dern daß die ganze staatliche Macht hinter ihnen steht, wie wenn der, in dem des Reiches Größe und Kraft sich verkörpern, wenn der Träger der Krone regelmäßig unter ihnen weilt, wenn die Deutschen ihm ins Angesicht schauen können und er sich dort an Ort und Stelle von ihren Wünschen und Bedürfnissen überzeugt. Eine Zahl von Ihnen — und ich habe auch das Glück gehabt — war Zeuge der Kaisertage in Posen, und wer Zeuge dieser Kaisertage gewesen ist, dem tut sich das Herz noch freudig in der Erinnerung auf, wie damals die An⸗ wesenheit der Majestäten die ganzen Deutschen mit Freude und Stolz, mit sicherer Zuversicht und Tatkraft erfüllt hat. Aber, meine Herren, die regelmäßige Anwesenheit der Majestäten muß noch einen weiteren und meiner Ansicht nach eminent friedlichen Zweck haben. Wir wollen doch alle hoffen, daß über die Zeiten des Kampfes und des Streites endlich einmal der Schleier gebreitet wird, daß endlich mal eine Zeit des Friedens kommen wird; denn, wie ich vorhin schon betonte, weder auf seiten der Deutschen, noch auf seiten der Staatsregierung besteht der Wunsch, diese Zeiten des Kampfes und Unfriedens andauern zu lassen. Und wenn etwas geeignet ist, endlich eine Versöhnung in den Landesteilen herbeizuführen und auch die Polen auf die deutsche Seite zu ziehen, so ist es die Hoffnung, die sich mir daraus ergibt,
daß regelmäßig in den Ostmarken auch der Träger der Krone weilt, und daß er dort mit seiner Fürsorge Deutsche und Polen umgiebt. Es unterliegt keinem Zweifel, daß in den letzten Jahren in Elsaß⸗ Lothringen eine wesentliche Beruhigung eingetreten ist, und es unter⸗ liegt ferner keinem Zweifel, daß diese Besserung der Verhältnisse in jenen westlichen Grenzländern zum großen Teil auf die regelmäßige Anwesenheit des Deutschen Kaisers, auf Seine regelmäßige Residenz in jenen Landesteilen zurückzuführen ist, und ich zweifle nicht, daß die werbende Kraft der Monarchie der Hohenzollern, die sich noch allzeit siegreich betätigt hat, sich auch in den Grenzmarken des Ostens be⸗ währen wird.
Nun hat sich die Majorität des hohen Hauses im allgemeinen auf denselben Standpunkt gestellt und anerkannt, daß die Schaffung einer Kaiserlichen Residenz in Posen ein Gebot politischer Not⸗ wendigkeit sei. Das hohe Haus hat im vorigen Jahre mit großer Majorität die Vorarbeitskosten bewilligt, und auch in der Budget- kommission hat sich jetzt, als es sich um die erste Baurate handelte, grundsätzlich die Mehrheit auf denselben Standpunkt gestellt. Es wurde allerdings auch der Einwand erhoben, daß, wenn ein Kaiser— schloß geschaffen werden sollte, die Kronfideikommißverwaltung die Kosten desselben zu tragen hätte. Ich halte den Einwand für durch⸗ aus unzutreffend. Ich darf hervorheben, daß die Kronfideikommißver⸗ waltung gegenwärtig nicht weniger als 56 Schlösser mit allen Neben⸗ gebäuden zu unterhalten hat, und daß allein die Dachfläche dieser Schlösser einen Raum von vielen Hunderten von Morgen einnimmt. Bekanntlich ist mit der Einverleibung der neuen Landesteile Hannover, Hessen⸗Nassau, Schleswig⸗-Holstein der Krone eine große Anzahl von Schlössern zugefallen, und damit ist ihr eine außerordentliche Last zu⸗ gewachsen. Vor allem aber handelt es sich in Posen bei der Frage des Residenzschlosses nicht um eine Annehmlichkeit der Krone, sondern um ein nationales, ein staatliches Gebot von allerhöchster Wichtigkeit. Im staatlichen Interesse ist die regelmäßige Residenz des Königs erwünscht, und wenn es ein Staatsinteresse ist, was hier in Frage kommt, so ist es selbstverständlich, daß der Staat die Kosten zu tragen hat.
In der Budgetkommission, meine Herren, ist nun eine Abänderung der Vorlage der Regierung nach zwei Richtungen hin erfolgt. Zu— nächst ist ausdrücklich auch im Text ausgesprochen worden, daß die Summe, die für den Bau des Residenzschlosses aufgewendet werden soll, als ein fester Beitrag an die Kronfideikommißverwaltung zu leisten ist. Gegen diese Abänderung habe ich Bedenken nicht zu er— heben; denn schon in der Begründung der Position ist derselbe Stand⸗ punkt eingenommen. Auf Grund der vorjährigen Verhandlungen in der Budgetkommission sind die ganzen Verhandlungen dahin geleitet worden, daß ein Staatsbeitrag als fester Beitrag gegeben wird, die Kronfideikommißverwaltung den Bau ausführt, etwaige Ueber— schreitungen ihr zur Last fallen, nicht der Staatskasse.
Dagegen hat die Budgetkommission einen anderen Beschluß gefaßt, meine Herren, den ich zu bekämpfen mir erlaubt habe, und um dessen Abänderung ich auch heute dringend bitte, indem der Kostenbedarf von 5H 350 000 ½ς auf 3 Millionen Mark herabgesetzt worden ist. Meine Herren, ein Festhalten an diesem Beschluß, eine Herabsetzung des Kostenbedarfs auf 3 Millionen Mark, würde die Aufgabe des ganzen Plans bedeuten; denn es ist unmöglich, für diesen Kostenbedarf von 3 Millionen Mark das Schloß mit allen seinen Nebenanlagen auszuführen.
