Bayern.
Der württembergische Ministerpräsident Dr. von Breit— ling, der am Montagabend in München eingetroffen war, hatte gestern vormittag, wie „W. T. B.“ berichtet, eine k mit dem Justizminister von Miltner. Später stattete er dem Ministerpräsidenten Freiherrn von Podéewils einen Besu ab und war Nachmittags mit diesem und dem Justizminister von Miltner gemeinsam bei Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzregenten zur Tafel geladen.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Prinz und die k von Wales sind gestern nachmittag, wie „W. T. B.“ meldet, zu dreitägigem Aufenthalt in Wien eingetroffen. Zum Empfang waren der Kaiser, der Erzherzog Franz Ferdinand, die anderen in Wien anwesenden Erzherzöge sowie der englische Bot— schafter mit dem Personal der Boischaft auf dem Bahnhof er— schienen.
Die gestrige Sitzung des 6sterreichischen Abgeordneten⸗ hauses wurde mit der wörtlichen Verlesung des Einlaufs ausgefüllt. Beim Schluß der Sitzung verwies der Abg. Biankini auf Zeitungsmeldungen, wonach die Reise des italienischen Abg. Miraglia und die Entrevue in Abbazia bezweckt hätten, gewssse Begünsti— gungen für den Import italienischer Weine zu erlangen. Der Redner drang auf die Beantwortung der von ihm eingebrachten Interpellation über den itallenischen Handelsvertrag und forderte die Regierung auf, loyale Aufklärungen zu erteilen über die den italienischen Skaats— männern gemachten Versprechungen.
Der Kaiser und König hat an den ungarischen Minister— präsidenten Grafen Tisza ein Handschreiben gerichtet, in dem er ihn auffordert, Vorschläge für die Ueberführung der Asche Franz Rakoczis, der in Kleinasien in der Verbannung gestorben ist, nach Ungarn zu machen. Die Kunde von diesem Entschlusse hat in allen Kreisen freudige Bewegung hervor— gerufen.
Großbritannien und Irland.
Der König und die Königin sind, wie „W. T. B.“ meldet, gestern abend gegen 7 Uhr von Kopenhagen wieder in London eingetroffen.
Im Oberhause beglückwünschte gestern Lord Spencer den Minister des Aeußern Marquis of Lansdowne zu dem fran“ zösisch⸗englischen Abkommen,. Lord Lansdowne, vom Hause mit lebhaftem Beifall begrüßt, erwiderte, daß die dem Abkommen zu— teil gewordene Aufnahme allen Erwartungen und Wünschen der Re— gierung entspreche. Die Regierung denke darum aber nicht, daß das Abkommen über jede Kritik erhaben sei. Er glaube, daß das Land das dem Abkommen zu Grunde liegende Prinzip billige, namlich, daß es für zwei große Nationen gut sei, freimütig und in vollem Umfange alle Streitpunkte zu prüfen und sich zu bemühen, diese Punkte auf der Grundlage gegenseitiger Achtung und gegenseitiger Würdigung der beiderseitigen Ansprüche zu regeln. Der Minister sprach dann die Hoffnung aus, daß das englisch-französische Abkommen einen Präzedenzfall bilden möge, der bei. Verhandlungen mit 6 Ländern in ersprießlicher Weise eine Folge finden önne. Resolution an, die mit Rücksicht auf die Verwickelungen in Tibet die Verwendung indischer Truppen außerhalb der indischen Grenze ge— stattet. Im Laufe der Beratung über den Antrag sagte der Minister des Aeußern Marquis of Lansdowne: es scheine jetzt bessere Aus- sicht vorhanden zu sein, daß eine befriedigende Regelung erzielt werde. Bisher seien die Tibetaner zu hartnäckigem Widerstande gegen die englischen Vorschläge durch zwei Erwägungen ver— anlgßt worden; die erste, sei die Unzugänglichkeit ihres Landes, zweitens könne kein Zweifel bestehen, daß der Meinungsaus— tausch, der zwischen den Mönchen in Lhassa und den buddhisfischen Untertanen des russischen Kaisers in Asien stattgefunden habe, bei den Tibetanern den Glauben erzeugt habe, daß sie auf rufsischen Beistand rechnen könnten. Die Ereignisse, fuhr der Staatssekretär fort, müßten diesen Glauben in rauher Weise zerstört haben, und es dürfe 'an— genommen werden, daß infolgedessen die Tibetaner zur Vernunft kommen und binnen kurzem die von England angebotenen gemäßigten und nachbarlichen Bedingungen annehmen würden.
Im Unterhause brachte gestern der Schatzkanzler Austen Chamberlain das Budget ein. Er legte dabei dar, der Fehl⸗ etrag des abgelaufenen Rechnungsjabres habe 5415 000 Pfund Sterling betragen und sei aus den verfügbaren Beträgen des Schatz⸗ amts gedeckt worden; die letzteren würden durch Realifierung von noch nicht in Anspruch genommenen Regierungsobligationen eine Stärkung Um
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—
n eine Million Pfund Sterling erfahren. Für das neue Rechnungsjahr
* 1 .
