reisprechung, der Offier als Verteidiger des Angeklagten für Be⸗ . plädiert bat. Das Militärgericht hat den Mann freigesprochen. Es gibt also auch komische Anwälte in Offizierskreisen, Wenn der Herr Generalleutnant von Endres gemeint hat, die Disziplin in der Armee werde durch uns gefäbrdet — er hat uns zwar nicht genannt =, so möchte ich ihn darauf hinweisen, daß anerkanntermaßen die Sozial ⸗ demokraten gute, brauchbare, ihre Pflicht erfüllende Soldaten sind. Wenn Sie die Ursachen der Abneigung gegen die Armee beseitigen wollen, fo sorgen Sie dafür, daß die Mißhandlungen verschwinden.
Bevollmächtigter zum Bundesrat, Königlich bayerischer General⸗ leutnant Ritter von Endres? Auf die letzten Erörterungen des Vorredners will ich nicht eingehen, sie sind oft genug hier im Hause verhandelt und beruhen auf der gänilichen Verschledenbeit unserer grundlegenden Lebensanschauungen. Der Gegensatz zu natürlich ist künstlich“, und den Abg. Singer halte ich allerdings für einen künst⸗ lichen Anwalt. . . .
Abg. Hagemann (nl): Die Debatte ist in eine ganz schiefe Bahn gelenkt; waz hat die Resolution mit den Mißhandlungen zu tun? Wir glauben, daß die Strafen gegen Untergebene ju hoch sind, und wollen deshalb die Spannung jwischen Strafmaximum und Minimum erweitern. Das Kriegsgericht soll ja nicht gejwungen werden, unter das Mindestmaß herabijugehen. Aus diesem Grunde kann ich nicht anerkennen, daß eine Erschütterung der Dis iplin ein⸗ treten könnte.
Abg. von Kardorff: Der Abg. Singer hat sich gewundert, daß ich mich hier der Meinung der Militärverwaltung unterwerfe, i hätte doch fonst meine eigene Meinung den Herren gegenüber. Das ist richtig, aber die Armee ist ein Gegenstand, bei dem ich mich sehr hüte, eine eigene Meinung zu haben, die von der der Armeeleitung abweicht. Die Armee ist der roehêr d6 bronze, der das Deutsche Reich zu—⸗ sammengeschweißt hat und es erhält. Nun hat der Vorredner aus⸗ geführt, das Gericht habe ja die volle Freiheit, auch auf höhere Strafen zu erkennen. Das kann ich doch nicht zugeben. Wenn es sich um eine allgemeine Revision des ganzen Militärstrafprozesses handelte, dann würde ich ganz geneigt sein, mildernde Umstände, soweit es über⸗ haupt angängig ist, einzuführen, aber es in einem einzelnen Punkte zu tun wie hier, ist mir doch einigermaßen bedenklich.
Hierauf wird der Kommissionsantrag gegen die Stimmen der Deutschkonservativen und der Reichspartei an⸗ genommen.
Es folgen Berichte der Petitionskommission über Peti— tionen.
Die Petition, betreffend Erhöhung der Ruhegehälter der Standesbeamten, der inaktiven Offiziere der deuischen Armee und Marine und der älteren Marine⸗ kapellmeister, werden dem Reichskanzler als Material überwiesen.
Der Kaufmann Scharnberger in Regensburg hat um Abänderung des Süßstoffgesetzes an den Reichstag petitioniert. Er bittet um Erteilung der Erlaubnis zur Ein⸗ fuhr und zum Verkauf von Süßstoffen aus der Fabrik Sandoz— Basel und zum Verkauf des von ihm in zollamtliche Ver⸗ wahrung gegebenen Süßstoffes. Die Kommission beantragt, die Petüion dem Reichskanzler als Material zu überweisen.
Abg. Rimpau (nl empfieblt dagegen Uebergang zur Tages. ordnung. Gehe man auf das Petitum irgendwie ein, so würde das Deutsche Reich wieder mit Saccharin überschwemmt werden. Der Hinweis auf die ungebührliche Verteuerung des Süßstoffes könne nicht durchschlagend sein.
Abg. Speck (Zentr) führt aus, man habe die Folgen des Gesetzes doch bei seiner Verabschiedung nicht so ganz übersehen können. Schwere Nachteile habe das Süßstoffgesetz für die Zwischenhändler gehabt, die ihre Bestände an Sußstoffen abliefern mußten und jetzt nicht verwerten könnten. Die Petition enthalte Material, das die Regierung wohl berücksichtigen könne. Die Firma Fahlberg, Lisi u. Co. nehme 360 1, der Petent würde für 15 liefern können. Es komme auch in Frage, ob die Firma, die jetzt das Monopol habe, tatsãchlich die Anerkennung verdiene, die ihr durch das Gesetz geworden sei. Die Firma habe neuerdings ein Zirkular an die Brauereien ergehen lassen, in welchem sie darauf hinweise, daß der Zusatz von Saccharin nach wie vor gestattet sei. Das enthalte geradezu einen Verstoß gegen das Nahrungẽmittelgesetz.
Abg. Gothein (fr. Vgg.): Der Kommissionsbeschluß ist eine Rechtfertigung derjenigen, die vor der ganz übereilten Annahme des Gesetzes gewarnt haben. Eine ganze Reihe von Mißständen ist auf⸗ getreten. Man hat das gesetzliche Verbot durchgeführt, ehe noch die Zuckerkonvention in Kraft getreten war; ein Antrag, den ich damals einbrachte, das Verbot bis zu dem Inkrafttreten der Konvention, dem J. September 1902, zu verschieben, wurde abgelehnt, weil die Deutsch⸗ konfervativen entgegen ihrer Zusage nachher fast alle dagegen stimmten. Ich muß mich sehr wundern, daß, nachdem solche Schädigung fest⸗ gestellt ist, nunmehr ein nationalliberaler Antrag mit Unterstützung der Rechten auf Uebergang zur Tagesordnung uns hier unterbreitet wird. Der Kommissionsantrag ist doch wohl milde und zurückhaltend genug.
Abg. Freiherr von Richthofen Dam sdorf (d. kons.): Ich habe seinerzit nichts davon gewußt, daß Graf zu Limburg für unsere Fraktion Herrn Gothein irgend welche bindende Versprechung gegeben hätte; es wird sich da wohl um Mißverständnisse bandeln. Ich leugne, 3 das Gesetz in übereilter Beratung zustande gebracht worden ist; es war schon zwei Jahre vorher durchberaten worden und wurde nachher nur aus dem Schranke hervorgeholt. Es handelt sich um die Verdrängung eines Surtogats; ich begreife nicht, wie Herr Gothein sich auch hier wieder als Anwalt eines solchen geberden kann. Es handelt sich darum, dem Volke ein Nahrungsmittel zu geben; dazu gehört das Saccharin nicht. Ich trete daher für den Antrag Rimpau ein.
