1904 / 67 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 18 Mar 1904 18:00:01 GMT) scan diff

Gamp gipfelte darin, daß ich dies und jenes nicht angeführt hätte. Wenn i Berichte der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft ganz hier vorlesen wollte, so würde der Präsident die Glocke rühren und eine solche umfangreiche Verlesung mit vollem Rechte nicht gestatten. Nach dem Aufsatz des Professors Lehmann konnten die ausgesetzten Preise für Corned beef nicht verteilt werden, weil der entschiedene Widerspruch der Vertreter des Reichsmarineamts dem entgegenstand. Und ebenso ist nach dem Aufsatz es bisher noch nicht gelungen, ein dem amerikanischen Corned beef gleichwertiges Produkt im Inland herzustellen. Ich habe die Konservenindustrie keineswegs in allem und jedem schlecht gemacht; ich habe sogar im Gegensatz zu den Aus— führungen des Abg. Gamp ausdrücklich anerkannt, daß die Konserven⸗ fabrikation in den Armee, und Manöverkonserven etwas Gutes ge⸗— bat. Ich soll mich ferner einer sträflichen Unterlassungssünde Fälschung dadurch schuldig gemacht haben, daß ich nicht hervorgehoben habe, von 140 Ausstellern hätten, nur 4 schlechte Konserven geliefert. Erstens habe ich das nicht gewußt, und zweitens ist es nicht notwendig, alles und jedes zu sagen. Ich habe viel zu viel Hochachtung vor diesem Hause, als daß ich durch lange Reden die Fertigstellung des Etats in Frage stellen würde, und ich wünschte, daß diese Ruͤcksicht von allen Seiten geübt würde. Die Marineberwaltung hat das System der beschränkten Submission bei Oel eingeführt, nach welchem eine ganze Reihe von Firmen aus— gefchloffen ist. Es ist ein Vertrag mit einer Firma zu höherem Preise abgefchlossen, bezw. erneuert worden, als die Verwaltung das Oel von anderer Seite beziehen könnte. Es müßte doch der Zuschlag an die Mindestfordernden gegeben werden.

Abg. Fürst zu Dohna Schlobit ten (d. kons.): Für die Leistungsfäbigkeit unserer Marine ist die Personenfrage entscheidend. Ich möchte der Verwaltung ein Gesuch für die seemännische Be⸗ Bölkerung' der Fischer und Schiffer, besonders der kleinen Hafenstadt Pillau, dringend ans Herz legen. Die dortigen Hafenarbeiter finden jetzt nicht Arbeit und Brot. Sollten Docks gebaut werden, so möge Pillau berücksichtigt werden.

des

k Wenn ich die

Staatssekretär Reichsmarineamts, Staatsminister, Admiral von Tirpitz:

Meine Herren! Die Schwierigkeiten der Stadt Pillau liegen ja so offenkundig zu Tage, daß ich darüber kein Wort zu verlieren brauche, und wenn es in der Möglichkeit der Reichsmarineverwaltung läge, der Stadt Pillau zu helfen, so würden wir gewiß in jeder Beziehung dazu bereit sein. Aber wir sind dazu aus dem Grunde nicht in der Lage, weil wir bei Pillau kein Marineetablissement besitzen. Wir werden auch in der nächsten Zeit jeden Taler, der uns vom hohen Hause be— willigt wird, so sorgsam umdrehen müssen, ehe wir ihn verwenden, daß ich fürchte, wir werden zunächst für Pillau nichts tun können. Das Bedürfnis, welches wir überhaupt an der Stelle haben, ist tat— sächlich dadurch gedeckt, daß wir in der Nähe von Pillau die Elbinger Werft von Schichau haben, die im Falle eines Krieges alles das leisten wird, was ein Etablissement des Staats in Pillau selbst zu leisten imstande sein würde.

Was die Unterstützung der Fischer anbetrifft, so fällt ja diese Frage nicht direkt in das Ressort des Reichsmarineamts, ich kann aber nur dem Herrn Vorredner darin vollständig recht geben, daß die Entwickelung unserer Fischerei und die Erhaltung unserer Fischer sowohl für die Reichsmarineverwaltung wie für die ganze Ent⸗— wickelung unserer Seeinteressen von außerordentlichem Interesse ist; denn eine starke Fischereibevölkerung ist zur Bemannung sowohl der Krieg,, wie der Kauffahrteiflotte ein notwendiges Bedürfnis. Wenn also die Marineverwaltung irgend etwas tun kann, um die Fischerei direkt oder indirekt zu unterstützen, so wird sie die Gelegen—⸗ heit nicht vorübergehen lassen.

Nach persönlichen Bemerkungen der Abgg. Gamp und Gothein wird um 6 Uhr die Fortsetzung der Beratung des Marineetats auf Freitag 1 Uhr vertagt. (Vorher erste und zweite Beratung der Etatnotgesetze.)

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 44. Sitzung vom 17. März 1904, 11 Uhr.

Das Haus setzt die zweite Beratung des Staatshaus⸗ haltsetats für das Rechnungsjahr 1904 im Etat des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten bei dem Titel der dauernden Ausgaben „Gehalt des Ministers“ fort.

Nach den Abgg. Kopsch (fr. Volksp.) und Ernst (fr. Vgg.), über deren Ausfuhrungen bereits in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden ist, nimmt das Wort der

Minister der geistlichen, Unterrichts- und angelegenheiten Dr. Studt:

Meine Herren! Die Rede des Herrn Vorredners habe ich beim besten Willen nur bruchstückweise verstehen können. Ich muß dem— zufolge es mir versagen, auf alle seine Ausführungen näher einzugehen. Ich möchte nur zunächst mit Genugtuung konstatieren aus den Danksagungen, die mir der Herr Vorredner, glaube ich, in zwei Beziehungen ausgesprochen hat, daß auch auf der linken Seite dieses hohen Hauses allmählich eine bessere Auffassung der dornenvollen und mühsamen Aufgaben, welche das Kultusministerium in bezug auf das Volksschulwesen zu erfüllen hat, Platz gegriffen hat.

