1904 / 122 p. 16 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 26 May 1904 18:00:01 GMT) scan diff

sonst sind diese gegenseitigen Verpflichtungen zum Boykott und

so weiter sehr häufig. Wir haben sie schon bei anderen in der Enquete besprochenen Kartellen, z. B. bei dem Druck⸗ papiersyndikat, den Eisenkartellen, kennen gelernt, und diese Erscheinungen werden auch in den späteren Verhandlungen noch häufig vorkommen. Kartelle sind sie aber nicht. Herr Geheimrat Bücher hat in seiner Schrift die außerordentlich bedeutsamen Folgen geschildert, welche diese Verpflichtung haben kann einerseits der Verleger, eine Lieferungssperre ein⸗ treten zu lassen, andererseits der Sortimenter, sich an die von den Verlegern festgesetzten Verkaufsbedingungen zu halten; sie kann unter Umständen für die Händler zum Ruin, zu einer Vernichtung ihrer ganzen Existenz führen, wenn das auch vielleicht in dem vorliegenden Fall nicht praktisch geworden ist, weil sich eben die Sortimenter immer fügen mußten. Jedenfalls werden diese Erscheinungen einen Haupt⸗ gegenstand einer künftigen Kartellgesetzgebung bilden. Buchhändler Dr. Lehmann-Danzig: Meine Herren! Um die Frage zu beurteilen, ob der Börsenverein ein Kartell ist oder nicht, möchte ich noch auf folgendes aufmerksam machen. Der Verein sichert dem Verleger allein das Recht, den Preis, den er vom Buchhändler nimmt, zu bestimmen, ebenso wie den Preis, den der Buchhändler vom Publikum nimmt. Da ein Verleger aber gleichzeitig dasselbe Buch nicht bloß an den Sortimentsbuchhändler, sondern aus seinem eigenen Sortiment oder, wenn er den Namen Sortiment nicht führt, doch aus seinem Verlage heraus an das Publikum zum Ladenpreis ver⸗ kauft, so steht fest, daß der Verleger als Produzent des Buches, der das Buch direkt an das Publikum verkauft, auch das Recht hat, diesen Verkaufspreis für sich festzustellen. Und wenn er in bezug auf diesen Verkaufspreis, den er selbst für sich an das Publikum feststellt, verlangt, daß denselben auch derjenige annimmt, der das Buch wiederverkauft, so ist, glaube ich, damit die Frage entschieden, daß der Börsenverein, der dieses Verhältnis feststellt und schützt, nicht ein Kartell ist in dem Sinne, wie sonst die Kartelle sind. Aber meine Herren, und hier trete ich in einer Sache auf, die der Rechtsschutz⸗ verein der deutschen Sortimenter vor 14 Tagen für die dies⸗ jährige Generalversammlung des Börsenvereins als Antrag gestellt hat, die aber merkwürdigerweise im Börsenblatt noch nicht veröffentlicht worden ist (Widerspruch bei den Verlegern) wir haben, da wir voraussahen, daß das zwar veröffent⸗ licht werden würde, aber wahrscheinlich erst am Tage der heutigen Versammlung oder nachher, es besonders abdrucken lassen

Vorsitzen der lunterbrechend: Ich möchte bitten, auf diese Vorgeschichte, an welchem Tage es veröffentlicht werden sollte oder nicht, nicht zu weit einzugehen; das interessiert uns eigentlich nicht.

Buchhändler Dr. Lehmann-⸗Danzig (fortfahrend): und haben Ihnen das Schriftstück hier heute verteilen lassen. (An⸗ lage 1.) Also, der Börsenverein gewährt dem Verleger den Rückhalt, daß er den Preis feststellen kann, den der Sor⸗ timenter nimmt, und den Preis, den er gibt. Und nun be⸗ haupten wir, daß in dieser Feststellung, wenn nicht das Sor⸗ timent eine Mitwirkung an dieser zweifachen Preisbestimmung hat, darin allerdings eine Ringbildung des Börsenvereins ge— sehen werden könnte, und deshalb haben wir den Antrag gestellt, daß uns hierin eine Mitwirkung gegeben werden möchte. Denn, meine Herren, es handelt sich gegenwärtig um den Rabatt, den der Sortimenter genießt. Sie werden sich sagen können, daß, wenn der Unternehmer durch Konkurrenz⸗ gründe gezwungen, wie es immer heißt die Differenz zwischen diesen Preisen immer kleiner stellt, es dahin kommen kann, wie es tatsächlich stattfindet und sogar bei großen Ver⸗ legern stattfindet, wenn sie wissen, die Sortimenter sind ge⸗ zwungen, diese Bücher von ihnen zu kaufen, als Differenz zwischen den Preisen für den Sortimenter ein Null übrig bleibt. Es ist dann also von einem wirklichen Reinrabatt gar keine Rede mehr. Darum können diese Rabattfragen sehr leicht zum Irrtum führen, wenn man denkt, es kommt nur darauf an, den Rabatt zu beschneiden. Tatsächlich handelt es sich hier zuweilen um keinen Reinrabatt mehr. Also, meine Herren, ich möchte diese Unterscheidung machen: der Börsenverein ist an sich keine Ringbildung gegenüber dem Publikum, weder er selbst, noch auch der Verlagsbuchhandel, dem er diese Stütze gewährt. Wohl aber kann er eine solche Ringbildung sein, wenn er den Sortimenter weiter hindert, einen Einfluß auf diesen Zwischenpreis, auf diesen Rabatt, der ihm übrig bleibt, auszuüben.