Unterstaatssekretär im Reichsschatzamt von Fischer (schwer ver— ständlich) führt aus, man müsse doch vom Standpunkte des Gesetzes selbst ausgehen; danach seien beide Petitionen abiulehnen. Auch die Ausführungsbestimmungen zu dem Gesetze seien dem Reichstage seiner⸗ zeit vorgelegt worden, und könnten nur mit Zustimmung des Reichs— tages abgeändert werden.
Abg. Dr. Paasche (nl) erhebt auch seinerseits gegen den Vor⸗ wurf der übereilten Verabschiedung des Gesetzes Widerspruch und empfiehlt den Antrag Rimpau.
Abg. Gothein: Graf zu Limburg sagte mir damals: Wir werden für Ihren Antrag stimmen; er sprach doch gewiß nicht im plaralis masestatis. Er forderte mich ja auch auf, mich nicht in rednerische Unkosten zu stürjzen, da ja damit die Annahme meines Antrages sicher sei; hinterher hat er die Ablehnung bedauert und meinte, in so erregten Zeiten habe man nicht immer die ganze Fraktion hinter sich. Das Saccharin ist kein Surrogat, sondern ein Gewürz, das dem armen Manne seine Speisen schmackhaft macht. Es kommt mir garnicht darauf an, dem Petenten einen besonderen Gefallen zu tun, fondern es kommt auf die Feststellung an, daß erhebliche Härten vorhanden sind, und deshalb ist wenigstens Ueberweisung als Material erforderlich.
Abg. Freiherr von Richthofen⸗Damsdorf: Ich weiß nicht, das gestehe ich offen, ob Herr Gothein damals durch eine längere Rede seinen Antrag durchgebracht hätte; die längeren Reden machen es auch
nicht. ss ;
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Wir müssen gegen jede Maßregel Stellung nehmen, die zur Vermehrung der Saccharindorräte im Lande führen könnte; das Gesetz muß voll und ganz ausgeführt werden.
Der Antrag Rimpau wird abgelehnt; der Kommissions⸗ antrag mit schwacher Mehrheit angenommen.
Die Vertreter des Verbandes sächsischer Bäcker⸗ inn ungen haben eine Petition gegen die durch Einführung einer staatlichen Arbeitslosenversicherung drohende weitere Be⸗ lastung des Handwerkerstandes eingereicht. Eine Petition gleichet Tendenz hat die Vereinigung schleswigscher Arbeit—
,, an den i, . gerichtet. Die Kom mission eantragt Ueberweisung an den Reichskanzler als Material.
Abg. Ito k. nbuhr (Soz): Das Bäckergewerbe gehört zu den Gewerben, die am meisten dazu beitragen, die Arbeitslosigkeit zu steigern. Gerade die Bädermeister haben schuld, daß . viele arbeitslose Gefellen sich auf der Landstraße herumtreiben, und sie hätten alle Veranlassung, zur Unterstützung der Arbeitslosen beizu⸗ tragen. Auch die Arbeitgeberverbände tragen zur Arbeitsllosigkeit bei, sie suchen die Arbelterorganisationen zu jerstören. Es wird zu über⸗ legen sein, was gegen die durch die Syndikate durch Einschränkung der Produktion bewußt berbeigeführte Arbeitslosigkeit zu geschehen hat. Der preußische Fiskus tut alles Mögliche, um die Arbeiter in ibrer Tebenshaltung herabjudrücken und zu diesem Zwecke die Arbeiterorgani— fationen zu unterdrücken, unter dem Vorwande der Aufrechterhaltung der Disziplin.
Die Petitionen werden dem Reichskanzler als Material überwiesen.
Der Bund deutscher Stellmacher und Wag ner— innungen zu Berlin bittet den Reichstag, darauf hin⸗ zuwirken, daß 5 100f. der Gewerbeordnung durch eine genaue Definition der Begriffe Handwerks- und Fabrit— betriebe eine unzweideutige Auslegung erfahre. Die Kom⸗ mission beantragt die Ueberweisung zur Erwägung. 9 3
Auf eine 3 des Abg. Dr. Pachnicke (fr. Vgg.) be⸗ merkt der
Kom missar des Bundesrats, Geheime Regierungsrat im Reichsamt des Innern Spiel hagen, daß gegenwärtig auf Grund einer Denk— schrist Verhandlungen zwischen den beteiligten Ressorts über diese Sache schweben. Ueber den Stand der Frage könne er aber nichts mitteilen, solange diese Verhandlungen nicht beendet seien.
Nachdem der Abg. Thiele (Soz) sich gegen den Kom— missionsantrag erklärt hat, wird dieser gegen die Stimmen der Sozialdemokraten angenommen.
Die Beratung der Ferm wegen Aenderung des Gesetzes über die Schlachkvieh⸗ und Fleischbeschau wird in Rücksicht auf die gleichzeitig vorliegende, denselben Gegenstand betreffende Resolution von der Tagesordnung abgesetzt. .
Denselben Antrag sstellt der Abg. Dr. Müller-Sagan bezüglich der Petitionen, welche die obligatorische Einführung des Hefähigungsnachweises für das Handwerk verlangen, und der Petition, welche die Unterdrückung schlechter Literatur- und , betrifft, und zwar mit Ruͤcksicht auf die schwache Besetzung des Hauses.
Das Haus tritt diesem Vorschlag ohne Widerspruch bei.
Der Vorstand der Vereinigung der Maler, Lackierer, Anstreicher, Tüncher und Weißbinder Deutschlands petitioniert um das gesetzliche Verbot der Verwendung und Vex⸗ arbeitung bleigrtiger Farben und Bindemittel in der Anstreichtechnik. .
Die Kommission beantragt, die Petition dem Reichs— kanzler zur Erwägung zu überweisen, mit dem Ersuchen, so⸗ fort dahin zu wirken, daß auf Grund des 512026 der Gewerbe⸗ ordnung durch eine Bundesratsverordnung ausreichende Schutz vorschriften gegen die Gefahren der Bleiweißverwendung erlassen werden. *
Ueber die Verhandlungen der Kommission hat der Abg. Tutzauer (Soz) einen sehr umfangreichen Bericht erstattet.