Dann habe ich in erster Linie einen Irrtum zu berichtigen, den der Herr Vorredner begangen hat, nämlich hinsichtlich des Etats— vermerks wegen der Beförderung der seminaristisch gebildeten Lehrer zu Oberlehrern an den höheren Mädchenschulen. Dieser Etatsvermerk schließt in keiner Weise diese Beförderung aus, und in diesem Sinne ist auch die ursprängliche Fassung des betreffenden Etatsvermerks bereits berichtigt worden. Außerdem sind, was die Kreisschulinspektoren betrifft, am 1. Januar 1904 von den 316 Kreisschulinspektionen schon besetzt 93 mit seminaristisch gebildeten Lehrern, 56 mit Theologen, 138 mit Philologen und 13 mit andeiweitig akademisch gebildeten Beamten. Sie sehen also, daß die seminaristisch vorgebildeten Elemente dabei in ausreichendem Maße berücksichtigt worden sind. Vom 1. Januar 1903 bis 1. Januar 1904 sind 11 seminaristisch ge—⸗ bildete Bewerber berufen worden auf 15 akademische, und ich glaube, daß also auch in dieser Beziehung den von beteiligter Seite hervor— getretenen Wünschen ausreichende Rechnung getragen wird.

Der Herr Vorredner ist auf die Schulverhältnisse von Posen

Westpreußen zu sprechen gekommen. Ich kann im Gegen⸗

zu der ungünstigen Schilderung der Entwickelung der ulverhältnisse in den genannten Landesteilen konstatieren, Besserung in der Tat schon eingetreten ist. Ueber den Lehrermangel werde ich nachher noch zu sprechen Veranlassung haben. ö is ist jetzt schon zu konstatieren, daß der Prozentsatz der normal Jahren von 1891 bis 1901 in den gemischt⸗

Medizinal⸗

. lten Kinder in den

sprachigen Landesteilen erheblich gestiegen ist. Für die Besserung der Schulverhältnisse im allgemeinen in den zweisprachigen Landesteilen werden fortgesetzt die erheblichsten Staatsmittel aufgewendet. Aus dem Fonds für Errichtung neuer Schulstellen, Kap. 121 Tit. 36, sind in den Jahren von 1899 bis 1903 von der zur Verfügung stehenden Summe ven 143 Millionen den Provinzen Posen und Westpreußen sowie dem Regierungsbezirk Oppeln allein 612 000 „, also rund 410. zugeflossen; an Baubeihilfen haben diese Landesteile in den Jahren 1898 bis 1902 von den zur Verfügung stehenden 30 Millionen allein 11 150 000 erhalten, ich denke, eine sehr erhebliche Leistung, die auch im Laufe der Zeit ihre Wirkung auf die Schulverhältnisse dieser Landesteile nicht verfehlen wird.

Was die Ausführungen des Herrn Abg. Kopsch anbetrifft, so haben dieselben, abgesehen von der Einleitung, im wesentlichen das Schema seiner vorjährigen Rede befolgt. Ich habe meine Er— klärung im vorigen Jahre in eingehender Weise darauf abgegeben und will jetzt nicht darauf zurückkommen. Der Zweck meiner jetzigen Er— klärung ist nur der, gewisse Irrtümer zu berichtigen, die auch schon in einem Teile der Presse eine ausgiebige Vertretung gefunden haben und zu Angriffen auf die Schulverwaltung benutzt worden sind. Was die Lehrerbesoldungen anbetrifft, so werden wir ja Gelegenheit haben, uns darüber noch näher aus Anlaß des Antrags des Freiherrn von Zedlitz und dann bei Gelegenheit der Erörterung des Titels über das Elementarschulwesen zu unterhalten. Ich möchte jetzt aber, um den bezüglichen Angriffen, die in die Oeffentlichkeit gedrungen sind, ent— gegenzutreten, meinerseits noch das Folgende erwähnen.

Das gesamte Diensteinkommen der Volksschullehrer und Lehrerinnen, welches 1886 82370000 betrug, belief sich 1901 auf 165500000 (Hört, hört) In 15 Jahren ist also eine Steigerung um mehr als das Doppelte eingetreten. (Hört, hört!! Noch deutlicher wird der Fortschritt durch folgende Durchschnitts— zahlen erhellen. Das durchschnittliche Diensteinkommen eines Lehrers betrug im Jahre 1886 überhaupt 1292 , 1896 1583 S, 1901 1901 6, und in den Städten beträgt die Steigerung in den von mir genannten Perioden 1635 „, 2029 , 2381 „M, und auf dem platten Lande 1133 M, 1357 M und 1640 M Legt man für 1901 nicht nur das gemäß § 3 des Lehrerbesoldungsgesetzes für jüngere Lehrer gekürzte, sondern das volle rechtliche Diensteinkommen zu Grunde, so stellen sich die Zahlen von 1901 sogar auf 18942 überhaupt, auf 2401 in den Städten und 1693 auf dem Lande. Das durchschnittliche Dienstein⸗ kommen einer Lehrerin betrug im Jahre 1886 1108, im Jahre 1896 1279 und im Jahre 1901 1472 ½S½ Die Einkommensverbesserung ist also eine sehr bedeutende, an ihr haben nicht nur die Lehrer und Lehrerinnen in den Städten, sondern in erheblichem Maße auch die auf dem Lande beschäftigten Lehrer teilgenommen.

Was nun die Gehaltsverhältnisse der Volksschullehrer auf Grund der Ergebnisse der Schulstatistik von 1901 betrifft, so ist eine Denk— schrift ausgearbeitet, die noch zu weiteren theoretischen und tatsäch— lichen Auteinandersetzungen führen wird.