Allerdings, meine Herren, habe ich ja im vorigen Jahre selber angegeben, daß der Kostenbedarf voraussichtlich 2 bis 3 Millionen Mark betragen wird. Man hat mir diese Summe angegeben, und ich habe sie als ehrlicher Mensch weiter mitgeteilt; es fehlte eben an allen Erfahrungen auf diesem Gebiete; denn seit Jahrzehnten, soweit ich überhaupt zurückdenken kann, haben wir einen derartigen Bau staatlicherseits nicht ausgeführt, und es fehlte an allen Erfahrungen, was ein derartiger Bau kosten würde. Als man sich daran machte, den Raumbedarf festzustellen und den Kostenüberschlag zu machen, er⸗ gab es sich, daß die Summe zu niedrig war, daß die Kosten sich höher stellten. Aber, meine Herren, diese Erhöhung der Kosten liegt gerade in der Richtung, eine regelmäßige Residenz der Majestäten zu ermöglichen, und also in der Richtung, den politischen Effekt der Maßregel zu erhöhen. Wie ich gehört habe, sind Be⸗ denken nach der Richtung im hohen Hause erwachsen, daß angeblich neben der Kaiserresidenz eine zweite Hofhaltung für einen verheirateten Kronprinzen oder eine sonstige verheiratete Fürstlichkeit vorgesehen sei. Ich glaube, daß dieses Bedenken vollkommen unzutreffend ist. Ich habe den Hofbaurat, der das Projekt aufgestellt hat, zu mir gebeten, und er hat mir bestätigt, daß von einer gesonderten Hofhaltung über haupt gar nicht die Rede ist, sondern daß lediglich einige Wohnräume mehr vorgesehen sind, um auch einer verheirateten Fürstlichkeit die gleichzeitige Anwesenheit mit den Majestäten dort zu ermöglichen. Nur mit den Majestäten, als deren Gäste, können sie dort anwesend sein. Von einer gesonderten Hofhaltung ist gar nicht die Rede. Es sind keine Festrãume und auch keine besondere Küche vorgesehen. Während sonst für die Logierung unverheirateter Fürstlichkeiten drei Zimmer vorgesehen sind, sind für diesen einen Fall, um auch ein fürstliches Ehepaar unterbringen zu können, sieben Räume vorgesehen, also vier Räume mehr. Das ist die ganze Sache. Ich brauche nicht näher auszuführen, daß diese vier Räume mehr keine erheblichen Mehrkosten
denken wegen einer gesonderten Hofhaltung erledigen werden. Aber, wie ich schon sagte: die Mehrkosten resultieren zum Teil daraus, daß die ganze Anlage so gemacht ist, um wirklich eine regelmäßige Residenz des Trägers der Krone zu ermöglichen. Wohin sich auch heutzutage der König von Preußen begibt, die Sorge und die Fürsorge für das Reich rastet nimmer; nie weicht die Arbeit von Ihm. Wollen Sie, daß ein König von Preußen in Posen residiert, so ist es auch not⸗ wendig, daß die arbeitenden Organe, die mit Ihm sein müssen, die verschiedenen Kabinette, im Schloß untergebracht werden, und daraus folgt zum Teil der Mehrbedarf, der gefordert ist.
Wie hoch stellen sich nun die Baukosten? Das Schloß selber erfordert 3 660 000 Sυς Ich habe schon in der Budgetkommission erwähnt, daß dazutreten die Kosten einer tieferen Fundierung. Es hat sich bei der speziellen Projektierung ergeben, daß das Schloß zum Teil auf alten Festungsgräben erbaut werden muß, und daß deshalb die Fundierungskosten um 200 000 höher werden. Das Marstall⸗ gebäude kostet 400 000 M; die Gartenanlagen, Umwehrung und Pflasterung kosten 250 000 ½Æ½ und die innere Einrichtung 850 000 M½ ; das macht in summa h. 360 000 ½ς Ich darf einmal dem gegen— überstellen, wie sich die Kosten des hohen Hauses gestellt haben, in dem wir uns befinden. Die Gesamtbaukosten des Landtags haben 13 Millionen Mark erfordert; das Abgeordnetenhaus allein „332 C00 „ Baukosten, die innere Einrichtung 850 000 M, der Ver— bindungsbau 363 000 M, Kessel⸗ und Maschinenhaus 402600 4, das Herrenhaus nebst dem Präsidentenwohnhaus 4 266 000 , die innere Einrichtung derselben 973 000 S, Nebenanlagen usw. 840 000 A,, in Summa 13 054 000 M
Also, meine Herren, während sich die geplante Kaiserliche Residenz in Posen, der Schloßbau an sich nur auf 3 650 000 stellt, hat dieses Haus selber ohne innere Einrichtung 5 332 000 w erfordert. Das Entscheidende ist aber, wie ich glaube, meine Herren: wie stellt sich der Einheitspreis? In dieser Beziehung darf ich hervorheben, daß er sich bei dem Schlosse in Posen nur auf 30 ½ pro Kubikmeter pro um bauten Raum stellt: ein, wie ich glaube, für alle Herren, die sich mit Baudingen beschäftigt haben, durchaus mäßiger Preis. Der Durch⸗ schnitt beispielsweise bei dem Neubau des Ministeriums des Innern hat sich auf 32,80 gestellt, beim Kultusministerium auf 33,40, bei den Präsidialgebäuden des Abgeordnetenhauses und des Herren⸗ hauses auf 35 bis 36 „S, beim Reichstagspräsidialgebäude auf 42 , beim Reichstag auf 50 „, beim Reichsgericht auf 44 ις, beim Erweiterungsbau der Reichsbank auf 40 M64. Wenn also, meine Herren, eine Kaiserliche Residenz mit den Ansprüchen, die doch daran gestellt werden müssen, mit 30 M für den Kubikmeter umbauten Raum gebaut werden soll, während andere ähnliche Gebäude 40 bis 50 M gekostet haben, so können Sie daraus ersehen, daß bei der Projektierung irgend ein Luxus nicht untergelaufen ist.