J * Grund der gegenwärtigen Besteuerungsverhältnisse, auf 139 960000 Pfund veranschlagt, woraus sich ein Fehlbetrag von 3 820 000 Pfund ergeben
im 1 Penny auf, 1 Schilling für das Pfund Sterling zu erhöhen, vodurch eine Mehreinnahme von 2 Millionen Pfund werde erzielt Ferner schlage er die Erhöhung des Teezolls um 2 Pence ü vor, woraus ebenfalls 2 Millionen Pfund Sterling Mehreinnahme gewonnen würden. Außerdem solle der Tabak“? zoll folgende Neuordnungen erfahren: es solle ein be— sonderer Zollsatz von 3 Schilling 3 Pence für das Pfund auf ent— rinpte Blätter eingeführt, der Zoll auf Zigarren um 5. Pence für das Pfund und der auf Zigaretten um 1 Schilling für das Pfund erhöht werden. Die Feuchtigkeitsgrenze solle auf 326/09 hinaufgesetzt werben. Ferner sollten Steuernachlässe in drei oder vier verschierenen Ab— stufungen gewährt werden, durch die die britische Tabakausfuhrindustrie eine Steigerung erfahren werde. Der sich aus diesen Aenderungen er⸗ gebende Mehreingang werde mit 550 000 Pfund Sterling angenommen. Die gesamten Einnahmen würden nach alledem mit 143 610 6690 Pfund guzjusetzen sein. Im weiteren Verlaufe seiner Rede führte der Schatz, kanzler aus, die große Welle des Wohlstandes, deren England sich viele Jahre hindurch erfreut habe, scheine ihre Kraft verbraucht zu haben, und eine Periode minder ertragreicher Jahre scheine nunmehr über das Land zu kommen. Der Wettbewerb des Auslandes fei schärfer als je zuvor, Absatzmärkte, in denen man Englands Ueberlegenheit für sicher angesehen, seien in zunehmendem Maße bedroht. Der Schatz⸗ kanzler bemerkte noch, daß sich die Staatsschuld am 31. März auf 762 630 000 Pfund Sterling belaufen habe, nachdem sie sich im Laufe des vergangenen Jahres um 8 148 009 Pfund verringert habe. Sir Henry Campbell-Bannerman beglückwünschte den Schatzkanzler dazu, daß er den Mut gehabt habe, sich der Einstellung der Schulden⸗ tilgung zu widersetzen und zwei äußerst unbeliebte Steuern vor— zuschlagen. Sir Michael Hicks Beach gab der Genugtuung Aus. druck, daß im Etatsentwurf keine Spur von den Absichten des Schatz kanzlers Austen Chanberlain über die Fiskalfrage zu finden sei. Der Unterstaatssekretär des Aeußern Earl Perey erklärte auf eine Anfrage, die Vereinbarungen zwischen der englischen und der siamesischen Regierung über die von Siam abhängigen Gebiete auf der malagiischen Halbinsel seien streng vertraulicher Natur, und mit Rücksicht auf den bestimmten Wunsch der siamefischen Regierung sei es nicht beabsichtigt, sie zu veröffentlichen. Schließlich stlmmte' das Haus mit 265 gegen 195 Stimmen dem Tee zoll und sodann auch
dem Tabakzoll zu. Rußland. Der Admiral Skrydlow ist gestern, wie dem gemeldet wird, in St. Petersburg eingetroffen
werden.
r r für das Pfund
ö 1
„W. T. B.“ und festlich
Das Haus nahm sodann, wie kürzlich das Unterhaus, eine
va nien hat den Vorschlag, die
ien die Ausgaben auf 142 880 0h90 Pfund und die Einnahmen auf
vürde. Er schlage dementsprechend vor, die Einkommensteuer
empfangen worden.
An Bord eines französischen Dampfers trafen gestern 440 Mann der Besatzungen des „Warjag“ und des „Korejetz unter Führung des Kommandanten des „Warjag“, lügel⸗ adjutanten Rudnew, nebst 55 Mann der Schutzwache der russischen Gesandtschaft in Söul und 30 Kosaken in Ode ssa ein. Die Seeleute, die auf das herzlichste begrüßt wurden, gehen von Odessa nach Sebastopol und St. Petersburg.
Epanien. Der König ist gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, von Barcelona nach den Balearen abgereist.
Türkei.
In den mazedonischen Wilajets und in Adria— nopel sind, wie das Wiener „Telegr⸗Korresp. Bureau“ be— richtet, bisher etw 1300 Bulgaren amnestiert worden. Die Verzögerungen der Freilassung wegen der Garantieleistungen haben aufgehört.
Der armenisch⸗gregorianische Patriarch hat dem Bischof von Bitlis gestattet, nach Musch zu reisen und gemeinsam mit dem dortigen Bischof zu versuchen, den Bandenchef Andranik zur Unterwerfung zu bewegen. Falls diese letzte Aufforderung mißlingt, werden die Truppen vorgehen.
Bulgarien.
Der bulgarische diplomatische Agent in Cetinje Rizow ist, wie das Wiener „Telegr. Korresp-⸗Bureau“ berichtet, nach Einholung von Instruktionen von Sofia wieder nach Belgrad abgereist.
Amerika.
Die Regierung der Vereinigten Staaten erwägt gegenwärtig, wie dem „Reuterschen Bureau“ aus Washington mitgeteilt wird, sorgfi tig die Frage der Regierungs— kontrolle, über die drahtkose Telegraphie *in Kriegszeiten infolge der am 15. April ergangenen Mit— teilung der russischen Regierung, daß sie Berichterstatter, die sich der drahtlosen Telegraphie bedienten, als Spione behandeln wolle. Man meine, daß eine Regierungskontrolle mindestens im Sinne einer Oberaufsicht, namentlich längs der Küsten, wünschenswert, wenn nicht unumgänglich nötig sei, um sicherzustellen, daß die drahtlose Telegraphie nicht in Kriegszeiten zum Schaden der Reglerung verwendet werde, um mit dem Feinde in Verbindung zu treten.
Das Repräsentantenhauß nahm gestern, wie W. T. B.“ berichtet, eine Vorlage an, durch die die Terrttorien A rizona, Neu⸗ Mexiko, Oklahoma sowie das Indianerterritorium je zu einem Staate erklärt werden.
Der Finwanderungsausschuß des Repräsentanten— hau ses beschäftigte sich gestern mit den Darlegungen der Interessenten für inen, dem Hause vorgestern zugegangenen Gesetzenfwurf über die Aenderung der Einwanderungsgesetze. Nächdem der amerika— nische Standpunkt zur Erörterung gekommen war, gelangte der Einspruch der englischen Schiffahrtointeressenten, der an den Minister des Aus— wärtigen Lord Lans downe gerichtet ist, zur Verlesung. Im Aus— schusse kam auch das Gerücht zur Sprache, daß, neben? dem bereits Lorliegenden ungarischen Uebereinkommen mit ber Eunardlinie, auch Oesterreich daran gehe, einen ähnlichen Vertrag mit einer Schiff fahrtsgesellschaft abzuschließen, wodurch ein regelmäßiger Dienst mit Triest würde eingerichtet werden. Der Gesetzentwurf ist vorgestern auch an den Senat gelangt.
Der demokrgtische Staats kon vent von New York hat den Delegierten für den Nationalkonvent Anweisung ge⸗ geben, die Nominierung des Oberrichters des Appellhofes des Staates New Jork, Alton Brooks Parker, als demo— kratischen Kandidaten für das Präsidentenamt zu unterstützen.
Ein Gegenantrag der Tammanypartei, die Delegierten ohne
Anweisung zu lassen, fiel mit 361 gegen 149 Stimmen. Der demokratische Staatskoönvent von Pennsyl⸗ Delegierten für den National— konvent anzuweisen, für den Oberrichter Parker als Präsi⸗ dentschaftskandidaten zu stimmen, abgelehnt.
Asien.
