1904 / 106 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 05 May 1904 18:00:01 GMT) scan diff

Deutscher Reichstag. 83. Sitzung vom 4. Mai 1904. 1 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Beratung des Gesetzentwurfs, betreffend Wetten bei öffentlich ver⸗ anstalteten Pferderennen.

Die Vorlage bindet den Betrieb eines Wettunternehmens an die Konzession seitens der Landeszentralbehörde, und zwar soll die Konzession nur an solche Rennvereine erteilt werden, die nachweislich die Einnahmen daraus zum Besten der Landespferdezucht verwenden. Die geschäftsmäßige Wetten⸗ vermittlung wird verboten. Die Hälfte des Ertrages der Reichsstempelabgabe von Wetteinsätzen sollen die Rennvereine erhalten. Strafen bis zu 6 Monaten Gefängnis und bis zu 15060 M Geldbuße werden für Zuwiderhandlung angedroht.

Preußischer Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten von Podbielski:

Ich bedanke mich zunächst bei dem hohen Hause, daß es so freundlich gewesen ist, mir zu gestatten, sitzend vom Platz aus hier dieses Gesetz einleiten zu dürfen. Meine Herren, wir wollen nicht verkennen, daß seit einer langen Reihe von Jahren Erscheinungen zu Tage traten, die die Aufmerksamkeit der Regierung auf die in dem Gesetzentwurf behandelten Gebiete lenken mußten. Sie waren leider meines Erachtens nicht erfreulicher Natur. Die Schädigungen, meine Herren, die dadurch eingetreten sind, daß namentlich die Steuergesetze vom Jahre 1900 nicht in dem gewünschten Maße zur Durchführung gelangten, die sind ja nicht allein in der Presse, sondern auch vom hohen Hause verschiedentlich erörtert worden. Meines Erachtens muß der Gesetzgeber den Wunsch haben, daß, was in dem Gesetz angeordnet ist, auch tatsächlich zur Durchführung kommt. Aber wir haben auch eine Erfahrung auf diesem Gebiete, meine Herren, die sehr tief und weitgehend ist. Sie wird ja vielleicht von der Linken hier im Hause mir ein anderes Mal vorgehalten werden. Sie kesteht, meine Herren, tatsaͤchlich. Wenn Sie z. B. einen un⸗ endlich hohen Kaffeezoll einführen, werden Sie zweifellos die Be⸗ völkerung verleiten, indem sie sich Kaffeebohnen an der Grenze in die Tasche steckt, das Steuergesetz zu umgehen. Dad ist meines Erachtens eine natur⸗ gemäße Erscheinung, wie wir sie auch in den alten Zeiten des Kaffee⸗ zolls gehabt haben. Ja, meine Herren, genau so liegt es hier. In dem Moment, wie die Gesetzgebung des Jahres 1900 den Umsätzen am Totalisator eine Steuer von 200 auflegte, in demselben Moment, meine Herren, wurde ein Anreiz gegeben, diese Steuer zu umgehen, und leider ist dies in erheblichem Umfang geschehen. Wie meiner Ansicht nach jeder, der sich auf den Straßen Berlins oder in anderen Städten bewegte, leider sehen mußte, haben Leute, die mit dem Wett— rennen nichts zu tun hatten, die nicht die elementarischen Begriffe des Totalisators kannten, in einer gewissen Gerissenheit unter Um⸗ gehung der Gesetze, namentlich das kleine Publikum ausgeplündert. Es ist das wollen die Herren immer bedenken, wie mir das auch von manchen Seiten in der Presse bei diesem Gesetz entgegengehalten worden ist ein wesentlicher Unterschied, ob ich auf einen Renn— platz gehe, dort mich für die Sache interessiere, mich an den Pferden erfreue, an dem Verlauf der Rennen teilnehme und, natürlich

dadurch angeregt, mich veranlaßt sehe, eine Wette einzugehen, oder ob jemand, der hier in Berlin keine Ahnung davon

hat, was auf irgend einem Rennplatze im Osten oder Westen passiert, einfach in den ꝛc. Laden hineingeht und dort sich mit einem Anteil für 25 3 an Rennwetten beteiligt. Ja, meine Herren, dieser Mann spielt; der andere, der mit seiner ganzen Passion und mit ganzem Interesse dabei ist, hat eine ganz andere Auffassung von der Sache als derjenige, der lediglich in die Läden hingebt und nun verführt wird. Meine Herren, die Verführung findet sich nicht allein auf diesem Gebiete. Ich bin gern bereit, zuzugeben, daß sich ähnliche Verführungen heute bei den Börsen finden. Es ist schließ⸗ lich nur eine andere Form, ob das Wetten in der Art geschieht, d

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sie Böörf

die Leute sagen, wir übernehmen Wetten am Totalisator, oder ob sagen, wir übernehmen Papiere zu den momentan an der angeschriebenen Kursen! Diese kleinen Beteiligungen können in jedem Fall für die Summe der Beysöl kerung meines Erachtens nur von Schaden sein.

Weiter,

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meine Herren, komme ich zu dem andern Teil der Schädigungen, die eingetreten sind, denen sich auch die Regierungen nicht mehr zu verschließen vermochten: das ist der Rückgang der edlen Pferdezucht im Vaterlande. Jahraus, jahrein gingen mehr Gestüte zurück und ein, die Bestände wurden verauktioniert, und das, was durch Jahrzehnte aufgebaut war, wurde duich die Verhältnisse ver⸗ nichtet; darüber, glaube ich, ist keiner von uns im Zweifel: die höchste Passion findet ihr Ende im Geldbeutel. (Sehr richtig! links) Wenn schließlich bloß bezahlt werden soll und nach keiner Richtung hin mehr die Möglichkeit vorhanden ist, auch nur einen Ehrenerfolg zu haben,

dann hört bei der ganzen Sache alles auf. Die Gestüte sind auf— gelöst. Wir sehen noch eine Reihe von Gestüten bestehen, deren Ende

in Jahren abzusehen ist.

