1904 / 107 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 06 May 1904 18:00:01 GMT) scan diff

ines Konkurses, nicht der g der Grundlagen können Durch sein Ürteil über lt beweist der Abg. Müller t. Er wird doch zugeben müssen, flicht hat, und daß er, wenn er die ihm unwiderleglich s scheint mir,

Mann nichts hat, ist eben die Folge se Strafvollstreckung.

Sie an den Tatsa das Disziplinarverf er mich nicht ver ein Anwalt eine Wahrheitsp langen Prozeß geführt hat, nachgewiesen sind, auch gegen ß daß der Anwalt dem macht hat, getragen hat. Brehm einen reichen er vor dem Konkurs stand. vollkommen richtig dargelegt und betra

estnahme durch Polizeiorgane, es ist eine hne Grundlage in der Strafprozeßordnung. Widersprüche ein bedenklicher

man bezieht es auf die F sdrucksweise o Unklarheiten und und Genossen eingeschlichen, Verfolgung Gesetzten verlangt wird. des Verfahrens anderes als die Wie dem Eventualantrag findet sich der liegt auch dann vor, wenn kein drin Dieser ist nicht nur sprachlich ungerechtfertigt; kann jedoch trotz unserer erklären, daß wir die Gesetzesvorlage der Geheimrat Paulsse

die Verschlebun en selbst nichts ä

Entschädigung Nicht gedeckt ist damit den Staatsanwalt. erherstellung der Vorlage. merkwürdige Satz: „Unschuld Verdacht mehr besteht“.

Einstellung

Antrag ist nich gelien lasss'n muß. E

Muller gar nicht die Mitteilungen ge— chriftsätze hier als Tatsachen vor— at der Abg. Müller den ist aber nachgewiesen, daß abe in meiner ersten Rede, alles chte die Sache fuͤr mich jetzt als

wie weit die Rechts⸗ dneten nach. Die Un— icht gleichgültig sein. daß samtliche Rechtsanwälte in Zivilprozeß tischer Inkeressen be⸗ einen Richter weil er Regierungs⸗ Ich erinnere nur an Beim Zolltarif hat das n wie hier. che Pflanzen, den ewig unannehmbar erklärt, und Ob das Zentrum falsch der Weizen der Sozial⸗

Achtung ver⸗ Altenburg!) Entschädigung nachweisen, daß wir bei der haben? Machen Sie doch n der Tat die V Beschluß aufrecht erhalten, verbessern, so soll

sondern daß dieser die S Nach dem Stenogramm

weiß machen wollen. Mann“ genannt; es

ner politischen Freunde Nachdem gestern zführlich behandelt hat, Mitglied des Verwahrung einlegen. Der Angeklagten an⸗ nicht für Nebensächlichkeiten, enn er, was ich nicht glaube, doch kein Dis⸗ ein Ehren⸗

man kann nicht schwarz Bedenken namens mei

n den Fall Brehm au . ; Dieser Fall zeigt,

sogar den Abgeor älte kann uns doch n

Abg. Stadthagen: verfolgung geht. abhängigkeit der Rechts anw Vorhin ̃ist mir mitgeteilt worden,

ie er es schilderte, Man spürt

selbstloser Arbeit des t nicht erwiesen, auch Unrichtiges berichtet hat. attung gefärbt hätte, so könnte man gegen ihn einleiten, Ein solches Ehrer urteilung nicht kommandieren lassen. sich solidarisch erklären gegen e Auch heute noch gilt der Grundsatz: j dafür, daß die Grundl

freien Anwaltsstandes, w Rechtsanwalt ha genommen. dem Druck kapitalis

teidigen, weil sie sich unter daß gegen

Wo werden Sie finden, . rverfabren eröffnet worden wäre, Unrichtiges mitgeteilt die Begründung der Zuchtha Zentrum durchau Regierung hatte den Pflastersteinzo doch hat das Zentru oder richtig schritt,

demokratie blüht immer.

Zentrum durch seine jetzige eren wird oder nicht. ich Ihnen etwa hier be für unschuldig erlittene Altenburger Wahl glänzend abge einmal den Versuch, ob die Regier lehnen wird, wenn Sie Ihren ersten f Anträge in irgend einer Weise kommt es nur auf das Prinzip an, So unfruchtbar

seine Berichterst ziplinarperfahren gericht stellen.

sondern ihn nur vor richt würde sich zu einer Ver—⸗

Die deutschen Anwälte müssen lchen Versuch der Disziplinierung. ustitia fundamentum regnorum!

agen des Rechts nicht erschüttert

Wir sind ja solche Angriffe von der gerichtet worden sind, je mehr sie in ihrer ises auf Mißerfolge

Verlegenheits⸗

Dis ziplina beamten etwas

s nicht dieselbe Stellung eingenomme Quebrachozoll, den auf italienif

Sorgen wir

Itschert (Zentr.): Linken, wie sie beute wieder gegen uns die Herren greifen um so lieber dazu, innerhalb und außerhalb diese den Sozialdemokraten: zerlegenhestsphrase hat ihre Rechtfertigung durch Wir stimmen für die unveränderte Vorlage Gründen, die gestern hier entwickelt worden ursprüngliche wir haben diese nicht für eine Verbesserung der Die Bedenken des Abg. Storz gegen den siftiert‘ teilen wir durchaus. Bargmann (fr. Volksp.): Dem Protest Einleitung des Disziplinarverfahrens gegen d in des Abg. Müller⸗Meiningen ge an wir fehen darin eine Bedrohung der Unabhängig⸗ Iltftandes und indirekt eine Bedrohung der Immunität n Anträgen werden wir e Vorlage eintreten. Mangelhaftigkeit

ll für unannehmbar, m daran festgehalten.