Aus Söul meldet das „Reutersche Bureau“, ein Be— amter der Zollbehörde in Gensan berichte, daß eine starke russische Streitmacht auf der großen Südstraße längs der Ostküste in der Nähe von Söngtschin durchgekommen sei. Die Hauptmacht habe am 17. d. M. Puktschöng, etwa 80 Meilen nördlich von Gensan, besetzt gehalten.
Wie das „Reutersche Bureau“ aus Schang hai erfährt, besagen dort eingetroffene authentische Nachrichten aus Sö 6 daß die japanische Armee in ein Expeditions- und ein Okkupationskorps geteilt sei; das erstere, 45 000 Mann stark, rücke gegen den Jalu vor, das letztere, aus 15 000 Re⸗ servisten bestehend, mache die Verbindungsmittel möglichst voll— kommen. Das Hauptquartier sei Söul mit einer Be— satzung von 4000 Mann; das Hauptguartier für die Transporte sei Tschemulpo. Der Bau der Eisenbahnen und der Landstraßen schreite rasch vor. Die Insel Ko je do werde befestigt.
Afrika.
In Aden verlautet, dem „Reuterschen Bureau“ zufolge, daß englische und italienische Schiffe die von Truppen
des Mullah besetzte Ortschaft Illig beschossen hätten.
Die Gendarmerie des Distrikts Lydenburg verhaftete gestern nach längerer Verfolgung 7 des Hochverrats be— schuldigte berittene ehemalige Burgher.
Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags und des H auses der Abgeordne fen befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.
— In der heutigen (71) Sitzung des Reichstags, welcher der Kriegsminister, Generalleutnant von Einem genannt von Rothmaler beiwohnte, wurde zunächst eine Reihe von Petitionen, die von der Petitionskommission als ir Erörterung im Plenum nicht geeignet erachtet worben sind,
ür erledigt erklärt.
Darauf wird in die Besprechung der Inter- pellation des Abg. Graf von Oriola' (nl), betreffend die Vorlegung der neuen Militärpensionsgesetzentw ürfe, eingetreten. 2.
Abg. Winckler (kons.): Wir stimmen mit dem Interpellanten darin überein, daß es hohe Zeit war, an die verbündeten Regierungen die Frage zu richten, wann wir wohl endlich auf die Vorlegung der in der Thronrede angekündigten Vorlage zu rechnen haben. Es hat peinlich enttäuscht, daß die kostbarsten Wochen unserer Arbeit ver— gangen sind, ohne daß der Ankündigung die Tat gefolgt ist. Ware wenigstens jetzt die Vorlage zu erwarten, wir wunden sie begrüßen nach dem Satze: Spät kommst du, doch du kommst! Aber wir
Reichstag
haben gehört, daß die Vorlage seit dem 5. Dezember im liegt, dort Schwierigkeiten macht und keine Eigen , ue n nur die Hoffnung, daß sie noch im Laufe dieser Session an langt. Die Hoffnungen, die sich feit Jahren! an diese Vor ben, beteiligten Kreisen geknüpft Haben, hat die ge Erklärung des Krlegsmninfsters zerstsrt. nere Rrittk kiel zögerung, kann si nicht gegen, den Kriegsminister rj fs denn seine Zusage vom 3. Bezember ist vol gehalten wol Wir haͤtten gewünscht, daß auch in den weiteren Instanzen biet ledigung der Sache so eifrig betrieben worden wäre wi durch ie Kriegsminister. Wir bedauern tief die dilatorische Behandlung ö nun seitens des Bundesrats auch auf diesen so wichtigen 6 . stand ausgedehnt worden ist. Mehr Dampf muß jetzt ö. dahinter gemacht werden. Wenn sonst Angelegenheiten nicht . ledigt werden können, ist oft der Reichstag mit schuld; hier, ist er an der Verzögerung gänzlich unschuldig. Die besten Mon der Reichstagstagung sind vorüber; auf ein vollzähliges, andaoln arbeitendes Haus ist kaum noch zu rechnen. Wr halten . diese Sache für so dringlich, daß wir auch in den heißen Som! monaten daran arbeiten wollen; geht die Sefsion vorüber, ohne ö. etwas zustande kommt, so trifft jedenfalls den Reichstag keine V antwortung. . ö 1 Pachnicke (fr. Vgg.): Es ist immer mißlich, Gesetz stürmisch zu fordern, . Inhalt man noch gar nh kennt. Auch wir haben die Re ormbedürftigkeit der Penstonsg g gebung anerkannt; aber es kommt auch auf den Kostenpunkt an. (, mehr Ausgaben bewilligt, ist verantwortlich für die Deckung, in welche Schwierigkeiten diefe verursachen wird, davon sind 1 alle durchdrungen. Einstweilen bleibt ber Zuwachs an Einnahn aus der Bevölkerungsvermehrung hinter dem Mehrbedarf erheil zurück. Man hat auf die Wehrsteuer hingewiesen; aber wenn diese jn Versorgung der Veteranen und Invaliden reserviert wird. haben wir für andere Zwecke daraus nichts mehr übrig. Außerhen ist diese Steuer recht unvollkommen; der Reichstag hat sie 1881 abgelehn nachdem erkannt worden war, daß die Bedenken dagegen überwogen Mit herangezogen werden sollten zu dieser Steuer auch die tellmi⸗ Erwerbsfähigen und ausgeschlofsen sein nur die ganz Erwerh, unfähigen, und je nach Einkommen sollten abgestufte Beträge eingejogy werden. Gegen diese Regelung drangen schließlich die Beben durch. Der Vorredner weist auf die Geschäftslage des Hauses hy Aber auf die Verabschiedung wirkt es schwerlich ein, ob der Entwun etwas früher oder später vorgelegt wird. Der Reichstag ist die3ma mit seinen Arbeiten im Rückstande wie nie zupor; erste Lesungen müssen zurückgestellt werden, weil sich die Zeit dazu nicht findz Man spricht ja schon davon, die Arbeiten por Pfingse abzubrechen und die Sefsion zu vertagen; würde selbst nach Pfingsth noch einige Wochen gesessen, so würde an dieser schlimmen Lage aut nicht viel gebessert; in den Spätsommer hinein können wir doch nich tagen. Auf alle Fälle müssen wir uns der Vorlage gegenüber fre Hand vorbehalten. . Abg. Singer (Soz.): Wir nehmen zur Vorlage dieselhe Stellung ein, die wir oft hier erläutert haben. Wir halten ein Neform für durchaus notwendig; unbeschadet unserer prinzipiesse Stellung zum Wilitärspstem sind wir durchaus bereit, dafüt zu? sorge, daß für die Opfer dieses Systems nach Kräften eingetreten um diesen Opfern ein möglichst forgloser Lebengabend gewährt wirs. Wir wünschen dringend, daß dieses Gesetz fich nicht allein mit den Offizieren beschäftigt, sondern auch mit den Mannschaften; dem
' J [ * - * * e J 2 die Pensionssätze für diese vom Feldwebel abwärts reschen durchaul
Die In
deutlichste
nicht aus, sondern bedürfen dringlichst der Aufbesserung. schriften und Petitionen an den Reichstag beweisen das aufs Ich lasse es mir an diesen kurzen Ausführungen genügen.