Abg. Meyer⸗Bielefeld (C. kons.) gibt ju, daß gewisse Gefahren bei der Bleiweißverwendung vorliegen, meint aber, daß diese doch übertrieben würden. Zur Beurteilung der Frage müßten alle Krankenkassenberichte herangezogen werden. Wünschenswert wäre der Erlaß einer Bestimmung, daß Bleiweiß nur in gebundener Form in den Handel gebracht werden dürfe. Die für das Bleiweiß vor⸗ 6, ungiftigen Ersatzmittel Lithopon und Zinkweiß hãtten sich
isher nicht als praktisch erwiesen. Vielleicht gelinge es der Wissen— schaft, Mittel und Wege zu finden, um der Bleiweißgefahr entgegen⸗ zuwirken, damit die Industrie durch eine Entwertung ihrer Produkte nicht gefährdet werde.
Abg. Wurm (Soz.) behauptet, daß Malerinnungen durch subjektiv unwahre Gutachten bemüht gewesen seien, das Verbot der Bleiweißfarben zu hintertreiben, und beantragt, die Petition dem Reichskanzler zur Berücksichtigung zu überweisen dahin, daß ein voll— ständiges Verbot der Bleiweißfarben verwendung ergehen solle, das für das Malergewerbe besonders notwendig sei. Eine Industrie, die nur auf Fosten von Leben und Gesundheit Tausender von Existenzen be— stehen könne, sei wert, zu Grunde zu gehen. Die Schutzvorrichtungen, die man empfohlen habe, hätten sich als unwirksam erwiesen. Wenn die Erfatzmittel auch etwas teurer seien, so könne hier die Geldfrage doch nicht in Betracht kommen. In den Militärwerkstätten bestãnden fehr strenge Schutzvorschriften, und doch habe man Schritte getan, um die Verwendung der Bleiweißfarbe einzustellen. Der Reichstag er— fülle nur seine sittliche Pflicht, wenn er sich für ein vollständiges Verbot ausspreche.
Kommissar des Bundesrats, Geheimer Oberregierungsrat im Reichs amt des Innern Dr. Sprenger: Ich kann Ihnen mitteilen, daß ein Entwurf fertiggestellt ist, der den Zweck hat, diese gewerbliche Krankheit der Maler und Anstreicher zu bekaͤmpfen und ihr vorzubeugen. Ueber den Inhalt dieses Entwurfs und über die Stellung des Bundes— rats dazu kann ich natürlich noch nichts sagen.
Abg. Erzberger (Zentr.): Wir sind nicht absolute Gegner des Bleiweiß farbenderbots, wir halten nur noch nicht die Zeit für ge— kommen, jetzt schon dies Verbot auszusprechen, solange noch nicht Erfahrungen darüber gesammelt worden sind, ob die Schutzmaßregeln nicht aus eichen. Mit stellen uns in dieser Beziehung nur auf den Standpunkt der Wissenschaft. Die vorgeschlagenen Ersatzmittel scheinen sich doch bei Eisenkonstruktionen, bei Schiffe bauten usw. nicht bewährt zu haben. Durch das Verbot der Bleiweißverwendung würden die Bleihüttenwerke im Harz, in Oberschlesien und in Stolberg bei Aachen vernichtet werden. Ich stelle diese Rücksicht nicht in den Vordergrund, möchte sie aber auch nicht zu leicht nehmen. Ich bitte Sie deshalb, den Antrag auf Beruͤcksichtigung der Petition abzulehnen und den Antrag der Kommission anzunehmen, der jetzt schon die Arbeiter schützen will. Hat etwa die sozialdemokratische Fraktion die Unterfagung des Bergbaues in Deutschland beantragt, weil in den Bergwerken die Wurmkrankheit ausgebrochen war?
Abg. Dr. Beumer (nl): Darin sind wir alle einig, daß alles, was nötig ist, geschehen muß, um die Maler und Anstreicher gegen Bleirergiftungen zu schützen. Wir werden deshalb für die Refolution stimmen. Es fragt sich nur, ob ein absolutes Bleiweiß⸗ verbot notwendig ist. Die Mehrheit der Kommission und die Regie⸗ rung hat erhebliche Bedenken dagegen erhoben. Die Hantierung mit Bleiweißfarben ist bei Beachtung genügender Schutzvorschriften nicht so gefährlich., wie man glaubt. Vie Anwendung hygienischer Schutz mittel hat ganz erstaunlich günstige Resultate gehabt. (Redner fuhrt dafür statistische Nachweise aus dem Cölner. Bezirke an.) Bei allen Betrieben, denen eine besondere Gesundheitsschädigung nicht beigemefen wird, sind die Verhältnisse der Erkrankung viel schlimmer, als bei dem Malergewerbe bei vorsichtiger Anwendung der Bleiweiß farbe. Wenn Herr Wurm meinte, eine Industrie, die Gefahren mit sich bringt, sei wert, zu Grunde zu gehen, so sage ich, eine Industrie, die energische Mittel anwendet, um diese Gefahr zu überwinden, ist nicht wert, zu Grunde zu gehen, sondern weiter zu bestehen. Zwei Drittel der gesamten Bleiproduktion wird zur Herstellung von Blei weiß verwendet; jwei Drittel der Arbeiter im Bleierzbergbau und in den Bleihütten würden brotlos werden, 8000 Arbeiter würden ihre Arbeit verlieren, wenn es nach Herrn Wurm ginge. Wohin will Herr Wurm diese bringen? Als es sich um die Wifi gun der Zechen handelte, haben die Sozialdemokraten entrüsteten Widerspruch er⸗ doben. (Zurufe: Bleieinfuhr vermindern) Ja, dann hätten Sie doch
für einen Bleizoll sorgen müssen! Wir können ein so apod Urteil, wie das, da der Arbeiter mit sich bringt, wert sei, zu Grunde zu gehen, dem unsrigen machen. ist nach meiner Kenntnis noch nicht vorhanden. Ob
Lithopon zu machen ist, muß auch noch dahingestellt bleiben.
iktisch
eine Industrie, die Gefahren für das Kehr Ein vollwertiger Ersatz für den ie en nn das mit de
den
Abg. Wurm setzt sich mit, dem Abg. Erzberger auseinand
Der Bleieribergbgu brauche keineswegs zu Grunde zu würde weniger Blei infolge des Verbotes gebraucht, so die Bleieinfuhr abnehmen. Daß es den Sozialdemokraten glei
gehen. wine hgiln
fei, wenn der Bleierzbergbau zu Grunde ginge, habe er durchaus nich gefagt. Anderseits würden mehr Arbeiter nötig sein, um das Zinkag herzüstellen; die Zinkweiß. und Lithoponindustrie würde die in Bleiweißindustrie entbehrlich gewordenen Arbeiter übernehmen.
