Großhandelspreise von Getreide an außerdeutschen Börsenplãtzen
für die Woche vom 4. bis 9. April 1904 nebst entsprechenden Angaben für die Vorwoche. Zusammengestellt im Kaiserlichen Statistischen Amt.
1000 kg in Mark. (Preise für greifbare Ware, soweit nicht etwas anderes bemerkt)
Da⸗
gegen Vor⸗ woche
119, 15 157,45
99, h8 137, 88
Woche 4.9. April 1904
120, 20 169. 4 10056 138, 1
Roggen, Pester Boden Welzen, Theiß⸗ eff. ungarischer 1 erste, slovakische Bud apest.
Roggen, Mittelware Welzen, .
109 20 159 77 94 20 gg 7]
110,22 139,79 93,20
8e. ö erste, Futter⸗ 99, H8
91, 89 119,81
89, 85 118,49 Riga. Roggen, 71 bis 72 Kg das hl Weten, 5 76
102,16 130, 34
109, 39 129, G5
120,07
Roggen 177,34
Wel en lieferbare Ware des laufenden Monats ͤ
Antwerpen. Varna ..
A Weizen
134,59
3 137,26 137,90 141,96 150,07 142,51 141,96
110,35 1723 11g z
* ffa·⸗ 28,31 127,9 144,45
Roggen
Weizen ͤ
London. Produktenbörse (Mark Lane). englisch weiß Weizen — t Weizen — 8 ;
erste
143,61 138,58 131,04 119,45 128,61
englisches Getreide, Mittelpreis aus 196 Marktorten (Gazette averages)
Liverpool.
russischer
Californier
16, 91 160. 07 6, 5 166, 17 146. 05 141,76
131,43 ig Sb ?
Weizen
engl. weißer
Hafer Gerste, Mahl.
Chieago. Mai
Juli
145, 99 133,97 124 85
Neu Jork. roter Winter⸗ Nr. 2 162 46 148,48
141,93 leg P
147,93 135,27
Weizen, Lieferungsware 196 5)
165,11 161, 9a 144,5 131,46
Weizen
Lieferungsware .
Buenos Aires. Weizen, Durchschnittsware, ab Bord Rosarid
Bemerkungen.
1 Imperial Quarter ist für Weizen an der Londoner Pro⸗ duktenbörse — 504 Pfund engl. gerechnet; für die aus den Umsaͤtzen an 196 Marktorten des Königrelchs ermittelten Durchschnittspreise für einheimisches Getreide (Gazette averages) ist 1 Imperial Quarter Weizen — 480, Hafer — 312, Gerste — 400 Pfund engl. angesetzt. 1 Bushel Weizen = 60 Pfund engl.; 1 Pfund engl. — 465,6 g; 1 Last Roggen — 2100, Weizen = 2450 kg.
Bei der Umrechnung der Preise in Reichswährung sind die aus den einzelnen Tagesangaben im Reichsanzeiger ermittelten wöchentlichen Durchschnittswechselkurse an der Berliner Börse zu Grunde gelegt, und zwar für Wien und Budapest die Kurse auf Wien, für London und Liperpool die Kurse auf London, für Chicago und Neu Jork die Kurse auf Neu Vork, für Odessa und Riga die Kurse auf St. Petersburg, für Paris, Antwerpen und Amsterdaim die Kurse auf diese Plätze. Preise in Buenos Aires unter Berücksichtigung der Goldprãämie.
118, 4 117,60.
Deutscher Reichstag. 64. Sitzung vom 12. April 1904. 2 Uhr.
Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste und event. zweite Beratung des Gesetzentwur s, betreffend Aende⸗ rung des Muͤnzgesetzes vom 9. Fuli 1873.
Staatssekretär des Reichsschatzamts Freiherr von Sten gel:
Meine Herren! Das Fünfzigpfennigstück ist von Anfang an ein Schmerzenskind unserer künzgesetzgebung gewesen, und es hat von Haus aus dem Bedürfnis des Verkehrs nicht entsprochen. Schon zwei Jahre, nachdem die erste Prägung des Fünfzigpfennigstücks er⸗ folgt war, mußte im Jahre 1877 der Versuch unternommen werden, eine neue Prägung dieses Geldstücks vorzunehmen. Aber dieser erneute Versuch vom Jahre 1877 hat dem Verkehrsbedürfnis nicht ent sprochen. Fort und fort sind auch nach dem Jahre 1877 und bis in die neueste Zeit Klagen erhoben worden über die Schwierigkeit der Unterscheidung des Fünfzigpfennigstücks von dem Zehnpfennigstück und über allerlei Unzuträglichkeiten, die sich aus der Schwierigkeit der Unterscheidung für unseren Geldverkehr ergeben haben. Die Mißstände, die sich daran knüpfen, haben ihren Hö he⸗ punkt erreicht in dem Augenblick, als das Zwanzigpfennigstück in Weg⸗ fall kam. Von diesem Moment an bildete zwischen dem Zehnpfennig⸗
stück und dem Einmarkstück das Fünfzigpfennigstück nur noch die einzige in der Mitte stehende Münzsorte. Um so mehr konnte man an diese einzige Mittelmünze die Anforderung stellen, daß dieselbe dem Verkehrsbedürfnis auch voll entspreche.