Nun wollen die Herren aber in Erwägung ziehen: sind die Gestüte fort, so ist, wenn hier der Reichstag auch noch so oft kom—

i mmlungen Berlins noch so oft an⸗— ordneten, es sollen Gestüte eingerichtet werden, noch lange kein Gestüt da! Dazu gehört eine Arbeit

von Fleiß durch Generationen, das ist nicht eine Tagesarbeit, sondern mit Rücksicht auf die beschränkte Ver mehrung des Pferdes eine Arbeit von Generationen. Also wollen wir hier nicht Gefahr für unser Vaterland eintreten lassen, so muß die Regierung die Zustände im Auge behalten. Sie hat zu diesem Zweck Experten ins Ausland ge⸗— sandt. Ich glaube, daß einem großen Teil von Mitgliedern dieses hohen Hauses die Broschüren die Ergebnisse der Reisen zuge— gangen sind. Diese kommen alle zu demselben Resultat, daß z. B. unser Nachbar in Frankreich, der 1870 noch nicht in der Lage war, seine Pferde für seine Armee zu produzieren, heute seinen vollen Be— darf sich verschafft. Aber warum? Alljährlich fließen allein aus den Ueberschüssen des Totalisatorbetriebes 12 bis 15 Millionen in die Landeepferdezucht hinein. (Hört! hört! rechts.) Ja, meine Herren, wenn in Deutschland 12 bis 15 Millionen für die Landespferdezucht aufgewendet würden, wie ganz anders sähe das Bild aus als heute, wo, wie Sie selber wissen, und wo sich aus den Nach— weisungen ergibt, daß nur etwa 3 —= 400000, im letzten Jahre sogar nur 220 000 aus dem Totalisator fär Rennzwecke verwendet sind. Das sind Zahlen, die naturgemäß deutlich sprechen. Es ist klar, daß, wenn man solche Mittel wie in Frankreich aufwenden kann, man ganz zweifellos andere und größere Fortschritte machen muß. Die

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gleichen Erhebungen in Oesterreich haben zu demselben Resultat

geführt. Nun wird mir gewiß von den Mitgliedern des hohen Hauses entgegengehalten werden: ja, wenn die Regierungen das erkannten, warum stellten sie nicht Beträge in den Etat ein? Aber es ist immer sehr leicht, zu sagen: wir hätten vielleicht im Etat etwas bewilligt. Wenn nun z. B. im Reichsetat eine Summe von 2 Millionen, die mindestens erforderlich wäre, erschiene, ich glaube, sie würde sehr wenig Gegenliebe bei Ihnen finden. Eine solche Summe wäre das Minimum, was man verlangen müßte, denn dann müßte das, was Preußen bisher auf seine Schultern nahm, naturgemäß vom Reich mit übernommen werden. Natürlich würde mir gesagt werden: ja, dem Reichstag gegenüber wird ein solcher Weg wenig Autsicht auf Erfolg haben. Dann kommen aber noch die weiteren Schwierigkeiten. Wir haben ein Reichsamt des Innern, welches gewiß nach jeder Richtung hin ausdotiert ist, was alle mög⸗ lichen Sachen betreibt, was zweifellos die Rennen in Deutschland noch leiten kann als eine neue Branche; aber für die Pferdezucht als solche ist doch der direkte Kontakt mit den Züchtern unbedingt not— wendig, und wäre dieser Kontakt nicht vorhanden zwischen der Gestüts⸗

verwaltung und den Züchtern, so würde die Sache natur⸗ gemäß sehr bald ins Stecken geraten. Nun kommt der zweite Weg, den ich auch gegangen bin. Glauben Sie mir, ehe wir hier erschienen, ist man manchen Weg gegangen.

Ich habe den Finanzminislern der anderen Bundesstaaten vor Jahr und Tag gesagt: helst uns aus der Lage heraus, Preußen gibt seinen entsprechenden Teil dazu; ja, ich fand äußerlich ein freundliches Ent⸗ gegenkommen, aber an die Zahlung wollte man nicht herantreten. Als dritter Weg kommt der des Gesetzes, den der Ihnen vorliegende Entwurf beschreitet, in Frage. Im Gesetz ist der Standpunkt ver— treten, der auch meinen Anschauungen entspricht, nämlich: sind die Rennen für die Pferdezucht notwendig, so müssen sie sich auch aus sich heraus erhalten. Also man gebe keine Staatspreise und was sonst damit zusammenbängt, sondern lasse sich die Sache aus sich selbst entwickeln, dann werden wir eine ähnliche Entwickelung erhalten, wie sie bereits in Frankreich ist. Ich bin in dem Gesetz zum Nach— geben gezwungen gewesen aus einem Grunde, der in unserem all— gemeinen politischen Leben liegt. Ich würde (s für das Günstigste halten, den Rennvereinen Stenern aufzuerlegen, die die staatlichen Interessen in vollem Umfange sichern, würde aber nur den Renn— pereinen eine staatliche Konzession geben, die sich verpflichten, den letzten Heller auch wieder für die Staatsrennen zu verwerten.

Nun kann gesagt werden, die Steuer ist zu diesem Zweck zu erhöhen und es kesteht dann die Gefahr der Um⸗ gehung selbst, wenn man mit strengen Maßregeln vorgeht.

Immerhin kann ich es nur dankbar begrüßen, daß die verbündeten Regierungen, nachdem erhebliche Bedenken gegen eine Steuerherab— setzung vorlagen, diesen Gesetzentwurf dem hohen Hause durch mich unterbreitet haben, der dahin geht, die Steuer zwischen den Vereinen und dem Staat zu teilen.

Ja, meine Herren, nun wird man fragen, warum eine Teilung? Es ist die Sache sehr erwogen worden und das schwerwiegendste Interesse Ihnen wird ja die Broschüre bekarnt sein, die auch mir zugegangen ist und die ich durchstudiert habe ist daß den Vereinen mitzuteilen ist, daß sie mit allen Mitteln an der Unterdrückung des Unwesens der Hintertreppenbureaus, wenn ich sie e nennen darf, interessiert sind. Und wenn die Vereine an der Unterdrückung dieser Mißgewächse interessiert sind, so werden wesentliche Vorteile dadurch erreicht. Nach den von uns angestellten Berechnungen ist nicht zu erwarten, daß durch die Teilung der Steuerein—⸗ nahmen ein wesentlicher Steuerausfall für den Staat eintritt. Wir bekommen ja jetzt den sogenannten Vereinstotalisator mit unter das Gesetz. Würde schließlich der Reichstag gegenüber unserem Vor⸗ schlage Nein sagen, was bliebe dann der Regierung übrig? Eine Vereinstotalisator. Wir müssen die ganzen Totalisatoren, die jetzt 1 Million dem Staate einbringen, zu Vereins⸗ totalisatoren machen. Das wäre doch nicht richtig. Ich will wahrlich nicht diesen Weg gehen, ich bin gerade am meisten dagegen vorge— gangen, aber die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen, wenn wir nicht durch eine gesetzliche Regelung auf diesem Wege Mittel schaffen, um die Landespferdezucht zu heben.