Oberbibliothekar Professor Dr. Schul z-Leipzig: Meine Herren! Wenn es sich um den Charakter des Börsenvereins, ob Kartell oder nicht, handelt, so könnte man ja nur eine theoretische Frage darin sehen. Aber ich glaube, das hat doch auch eine weitergehende Bedeutung. Es ist über die Kartelle eingehend wissenschaftlich verhandelt worden, und eine Ueber⸗ einstimmung ist namentlich dahin erreicht worden, daß, wenn Kartelle gerechtfertigt sein sollen, sie bis zu einem gewissen Grade öffentlich sein müssen, und daß ihr Gebaren der Kon⸗ trolle der Oeffentlichkeit untersteht und somit die Möglichkeit gegeben ist, dasselbe an den Anforderungen des allgemeinen Wohles zu messen. Dieser Gesichtspunkt ist es gegenüber dem bisherigen Verfahren des Börsenvereins, der mich interessiert und der mich überzeugt sein läßt, daß die Frage auch von praktischer Bedeutung ist.

Ich glaube, daß die Entscheidung über die Frage, wer das Subjekt in der Bekämpfung des Kundenrabatts ist, auch die Frage entscheidet, ob der Börsenverein oder die einzelnen Kreis- und Ortsvereine die Kartelle sind. Bis zum Jahre 1887, wo das neue Statut des Börsenvereins begründet ist, waren es zweifellos die Kreis- und Ortsvereine. Man hat sich ja im Buchhandel und, meine Herren, die allerbesten und vortrefflichsten Buchhandlungen haben darin an der Spitze gestanden lange gewehrt, ein Kartell abzuschließen. Die Teubnersche und die Weidmannsche Buchhandlung waren die moralischen Führer gegen die Ausgestaltung des Börsenvereins zu einem Kartell. Es war meines Erachtens ein starkes Ehr⸗

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gefühl der Verleger, was diesen langen Widerstand gegen die Zwangseinrichtung des Kartells veranlaßt hat. (Oho! bei den Verlegern. Durch die Statuten von 1887 ist der Kampf gegen den Kundenrabatt übergegangen von den Kreis- und Ortsvereinen auf den Börsenverein. Die Statuten dieses Börsenvereins bestimmen unter den Pflichten der Mitglieder in § 3:

Die Mitglieder sind verpflichtet, bei den Verkäufen

an das Publikum . . . die von den Verlegern fest⸗

gesetzten Ladenpreise einzuhalten. Also, meine Herren, die Mitglieder des Börsenvereins sind durch die Statuten des Börsenvereins verpflichtet, dies zu tun. Anderseits sind diese ganzen Kreis- und Ortsvereine, von denen Herr Dr. Liefmann glaubt, daß sie die Subjekte der Kartellbestrebungen sind, Organe des Börsenvereins. Also ihre Wirksamkeit ist die eines größeren Körpers. Nun glaube ich, daß diese geschichtliche Entwicklung bestimmt darauf hin⸗ weist, daß der Börsenverein das Subjekt des Kampfes gegen den Kundenrabatt und somit das Kartell ist. Der Charakter der Kartelle schwankt noch in der wissenschaftlichen Beurteilung. Darauf würde ich keinen großen Wert legen, ob ein Verein mit kartellartigem Charakter oder ein wirkliches Kartell vor⸗ liegt; das ist nicht von wesentlicher Bedeutung; aber es handelt

sich darum: von wem gehen diese energischen um einmal im Sinne der Buchhändler zu sprechen Maßregeln zum

Schutze des Ladenpreises aus? von dem Börsenverein oder von den Kreis- und Ortsvereinen? und ich glaube, meine Herren, es ist kein Zweifel darüber, daß das Subjekt der Börsenverein ist.