Ich resümiere mich dahin, meine Herren, daß ich dringend bitte, den Beschluß der Budgetkommission noch einmal einer Nachprüfung unterziehen zu wollen. Mit 3 Millionen ist der Bau des Schlosses und alles, was dazu gehört, mit Stallgebäuden, Umwehrung, Garten— anlagen, nicht auszuführen, und würde man daran festhalten, so würde damit das ganze Projekt als gescheitert anzusehen sein. Das würde ich im Interesse der nationalen Sache, im Interesse der Stärkung des Deutschtums, der Herbeiführung endlicher friedlicher Zustände in Posen unendlich beklagen. Denn ich glaube, nichts wird so sehr wie die Königliche Residenz, wie das regelmäßige Residieren des Trägers der Krone geeignet sein, einmal die Macht und Größe des Reiches dort zu vergrößern, dann die Polen allmählich von ihren Utopien ab⸗ zuziehen und sie zu überzeugen, daß sie viel besser ihren Schutz finden unter den Fittichen des preußischen Adlers, als wenn sie falschen un2— ausführbaren, utopischen Ideen nachgehen.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Reichskanzler hat dem Reichstage drei von Deutschland, Oesterreich, Ungarn, Belgien. Spanien, Frankreich, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Portugal, Rumänien, Schweden und der Schweiz am 12. Juni 1902 abgeschlossene Ab⸗ kommen über das intern atio nale Privatrecht, nämlich: I) ein Abkommen zur Regelung des Geltungsbereichs der Gesetze auf dem Gebiete der Eheschließung, 2) ein Abkommen zur Regelung des Geltungsbereichs der Gesetze und der Gerichts barkeit auf dem Gebiet der Ehescheidung und der Trennung von Tisch und Bett und 3) ein Abkommen zur Regelung der Vormundschaft über Minderjährige in französischer Sprache und deutscher Uebersetzung mit einer er⸗ läuternden Denkschrift zur Beschlußfassung unterbreitet.
Das Ab komm en zur Regelung des Geltungsbereichs der Gesetze auf dem Gebiet der Eheschließung lautet in der deutschen Uebersetzung, wie folgt:
, . ;
Das Recht zur Eingehung der Ehe bestimmt sich in Ansehung eines jeden der Verlobten nach dem Gesetze des Staats, dem er an⸗ gehört (Gesetz des Heimatstaats), soweit nicht eine Vorschrift dieses Gesetzes ausdrücklich auf ein anderes Gesetz verweist.
Artikel 2.
Das Gesetz des Ortes der Cheschließung kann die Ehe von Aus— ländern untersagen, wenn sie verstoßen würde gegen seine Vor—⸗ schriften über ; .
I) die Grade der Verwandtschaft und Schwägerschaft, für die ein absolutes Eheverbot besteht;
2) das absolute Verbot der Eheschließung zwischen den des Ehe⸗ bruchs Schuldigen, wenn auf Grund dieses Ehebruchs die Ehe eines von ihnen aufgelöst worden ist; . .
3) das abfolute Verbot der Eheschließung zwischen Personen, die wegen gemeinsamer Nachstellung nach dem Leben des Ehegatten eines von ihnen verurteilt worden sind. .
Ist die Ehe ungeachtet eines der vorstehend aufgeführten Verbote geschlossen, so kann sie nicht als nichtig behandelt werden, falls sie nach dem im Artikel 1 bezeichneten Gesetze gültig ist, ĩ
Unbeschadet der Bestimmungen des Artikel 5 Abs. 1 dieses Ab— kommens ist kein Vertragsstaat verpflichtet, eine Ehe schließen zu lassen, die mit Rücksicht auf eine vormalige Ehe oder auf ein 6 religiöser Natur gegen seine Gesetze verstoßen würde. Die Verletzung eines derartigen Ghehindernisses kann jedoch die Nichtigkeit der Che in einem anderen Lande als in dem, wo die Ehe geschlossen wurde, nicht zur Folge haben.
Artikel 3. Das Gesetz des Ortes der Eheschließung kann ungeachtet der Verbote des im Artikel 1 bezeichneten Gesetzes die Ehe von Aus— ländern gestatten, wenn diese Verbote ausschließlich auf Gründen religiöser Natur beruhen. . Die anderen Staaten sind berechtigt, einer unter solchen Um⸗
ständen geschlossenen Ehe die Anerkennung als einer gültigen Ehe zu
erfordern. Ich hoffe also, daß durch diese Erklärung sich die Be⸗
versagen.
Artikel 4.
Die Ausländer müssen zum Zwecke ihrer Eheschließung nach weisen, daß sie den Bedingungen genügen, die nach dem im Artikel 1 bezeichneten Gesetz erforderlich sind. .
Dieser Nachweis kann durch ein Zeugnis der diplomatischen oder konsularischen Vertreter des Staats, dem die Verlobten angehören, oder durch irgend ein anderes Beweismittel geführt werden, je na dem die Staatsverträge oder die Behörden des Landes, in welchem d Ehe geschlossen wird, den Nachweis als genügend anerkennen.
Artikel 5.
In Ansehung der Form ist die Ehe überall als gültig an⸗ zuerkennen, wenn die Eheschließung dem Gesetze des Landes, in welchem sie erfolgt ist, entspricht. ö.
Poch brauchen die Länder, deren Gesetzgebung eine religiöse Trauung vorschreibt, die von ihren Angehörigen unter Nichtbeachtung diefer Vorschrift im Ausland eingegangenen Ehen nicht als gültig an⸗ zuerkennen. . ;
Die Vorschriften des Gesetzes des Heimatstaats über das Auf⸗ gebot müssen beachtet werden; doch kann das Unterlassen dieses Auf⸗ gebots die Nichtigkeit der Ehe nur in dem Lande zur Folge haben, dessen Gesetz übertreten worden ist.
Eine beglaubigte Abschrift der Gheschließungsurkunde ist den Be⸗ hörden des Heimatlandes eines jeden der Ehegatten zu übersenden.
Arlikel 6.
In Ansehung der Form ist die Ehe überall als gültig anzuer— kennen, wenn sie vor einem diplomgtischen oder konsularischen Ver⸗ treter gemäß seiner Gesetzgebung geschlossen wird, vorausgesetzt, daß keiner der Verlobten dem Staate, wo die Ehe geschlossen wird, an⸗ gehört und dieser Staat der Eheschließung nicht widerspricht. Ein solcher Widerspruch kann nicht erhoben werden, wenn eg sich um eine Ehe handelt, die mit Rücksicht auf eine vormalige Ehe oder ein Hindernis religiöser Natur gegen seine Gesetze verstoßen würde.