Nachfrage nach Lithopon wachse beständig. Die Regie lung hoffentlich erkennen, daß mit hygienischen Maßnahmen nichts
wen Durch.
greifendes zu erreichen sei, sondern daß nur das Verbot Besserun,
schaffen könne.
Abg. Gothein: Ich kann aus meiner praktischen Erfahrnn
aus den Bleibütten des Harzes feststellen, daß durch hygienischen Einrichtungen die Zahl der Erkrankungen un Schwere auf ein Mindestmaß zurückgeführt worden ist. An
ie dorligh
d ihn dersell
ist die Verwendung von Bleifarbe im ambulanten Betriebe, wie ih der Lackierer und Anstreicher ausüben muß, außerordentlich gefährlich
In dieser Beziehung würde ich begreifen, wenn die Regler einem Verbot kommen würde, weil hier die Reinlichkeit allei genügt. ist heute noch nicht möglich. Mennige und. Bleiweiß, hab Schiffsbau ihren Hauptkonsumenten; ob der Schiffsbau schon
ung jr n nich
Aber zu einem völligen Verbot der Bleifarbe zu komme
en am daran
verzichten kann, ist mir sehr zweifelhaft, weil kein anderer Stoff gleih fehr die gegen Rost schützende Wirkung hat wie diese beiden Ble orhdate. Wir können daher heute für die Ueberweisung der Pettio⸗ zur Berücksichtigung nicht stimmen. Hoffentlich wird die vom Bunde, rat beabsichtigte Maßnahme so weit gehen, wie ich vorher angedeute
habe.
allerdings gar keine Gefahr. Der Bleierzbergbau ist durch das
des Silberpreises nicht zurückgedrängt, sondern teilweise gerade gehoben
worden. . Damit schließt die Diskussion.
Für unsere Bleiproduktion und unseren Bleikonsum sehe iz
Fallen
Der Antrag Wurm
wird abgelehnt, der Kommissionsantrag angenommen, Die Petition des Apothekers Kempf in Dessau wegen anderweitiger Regelung des Apothekenwesens wird ohne Debatn
dem Reichskanzler zur Erwägung überwiesen. Ueber die Petition des westfälischen Handwerkerbun
des z
Dortmund um Abänderung des Gesetzes, betreffend die e—
schlagnahme des Arbeits- oder Dienstlohns, und Erwei
terung
der Zuständigkeit der Gewerbegerichte wird zur Tagegsordnum
übergegangen.
Ueber die Petition des XV. Bezirkstages des Verbandes der Tischlerinnungen Schleswig-Holsteins und Lübecks, die dat Streikpostenstehen allgemein unter Strafe gestellt wissen will, beantragt die Kommission Uebergang zur Tagesordnung; ühtr bie Petition des Zentralrats der deutschen Gewerkvereine in
Berlin um Gewährung des vollen Koalitionsrecht der gesetzlichen Anerkennung der Berufsvereine wird weisung zur Erwägung beantragt.
8 und Ueber⸗
Abg. Dr. Pachnicke (fr. Vg. ): Die Ueberweisung der Petition, betreffend das Koalitionsrecht, lediglich zur Erwägung würde den widersprechen, was seitens der vetrschiedensten Fraktionen und alch
bon uns wiederbolt hier zum Ausdruck gebracht worden ist. Notwendigkeit, die Petition beiüglich der Berufsvereine nicht. Erwägung zu überweisen, ist schon dadurch bewiesen, daß se
Di nur jn lbst du
Bundesrat sich davon hat überzeugen müssen, daß er auf seinem hit herigen ablehnenden Standpunkt nicht beharren kann, denn wir haben ja von dem Grafen von Posadowsky die disage erhalten, daß man sih
im großen und ganzen auf den Weg zu begeben gedenkt, der von uns, als auch in der Petition vorgezeichnet ist. Ich bean die Petition zur Berücksichtigung zu überweisen.
Der Antrag der Kommission wird in seinem Teile angenommen, im zweiten Teile abgel dagegen der Antrag Pachnicke auf Berücksichtigung nommen.
sowoll trage,
ersten ehnt, a nge⸗
Schließlich wird die Petition wegen Aenderung der dit gewerblichen Pfandleihen berührenden Vorschriften des Bürger lichen Gesetzbuchs durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt, die Petition des Verbandes ber beeidigten Auktionatoren fu den Regierungsbezirk zu Arntberg zu 8 313 des Bürgerlichen
Gesetzbuͤchs dem Reichskanzler als Material überwiesen. Damit ist die Tagesordnung erledigt.
Schluß 6 Uhr. Nächste Sitzung Sonnabend 1 Uhr —
(Rechnungssachen, zweite Lesung der Finanzreformvorla
Prensischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 68. Sitzung vom 6. Mai 1904, 11 Uhr.
Ueber den ersten Teil der Verhandlungen in die
ge.
Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden Dle daselbst im Auszug wiedergegebene Rede, die bei de Fortsetzung der ersten Beratung des ö be
treffend die Herstellung und den Aus
au von Wasser
straßen, in Erwiderung auf die Ausführungen des Abs
Dr. Voltz (nl. der Finaniminister Freiherr von Rh einbaben 3 3
gehalten, hat folgenden Wortlaut:
ö. *
Meine Herren! Meine unschuldigen Bemerkungen über Schlesin haben den Herrn Vorredner ja sehr in den Harnisch gebracht. (ESel richtig! bei den Schlesiern) Es war dazu aber wirklich kein Grun Erstens glaube ich, ez in durchaus freundlicher Weise gesagt zu habe
und dann darf ich noch mal den Anlaß meiner Aeußerungen holen. Bei der Beratung der Hochwasserschutzvorlagen beklag
wiede / ten sih
4
die Schlesier, daß die Brandenburger zu viel bekommen hätten, un
als es nun an die Wasserstraßenvorlage kam, da beschwerten Schlesier, daß die PoCmern, die Stettiner, zu viel bekämer
erschien es mir richtig, mit einem Wort es mal auszusprechen, daß c
sich . 1. M
der Sache nicht förderlich ist, wenn immer das Interesse einer Probi
gegen das einer anderen ausgespielt wird. (Sehr richtig!