Vielleicht darf ich darauf noch kommen: in dem Bericht ist in wörtlicher Uebereinstimmung mit der Ansicht des Herrn Dr. Liefmann gesagt:

Die Orts- und Kreisvereine stellen sich sonach .. als territorial abgegrenzte Preiskonventionen dar. . . Die örtlich abgegrenzten Vereine haben ferner Verein— barungen mit ähnlichen Vereinen getroffen. Das scheint mir eine tatsächliche Unrichtigkeit zu sein, soweit ich die Verhältnisse überschauen kann. Die Vereinbarung mit ähnlichen Vereinen beruht auf den von dem Börsenverein in der Hauptversammlung von 1902 beschlossenen Verkaufs⸗ bedingungen, sie ist also wieder ein Beschluß und eine Aktion des Börsenvereins. Da heißt es unter 3: ö Bei Verkauf an das Publikum nach auswärts sind die von dem vom Börsenverein anerkannten Orts⸗ und Kreisvereine für das betreffende Gebiet auf— gestellten Verkaufsbedingungen einzuhalten. Also, meine Herren, nicht einzelne Vereinbarungen, sondern eine Bestimmung des Börsenvereins. Das sind die für die juristische Beurteilung des korporativen und genossenschaftlichen . der Buchhändlervereinigung entscheidenden Gesichts⸗ punkte. Vorsitzender: Meine Herren! Es ist mir in der Dis⸗ kussion aufgefallen, daß über das Verhältnis zwischen dem Börsenverein und den Orts⸗ und Kreisvereinen anscheinend keine Uebereinstimmung der Auffassung besteht. Es wäre sehr erwünscht, wenn der weitere Verlauf der Diskussion diesen Punkt etwas klären würde. Aus der Rede des Herrn Vor⸗ redners ging hervor, daß man zum Teil das Verhältnis anders auffaßt, als es vorhin dargestellt worden ist. Ich bitte namentlich auch die Herren Vertreter des Börsenvereins, durch Darlegung der Organisation zur Klärung dieser Frage beizu⸗ tragen. Buchhändler Prager-Berlin: Meine Herren! Ich würde mich freuen, wenn ich sagen könnte, daß der Börsenverein ein Kartell ist; denn ich bin gar kein Gegner der Kartelle, im Gegenteil, ich halte sie für eine wirtschaftliche Notwendigkeit bei der ungeregelten Produktion und für ein Mittel, die Pro⸗ duktion zu einem richtigen Ende zu führen. Leider ist das aber im Buchhandel absolut nicht möglich; leider haben wir im Buchhandel keine Einwirkung auf die Produktion, und wenn ich mich auf Herrn Staatssekretär Grafen von Posadowsky berufen darf, der die Kartelle folgendermaßen in seiner Er⸗ öffnungsrede charakterisiert hat: Als Grundtendenz der Kartelle kann bezeichnet werden, daß sie die Erzielung angemessener Preise auf Grund der Anpassung der Produktion an den Bedarf be⸗ zwecken, so ist damit bestimmt die Grundlage und auch tatsächlich der Wunsch bei der Begründung der Gebilde, die man Kartell genannt hat. Ich glaube nun nicht, daß wir hier für unsere Zwecke eine ganz besondere Begriffsbestimmung aufstellen können, sondern wir müssen diejenige nehmen, die bis jetzt für ein Kartell maßgebend gewesen ist. Es handelt sich also um die Festlegung der Produktion, und dies ist im Buchhandel in der Tat nicht zu machen. Jeder Produzent, jeder Verleger produziert für sich ohne Rücksicht auf seine Mitproduzenten; das ist ja gerade das Grundübel im Buchhandel, und das ist ja der Grund der sogenannten Ueberproduktion. Die Ueber⸗ produktion im Buchhandel ist eine andere als die auf anderen Gebieten. Es handelt sich hier nicht darum, daß zu viel pro⸗ duziert wird von den einzelnen Artikeln, sondern daß ver⸗ schledene gleichartige oder wenigstens ähnliche Artikel einander Konkurrenz machen. Der Vertreter der Behörde, der die Be⸗ sprechung über das Kartellwesen einleitete, erklärte in der Er⸗ öffnungssitzung vom 14. November 1902: Unter Kartellen, Syndikaten und Konventionen versteht die Behörde alle Vereinigungen von selbständigen Unternehmern, welche den Zweck verfolgen, auf Grund⸗ lage eines privatwirtschaftlichen Vertrages eine Ein⸗ wirkung auf die Preise der von ihnen hergestellten oder vertriebenen Erzeugnisse auszuüben. Man könnte nun sagen: der Buchhandel sucht auf die Preise eine Einwirkung auszuüben. Aber das ist auch nicht richtig. Die Preise werden von den Verlegern festgestellt,

und der Buchhandel sucht nur eine Einwirkung insofern aus⸗ zuüben, als er die von den Verlegern festgestellten Preise aufrecht⸗ zuerhalten sucht, oder sagen wir besser: daß der einzelne Ver⸗

leger den von ihm festgestellten Preis aufrechtzuerhalten wünscht. Das ein Kartell zu nennen, ist meiner Ansicht nach durchaus unzulässig. Wir würden dann eine neue Kategorie schaffen, und das können wir doch nicht; wir müssen uns doch an die Definition halten, die allgemeine Geltung hat.