Abg. Liebermann von Sonnenberg (wirtsch. Vgg )): Die Interpellanten haben sich den Dank det ganzen Volkes verdient durch ihre Anregung. Alle Parteien stimmen darin überein, daß das Reich die Ehrenpflicht habe, den Männern, die ihr Blut sin das Vaterland vergossen haben und eventuell vergießen müssen, die notwendige Hilfe zu bringen, ehe der letzte von ihnen zr großen Armee abgegangen ist. Folgen wir darin also nicht Herm Pachnicke, sondern seuern wir die Reichs verwaltung an. Den gegen wärtigen Kriegsminister trifft ja keine Schuld, auch nicht den gegen wärtigen Reichsschatzsekretär; aber in Zukunft wird man sagen: den gegenwärtigen Bundesrat trifft die Schuld; denn ihm das Gesetz vor, und er hat die Pflicht, es schleunigst ledigen. An einem Gesetz, für dessen Zustandekommen sich der gan interessiert, soll sich der Bundesrat nicht all zugrohe Sorge fuͤr den Beutel der Steuerzahler machen. Auch wenn der Ent wurf dem Bundesrat verbesserungsbedürftig erscheint, fo möge er doch diese Verbesserung vertrauensboll der Reichs tagskommissien überlassen; sonst dauert vielleicht die Sache zu lange. Leider liegt der Bundesratssaal nicht mit seinen Fenstern nach der Siege ⸗ säule hinaus, wo jeder Blick ihm seine Verpflichtung für de Vaterlandsverteidiger ins Gedächtnis rufen müßte. Vor wenigen Tagen versammelten sich alte Düppelstürmer an der Siegessäule; nach dem, was wir jetzt gehört haben, hätte der Bundesrat den Herren zh. rufen können: Wir hoffen ja, für Euch etwas tun zu können, aber z geht nicht so schnell; auf Wiedersehen am 50. Jahrestage von Düppel! Vie gegenwärtigen Zustände sind derart, daß die Mahnung des Reichskanzlersß zur Freude am Reich schwer zu befolgen ist. Man sollte wirklich die Akten mit den Schriftstücken dem Reichskanzler zusenden, die wir aus den Kreisen der Veteranen empfangen haben Ueber die Art, wie die Wehrsteuer auszugestalten wäre, will ich mich mit dem Abg. Pachnicke nicht unterhalten. Wie viele Forderungen bon Veteranen müssen abgewiesen werden, weil sie den Zusammen hang ihrer jetzigen Gebrechlichkeit mit den Ursachen des Krieges nicht nachL weisen können! In Kreuznach hat sich ein Invalide ertränkt, weil er beim Betteln abgefaßt wurde. Dle Wege der Abhilfe find oft genn gezeigt worden, auch heute vom Abg. Singer. Offiziere und Mannschaften müßen in gleicher Weise berücksichtigt werden, indem man die unglückseligen unklaren Bestimmungen über den Ehrenfold abänden. Selbst Abgeordnete wie der Abg. Potthoff sind sich über den Sim dieser Bestimmungen nicht klar. Den Behörden mache ich keine Vor, würfe; sie mußten sich an das Gesetz halten. Um so notwendiger ist er, daß dieses Gesetz geändert wird. Widersinnig ist es, daß die Pension auf, das Staatsgehalt angerechnet wird. Infolgedessen werden die besten Kräfte dem Staatsdienste entzogen. Der Bundesrat kann unmöglich die furchtbare Verantwortung auf sich nehmen, daß er das Gesetz ad Calsndas Graecas hinausschiebt. Ich hoffe, daß diesmal eiwas Gutes, Vorzügliches herauskommt, da im Bun destat eine ganze Reihe alter Soldaten sitzt. Die schlichten Kriegsorden mahnen uns an die alte Schuld. gaudern Sie nicht, etwas mehr Dampf! ;
Bei Schluß des Blattes nimmt der Abg. Dr. Paasche (nl.) das Wort.
— Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (657 Sitzung, welcher der Justizminister Dr. Schönstedt ünd der Finanzminister Freiherr von Rheinbaben beiwohnten, zunächst die zweite Beratung des Staatshaushaltsetatst fur das Rechnungsjahr 1904 fort.
Der Etat des Ministeriums der auswärtigen An— gelegenheiten wird ohne Debatte bewilligt.
. der Beratung über den Etat der Staats archive, und zwar üher die Ausgaben für das Historische Institut in
om, befürwortet
Abg. Dr. Dittrich (Sentr.) eine Vervollständigung der Bibliothek des Instituts durch weitere Erwerbung von kirchengeschicht⸗ lichen Werken. . ;
Abg. Dr. Hahn (B. d. L.) wünscht eine Fortsetzung der vatz⸗ kanischen Veröffentlichungen und lenkt dann die Aufmerksamkeit auf. die Zustände mancher Archive in den Provinzen. Es fehle an den nötigen Kräften, um die wachsenden Aufgaben der Archive auf dem Gebiete der Spezialforschung in der Heimatkunde zu erfüllen. Es müßten jüngere Gelehrte zur Mithilfe herangezogen werden.