Ich komme zum Totalisator als solchem. Es hat mich interessiert, daß in unserer Presse der Entwurf im großen ganzen nicht ungünstig beurteilt ist; wo dies aber geschehen ist, ist es geschehen von Leuten, die keine Ahnung vom Totalisatorbetrieb haben, denen ich das auch gern zugute rechne, weil sie selbst nicht wissen, wie die Sache ist, und einen schwarzen Mann hinmalen, der tatsächlich nicht vorhanden ist.

In der gegnerischen Presse ist in erster Linie der Vorwurf: nun ja, wir bekommen Kollegen des Fürsten von Monaco, hier wird Bank gehalten, dort wird noch für Begräbnisse gesorgt, hier tut man das gar nicht mehr, hier ist man darüber schon hinweg. Ja, was ist denn der Totalisator? doch nichts weiter als die Konsolidierung des

einzige Waffe: der

öffentlichen Wettmarkts, d. h. jeder einzelne ist berechtigt, bis zu einer Summe *, die angeschlagen wird, eine Einlage zu machen. Kein Mensch hält dagegen, weder der Staat

noch der Verein, sondern die Leute unter sich halten ihr Geld gegen einander. (Zurufe links) Ja, liegt denn da ein Bankhalten vor? Ich weiß überhaupt nicht, wie man das herauskonstruieren will. Aber, meine Herren, die Gegner wollten etwas zusammensuchen, und so sind sie zu ganz eigentümlichen Schlüssen gekommen.

Der Totalisator ist in England nicht eingeführt; dort ist der

vollste freie Wettmarkt ohne jegliche Besteuerung. In anderen Ländern wie Frankreich, Oesterreich, Rußland, Australien usw. ist der Totalisator und damit die Steuer. Es ist ja eine Frage, wie weit man die Wetten mit Steuern belegen soll.

In dem Moment aber, wo man dies tut, muß man die Wetten in irgend einer Form unter Kontrolle stellen. Nun ist es eigentüm⸗ lich, zu sehen, daß im freien England kein Mensch einen moralischen

Defekt erleidet, wenn er gewettet hat. Ich möchte mal das hohe Haus fragen ich bin freilich vielleicht viel böser als die meisten im hohen Hause aber ich erinnere mich

von meiner Jugend her, daß, wo ich mit Bekannten zusammen— kam, mir doch einer mal sagte: ich wette, morgen regnets, oder: ich wette, morgen ist Sonnenschein. Und ich glaube, um ein Glas Bier hat im hohen Hause jeder schon einmal gewettet. (Heiterkeit.) Diejenigen, die das nicht getan haben, möchte ich wirklich hier heraus—⸗ suchen. (Heiterkeit) Ja, wenn Sie mir das zugeben, daß uns überhaupt das Wetten viel näher liegt, als Sie glauben, und daß es

viel mehr in die Erscheinung tritt im Lande, so ist es ganz un—

verständlich, wenn hier einfach der Totalisator, der dech nur die Zu⸗ sammenfaltung des Angebots und der Nachfrage, der Vermittler ist, ein Roulette oder trente et quarante sein soll. Es handelt sich tatsãchlich beim Totalisator um eine Wette. Ich bin kein Jurist; ich weiß wohl, es werden Juristen kommen, die mir alles mögliche entgegenhalten vielleicht wird der Herr Abg. Gothein mir eingehende Beweise an⸗ treten. (Heiterkeit) Ja, Herr Abgeordneter, ich erlaubte mir bloß, mich an Sie zu wenden. Meine Herren, lassen Sie uns einmal in die Uranfänge der Wette zurückblicken. Wenn Sie heute einen Versicherungkbertrag über Ihr Mobiliar eingehen, so sagen Sie natürlich: ich als ehrlicher Mann verpflichte mich, nicht ein Feuer anzulegen (Heiterkeit , zugleich sagt der eine: ich halte so viel, und der andere hält dagegen, entsprechend dem Vertrage. Es liegt ja in der Wette, werden Sie mir sagen, der Wunsch der Bereicherung. Gewiß. Der ist vollständig bei der Versicherung aus⸗ geschieden. Aber ich will ein anderes Beispiel anführen. Als die Regierung im vorigen Jahre Old Patrick kaufte, fand sich in London keine Versicherung, die das Tier während des Transports nach Deutschland versichern wollte. Der Hengst kostete über 400 000 6 Da kam man in England auf den Gedanken, die Versicherung auszuschreiben. Und richtig, es fanden sich kleine und große Leute, die Teilbeträge der Ver⸗ sicherung übernahmen, daß der Hengst am so und sovielten Juli v. J. hier in Berlin franko abgeliefert wurde. Versicherungegesellschaften mag man ja hierfür nicht finden, aber die Leute finden sich ad hoc zusammen, indem sie einen kleineren oder größeren Betrag entsprechend der Chance, die sie haben, übernehmen. Das ist schließlich die ganze Frage.

Ich komme zu den Erfahrungen auf diesem Gebiete in Frankreich und Oesterreich. Wir haben nach Frankreich geschrieben, und ich ver⸗ weise da auf die Verhandlungen des corps l6gislatit, weil dort die gesetzgebende Körperschaft sich mit dieser Frage beschäftigt. Die französischen Erperten erklärten: solle die Landespferdezucht nicht in Frage gestellt werden, dürfe man nicht mehr als 890so Steuer vom Totalisator nehmen. In diesem Prozentsatz sind die Beträge für den Staat und die Vereine zusammengefaßt. Also in Frankreich erleidet der Totali⸗

sator zur Zeit eine Besteuerung von 80so, und man er⸗

achtet seitens der Experten eine Besteuerung von 850 nicht

mehr für möglich. Bezüglich Oesterreichs ist uns mitgeteilt, 8

für Staat und Rennvereine eine Besteuerung von 1200 für möglich hält. Wie die Herren aber wissen, werden bei uns 24 0/0 pom Totalisator erhoben. Daraus ergibt sich, daß es tatsächlich un⸗ möglich ist, den Betrieb des Tot isators in der bisherigen Weise zu erhalten.