Der Vorbehalt des Artikel 9 Abs. 2 findet auf die diplomatischen oder konsularischen Eheschließungen Anwendung.
Artikel 7. ö
Eine Ehe, die in dem Lande, in welchem sie geschlossen wurde, in Ansehung der Form nichtig ist, kann gleichwohl in den anderen Ländern als gültig anerkannt werden, wenn die durch das Gesetz des Heimatstaats eines jeden der Verlobten vorgeschriebene Form beobachtet
worden ist. Artikel 8. Dieses Abkommen findet nur auf solche Ehen Anwenduug, welche im Gebiete der Vertragsstaaten zwischen Personen geschlossen sind, von denen mindestens eine Angehöriger eines dieser Staaten ist. Kein Staat venpflichtet sich durch dieses Abkommen zur An⸗ wendung eines Gesetzeß, welches nicht dasjenige eines Vertragsstaats ist.
Artikel 9. .
Dieses Abkommen, das nur auf die europäischen Gebiete der Ver— tragsstaaten Anwendung findet, soll ratifiziert und die Ratifikations⸗ urkunden sollen im Haag hinterlegt werden, sobald die Mehrzahl der Hohen vertragschließenden Teile hierzu in der Lage ist.
Ueber die Hinterlegung soll ein Protokoll aufgenommen werden; von diefem soll eine beglaubigte Abschrift auf diplomatischem Wege einem jeden der Vertragsstaaten mitgeteilt werden.
Artikel 10. ‚
Denjenigen Staaten, welche auf der dritten Konferenz über internationales Privatrecht vertreten waren, dieses Abkommen aber nicht gezeichnet haben, soll der vorbehaltlose Beitritt zu dem Ab⸗ kommen freistehen. ; .
Der Staat, welcher beizutreten wünscht, hat spätestens am 31. Dezember 1964 seine Absicht in einer Urkunde anzuzeigen, die im Archive der Regierung der Niederlande hinterlegt wird. Diese wird eine beglaubigte Abschrift davon auf diplomatischem Wege einem jeden der Vertragsstaaten übersenden.
Artikel 11. .
Dieses Abkommen tritt am sechzigsten Tage nach der Hinterlegung der Ratifikationsurkunden oder nach dem Zeitpunkte der Anzeige von einem Beitritt in Kraft.
Artikel 12.
Dieses Abkommen gilt für die Dauer von fünf. Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkte der Hinterlegung der Ratifikationsurkunden,
Mit diesem Zeitpunkte beginnt der Lauf der Frist auch für die⸗ jenigen Staaten, welche die Hinterlegung erst nach diesem Zeitpunkte bewirken oder erst später beitreten.
In Ermangelung einer Kündigung gilt das Abkommen als still— schweigend von fünf zu fünf Jahren erneuert. ᷓ
Bie Kündigung muß wenigstens sechs Monate vor dem Ablaufe des Zeitraums, der in den vorstehenden Absätzen bezeichnet ist, der Regierung der Niederlande zugestellt werden, die hiervon allen anderen Vertragsstaaten Kenntnis geben wird. k
Dle Kündigung soll nur in Ansehung des Stagts wirksam sein, der sie erklaͤrt hat. Für die übrigen Staaten bleibt das Abkommen in Kraft.
Das Abkommen zur Regelung des Geltungsbereichs der Gesetze und der Gerichtsbarkeit auf dem Gebiete der E he⸗ scheidung und der Trennung von Tisch und Bett lautet in der deutschen Uebersetzung, wie folgt:
Artikel 1.
Die Ehegatten können eine Scheidungsklage nur dann erheben, wenn sowohl das Gesetz des Staats, dem sie angehören (Gesetz des Deimatstaats) als auch das Gesetz des Ortes, wo geklagt wird, die Scheidung zulassen. ;
Das Gleiche gilt für die Trennung von Tisch und Bett.
Artikel 2.
Auf Scheidung kann nur dann geklagt werden, wenn sie in dem zu beurteilenden Falle sowohl nach dem Gesetze des Heimatstaats der Ehegatten als auch nach dem Gesetze des Ortes, wo geklagt wird, sei es auch aus verschiedenen Gründen, zulässig ist.
Das Gleiche gilt für die Trennung von Tisch und Bett.
Artikel 3.
Ungeachtet der Bestimmungen der Artikel 1, 2 ist das Gesetz des Heimatstaatz allein maßgebend, wenn das Gesetz des Ortes, wo ge⸗— klagt wird, dies vorschreiht oder gestattet.
Artikel 4. .
Das in den vorstehenden Artikeln bezeichnete Gesetz des Heimat⸗ staats kann nicht angerufen werden, um einer Tatsache, die sich er⸗ eignet hat, während die Ehegatten oder einer von ihnen einem anderen Staate angehörten, die Wirkung eines Scheidungs⸗ oder Trennungd⸗ grundes zu verleihen.
Artikel 5.
Die Klage auf Scheidung oder auf Trennung von Tisch und Bett kann erhoben werden:
1) vor der nach dem Gesetze des Heimatstaats der Ehegatten zu⸗ ständigen Gerichtsbarkeit; .
2) vor der zuständigen Gerichtsbarkeit des Ortes, wo die Ehe⸗ gatten ihren n,. haben. Wenn die Ehegatten nach der Gesetz⸗ gebung ihres Heimatstaats nicht denselben . haben, so ist die Gerichtsbarkeit des Wohnsitzes des Beklagten zuständig. Im Falle der böslichen Verlasfung oder im Falle einer Verlegung des Wohn— sitzes nach dem Eintritte des Scheidungs⸗ oder Trennungsgrundes ann die Klage auch vor der zuständigen Gerichtebarkeit des letzten gemein. samen Wohnsitzes erhoben werden. — Die Gerichtsbarkeit des eimat- staats ist allein berufen, soweit sie für die Scheidung oder Trennungdb⸗ klage ausschließlich zuständig ist. Doch bleibt die . Gerichts bar⸗ keit zuständig für eine Ehe, in Ansehung deren die Scheidungs— oder Trennungsklage vor der zuständigen Gerichtsbarkeit des Heimatstaats nicht erhoben werden kann.