ist für uns gleichgültig; Es ist also auch gl Abstimmung im Lande an Zuruf im Zentrum 1Gesetzentwurf über die die Tatsachen gefunden. Untersuchungshaft aus den realxolitischen Herr Stad Kommission Vorlage halten

orlage ab⸗

Wollen Sie unsere es uns recht sein; uns Dr. Müller Meiningen:

wie der weimarische Vertreter meint. Lehren ziehen und formale V

n follten. Ich habe hier allerdings Beruf eines

ist die Sache Die Debatte derbesserungen des nicht als Richter Abgeordneten Richter, sondern on Weimar

des Kollegen Storz en Rechtsanwalt, vesen ist, schließße wir aus ihr ; Gesetzes mache gesprochen. in die Debatte zu ziehen. als Vertreter des Volks zu sprechen behauptet immer wieder, ich hätte ein ich mich in der esgerichts von Jena von 1899 geh habe ich auch an das Mitleid des Hauses in solchen Fallen auch etwas hat vollkommen handelt, für den ich ganz allein auch ohne jedes

der der Gewährer ich mich durchaus keit des Rechts anwe der Reichs tagsmitglieder. Den sozial demokratische beistimmen, aber, wenn si Die Bedenken d des Prinzipalantrags der durchschlagend ansehen. auf Beseiligung der Worte s Die Kommission hatte j Staatssekretãr Seine Gründe

Es ist auch nicht Sitte, den Ich habe hier nicht als Der Vertreter v eitig Schriftstücke benutzt. Ich Hauptsache an den alten habe.

lehnt werden, für di es Abg. Storz über die technische Sozialdemokraten den Eventualanträgen ist derjenige, der „durch Beschluß des Gerichts“ abzielt, der a auch diese Worte in ihrer ersten hat dieser Aenderung ein hatten in der ersten aber das absolute Nein Wir meinen, diese Streichung Ebenso würde ich wünschen, daß 1ꝶentsprechend dem ursprünglichen

habe gesagt, des Oberland

. Mein Gewährsmann nteresse eines armen Menschen ge⸗ Nebeninteresse auf⸗

Mensch sein. Lesung gestrichen. bona fide ir absolutes Nein gegenübergestellt. Lesung der Kommission en wurde leider von ihm auf müsse unbedingt beschlossen werden. der letzte Satz des Absatzes? des 8 Kommissionsbeschlusse formuliert wird.

Abg. de Witt (3entr.) wende Abg. Mommsen in der letzten ließ und fübrt dabei aus; He der Schlußabstimmung mit uns gehen; Es erinnert mich ein wenig an da ein Weilchen, d und es ist alles wieder gut.“ Regierungen nicht zwingen, wenn sie

ichts Ueberzeugendes; . as ist ja der Aerger der Herren von der

sschaft Gelegenheit hat, gewisse Dinge ite als sie zu sehen. Anwaltskammer zu mißbra steht auf der Stufe des Terrorismus, mit ter den Abg. Müller auf seine Richter

Abg. Heine (Soz. Bureaukratie, daß die Anwal auch einmal von einer anderen S die Diszixlinarbefugnisse der Anwalt stumm zu machen, dem der Bundesratsvertre qualität hingewi

Abg. Kirs Regierungen die

Kommissar des Bundesrats, Reichs justizamt Dr. von Tischen

Damit schließt die Debatte.

alantrag Auer wird abgelehnt, ch der Vor

ifrecht erhalten. Der Versuch, uchen, um einen

sich gegen die Angriffe, die der ung dem Zentrum zu teil werden Jeoömmsen erklärte selbst, er werde in wie kommt er dann zu solchen Mädchen im Volks⸗ ann spitzt sie das Mäul⸗

er hoffe, daß die verbündeten s anerkennen. . berregierungsrat im

ch (Zentr) erklärt, e Vererblichkeit des Anspruche Geheimer O

dorf bestätigt das.

Angriffen? ed: „Und sie ziert sich noch chen, dann küßt si ? entrum kann die Auch beim Zolltarif ist das nicht gescheben; Vorschlägen stehen, und der Reichstag war tdorff zurückzuziehen. auch hier die traditionelle Politik des Spatz in die Hand zu nehmen, wenn sie

durchaus nicht die Regierungen

gejwungen, desgleichen der

Der Prinzip 11 lage mit großer

Eoentualantrag. Der 8 1 wird na Mehrheit angenommen. Der S 2 lautet nach den Beschlüssen der Kommission zweiter Lesung: Der Anspruch auf Entschädigung ist Verbastete die Untersuchungs robe Fahrlässigkeit rerschuldet hat. Einlegung eines Rechtsmittels

blieben bei ihren

ausgeschlossen. wenn der lich herbeigeführt Die Versäumung der eine Fahrlässigkeit zu

haben meine Be haft vorsätz

nicht widerlegt.

daraus drieben, ist nicht als

ch habe eine solche Behauptung ie Sache aufgestellt. nn ausgeschlossen werden, wenn die zur Unter⸗ t des Verhafteten eine grobe Unredlichkeit sich geschlessen bat oder in einem die freie szustande begangen

Der Anspruch ka suchung geiegene Ta oder Unsittlichkeit in Willen sbestimmung ausschließenden Trunkenheit oder wenn aus den Tatumständen Verbrechens oder Vergehens vor—

200 000 0 die Autorisation zu erhalten, Herrn Geheimrat Paulssen nicht erhalten.

2 *

habe mich an ihn gewe meine Information werden iist, Verbaftete die Verübung eines bereitet hatte.

Der Anspruch kann auch dann ausgesch Verbaftete zur Zeit der Verhaftung sich nich lichen Ehrenrechte befand Verhafteten auf ten zwei Jabre auf Ueberweisung

Auch in der

lossen werden, wenn der t im Besitze der bürger⸗ t stand, oder wenn

2

aufnahmeverfahren, alle sucht worden; jedenfal Wechselfãlschu Durch die Er et Sache eine viel allgemeinere ist geeignet, por allem das Vorgeher

oder unter Polizeiaufsich Grund des 8 362 des Strafgesetzbuches an die Landes⸗ Das gleiche gilt, orden ist, und seit der

Sachsen Weimar hat innerhalb der letzten zwe eibehörde rechtskräftig erkannt worden t Zuchthaus bestraft worden ist. 3 Jahre noch nicht verflossen sind.“