Ich wollte nun noch auf die Verhältnisse der Lehrer in Ostpreußen, auf die, glaube ich, der Herr Abg. Kopsch heute zurück⸗ gekommen ist, näher hinweisen. Das Dienstland ist in Ostpreußen den Lehrern zu einem außerordentlich geringen Betrage auf ihr Ein— kommen angerechnet; die vereinigten Schulen⸗ und Kirchenstellen in der Provinz Ostpreußen sind gerade in dieser Provinz am höchsten dotiert. Meine Herren, bei allem Wohlwollen, welches ich für die Lehrer hege und dem ich in tunlichster Wahrung ihrer berechtigten Interessen auch stets nachdrücklich Ausdruck gebe, muß ich doch er— klären, daß an die Frage der Lehrerbesoldung und der Gehalts- aufbesserung dech mit großer Vorsicht heranzutreten ist angesichts der mit Recht betonten hohen Belastung der Gemeinden und angesichts des Umstandes, daß die Gesamtzahl unserer Lehrer in kurzer Zeit un— gefähr 100 000 betragen wird. Eine geringe Aufbesserung dieser Besoldung führt schon zu einer kolossalen Gesamtsumme. Es ist also in dieser Hinsicht Vorsicht geboten. Die allgemeine Gehaltsaufbesserung würde außerdem die Frage der Aufbesserung der Beamtengehälter wieder aufrollen und zur unvermeidlichen Folge haben. Selbstverständlich werden Ungleich— heiten und Härten tunlichst durch die Schulverwaltung beseitigt werden, und dies geschah auch bisher schon mit solchem Nachdruck, daß in den einzelnen Gemeinden über die Einwirkung der Bezirks regierungen geklagt worden ist. Es soll mich dies nicht abhalten, den einmal eingeschlagenen Weg weiter zu beschreiten, und es wird sich später darum handeln, ob das Schulunterhaltungsgesetz die Möglich- keit und den Anlaß bietet, auch in bezug auf dieses viel umstrittene Thema nun mit allgemeinen Maßregeln vorzugehen.

Eins habe ich zu bedauern, daß der Herr Abg. Kopsch die Land— flucht der Lehrer als eine ganz selbstverständliche Erscheinung hin— gestellt hat. Die Unterrichtsverwaltung hat den vielfachen Zu— mutungen, die an sie herangetreten sind, die Freizügigkeit der Lehrer zu beschränken, nicht flattgegeben, und wie ich glaube, mit vollem Recht. Ganz anders aber liegt die Sache, ob man die Landflucht der Lehrer als eine ganz selbstverständliche Tatsache hinstellt und zum Beweise für die Berechtigung dieser Auffassung gar noch auf die Besoldungsverhältnisse der Arbeiter usw. hinweist. Meine Herren, wenn man lediglich diese materielle Seite der Frage in Be⸗ tracht zieht und immer in den Vordergrund schiebt, so fördert man damit die leider so allgemein vorhandene Sucht, um jeden Preis ganz gleichgiltig, ob ein dienstliches Interesse vorliegt oder nicht die materielle Stellung zu verbessern. Das ist eine Tatsache, die ich sehr zu bedauern habe, und ich glaube nicht, daß die Parallele angebracht ist, deren sich Herr Kopsch bedient hat. Wo bleibt die Liebe zum Amte, zur Schulgemeinde, zu der anvertrauten Schuljugend, wenn der Lehrer an weiter nichts denken würde, als an die Aufbesserung seiner (Sehr richtig Ich glaube, daß ich alle Veranlassung habe, diesen Punkt zu berühren, denn der Zustand wird allmählich kaum erträglich.

Was den Lehrermangel anbetrifft, so ist dieser der jetzigen Schul⸗ verwaltung auch in die Schuhe geschoben worden; wie ich glaube, voll kommen zu Unrecht. Vom ersten Tage meiner diensilichen Tätigkeit an habe ich es für meine Aufgabe gehalten, den Mangel zu beseitigen. Und das muß ich den bezüglichen Angriffen, die namentlich in der Presse in neuerer Zeit wieder bervorgetreten sind, entgegenhalten, daß man doch die Lehrer nicht einfach aus der Erde stampfen kann, und daß der Lehrermangel infolge des Umstandes, daß die Lehrer einen sechtjährigen Bildungsgang durch die Präparandenanstalten und Seminare durchmachen müssen, nur dadurch beseitigt werden kann, daß derartige Bildungsanstalten dem vorhandenen Bedürfnis ent—

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sprechend in tunlichst weitem Umfange geschaffen werden. (Sehr richtig!)

In dieser Beziehung hat es die Unterrichtsverwaltung wahrlich nicht an Anstrengungen fehlen lassen, die auch von Erfolg begleite gewesen sind. Nach Abzug der außerordentlichen Kurse waren in den Seminarien Zöglinge im Sommer 1896 10774, im Sommer 199 schon 11 244, im Jahre 19035 11881 und im Winter von 1903 z 1904 11 988, daneben in außerordentlichen ; 588 Zöglinge, sodaß im Winter 19053ñ1904 nicht weniger alg 12575 Seminaristen vorhanden waren. Es sind also seit 18965 jetz 1214 Seminaristen allein in den ordentlichen Seminarkursen mehr pon handen. Nun sind seit 1896 nicht weniger als 21 Seminare neu gegründet worden, und es ist nicht nur gelungen, die neuen Seminare durchschnitilich ausreichend zu füllen, sondern auch noch die Durchschnittsfrequenz der alten Seminare weiter zu steigern. Ich betone das namentlich des. wegen, weil gesagt worden ist: was nützt die Gründung derartiger zahlreicher Anstalten, die Unterrichtsverwaltung wird in Anbetracht der mangelnden Besoldung der Lehrer keine ausreichende Nachfrage finden. Die Steigerung der Lehrerzahl wird noch in erheblichem Maße zunehmen; denn die Zahl der Präparanden ist inzwischen auh sehr erheblich gewachsen. In den Präparandenanstalten des preußischen Staats befanden sich Zöglinge im Sommer 1900 in runder Zahl: 11000. Dagegen sind jetzt schon über 14 300 Zöglinge allein in den ordentlichen Kursen der Präparandenanstalten vorhanden. Daneben waren noch in den außerordentlichen Präparandenkursen im Jahre 1901 1534, gegenwärtig über 1800 Präparanden in der Ausbildung begriffen. Es ist also der Unterrichtsverwaltung gelungen, die Zall der Präparanden von 11000 im Jahre 1900 auf zirka 16 000 im Jahre 1903 zu erhöhen. Damit ist also die Annahme wider— legt, als ob die Unterrichtsverwaltung die Lehrerbildungs— anstalten nicht mehr füllen könnte. Gerade das Gegenteil ist richtig; es kommt nur darauf an, neue Seminare und Präparanden— anstalten zu errichten und außerordentliche Kurse zu schaffen; dann wird das nötige Lehrerpersonal ausgebildet werden können und allmählich dem Lehrermangel abgeholfen werden.