Nun, meine Herren, komme ich auf den Ausgangepunkt der ganzen Frage zurück. Wie ich schon eingangs sagte, werden wir nun und nimmermehr uns eine edle Landespferdezucht erhalten können, wenn wir derselben nicht erhebliche Mittel zuführen. Beweis dafür: unser Nachbarland, Beweis dafür aber auch die anderen Länder, Beweis insbesondere Nordamerika: Gehen Sie nach Nordamerika und sehen

sich die Entwickelung der Landespferdezucht an, so wird Ihnen überall in die Augen springen, daß sich dort die Pferdezucht auf eigenen Füßen stehend entwickelt hat.

Nun möchte ich an die Gegner der Vorlage folgende Frage richten: wir verwenden Millionen mit Recht für unsere Armee zur Sicherung unseres Landes; noch niemals hat hier im hohen Hause eines der Mitglieder der Budgetkom⸗ mission, der ich ja ftüher auch angehört habe, wenn es sich um die Bewaffnung der Armee gehandelt hat, auch nur daran gedacht, einen Groschen an einem Gewehr oder an einer Kanone oder an

daß man dort n

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einer Befestigung herabzusetzen, weil man sich immer sagte, daß man das nicht verantworten könne. Ich möchte den Herrn Abg. Bebel einmal erinnern an die Zeit, wo wir noch zusammen die ersten Anfänge der Jäger zu Pferde durch⸗ beraten haben. Sie werden sich erinnern, wie wir beide darũber

gesprochen haben, und wie Sie selber sagten: ja, vor allen Dingen grte Pferde für diese Jäger zu Pferde, dann werden diese gut und ordentlich ausgebildeten Leute Ordentliches erreichen. Ja, meine Herren, wenn wir aber diesen Mann auf ein schlechtes Pferd setzen, dann glaube ich, würde selbst die Kunst des Herrn Bebel versagen. (Heiterkeit. ) Also ich meine: aus diesen Gründen, meine Herren, müssen Sie mit aller Energie, wie Sie für die Bewaffnung eingetreten sind, auch für die Reiterei ein⸗ treten, wir müssen diese gut beritten machen. Und, meine Herren, weiter: Man sagt: wozu eine Vollblutzucht? Ja, es ist notwendig, aus dem besten und reinsten Blute die Vater und Muttertiere als Elektoral, wenn ich es so bezeichnen soll, zu nehmen. Wir empfinden es ja darüber dürfen wir uns keiner Täuschung hingeben an uns sel ber, wie leicht, wenn wir keine körperliche Arbeit tun, der Körper eine Kondition und einen Umfang annimmt, die vielleicht über die Kräfte und Fähigkeiten, die wir in uns besitzen, täuschen. Heiterkeit.) So, meine Herren, ist es auch bei den Pferden. können in der Freiheit von der Natur erwarten und verlangen, daß der Minder⸗ starke von dem Starken unterdrückt wird; Sie sehen das, wo immer die rauhe Natur herrscht, wie es früher bei den wilden Pferden ge⸗—

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wesen ist und wie es heute beim Hirsch ist: der stäkkste Hirsch ist der Platzhirsch. (Heiterkeit Und so werden wir

auch zugeben müssen, daß das, was die Natur aus sich selbst hervor⸗ bringt, auf dem Gebiet der Pferdezucht der Mensch durch seine Tätig⸗ keit zu erreichen suchen muß. Glauben Sie nicht, daß es eine künst⸗ liche Erfindung ist, daß man über 200 Jahre die Rennen betreibt, daß man in allen Ländern der Welt sich zu diesem System bekennt; so viele Leute auch in diesen 200 Jahren mit anderen vielleicht

abenteuerlichen und vielleicht auch wunderschönen Vorschlägen hervorgetreten sind: sie haben alle nicht reussiert. Es dreht sich bei den Rennen darum, die Pferde vorzubereiten zu einer hohen Kraftleisting und dann nachher durch die Rennen selbst und durch die Prüfung der Konstitution

zu beweisen, welches Pferd das beste unter den vorhandenen Pferden ist. Man muß sich nicht täuschen lassen; wenn selbst einmal das Gebäude des Pferdes nicht ganz den Leistungen entspricht, auf die Dauer halten sich diese mangelhaften Gebäude nicht, sie sind dauernd nicht in der Zucht zu verwenden und scheiden naturgemäß aus. Aber die Konstitutionsprüfung ist nötig, damit wir uns überzeugen, daß die Jahrgänge wirklich das sind, was sie sein sollen, d. h. im Knochen⸗ gerüst stark, gesund an Lunge und Herz. Darüber wollen wir uns nicht täuschen, wenn auch mancher draußen in den ersten Zeiten dahingesunken ist, gegenüber einem, der vielleicht schwächer war, woran hat das gelegen? In einer Zusammenfassung des Letzten, was er noch zu geben hatte. Ein Pferd von geringer Lebensenergie

schlackert so dahin, Sie können schließlich nichts von ihm verlangen,

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ein Pferd dagegen mit großer Lebensenergie gibt das Letzte hin, um für seinen Reiter das Möglichste zu erreichen. Also ohne Vollblut⸗ zucht keine Halbblutzucht, und ohne Halbblutzucht keine sichere Remontierung der Armee, für die ich wenigstens für einen großen Teil von Deutschland mitverantwortlich bin. Meine Herren, glauben Sie mir, wenn auch die Schriftsteller auseinandersetzen, daß die Tage der Kavallerie gezählt selen, ich glaube es nicht und stimme in dieser Beziehung mit dem Herrn Abg. Bebel überein. (Heiterkeit) Meine Herren, seien Sie davon überzeugt: wir müssen für unsere Reiterei ein Pferd schaffen, was leistungsfähig ist; denn eine Nach richt, die eine Armee eine halbe Stunde früher erreicht, rettet unter Umständen viele Tausende. Eine leistungsfähige Kavallerie bürgt für die Ruhe der großen Armeen, die leider heute zu Gebilden heran— gewachsen sind, daß sie oft gar nicht mehr beweglich für unser Auge erscheinen.