Müller⸗Meiningen ö de Bestimmung zu ersetzen: auf Entschädigung ist ausgeschlossen, wenn der hatte, jemand zu einer falschen sich der Zeugnispflicht zu entziehen, gerichtliches oder

zerbaftete mi Verbüßung der Strafe

meinen Gewähr mann weg Wir brauchen die In

Der Abg. beantragt, Absätze 1 und 2 durch folgen Der Anspruch Angeschuldigte Aussage oder dazu zu verleiten, oder wenn der Angeschuldigte außergerichtliches sonst absich! Strarverfahrens veranlaßt hat.“ Abg. Dr. Müller⸗Meiningen s aus, daß der Antrag der Kommi Es müßten die Tatbestande festgestellt werden, u bezeichnen seien. Abg. Froh sätze 2 und 3 dur füt den Fall der Abl

z lksvertreter nachzukommen; i

ine Suspendierang der wich t Durch ein solches Ve a die Arme, die behauvten, nur

1 57tTen Nolks⸗

unternommen

durch ein unwahres, gerichtliches od er Tat oder durch eine falsche Selbst⸗

Geständnis der Tat ode lich die Einleitung oder Fortsetzung des

4 egenüber der ra

Vor der Beschränkung

Dor . brt zur Begründung sei Tausende von Post⸗ U Beni , .

ssion viel zu allgemein gefaßt die als unsittlich

mit ihren Abge dieser Freiheit

e

Petitionsrechts, ibrer Petitionzfre

wirklich die Kritik der Verwaltungsm abbalten? Ja, der Vertreter von Sachsen⸗W Aber es ist doch klar,

edeutet habe. einen solchen? es uns überlegen, ob wir nicht die Geschäf

angel durch solche Abschreckungen eimar lacht höhnisch. rungen gezogen werden könnten, ch namens meiner Partei gegen Äbschreckung Einspruch erheben. Wir werden tsordnungskommission mit

(So) befürwortet namens seiner Partei, die Ab⸗ ch den Antrag Müller⸗Meiningen zu ersetzen, und ebnung jenes Antrags dem § 2 folgenden ten wahrer ihm bekannter Tat— heblicher Tatsachen und Beweis—⸗ Fen den Anspruch der Ent—

daß die Folge 3 iuß strei Ich muß au Das Bestrei ngen uner

sachen sowie das Vorbringe . liche tschuldigten schlie

mittel von seiten des Ang schädigung nicht aus.“ beantragen Absatz 1 die Worte „oder schuldet“ zu streichen.

Der § 2 wird unverändert nach den Beschlüssen der Kommission angenommen.

Der 8 Z bestimmt, daß Gege eistenden Ersatzes der für ihn di Vermoͤgensschaden sein soll.

üller⸗Meiningen kefürwortet einen Antrag, n adens, der nicht Vermögensschaden sei, Verhaftete eine billige Ent— in dieser Beziehung auf in Sefterreich und auf das gesetz zeberische n Zeit gegeben hätten. se Bestimmung annehmen würde, Stellung dazu

Sozialdemokraten, durch grobe Fahrlässigkeit ver⸗

lerdings in dem Abg. zöge den Richter nicht Er trägt immer Schriftsätzen des verwertet den

nstand des dem Verhafteten durch die Untersuchungshaft entstandene

Abg. Dr. M welchem auch wegen des Sch also auch wegen idealen Schadens der schädigung verlangen dürf einige einschlägige Fälle Beispiel hin, das sie in der letzte ch die Regierung diese deten Regierungen bisher eine ablehnende nicht eingenommen haben.

Redner weist

ind daran die Regierungen hoffen, da

nnen können, die in ähn—

Staatssekretär des Reichsjustizmts Dr. Niebe rding: Meine Herren! Der Herr Vorredner hat richtig bemerkt, daß von seiten der verbündeten Regierungen irgend eine Erklärung über die Unannehmbarkeit einer solchen Bestimmung, wie sie jetzt zur Debatte steht, bisher nicht abgegeben worden ist. Ich habe auch heute keine formelle Ermächtigung zu einer solchen Erklärung, aber ich habe nach meiner Kenntnis der Verhältnisse die Ueberzeugung, und ich stehe nicht an, sie hier bestimmt auszusprechen, daß, wenn das hohe Haus auf den Antrag eingehen sollte, die Vorlage die Zustimmung der verbündeten Regierungen nicht finden wird. Ich weiß nicht, ob das hohe Haus dies Risiko laufen will; ich kann nur entschleden abraten, auf den Antrag einzugehen.

Meine Herren, ich will nicht darauf hinweisen, daß dieser Antrag eine Fassung hat, die, wenn wir ihn gebracht hätten, uns jedenfalls von jener Seite (links) den Vorwurf zuziehen würde, daß wir uns hier wieder einmal außerordentlich vage, oder, wie uns so gern ent⸗ gegengehalten wurde, kautschukartig ausgedrückt hätten. Wenn wir eine Bestimmung vorschlagen wollten, daß dem Entschädigungsberechtigten eine (billigen Entschädigung zustehen soll, so würde man uns von jener Seite bemerken: wie kann man eine solche kautschukartige Bestimmung dem Reichstag überhaupt vorlegen! Aber wie gesagt, ich will auf diesen Gedankengang nicht weiter ein⸗ gehen; für uns ist der Antrag schon aus prozessualen Gründen, und zwar deshalb unmöglich, weil das Verfahren, das durch den Entwurf vorgesehen ist für die Fälle des materiellen Schadens, in keiner Weise paßt für diejenigen Fälle, in denen es sich um den ideellen Schaden handelt. Würden wir eine Bestimmung der hier vorgeschlagenen Art in den Entwurf aufnehmen, so würde es nach meiner Meinung ganz anderer prozessualer Vorschriften über die Feststellung des Schadens usw. bedürfen. Vor allem würde es nötig sein, die Frage, was im einzelnen Fall als ein ideeller Schaden anzusehen ist, wie hoch die Entschädigung im Einzelfall nach Billigkeit zu bemessen ist, einem einzigen Gerichtshof für das ganze Land zuzuweisen, ähnlich wie in Oesterreich ein oberstes Gericht in den Enschãdigungsstreitigkeiten nach schuldloser Strafhaft entscheidet. Bei uns entscheiden aber die einzelnen Gerichte im Lande, und wenn wir diese in dem Verfahren, das der Entwurf für die Festsetzung des materiellen Schadens vorsieht, worüber sie zu entscheiden durchaus in der Lage sind, auch hier ohne weitere Direktive entscheiden lassen wollten, dann würde das zu voll⸗ ständigem Wirrwarr führen.

Nun, meine Herren, hat der Herr Vorredner auf einen Vorgang in Oesterreich hingewiesen in einer Weise, daß leicht die Meinung entstehen könnte, als wenn es sich dort um eine Ergänzung des bestehenden Rechtes über die Entschädigung unschuldig Verhafteter handele.