Nun, meine Herren, habe ich mich noch zu wenden gegen eine Ausführung des Herrn Abg. Kopsch, die sich richtet auf die allgemeine Verfügung vom 17. November 1903, betreffend die Benutzung von Schulräumen. Rein theoretisch betrachtet, meine Herren, steht diese Verfügung vollkommen im Einklang mit der Praxis der Unterrichts., verwaltung, die sich gründet auf die ihr durch die Regierungsinstruktion von 1817 erteilte Vollmacht. Außerdem aber hat eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vom 9. Januar 1900 die bisher befolgten Grundsätze als durchaus korrekt anerkannt und hat noch besonderz ausgeführt, daß nicht nur auf Schulpflicht, Schulzucht, Gang des Unterrichts, amtliches und außeramtliches Verhalten der Lehrer, sondern auch auf das Schulhaus selbst, Schulzubehör und seine Verwendung sich die Aufsicht der Schulbehörden erstrecke.

Meine Herren, bei dem Erlaß dieser Verfügung hat mir nichts ferner gelegen als die Selbstverwaltungsbefugnisse der beteiligten Schul. gemeinden einzuschränken. Ich muß es namentlich anerkennen, daß die großen Städte es sich angelegen sein lassen, die Sculeinrichtungen mit großen Kosten in tunlichst weitem Umfange möglichst vollkommen zu gestalten, und in dieser Beziehung, glaube ich, stehen wir muster—« gültig da und können den Vergleich mit anderen Staaten sehr wobl aushalten.

Aber, meine Herren, auf einem ganz anderen Gebiete liegt die Frage, ob die Unterrichtsverwaltung nicht genötigt ist, Mißbräuchen entgegen— zutreten. Theoretisch anerkannt ist dies in denjenigen Fällen, die der Herr Abg. Kopsch von seinem Parteistandpunkte aus als durchaus gerechtfertigt bereits bezeichnet hat. Ich erinnere an den Fall, den der damalige Abgeordnete Dr. Barth seinerzeit hier zur Sprache brachte, und in welchem er aus einem mag man sagen gering— fügigen oder wichtigen Anlasse jedenfalls das Eingreifen der Unterrichts verwaltung von Aufsichtswegen sehr nachdrücklich in Anspruch nahm. Einen zweiten Fall hat der Herr Abgeordnete selbst berührt, als es sich um Benutzung von Schulräumen zum sogenannten Gesundbeten handelte. Aber die Unterrichtsverwaltung hat die Beobachtung gemacht, daß mehrfach eine mißbräuchliche Anwendung derartiger Räume zu Zwecken, die den staatlichen und unterrichtlichen Interessen geradezu zuwiderlaufen, stattgefunden hat, und um in dieser Beziehung einheitliche Praxis den Aufsichtsbehörden anzu— empfehlen, ist l dem nichts ferner

den Kursen no

II

eine dieser allgemeine Erlaß entstanden, liegt als die Einschränkung berechtigter Selbstverwaltungsbefugnisse.

Abg. Styche l (Pole): Die Polenpolitik macht sich besondert schmerilich bemerkbar auf dem Gebiete des Unterrichtswesens, we die Kindesseele in ihrem Innersten getroffen wird. Es war nicht unser Standpunkt, wenn wir für diejenigen Teile des Polen. reiches eingetreten sind, welche die Wiener Verträge betreffen. haben nur zeigen wollen, daß der preußische Staat nicht halten kann und will. was seine Könige selbst feierlich versprochen er Unsere Selbsthilfe bewegt sich in durchaus legalen Grenzen, trotzlen werden wir verfolgt. Schandbücher dürfen Minderjährige lesen aber die Benutzung polnischer Bücher ist als gefährlich verboten Di polnische Jugend darf die Tatsachen ihrer eigenen Geschichte nicht polnisch lernen, sie darf nicht polnische Literatur und nicht die eigen Muttersprache pflegen, an harmlosen polnischen Vortragsabenden dar sie nicht teilnehmen. Wünscht die Regierung, daß die polnische Jugen geheime Verbindungen gründet, wie andere junge Leute, um dem Bierseidel zu huldigen? Auf den Gymnasien und den höheren Mädchenschulen wird die polnische Sprache immer mehr verdrängt oder ist vielmehr schon verdrängt. Man ist schon so weit gekommen, die Abschaffung des la teinischen Alphabets in der Schule zu empfehlen, damit die polnischen Kinder die polnische Sprache nicht mehr lesen lernen. Die deutsche Pre nimmt die ungarischen Deutschen in Schutz; wenn es sich aber um ki Polen handelt, ist es eine andere Sache. In Rußland haben d Deutschen ihren Sprach, und Religionsunterricht in ihrer Muttz, sprache, aber in Preußen herrscht das Entnationalisierungssystem. Bi den Wahlen sind die Lehter gezwungen worden, für die deutzchh Kandidaten zu stimmen. Sind wir denn Staatsverbrecher oder Hoch verräter? Ein Kreisschulinspektor forschte einen Lehrer aus, n in seiner Familie gesprochen werde, und als der Lehrer sagte, sein Frau spreche nur gebrochen deutsch und mit den Kindern dall polnisch, sagte der Kreisschulinfpektor: So, das sagen Sie a einem deutschen Kreisschulinspektor!! Ich habe nicht erfahren, wa daraus geworten ist, aber mindestens wird es doch eine Strafberset mm gewesen sein. Von den kleinen polnischen Kindern verlangt man, n sie sich im Religionsunterricht den Lehrern, die nicht Polnisch syre ö können, anpassen. Dann kann man sich nicht über die Resultun dieses Unterrichts wundern. Die preußische Regierung wird mit ihth verkehrten Polenpolitik gar nichts erreichen. * den Folgen trash aber sie und die Majorität dieses Hauses die Schuld. Die Pol bleiben, was sie sind. .