Es ist dann die Frage aufgeworfen worden, ob nicht die Orts⸗ oder Kreisvereine ein Kartell bildeten insofern, als sie auf die Preisbemessung einen Einfluß ausübten. Das ist aber auch nicht der Fall. Erstens muß die Preisbemessung, die Erzielung angemessener Preise, immer eine Anpassung des Bedarfs an die Produktion bezwecken; das fällt beim Buch⸗ handel vollständig weg. Es wird nicht etwa Rabatt gegeben, weil ein anderes gleichwertiges Buch existiert, deshalb also dieses billiger gegeben werden muß; das wäre eben eine An⸗ passung an die Produktion, soweit dies die Händler machen können. Das ist aber nicht der Fall; es wird ganz einfach Rabatt gegeben, um Kunden heranzuziehen.

Was die Organisation des Buchhandels anbetrifft, so möchte ich auf die Frage eingehen: wie verhalten sich die Kreisvereine gegenüber dem Börsenverein. Die Kreisvereine haben sich ursprünglich neben dem Börsenverein entwickelt, und die Organisation von 1887 hat die Kreisvereine eingegliedert in die Organisation insofern, als sie Organe des Börsenvereins geworden sind, was dadurch zur Geltung kommt, daß der Börsenverein ihre Satzungen bestätigt. Die Kreis- und Orts⸗ vereine sind, wie Herr Brockhaus schon angeführt hat, in vielen Beziehungen souverän insofern, als der Börsenvereins— vorstand gewissermaßen gezwungen ist, gewisse Dinge, die ihm vorgelegt werden, zu genehmigen. Auf der anderen Seite aber hat er immer einen Einspruch, und insofern sind sie dem Börsenverein untergeordnet; sie können aber jedenfalls eine besondere Preispolitik nicht verfolgen, namentlich wenn sie in einer Richtung gehen sollte, die entgegen der ganzen Richtung des Börsenvereins ist. Ich glaube deshalb, man braucht in der Tat gar keinen großen Wert darauf zu legen, ob der Börsenverein ein Kartell genannt wird oder nicht; aber nach dem, was man jetzt unter Kartell versteht, ist meiner Ansicht nach der Buchhandel nicht unter diese Kategorie zu bringen. Die Organisation der Orts- und Kreisvereine können wir aus den schon angeführten Gründen auch nicht als Kartell be⸗ zeichnen, weil eben ihre Preisbilbung, soweit davon über⸗ haupt die Rede sein kann, nur einseitig ist nach einer bestimmten Richtung, jedenfalls aber niemals gegen die Richtung des Börsenvereins sein kann.

Vorsitzender: Aus den Ausführungen des Herrn Vor— redners bin ich doch noch nicht zu einer vollständigen Klarheit darüber gekommen, wie das Verhältnis zwischen den Kreis⸗ und Ortsvereinen und dem Börsenverein ist. Ich hoffe, daß nachher noch von anderer Seite auf dieses Verhältnis ein⸗ gegangen werden wird. Einstweilen habe ich aus dem Gesagten geschlossen, daß die Kreis⸗ und Ortsvereine Organe des Börsenvereins sind, daß der Börsenverein ihre Statuten zu genehmigen hat, daß er unter Umständen auch auf ihr Vorgehen in bezug auf die Preisbildung insofern einen Einfluß ausüben kann, als er eine seinen Tendenzen entgegengesetzte Preispolitik verhindern kann, daß aber der Börsenverein als solcher im übrigen nicht in der Lage ist, die Preispolitik der Kreis- und Ortsvereine vorzuschreiben. (Zuruf: Er hat das Bestätigungsrecht! Vermutlich werden wir nachher noch einmal auf diesen Punkt zurückkommen.

Universitätsprofessor, Geheimer Rat Dr. Wach-⸗Leipzig: Ich halte es für besser, wenn die Frage des Kartells jetzt erst erledigt wird; ich für meine Person wollte nicht zu dieser, sondern zu der Frage der Mittel der Organisation und ihrer Handhabung sprechen. Ich bitte also, mir nachher das Wort zu geben, wenn die Kartelldiskussion abgeschlossen ist.