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
M 96G.
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Artikel 6. Sealls die Ehegatten nicht berechtigt sind, eine Scheidungs⸗ oder Trennung klage in dem Lande ihres Wohnsitzes zu erheben, kann sich gleichwohl jeder von ihnen an die zuständige Gerichtsbarkeit dieses Landes wenden, um die vorläufigen Maßnahmen zu erwirken, die in dessen ef kun für die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft vorgesehen ind. Diese Maßnahmen bleiben aufrecht erhalten, wenn sie innerhalb eines Jahres durch die Gerichtsbarkeit des Heimatstaats bestäligt werden; sie bleiben nicht länger bestehen, als es das Gesetz des Wohnsitzes gestattet.
Artikel 7.
Die Scheidung und die Trennung von Tisch und Bett, die durch ein nach Artikel 5 zuständiges Gericht ausgesprochen werden, sind überall anzuerkennen, vorausgesetzt daß die Bestimmungen dieses Ab⸗ kommens beobachtet worden sind, und daß im Falle eines Versaͤumnis— urteils die Ladung des Beklagten entsprechend den besonderen Vor— schriften erfolgt ist, die das Gesetz seines Heimatstaats für die An— erkennung ausländischer Urteile erfordert.
In gleicher Weise sind überall anzuerkennen die Scheidung und die Trennung von Tisch und Bett, die von einer Verwaltungs⸗ gerichts barkeit ausgesprochen werden, vorausgesetzt daß das Gesetz eines jeden der Ehegatten eine J oder Trennung anerkennt.
rtikel 8. Wenn die Ehegatten nicht dieselbe Staatsangehörigkeit besitzen, so ist ihr letztes gemeinsames Gesetz als das Gesetz ihres Heimat- staats im Sinne der vorstehenden Artikel anzusehen. : Artikel 9. Dieses Abkommen findet nur auf solche Scheidungs⸗ und
Trennungsklagen Anwendung, welche in einem der Vertragsstaaten er— hoben werden, und zwar nur dann, wenn mindestens eine der Parteien einem dieser Staaten angehört.
Kein Staat verpflichtet sich durch dieses Abkommen zur Anwen— dung eines Gesetzes, welches nicht dasjenige eines Vertragsstaats ist.
Artikel 10.
Dieses Abkommen, das nur auf die europäischen Gebiete der Vertragsstaaten Anwendung findet, soll ratifiziert und Ratifikations— urkunden sollen im Haag hinterlegt werden, sobald die Mehrzahl der Hohen vertragschließenden Teile hierzu in der Lage ist.
Ueber die Hinterlegung soll ein Protokoll aufgenommen werden; von diesem soll eine beglaubigte Abschrift auf diplomatischem Wege einem jeden der Vertragsstaaten mitgeteilt werden.
. Airtitel Ii.
Denjenigen Staaten, welche auf der dritten Konferenz über inter⸗ nationales Privatrecht vertreten waren, dieses Abkommen aber nicht gezeichnet haben, soll der vorbehaltlose Beitritt zu dem Abkommen freistehen.
Der Staat, welcher beizutreten wünscht, hat spätestens am 31. De⸗ zember 1904 seine Absicht in einer Urkunde anzuzeigen, die im Archive der Regierung der Niederlande hinterlegt wird. Diese wird eine be⸗ glaubigte Abschrift davon auf diplomatischem Wege einem jeden der Vertragsstaaten übersenden.
Artikel 12.
Dieses Abkommen tritt am sechzigsten Tage nach der Hinter— legung der Ratifikationsurkunden oder nach dem Zeitpunkte der An— zeige bon einem Beitritt in Kraft.
. Aitikel 13.
Dieses Abkommen gilt für die Dauer von fünf Jahren, gerechnet von dem Zeispunkte der Hinterlegung der Ratifikationsurkunden.
Mit diesem Zeitpunkte beginnt der Lauf der Frist auch für die—⸗ jenigen Staaten, welche die Hinterlegung erst nach diesem Zeitpunkte bewirken oder erst später beitreten.
In Ermangelung einer Kündigung gilt das Abkommen als still— schweigend von fünf zu fünf Jahren erneuert.
Die Kündigung muß wenigstens sechs Monate vor dem Ablaufe des Zeitraums, der in den vorstehenden Absätzen bezeichnet ist, der Regierung der Niederlande zugestellt werden, die hiervon allen anderen Vertragsstaaten Kenntnis geben wird.
Die Kündigung soll nur in Ansehung des Staats wirksam sein, der sie erklärt hat. Für die übrigen Staaten bleibt das Abkommen in Kraft.
Das Abkommen zur Regelung der Vormundschaft über Minderjährige lautet in der deutschen Uebersetzung, wie folgt:
Artikel 1.
Die Vormundschaft über einen Minderjährigen bestimmt sich nach dem Gesetze des Staates, , . (Gesetz des Heimatstaats). rtikel 2.
Siebt daz Gesetz des Heimatstaats für den Fall, daß der Minder⸗
jährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Auslande hat, die An.
ordnung einer Vormundschaft im Heimatlande nicht vor, so kann der
von dem Heimatstaat des Minderjährigen ermächtigte diplomatische
oder konsularische Vertreter gemäß dem Gesetz dieses Staats die Für—
sorge übernehmen, sofern der Staat, in dessen Gebiet der Minder⸗
jährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, dem nicht widerspricht. Artikel 3.
Falls eine Vormundschaft gemäß den Bestimmungen des Artikel oder des Artikel 2 nicht angeordnet ist oder nicht angeordnet werden kann, so ist für die Anordnung und die Führung der Vormundschaft über einen Minderjährigen, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Auslande hat, das Gesetz des ee, nn, maßgebend.
Artikel 4.
Ist die Vormundschaft gemäß der Bestimmung des Artikel 3 angeordnet, so kann gleichwohl eine neue Vormundschaft auf Grund des Artikel 1 oder des Aitikel 2 angeordnet werden.