(Schluß in der Zweiten Beilage)

zum Deutschen Reichsanzei

Zweite Beilage ger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

1901

Berlin, Freitag, den 18. März

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Abg. von Pappenheim (kons): Wir haben beschlossen, alle Ginzelfragen aus der Dikekussion auszuscheiden. Ich konstatiere, daß ire durch den Vorredner doch damit in unerhörtester Weise eine Stunde lang in Anspruch genommen worden sind.

Präsident von Kröcher: Das können Sie doch nicht behaupten. Eine Stunde lang hat heute noch niemand gesprochen. g

Abg. Stychel: Ich habe nur die allgemeinen Gesichtspunkte berührt, spezielle Vorträge werde ich später halten. , ;

Abg. von Eynern (ul.): Ueber den pädagogischen Standpunkt der Kindererziehung will ich keinen Vortrag halten, Herr. Porsch bat kaz gestern in seiner eigenartigen Weise getan. Ich will ihn pon der Himmelsleiter, auf die er mit der Staateschule geklettert ist, nicht herunterziehen. Ich will weder über die Marianischen [nn ben, nech über die evangelischen Bibelkränzchen sprechen, hoffe aber, daß der Minister diese Kränzchen so schnell, wie möglich aufhebt. Der Reichskanzler hat leider in vollständig unrichtiger Auffgssung der Rede meines Freundes Hackenberg sich einen Hackenberg konstruiert, zer nicht existiert, und sich aus der vereinzelten Stellungnahme einiger JNationalliberalen und mit Hilfe eines Zeitungsausschnitts eine ganz unrichtige nationalliberale Partei konstruiert, und hinter diesem unrichtigen Hackenberg und dieser unrichtigen Partei sucht der gieichskanzler seine ö Herr Hackenberg führte aus, die Rarsanischen Kongregationen nährten schon in der Kindesseele den Haß gegen Andersgläubige, und der Reichskanzler sagt, die große Mehrheit der Nation wolle keinen neuen Kulturkampf. Aber die Zefuiten wollen ihn. Herr von Heydebrand sagt, daß die Jesuiten nen Kampf gegen den Protestantismus führen, und der Reichskanzler uft sie zurück, weil er darin keine Störung des konfessionellen riedens sieht. Graf Moltke sagt, die Jesuiten nähmen eine eigene

lung in ihrer Religionsgemeinschaft ein. Sind sie deshalb weniger gefährlich? Alle Revolutionen sind zuerst von kleinen Minoritäten ntschloffener, gewalttätiger Männer ausgegangen. Wenn man eine Minorität, die seit Jahrhunderten überall, wohin sie kam, den Frieden zestört hat und sogar deshalb vom Papst aufgelöst worden ist, in ein hand einführt, das konfessionell gemischt ist, so ist das gan; verkehrt. Fs heißt: Haben Sie denn Angst vor den paar Jesuiten? Ja, ich habe Ängst Hor dieser gefährlichen Minorität, weil ich die Geschichte enne. Weshalb sind denn früher die Marianischen Kongregationen uf den Schulen aufgehoben worden? Etwa weil sie für den sonfessionellen Frieden wirkten? Der Minister erklärte, daß er die Verantwortung für seine Verfügung mit vollem Bewußtsein über⸗ nebme; letztere sei aus inneren Gründen gerechtfertigt, aus welchen, derschweigt er. Er sagte, wir könnten den Dingen ruhig entgegen⸗ gehen. Das heißt also: Deutschland, du kannst schlafen, denn deine Söhne im Kultusministerium wachen. Herr Porsch sagt, wir Rerfländen die Marianischen Kongregationen gar nicht, sonst müßten wir katholisch werden. Also entweder hat die Regierung Verständnis dafür gehabt oder nicht, in dem einen Falle muß sie die Kon⸗ scuenzen ziehen. Es gibt auch Katholiken, die im Grunde ihres Herzens nichts von den Jesuiten wissen wollen. Die Jesuiten sind schon aus allen Ländern ausgewiesen worden und sind immer dahin zurück⸗ gekehrt, wo sie einen Boden für die Zerstörung und Zersetzung der nationalen Bande und der nationalen Regungen zu finden hofften. Als Kaifer Wilhelm J. das Jesuitengesetz erließ, schrieb er an den Papst, daß zu seinem Bedauern die katholischen Bürger sich zu einer politischen Partei zusammengetan hätten und den jahrhundertelang zeftehenden Frieden zu stören suchten. Die Seele dieser Organisation waren die Jesuiten. Friedrich Wilhelm J. schrieb warnend seinen Nachkommen: „Jesuwiter müsset Ihr in Euren Landen nicht dulden. Es feynd Teufel und schädigen die Leute. Alfo müsset Ihr sie nicht dulden. (Rufe im Zentrum— Friedrich der Große) Daß das Gesetz, das der alte Kaiser Wilhelm, der Begründer des Deutschen Reiches, in seiner Fürsorge durchgeführt hat, nun kurze Zeit nach seinem Tode durchlöchert wird, ist jedenfalls neu. Als die Sorge für die Aufhebung des Gesetzes zum ersten Male auf⸗ tauchte, am 29. November 1892, erklärte der damalige Reichskanzler Graf Caprivi hier, er glaube, daß die Preußischen Stimmen im Bundesrat gegen die Wiederzulassung der Jesuiten abgegeben werden würden. Heute stimmt dieselbe Regierung nicht nur für die Aufhebung des 52 des Gesetzes, sondern hat auch noch einen Teil der ver bündeten Reglerungen, die Hansestädte und, wie es scheint, auch noch den alten ehrwürdigen Großherzog von Baden, umzustimmen vermocht. Ein Jahr lang hat es gedauert, bis der Kanzler die verbündeten Regierungen zu einer anderen Meinung zu bringen vermochte. Wenn der Reichskanzler so lange Zeit dazu brauchte, mag er wohl andere Absichten gehabt haben, als den konfessionellen Frieden zu fördern. Er muß den Regierungen ein Beruhigungspulver gegeben haben, daz mit dem Gang der Geschichte in Widerspruch steht. Die Gpangelischen stellen noch eine andere Frage. Das Staats—⸗ ministerium hat fich für die Aufhebung des 5 2 des Jesuiten⸗ gesetzes ausgesprochen. Wie stellt sich aber der summus epꝑisgabus der ebangelischen Kirche zu dieser Frage? (Präsident von Kröcher: Ich bitte, die Person Seiner Majestät nicht in die Debatte zu ichen. Ich sprach nur vom sum mus episcopus der evangelischen Rirche. (Präsident von Kröcher: Daß der summus ebisgohus der evangelischen Kirche und Seine Majestät dieselbe Person sind, das wissen wir alle und Sie doch auch) Wenn Graf Büũlow erklärt hat, durch die Aufhebung des § 2 werde an dem bestehenden Zusftand nichts geändert, warum hebt er denn überhaupt den Paragraphen auf? Früher durften die bei uns weilenden Jesuiten nicht offen auf⸗ treten, weil das Gesetz sie zur Vorsicht mahnte. Heute brauchen sie