Meine Herren, in Oesterreich besitzt man ein Gesetz, wie wir es hier beraten, überhaupt noch nicht. Es kann also die Frage, die hier aufgeworfen worden ist, bei der Entschädigung der unschuldig Verhafteten in Oesterreich überhaupt nicht debattiert werden. Im österreichischen Parlament hat man einen Antrag gestellt, der eine Ergänzung des österreichischen Gesetzes über die Entschädigung un⸗ schuldig Verurteilter bejweckt, und zum großen Teil darin seinen Grund hat, daß die Entschädigung, die das österreichische Gesetz für die Fälle unschuldiger Strafhaft bewilligt, enger begrenzt ist als die Entschädigung nach unserem Gesetz von 1898. Das, meine Herren, ist ein so großer Unterschied, daß man auf den Vorgang im öster⸗ reichischen Parlament gar nicht hinweisen kann. Es handelt sich in dem öfterreichischen Reichsrate nur um eine sehr allgemeine Anregung. Der österreichische Herr Ministerpräsident hat diese Anregung zwar wohlwollend beantwortet, aber in einer Form, die erkennen läßt, daß noch viel Wasser durch die Donau laufen wird, bevor in Wien ein Gesetz, wie es der Herr Vorredner im Sinn hat, zustande kommen wird. Gegenüber einem so ausgezeichneten, in der ganzen Welt anerkannten Juristen wie dem Antragsteller im Wiener Parla⸗ mentshause war es natürlich und geziemend, daß der Herr Minister⸗ präsident feine entgegenkommenden Worte gebrauchte. In der Sache selbst aber, meine Herren, ist von der österreichischen Regierung nichts Bestimmtes zugestanden worden, und wenn sie sich ihrer Verantwort⸗ lichkeit, wie ich überzeugt bin, gegenüber den Konsequenzen des ange⸗ regten Gedankens bewußt ist, kann sie auch nichts Greifbares zugestehen. Es ist leicht, als Antragsteller seinem guten Herzen den freien Lauf zu lassen; es ist aber eine ganz andere Sache, wenn man als Ver— treter der Regierung eine praktische Verantwortlichkeit für den Austrag einer solchen Frage übernehmen soll, und die Rede des österreichischen Herrn Ministerpräsidenten, auf die der Herr Vorredner hier anspielt, läßt sehr deutlich erkennen, daß er dieser Verantwortlichkeit sich wohl bewußt war.

Meine Herren, der Herr Vorredner ist auf die materiellen Be⸗ denken, die einer solchen Ergänzung unseres Gesetzes entgegenstehen würden, nicht weiter eingegangen. Ich beschränke mich deshalb auf diese Bemerkungen und kann Sie nur dringend bitten: lehnen Sie den Antrag der Herren ab!

Abg. Stadthagen erklärt, er schließe sich dem Antrage Müller in der Fassung an, daß auch wegen des Schadens, der nicht Vermögens⸗ schaden fei, eine billige Entschädigung in Geld verlangt werden könne. Der Vorwurf, daß diese Bestimmung eine Kautschukbestimmung sei, fönnte mit demselben Recht auch dem Bürgerlichen Gesetzbuche gemacht werden, das eine ähnliche Vorschrift wegen der Freiheitsentziehung entbalte. Die Carolina, für die katholische Juristen eine besondere Vorliebe hätten, stehe höher als der 3 des Kommissionsbeschlusses. Der Reichstag sollte nicht rückschrittlicher sein als die Carolina, denn der 5 3 habe einen plutokratischen Charakter.

Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieberding:

Meine Herren! Ich möchte einer Ausführung des Herrn Vor⸗ redners widersprechen. Er hat dem 5 3 einen plutokratischen Charakter zugewiesen und hat behauptet, daß die Ergänzung des Paragraphen, der jetzt in Frage steht, wesentlich den ärmeren Klassen der Bevölkerung zugute kommen würde. Meine Herten, gerade das Umgekehrte ist der Fall. Wenn es sich um den ideellen Schaden handelt, der infolge einer Verhaftung für den durch die Haft betroffenen Menschen eingetreten ist, so wird dieser ideelle Schaden der Regel nach um so größer sein, je höher und angesehener die Stellung der von der Haft betroffenen Persoönlichkeit ist. Die Armen

und Elenden, die meistens von der Haft betroffen sind, werden einen großen ideellen Schaden nicht nachweisen können. Für die Armen und Elenden wollen wir vornehmlich sorgen, indem wir Ihnen den F 3 vorschlagen. Je gesicherter ein Mann in seinen wirtschaftlichen Verhältnissen sich befindet, je höher seine Stellung im Leben ist, je ausgiebiger für seine Existenz gesorgt ist, desto weniger wird er

.

Ansprüche erheben können auf Grund der gegenwärtigen Bestimmung des Entwurfs, wonach für den materiellen Schaden, der infolge der Haft eingetreten ist, eine Entschädigung gewährt werden soll. Denn den Höherstehenden wird durch die Haft ein materieller Schaden ver—⸗ hältnismäßig selten entstehen; dagegen wird den kleineren Leuten aller— dings ein materieller Schaden in erheblichem Umfange der Regel nach erwachsen. Deshalb ist die Bestimmung des Entwurfs nicht pluto— kratisch, wie der Herr Vorredner behauptet hat, sondern das Gegen⸗ teil trifft zu.

Wenn Sie aber die Bestimmung ergänzen durch eine Vorschrift, daß auch für den idealen Schaden eine Entschädigung gewährt werden soll, dann kann einem sehr wohl die Frage nahetreten, ob eine solche Bestimmung nicht im plutokratischen Sinne wirken würde. Denn, wie gesagt, je kleiner die Verhältnisse sind, in denen der Verhaftete lebte, um so mehr Wert hat er auf den Ersatz des materiellen Schadens zu legen. Je günstiger und höher im Leben derjenige steht, der durch die Haft betroffen ist, destd mehr Wert wird er ju legen haben auf den Ersatz des idealen Schadens. Also wenn diese Bestimmung hier abgelehnt wird, dann werden im wesentlichen nicht die ätmeren Teile der Bevölkerung betroffen, sondern im Gegenteil, die Interessen der Bessersituierten werden da—⸗ durch in Mitleidenschaft gezogen. Ich kann also unbedenklich Ihnen empfehlen, den Antrag abzulehnen, ohne daß Sie zu befürchten brauchen, damit den ärmeren Klassen einen besonderen Nachteil zu bereiten.