Verlagsbuchhändler Geheimer Kommerzienrat Kröner⸗ Stuttgart: Es ist der Wunsch ausgesprochen worden, daß diejenigen, welche im Jahre 1887 an den der Schaffung des neuen Börsenvereins vorausgegangenen Beratungen teilnahmen, sich über die Frage äußern möchten, ob dieser Verein ihrer Meinung nach als ein Kartell anzusehen sei oder nicht. Ich möchte mich hier nur auf die Arbeit des Herrn Regierungs⸗ rat Dr. Voelcker berufen, welcher diese Frage in ganz klarer Weise und im vollen Einverständnis mit dem, was uns damals leitete, besprochen hat. Es ist da gesagt:

Die Regelung der Rabattverhältnisse liegt im wesentlichen bei den örtlichen Büchervereinen. Diese Vereine bilden einen integrierenden Bestandteil des Börsenvereins. Nach den Satzungen desselben dienen sie zur Förderung der besonderen geschäftlichen Auf— gaben der verschiedenen Geschäftszweige des Buch⸗— handels, zur Wahrung örtlicher Interessen und zur Unterstützung des Börsenvereins in seiner Vertretung der allgemeinen Interessen des deutschen Buchhandels. Die Satzungen dieser Vereine sind dem Vorstande des Börsenvereins zur Genehmigung vorzulegen. Den Orts- und Kreisvereinen ist es überlassen, sich in ihren Verkaufsbestimmungen Beschränkungen aufzu⸗ erlegen, die über das von den Satzungen des Börsen⸗ vereins Geforderte noch hinausgehen, es bleibt jedoch den betreffenden Vereinen überlassen, die Durchführung und Aufrechterhaltung solcher Beschränkungen selbst zu überwachen und zu schützen.

Die Orts- und Kreisvereine stellen sich sonach, soweit die Regelung der Rabattfrage in Betracht kommt, als territorial abgegrenzte Preiskonventionen dar, innerhalb ihres Gebietes dürfen die einzelnen Exemplare einer Auflage bezw. eines bestimmten Werkes nur zu einem einheitlichen Preise verkauft werden. Die örtlich abgegrenzten Vereine haben ferner Vereinbarungen mit ähnlichen Vereinen ge⸗ troffen, wonach bei Verkäufen in ihre gegenseitigen Absatzgebiete die für diese festgesetzten Bestimmungen einzuhalten sind. Die Aufrechterhaltung der Ver⸗ einbarungen wird gewährleistet durch die Einrichtungen und Maßnahmen dez Börsenvereins, dessen Tätigkeit

jenen Preiskonventionen gegenüber als die einer Aufsichtsinstanz und eines schiedsrichterlichen Organs bezeichnet werden kann. Man kann daher den Börsen—⸗ verein als solchen nicht wohl als ein Kartell bezeichnen, sondern nur als das gemeinsame Organ einer im Kartellverhältnis zu einander stehenden größeren Zahl von buchhändlerischen Preiskonventionen. Da jeder Verstoß gegen die von jenen getroffenen Abmachungen zugleich einen Verstoß gegen die Satzungen des Börsenvereins in sich schließt, da ferner jedes Mit⸗ glied eines anerkannten Kreis- und Ortsvereins zu⸗ gleich Mitglied des Börsenvereins sein muß, so steht dem letzteren gemäß seiner Satzungen das Aus⸗ schließungsrecht gegen jedes renitente Mitglied eines Orts⸗ und Kreisvereins zu. Da aber eine Aus⸗ schließung aus dem Börsenvereine den Geschäftsbetrieb eines Buchhändlers außerordentlich erschwert, wenn nicht unmöglich macht, so erklärt sich, wie die Orts⸗ und Kreisvereine dank ihrer organischen Eingliederung in den Börsenverein imstande sind, die Durch⸗ führung ihrer Vereinbarungen und Abreden zu sichern. Meine Herren, klarer als es hier ausgedrückt ist, kann man in der Tat nicht wiedergeben, was damals bei Schaffung der neuen Vereinbarungen über diese Frage von uns gedacht wurde, und ich kann meine Meinung nur dahin aussprechen, daß das, was von Herrn Regierungsrat Dr. Voelcker hier niedergelegt ist, auch heute noch vollständig unseren Anschauungen ent— spricht. (Zustimmung bei den Verlegern.)

Vorsitzender: Vielleicht gestatten die Herren, daß ich noch eine Bemerkung dazwischen mache. Es war vorhin, ich glaube, von Herrn Brockhaus, darauf aufmerksam gemacht, daß die Orts⸗ Und Kreisvereine nach dieser Richtung selbständig vorgehen könnten, und es war andererseits von Herrn Professor Dr. Schulz ein Brief verlesen worden, aus dem anscheinend das Gegenteil hervorging. Vielleicht erklärt sich nun nach den Darlegungen des Herrn Geheimrat Kröner die Sache dadurch, daß in bezug auf die Einhaltung des Ladenpreises das, was der Börsenverein angeordnet hat, als Minimum anzusehen ist, daß aber darüber hinaus noch die Kreis- und Ortsvereine weitere Beschränkungen beschließen können. (Zustimmung bei den Buchhändlern, Dann würde ja der Widerspruch gelöst sein, ich würde hiernach annehmen, daß um auf den an— geführten Fall zu exemplifizieren man den Herren, die in Dresden beteiligt waren, verweigert hat, hinter dem zurück— zubleiben, was der Börsenverein als Minimum vorgeschrieben hat, daß man ihnen aber gestattet haben würde, weitere Be— schränkungen eintreten zu lassen.