*
übrigen stamme ich selbst aus einer alten schlesischen Familie und bi
in keiner Weise unfreundlich gegen Schlesien gesinnt, wie Vorredner sagt. (Bravo)
der Hen
Ich darf aber hervorheben, was ich schon das vorige Mal bel habe, daß die Sitration für Oberschlesien sich insofern un jweisell
gebessert hat, als der Mittellandkanal nicht gebaut wird, al Kanal bei Hannover endet und damit die Konkurrenz der westla Kohle auf dem Berliner Markt Oberschlesien gegenüber wegfäll
5 d lisc t, in
als wir die Kanalisierung der Oder von der Neissemündung bin vorgesehen haben. Das sind jwei Momente, die die Situation 1
Oberschlesien wesentlich verbessern. Ich habe hervorgehoben, Stettiner ihrerseits behaupten, sie seien durch den
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Ausbau M
märkischen Wasserstraßen, der einen vermehrten direkten oberschlesi ch
Verkehr nach Berlin und Hamburg herbeigeführt habe, ge
schẽd⸗
worden, sodaß die P mmern den Spieß umdrehen könnten. Ich habe das nur gesagt, um darauf hinzuweisen, daß man die eine Provinz nicht gegen die andere ausspielen soll. Im übrigen darf ich aber heworheben, daß wir in den letzten Jahren sehr viel für Schlesien getan haben; wir haben 32 Millionen staatlicher— seits für den Ausbau der Nebenflüsse hergegeben; wir sind jetzt an die Regulierung der Oder im Interesse des Hochwasserschutzes gegangen, die allein dem Staat einen Aufwand von 117 Millionen machen wird; wir haben 7 Millionen Notstandsgelder an Schlesien gegeben; wir haben die Technische Hochschule in Breslau errichtet; kurz und gut auf allen Gebieten ist für Schlesien sehr viel geschehen.
Was die speziellen Wünsche betrifft, auch den Oderwasserlauf im Schiffahrtsinteresse zu verbessern, so habe ich mich gar nicht dagegen ausgesprochen. Sie sehen, daß die Mittel eingestellt sind, um ein Stauweiher anzulegen und um Versuchsarbeiten an der Oder vorzu⸗ nehmen; aber es wäre doch nicht möglich gewesen, jetzt mit einem umfassenden Oderregulierungsprojekt an das Haus heranzutreten, ehe man weiß, welche technische Mittel der Staatsregierung zur Ver— fügung stehen, um den Oderwasserlauf zu verbessern. Also erst müssen wir uns ein Urteil bilden können, auf welche Weise der Oderwasser— strom gebessert werden kann; dann sind wir bereit, die Mittel mitzu⸗ teilen und das Geld dafür vom Landtage zu erbitten.
Meine Herren, ich erkenne, wie gesagt, die eigentümliche und nach mannigfacher Richtung schwierige Lage der oberschlesischen Industrie durchaus an, die namentlich dadurch schwierig ist, daß sie weit von den großen Konsumtionsstätten entfernt ist und zwischen Oesterreich und Rußland eingekeilt ist. Ich glaube, daß in den Jahren meiner Amts— tätigkeit als Finanzminister ein ganz Erkleckliches für Schlesien ge— schehen ist; ich bekenne mich ausdrücklich nochmals durchaus nicht als Gegner von Schlesien und hoffe, daß wir im weiteren Verlauf der Sache uns schon verständigen werden. (Bravoh
Bei der den zweiten Gegenstand der Tagesordnung bildenden ersten Beratung des Fesetzent wurfs, betreffend die Feststellung eines Nachtrags zum Staatshaus⸗ haltsetat für das Etatsjahr 1904, in dem 3 Millionen Mark als Beihilfe für die Krankengeldzuschußkasse des Eisen— bahnarbeiterverbandes in Cassel zur Verfügung gestellt werden, erhält nach dem Abg. Dr. von Savigny sZenir) das Wort
Abg. Broemel fr. Vgg.): Auch wir halten es für verfehlt, die Arbelterfürforge mit politischen Gesichtspunkten zu vergquicken. Die Vorlage trägt in dieser Hinsicht einen einseitigen Charakter, der auf die Dauer nicht zum Vorteil gereichen kann. Aber das Vorgehen des Cisenbahnministers verdient doch unsere Sympathie. Die Bedenken, die wir gegen die im vorigen Jahre zum Ausdruck gekommene Stellungnahme des Ministers zum Koalitionsrecht der Eisenbahn⸗ arbeiter hegten, werden abgeschwächt, wenn die Regierung sich der Pflicht bewußt ist, der von ihr für notwendig gehaltenen Einschränkung des Koalitionsrechts die positiven Leistungen für soziale Wohlfahrt gegen- überzuftellen. Sozialpolitische Bestrebungen brauchen nicht nur nach fozialdemokratischem Rezept gefördert zu werden. Ich freue mich, daß ber Minifter wieder in persönliche Beziehungen zu seinen zahlreichen Arbeitern getreten ist; der persönliche Cinfluß von Mensch zu Mensch ist nicht gering zu schätzen. Es wird von hohem Werte sein, daß der Minister in diesen Fragen seine Person selbst einsetzt, um die Ziele der Fürsorge zu erreichen. In unserer Stell ung zur Frage des Koalltionsrechts der Arbeiter wird durch diese Anerkennung nichts geändert. Eine weitsichtige Verwaltung wird aber die Gesinnung ihrer Arbeiter beachten. Der Streik der ungarischen Eisenbahnangestellten hat wefentlich seinen Grund darin gehabt, daß die Verwaltung über den unter ihren Angestellten herrschenden Geist durchaus im Unklaren war. In diesem Falle hat sich gereigt wie verhängnisvoll es ist, wenn sich eine so große Verwaltung dem Leben ihrer Angestellten völlig fern hält. Deshalb halte ich das Vorgehen des Ministers für gut und hoffentlich erfolgreich. Ich freue mich, daß dieser Gesetzentwurf aus der Initiatip⸗ des Ministers hervorgegangen ist. Wenn das Vertrauen der Eisenbahnbeamten und arbeiter zu ihrem Chef erhalten werden foll, so kann der Minister selbst sehr viel dazu tun. Aber, wie so oft, werden auch in diesem Jahre wieder die zahlreichen Petitionen der Gifenbahnbeamten, die an das Haus alljährlich gelangen, in den großen . fallen. Die Regierung handelt nicht richtig, wenn sie die Wünsche der Beamten nach einer neuen Gehaltsregulierung, immer abweift, weil die Gehaltsregulierung abgeschlossen sei. Es liegt dem Haufe bereits ein Antrag vor, nach dem der Wohnungsgeldzuschuß anders geregelt werden soll. Der Gesetzentwurf ist eine Mahnung Hauz, die Pflicht zu erfüllen, die ihm in dieser Beziehung obliegt.