Hiervon ist der Regierung des Staats, in welchem die Vormund— schaft zuerst angeordnet wurde, sobald wie möglich Nachricht zu geben. Diese Regierung hat davon entweder die Behörde, welche die Vor⸗ mundschaft angeordnet hat, oder in Ermangelung einer solchen Be— hörde den Vormund selbst zu benachrichtigen.
In dem Falle, den dieser Artikel vorsieht, bestimmt sich der Zeit⸗ punkt, in welchem die ältere Vormundschaft endigt, nach der Gesetz⸗ gebung des Staats, in dessen Gebiete diese Vormundschaft an— geordnet war.
Artikel H.
In allen Fällen bestimmen sich der Zeitpunkt und die Gründe für den Beginn sowie für die Beendigung der Vormundschaft nach dem Gesetze des Heimatstaats des Minderjährigen.
ͤ Artikel 6.
Die vormundschaftliche Verwaltung erstreckt sich auf die Person sowie auf das gesamte Vermögen des Minderjährigen, gleichvlel an welchem Orte sich die Vermögensgegenstände befinden.
Von dieser Regel sind Ausnahmen zulässig in Ansehung solcher Grundstücke, welche nach dem Gesetze der belegenen Sache einer be sonderen Güterordnung unterliegen.
Artikel 7. Solange die , . nicht angeordnet ist, sowie in allen dringenden Fällen können die zuständigen Ortsbehörden die Maßregeln
Zweite Beilage zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
Berlin, Sonnabend, den 23. April
Artikel 8.
Liegt Anlaß vor, für einen minderjährigen Ausländer die Vor⸗ mundschaft anzuordnen, so haben die Behörden des Staates, in dessen Gebiet er sich befindet, von dem Sachverhalt, sobald dieser ihnen be— kannt wird, die Behörden des Staates zu benachrichtigen, dem der Minderjährige angehört.
. Die in solcher Art benachrichtigten Behörden sollen den Be⸗ hörden, die ihnen die Mitteilung gemacht haben, sobald wie möglich Kenntnis geben, ob die Vormundschaft angeordnet ist oder angeordnet werden wird.
Artikel 9.
WDieses Abkommen findet nur Anwendung auf die Vormundschaft über Minderjährige, die Angehörige eines der Vertragsstgaten sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet eines dieser Staaten haben. ö Die Artikel 7 und 8 dieses Abkommens finden jedoch auf alle Minderjährige Anwendung, die Angehörige eines Vertragsstaats sind.
. Artikel 10.
; Dieses Abkommen, das nur auf die europäischen Gebiete der Vertragsstaaten Anwendung findet, soll ratifiziert und die Ratifikations⸗ urkunden sollen im Haag hinterlegt werden, sobald die Mehrzahl der hohen vertragschließenden Teile hierzu in der Lage ist.
Ueber die Hinterlegung soll ein Protokoll aufgenommen werden; von diesem soll eine beglaubigte Abschrift auf diplomatischem Wege einem jeden der Vertragsstaaten mitgeteilt werden.
. . Artikel 11.
Denjenigen Staaten, welche auf der dritten Konferenz über inter⸗ nationales Privatrecht vertreten waren, dieses Abkommen aber nicht gezeichnet haben, soll der vorbehaltlose Beitritt zu dem Abkommen freistehen.
Der Staat, welcher beizutreten wünscht, hat spätestens am 31. De—⸗ zemher 1904 seine Absicht in einer Urkunde anzuzeigen, die im Archive der Regierung der Niederlande hinterlegt wird. Diese wird eine be— glaubigte Abschrift davon auf diplomatischem Wege einem jeden der Vertragsstaaten übersenden.
Artikel 12.
Dieses Abkommen tritt am sechzigsten Tage nach der Hinter— legung der Ratifikationsurkunden oder nach dem Zeitpunkte der Anzeige von einem Beitritt in Kraft.
ᷣ Artikel 13.
Dieses Abkommen gilt für die Dauer von fünf Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkte der Hinterlegung der Ratifikationsurkunden. Mit diesem Zeitpunkte beginnt der Lauf der Frist auch für die⸗ jenigen Staaten, welche die Hinterlegung erst nach diesem Zeitpunkte bewirken oder erst später beitreten.
In Ermangelung einer Kündigung gilt das Abkommen als still— schweigend von fünf zu fünf Jahren erneuert.
Die Kündigung muß wenigstens sechs Monate vor dem Ablaufe des Zeitraums, der in den vorstehenden Absätzen bezeichnet ist, der Regierung der Niederlande zugestellt werden, die hiervon allen anderen Vertragsstaaten Kenntnis geben wird.
Die Kündigung soll nur in Ansehung des Staates wirksam sein, der sie erklärt hat. Für die übrigen Staaten bleibt das Abkommen in Kraft.
Die diesen Abkommen beigefügte erläuternde Denk—⸗ schrift hat nachstehenden Wortlaut:
Im Mai und Juni 1909 hat im Haag die dritte diplomatische Konferenz über internationales Privatrecht stattgefunden, auf der Deutschland, Oesterreich, Ungarn, Belgien, Dänemark, Spanien, Frankreich, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Portugal, Rumänien, Rußland, Schweden, Norwegen und die Schweiz durch Delegierte ver⸗ treten waren.
Die Konferenz hat drei Abkommen: über die Ebeschließung, über die Ehescheidung und die Trennung von Tisch und Bett sowie über die Vormundschaft für Minderjährige entworfen und diese Entwürfe den Regierungen der beteiligten Staaten zur Beschlußfassung unter— breitet Am 12. Juni 1902 sind sodann im Haag die Abkommen von allen Konferenzstaaten mit Ausnahme von Rußland, Dänemark und Norwegen unterzeichnet worden.
Die Abkommen stellen sich als ein wertvoller Fortschritt auf dem Gebiete des internationalen Privatrechts dar. Sie sind insbesondere für Deutschland annehmbar, da die darin aufgestellten Kollisions⸗ normen im großen und ganzen den Vorschriften des deutschen Rechts, insbesondere des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch, entsprechen. Durch den Beitritt des Deutschen Reichs wird daher einerseits das deutsche Recht nur in verhältnismäßig unbedeutenden Punkten abgeändert, und andererseits dem Reich in allen Vertrags⸗ staaten die Gegenseitigkeit gesichert.