Ich bin der offenen und ehrlichen Ueberzeugung, Sie tun ein gutes Werk an unserm Vaterland, wenn Sie die Mittel bereit stellen, damit unsere Vollblutzucht sich erhält und wieder aufblüht. Die Folgen werden nicht ausbleiben. Sie werden einen guten Ersat für die Armee erhalten, und Sie können sich da niemals dem Vor— wurf aussetzen, daß Sie vielleicht mit den Mitteln gekargt hätten, die einst in der Stunde der Gefahr für unser Vaterland ausschlag⸗ gebend sein können. Ich habe die ehrliche Ueberzeugung: solange die preußische und deutsche Reiterei sagen kann, ich habe ein Pferd unter dem Leib und kenne daher kein Hindernis, soweit der Himmel blau

ist, so lange wird es sicherlich noch um die Sicherheit des Landes

nicht schlecht bestellt sein. (Heiterkeit und Beifall)

Abg. Rettich (d. kons.): 1899 haben wir, um die Flottenausgaben zu decken, die Schaumweinsteuer eingeführt und die Stempelsteuern erhöht; die Wettensteuer wurde in verdoppelter Höhe eingeführt. Einfichtsvolle Leute sagten sich damals schon, daß der Erfolg der Steuer auf Rennwetten sehr zweifelhaft sein würde, und so ist es gekommen. Fiskus und Rennvereine haben eingebüßt, der ungesetzliche Wettbewerb ist dazwischen getreten, und das minderbemittelte Publikum wird in ungeheurem Umfange durch die privaten Wettbureaus ausgebeutet. Die Inhaber sind zwar verpflichtet, ihre Betriebe an⸗ zumelden, aber eine große Anzahl von ihnen tut es nicht, und selbst von den Anmeldern versteuern viele nur einen ganz kleinen Teil

ihrer Einnahmen. Diese ganze unerfreuliche Entwickelung wird noch gesteigert

durch die außerordentliche Schädigung der Rennvereine. Ver ganze Betrieb der Vollblutzucht ist in Gefahr; eine Reihe vor fehr guten Privatgestüten ist eingegangen. Das hat unsere ed Landespferdezucht in höchstem Grade benachteiligt. Die Vorlage wi beffere Ordnung in die Verhältnisse bringen; es sollen dadurch au die Vereinstotalisatoren unter das Gesetz gestellt werden, d. b. ar sie sollen Steuern zahlen, was bisher nichk der Fall war; dafür so Ihnen aber die Hälfte der Steuer überwiesen werden. Ich halte all Vorschlaͤge des Entwurfs einschließlich dieses letzten für gut; ih Durchführung wird die Rennvereine heben und die Privatwettburear beseitigen helfen. Diese im öffentlichen Interesse notwendige Be⸗ seitigung wäre noch eher zu erwarten, wenn der Stempelsteuersatz von 20 Ttwa auf 15 560 herabgesetzt würde. Wir sind geneigt, den Ent⸗ wurf, wie er vorliegt, anzunehmen. Auf andern Seiten besteht der Wunsch nach Kommissionsberatung; wir würden dem allerdings nicht entgegen sein; hoffen aber, daß die Verabschiedung noch in dieser Session erreicht wird.

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Abg. Singer (Soz.): Gerade aus denselben Gründen der öffentlichen Sitts, Moral und Ordnung, aus denen der Vorredner

für das Gesetz eintrat, erklären wir uns dagegen. Herr Rettich ist der Ansicht, alles, was den agrarischen Interessen dienen kann, müsse unbekümmert um Moral und dergleichen angenommen werden; alles was dem entgegen ist, ist aus Gründen der öffentlichen Moral zu bekämpfen und zu vernichten. Herr Rettich will von diesem Gesetz für agrarische Zwecke Vorteile berausschlagen. Der Minister für die Land— wirtschaft hat uns allerlei scherzhafte Sachen über das Wettgebeimnis mitgeteilt, aber eine eigentliche Begründung hat er für die Vorlage nicht beigebracht. Daß die Landespserdezuchk aus öffentlichen Mitteln unterstützt werden muß, ist nicht zu bestreiten, aber wie diese Unter⸗ stützung durch ein unmoralisches

Spiel,

Mittel, Weite und Spiel, erfolgen

soll, ist mir unverständlich. Die Begeisterung des Ministers für den Totalisator beweist, wie tief der Standpunkt ist, von dem

man solche Dinge heute zu verteidigen, sucht. Der Minister scheint den preußischen Etat nicht zu kennen, sonst müßte er wislen, daß di

Landespferdezucht nicht einzig und allein auf die Einnahmen aus dem

Totalifator angewiesen ist. Zur Förderung der Landespferdezucht werden doch in Preußen über 5 Millionen ausgegeben. Ich

stehe ja dem Totalisator fremd gegenüber, aber ich habe den Eindruck,

daß der Minister als ein zu genauer Kenner des Totalisators kein rechtes Urteil über die Sache abgeben kann. Seiner Ver—⸗

ficherung, daß er kein Jurist sei, glaube ich aufs Wort. Es handelt sich hier, sagt er, um eine Konfolidierung des öffentlichen Wett marktes. In den Händen der Regierung ist das ein unsittliches Ver— fahren. Aufgabe der Regierung wäre es, Dinge, die eine öffentliche Kalamität sind, zu beseitigen, und das ist eben der Totalisator. Die Regierung scheint aber zu glauben: non olet. Hat sie denn gar keine Empfindung dafür, daß sie sich in den größten Wider⸗ fpruch zum Bürgerlichen Gesetzbuch stellt, wenn sie den Totalisator schützt? benutzt die Förderung der Landespferdezucht doch nur als Deckmantel. In der Verurteilung der Wettbureaus sind wir mit der Regierung und dem Vorredner einig. Ich zweifle nur, ob es gelingt, durch die Fassung des 3 das Verbot durchzusetzen, denn es wird nur das geschäftsmäßige und öffentliche Wetten“ be⸗ troffen, gelegentliche, private Wetten sind also erlaubt, wodurch gerade in Kreisen der Offiziere und Beamten Unheil angestiftet werden kann. Außerdem werden heute zum Schein Rennvereine gegründet, um das