Abg. Dr. Friedberg (ul.): Meine Freunde stimmen der Vor—⸗ lage mil Freuden zu. Auf die politischen Erwägungen gehe ich nicht ein Die ÜUnterstuͤtzung der sich immer mehr bildenden Verbände ist ein richtiger Weg. Ich glaube, daß die Bedenken, die von manchen Rednern geäußert worden sind, für uns nicht maßgebend sein können. In der Kommifssion werden wir darüber sprecken. Die Petitionen der Beamten werden wir diesmal gründlich behandeln, denn unsere Sefsion wird ziemlich lange dauern. In den früheren Sessionen war es leider nicht möglich.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Budde:
Ich möchte junächst meiner Freude darüber Ausdruck geben, daß die große Mehrheit dieses hohen Hauses durch ihre Vertreter hat er⸗ klären lassen, daß sie dem Gesetzentwurf freundlich gegenübersteht. Wenn namentlich von Herrn Abg. Fischbeck und auch von Herrn Abg. Broemel gesagt worden ist, die Zuwendungen, die den Eisen⸗ bahnern gemacht werden sollen, hingen von der politischen Gesinnung ab — so sagte, glaube ich, der Herr Abg. Fischbeck wörtlich —, so ist das ein Irrtum. Die Eisenbahnervereine haben sich gegründet, ohne daß dabei irgend wie nach der politischen Gesinnung des einzelnen Mannes gefragt wird. Daß aber selbstverständlich unter den Eisen⸗ bahnern keine Sozialdemokraten sein sollen und sein dürfen, meine Herren, darüber brauche ich wohl heute nichts mehr zu reden. (Sehr richtig) Damit sind Sie wohl alle einverstanden. (Zustimmung.) Ich glaube, dagegen werde ich keinen Widerspruch hören. Damit hört aber auch der politische Zusammenhang auf; denn es wird sonst nach der politischen Gesinnung gar nicht gefragt, und da wir unter den Eiseabahnern hoffentlich keine Sozialdemokraten haben, so fällt der politische Gesichtspunkt vollständig weg. Wie steht nun eigentlich die Sache? Es hat sich ein Eisen⸗ bahnerverband gegründet, in dessen Statuten steht, daß sie sich zu⸗ sammengeschlossen haben, um die Zusammengehörigkeit der Eisenbahnvereine zu pflegen und die gemeinsamen Zwecke dieser Vereine in jeder Richtung zu wahren und zu fördern, insbesondere auch durch Schaffung gemeinsamer wirtschaftlicher Einrichtungen, deren Bedeutung über die Kräfte der einzelnen Vereine hinausgeht.
Es heißt dann weiter in dem Schluß des § I ausdrücklich: Politische und konfessionelle Zwecke sind ausgeschlossen.
Auf Grund dieser Statuten wurde ich von den Eisenbahnern gebeten,
ihre aus eigener Kraft geschaffene Koalition zu genehmigen. Daz habe
ich getan. Die ganje Frage hat mit der angeschnittenen Frage des
Koalitionsrechts also nichts zu tun. Deshalb will ich auf diesen Punkt auch nicht näher eingehen.
Nun war das erste Erfordernis bei diesen wirtschaftlichen Ein⸗ richtungen, die die Eisenbahner sich schaffen wollen, eine Zuschuß⸗ krankenkafse, und jwar aus folgenden Gründen. Die eigentlichen Eisenbahnbeamten bekommen, wenn sie krank werden, bekanntlich ihr Gehalt fort; dagegen sind die Hilfsbediensteten, die Eisenbahnhand— werker und die Eisenbahnarbeiter lediglich auf die Krankengelder an— gewiesen, die ihnen aus den Krankenkassen auf Grund des Gesetzes zustehen. Die Leistungen dieser Krankenkassen sind bei der Staatseisen bahnverwaltung so hoch, wie sie irgend nur sein können. Indessen bleibt das Einkommen des einzelnen Hilfsbedienfteten, Handwerkers oder Arbeiters, wenn er krank geworden ist, erheblich zurück gegen seinen Verdienst, den er sonst hat. Daß nun bei dieser Sachlage das Be— dürfnis besteht, sich Zuschußkafsen zu schaffen, das hat schon der Trierer Verband gezeigt, der meines Wissens schon 50 bis 55 Tausend Mitglieder hat; dieser Verband hat auch segensreich gewirkt, wie ich das schon zu verschiedenen Malen hier mitgeteilt habe.
Wenn nun die genannten Hilfsbediensteten, Handwerker und Ar⸗ beiter sich eine Zuschußkrankenkasse gründen wollen, so ist es für mich als Chef der Verwaltung, also als Arbeitgeber, eine heilige Pflicht, daß ich mir die Frage vorlege: bin ich in der Lage, eine solche Zuschußkrankenkasse zu unterstützen, bin ich in der Lage, ihr den Rücken zu stärken? Die Zuschußkrankenkasse ist gerade deshalb für die Eisen⸗ bahner nötig, weil — wie ich im Gegensatz zu einigen Bemerkungen, die hier von der linken Seite des Hauses gefallen sind, anführen möchte — es den Eisenbahnern vielfach schwer wird, sich an andere bereits bestehende Kassen anzuschließen; denn die Eisenbabner wohnen zum großen Teil zerstreut an den Strecken, wodurch den Einzelnen der Anschluß an Vereine oder Kassen in entfernt liegenden Städten erschwert ist. Daher ist es notwendig, daß die Eisenbahnvereine sich zu einem Verband zusammenschließen und sich Kassen gründen, die der einzelne Verein nicht gründen kann. Die Unterstützung der Kasse ist auch not— wendig, damit sie auch den älteren Arbeitern zu gute kommt, die schon 25, 30 Jahre und länger dem Staat ihre Arbeits kraft gewidmet haben. Wenn diese älteren Arbeiter in andere Kassen eintreten wollten, so sind sie mit Rücksicht auf ihr Lebensalter nicht in der Lage, die Beiträge zu bezahlen; die würden viel zu hoch sein. Auch
ie geplante Zuschußkrankenkasse würde ohne Unterstützung den alteren
Arbeitern nicht helfen können, weil sie so hohe Beiträge, wie es not— wendig wäre, um sie ju rersichern, ihnen nicht auf— erlegen kann. Andererseits könnte sie aber auch die Be⸗ lastung nicht tragen, wenn sämtliche Eisenbahnarbeiter, gleichviel welches Alter sie haben, eintreten würden und sofort aus den Kassen Zuschüsse genießen. Aber die 3 Millionen, die ich gebeten habe zu bewilligen, werden es ermöglichen, die braven älteren Leute sofort in den Genuß der Zuschüsse zu bringen, wenn sie krank werden; das ist sonst gar nicht möglich.