Verlagsbuchhändler Albert Brockhaus⸗Leipzig: Meine Herren! Gestatten Sie mir, ganz kurz auf den Dresdener Fall einzugehen. Bevor ich das tue, möchte ich noch auf etwas anderes zurückkommen. Wenn ich Herrn Professor Schulz richtig verstanden habe, sagte er, die Hauptver— sammlung des Börsenvereins habe jene drei Verkaufsbe— stimmungen Paragraphen genehmigt, welche hier in dem Referat abgedruckt sind und welche fuͤr uns maßgebend sind. Das ist nicht richtig. Der Hauptversammlung ist nur mitgeteilt worden, daß die Kreis- und Ortsvereine in ihrer Delegiertenversammlung beschlossen haben, die 85 1 bis 3 in der bekannten Weise zu fassen. Also es ist vollkommen das souveräne Recht der Orts- und Kreisvereine gewahrt worden, ihrerseits die Rabatte für ihr Gebiet und für Lieferungen nach ihrem Gebiet festzusetzen. Im großen und ganzen sind für uns die Gesichtspunkte maßgebend, die Herr Professor Schulz angeführt hat aus den Satzungen. Die Konstruktion läßt sich nicht klarer und hübscher geben, als sie Herr Regierungsrat Dr. Voelcker hier gegeben hat. Die Darstellung trifft ganz richtig den Sinn dessen, was Herr Geheimrat Kröner damals mit seinen Freunden geschaffen hat und was wir fortgesetzt haben und welter ausführen. Was nun den Dresdner Fall anbetrifft, so liegt die Sache in kurzem folgendermaßen. Der Verein der Dresdener Buchhändler und der Verband für das Königreich Sachsen zwei Vereine, die in Dresden bestehen beschlossen übereinstimmende Verkaufsbestimmungen im Juli 1903. Diese enthalten in 53 die Bestimmung, daß sämtliche Ausnahmebestimmungen, also auch die höheren Rabatte an die Königliche Bibliothek, abge⸗ schafft werden sollten. Der Beschluß ist in einer Hauptversammlung gefaßt worden. Nun faßten im Jahre 1904 der Vorstand des Dresdener Vereins und des Verbandes Sachsen den entgegen⸗ stehenden Beschluß, die 100 / für die Königliche Bibliothek zu gestatten. Es war die Pflicht des Börsenvereinsvorstands die Dresdner Lieferanten darauf aufmerksam zu machen, daß nicht ihre Vor⸗ stände, sondern nur ihre Hauptversammlungen in der Lage seien, einen von einer Hauptversammlung gefaßten Beschluß abzuändern. Ich habe ihnen namens des Vorstandes zu er⸗ klären gehabt: entweder es wird eine Hauptversammlung ein⸗ berufen, die eine Ergänzung zu 83 beschließt, daß die König⸗ liche Bibliothek 100, bekommt; oder es bleibt bei dem Be— schlͤuß der beiden Hauptversammlungen, dann müßt ihr die Lieferung mit 100, ablehnen. So ist die Einwirkung des Börsenvereins in diesem Falle gewesen, und ähnlich gestaltet sie sich in allen anderen Fällen. Meine Herren, die Orts⸗ und Kreisvereine wissen ganz genau, ob es droht, daß in ihrem Gebiete Rabatte, die bewilligt worden sind, Nachahmer finden, ob ihnen droht, daß neue Aus nahmebestimmungen ver⸗ langt werden, oder ob sie das nicht zu befürchten haben. Je nach dem einen oder andern Falle wenden sie sich vorher an den Börsenverein und teilen sie uns vorher gelegentlich ihre Ansicht mit, oder sie unterlassen es. Ist das geschehen seit dem Erscheinen von Prof. Büchers Schrift, so habe ich jedem einzelnen dieser Vereine geschrieben, daß ich im Namen des Vorstandes Sie bitten möchte, die Reibungsflächen zwischen Buchhandel und Bibliotheken nicht zu vermehren, daß sie aber das ausführen sollten, was vor zwei Jahren die Hauptver⸗ sammlungen ihrer Orts- und Kreis vereine beschlossen hätten, entweder die Ausnahmebestimmungen abzuschaffen oder gewisse Ausnahmebestimmungen, Uebergangsbestimmungen weiter be⸗