An Vorschlägen, zu einer verbesserten Münze zu gelangen, hat es nicht gefehlt; es hat auch nicht gefehlt an einer Reihe von Versuchen, die in der Richtung auf eine Verbesserung des Fünfzigpfennigstücks unternommen wurden. Ich wäre in der Lage, Ihnen einen ganzen Sack von Münzen vorzulegen, die das Ergebnis der Proben und Ver— suche darstellen, die in der Richtung gemacht wurden. Nach langen Irrwegen ist man nun endlich in der jüngsten Zeit zu dem Ergebnis gelangt, daß in einer Aenderung der Legierung des Fünfzigpfennigstücks das einzige Mittel zu finden sei, um den von mir erwähnten Miß⸗ ständen abzuhelfen und zu begegnen. Das Münzgesetz vom Jahre 1873 hat, wie sicherlich allgemein anerkannt wird, einen ganz enormen Fortschritt bedeutet; es hat große Vorzüge gehabt. Aber diese Vorzüge waren auch, wie alles Menschenwerk, mit einigen Mängeln bekleidet, und es war insbesondere von Anfang an verfehlt, wenn in dem Art. 3 81 des Münzgesetzes bestimmt war, daß hinsichtlich der Legierung alle Silbermünzen, gleichviel ob groß oder klein, gleich zu behandeln seien. Je kleiner nämlich eine Münze, insbesondere eine Silbermünze ist, desto widerstandsfähiger, desto härter muß das Münzmetall sein, aus dem sie geprägt ist, weil, je kleiner die Münze ist, sie desto mehr in Umlauf kommt, desto häufiger ihren Besitzer wechselt, und mit jedem Besitzwechsel ist eine Abnützung verknüpft. Der Außerachtlassung dieser uralten, auf Erfahrung beruhenden Regel ist zu allererst das silberne Zwanzig⸗ pfennigstück zum Opfer gefallen. Ich bin überzeugt, daß, wenn das Zwanzigpfennigstück seinerzeit eine stärkere Legierung gehabt hätte, es heute noch als eine beliebte Münze sich in unserem Verkehr befinden würde. Bei diesem Mangel der Legierung setzt nun die Vorlage ein, indem sie in Vorschlag bringt, für das Fünfzigpfennig⸗ stück eine stärkere Legierung als die bisherige Durch die Beimengung von mehr Kupfer wird Fünfzigpfennigstück für die Folge stärker und widerstandsfähiger werden, und es wird auch dadurch die Möglichkeit geschaffen, das Fünfzigpfennigstück bei noch immer entsprechendem Durchmesser auch
dicker zu prägen, was seinerseitz wieder den großen Vorteil hat, daß
dann die Rifflung am Rande, das Hauptunterscheidungsmerkmal der Silbermünzen gegenüber den Nickel. und den Goldmünzen, viel besser fühlbar ist und auch in der Folge viel besser fühlbar bleiben
wird wegen der größeren Widerstandsfäͤhigkeit und Härte des Metalls.
Im Falle der Annahme des Ihnen vorliegenden Gesetzentwurfs würde dem Bundesrat vorbehalten bleiben müssen, kraft des Gesetzes hinsichtlich der äußeren Form der Münze noch die näheren Be— stimmungen seinerseits zu treffen. Welche Vorschläge der Herr Reichs kanzler in dieser Beziehung dem Bundesrat zu machen gedenkt, das entnehmen Sie am allerbesten aus den Probestücken, welche ich mir gestattet habe auf den Tisch des Hauses niederzulegen. Diese Probe⸗ stücke sind alle von gleicher Sorte; in jedem dieser Etuis befinden sich zwei Fünfzigpfennigstücke der früheren Sorte, der Prägung von 1875 und von 1877, dann zur Unterscheidung ein Zehnpfennig⸗ stück und endlich zwei Fünfzigpfennigstücke, wie sie gedacht sind nach den Vorschlägen des Herrn Reichskanzlers für die Neuprägung, und zwar das eine auf die Aversseite, das andere auf die Reversseite gelegt. Ich bemerke übrigens, daß die Aversseite seinerzeit, wenn diese Münze überhaupt zur Ausprägung gelangen sollte, ein wesentlich schöneres Aussehen erlangen wird; es mußte augenblicklich zur Her⸗ stellung der Münze ein Stempel verwendet werden, der nicht ganz genau dem Durchmesser entspricht; deshalb konnte auch der Perlen⸗ rand, der sonst die Münze ziert, am Rande nicht beigefügt werden.
Nun möchte ich noch bemerken, daß wir die Gelegenheit, welche sich uns hier bot, zugleich benutzen zu sollen glaubten, um noch eine anderweite Lücke auf münzpolizeilichem Gebiet auszufüllen. Ich betone dabei, daß es den verbündeten Regierungen durchaus fern gelegen ist, in die Privatindustrie ohne Not einschränkend einzugreifen; allein es hat doch alles seine Grenzen, und auch die Privatindustrie wird doch ihrerseits Halt machen müssen vor der Grenze, die gezogen werden muß im Interesse eines geordneten Geldverkehrs. Durch strafgesetzliche Bestimmungen allein werden wir in dieser Beziehung unseren Geld— verkehr nicht genügend schützen können.
Ich möchte Ihnen zur Veranschaulichung dessen aus einer ganzen Reihe von Beispielen nur ein einziges hervorheben. In der jüngsten Zeit, und zwar vor etwa anderthalb Jahren, hat die Direktion eines Theaters in einer größeren rheinischen Stadt sogenannte Reklame— marken ausgegeben, die den gleichen Durchmesser, die gleiche Dicke und die gleiche Farbe hatten, wie das Zwanzigmark⸗ stück; sie waren überdies auch noch auf der einen Seite ge⸗ prägt mit der Zahl 20. Diese Reklamemarken sind nun zu einer Reihe von Betrügereien benutzt worden. Mehrere Personen, denen die erforderliche Sachkunde nicht innewohnte, haben diese Reklame— marken für Zwanzigmarkstücke angenommen. Gegen diejenigen, die dem Verkehr diese Marken als Zwanzigmarkstücke übergeben haben, war nicht einzuschreiten, weil sie verschwunden waren, sie waren nicht mehr zu ermitteln; aber auch gegen den Anfertiger der Marken konnte nicht vorgegangen werden, weil die Art der Prägung doch eine solche war, daß die Merkmale einer strafbaren Handlung sich nicht konstruieren ließen.