nicht mehr. Das zeigt das Beifpiel des Herrn von Berlichingen. (Abg. Dr. Porsch: Der ist doch kein Jesuit) Herr Porsch, Sie kennen doch nicht alle Jesuiten. Ich möchte den Minister fragen: wie wollen Sie jetzt hindern, daß Jesuiten sich an Lehranstalten an— stellen lassen und die kongregationistische Tätigkeit aufnehmen? Selbst Ludwig J! von Bayern, der doch ein fehr guter Katholik war, schrieb: Deutsche Gesinnung war den Jesuiten in Deutschland immer fremd; wo immer sie waren und sind, ist ihr höchster Zweck der Ordenszweck, Nebensache das Vaterland, Man meint, die Jesuiten würden gute Bundesgenossen gegen die Sozialdemokraten sein. Aber schon Bismarck hat gesagt: Ich kann einen Jesuiten mit nationaler Empfindung als sehr guten Bundesgenossen betrachten, aber ein solcher ist noch nicht vorgekommen. Graf Bülow erklärte, daß durch § 1 die Orden ausgeschloffen sind und an keiner maßgebenden Stelle die Absicht besteht, S 1 aufzuheben. Aber wie lange leben denn die Minister? Ich habe manchen Minister kommen und gehen sehen, zurückgekommen ist noch keiner. Wenn der Minister sich einmal auf das Studium des Handelsgesetz. buchz verlegt, so wird er in den Bestimmungen über die Gesellschaft mit beschraͤnkter Haftpflicht den Weg finden, auf dem die Jesuiten kommen. Durch ihr Wiederkommen wird das deutsche Volt wieder in jwei feindliche Heerlager getrennt werden, das Entsetzlichste, was in der Geschichte des Deutschen Reiches geschehen kann. Dem Reichs⸗ kanjler ist etwas schwül zu Mute geworden über das, was er getan hat, und er hat Deckung zunächst bei Herrn von Bennigsen gesucht. Verr von Bennigsen stand aber mit seiner Erkläcung allein. Er, der den Aufschwung des nationalen Gedankens begeistert geweckt hatte, vollte an die Wiederkehr des alten Fehlers des deutschen Volkes nicht glauben. Aber, wenn Sie glauben,

daß der Abg. von Bennigsen den Jesuitismus für ungefährlich gehalten hat, dann irren Sie sich.

Der Reichskanzler hat dein Abg. Bassermann mit Unrecht

den Vorwurf der reservatio inentalis gemacht. Der Minister,; präsident hat sich auf liberale Zeitungen berufen für die Meinung, daß Nationalliberale für den Antrag im Reichstage gestimmt hätten in der Hoffnung, daß die Regierung nicht darauf eingehen würde. Das ist ein schwerer moralischer Vorwurf für meine Partei. Dafür muß man eine festere Grundlage haben als Zeitungsberichte. So kämpft Herr Bebel. Solange Graf Bülow keine Namen nennt, müssen wir seststellen das sage ich im Namen meiner Fraktion —, daß er sich verletzender Aeußerungen gegen meine Partei schuldig gemacht hat, und daß wir dies bedauern. Wenn der Reichskanzler diefen Beschluß des Bundesrats rückgängig macht, wird er verständnis— volles Entgegenkommen bei ung finden, und er wird die Frage der Räckgängigmachung wegen der staatsrechtlichen Bedenken prüfen müssen. Kann denn der Reichstag beliebig auf Vorrat Beschlüsse fassen? Der Bundesrat stimmt einem Beschluffe zu, den ein früherer Reichstag gefaßt hat, während der jetzige Reichstag diesen Beschluß vielleicht gar nicht mehr anerkennt. Wir können nicht einmal eine Regierungsvorlage von einer Sefsion in die andere zur Beratung hinübernehmen, sondern müssen von vorn wieder anfangen, und der Bundesrat soll einen früheren Beschluß des Reichstags nach Belieben noch als gültiges Recht ver⸗ öffentlichen können? Diese Frage hat die allergrößte Bedeutung für die Zukunft, es ist möglich, daß die Meinung dahin ausfällt, daß ein folcher Beschluß des Reichstags nicht ad infinitum zur Verfügung des Bundesrats stehe, um beliebig wirksam gemacht werden zu können oder nicht. Nachdem die Geister einmal geweckt sind, wird die öffent⸗ liche Meinung vielleicht eine andere Stellung einnehmen als hisher. Die Aufgabe, die öffentliche Meinung zu wecken, werden wir erfüllen. Ich freue mich, daß der Gvangelische Bund seine Stimme erhebt und die Angriffe nicht beachtet, die auch von der „Kreuzzeitung“ auf ihn fallen. Diese Angriffe wird der Bund jetzt mit Ruhe ertragen, nachdem wir die Rede des Herrn von Heydebrand gestern gehört haben. Der Bund ist 1857 zur Abwehr gegründet worden, als die niedrigen Schmähungen auf die Reformatoren fielen, als Luther ironisch der streitbare Gottes⸗ mann genannt wurde und Windthorst in einer katholischen Ver⸗ sammlung in den frechen Ausdruck gebrauchte, daß der t regiere. (Präsident von Kröcher erklärt diese