Meine Herren, erlauben Sie mir bei dieser Gelegenheit, Ihnen doch auch noch ins Gedächtnis zu rufen, wie denn der Reichstag früher zu dieser Frage gestanden hat. Die Frage ist für den Reichstag keineswegs eine neue; er hat verschiedene Male und zum Teil auch recht ausgiebig diesen Punkt in seine Diskussion gezogen. Wie lagen denn bei solchen Anlässen die Verhältnisse? Nun, meine Herren, im Jahre 1883 hat eine Kommission des Reichstags über diese Frage verhandelt und sich, dahin schlüssig gemacht, daß Ent— schädigung nur gewährt werden soll für den materiellen, nicht für den ideellen Schaden. Im Jahre 1886 hat eine Kommission und im Anschluß daran das Plenum des Reichstags mit dieser Frage sich beschäftigt, und beide haben wiederum dahin entschieden: für ideellen Schaden soll kein Ausgleich gewährt werden, nur für den materiellen Schaden. Im Jahre 1888 brachte von jener (linken) Seite des Hauses der Abg. Munckel einen Antrag ein, der sich auf den materiellen Schadensersatz beschränkte. Im Jahre 1890 hat von derselben Seite des Hauses der Herr Abg. Träger einen Antrag ein— gebracht, der ebenfalls nur den materiellen Schaden ins Auge ge— faßt hatte. Als wir Ihnen im Jahre 1895 die Strafprozeßordnung vorgelegt hatten, da wurde dieser Punkt zur Diskussion gebracht in bezug auf die zur Strafhaft Verurteilten, die Entschädigung erhalten sollten für unschuldig erlittene Strafhaft. Die Frage ist auch damals erörtert worden. Die Borlage der Regierung enthielt nicht den Vor⸗ schlag einer Entschädigung für den idealen Schaden, und der Reichs— tag hat damals diese Stellung der verbündeten Regierungen gebilligt. Im Jahre 1898 endlich haben Regierung und Reichstag bei dem Gesetz über die Entschädigung für unschuldig erlittene Strafhaft sich auf den gleichen Boden gestellt. Meine Herren, Sie bleiben also vollständig in der Tradition des Reichstags seit mehr als 20 Jahren, wenn Sie den Antrag der Herren Antragsteller ablehnen, und darum bitte ich Sie wiederholt.

Abg. Bargmann tritt den Ausführungen des Staatssekretärs entgegen. Die Gesetzgebung dürfe doch nicht auf einem früher ein- genommenen Standpunkt stehen bleiben.

Abg. Stadthagen führt aus, daß den Armen die Beschränkung der persönlichen Freiheit schwerer treffe als den Wohlhabenden.

Der § 3 wird unter Ablehnung der Anträge Müller⸗ Meiningen und Stadthagen unverändert in der Fassung der Kommission angenommen.

Der 8 4 der Kommissionsbeschlüsse bestimmt, daß die Ver— pflichtung der Staatskasse zur Entschädigung von dem Gerichte gleichzeitig mit seinem den Verhafteten freisprechenden Urteile durch besonderen Beschluß Bestimmung getroffen werden soll. Erfolgt die Einstellung des Verfahrens gemäß 8 185, Absatz 2, der Strafprozeßordnung, so entscheidet über die Verpflichtung zur Entschädigung der Amtsrichter, welcher den Haftbefehl er⸗ lassen hat. Die Staatsanwaltschaft legt zu diesem Zwecke die Akten mit ihrer Erklärung dem Gerichte vor. Der Beschluß ist dem Verhafteten durch Zustellung bekannt zu machen. Er unterliegt nicht der Anfechtung durch Rechtsmittel.

Der Abg. Dr. Müller-Meiningen beantragt hinzu— V Unterhaltungsberechtigten des V

„Den Unterhaltungsberechtigten de f is Be⸗

schluß durch ie mn. , e e k

Aufenthalt dem erkennenden Gerichte bekannt ist.“ ;

Dieser Antrag wird angenommen und mit diesem Zusatz der 5 4 nach Ablehnung 6 weitergehenden ien angenommen, ebenso der 5 5 ohne Debatte.

Der 86 setzt die Frist, bis zu der ein Entschädigungs— anspruch bei der Staatsanwaltschaft des Landgerichts, in dessen Bezirk das Verfahren in erster Instanz anhängig war, geltend gemacht werden darf, auf 3 Monate fest. . .

Abg. Bargmann will die Frist auf 6 Monate verlängert wissen. Abg. de Witt (Zentr) erklärt sich namens seiner Freunde damit einderstanden.

Der S 6 wird mit dieser Aenderung angenommen.

Der Rest des Gesetzes wird ohne Debatte nach dem Beschlusse der Kommission angenommen.

Die Abstimmung über die von der Kommission vor— geschlagene Resolution, betreffend die Entschädigung der im staatganwaltlichen Verfahren unschuldig Verhafteten, wird in der dritten Lesung erfolgen.

Hierauf vertagt sich das Haus.

Schluß gegen 6i/ Uhr. Nächste Sitzung Freitag 1 Uhr. (Schleuniger Antrag wegen Einstellung des Strafverfahrens gegen den Abg. Bruͤhn, Resolution Gröber, betr. Aenderung des Militärstrafgesetzbuchs, Petitionen.) ö

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 67. Sikung vom 5. Mai 1904, 11 Uhr. Ueber den Beginn der Sitzung, in der die erste Be⸗

ratung des Gesetzentwurfs, betreffend die Herstellun und den Ausbau von Wasserstraßen, e wird, 1 in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Nach dem Abg. von Bodelschwingh erhält das Wort