Nun möchte ich im Vorbeigehen doch noch erinnern an die zahllosen Fälle, in denen Spielmarken benutzt werden, um die sogenannten Automaten ihres Inhalts zu berauben. Erst vor wenigen Monaten ist in dieser Beziehung eine Eingabe von dem Verbande der deutschen Gastwirte an den Bundesrat gelangt mit der dringenden Bitte, doch in dieser Richtung etwas zu tun und dem Unfug einigermaßen zu steuern. Der Bundesrat hat seinerseits die Eingabe dem Herrn Reichskanzler überwiesen und die Reichsschatzberwaltung hat aus dieser Eingabe Veranlassung nehmen zu sollen geglaubt, der Frage der Erweiterung der münzpolizeilichen Vorschriften näher zu treten. Daß ein Bedürfnis besteht, hier Wandel zu schaffen, dürfte unleugbar feststehen.
Nach alledem möchte ich an das hohe Haus die dringende Bitte richten, dieser Gesetzvorlage, die aus dringenden Bedürfnissen des Verkehrs herausgewachsen ist, die Zustimmung nicht zu versagen. (Bravo
Abg. Dr. Sr mon (Sent) Nach diesem ausführlichen Vortrag hat es kaum einen Zweck, noch in Einzelbeiten einzugehen. Die Vor?
züge des Vorschlages der verbündeten Regierungen leuchten ein, es würde also einer Kommissionsberatung nicht erst edürfen.
einzuführen. Auszahlung beguem sind;
nämlich das
. Dr; Arendt in Soweit der Entwurf an die Stell des jetzigen Fünfzigpfennigstücks eine bequemere Münze setzen ug wird er zweifellos allgemeine Zustimmung finden; ob aber das nen zu prägende Stück allen Uebeln abhelfen wird, die man damit . eitigen will, scheint mir doch nicht über allen weifel erhaben *., ein. Man sollte gleich ganze Arbeit machen. Dle Schwier keit . Verwechselung im Verkehr ist bei den Nickelmunzen un asel groß als bei den Silbermünzen. Ich sehe nicht ein, warum Pie Min durchgus alle rund sein sollen. Wenn man die Modelle der neuen Stücke ansieht, drängt sich unabwendbar die Vermutung auf, da alles so bleiben wird, wie es ist. Man sollte alfo doch in einer Kom mission der Frage näher auf den Teib rücken, zumal dann auch ny eine ganze Relhe anderer Bedenken gründlicher erörtert werden könnten trinnere nur an die Ausprägung von Denkmünzen. In dieser Beziehung kann ja die mißratkene Denkmünze zur Zweihundertjaht. feier Preußens, auf der die meisten noch heute ein Biloniz des Kaisers und der Kaiserin zu erblicken glauben, als Warnung und Mahnung dienen. Wir haben neuerdings gelesen, daß die Fünf markstücke in, unseren afrikanischen Kolonken 'nicht kursfähig sind Besteht wirklich die Absicht, daß für Afrika ein befondercl Kolonial. geld gemacht werden soll, fo muß das doch auf Grund einer reicht, gesetzlichen Bestimmung erfolgen, die sofort hier getroffen werden könnte, Ins Auge zu fassen wäre endli ob wir mit den Zwei⸗ und Fünfmarkstücken auskommen werden, wenn die Taler sämtlich ein. gezogen sind, oder ob es sich nicht empfehlen würde, die Taler un. verändert oder in Dreimarkstücke um eprägt, beizubehalten. Be der Beratung des letzten Münzgesetzes i ess es liegt nicht in der Absicht, die Taler zu beseitigen; Herr von Thielmann gab in dieser Beziehung allerlei Versprechungen ab. Aber praktisch kam es andert. man behielt die Taler ein, und zwar in direktem Widerspruch mi diesen Eiklärungen. Dankbar anzuerkennen ist, daß der Jetzige Schatz sekretär den schweren Bedenken gegen diese Maßregel ech, trug und die Einbehaltung wieder . Als dle Einbehaltung bekannt wurde, wies man allgemein in der Presse auf die außerordent. lichen Bedenken dieser Ma regel hin; die Behauptung, daß da Fünfmarkstück die einzig beliebte Münze sei, wurde dadurch bundigst widerlegt. Nur der frühere Schatzsekretär und der jetzige Reichs bank⸗ Präsident sind der Meinung, das Publikum bevorzuge die Fünfmart, stücke. Beide Herren verwechseln das Publikum mit den Kaffen— beamten. Die Großindustrie braucht sie, weil sie ihr zur ̃ das Publikum aber stößt sie ab, und sie sammeln sich in einer wirtschaftlich nicht wünschenswerten Masse in den Kellern der Reichsbank an. Bem Wunsche des Publikums wird schließlich Rechnung getragen werden müssen. Es kommt hinzu, daß die Gewerbetreibenden und der Handelsstand vielfach ernste Klage darüber führen, daß sie mit Wechselgeld schlecht versehen sind. Ich würde daher die Verweisung der Vorlage an eine Kommission befür— worten; keineswegs aber darf heute die zweite Lesung vorgenommen nien, weil eine Reihe von Anträgen zu dieser vorbereitet werden müssen.
durchaus gern bereit bin, mich mit dem Herrn Abg. Dr.
Staatssekretär des Reichsschatzamts Freiherr von Sten gel:
Der Herr Abg. Dr. Arendt hat die Verweisung beantragt. Ez Angelegenheit wollen. Ich meine Person Arendt über die hier in Frage kommenden Münzangelegenheiten in diesem hohen Hause noch näher zu unterhalten. Der Herr Abg.
Meine Herren! des vorliegenden Gesetzentwurfs an eine Kommission liegt mir fern, mich in diese rein interne dieses hohen Hauses meinerseits einmischen zu möchte nur das eine bemerken, daß ich für
Grund des Schutzgebietsgesetzes und der ihm dadurch
Dr. Arendt hat u. a. hervorgehoben, daß es vielleicht zweckmäßiger sein dürfte, anstatt an dem Fünfzigpfennigstück Aenderungen vor— zunehmen, die bessernde Hand an den Nickelmünzen anzulegen, an dem Zehnpfennigstück und an dem Fünspfennigstück, dieselben etwa in anderer Form zu prägen, als in der runden. Ich will von den technischen Schwierigkeiten, die sich ergeben, wenn man nur an das Rollen der Münzen denkt, gar nicht reden; aber ich möchte meinerseits doch mir gestatten, darauf aufmerksam zu machen, welche enormen Kosten eine derartige Aenderung unseres Münzwesens nach sich ziehen würde. Es sind gegenwärtig im Verkehr an Zehnpfennigstücken nicht weniger als rund 475 Millionen Stücke, ferner an Fünfpfennigstücken nicht weniger als rund 465 Millionen; es ist also annähernd eine Milliarde von Nickelmünzstücken, die sich bereits im Verkehr befinden. Daß wir Scheu tragen, an dieser Münisorte unsererseits zu ändern, das werden Sie nach Mitteilung dieser Zahlen wohl begreiflich finden.