en ein verstorbenes Mitglied des Hauses nicht für an—

gebracht,. Man spricht von kluger Ausnutzung der Verhältnisse. Die Konzessionen der Regierung werden vom Zentrum immer unter kluger Ausnutzung der Verhältnisse konvertiert. Das Zentrum ver— steht die Verhältnisse immer vortrefflich. Es bewilligt den Zoll und rettet das Vaterland, es stellt aber neue, unerfüllbare Bedingungen, fordert Witwenversorgung, Aufhebung der indirekten Abgaben in den Städten, durch welche die Finanzen der Gemeinden gestört werden. So geht es auch in anderen Fäll Ich glaube, daß solche Abmachungen mit dem Jentrum stattgefunden haben. Gewiß mag der Reichskanzler die Aufhebung des 8 2 nicht aus Nachgiebigkeit gegen das Zentrum be— trieben haben. Das ist es ja, was uns ängstigt, daß er aus innerer Ueberzeugung diese Maßregel für nützlich hielt. Wenn die Parteien im Lande für die Folge nicht mehr als bisher ihre Pflicht tun, so wird man nicht hindern können, daß der römische Einfluß stärker wächst, und die Regierung eine Abbilfe dagegen nicht mehr finden kann. Wir stehen sest und treu zu Oesterreich und Italien.

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fest das Jentrum noch nicht solchen Einfluß auf die Regierung konnke man das sagen. Wenn aber mehr und mehr das den römischen Einfluß in den Vordergrund schiebt, kann dies unsere Stellung zu den auswärtigen Staaten berühren. Man hat über das Schulwesen mit dem Papste. Verhand⸗ lungen eingeleitet und dabei den Grundsatz Friedrichs des Großen vergeffen, daß der Papst sich nicht in die Politik zu mischen hat. Wir haben eine Gesandtschaft in Rom. Immerfort werden auch andere Leute hingeschickt, Freiherr von Hertling ist ja jeßt wieder dort. Die Regierung hat sich einen Sieg zugeschrieben, weil sie den Papst dazu bestimmt hat, daß er den Bischof Korum seinen Erlaß hat zurücknehmen lassen, aber in Wahrheit ist alles beim alten geblieben. Wir haben mit den Herren Windthorst und Frei⸗ herr von Schorlemer-Alst sehr gute Freundschaft gehalten; Herr von Schorlemer-Alst sagte mir einmal nach einer heftigen Kontroverse: „Herr von Eynern, die Sache steht doch so, wenn Ihr Vater mein Vater und mein Vater Ihr Vater gewesen wäre, dann säßen Sie jetzt, wo ich sitze, und ich säße, wo Sie sißen. Um in Frieden mit unseren katholischen Mitbürgern leben zu können, wollen wir keine Jesuiten und keine Marianische Kongregation.

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Zentrum

Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalange— legenheiten Dr. Studt:

Meine Herren! Der Herr Abg. von Eynern hat in dem Ein— gang seiner Ausführungen die Bemerkung eingeflochten, daß die preußische Unterrichtsverwaltung an der Verstümmelung des Jesuiten⸗ gesetzes beteiligt gewesen sei. Ich muß dem Herrn Abgeordneten darauf erwidern, daß er bei näherer Ueberlegung sich wohl hätte sagen können, daß dieser Satz nicht aufrecht zu erhalten ist. Die preußische Unterrichtsverwaltung als solche hat mit dem Reichsgesetz über die Jesuiten nichts zu tun. Soweit ich als Staats— minister dabei beteiligt bin, übernehme ich selbstverständlich die volle Verantwortlichkeit für den gesetzgeberischen Akt.

Nun hat der Herr Abgeordnete mich weiter gefragt, schehen würde, wenn der Unterrichtsminister, nachdem Ver⸗ stümmelung des Gesetzes eingetreten sei, einen Jesuiten als Religionslehrer und Leiter einer Marianischen Kongregation anstellen, sollte. Meine Herren, darauf gibt nur eine Antwort nämlich den Hinweis auf den Inhalt des 81 des Reichsgesetzes über

die Jesuiten, in welchem gesagt ist: ‚Der Orden der Gesellschaft Jesu ausgeschlossen. Wie ich

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. ist von dem Gebiet des Deutschen Reiches es hiernach anfangen soll, einen Jesuiten als Religionslehrer in der Unterrichtsverwaltung anzustellen, darüber ist mir der Herr Abg eordnete einen Aufschluß schuldig geblieben, und ich kann in diesem Falle allerdings in übertragener Bedeutung nur den lateinischen Spruch anwenden: ignorantia juris nocet. (Bravo! im Zentrum.)

Meine Herren, der Ton, in welchem Herr Abgeordnete seine Ausführungen vorgebracht hat, überhebt mich eines näheren Eingehens darauf. Zu meinem Bedauern hat er den Beweis geliefert, daß er die Mahnung, welche der Herr Reichskanzler am Schlusse se iner gestrigen Rede an das hohe Haus gerichtet hat, im Interesse des konfessionellen Friedens sich ruhig und sachlich zu verständigen und Streitfragen nicht unnötig aufzubauschen, nicht beachtet (sehr richtig! im Zentrum), und er hat ferner vor allen Dingen auch die Zusicherung des Herrn Reichskanzlers ignoriert, welche dieser ausdrücklich dahin gegeben hat, daß er für eine Aufhebung des § 1 des Jesuitengesetzes nicht zu haben sein würde.

Im übrigen kann ich mein Bedauern nur darüber aussprechen,

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daß sich der Abg. von Evnern bemüßigt gefunden hat, den abwesenden Herrn Ministerpräsidenten in dieser Weise anzugreifen, und vor allen

Dingen sich auf das Gebiet der auswärtigen Politik in einer Weise zu begeben, die, glaube ich, dem vaterländischen Interesse schwerlich gedient hat. (Sehr gut! im Zentrum; Widerspruch bei den National— liberalen Der Herr Abgeordnete hätte volle Veranlassung gehabt, beim Etat des preußischen Ministeriums der auswärtigen Angelegen heiten, der meines Wissens hier in diesem hohen Hause noch nicht beraten ist, seine Ausführungen anzubringen.