iber, die . geri en esentlichsten Bestimmungen der Vorlage lauten in
Dittrich (Zentr. spricht sich gleichfalls für die Fort- is, W r fie , aus dem vatikanischen Archiv aus. setzun eneraldirektor der Staatsarchive, Geheimer Oberregierungsrat Dr. erwidert dem Abg. Dr Hahn, daß die Archivverwaltung bemüht sei, Kose weckmäßigen Austausch zwischen den einzelnen Staatsarchtven einen ; Die Benutzung wissenschaftlicher Kräfte habe in den
pere l g 3 Helhffe nt erheblich zugenommen. ie Frage der Veröffent ketten, . en Archiv beschäftige z. Zt den wissen⸗ ermehrung der
ihrn ben Heirat des Instikutz in Rom. Für? die n n, . im vorigen Etat 10 900 Æ. ausgeworfen gewesen; . seien ö mit der Sichtung der angekauften beschäftigt. . ; ö
hic r g gel taatsarchive wird darauf bewilligt. EB folgt dann die zweite Beratung des Gesetz entwurfs Dienstaufsicht bei den größeren Amts—
der Kommission:
der gung den mit mehr als fünfzehn Richtern besetzten Amts—
eht das Recht der Aufsicht einem Amtsrichter zu, der den titel Amtsgerichtsdirektor führt. Die Amttgerichtsdirektoren
an m n, fie beziehen dasselbe Hehalt, wic d
werden . mm. sie beziehen dasselbe Gehalt, wie die
; g. ᷣ gand en chte hin Recht der Aufsicht des Amtsgerichtsbirektors erstreckt sich auf alle bei dem Amtsgericht angestellten oder beschäftigten Beamten. Jedoch steht dem Amts gerichtsdirektor richterlichen Beamten gegenüber die Befugnis zur Erteilung einer Rüge nicht zu. Der letzte Satz ist ein Zusatz der Kommission )
3 7. Auf die Vertretung der Amtsgerichtsdirektoren finden die 8 6 bis 8 des Gesetzes, betreffend die Führung der Aufsicht bei dem Amtsgericht 1 und dem, Landgericht J in Berlin usw., vom 19. April 1593 entsprechende Anwendung; . .
Die Kommission hat ferner folgenden 8 3a hinzugefügt: ;
§5 32. Den Prãäsidenten der Landgerichte, die den im 5 J be⸗
zeichneten Amtsgerichten übergeordnet, steht die Befugnis aus § 9 s Gesetzes vom 19. April 1392 zu.
des g e e er srf. Bg é beantragt folgende Ab—
Abg. Peltasohn (rs. Vgg) beantragt folgende Ab⸗
* ngen: ö j
. hn n, § 1 folgende Fassung. zu geben: Bei den mit mehr als 36 Richtern besetzten Amtsgerichten steht das Recht der Aufsicht einem Amtsrichter zu, der den Amtstitel Amtegerichtspräsident führt. Die Amtsgerichtspräsidenten werden vom Kön J ernannt; sie beziehen dasselbe Gehalt, wie die Landgerichtspräsidenten. ;
2) An Stelle der S5 2 und 3. folgende Bestimmung zu setzen:
Vie Bestimmungen der S8§8 3 bis 8. des Gesetzes, betreffend die
Führung der Aufsicht bei dem Amtsgericht ! und dem Landgericht J
Berlin usw, vo April 1892 finden auf die Amtsgerichts
zu Berlin usw, vom 10. April 18 i 3. h präsidenten bei anderen Amtsgerichten entsprechende Anmendung; Den präsidenten der Landgerichte, die den im S 1 bez ichn ten Amtz, gerichten übergeordnet sind, steht die Befugnis aus §9 des Gesetzes vom 10. April 1892 zu. . . .
Abg. Peltasohn befürwortet seinen bon der Kommission ab⸗ agelehnten Antrag zu § 1, das Aufsichtsrecht an den mit mehr als z0 Richtern besetzten Amtsgerichten Berlin Il, Breslau, Han. nover, Cöln und Frankfurt . M, wie beim Amisgericht Berlin , einem besonderen Amtsgerichtspräsidenten zu übertragen. Es werde damit die Rangfrage in befriedigender Weise gelöst. J. Abg. Viereck (freikons.): Beschwerde über das Gesamtergehnis der Leistung der Amtsgerichte hat die Regierung nicht erhoben, über— haupt nicht gegen die Quglität unserer Amtsrichter; ihre Bedenken schreiben sich her aus der Organisation, die eine übersichtliche, aus— reichende Kontrolle 5 ermöglicht. ö Bedenken sind als gerechtfertigt anzuerkennen. Im Prinzip muß ich punschen daß 9 größeren Amtsgerichte eine Aufsichtsinstanz
in sich selbst haben, well nur eine solche den ganzen Geschäftsgang iichtig übersehen kann. Wenn nun ein Aufsichtsbeamter nicht uch zugleich die Disziplinargewalt hat, so stellt sich dies anscheinend als eine Halbheit dar; aber um dem neuen Verhältnis jeden Stachel zu nehmen, halte ich den Ausschluß des Rügerechts für angemessen und empfehle den Kommissionsbeschluß. Ein Teil, meiner Partei teilt indes diesen Standpunkt nicht und wird gegen die Kommissionsfassung
stimmen . ö
; Abg. Dr. Krause (ul): Nach meiner Erfahrung hat die bis— herige Aufsicht der Landgerichtspräsidenten über die Amtsrichter durch— aus genügt. Hält man eine starke Aufsicht und Handhabung Ler Disziplin für erwünscht, so würde dies doch weniger auf die Gerichte am Sitze des Landgerichtspräsidenten als auf diejenigen in dem Sprengel außerhalb seine zu fi ; scheint der Mehrheit meiner Freunde die beabsichtigte Reform an einer ganz falschen Stelle einzusetzen, und für die gänzlich schematische Neu⸗ regelung an den größeren Amtsgerichten, wo man die Zahl 15 eben⸗ fall ganz willkürlich herausgegriffen hat, haben sie recht wenig Verständnis. Ist eine Entlastung der Landgerichtspräsidenten not⸗ wendig, dann sollen sie in der Aufsicht über die nichtrichterlichen Beamten entlastet werden, und hier weist der Antrag Peltasohn die richtigen Wege. Der Vorredner wünscht, die Amtsrichter sollten eine gemein same Spitze haben. Ich kann diesen Wunsch nicht als berechtigt an⸗ erkennen. Die Amtsrichter sind als Einzelrichter unabhängig von einander, sie brauchen keine kollegiale Organisation; aber bezüglich der Aussicht hben sie ja im Landgerichtspräsidenten die gewünschte gemeinsame Spitze. Die Vorlage durchbricht die Gleichstellung der Amtsrichter und Landrichter sowie die grundsätzliche Gleichstellung der Amtsrichter untereinander. Das scheint mir nicht im Interesse dieser Beamten⸗ gruppen zu liegen. Wir tun alle