Nun ist der Herr Vorredner u. a. in seinen Ausführungen auch auf das Münzwesen in den Kolonien übergegangen. Ich möchte voraus⸗ schicken, daß dem Mißstande, daß in Südwestafrika das Fünfmarkstück nicht zirkulationsfähig gewesen ist, schon vor Wochen Abhilfe geworden ist; schon vor Wochen ist Anordnung getroffen worden, daß auch in Südwestafrika das Fünfmarkstück ebenso wie das Zwei⸗ und wie das Einmarkstück genommen werden kann.
Was sodann das Schutzgebiet von Ostafrika anlangt, so bemerke ich, daß bezüglich der Einführung der Rupienwährung in Ostafrika, wie überhaupt bezüglich des Münzwesens in den Kolonien, in der aller— nächsten Zeit eine umfassende gedruckte Denkschrift an den Reichstag gelangen wird, und ich sollte denken, daß die Besprechung dieser Denk⸗ schrift reichlich Gelegenheit darbieten würde, die an sich allerdings ziemlich schwierige Frage des Münzwesens und des Münzrechts in den Kolonien näher zu beleuchten. Nicht unerwähnt möchte ich aber bei der Ge— legenheit schon heute lassen, daß es sich in den Schutzgebieten, ab⸗ gesehen von Ostafrika, nicht etwa handelt um eine eigentliche Markwährung, sondern es handelt sich da lediglich um eine Reichs⸗ markrechnung, und diese einzuführen war der Kaiser ohne Zweifel auf übertragenen Gewalt berechtigt; ebenso in Ansehung der Einführung der Rupien— währung in Ostafrika.
Nun hat der Herr Vorredner sich auch noch verbreitet in Klagen über das Verschwinden der Talerstücke aus dem Verkehr. Es hat ja etwas Rührendes, wenn der Herr Vorredner mit einer solchen Treue und Anhänglichkeit von den Talerstücken spricht. Allein, meine Herren, die Talerstücke stehen schon seit Einführung des Münzgesetzes vom Jahre 1873 auf dem Aussterbeetat. Das Münzgesetz, das auf dem Dezimalsystem beruht, hat auch gebrochen mit all den Münzen, die sich in das Dezimalsystem nicht einfügen lassen. Diesem Münz⸗ system ist vor allem der Gulden der süddeutschen Währung zum Opfer gefallen, und man war sich von Anfang an dessen bewußt, daß auch für den Taler die letzte Stunde schlagen werde. Man hatte auch anfangs eine weit kürzere Uebergangszeit ins Auge gefaßt. Daß wir jetzt nach 30 Jahren noch diese große Zahl von Talern im Verkehr hatten, erklärt sich ganz einfach aus den bekannten Zuständen auf dem Silbermarkt. Wäre es möglich gewesen, mit den Silberverkäufen rascher vorwärts zu gehen, so würde schon längst der letzte Taler verschwunden sein. Es ist auch durchaus nicht richtig, meine Herren, daß in weiten Kreisen nach dem Taler noch eine so außerordentlich große Nachfrage sei, und daß speziell das Fünfmarkstück von dem Verlehr nicht willig auf⸗— genommen werde, daß es lediglich die Kassierer seien, die ein
Lu gut halten würden.
leben erfordert, daß die
Etaaten unterscheiden.
Im Gegenteil, soweit das
Interesse hätten an dem Fünfmarkstück. sind es vielmehr die Zehn⸗
Interesse des Kassierers in Frage kommt, narkstücke, die in Betracht kommen; die Kassierer suchen den ünfmarkstücken aus dem Wege zu gehen, so gut sie können. Aber die Fabrikarbeiter und dann die ländliche Bevölkerung, die sind es, die fort und fort verlangen, daß ihnen Fünfmarkstücke in die Hand gegeben werden. Ich kann Ihnen auß einer Nachweisung mitteilen: wir haben seit 1899 bis Ende des Jahres 1903 nicht weniger als rund 80 Millionen Mark in Fünfmark⸗ sticken geprägt und ausgegeben, und von den 80 Millionen fanden sich am 31. Dezember 1903 nur etwa 107 Millionen Mark in den Beständen der Reichsbank, und fort und fort findet ein neues Begehr und ein neuer Abfluß von Fünfmarkstücken statt. Was dagegen die Talerstücke anlangt, so hat der Herr Vorredner ja vorhin anerkannt, daß spejiell auf meine Initiative hin die Sperre der Taler wieder aufgehoben wurde. Aber was war die Folge? Es ist allerdings eine Reihe von Talern zur Befriedigung des Verkehrsbedürfnisses hinaus— geflossen; aber demnächst hat sich wieder ein sehr erheblicher Rückfluß geltend gemacht, und während die Fünfmarkstücke fort und fort ab sießen in den Verkehr, sirömt uns der Taler wieder zurück.
Ich kann nur anheimstellen, ob Sie nach diesen Mitteilungen Ihrerseits noch für erforderlich erachten, daß in eine weitere Kom⸗ nissionsberatung eingetreten werde. Ich für meinen Tell bin der Meinung, daß, wenn Sie dieser Gesetzesvorlage in Bälde Ihre Zu⸗ stimmung erteilen und uns dadurch in Bälde in die Lage setzen, dem publikum ein brauchbares Fünfzigpfennigstück in die Hand zu geben, Sie damit dem Volke einen größeren Dienst erweisen als durch die längsten und schönsten Reden!