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Wetten zu ermöglichen. Sie sind vielfach nichts anderes als berpuppte Spielklubs. Daß solche Vereine geeignet sind, um

die gewonnenen Erträge nur für die Zwecke der Tandespferdezucht zu verwenden, ist mir doch zweifelhaft. Die Regierung will nun zwar den Vereinen eine Steuer auferlegen, aber mit ihnen halb Part machen. Die Agrarier bekommen damit eine neue Liebesgabe. Man siehl: die Agrarier wissen aus allem Kapital zu schlagen, und sie kündigen der Regierung die Freundschaft, wenn sie ihnen, wie be⸗ züglich der Handelsverträge, nicht den Willen tut. Derselhe Kultur⸗ standpunkt, der zur Schließung der Spielbanken geführt hat, sollte nicht zur Beförderung, sondern zum Verbot des Totalisators führen, der eine Quelle der Unsittlichkeit ist. Das Reich darf seine Steuern por der öffentlichen Moral bestehen

nur aus Quellen erheben, die r können. Wer den Rennplatz besucht, verfolgt nicht etwa ideale Inter⸗

essen, von denen der Minister sprach. Nein, der Rennplatz ist nur eine Aufreizung der übersättigten Nerven. Man weiß doch, was für Leute fich auf dem Rennplaz und am Totalisator zusammenfinden. Diesen das Wetten zu erleichtern, liegt keine Veranlassung vor.

Preußischer Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten von Podbielski:

Ich möchte hier vom Platze aus dem Herrn Abg. Singer antworten.

Zunächst, Herr Abgeordneter, glaube ich, sind Sie in einem kleinen Irrtum, wenn Sie glauben, in diesem Falle die Agrarier mit der Vollblutzucht zusammenbringen zu sollen. Diese Beiden haben keinen Zusammenhang. Ich bin bereit, dem Herrn Abgeordneten eine Zusammenstellung derer, welche Gestüte bei uns halten, zu zeigen. Da wird er sehen, daß sehr reiche Leute unserer haute finance, die gar nichts mit der Landwirtschaft zu tun

haben, sich auch Gestüte halten; daneben bestehen Staatsgestüte, z. B. in Braunschweig. An den verschiedensten Stellen unseres Vaterlandes sind derartige Unternehmungen, die aber von Jahr zu Jahr weniger werden. Also es ist nicht richtig, dieser Sache hier einen agrarischen Mantel umhängen zu wollen. Dabei liegt anscheinend eine Verwechselung vor der edlen Landetpferdezucht mit der Vollblutzucht, die durch Abhaltung der Rennen gefördert werden soll. Man kann wegen der erheblichen Kosten nicht alle die Tausende von Pferden, welche die Landespferdezucht produziert, prüfen, sondern man nimmt die Spitzen heraus, und diese Spitzen sind die Vollblutpferde, diese unterwirft man einer Prüfung. Also es handelt sich nicht um eine agrarische Vollblutzucht, auch wahrhaftig nicht um eine Liebesgabe. Bei den Wettrennen besteht die Oeffentlichkeit, und es entscheidet der Sieges⸗ pfahl, der unweigerlich dasteht und sagt: du bist inter pares der Beste. (Heiterkeit) Ja, da ist doch von Arbitrage nach irgend einer Richtung nicht die Rede; es handelt sich wahrlich nicht um Liebesgaben.

Nun hat der Herr Abgeordnete ja die Freundlichkeit gehabt, auf unsere gemeinsame frühere Tätigkeit zurückzukommen. Ich kann dem Herrn Abgeordneten eines zurückgeben. Er sagte: Ich habe noch nie am Totalisator gewettet. Ich kann ihm antworten: Ich glaube, ich

habe es auch noch nicht getan. (Heiterkeit) Ich bin nur als Aussichtskommissar für sämtliche Totalisatoren im Lande tätig gewesen und habe darüber gewacht,

daß auch nicht das geringste beim Totalisator vorgekommen ist. Ich kann nur wünschen, daß die Herren einmal in das Reichsschatzamt hineingingen und bis in die 80er Jahre zurück untersuchten, ob jemals seitens der Reichsfinanzbehörden diesen Betrieben gegenüber an irgend

einer Stelle der Vorwurf erhoben worden ist, daß wir einen

nur jedes Zweifel über die Summe herrscht, die wir am Abend zu leisten haben, die auch stets pünktlich und ordnungsmäßig abgeführt wird.

Nun sagte weiter der Herr Abgeordnete: „es sei unsittlich, Mittel zur Förderung öffentlicher, als notwendig anerkannter Zwecke durch un⸗ moralische Anstalten aufzubringen“. Ich glaube, dieser Satz, wie ich

ihn vorgelesen habe, wird sich in dem Stenogramm des Herrn Abg. Singer vorfinden; so habe ich ihn wenigstens aufgeschrieben. Ja, wenn dieser Satz zutreffend ist, Herr Abgeordneter,

dann durften Sie doch im Jahre 1900 der damaligen Steuergesetz⸗ gebung gar nicht zustimmen; das Unheil ist ja erst durch die Steu setzzebung entstanden. (Sehr richtig! rechts) Dann mußten Sie damals sagen: nein, weg mit diesen unmoralischen Anstalten, wir mit ihnen zu tun haben! (Zurufe links.) Wir werden es ja nachsehen können, ob Sie dagegen gestimmt haben. (Heiterkeit) Ich lasse es dahingestellt sein. Ich wollte nur hervor— heben, daß die ungünstigen Verhältnisse in der Vollblutzucht sich seit 1900 entwickelt haben. Wollen Sie weiter bedenken, daß die un— günstigen Zustände hinsichtlich der Priwatwettbureaus gar nicht in dem Maße eingetreten wären, wie ich sie nach jeder Richtung hin schildern könnte, wenn eben nicht der Anreiz zur Hinterzie hung der Steuer gewesen väre, und zugleich der Anreiz die Leute auch mit kleinen Beträgen zu den Wetten heranzuzizhen. Ich möchte den Herrn Abgeordneten fragen: jemand, der auf den Rennplatz hinausfährt, sich draußen ergehen und erfieuen will, der hat, ehe er bis zu dem Totalisator herankommt, 4 bis 5 d ausgegeben; er will sich amüsieren, Bier trinken usw. Das gebe ich zu. Aber daß jemand auf einen Jockey setzt, weil er eine gelbe Jacke an hat, das kann ich nicht glauben. Meine Herren, gewiß, es kommen auf die Rennplätze Leute, die ich auch nicht dahin wünsche, die nicht das Interesse haben, das für die Rennen nötig ist. Aber ich bin überzeugt, daß,

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denn der Herr

Abg. Singer zwei⸗ oder dreimal draußen mit mir wäre (große Heiterkeit), würde er meiner Meinung zustimmen.