gut, wenn wir die Vorlage wie die Kommissionsbeschlüsse ablehnen und damit zur Beruhigung einer sehr wichtigen Gruppe von Beamten beitragen. . ö Abg. Roeren (Zentr.): Nach der Stimmung, die gegenwärtig . m Hause herrscht, scheint mir das Schicksal der Vorlage besiegelt zu ein. Wir haben ez mit fast einem Dutzend Anträgen zu dem ersten aragraphen zu tun; das beweist allein schon, daß die Vorlage auf keiner Seite volle Befriedigung erweckt bat. Der Kompromißantrag n § 1, der dem Amtsgerichtsdirektor die Aufsicht gibt, ibm aber dag Rügerecht vorenthält, ist ganz unhaltbar. Die Aufficht foll der Dircktor üben; nimmt er Ordnungswidrig keiten oder Ungehörigkeiten wahr, so darf er sie aber nicht rügen. as kommt mir vor, wie wenn man jemand zum Reiter machen, aber ihm kein Pferd geben will. Der Direktor muß die Ordnungs⸗ vidrigkeiten, die er wahrnimmt, dem Landgerichtspräsidenten weiter- nelden; dieser hat fich dann nach wie vor damit zu hefassen, und pon einer Entlastung ist keine Rede. Die Kommissionshorlage lidet also an einem inneren Widerspruch Unzuträglichkeiten bmmen eher bei den kleineren Amtsgerichten vor, auf die sich die Vorlage nicht bezieht. Die Anwaltskammer in Cöln hat sich auch in einem einstimmigen Beschluß gegen die Vorlage erklärt. Der Minister selbst hat vor drei Jahren gesagt, daß ein Bedürfnis nach einer Abänderung in der Aufsicht an den Amtsgerichten nicht borligt. Wenn eine Entlastung des Landgerichtspraͤsidenten nicht rreicht wird und ein Bedürfnis nicht vorliegt, so muß man sich lagen, welche Gründe denn für die Reorganisation vorhanden sind. Nese Gründe könnten höchstens in einzelnen Gerichten gesucht werden. enn wirklich durch die Vorlage einige Verbesserungen erzielt werden, müssen diese doch hinter den politischen und fozialen Bedenken rücktreten. Bie amtliche richterliche Selbständigkeit und damit das gefühl der Unabhängigkeit der Richter wird beeinträchtigt. Das Volk at heute noch Vertrauen zu den Amtsrichtern. Die Stimmung unter den iichtern ist seit Bekanntwerden der Kommissionsbeschlüsse immer ver- itterter geworden. Die Konsequenz der Vorlage wäre schließlich eine neue Aufsicht bei allen Amtsgerichten. Ich bitte alfo, die Vorlage Jauch den Antrag Peltasohn ganz abzulehnen. set Abg. Pallaske (kons ): Unsere Bedenken gegen die Vorlage sind
der ersten Lesung noch stärker. Die große Mehrheit meiner graltion steht heute der Vorlage als Gegner gegenüber. Wir glauben mar nicht, daß die Vorlage aug einem Mißtrauen und einer Miß.
gerichten st
Sitzes Anwendung zu finden haben. Deshalb —
zeugt, daß der Minister ein warmes Herz für die Richtet hat; aber die Unabhängigkeit des Richterstandes muß nicht nur der Röichter wegen, sondern bor allem auch der Rechtspflege wegen unberührt hleiben. Ueber die jüngeren Richter, die felbständig schon in jungen. Jahren auf dem Lande tätig sind, ist allerdings eine Aufsicht nötig, aber der, Landgerichtspräsident kann diese Aufsicht üben. Die Vorlage will den Landgerichtspräsidenten entlasten, aber von diesem Stand⸗ punkt aus ist die Vorlage geradezu als verfehlt zu bezeichnen. Die Folge der Vorlage würde sein, daß der Landgerichtspräsident sich gan auf den Amtegerichtsdirektor verließe, und dieser kann eine wirk—= same Aufsicht doch nicht üben. Der Amtsgerichtsdirektor soll nicht das Recht der Rüge haben, aber jede Ermahnung würde von seinen Kollegen doch als eine Nüge gefühlt werden. Die Crregung unter den Amtsrichtern über die Vorlage ist sehr begreiflich. Es wird ihnen nicht ein wirk— licher Vooietzler, sOndern nur ein Aufseher bestellt. Der aufsicht, führende Amtsrichter ist auch jetzt schon in der Lage, genügend auf seine Kollegen einzuwirken. Ich hoffe, daß eine große Mehrheit die Vorlgge zu Fall bringen wird. ; ö ⸗
Abg. Keruth (fr. Volksp. : Ich bitte ebenfalls, die Vorlage abzulehnen. Sie macht den Anfang mit der Durchbrechung des Yrinzips der Gleichstellung der Amttzrichter, da der Amtsgerichts⸗ direktor ein höberes Gehalt erhalten soll. Auch der Antrag Peltasohn, den der Minister in der Kommission für unannehmbar erklärt hat, geht zu weit. ö. .
Hierauf nimmt der Justizminister Dr. Schönstedt das Wort.
(Schluß des Blattes.)
Seine Durchlaucht der Fürst zu Solms-Baruth, erbliches Mitglied des Herrenhauses, ist gestern abend in Berlin verschieden.
Statistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Der Ausstand der Zimmerer in Span dau ist, der „Deutschen Warte“ zufolge, beendigt, das Anerbieten der Meister, 60 3 Stunden— lohn und gr stündige Arbeitszeit bis 1. April 1906, von da ab Neun— stundentag, ist von ihnen angenommen worden. Die Verhandlungen mit den Maurern sind noch nicht abgeschlossen. (Vergl.
Nr. 81 d. BI.)
Die Maler, Lackierer und Weißbinder in Frankfurt a. M. (9gl. Nr. 9 d. Bl.) sind gemäß dem Beschluß der Versamm— lung vom Sonnabend am Montag in den Ausstand eingetreten. Im ganzen sind, nach der „Frkf. Ztg.“, 910 Gehilfen, darunter A416 verheiratete, in den Ausstand getreten, Die Gesamtzahl der in Frankfurt beschäftigten Gehilfen beträgt 1600. Von diesen arheitet bereits ein Drittel zu den neuen Bedingungen. Die Mehrzahl der dem Meisterverein nicht zugehörenden Firmen hat die Forderungen bewilligt, Von den 6 Geschäften, die nachgegeben haben — sie haben 519 Gehilfen — gehören nur sieben der Meistervereinigung an.
Aus Wien wird dem W. T. B. von gestern telegraphiert: Da zwischen der Direktion der Wienerberger Ziegelwerke und den Vertrauensmännern der Ziegeleigrbeiter eine Einigung erzielt worden ist, wird der Ausstand voraussichtlich beigelegt werden. (Vgl. Nr. 92 d. Bl.) .