Abg. Blell (fr. Volksp.): Meine Parteifreunde sind mit mir n der Billigung der Vorlage vollständig einig; die Handels. und Verkehrskreise haben in weitestem Umfange eine Reform, wie sie uns hier , wird, empfohlen. Kommissionsberatung halten wir ich iötig. nat , , n,. (Soz.): Es wäre praktischer, die Fünfzigpfennig⸗ scke größer auszumünzen, um eine bessere Unterscheidung zu ermög⸗ lichen, und zwar unter Verringerung des Silbergehalts. Darüber müßte man . in der Kommission noch weiter unterhalten. Es handelt sich hier wesentlich um die Interessen der kleinen Leute, der Urbeiter und Handwerker.
Abg. Dr. Hieber (nl): Wenn man die Fünfzigpfennigstücke berbessern will, so sollte man auch daran denken, sie zu verschönern. E68 geht durch unser Kunstgewerbe neuerdings elne Strömung, von der auch unsere Münzen erfaßt werden sollten. Die Münzverwaltung ines großen Kulturstgats sollte doch dem allgemeinen Schanheits⸗ sinn auch auf diesem Gebiete Rechnung tragen und Konkurrenzen ver— mstalten, an denen teilzunehmen unsere besten Künstler sich nicht für Man muß Jahrhunderte zurückgehen, um asthetischen Werte ju finden, wie fie heute bei uns geprägt werden. Der Abg. Arendt hat bereits auf die Denkmünzen bei der preußischen zweiten Hundertjahrfeier hin— zewiesen. Auch die Fünfmarkstücke sind in ästhetischer Beziehung durchaus minderwertig.
Abg. Raab (wirtsch. Vgg.) : Das Verkehrs, und Geschäfts⸗ Fünfzigpfennigstücke mit anderen Münzen Es wäre wünschenswert gewesen,
Münzen von so geringem
icht verwechselt werden können. mz mehr Probestücke vorzulegen. ; . erden, daß die neuen Fünfjigpfennigstücke sich von Münzen anderer Die vorgeschlagene Münze unterscheidet sich ast gar nicht von dem österreichischen Zehnhellerstück. Das alte ham hurgische Vierschillingstück unterschied sich von dem Zehnpfennigstück schr wesentlich. Die Talerstücke sind immer noch ein Bedürfnis, und ih habe nicht gefunden, daß die Fünfmarkftücke fehr beliebt sind. Es st nicht allein der Abg. Arendt, der mit tränenden Augen dem Taler⸗ kück nachschaut. Die Durchlochung der Nickelmünzen wäre immerhin awägenswert. Eine Umprägung der Münzen brauchte deswegen nicht öergenommen zu werden. Früher hat man die Legierung der Fünfzig⸗ ffennigstücke mit Aluminium regierungsfeitig für undurchführbar ge—⸗ falten. Vielleicht ist die Technik jetzt so weit, diesen Schritt zu tun.
Abg. Dr. Pachnicke (fr. Vgg.): Ich glaube, wir verweisen iberbaupt zu viel an Kommissionen. Die Vorlage ist so einfach, aß wir sie hier erledigen können. Allerdings möchte auch ich wünschen, kuß die neuen Münzen ästhetisch besser und schöner geprägt werden, 6 es die Probemünze zeigt. Die Talerstücke sind immer wieder in le Reichsbanktasse zurückgeströmt, ein Beweis, daß der Verkehr sich mehr dem Fünfmarkstück zuwendet. Ein Mangel an Wechselgeld ist ich Erlaß der neuen Münznovelle nicht vorhanden. Dagegen sollten sehr goldene Zehnmarkstücke ausgeprägt werden, wie dies seinerzeit n Reichstag in einer Resolufion gewünscht hat. Ver frühere Siaatssekretär von Thielmann wollte dieser Frage erst näher treten, enn wir einen niedrigeren Diskontsatz hätten. Dieser Zeitpunkt ist zt eingetreten.
Staatssekretär des Reichsschatzamts Freiherr von Sten gel:
Meine Herren! Auf die Ausführungen des Herrn Vorredners abe ich folgendes zu erwidern. Ich muß anerkennen, daß das Zehn— aͤrfstück sich auch in weiten Kreisen des Publikums einer großen Eeliebtheit erfreut. (Sehr richtigh Ich erinnere auch meinerseits die Resolution, welche ja auch der Herr Vorredner schon erwähnt tt aus dem Jahre 1900, welche die Erwartung aussprach, daß in ichlicherem Maße als bisher Zehnmarkstücke möchten geprägt werden. biser Resolution und dem Begehr des Publikums nach einer er—
Fiterten Prägung von Zehnmarkstücken ist namentlich aber in den hen Jahren auch durch eine verstärkte Ausprägung von Kronen— iken Rechnung getragen worden. Nach den mir zu Gebote stehenden ttistischen Notizen sind bis Ende Dezember 1903 unter Abrechnung teingezogenen Stücke im ganjen ausgeprägt gewesen rund 640 Mil⸗ nen Mark in Kronen. Von dieser Gesamtsumme entfallen auf die igung der Jahre 1898 bis 1903 nicht weniger als ungefãhr Millionen Mark. Seit November vorigen Jahres sind bis jetzt sterum 20 Millionen Mark in Zehnmarkstücken geprägt worden, d es ist von dem Bundesrat in der allerjüngsten Zeit wiederum Augprägung weiterer 20 Millionen Mark in Zehnmarkstücken be⸗ sossen worden. Gleichwohl möchte ich mir gestatten, darauf hinzu⸗ tien, daß sich das Publikum in Ansebhung des Begehrs nach Zehn⸗ itstücken doch auch gewisse Beschränkungen wird auferlegen müssen. ß will hier nicht reden davon, daß bei den Zehnmarkstücken die igegebühr wesentlich höher ist als bei den Zwanzigmarkstücken, will auch nicht davon reden, daß bei den Zehnmarkstücken die Ab— zung durch den Geldumlauf eine etwa dreimal so große ist wie bei ß Zwanzigmarkstücken, ich will auch nicht reden von der erheblich frößerten Gefahr, daß unsere ganze Arbeit mit der Neu— dung wiederum vereitelt wird durch die Einschmelzung