Ich möchte dem Herrn Abgeordneten einmal die Frage vor⸗

legen: würde es z. B. zwischen uns beiden so sehr unmoralisch 9 3 ; 6 sein, wenn wir jetzt eine Wette eingingen? Ich habe nach

meiner Ansicht in meiner ersten Rede gesagt: im preußischen Etat war für die Veranstaltung von Wettrennen etwa 1 Million Mark auf⸗ gewendet, während das in anderen Staaten nicht der Fall ist. Der

Herr Abgeordnete sagt: das hat der Minister nicht gesagt. Es

also Behauptung gegen Behauptung. Würde das nun etwas so Böses sein, wenn einer zum andern sagte: ich wette, ich habe Recht!? (Große Heiterkeit.) Das sind Sachen, die sich hie im Hause häufig abgespielt haben, und ich möchte fragen, ob die Herren wirklich der Meinung sind, daß wir damit

ein Verbrechen gegen die Moral begehen der Herr Abgeordnete hat es ja so hingestellt —, wenn wir eine solche Wette eingehen? Wir müssen doch auch nicht zuviel die Moral in den Vordergrund schieben. (Große Heiterkeit.)

Nun sagt der Herr Abgeordnete weiter: die Rennplätze eine Ueberreizung der Nerven, hervorgerufen durch die Wetten. Ja, Herr Abgeordneter, bitte, lesen Sie doch die alljährlichen Berichte aus dem großen Nachbarlande, welches sich einer alten Konstitution erfreut, aus England, wie piele Parlamentsmitglieder alljährlich beim Derby zugegen sind, wie sie da mit Mann und Maus hinausziehen auf die Rennylätze. In Frankreich, der von Ihnen gewiß geschätzten Republik, waren nach den Berichten, die in den Zeitungen gestanden haben, im vorigen Jahre zwei Drittel des Corps lagislatif draußen beim Rennen um den Grand prix de Paris iu sehen. Sehen Sie denn die alle als Verbrecher oder als Trottel mit überreizten Nerven an? (Große Heiterkeit Also, wozu solche Schlagwörter? Ich meine, Herr Abgeordneter, alle diese Leute haben doch auch ein Verständnis für die Verhältnisse auf den Rennbahnen. (Große andauernde Heiterkeit.) Meine Herren, ich bin der Ueberzeugung, daß die Leute in anderen Parlamenten auch ein Verständnis für Moral besitzen, und daß man infolgedessen doch nicht so scharf urteilen sollte, wie es hier seitens des Herrn Abg. Singer geschehen ist.

Nun hat der Herr Abg. Singer meinen Dank aussprechen vollständig zugegeben, daß wir im Interesse der Armee einer guten Landespferdezucht bedürfen. Aber, meine Herren, von jener Seite wird immer wieder betont: ja, die Mittel sollten die Interessenten aufbringen! Gewiß, meine Herren,

bilden

und dafür möchte ich ihm

aber es handelt sich doch hier um eine Leistung für den Staat, es handelt sich darum, daß die Landwirte, die in der Landespferdezucht, nicht in der Vollblut⸗

zucht stehen, die Pferde produzieren, die für die Remontierung unserer Armee notwendig sind. Ja, meine Herren, diese Leute waren und sind noch gezwungen, wie die Verhältnisse jetzt liegen, Opfer zu

bringen; dem hohen Hause sind die Petitionen und die Auseinander⸗

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setzungen bekannt, die sich seit den 80 er Jahren in jedem Jahre über die Erhöhung der Remontepreise hier wiederholt haben, ein Beweis dafür, daß die Sache heute schon nicht mehr geht. Aber um wie viel mehr hapert die Sache an der Spitze der Pferdezucht, das heißt bei der Vollblutzucht!

Nun, meine Herren, ist ja der Herr Abgeordnete auch vollständig einverstanden, daß die Wettbureaus unterbunden werden; da bewegen wir uns auf völlig gleichem Boden. Der Herr Abgeordnete sprach davon, ich solle die Privatwetten verbieten. Ja, ich habe mir schon erlaubt, ihm die Frage vorzulegen, ob nicht in aller Harmlosigkelt innerhalb weniger Monate einmal jeder von ihnen zum andern sagt:

ich wette, daß es morgen regnet oder schneit oder irgend etwas. Ja, meine Herren, das gehört doch nicht in ein Gesetz hinein! (Heiterkeith

Ich sollte meinen: wenn der Herr Abgeordnete konsequent wäre, müßte er dahin kommen, zu sagen: wir wollen den freien Wettmarkt von England gestatten. Ob Ihnen diese Konsequenz aber nachher recht wäre, bezweifle ich, und ich kann nur immer wieder s

agen: e handelt sich nicht darum und darum ist auch der Herr Abgeordnete in seinen Schlußfolgerungen nicht richtig und logisch verfahren —, daß die schwachen Reichskassen, wie er sagt, eine Bereicherung ode luffũ gm erfahren.