In ganz Ungarn ist, wie. W. T. B.‘ meldet, ein Ausstand der Eisenbahnangestel! ten ausgebrochen. Die Hewegung richtet sich gegen die Regierungsvorlage, betreffend die Gehaltgregelung. Kein Zug der Staatsbahnen verkehrt. Von Budap est gehen heute nur Züge der Sübahn ab, die in privatem Betrieb steht. In ver= gangener Nacht sind 6 fällige Züge nicht in den Budapester Westbahnhof eingefahren und Nacht fällige Züge nicht ab gegangen. Der Ausstand begann damit, daß gestern abend auf dem Budapesler Westbahnhof sämtliche Weichenlichter und Signallampen ausgelöscht wurden; nur das Semaphorlicht wurde be— lassen, der Semaphor aber auf Halt gestellt. Ein Güterzug wurde an der Einfahrt dadurch gehindert, daß einige Hundert A sich vor die Lokomotive drängten, worauf der Lokomotivführer, der Heizer und der Zugführer abstiegen. Der Wiener Schnellzug wurde der Station Rakos Palota angehalten; die Passagiere
darauf den halbstündigen Weg nach Budapest mit der Stadtbahn zurück. Das Streikkomitee hatte telegraphisch die Weisung erteilt, um Mitternacht alle Züge auf den Stationen, wo sie um diese Zeit eintrafen, anzuhalten und an der Weiterfahrt zu der⸗ hindern. Die Ausständigen beabsichtigen, von verschiedenen Punkten des Landes Züge abzulassen, die nur Eisenbahnangestellte nach Budapest befördern. Der Verkehr auf dem Budapester Ostbahnhofe hat sich bisher regelmäßig abgewickelt. Es verlautet, daß Beamte die auf diesem Bahnhofe aus der Provinz eintreffenden Ausständigen ab— warten und erst später den Dienst einstellen werden.
In Lissabon sind nach einer Meldung der die Setzer ausständig. Sie fordern Lohnerhöhung. scheinen keine Zeitungen
In der im Kohle tt sylvanien) ist es, wie dem. W. T. B. aus New Pork berichtet wird, zu großen Ausschreitungen im Ausstand befindlicher bewaffneter Grubengarbeiter gekommen. Ein großes Polizeiaufgebot ist nach Garrett abgegangen, da man befürchtet, daß es iu einem Kampfe zwischen den Ausständigen und den Nichtgewerkschaftlern kommen würde. Bereits sind jahlreiche Schüsse gewechselt worden. Ein Arbeiterwohn haus ist niedergebrannt worden. Hierbei ist die Frau eines Grubenarbeiters mit ihren fünf Kindern ums Leben gekommen.
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Kunst und Wissenschaft.
A. FE. Bei der letzten monatlichen Zusammenkunft der Vor der⸗ asiatischen Gesellschaft gab De. Messerschmidt die Fort⸗ seßung seines Vortrags. über Wesen und Wirkung der altorientalischen. Weltgnuschauung“, deren Grundgedanke darin gefunden wird, daß sich in, allen irdischen Ereig- nissen Vorgänge am Himmel abspiegeln und das Leben der Menschen unter dem Einfluß der Gestirne stehe. Für alle unter dem Banne dieser Vorstellungen schreibenden Geschichts erzähler, nicht bloß des Orients, sondern auch der Kulturländer, um das Mittelmeer, waren damit bis zu einem gewissen Grade die Gesichts— punkte, unter denen etwaige Lücken auszufüllen waren, und gan; allgemein auch die Form gegeben, in der. sie von den Ex⸗ eignissen berichteten. Da, wo sie den Geschehnissen selbst nahe standen, erscheint diese Anpassung an die herrschenden Vorstellungen durch die Wahrheitsliebe der Erzähler gemildert, selbst aufgehoben. Aber weitaus die meisten Vorgänge im öffentlichen Leben gelangten ja erst lange nach ihrem Geschehen, von Mund zu Mund welter getragen, zur Aufzeichnung, und inzwischen waren sie ganz allmählich den die Geister beherrschenden Vorstellungen angepaßt und die Be⸗ ziehungen zu verwandten Vorgängen am Sternenhimmel in der Weitergabe der Erzählungen immer deutlicher ausgeprägt worden. Hieraus erklärt sich die ungewöhnliche Aehnlichkeit vieler zeitlich und räumlich weit guseinanderliegenden Vorkommnisse in den uns überlieferten Darstellungen Man würde bei dieser Wandelung, welche auf Grund feststehender Grundanschauungen die Berichte meist unabsichtlich erfuhren, den Geschichtserzählern gewiß großes Unrecht antun, würde man ihnen einen Mangel an Wahrheitsliebe oder eine bewußte Tendenz der Berichterstattung vorwerfen. Sie wollten wahr⸗ scheinlich nichts anderes, als die Ereignisse getreu so niederschreiben wle sie ihnen mitgeteilt worden waren. Kritik an diesen Mitteilungen zu üben laz ihnen zumeist fern, und wo ein scharf denkender Kopf, wie z. B. Thucydides, die Aufzeichnung übernahm, da trat jener oben. genannte Ausnahmefall, ein, daß der Zericht über den tatsächlichen Verlauf nicht weit zurückliegender Ereignisse mit der Vorstellung, wie der Verlauf gewesen sein müsse, nicht mehr in Einklang war. Es ist
charakteristischen, Einfluß durch die Jabrtausende babylonische Vorstellungen auf die Geschichtserzählungen geübt haben. kurenmotiv, das anknüpft fowohl an das Sternbild der Zwillinge, das von den unbekannten Erfindern der Einteilung des Sternenhimmel in Sternbilder wegen der beiden in ihm helleuchtenden Sterne bereits diese Namen empfangen hat, als an die großen Firsterne Sirius und Prokyon, bei die Istar, am Himmel vertreten war durch den glänzendsten aller Sterne, durch Venus. unsterblich. Als jener aber stirbt, fleht Pollux Zeus an, ihn auch
erzählungen heute den wahren Kern von der ihn umgebenden Schale zu sondern und den stellen, ja es besteht Warnung bei munterem Auslegen nichts lassen. Dessenungeachtet darf die Wissenschaft vor der Aufgabe nicht zurückschrecken, schichtliche Tatsache gehalten, bestenfalls als bentionelle Form eingekleidetes Fragment erkannt wird'
Grad der Zuverlaͤsßgkeit von Fall zu Fall festzu⸗ die große Gefahr für den Kritiker, die Goethesche unterzulegen, unbeachtet zu