Zehnmarkstücke; gerade diese sind der Einschmeljung
ttheblich höherem Maße ausgesetzt als die Zwanzigmarkstücke. stlische Rückfichten kommen für uns in erster Linie überhaupt it in Betracht, sondern wesentlich münzpolitische Rücksichten, wenn
f. dazu raten, bezüglich der Zehnmarkstücke sich gewisse Be⸗
inkungen aufzuerlegen. Der Rückfluß der Zehnmarkstücke, die in den
Es müßte auch darauf geachtet
Verkehr gelangen, ist nämlich nahezu Null. Jede Kronenprägung be.! kann,
deutet deshalb für unsere Währung eine fast dauernde Goldentziehung gegenüber der Reichsbank. sich wenig zu bedeuten haben; aber in Zelten — und darauf hat eben mein Herr Amtevorgänger wohl auch hingewiesen — gerade in Zeiten hohen Diskonts kann immerhin die verstärkte Aus— prägung von Kronen dazu führen, daß die Geldschwierigkeiten noch gesteigert werden. Im großen und ganzen läuft deswegen am letzten Ende eine Verstärkung der Kronenprägung immer hinaus auf eine Steigerung des Diskonts der Reichsbank. (Sehr richtig! rechts.) Ein jeder, der im Verkehrsleben steht, sei er Kaufmann, sei er Fabrikant oder gehöre er dem Bauernstand an, weiß, was für unser Erwerbsleben die Steigerung des Diskonts zu bedeuten hat. (Sehr wahr! rechts Demgegenüber sind wir der Meinung, daß es doch besser ist, die kleine Unbequemlichkeit, die eine gewisse Ein— schränkung in der Ausprägung der Zehnmarkstücke mit sich bringt, mit in den Kauf zu nehmen, und zwar umsomehr, als diese kleine Unbequemlichkeit doch in der Hauptsache die Kassierer trifft. Was tun z. B. die Fabrikarbeiter, um von diesen zu sprechen, wenn sie den Lohn in Zehnmarkstücken ausbezahlt bekommen? Sie müssen das Zehnmarkstück doch wechseln lassen, um die Bedürfnisse ihres täglichen Haushalts befriedigen zu können. An
Zwanzigmarkstücken ist ja bekanntlich niemals Mangel; mit Zwanzig⸗
markstücken ist die Reichsbank jederzeit in der Lage, das Verkehrs= bedürfnis zu befriedigen.
unserem Dafürhalten doch immer am besten die Silbermünze eignen; deswegen haben wir darauf Bedacht genommen, insbesondere in Fünf⸗
und Zweimarkstücken seit den letzten 3 bis 5 Jahren eine sehr reich⸗
liche Ausprägung stattfinden zu lassen, und gerade für die Arbeiter und für die Gewerbetreibenden scheinen uns diese Gattungen von
Münzen für den täglichen Verkehr als ganz besonders geeignet.
Ich möchte zum Schluß noch darauf hinweisen, daß wir, was
die Menge der bei uns zirkulierenden Kronenstücke anlangt, den Ver⸗
gleich mit anderen Ländern, mit Frankreich und England, recht wohl
auszuhalten vermögen; denn sowohl in England als auch in Frank— reich ist die Münze, die beiläufig unserem Kronenstück entspricht, nicht
in dem Maße im Verkehr vertreten, als dies bei unserem Zehnmark⸗ stück der Fall ist. Wenn wir einen Vergleich ziehen, fällt er gegen⸗
über diesen beiden Ländern immer noch zu unseren Gunsten aus.
Abg. Kirsch (Zentr.): Der Fehler liegt im Münzgesetz selbst begründet, das für die Fünfzigpfennigstücke,
Wertbezeichnung Wappen und Krone hätte man doch auch wie im älteren Münzsystem vorsehen können, dann würde ein? weitere Unter⸗ scheidung möglich sein. werden, Auch ich bezeuge nach meinen Erfahrungen, markstück nicht beliebt ist.
Damit schließt die erste Beratung. Nach einer persönlichen Bemerkung des Abg. Dr. Arendt wird die Vorlage einer Kommission von 14 Mitgliedern überwiesen.
Es folgt die Fortsetzung der zweiten Beratung des Reichs⸗ haushaltsetats für 1964, und zwar bei dem Etat für den Reichskanzler und die Reichskanzlei.
Hierzu liegen die Resolutionen des Abg. Gröber (Zentr.), 89 zie Reichsbehörden, und die Resolution des Auer (Soz) wegen Ergänzung der Uebersichten über die Arbeiterverhältnisse der Heeres⸗ und der Marineverwaltung vor.
daß das Fünf⸗
Auf Antrag des Abg. Singer (Soz) findet die Be-
sprechung dieser Resolutionen erst nach Schluß der allgemeinen Debatte statt.