ö. Nein, Herr Abgeordneter, es ist möglich, daß Reichskasse, wenn der Entwurf Gesetz wird, wird, aber jedenfalls einen so geringen, das nicht erwachsen. Wenn ich dem Herrn Reich kommen wäre, daß aus

J. 2 r* * * 77 54 nahmen hervorgehen soll,

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licheren Blicken empfangen worden. Davon if Rede, sondern es soll nur von den Einnahmen di bleiben Nun hatte ich angenommen, der Herr Abg. Singer würde viel schärfer in der Verurteilung der Sache sein, aber ich bin ihm wirklich dankbar, daß er mir zugegeben hat, es handle sich in der Pferdezucht⸗ frage um eine Landesverteidigungsfrage. Da Sie hier ja gesagt haben, so werden Sie auch noch einmal ja sazen d die Mittel für die ie es ermöglichen, daß ? f

Vollblutzucht bereitstellen lassen, d diesem Gebiete mit den anderen Staaten mit Erfolg zu konkurrieren vermögen.

ü 16 94 ö 5 1 ö 66 22 Dann möchte ich noch etwas aus meiner ersten Rede nachholen.

Es könnte mir nämlich entgegengehalten wer vozu die R ; kauft doch die Pferde im Auslande. Das ist vielleicht im ersten Moment denkbar, tatsächlich ist es aber unausführbar, weil Vollblut bereits ein internationaler Marktartikel ist. Die wenigen Pferde, die noch zu verkaufen sind, werden von Jahr zu Jahr bei steigendem Bedürf teurer und sind kaum noch zu bejahlen. Ich gebe ehrlich zu, wenn ich in der Presse mich habe beschimpfen lassen, daß ich für eine ander Sache nicht 50 S geben wollte, für einen Hengst wie Ard Patrick aber 420 000.4 und für seinen Bruder 280 000 ö

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nicht gewesen ist. Ich habe ere. d

8 * 1 andes 8 landes, damit unsere Landespfer . 39m o sasle * Rakor Pferde dienen sollen, wieder gehoben nicht in der Lage, uns vor

* 22 E n Hengsten jäh

an guter e rlich das hohe Haus

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der Landespferdezucht das Gese ett Luft schöpfen kann, und dami sinke lassen braucht. Denn wie die Verhältnisse jetzt liegen, mus die Voll blutzucht im Laufe weniger Jahre ihrem Untergange entgegengehen. (Beifall und Heiterkeit.)

Abg. Fritzen⸗Düsseldorf (3entr.) Ich beantrage, die Vor⸗ lage der Budgetkommission zur Forberatung zu überweisen. Ich fasse die Sache nicht so tra isch auf wie Herr Singer, wenn ich Jauch nicht ein befonderer Freund der Rennen und Yes Totalisators bin. Aber sämtliche Sachverständige halten Nie Wettrennen für notwendig zur Förderung einer guten Vollblutzucht Die Begleiterfcheinung mit dem Zusammenfluß zweifelhafter männ⸗ sicher und namentlich weiblicher Personen muß man da mit in' den Kauf nehmen. Wir haben den Totalisator einmal, und er wird bleiben, möge man die Vorlage annehmen oder ablehnen. Wir baben auch die Steuer, und ich begreife nicht, warum man die Hälfte nicht zur Förderung der Pferdezucht verwenden soll. Die

Vorlage hat auch bureaus unterdrückt werden, Gewerbetreibenden ja besonders gefährlich sind. Es h nicht darum, Einnahmen aus dem Totalisator für schaffen. Diese Einnahme besteht schon. Es sol dieser Einnahmen zur Förderung der Pferdezucht verwen Ich glaube, daß mit diesem Gesetz etwas durchaus Nüt schaffen werden kann.

Abg. Hagemann (nl): Auch wir stehen den rathisch gegenüber und schließen uns dem Antrag auf tu der Budtetkommission an. Die Wettgeschäfte werden in Barbierstuben,

für sie unter den

in Kneipen, in Zigarrenläden betrieben, und es

m Gesetz sym⸗

Beratung in

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. 2 U.

kleinen Leuten eine höchst veiwerfliche Propaganda gemacht. Der kleine Mann, der Handwerker und Arbeiter verstehen vor der Sache

felbst, von der Qualität der Pferde usw. ge ts; sie sind den Unter⸗ nehmern dieser Bureaus auf Gnade und Ungnade ausgeliefert, und sucht ein solcher mit den Einnahmen das Weite, so haben jene einfach das Nachsehen. Diese Privatbureaus müssen also beseitigt werden. Eine allzu lobenswerte Einrichtung ift der Totalisator gewiß nicht; ber die Leidenschaft des Spiels ist nicht ausiurotten, und da, ist es doch mit Freude zu begrüßen, wenn sie in verständiger Weise ein⸗ gedämmt und zurückgehalten wird. Die Landespferdezucht muß auch zus dem Grunde der Erhaltung der Webhrkraft des Vaterlandes unterstützt werden. Neue Steuern wollen wir dafür nicht aufbringen; die Steuerkraft der Bevölkerung muß geschont werden. Die Totali⸗ falorfteuer aber ist gewissermaßen eine freiwillige Steuer; weshalb foll nicht dersenige, der sich das leisten kann, auf den Rennplatz zu gehen, einen gewissen Zuschlag zur Hebung der Landes pferdezucht be⸗ zahlen? Darin kann ich etwas so Ünmoralisches nicht sehen. Nicht die Ägrarier, sondern gerade auch die haute Kinange besitzt die größten HRennftälle; mit dem Vorwurf des agrarischen Charakters also kann man das Gesetz nicht diskreditieren. Abg. Dr. Ablaß (fr. Volkep.):

.

Der Entwurf gibt sich den An⸗ schein, die Wetten einzudämmen und die Landespferdezucht zu fördern. In der Begründung aber ist ausdrücklich zu lesen, daß die Vorlage die Verminderung der Reichteinnahmen aus dem Totalisator ver- hindern foll; ist das beabsichtigt, sa wird doch erwartet, daß sich bie Einnahme aus dieser Steuer an sich verdoppelt. Dann soll man aber doch nicht diese Mäntelchen der Vorlage umhãngen. Aus dem Vorgehen der Reichsregierung ersehe ich nur, daß die Privatbureaug nach der Ansicht der verbündeten Regierungen eine ganze Menge fette Bi'sen schlucken, die der Fiskus lieber für sich haben möchte; alfo nicht allein die Kirche, sondern auch der Fiskus hat einen guten Magen und kann auch Unrechtes verdauen. Mit einem gewissen weist die Begründung auch darauf hin, daß in Frankreich und

ü. Neid

anderswo ganz andere Summen aus diefer Steuer herausgeholt