JI. Abkom men zur Regelung des Geltungsbereichs
der Gesetze auf dem Gebiete der Eheschließung.
Dieses Abkommen regelt die räumliche Herrschaft der in den Vertragsstaaten geltenden Gesetze über die Eingehung der Ehe. Eine solche Regelung erscheint erwünscht, da auf dem Gebiete des Ehe⸗ schließungsrechts haufig Gesetzeskollisionen entstehen, wenn die Ver- lobten verschiedenen Staaten angehören oder die Ehe nicht in ihrem Heimatstaate schließen.
Das Abkommen geht grundsätzlich davon aus, daß für die materiellen Voraussetzungen der Eheschließung das Recht des Heimat⸗ staats eines jeden der Verlobten maßgebend ist (Artikel 1), während sich die Form der Ehe nach den am Orte der Eheschließung geltenden Vorschriften bestimmt (Artikel 5 Abs. 1). Beide Grundsätze gelten indes nicht unbedingt; vielmehr sind von der ersten Regel Aus⸗ nahmen zu Gunsten der Gesetze des Eheschließungsorts (Ar⸗ tikel 2, 3), von der zweiten Regel zu Gunsten der Gesetze des Heimatstaats der Verlobten (Artikel 5 Abs. 2, 3, Artikel 6, 7) zugelassen worden. Auf diese Weise werden die Grund⸗ sätze der Vertragsstaaten, die auf ihrer öffentlichen Ordnung (ordre public) beruhen, in einzelnen genau bezeichneten Punkten berücksichtigt, während im Interesse der Rechtssicherheit davon abgesehen ist, in das Abkommen einen allgemeinen Vorbehalt zu Gunsten der öffentlichen Ordnung aufzunehmen und dadurch die Anwendung aller Vertrags⸗ bestimmungen mehr oder weniger in das Ermessen der einzelnen Staaten zu stellen. —
Vom Standpunkte des deutschen Rechts gibt das Abkommen zu Bedenken keinen Anlaß, da seine Grundsaätze mit den in den Artikeln 11, 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch enthaltenen Vorschriften im wesentlichen übereinstimmen. Außer An⸗ wendung gesetzt ist für den Geltungsbereich des Abkommens im all— gemeinen der Artikel 30 des Einführungsgesetzes; dies erscheint indes umsoweniger bedenklich, als die zur Anwendung kommenden aus⸗ ländischen Gesetze gegen die guten Sitten oder den Zweck der deutschen Gesetze nicht verstoßen dürften und dem Reich überdies die Gegen⸗ seitigkeit zugesichert ist.
Das Abkommen enthält keine Bestimmung darüber, welches Gesetz als das Gesetz des Heimatstaats anzusehen ist, wenn ein Verlobter mehreren Staaten angehört. Diese Frage ist daher nach den Gesetzen der einzelnen Vertragsstaaten sowie nach den allgemeinen Grundsäßen des Völkerrechts zu entscheiden.
treffen, die um Schutze der Person und der Interessen eines minder. jährigen Ausländer erforderlich sind. .
Zu den einzelnen Bestimmungen des Abkommens ist folgendes zu bemerken.
1904.
Artikel 1.
Dieser Artikel stellt den Grundsatz auf, daß das Recht zur Ein⸗ gehung der Ehe sich für jeden der Verlobten nach den Gesetzen seines Deimatstaats bestimmt. Hiernach muß jeder Verlobte sowohl für seine Person als auch für seine Beziehungen zu dem anderen Verlobten den Erferdernissen seines Heimatrechts entsprechen; nach diesem Rechte ist au die Frage zu beurteilen, ob das Ehehindernis nur seine Person oder 4 seine Beziehungen zu dem anderen Verlobten betrifft, also ein einseitiges oder ein zweiseitiges ist. Die vorstehenden Sätze entsprechen den Vor⸗ schriften des Artikel 13 Abf. J. des Einführungsgesetzes zum Bürger⸗ lichen Gesetzbuch; doch sind diese durch das Abkommen insofern er—⸗ weitert worden, als sie nicht nur auf Ehen, die von Deutschen oder die von Außländern in Deutschland geschlossen werden, sondern auf alle von Angehörigen eines Vertragsstaats innerhalb des Vertrags— gebiets geschlossenen Ehen zur Anwendung gelangen sollen.
Mit Rücksicht auf die Länder des Domizisprinzips ist der im Artikel 1 aufgestellte Grundsatz durch den Zusatz „à moins qu'une disposition de cette loi ne se réfere expressément à une autre loi' insofern durchbrochen worden, als an die Stelle des Gesetzes des Heimatstaats ein anderes Gesetz tritt, wenn das Heimatgesetz ausdrücklich auf dieses Gesetz verweist. Dabei bleibt es dem Gesetze des Heimatstaats überlassen, zu bestimmen, ob die Anwendung des Gesetzes, auf welches verwiesen wird, ausschließlich maßgebend sein soll oder ob. von den in Betracht kommenden Gesetzen dasjenige zu berücksichtigen ist, welches für das Recht der Ver—⸗ lobten zur Eingehung der Ehe das günstigere ist. Durch diese Be⸗ stimmung wird die Verschrift des Artikel 27 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch über die Rückverweisung für den Geltungsbereich des Abkommens insofern eingeschränkt, als nur eine ausdrückliche, d. h. eine in dem fremden Gesetze besonders ausgesprochene Verweisung zu beachten ist; andererseits wird die Vorschrift insofern erweitert, als nicht nur auf das deutsche Recht, sondern auch auf das Recht eines anderen Vertragsstaats perwiesen werden kann.
„ Auß dem Artikel 1 ergeben sich für die an dem Abkommen be— teiligten Staaten folgende Vertrags mäßige Verpflichtungen:
1) Ausländer, die nach dem im Artifel 1 bezeichneten Gesetze zur Eingehung der Ehe berechtigt (ehefähig) sind, müssen in jedem Ver tragsstaat zur Eheschließung zugelassen werden, selbst wenn ihnen nach dessen Rechte die Ehefähigkeit mangelt;
. 2) Ausländer, die nach dem im Artikel 1 bezeichneten Gesetze nicht ehefähig sind, dürfen auch in einem anderen Vertragsstgat zur ECheschließung nicht zugelassen werden, selbst wenn sie nach dessen Recht ehefähig sind;
3) Ehen von Personen, die nach dem im Artikel 1 bezeichneten Gesetz ehefähig waren, müssen in dem ganzen Vertragsgebiet als rechtsgültig anerkannt werden.