ö Abg. Dr. von. Woyna lfreikons); Es wird ja nicht leicht sein, Ihre Aufmerksamkeit von den von sittlichem Ernst getragenen Worten dieses Veteranen der Arbeiterfreunde wieder auf das eigentliche thema probandum zuräckzuführen. Der Abg. Rewoldt hat im Auftrage meiner Fraktion mitgeteilt, daß die Meinungen in dieser Fraktion geteilt selen. Ich will seine Erklärungen dahin ergänzen, daß eine nicht unansehnliche Minderheit unserer Fraktion Kanal— freunde sind. Ein Teil ist es ar Sori, cin anderer in egnereto, und sie glauben, wie die übrigen, Freunde der Vorlage, daß es das Allerverkehrteste wäre, diese Vorlage mit neuen Wünschen zu bepacken, daß es vielmehr das Richtigste wäre, im Inter⸗ esse ges Durchhringens der Vorlage sich auf das zu konzentrieren, was die Regierung hier bietet. Bei der gegenwärtigen Vorlage hat die Regierung in loyaler Weise alle die Einwendungen berücksichtigt, die in früheren Perioden gemacht worden sind. Gerade die Provinz Sachsen hatte sich auf das heftigste gegen den Bau des Mittel⸗ landkanals gestraubt. Jetzt beschränkt, sich die Vorlage auf das Stück bis Hannover. Einige fürchten, andere verlangen, daß der Kanal weiter gebaut wird. Ich meine nun, daß wir uns ech auf, das konzentrieren, was die Vorlage bringt. Gestern at der Finanzminister uns in glänzender Rede die Entwickelung des Verkehrs im rheinischen Industriegebiet geschildert und dapoꝛ gewarnt, aus Zahlen unrichtige Schlůũsse zu ziehen. Ich gehe noch einen Schritt weiter und sage: es ist jammerschade, daß man nicht mehr Gewicht auf die Gesetze des Verkehrs und auf seine Philosophie gelegt hat. Dann würde es ohne weiteres eingeleuchtet haben, daß ver. schiedene Verkehrsmittel, die nebeneinander liegen, sich niemals gegen— seitig den Verkehr entziehen, sondern ihn potenzieren. Es ist grundverkehrt, wenn man Gebiete, die von Natur, durch Klima und ihre Bewohnerschaft zusammen gehsren, nicht in erster Linie als Ganjes zusammen läßt. Derselbe Fehler ist auch mit den Differentialzöllen gemacht worden. Es wird in der Vorlage zusammengeschweißt, was zusammen gehört. Darum treten meine Freunde, die mit mir einer Meinung sind, für diese Vorlage ein, aber auch nur für diese Vorlage. Doch haben wir auch einige Bedenken. z. B. gegen den Dortmund-Rhein⸗Kanal in seiner Ausführung. Das Induftriegebiet verschiebt sich, und deshalb werden meine Freunde entschieden dafür eintreten, daß auch die Lippe mit kanalisiert wird. Ferner halten wir die Frage der Weser⸗ kanalisierung noch nicht für geklärt. Die Anlieger haben an der Weser schon traurige Erfahrungen gemacht, man muß deshalb den Bremern ganz energisch, auf die Finger sehen. Es ist eingewendet worden, daß vielleicht die Interessenten nachher bestrebt sein werden, von, den übernommenen Lasten sich wieder zu befreien. Die in Betracht kommenden Provinzen werden aber gern geneigt sein, auch für das veränderte Projekt die Beiträge zu über⸗ nehmen. Die Provinz Hannover wird nicht dieses Projekt ablehnen, das von so großem Vorteil für die Provinz ist. Es sprechen auch politische Gründe für die Vorlage. Was hat die Kanalfrage bisher gebracht? Nur Streit und Zank in jeder Partei und nicht nur hier im Hause, sondern auch draußen im Lande. Ist das erfreulich, daß wir uns im ganzen Lande 20 Jahre lang in den Haaren liegen 2 Das muß ein Ende haben. Wir werden nicht als schwankende Gestalten, wie Herr Broemel gestern meinte, sondern mit festem Schritt auf die Seite der Kanalfreunde treten.

Abg. Wallbrecht (nl. ): Schon vor 20 Jahren, noch unter dem Minister von Maybach, beschäftigten wir 9 mit . fragen. Die Herren Schlesier kommen aber und wollen neue Bauten haben. Hamburg hat große Vorteile vom Nord--Qstseekanal; deshalb muß jetzt auch einmal für Hannover etwas geschehen. Wir Han— noveraner sind bescheidene Leute und sind nie mit Kompensations⸗ forderungen gekommen, wir wollen aber auch gerecht behandelt werden. Früher unter den Kurfürsten war es wohl erklärlich, wenn man Kirchturmpolitik trieb; aber wenn man sich die Forderungen aus Breslau ansieht, ist es heute eigentlich nicht anders. Es handelt sich darum, ob wir gegenüber anderen Nationen konkurrenzfähig bleiben wollen. Deshalb freue ich mich über die entschiedenern Erklärungen der Minister, daß wir vorwärts müssen und nicht zurück. Die Wasserstraßen sind für unsere Landwirtschaft, Handel und In— dustrie notwendig, wenn wir nicht im Wettbewerk zurückbleiben wollen. Wer die wirtschaftlichen Verschiebungen in den letzten 30 Jahren be— trachtet, muß sagen; die Welt ist anders geworden. Wenn wir Großes erhalten wollen, müssen wir auch von großen Gesichtspunkten ausgehen. Man hat früher gegen manche Eisenbahnlinie gesprochen, damit die Fuhrleute nicht geschädigt würden. Im allgemeinen sind die Wasserfrachten um 100 ½ billiger als die Eisen bahnfrachten. Wenn wir keinen Wasserstrang, in Hannover bekommen, geht unsere Industrie zurück, oder wir müssen solche Ausnahmetarife erhalten, daß die Eisenbahnen Schaden haben. Der liebe Gott hat unser Land mit so guten Strömen gesegnet wie kein anderes Land. Der Mittellandkanal wird wiederkommen, et muß kommen. Was die Bremer mit der Weser tun werden, wissen wir freilich nicht, aber das Projekt der Anlegung von Staubecken in der Weser von Minden bis Hameln ist gut; hoffentlich wird es dadurch möglich werden, auch die Weser von Hameln bis Münden schiffbar zu machen. Der Dortmund Rhein. Kanal ist ein sehr rentables Unter, nehmen, es muß aber mit einem anderen Teil des Kanals zusammen ein wirtschaftliches Ganzes bilden. In der Kommission werde ich beantragen, auch einen Stichkanal nach Hildesbeim zu bauen. Ich halte es für eine Ehrenpflicht des preußischen Staats, der Provinz Hannover in dieser Weise zu helfen.