Abg. Dr. Spahn (Zentr.): In der vorigen Session hat der
Reichstag über die Prüfung der Wahl des Abg. . Beschluß ge⸗
faßt; die geforderten Erhebungen sind nicht mehr zur Kenntnis des Hauses gelangt. In einem Prozesse, der an diese Wahl sich anschloß, ist die Behauptung aufgestellt worden, daß gewisse Beamte aus dem Bereich der Bergwerksdirektion Saarbrücken nicht haben Zeugnis ab— legen dürfen, weil ihnen Amtsverschwiegenheit auferlegt war, während einem anderen Beamten gegenüber diese Verpflichtung zur Amts verschwiegenheit nicht geltend gemacht wurde. Diese Angelegenheit, borgusgeletzt, daß die Behauptung begründet ist, berührt direkt die Befugnisse des Reichstags. Der Reichstag steht als gesetzgebender Faktor über den Regierungen der Einzelstaaten, und es darf nicht von dem Belieben eines Ministers abhängen, ob die vom Reichstage geforderten Erhebungen durch zeugeneidliche Vernehmung stattfinden können oder nicht. Es ist hier ein Beschluß des Reichstags durch⸗ kreuzt worden, obwohl der Reichstag verfassungsmãßig seine Legitimationen selbst prüft und selbständig darüber zu entscheiden hat, was zu deren Feststellung notwendig ist. Wohin soll es fübren, wenn der Verklagte nicht freigesprochen, sondern verurteilt wird, nachdem man ihm den Wahrheitsbeweis abgeschnitten hat? Da muß die Strafprozeßordnung sobald wie möglich geändert werden. Es widerspricht jedem Rechtsbewußtsein, wenn in einem solchen Falle dem angeklagten Redakteur die Möglichkeit des Wahrheite beweises ge⸗ nommen wird. Wenn ein Beschluß der Wahlprüfungskommission auf
Vernehmung von Beamten gefaßt werden soll, müffen die etwa im
Staatsinteresse vorliegenden Bedenken gegen die Vernehmung vorher der Kommission oder doch dem Reichstage zur Kenntnis gebracht werden Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieberding:
Meine Herren! Was die zweite von dem Herrn Vorredner berührte Frage angeht, über die Stellung der Beamten, die zum gerichtlichen Zeugnis aufgefordert werden und denen von der vor— gesetzten Behörde die Genehmigung nicht gegeben wird, das Zeugnis abzulegen in Prozessen der von dem Herrn Vorredner bezeichneten Art, so bin ich gern bereit, im Namen deg Herrin Reichskanzlers die Zusicherung zu geben, daß diese Frage in den schwebenden Ver⸗ handlungen über die Reform unserer Strafprozeßordnung auch ihre Erörterung finden soll. Ich glaube nicht, daß ich unter diesen Umständen es nötig habe, auf diese Frage, die doch auch ihre zwei Seiten hat, hier näher einzugehen; wir werden ja bei der Reform der Strafprozeßordnung darauf zurückkommen, und vorher die Funditus zu er⸗ örtern, würde keinen praktischen Zweck haben.
Meine Herren, was dann aber die andere Frage betrifft, die der Herr Vorredner berührte, die Wahlvorgänge und die Stellung der einzelstaatlichen Beamten bei der Erhebung der von dem Reichstag beschlossenen Beweise, so bin ich nicht in der Lage, da weder dem Herrn Reichskanzler noch der Reichsverwaltung Tatsächliches über diese Vorgänge bekannt geworden ist, mich zur Sache zu äußern. Ich erkenne gern an, daß die Stellung des Reichstags und die Bedeutung der von dem Reichstag in Wahlangelegenheiten gefaßten Beschlüsse eine solche ist, daß nicht bloß die Reichsverwaltung, sondern auch die Verwaltung in den Einzelstaaten Anlaß hat, jede mögliche Rücksicht auf die Erbebungen zu nehmen, die von dem Reichstage oder von seiner Kommission be⸗ schlossen worden sind. Ob das in allen Fällen in der Weise geschehen
Bei flüssigem Geldbestande wird das an Sache nicht.
wie das von dem Herrn Vorredner angeregt worden ist, darůber, meine Herren, muß ich mir eine Erklärung vorbehalten; so einfach, um sie alsbald durch eine bindende Zusage zu erledigen, liegt die
Ich erkläre aber, daß der Herr Reichskanzler bereit ist, der Frage näherzutreten, und daß er sich deshalb mit der bei dem zunächst in Frage stehenden Wahlvorgang beteiligten Regierung in Verbindung setzen wird. Die Frage soll von seiten des Herrn Reichskanzlers mit allem Wohlwollen, mit dem Entgegenkommen behandelt werden, welches die Stellung des Reichstags und die von mir anerkannte Bedeutung seiner Beschlüsse über Reichstagswahlen in Anspruch nehmen kann.
Für den kleinen Verkehr wird sich nach
Fünf⸗ und Zehnpfennig⸗ stücke dasselbe Münzbild vorschreibt und für die Rückseite nur die
Es müßte also das ganze Münzgesetz geändert
betreffend die Vergebung von Arbeiten und Lieferungen Abg.
Abg. Dr. David (Soz): In der Frage der Erhebung von Schiffahrtsabgaben haben wir es mit offiziellen Erklärungen zu tun, die miteinander geradezu in Widerspruch stehen. Was der preußische Minister Budde darüber in der Budgetkommission des preußischen Abgeordnetenhauses gesagt hat, steht in Gegensatz mit dem, was uns hier der Reichskanzler gesagt hat. Vielleicht hat der letztere einmal recht drastisch zeigen wollen, daß er kein Konsequenzmacher“' sei. Die Erklärung des Kanzlers beantwortete die Frage, ob Abgaben für Vertiefungen der Fahrrinne des Rheins, der Elbe usw. erhoben werden dürften, ganz klar mit Nein auf Grund des Artikels 54 der Verfassung, mögen damit noch so große Ausgaben verbunden sein; jede Ausnahme von dem reichsgesetzlichen Grundsatz bedürfe der Ge⸗ nehmigung durch ein besondere Reichsgesetz. Dabei bezog sich der Kanzler direkt auf das Gesetz von 1886, betreffend die Sfromregulte⸗ rung der Unterweser, das solche Abgaben vorsieht; ausdrücklich be⸗ tonte er, daß dabei der Artikel 78 der Verfassung in Betracht komme, nach welchem 14 Stimmen im Bundesrat genügen, um ein solches Verlangen zu Falle zu bringen. Die Erflärung des preußischen Mi⸗ nisters aber lautet genau entgegengesetzt. Das preußische