Nun hat Herr von Savigny gar nicht mit Unrecht darauf auf⸗ merksam gemacht, daß diese neue Verbandskasse unter Umständen eine Konkurrenz sein würde für andere bereits bestehende Kassen. Ist denn ein Wettbewerb auf diesem Gebiet nicht das schönste, was wir haben können? Ist es nicht gut, wenn die Arbeiter möglichst viele Kassen haben, aus denen sie unter Umständen ihre Zuschüsse beziehrn können? Ist es nicht richtilß, daß wir in einen Wettbewerb in Wohlfahrts— einrichtungen für die Arbeiter und Handwerker eintreten? Das möchte ich nur allgemein bemerken.
Dann aber auch steht durchaus nichts im Wege, daß sich die Arbeiter aus dem Trierer Verband an diesen Verband anschließen. Sie müssen nur mit entsprechenden Anträgen kommen. Die Statuten der Kasse werden so eingerichtet sein, daß niemand ge— zwungen wird, in diese Kasse einzutreten. Der Eintritt ist völlig freiwillig, sodaß jederman auch aus dem früheren Verband ein⸗ treten kann. Vielleicht läßt sich auch ein Anschluß des Trierer Ver— bandes erreichen. Es liegt mir gänzlich fern, eine Erdrückung dieses Verbandes zu beabsichtigen, der durchaus segensreich gewirkt hat. Ich glaube also, daß ein vollständiger Friede wird hergestellt werden können. Ich glaube, daß entweder der Trierer Verband in den neuen Verband aufgehen könnte, wenn es sein Wunsch ist — aber ich möchte ihm das nicht nahelegen, sondern das muß von dort kommen — oder daß die Verbände neben einander arbeiten.
Meine Absicht war es — wie einer der Herren Vorredner es an— deutete — allerdings, den Eisenbahnhilfsbeamten, Handwerkern und Arbeitern zu zeigen, daß der Staat als Arbeitgeber und speziell ich als Chef ein Herz für sie habe, und ich bin der Ansicht, daß da—⸗— durch viel gewonnen wird für den Zusammenhalt der Eisenbahner unter einander, und deshalb bitte ich: schlagen Sie mir die z Millionen nicht ab, sondern geben Sie mir die Mittel! Dann wird man auch in Eisenbahnerkreisen sehen, daß auch das hohe Haus ein Herz für sie hat, und daß die ersten Entschließungen, die die Eisenbahner durch Koalition der Vereine gefaßt haben, auch von Ihnen freudig begrüßt worden sind, und daß die erste Gelegenheit von diesem hohen Hause benutzt worden ist, um die Eisenbahner in ihren berechtigten Bestrebungen auf Schaffung von Wohlfahrls— einrichtungen ju unterstützen. Dies halte ich für dringend erwünscht, weil ich glaube, daß es für die Dienstfreudigkeit und Disziplin unter den Eisenbahnern sebr segensreich wirken wird. Also ich bitte, daß wir die Bedenken, die noch vorhanden sind, in der Kommission er— ledigen, und daß ich sobald wie möglich die Mittel bekomme, da die Absicht ist, schon im Laufe dieses Jahres die Zuschußkrankenkasse, spätestens am 1. Oktober, ins Leben treten zu lassen. (Bravo.) Ich habe noch vergessen, dem Herrn Abg. Mevyenschein auf seine Anregung zu antworten, was ich hiermit nachhole. Die Bauvereine unter den Eisenbahnbediensteten erhalten schon jetzt Darlehne aus Staatsmitteln, und es ist augenblicklich in Erwägung gezogen worden, ob auch Einzel⸗ personen in gewissem Umfange Baudarlehne gegeben werden können. Also im Prinzip stehe ich den Bestrebungen, die der Herr Abgeordnete hier vorgetragen hat, durchaus freundlich gegenüber. (Bravo.)
Hierauf wird die Vorlage der Budgetkommission über⸗ wiesen.
In dritter Beratung wird alsdann der Gesetzentwurf, betreffend die Erweiterung des Stadtkreises Breslau, ohne Debatte angenommen.
Den zur zweiten Beratung elangenden Gesetzentwurf, betreffend die Erweiterung des Stadtkreises Bonn, beantragt die Kommission in einem schriftlichen Berichte eben⸗ falls unverändert anzunehmen und die eingegangenen Petitionen
für erledigt zu erklären.
Abg. Pleß Gentr.): Bei der Eingemeindung suchen sich die Städte immer nur die Gemeinden aus, die ihnen gerade passen. Hier liegt z. B. der Wunsch der Gemeinden Lengsdorf und Ippendorf vor, in Bonn mit eingemeindet zu werden; die Erfüllung dieses Wunsches ist ihnen aber versagt geblieben. Und doch muß man angesichts der Ver- hältnisse und namentlich des Umstandes, daß in diesen Gemeinden die Armenlasten in den letzten Jahren auf 3000 gestiegen sind, fragen, ob die Erfüllung des Wunsches dieser Gemeinden ohne weiteres ver sagt werden kann. Der Minister muß sich die Frage vorlegen, ob es diesen Gemeinden noch möglich ist, sich allein zu erhalten.
Abg. von Heyking (kon): Wir stimmen der Eingemeindung der drei Orte Poppelsdorf, Kessenich und Dottendorf ohne weiteres zu und erkennen die Gründe des Kreistags gegen die Eingemeindung nicht als berechtigt an. Etwas anders liegt es mit der Eingemeindung von Endenich, gegen die besonders der Kreistag berechtigte Gründe geltend gemacht hat; aber wir haben uns doch mit schwerem Herzen entschlossen, der Vorlage im ganzen juzustimmen. Endenich hat zum großen Teil nicht städtischen, sondern noch durchaus ländlichen Charakter. Gegen eine Eingemeindung anderer Gemeinden müssen wir uns jedoch ent⸗ schieden erklären. Unser wesentliches Bedenken, daß die Restbürger⸗ meisterel nicht leistungfähig bleiben würde, wenn die vier Gemeinden aus dem Landkreise ausschieden, ist durch den Beitrag, den ihnen Bonn gewährt, beseitigt worden. Unter der Voxaussetzung dieser Beitrags⸗ seistung können wir der Vorlage zustimmen.