Meine Herren, ingleichen überhebt mich der Ton auf die Marianischen Kongregationen von angeschlagen worden ist, eines näheren Eingehens ierau Charakteristisch war zu Anfang seiner Ausführungen de mir erteilt hat, ich möchte einfach die sämtlichen Bibelk heben. Es erinnert mich das an die „Vereinsmeierei! und „Ohrfeigen“, das Niveau und kann unmöglich in das Gebiet der sachlich auf die eines Näheren einzu würde, gerechnet werden.

Ich kann nur hinzufüg mir etwa noch erfordert wer Ausführungen in der Unruhe des das notwendigste Maß beschränkt Eingehen einzelner anderer Redner auf

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Abg. Dr. Bachem (Zentr.): Ich bedauere den Herrn von Eynern. Dabet ist nicht zu verwundert und Protestanten nicht zusammenkommen können. Veolkäversammlung. Nur wenn wir die Frag behandeln, werden wir weiterkommen. Waisenversorgung und all die anderen

tun haben, gehe ich nicht ein. v

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die Welt. In München hat aber niemals eine stattgefunden. Und dann war Windthorst ein v um eine solche Aeußerung in einem Sinne n verletzt werden konnten. Der Evangelische Zeit gegründet worden, als Fürst Bismarck katholischen Kirche schloß. Die juristischen Kenntnisse de 192 . . ö * z s a n Hare-KHrIIic 5a Eynern in allen Ehren, aber über die staatsrechtlichen Be ich doch lieber mit einem Juristen diskutieren als mit Her Diese Frage wird wohl auch im Bundesrat erwogen w der Reichstag dem Gesetzentwurf über die zollamt Pongees auf meinen Vorschlag zustimmte, akzep rat auch erst, als der nächste Reichstag schon da einen anderen Prä fall, der mir jedoch schwunden ist. Herr von Eynern hat Herrn so rücksichtslosen Weise abgeschüttelt, wie es mir noch nie vorgekommen ift. Eine imposante Erscheinung, wenn ein Eynern einen Herrn von Bennigsen abschüttelt! Auch Nationalliberale, Marquardsen, Büsing, Bassermann, haben sich für die Aufhebung des 52 erklärt, und Dr. Friedberg hat in den 1890er Jahren erklärt, der Ver⸗ zicht auf diesen Paragraphen bedeute nicht ein Abweichen von dem liberalen Standpunkte, fondern eine Rückkehr zu demselben, der 8 2 sei ein unberechtigter Eingriff in das Recht der Freizügigkeit. Ebenso urteilte er doch wohl ein kompetenterer Jurist war als Herr die Partei noch Herrn von Eynern zu Einkehr zu halten und zu fragen, ob n Namen des iberalismus Anspruch machen kann. er n Eynern hat Herrn ; ingen einen Jesuiten ge dies Jesuit i Gerechtigkeits gefühl J verbieten, mals Hetzer für den Auf⸗ Herr von en einzigen n Eynern

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f uns aus dem Katholiken anführen, der den 2 hat Angst vor der energischen Rü— : Jesuiten. Er mag allerdings Angst haben vo allen Mitteln der Wissenschaft ausgerüsteten Volk braucht sie nicht zu haben. Je gebildeter Selbstbewußtsein hat er, und desto gering Jesuiten. Ich empfehle

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Ber Orden ist nicht als Kampfmittel gegen worden, dieser Vorwurf ist auch

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ündet gegen überhaupt öglich gemacht haben. Seine eschlossen tholischen Ländern und in der Fenn er neben auch die Katholiken in Deutschland gegen den vordringenden Protestantismus schützt, so ist das nicht auffallend und kann kein Berwurf far ihn fein. Mit demselben Recht könnten wir es den protestantischen Gelehrten und Predigern vorwerfen, daß sie seiner⸗ zeit für den Protestantismus eingetreten sind. Es ist hier von den Schrecken der Gegenreformation gesprochen worden. Ebenso gut könnten wir von den Schrecken der Refor⸗ mation sprechen. Aber das tun wir nicht; was auf beiden Seiten geschehen ist, gehört der Geschichte an. Inzwischen sind die Protestanten andere geworden, sind die Katholiken andere ge— worden; wir billigen nicht mehr alles, was bei der Gege reformation geschehen ist, aber billig denkende Protestanten werden auch nicht alles billigen, was bei der Reformation geschehen ist. Wenn immer die geschichtlichen Tatsachen herbeigejogen werden, dann werden wir uns nicht verftändigen, sondern immer mehr auseinander kommen. Der Jesuitenorden ist nicht aufgelöst worden, weil er den Frieden störte, d Friedensstörer waren die bourbonischen Könige. Wie sich Jefuiten zur nationalen Frage verhielten, darüber lefen Sie, bitte, was auch in katholischen Büchern darüber geschrieben ist. Aus protestantischen Schriften kommen Sie nur zu elner einfeitigen Auffassung. Wegen der Aufbebung

des Jesuitengesetzes ist ein außerordentlicher gemacht worden. Eine Aenderung sist aber lediglich insofern eingetreten als die Fesuiten jetzt nicht mehr ohne Grund und richterliches Erkenntnis ausgeschlossen werden können, wie früher Jesuiten deutscher Nation, die sich nichts zu schulden hatten kommen lassen. Es handelte sich um eine Ausnahme vom Gesetz der Freizügigkeit, wie sie nirgends existierte außer im Sozialistengesetz; nachdem dieses verschwunden, war das Bestehen dieses Paragraphen ein Un⸗ recht, und es ist ein Ruhmesblatt für die nationalliberale Partei, daß ihre Mitglieder die Aufhebung mit unterstützt, haben. Würden Sie es etwa für recht halten, wenn eine ähnliche Bestimmung für die Protestanten getroffen würde? Herrn von Eynerns Rede predigt den Grundsatz: eujus regio, ?jus religio; wir sind in der Majorität, also muß die Minoritat vergewaltigt werden. Nach Bekanntwerden des Bundes. ratsbeschlusses wurden sofort merkwürdige Nachforschungen darüber angestellt, welche Stellung die einzelnen Regierunger

nzel eingenommen haben. Es ist eine eigenartige Erscheinung, daß einzelne Regierungen 6 .

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