Ministerium bezieht sich auf den Vorgang von 1886, führt aber aus, daß für die Benutzung einer künstlich geschaffenen Fahrbahn Gebühren erhoben werden durften, und bemerkt, daß der Bundesrat auch 1886 schon dieser Ansicht gewesen sei. Dieser Widerspruch ist völlig unerklärlich, und ich bin außerordentlich gespannt darauf, wie ihn der Kanzler zu lösen versuchen wird. Wohin die Anhänger dieser Abgabepflicht steuern, ist so weit klar: sie wollen, daß im Bundesrat die einfache Mehrheit genüge, um solche Abgaben einfübren zu können. Auf der konservativen Seite trat ja auch sofort nach der kanzlerischen Er= klärung die Mißstimmung auf, der Graf zu Limburg Ausdruck gab. Im preußischen Abgeordnetenhaufe aber erklärten sich die Konservativen einmütig mit der Stellungnahme des Ministers Budde einverstanden und sprachen ihre große Zufriedenheit aus, daß die Regierung endlich die konservative Anschauung als berechtigt anerkannt habe. Man kann aber vielleicht doch eine Lösung des Rätsels finden. Offenbar soll die Einführung von Schiffahrtsabgaben auf dem Rhein der Preis für die Zustimmung der Konserbativen zu den preußischen wasserwirtschaftlichen Vorlagen sein; hat doch Herr von Zedlitz im „Tag“ die Bedingungen formuliert, unter denen die Rechte des Landtags sich zur Zustimmung bereit finden lassen könnte, und unter diesen Bedingungen befand sich auch die eben erwähnte Zu⸗ sage. Das ist die Interessenpolitik, nach der die Verkehrsbedurf⸗ nisse befriedigt oder auch nicht befriedigt werden. Ich hoffe und glaube, daß das deutsche Volk nicht bereit ist, diese Rechnung für die wasserwirtschaftlichen Vorlagen zu bezahlen. Die Kanalvorlage kann auch ohne solche Neubelastung des Verkehrs durchgeführt werden. Die erhöhten Transportkosten würde man doch auf die Materialienpreise zu schlagen suchen, und dadurch würde die gesamte Industrie, die sich auf die Zufuhr der Rohmaterialien auf dein Wasserwege gegründet hat, betroffen werden. Steinkohle und Petroleum würden die Kosten zu tragen haben; dem wird aber die deulsche Bevölkerung nicht ruhig zusehen; sie hat kein Interesse daran, daß die preusische Regi rung ihren Lieblingen, den Agrariern, diese Forderung bewilligt.
Staatsminister Dr.
Staatssekretär des Innern, Graf
von Posadowsky⸗Wehner:
nicht nur nach der juristischen Seite hin so außerordentlich schwierige Frage hier im Plenum und bei dem Etat des Reichskanzlers über⸗ haupt jur Sprache gebracht ist. (Sehr richtig! rechts. Dieselbe Frage liegt der Petitionskommission des hohen Hauses bereits vor, und wenn man gewartet hätte mit der Erörterung dieser Angelegen= heit bis zur Verhandlung in der Petitionskommission, so würde der preußische Herr Minister der öffentlichen Arbeiten Gelegenheit gehabt haben, sowohl nach der juristischen wie technischen Seite seinen Stand— punkt darzulegen und dabei in casu conereto den Nachweis zu führen, daß zwischen den Erklärungen des Herrn Reichskanzlers im Reichstag und den Erklärungen des preußischen Herrn Eisenbahn⸗ ministers im Abgeordnetenhause kein innerer oder gesetzlicher Wider⸗ spruch besteht. Ein solcher Widerspruch kann bei der Stellung des Reiche kanzlers, der gleichzeitig auch preußischer Ministerpräsident ist, auch tatsächlich nie bestehen. Würde ein Widerspruch in der praktischen Auslegung von Bestimmungen der Reichsverfassung hervortreten zwischen einem nichtpreußischen Einzelstaat und dem Reichskanzler, der doch der Hüter, der zunächst berechtigte Interpret der Reichs verfassung ist, so würde der Bundesrat eine solche Frage durch eine Entscheidung zu erledigen haben. Also ein tatsächlicher Widerspruch auf diesem Gebiete ist sachlich vollkommen unmöglich; besonders aber selbstver⸗ ständlich zwischen dem Reichskanzler und dem Präsidialstaat Preußen, wo noch die Personeneinheit ins Gewicht fällt.
Was nun die Sache selbst betrifft, so sieht zwar der Artikel 54 der Reichsverfassung an und für sich ziemlich einfach aus: dieser Artikel bestimmt bekanntlich, daß auf natürlichen Wasserstraßen Abgaben nur erhoben werden dürfen für besondere A nlagen, auf künstlichen Wasserstraßen aber überhaupt die Erhebung von Abgaben zulässig ist. Diese Bestimmung würde sehr klar und zweifelsfrei sein, wenn in der Reichsverfassung auch ausgefuhrt wäre, was zu versteben ist unter beson deren Anla gen, und was unter einem natürlichen Flußlauf. (Sehr gut! Beide Tatsachen aber können im einzelnen Falle außerordentlich streitig sein. Guruf.) — Ich komme noch auf die Unterweser zu sprechen. Ein bißchen Geduld! (Heiterkeit) Was zunächst die natürlichen Wasser⸗ läufe betrifft, so werden Sie mir zugestehen, daß unter Umständen ein natürlicher Wasserlauf streckenweise solche Veränderung erfahren kann, daß er — unter Umständen, sage ich — den Charakter einer künstlichen Wasserstraße annimmt. Ich setze z. B. den Fall, daß ein Fluß sich in vielen außerordentlich scharfen Krümmungen bewegt, die eine so starke Versandung begünstigen, daß der Verkehr von größeren Fahrzeugen auf einem solchen Flusse ganz unmoglich ist oder zeitweise ganz aufhören muß; würde man in großem Umfange diese Kurven durch geradlinige Durchstiche ersetzen, so würde man unmöglich sagen können, daß dieser geradlinige Durchstich, der überbaupt oder wenig stens zu gewisser Jahreszeit die Schiffahrt dort erst ermöglicht, noch eine natürliche Wasserstraße sei. (Sehr richtig! rechtz) Jedenfalls würde man dann das Recht haben, auf einem solchen künstlichen Durch. stich Abgaben zu erheben. Aber ob ein natürlicher Fluß streckenweise solche Veränderungen erfahren hat, daß man ihn auf diesen Strecken
Meine Herren! Ich bedauere, daß diese auch nach der technischen,