Geheimer Oberregierunggrat Dr. Fre und bezieht sich gegen die Eingemeindung von Lengsdorf und Ippendorf auf die von ihm in der Kommission abgegebenen Erklärungen. Die Entschädigung, die Bonn gewährt, solle gerade ein Ersatz fuͤr die geschwächte Leistungsfäbigkeit der Restbürgermeisterei sein. Vie Kapitalabfindung von 100 099 66, die Bonn gibt, solle nach dem vom Minister genchmigten Beschlusse des Kreistags nicht dem Kreise zufallen, sondern Eigentum der Rest⸗ bürgermeisterei bleiben. In bezug auf die Armenverwaltung solle durch die Eingemeindung nichts geändert werden; die Frist fur die Er⸗ werbung des Unterstützungswohnsitzes werde nicht unterbrochen; die Ortsarmen der eingemeindeten Orte würden in Zukunft der Stadt Bonn zur Last fallen.
Abg. Winckler (kens. ): Das erfreuliche Resultat der Kom⸗
missionsberhandlungen ist, daß die Stadt Bonn das Kapital von 100 000 M der Restbürgermeisterei überläßt. Trotz dieser großen an⸗ erkennenswerten Leistung bestehen noch in der Nestbürgsrmeisterei Be= fürchtungen wegen Erhaltung der Leistungsfähigkeit. Wir können nun aber beruhigt für die Vorlage stimmen. Im Notfall sind die Ge— meinden bei ihren steigenden Lasten immer auf. den 8 b3 des K. A. G. verwiesen; wir müssen uns aber fragen, ob dieser Paragraph, so und schön er ist, ausreichen kann, um den Gemeinden zu helfen. wird den Gemeinden eft schwer die Voraussetzungen für die An wendung des 5 53 zu beweisen, daß nãmlich eine Steigerung il Lasten in „erheblichem Umfange“ eingetreten ist und eine Ueberbürdung vorliegt. Es ist die Vorlegung eines Gesetzentwurfs über eine andere Regelung der Volksschullasten in Aussicht gestellt. Die Schullasten find noch drückender als die Armenlasten. Daher wird bei Berætung dieses Gesetzentwurfs darauf zu sehen sein, daß das Verhältnis zwischen Wohnsitz! und Betriebsgemeinde besser geregelt wird, . Abg. Dr. Haupt mann Sentry): Die Bedenken hinsichtlich der Leistungsfähigkeit der Resthürgermeisterei sind durch das Entgegen⸗ kommen der Stadt Bonn beseitigt, welche die jährliche Abfindung don 3500 „ auf 16000 S erhöht hat und ferner ein Kapital von 109g 000 M an die Restbürgermeisterei lahlt. Es ist ja bedauerlich daß nicht auch Lengdorf und Ippendorf die Eingemeindung erreicht haben, zu der die Stadt Bonn bereit gewesen wäre; aber es ist aus—⸗ sichtslos, und deshalb werden auch meine Freunde für die Vorlage stimmen.
Die Vorlage wird unverändert Petitionen werden für erledigt erklärt.
Hierauf folgt die erste Beratung des Gesetz entwurfs, betreffend die Befugnis der Polizeibehörden zum Erlaß von Polizeiverordnungen über die Verpflichtung zur Hilfeleistung bei Bränden.
Minister des Innern Freiherr von Hammerstein:
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Meine Herren! Die Materie dieses Gesetzentwurfs hat Sie bereits in dem vorigen Jahre beschäftigt. Ich darf kurz daran erinnern, daß eine lange Reihe von Jahren hindurch anstandslos die Hilfeleistung bei Bränden auf dem Lande durch Polizeiverordnung geregelt wurde, daß dann aber in einer konstanten Praxis das Kammergericht erkannt hat, daß Polizeiverordnungen nach der gegenwärtigen Lage der Gesetz— gebung für diese Regelung nicht erlassen werden können, daß es dazu Ortsstatute bedurfte.
Nun ist der Weg der Ortsstatute nicht gangbar, wenigstens nicht überall. Einmal sind solche Ortsstatute in kleinen Gemeinden außer— ordentlich schwer zu erlassen und in richtiger Form zustande zu bringen; dann sind aber auch solche Ortsstatute gebunden an die Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes. Durch Ottsstatut kann nicht eine Last auferlegt werden, welche das Kommunalabgabengesetz nicht gestattet.
Das Kommunalabgabengesetz gestattet nun nicht, diejenigen persönlichen Dienstleistungen gerade von denjenigen Leuten in Anspruch zu nehmen, welche beim Löschen von Feuer in erster Linie berufen sind; das sind die Haussöhne. Es hat deshalb die Staatsregierung Ihnen diesen Gesetzentwurf vorgelegt, dessen wesentlicher Inhalt der ist, daß es nunmehr gestattet sein soll, durch Polizciverordnung diese Materie zu regeln.
Dieses hohe Haus hatte bereits im vorigen Jahre diesem Gesetz entwurf zugestimmt. Der Gesetzentwurf ist dann wegen des Schlusses der Session im Herrenhause liegen geblieben und ist in diesem Jahre wieder eingebracht worden. Er ist zunächst im Herrenhause — und zwar in einer Kommission außerordentlich gründlich — beraten worden, und die Form, in der er nunmehr an dieses hohe Haus gelangt ist, ist diejenige, welche ihm mit Zustimmung der Staatsregierung das Herrenhaus gegeben hat.
Der wesentliche Inhalt des Gesetzes ist, wie ich eben schon bemerkte, der, daß prinzipiell überall, wo sie bestehen, die Orts⸗ statuten maßgebend sein sollen, und daß, soweit solche fehlen oder nicht ausreichen, dann Polizeiverordnungen über die Verpflichtung der Ein— wohner zur persönlichen Hilfeleistung bei Bränden, insbesondere zum Eintritt in eine Pflichtfeuerwehr, über die Regelung der hiermit ver⸗ bundenen persönlichen Dienstpflichten, über die Gestellung der erforder⸗ lichen Gespanne und über die Verpflichtung zur Hilfeleistung bei Bränden in der Umgegend erlassen werden dürfen. Es ist ausdrücklich gesagt, daß solche Polizeiverordnungen im Sinne des § 143 des Ge— setzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 nicht zum Gebiete der Sicherheitspolizei gehören. Dadurch soll aufrecht⸗ erhalten werden, daß zu dem Erlaß der Polizeiverordnungen noch der Gemeindevorstand mitwirken muß. Ohne Teilnahme des Gemeinde vorstands soll die Polizeibehörde eine derartige Verordnung nicht er lassen können. Es ist ferner durch das Herrenhaus noch der Zusatz gemacht, daß diese Verordnungen kraft Gesetzes außer Kraft treten, soweit die Materie durch Ortsstatut geregelt wird. Endlich ist bei Regelung dieser Materie die Polizeiverordnung von der Einhaltung der Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes entbunden, wonach also Haussshne z. B. nicht ju persönlichen Diensten herangezogen werden können.
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angenommen. Vle