Abg. Graf Moltke (freikons, auf der Tribüne sehr schwer ver⸗ ständlich: Der Mann, dessen Namen zu tragen bolt Ehre . hat gesagt: Die Frage lautet nicht: Eisenbahnen oder Kanäle, sondern! Eisenbahnen und Kanäle. An große Dinge muß man mit großen Gesichtspunkten herantreten; aber bei so weitreichenden Projekten die weit über unsere Zeit hinaus ihre Wirkung haben, muß man auch mit der nötigen Vorsicht vorgehen. Große Dinge kann man nicht im Sturm erobern. Wenn ich an die Einzelheiten der Vorlage herantrete, so mache ich durch meinen Enthusiasmus einen Strich. Aus den bisherigen Debatten schöpfe ich die Hoffnung, daß es doch noch zu einem befriedigenden Ergebnis kommen wird. Der Finanz minister sagt, die Schlesier hätten schon Kompensationen durch den Oder⸗Spree⸗Kanal und anderes bekommen. Aber Schlesien ist schon von der Natur disparitätisch behandelt, es liegt wie in einen Sack eingeschlossen und reicht nicht hinein in, den großen Weltverkehr. Der Redner erörtert dann die Frage, ob die Kanäle den Eisenbahnen Konkurrenz machen, in verneinendem Sinne, wänscht aber auch, daß eine Eisenbahntarifreform vorgenommen werde, damit der Verkehr zwischen. Produzenten und Konsumenten durch Tarif⸗ ermäßigungen erleichtert werde. In der Kommission möge man wohl Wäünsche äußern, aber nicht Anträge stellen, um die Sache nicht zu erschweren. Der Staat werde sich nicht der Notwendigkeit entziehen können, solche Gebiete, die ein wesentliches Glied in unserem pro— duktiven Leben darstellen, wie Schlesien, das. Mosel— und Saar⸗ gebiet, mit Verkehrseinrichtungen zu versehen, die sie zur Konkurrenz im Inlande und mit dem Auslande befähigen. Vorläufig mache ja die Regierung eine etwas verschamte Miene, aber sie werde schließlich doch weitere Forderungen erfüllen müssen. Ein Hauptbedenken, fährt der Redner dann fort, soll sein, daß nach dem Bau des Dortmund. Rhein⸗Kanals Rotterdam und Amsterdam unseren großen Auslandshäfen Konkurrenz machen würden. Aber waz tut es denn, daß der Verkehr dort sich hebt, wenn gleich;eitig auch unser Verkehr wächst? Unfer wirtschaftlicher Gegner ist nicht Holland, sondern Amerika. Man sollte doch die kleinen Bedenken sallen lassen. In einer russischen Zeitung wurde vor wenigen Tagen bon der franko-russischen Allianz gesprochen (der Redner verliest die betreffende Stelle) als einem Werk, daz auf der Verwandischaft der Herzen zweier Völker beruhe, die troz vorübergehenden Pulverdampfes das Gefühl ihrer Zusammengehörigkeit bewahrt hätten. Ich glaube, daß auch wir von rechtz und von links uns auf einem einheitlichen