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stehen zu lassen. Meine Herren, der Vorstand ist außerhalb der statutarischen Rechte machtlos gegenüber dem, was die Kreis- und Ortsvereine beschlossen haben. Können sie es mit ihren wirtschaftlichen Interessen nicht vereinigen, die Ueber— gangsbestimmungen, Ausnahmebestimmungen weiter zu ge— währen, und führen sie einen Beschluß ihrer Hauptversammlung von vor anderthalb Jahren aus, so können wir ihnen nur sagen: diese Ausnahmebestimmungen werden aufgekündigt. Nun könnten Sie sagen: der Börsenverein hat soviel Macht, er müßte imstande sein, den Gegenwillen der Orts- und Kreisvereine zu brechen. Das ist tatsächlich nicht der Fall. Wir fassen uns auf als gerechte Richter. Wenn uns ein derartiger Wunsch zu Ohren kommt, haben wir uns die Frage vorzulegen: wird ein Interesse der buchhändlerischen Allgemein heit geschädigt durch die Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung dessen, was von uns verlangt wird? Dieser Gesichtspunkt ist für die Entscheidung allein maßgebend, und da ist denn bereits 1887 vom Vorstand des Börsenvereins erklärt worden, daß wir einen Rabatt von so und soviel für möglich, darüber hinaus für schädlich und für vom Börsen— vereinsvorstand nicht zu genehmigen ansehen. Auf Grund dieses damaligen Beschlusses, den alle späteren Vorstände bestätigt haben, hält sich der Börsenverein für berechtigt, die Ge— nehmigung zu versagen, falls über gewisse Preissätze hinaus Wünsche geäußert werden; aber nicht für berechtigt, irgend eine Gefiehmigung zu versagen, die innerhalb dieser Grenze liegt, wenn der betreffende Verein auf seiner Hauptversamm— lung den Beschluß rite gefaßt hat. Ich möchte also, als das Einfachste, mich beziehen wie eben Herr Geheimrat Kröner auf den Sachbericht von Herrn Regierungsrat Dr. Voelcker. Es sind richtig dargestellt: das Aussichtsrecht, das Genehmi— gungsrecht, das Einspruchsrecht des Börsenvereinsvorstandes, und es ist richtig, wenn gesagt wird: wenn, über die „besonderen Verkaufsnormen“ des 5 3 Ziffer 5 der Satzungen hinaus, von den Orts- und Kreisvereinen anderes beschlossen wird zum Beispiel, es soll nicht erlaubt sein, in einem Ladenfenster Antiquaria und neue Bücher durcheinander auszustellen, da— durch werde der Anschein des unlauteren Wettbewerbs er— weckt —, so sei das eine Bestimmung, die der Börsenverein nicht schütze, wenn dagegen gefehlt werde, sondern er sage dann: schützt euch selber. Insofern gibt es also tatsächlich und dadurch erklärt sich der anscheinende Widerspruch Be⸗ stimmungen, die der Börsenverein nicht schützt, und andere, die er schützt und zu schützen verpflichtet ist.

Vorsitzender: Zu der Frage, deren Besprechung wir vorhin unterbrochen haben, ob es sich um ein Kartell handelt, wollte Herr Dr. Lehmann das Wort haben.

Buchhändler Dr. Lehmann⸗Danzig: Herr Geheimrat Kröner und Herr Brockhaus haben die Sache nach meiner Ueberzeugung ganz richtig auseinandergesetzt. Es könnte aber noch wünschenswert sein für die Herren, die nicht im Buch— handel stehen, die ganze Entwicklung, wie die Sache geht, zu beleuchten. Es ist die Frage erörtert worden, ob die Orts⸗ vereine Preiskonventionen darstellen. Meine Herren, dieser Ausdruck „Preiskonvention“ kann nur in ganz geringem Maße zutreffend sein, denn die Preiskonvention ist bereits gegeben gewissermaßen durch die Differenz zwischen Ladenpreis und Nettopreis. Es kann daher unter den bestehenden geschäftlichen Verhältnissen der Buchhandel in der Provinz sowie der Kreis— verein unter eine gewisse Minderung des Ladenpreises nie heruntergehen, weil sonst der ganze Buchhandel in die Brüche gehen würde. Also eine Preiskonvention wie bei anderen Kaufleuten ist bei uns absolut unmöglich, infolge dieser Differenz, die überhaupt feststeht. Wir wollen sagen, ein Buch wirft in einer bestimmten Gegend einen Reingewinn von 100sᷣ ab, wieviel könnte denn da schließlich überhaupt die Preis⸗ konvention von den 100, ablassen, wenn sie darunter ginge? Denn die Preiskonvention was wir hier Preiskonvention nennen dreht sich doch immer nur um den Punkt, wieviel noch von dem Ladenpreis abgelassen werden kann. Und was von dem Ladenpreis abgelassen werden kann, das geht nicht von 25 oder 300/ oder, wie gar in der Denkschrift von Herrn Regierungsrat Dr. Voelcker gesagt ist, von „zwischen 30 und 40079“ ab, sondern das geht von diesem kleinen Spielraum von 100½ oder 150, ab, im Durchschnitt bleibt ein Reingewinn von 10, vielfach aber nur von 5oso. Darum kann es sich bei dieser Preiskonvention nur um diesen Spiel— raum handeln: ob von diesem Durchschnittssatz von 100 Reingewinn der Gewinn ist vielfach aber geringer noch etwas abgehen kann und wieviel. Nun, meine Herren, kann immer eiwas abgehen. Es ist ja möglich, daß ein Buch⸗ händler plötzlich unter dem Nettopreis verkauft, das heißt unter dem Preise, zu dem er selbst eingekauft hat. 3. B. es wird eine Anzeige erlassen in den glänzendsten Farben: der Verleger verbürgt sich auf das äußerste, daß das Buch kolossal gehen wird, und ein Sortimenter kauft beispielsweise daraufhin 100 Exemplare. Er vergibt sie dann aber unter dem Netto⸗ preise, um sie nur los zu werden und dadurch wenigstens noch ein paar Mark zu retten. Das wäre die einzige Möglichkeit, weit von diesem Ordinärpreise herunterzugehen. Meine Herren, da handelt es sich aber tatsächlich nicht mehr um eine Preiskonvention, sondern da handelt es sich um die Existenz dieses betreffenden Buchhändlers.