Ausnahmen von dem Satze zu 1 finden sich im Artikel 2, von dem Satze zu? im Artikel , von dem Satze zu 3 im Artikel 2 Abs. 3 Satz 2.
Eine vertragsmäßige Verpflichtung wegen der Behandlung einer entgegen dem Artikel 1 geschlossenen Che ist in das Abkommen nicht ausdrücklich aufgenommen worden. Die Gültigkeit einer solchen Ehe wird im allgemeinen nach dem im Artikel 1 bezeichneten Gesetze zu beurteilen sein; eine Ausnahme von dieser Regel ist im Artikel 3 Abs. 2 enthalten.
Artikel 2.
Von der vertragsmäßigen Verpflichtung, Aueländern, die nach dem im Artikel 1 bezeichneten Gesetz ehe fähig sind, die Eingehung der Ehe zu gestatten, sind im Artikel 2 Ausnahmen zugelassen worden. Diese beruhen auf der Erwägung, daß in bestimmten Fällen einem Vertragtz« staat nicht wohl zugemutet werden kann, bei einer Eheschließung, die seiner Gesetzgebung schlechterdings zuwiderläuft, mitzuwirken oder eine solche in seinem Gebiete zu dulden. Dabei handelt es sich für diesen Staat selbstverständlich nicht um eine Verpflichtung, sondern um eine Befugnis, von der er nach seinem Ermessen Gebrauch machen kann.
Die im Artikel 2 bezeichneten Eheverbote zerfallen in zwei Gruppen, von denen die eine (Abs. 1) auf dem bürgerlichen Cherechte, die andere (Abs. 3) auf dem rein kirchlichen Rechte beruhen. Dem bürgerlichen Eherechte sind die Ehehindernisse der Verwandtschaft und und Schwägerschaft, des Ehebruchs und des Gattenmordes entnommen; bei dem zuerst erwähnten Hindernisse bestimmt sich auch der Begriff der Verwandtschaft und Schwägerschaft nach dem Rechte des Che—⸗ schließungsorts und nicht nach dem Heimatrechte der Verlobten. Diese Eheverbote kommen indes nur dann in Betracht, wenn sie ab⸗ solut sind, also eine Befreiung von ihnen nicht gewährt werden kann. Als rein kirchliche Eheverbote sind das Hindernis der vor- maligen Ehe sowie die Ehehindernisse religiöser Natur aufgeführt. Mit dem Hindernisse der vormaligen Ehe ist nicht etwa das Verbot der Deppelehe gemeint, da sich dieses ohnehin in den Gesetzgebungen sämtlicher Vertragsstagten findet; vielmehr soll durch die Aufnahme dieses Verbots der Gesetzgebung derjenigen Staaten Rechnung ge⸗ tragen werden, welche eine Auflösung der Ehe durch Scheidung ent—⸗ weder allgemein oder doch bei Katholiken nicht anerkennen. Unter den Eheverbosen religiöser Natur sind namentlich die in katholischen Ländern vorkommenden Hindernisse der geistlichen Weihen, des Ordens— gelübdes und der Religionsverschiedenheit zu verstehen.
Die Eheverbote des bürgerlichen und des kirchlichen Rechts werden nach doppelter Richtung verschieden behandelt. Einmal be⸗ rechtigen die Eheverbote des bürgerlichen Rechts den Staat, sowohl seine Mitwirkung bei der Eheschließung zu versagen als auch die Schließung der Ehe durch einen diplomatischen oder konsularischen Vertreter des Heimatstaats der Verlobten zu verbieten, während bei den Eheverboten des kirchlichen Rechts der Staat gemäß Artikel 6 Abs. J Satz 2 des Abkommens die Eheschließung durch einen Vertreter des fremden Staates dulden muß. Sodann muß eine nach dem Heimatrecht der Verlobten gültige Ehe, die von den Landesbehörden unter Nichtbeachtung eines am Drte bestehenden Eheverbols des bürgerlichen Rechts geschlossen ist, sowohl von dem Eheschließungsstaate wie von allen übrigen Vertragsstaaten als rechts⸗ gültig anerkannt werden, während bei der Nichtbeachtung eines kirch⸗ lichen Eheverbots der Eheschließungsstaat im Gegensatz zu den übrigen Vertragsstaaten befugt ist, der Ehe die Anerkennung zu versagen.
Für die Eheschließung von Ausländern in Deutschland hat der Artikel 2 nur geringe Bedeutung. Denn von den Eheverboten des bürgerlichen Rechts ist das Ghehindernis des Ehebruchs G 1312 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) nicht absolut, da hiervon Be⸗ freiung bewilligt werden kann, und das Ehebhindernis des Gatten mordes dem deutschen Rechte fremd. Eheverbote rein kirch⸗ licher Natur sind dem deutschen Rechte überhaupt nicht be⸗ kannt. In Betracht kommen somit nur die Chehindernisse der Verwandtschaft und Schwägerschaft, von denen die im § 1310 Abs. 2, 3, 8 1311 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aufgeführten nicht in den Gesetzgebungen aller Vertragsstgaten vorkommen. Ausdrüdliche Vorschriften, wonach diese Hindernisse auch bei Ausländern zu berück- sichtigen sind, bestehen nicht; es wird somit nach wie vor auf Grund des Artikel 30 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu beurteilen sein, ob in derartigen genen Ausländern die Eingehung der Ehe zu versagen ist.
Artikel 3.
Dieser Artikel enthält die Ausnabmen von der vertragsmäßigen Verpflichtung, Ausländern, die nach dem im Artikel 1 bezeichneten Gesetze nicht ehefähig sind, din Tha hung der Che zu versagen. N
Abs. 1 fällt diese erpflichtung fort, wenn das Eheverbot 6 ͤ