Boden zusammenfinden können, um zur wirtschaftlichen Hebung unseres

Landes beizutragen und die Schranken fallen zu lassen, die jetzt noch

den Verkehr hemmen. Dann werden wir auch in wirtschaftspolitischer Beziehung der Zukunft getrost entgegensehen können. . Abg. Oe ser (fr. Volksp.): Fast alle Redner haben sich mehr oder weniger auf den Boden der Vorlage gestellt, die Regierun auch; ob sie aber nicht lieber sich auf einen anderen stellte, will i nicht untersuchen. Die Kanäle sollen nicht mehr zeitgemäß sein, und doch ist gerade das Ausland jetzt zum Bau von Kanälen und zum Ausbau seiner Wasserstraßen geschritten. Finanztechnische Rücksichten können nicht mehr geltend gemacht werden, und auch das in der Vor⸗ lage fehlende Schlußstück des Kanals würde so hohe Kosten nicht ver⸗ ursachen. Was die Konkurrenz zwischen Kanälen und Eisenbahnen betrifft, so ist jetzt nachgewiesen, daß ein Kanalbau nicht nur den Wasserverkehr, sondern auch den Eisenbahnverkehr befruchtet. Was uns zu Kanalenthusiasten macht, ist, daß eine Reihe von Verkehrs⸗ möglichkeiten durch den Bau ven Wasserstraßen eröffnet und ent⸗ wickelt werden kann. Das Streben unserer Zeit geht dahin, die Entfernungen abzukürzen. Wirtschaftlich kürzen wir die Entfernungen durch Ermäßigung der Frachten ab. Eine ganze Reihe Materialien. die bisher wertlos oder minderwertig sind, bekommt durch den Fanal einen Markt, ähnlich wie durch die Einführung des Fünfzigpfennigpostpaketverkehrs die Morchel der. Wälder Ast⸗ preußens einen höheren Wert erhalten hat. Die Wasserstraßen kommen nicht ausschließlich der Industrie zugute, sondern auch der Landwirtschaft, die bvoluminöse Güter herstellt und ver— frachten muß, und in der Vorlage sind Andeutungen vorhanden, daß man der Landwirtschaft eventuell noch- weiter entgegenkommen wird. Die Regierung hat, sich geweigert, den. Mittellandtangl aus privaten Mitteln bauen zu lassen; sie würde sonst die Tarifhoheit aus der Hand geben, und es würde der Eisenbahn eine Konkurrenz erwachsen. Wenn sie aber die Herstellung des Kanals aus Privatmitteln ver= weigert, dann hat sie ihrerseits die Pflicht, ihn mit ihren Mitteln herzustellen. Man spielt hier in den Verhandlungen eine Provinz gegen die andere aus, dadurch zerfasert man das ganze Staatswesen. Auch wir hätten mancherlei Kompensationen zu fordern, wie den Aus— bau des Mainkanals bis Aschaffenburg, die Kanalisation der Lahn usw. Es werden hier auch Kompensationen geltend gemacht, die nicht den losesten Zusammenhang mit der Kanalvorlage haben, wie z. B. die Kündigung der Handelsverträge. Die Handelsverträge werden schon wieder außer Kraft sein, bedor der Kanal fertig ist; durch eine Kündigung der Handelsverträge wärde unser wirischaftliches Leben so erschüttert, daß wir zu einem Kanalbau nicht mehr schreiten könnten und er uns auch nichts mehr nützen könnte. Gegen eine Erhebung von Abgaben auf den abgabenfreien Strömen spricht der zesunde Menschenverstand. Wenn man aber, wie Graf Limburg. Stirum es befürwortete, die nachträgliche Einziehung von Zinsen für die Hergabe von Kapital zum Ausbau dieser Flusse verlangt, fo würde der rundfatz von Treu und Glauben eine schwere Schädigung erleiden. Die Kom⸗ munen würden dann manche Ausgaben nicht gemacht haben. Es müßte dann auch die Verzinsung von Kapitalien verlangt werden, die zur Landesmelioration verwendet sind. Dem Osten tut nichts so dringlich not, wie eine Durchsetzung mit gewerblichen Unternehmungen. Aus diefem Grunde und um sein Getreide etappenweise nach dem Westen schaffen und teurer verkaufen zu können, sollte der Osten für den Mittellandkanal sein. Mit dieser Vorlage behalten wir immer noch zwei getrennte Wirtschaftsgebiete im Westen und Osten. Der Kanal wird bei Hannover an die „Leine“ gelegt, und dort soll er liegen bleiben. In der Kommission müssen wir das fehlende Stück des Mittelland⸗ kanals wieder anzusetzen suchen. Es fragt sich, ob das fehlende Stück ein Hundeschwanz oder ein Eidechsenschwanz ist. Wenn man einem Bunde den Schwanz abschneidet, wächst dieser nicht wieder; aber die Eidechse ist ein boshaftes Tier, wenn man dieser den Schwanz ab schneidet, wächst er immer wieder. Jedenfalls müssen wir in der Jommission dafür sorgen, daß nicht eine Schranke gegen den Bau der Strecke Hannover Magdeburg aufgerichtet wird. Die Dezentralisation der Industrie ist das Beste für das Land. Das politische Moment, daß die Arbeiter und die gewerblichen Unternehmer auf dem Lande sich ansiedeln können, scheint mir für die Kanalgegner ausschlaggebend zu sein. Herr von Bodelschwingh machte einen Unter= schied zwischen Germanen und Nichtgermanen und schien dabei an einen Minister zu denken. Aber die Kreise, die er meinte, haben sich in der Wohltätigkeit nicht zurückgehalten. Der Kanal wird jetzt à la carte serviert; aber Minister von Miquel sagte zuerst, die Kanal⸗ vorlage solle nicht à la carte genossen werden, und es sollten keine Kompensationen gefordert werden. Es gibt in der Kanalfrage keinen Standpunkt. den die Regierung nicht eingenommen hätte, aber auch ö. . sie , . hatte. Graf Yiülow hal das schöne Wort gebraucht: „Ich bin kein Konsequenzenmacher. Wenn er also etwas nicht so kann, versucht er es anders. Aber wir sind konsequent und werden erst abwarten, ob das Kanalschiff wohnlich gemacht werden wird, ehe wir einsteigen. Erst der ganze Mittellandkanal würde dem Vaterlande zum vollen Segen gereichen.

Minister für Handel und Gewerbe Möller:

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Men Deren! Ich habe leider heute morgen hier nicht an wesend sein können und daher erst jetzt Gelegenheit, auf eine Be⸗ merkung zurückzukommen, die heute morgen, wie mir gesagt wurde, von dem Herrn Abg. Engelbrecht gemacht worden ist, in Wiederholung von ähnlichen Bemerkungen, die von zwei Herren Vorrednern bereits früher gemacht waren. Das ist die Frage der Bodensenkungen in den Berg- werksdistrikten.

Meine Herren, zunächst hat, wie mir erinnerlich ist, der Herr . zu , . dieses Bedenken geltend gemacht. Er hat dabei ins besondere einen Widerspruch hervorgehoben, der bestehe zwischen der Begründung für das Gesetz über die Emschertalregulierung und der jetzigen Vorlage in ihren Motiven. Meine Herren, das ist ganz natürlich, weil die damaligen Motive für die Emschertal⸗

vorlage sich gegründet haben auf ein älteres Gutachten des Oberbergamts in Dortmund, das noch nicht Rüchsicht

nehmen konnte auf ein neu eingeführtes Verfahren, die Dehlrãume in den Bergwerken durch Sandverspülungen auszufũllen. Dieses Verfahren ist erst in der allerneuesten Zeit in Deutschland zur Einführung gekommen, insbesondere durch einen sehr verdienstvellen Direktor in einer Privatgrube in Oberschlesien ausgebildet worden, dort aber seit mehr als zwei Jahren in Betrieb mit dem allerbesten und allervollkommensten Erfolge.

Diese Methode, die Hohlräume in den Bergwerken auszufüllen, ist für den Bergbau selbst von der allerhöchsten Bedeutung; in Ober⸗ schlesien ganz besonders, weil bei den sehr mächtigen Flözen, die daselbst vorkommen, dort Flöze von 5 m, ja selbst von 6 und? m und darüber hinausgehend, jetzt mehrfach Kohlen fast bis zu 50 0se sitzen bleiben müssen als Sicherheitspfeiler, weil die Verbauung mit dem früher hinausgeförderten Gestein allein nicht hinreichte. Durch die Einführung dieses neuen Sandspülverfahrens, bei dem die Boden senkungen dort vollständig aufgehoben werden, wird es möglich sein, die gesamten Kohlenschätze Oberschlesiens zu heben, die jetzt, wie gesagt, zu einem erheblichen Prozentsatz, in manchen Gruben bis zu 50 0, haben verloren gehen müssen. Aehnliches ist bereits in den westlichen Provinzen im Gange, und ich habe keinen Zweifel, daß man auch dort in erheblichem Maße zu diesem Spülverfahren übergehen wird, und, soweit dies in jenen Gebieten, durch die der Kanal geführt werden wird, nicht ge— schehen sollte, freiwillig, im eigenen Interesse der Bergwerksbesitzer selbst, würde die Bergwerksverwaltung vollständig in der Lage sein, durch bergpolizeiliche Verordnungen die Herstellung eines derartigen Spülversatzes herbeizuführen.