auch wenn damit mancheg, wag wir bisher für ge⸗ ein geschichtliches, in kon⸗
Der Vortragende bezeichnete es schon als recht schwierig, an einem; immer wiederkehrenden Motiv nachzuwelfen, welchen
Er wählte als solchet das Dios⸗
Sonne und Mond, die Götter waren, während Gottheit, die Göttin
allem an männliche mãächtigste
als vor Babyloniern dritter Stelle
den an
In der griechischen Mythe ist Castor sterblich, Pollux
sterben zu lassen oder auch Castor unsterblich zu machen, und Zeug entscheidet, daß jeder ein halbes Jahr in der Oberwelt und ein halbes Jahr in der Unterwelt weilen solle. Auch der Mond stirbt, um immer wieder nen belebt zu werden. Castor und Pollux befreien die geraubte und an ihrer Ehre beleidigte Schwester Helena in schwerem Kampfe gegen den Räuber und Tyrannen. Sonne und Mond walten schützend über die zwischen den Gestirnen wandelnde Venus. In pielen Erzählungen wlederholt sich der Grund— gedanke des Frauenraubes elnerseits, der Zwischenkunft von Brüdern oder Söhnen anderseits, und stets verbunden mit der Be— kämpfung der Gewalttat ist Sieg über Tyrannei oder Unter ang. Man vergleiche hiermit die Geschichten von Menelaus, Agamemnon und Helena, von Amphion, Cetus und Niobe, von Romulus und Remus und ihrer Mutter Rea Silvia, von Tarquinius Superhus, Tarquinius Collatinus und Lueretia, von Appius Claudius, Virginius und Virginia. Auch die Geschichte von Harmodius und Aristogeiten gehört in diesen Ideenkreis; aber sie paßt nicht ganz in das Schema, weil Thucydides, dem Ereignis noch zeitlich nahe, die Tatsachen festlegte. ehe sie durch Weitererzählung umge⸗ modelt wurden. Ebenso bieten die Geschichten von Jakob und Esau, von Jakob und Laban im Verhältnis zu den beiden Töchtern Leg und Rahel (die Zwölfzahl der Söhne z. B. gleich der Anzahl der Monate), von den aus der Zahl der Söhne als bevorzugte Dioskuren herausgehobenen beiden Söhnen Simeon und Levi, das Verhältnis zwischen Saul und Jonathan, zwischen Cyrus und Cambyses Anknüpfungen an Astralvorstellungen, daß man billig zu fragen hat: was ist historischer Kern, was Anpassung an den Geist gelinden Zwang auferlegender, überkommener Vorstellungen? Natürlich ist bei allen diesen Untersuchungen mit der äußersten Vorsicht zu ver— fahren; und zu einem einwandfreien, richtigen Urteil darüber, bis zu welchem Grade das Bild des Tatsächlichen getrübt ist durch die Unter⸗ ordnung der Darstellung unter die herrschende Weltanschauung, wird man erst gelangen, wenn man imstande sein wird, das ganze Material zu übersehen.
In der sich an den Vortrag anschließenden Diskussion wurde unter voller Anerkennung der Tatsache, daß die babylonische Vor— stellungsweise tiefgehenden Einfluß geübt habe auf die Gedanken aller Völker des Altertums, die mit ihr jemals in Berührung gekommen, davor gewarnt, es in willkürlicher Anwendung von Astralvorstellungen auf die Deutung gegebener Geschichtserzählungen den Babyloniern gleichzutun. Die Gefahr des Schemalisierens sei bei diesen Unter⸗ suchungen nahe liegend, und man dürfe nicht eher Schlüsse
ehe nicht ganze Reihen von Beweisen vor⸗
liegen. Von anderer Seite wurde behauptet, daß auch die alten Aegypter von der Idee erfüllt waren, es wiederhole sich in der Menschenwelt, was in der Götterwelt, den personifijzierten Natur⸗ gewalten, vorbildlich gegeben sei. Die Beziehungen zwischen Osiris und Seth dürfe man in Parallele stellen mit der Dioskurenmythe, die Volksphantasie dichte überall in dem gleichen Schema weiter, das irgendwo in packender Form aufgestellt worden sei. Auch Dr. Hugo Winkler, von dem zuerst als Ergebnis Studiums babylonischen Welt der vom Vortragenden behandelte Gedanke der Eigenart der Fernwirkung babylonischer Weltanschauung
zen worden ist, stimmte bei, daß aufs vorsichtigste bei d hungen zu verfahren sei,
Untersuch hält ihren Erfolg aber für frag
seines
Land⸗ und Forstwirtschaft. Saatenstand und Getreidehandel in Bulgarien. Varng berichtet unterm 7. d. M.: . J. war den Saaten günstig. ĩ stehen überall gut; von Frostschäden verlautet nichts. Dle Zu verden bei vorschreitender Jahreszeit allmählich geringer. Zie umfaßten:
an Weizen ..
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mit Waggons, 402 t mit Wagen, 187 t ö vo . Mais. Roggen. Bohnen Die Getreidepreise Kavarna durchschnittlich für den bei Weizen.. auf ö Hafer Mais. Gersie Hartweizen ./ Ausgeführt wurden: Weizen nach Deutschland Belgien England Frankreich der Türkei... Roggen
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sich in Varna, Baltschik frei Bord
stellten und Doppelzentner frei 14 50– 15,00 Fr., 10,60 —- 10,75 , 10,50 ö; 9, 40 ö
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Hafer B el gien Holl 9 nd Ma is De utschla nd Belgien Holland Frankreich 233 Spanien ..... 2100 Oesterreich. ... 178 Griechenland... 56 Kleie Deutschland 100 ĩ 339
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der Türkei .... Griechenland..
Sehr bemerkenswert war die ungewöhnlich große Ausfuhr in Mais, die in solchen Mengen seit 25 Jahren nicht stattgefunden haben soll.
Stocks sind vorhanden:
an Mais a Baltschik
Weizen . Varna Baltschik ⸗ Kabarna Gerste . Van. Baltschik 3090 t
Hafer Varng 1000 t Die Arbeiten in den Wein gärten werden fortgeseßz; Dir engen Rehstöcke, welche zu früh geschnitten waren und unter iten mnken
6000 t 3000 t 2000 t 1000 t 25 0 t 1000 t
in Varna
ichtung gegen die Amtsrichter hervorgegangen ist, sondern sind über
natürlich eine äußerst schwierige Aufgabe, aus den alten Geschichts—
gelitten haben, versprechen kein besonders gutes Gro. oni.