ganz wesentliche Differenzierung zu Ungunsten der Regierungsräte. (Sehr wahr! rechts) Daß dies beabsichtigt worden sei von den Herren, glaube ich kaum annehmen zu dürfen. Ich nehme an, daß sie sich diese Konsequenz nicht voll⸗ ständig klar gemacht haben.

Das Minimalgehalt für die Oberlandesgerichtsräte ist im Jahre 1897 auf 5400 M festgestellt worden gegenüber dem Minimalgehalt der Regierungträte von 4200 M mit Rücksicht auf die Tatsache, daß die Ernennung zum Oberlandesgerichtsrat in erheblich späterem Alter zu erfolgen pflegt, als die Ernennung der Regierungsrãte; derselbe Gesichtspunkt, der zu der verschiedenartigen Bestimmung des Anfangs⸗ gehalts für diese beiden Kategorien Veranlassung gegeben hat, würde auch zutreffend sein, wenn man eine Vergleichung ziehen will zwischen den Mitgliedern der Land und Amtsgerichte auf der einen Seite und den Mitgliedern der Regierung auf der andern Seite. Tatsãchlich liegt die Sache so, daß nach den augenblicklichen Berhäaltnissen das Minimalgehalt der Regierungsräte von den Land⸗ und Amtsrichtern in Wirklichkeit vielleicht noch etwas früher erreicht wird als von den Mitgliedern der Regierung. Nach unsern statistischen Ermittelungen erreichen außeretatsmãßige Regierungsrãte, die nichtetats mãßige Stellen einnehmen, den Diätensatz von 4200 * nach 9 Jahren, zwei Jahre später etwa werden sie etatsmäßig und bekommen dann diesen Betrag als Gehalt neben dem Wohnungsgeldzuschuß. Die Amts- und Zandrichter beziehen von ihrer ersten Anstellung ab außer dem Gehalt von 3000 oder 3600 ꝛc. auch den Wohnungsgeldzuschuß, und es liegt in Wirk⸗ lichkeit so, daß eine finanzielle Zurücksetzung für sie in der Tat nicht vorliegt.

Ich glaube deshalb, daß es nicht wohlgetan war, diese Frage jetzt wieder aufzurũhren, weil es nach der feststehenden und allgemein bekannten Stellungnahme der Königlichen Staatsregierung vollstãndig ausgeschlossen ist, daß der Antrag zur Zeit irgend einen Erfolg haben kann. Daß an und für sich die Gehälter unserer richterlichen Beamten einer Erhöhung bedürftig sind, darüber, glaube ich, besteht eine Meinungsverschiedenheit nicht, und wenn wir einmal zu einer um⸗ fassenden Neuregelung der Gehälter kommen, dann, habe ich die feste Neberzeugung, daß auch die richterlichen Gehälter erhöht werden. Nur in diesem Sinne ist wohl auch die Aenßerung des Herrn Finanz⸗ ministers von Miquel zu verstehen gewesen, auf die der Herr Abg. Peltasohn Bezug genommen hat.

Der zweite Naterantrag betrifft die Einführung des Dienstalters⸗ stufensystems für Richter und Staatsanwälte. Die Justiz verwaltung ist seit Jahren nicht im Zweisel darüber, daß die Einführung dieses Dienstaltersfystems auch für diefe Beamten an und für sich erwünscht sei; sie hat ja schon im Jahre 1896 den Verfuch dazu gemacht. Da⸗ mals war die Sache verauickt mit dem von dem Abg. Peltasohn er⸗ wähnten sogenannten Assessorvaragraphen, an dem das ganze Gesetz gescheitert ist. Eine gewisse Besserung der Verhältnisse ift ja dem⸗ nächst bei der Regelung im Jahre 1897 dabin eingetreten, daß anftatt der Provinzialverbände ein großer, die ganze Monarchie umfassender Besoldungs verband für alle Richter und Staatsanwälte gebildet wurde, und daß dadurch die großen Unterschiede in den Gehältern gleich⸗ altriger Richter, wie sie in den derschiedenen Dberlandesgerichts bezirken bis dahin bestanden, aufgehoben wurden.

Die Vorteile und Nachteile des Dienstaltersaftufenfstems sind hier im Hause so oft und eingehend erörtert worden, daß ich glaube, darauf nicht näher zurückkommen ju sollen. Aber das eine glaube ich hervorheben zu müssen, daß gerade für die Justizerwaltung in der Sache ganz besondere Schwierigkeiten liegen. Eigentlich ist die notwendige Voraussetzung für die Sinführung des Dienstaltersstufen⸗ systems, daß ein richtiges Verhältnis bestehe zwischen der Zahl der zu besetzenden Stellen und der Zahl der Anwärter. Und das ist der dunkle Punkt für die Justij verwaltung. G kommen nach dem Jahreg⸗ durchschnitt der letzten 4 bis 5 Jahre durch Tod, Penfio nierung, durch sonstiges Ausscheiden etwa 200 Richterstellen einschließ lich der Staats⸗ anwälte zur Neubesetzung, abgesehen den den in den Etat gebrachten neuen Stellen. Dem stehen nach dem Abschluß des letzten Termin kalenders über 2000 Gerichtsaffefferen gegenüber. Ven diesen 2000 Gerichtsassessoren kann man 300, vielleicht 400 ausscheiden, weil sie in anderen Verwaltungsjweigen, bei anderen Behẽrden beschãftigt sind, eine Anstellung innerhalb der Justiz nicht erstreben und daher nicht für die Besetzung der Stellen in Frage kommen. Aber dann bleibt immer noch eine Zabl von 1600 Assessoren, ungefäbr das Achtfache des durchschnittlichen Jahresbedarfs.

Die Justizverwaltung ist absolut nicht in der Lage, auf die Zabl der Anwärter irgendwie einzuwirken; dies entzieht sich gänzlich ihrem Einfluß, während alle anderen Verwaltungen in der Lage sind, nur soviel Anwärter zu nehmen, als die Verwaltung bedarf.

Eine weitere Schwierigkeit tritt binzu. daß nämlich niemand gegen seinen Willen zu einem Richter. der Steatg anwalt amt be- rufen werden kann. Das ist in böchstrichterlichen Entscheidungen aug= gesprochen; die Justizverwaltung kann nur mit Zustimmung oder auf den Antrag eines Assessors diesen anstellen. Nun sind die Verhältniffe so mannigfaltig, die Ansprüche, die an den Inhaber einer Stelle ge⸗ macht werden, so verschiedenartig, daß die Justiz der waltung gar nicht in der Lage ist, bei Besetzung der Stellen lediglich nach dem Dienst · alter zu verfahren, wie das in anderen Verwaltungen geschiebt und gescheben kann. Die Qualifikation der Affefforen ift ja keinegmwegg gleichmãßig. Die formelle Qualifikation. die dag Beste hen des Examens gibt, ist nicht gleichbedeutend mit der wirklichen Be fäbigung, jede Richter und jede Staatz anwaltsftelle aug. zufüllen. Es gibt stark beschäftigte und, weniger beschãftig te

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