Dann, meine Herren, möchte ich auch darauf aufmerksam machen: der Buchhandel ist so eine Eigenart für sich, daß er sich in alle die termini technici, die sonst für das Geschäft und den Handel gelten, gar nicht fassen lassen kann. Wollten Sie ihn unter den Begriff Kartell bringen, so würden Sie sich in Gefahr begeben ich wollte mir die Freiheit nehmen, als praktischer Mann das den Herren von der National⸗ ökonomie einmal zu sagen —, diesen Buchhandel zu vernichten. Er läßt sich eben nicht mit solchen termini technici, die für andere Sachen gültig sind, fassen und nicht nach deren Maß messen. Also, meine Herren, die Kreis- und Ortsvereine sind nur Konventionen, die sich dagegen schützen, daß plötzlich in dem Umkreis, in dem sie leben, durch ungewöhnliche Preis ermäßigung der ganze Buchhandel in Gefahr gerät. Denn

sobald das Publikum sich einbildet, der Buchhandel verdient so viel daran, daß er 300,0 Rabatt geben kann, dann ist der Buchhandel vernichtet. Diese Meinung hat unzweifelhaft auch auf Professor Bücher eingewirkt; diese Meinung, daß der Sortimenter so viel verdiene, ist so weit verbreitet, daß wir Sortimenter und dadurch unterscheiden wir uns von den anderen Herren, die wütend sind auf Herrn Professor Bücher, (Heiterkeit) aufgejubelt haben, wie das Buch erschien. Wir haben aufgejubelt, als diese bisher stille und schleichende Meinung über unseren großen Gewinn durch einen Mann der Wissenschaft aufgestellt wurde und wir nun in die Lage kamen nachzuweisen, daß wir tatsächlich der Auspoverung und dem Untergange entgegensehen. Das ist der Grund, weshalb wir Herrn Professor Bücher gar keinen Groll nachtragen; im Gegenteil, wir tragen nur denjenigen Groll nach, die ihn falsch unterrichtet haben.

Vorsitzender: Meine Herren! Wir werden diese Frage des Reingewinns vielleicht nachher noch behandeln können, wenn wir die Frage des Buchhändlerrabatts besprechen. Universitätsprofessor Nippold-Jena: Meine Herren! Ich wollte nur mit einem kurzen Wort darauf hinweisen, daß mit den Statuten von 1887 etwas bezweckt werden sollte, was sich eben ganz anders gestaltet hat. Unter den Ursachen, die zu der Sympathie für den Akademischen Schutz⸗ verein an vielen Universitäten geführt haben, steht das obenan, daß man etwas wiederherstellen möchte, was vor den Statuten von 1887 da war und was durch sie unmöglich gemacht wurde. Es bezieht sich das auf das Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern, oder an den Universitäten zwischen Professoren und Studenten. Da waren früher Ein⸗ richtungen möglich, die durch die Statuten ausgeschlossen werden. Ich glaube, der Chef der Firma Breitkopf K Härtel wird in der Lage sein, das zu bestätigen, was ich als Folge dieser Statuten von 1887 anführen möchte. Denn ich erkenne jetzt nach dem, was vorher mitgeteilt wurde, wie das, was zu dem Akademischen Schutzverein führte, in der Tat ein Rückschlag war gegen die Erfahrungen, die damals gemacht wurden. Mein berühmter Vorgänger Hase hatte in seinen Kollegien sein eigenes Lehrbuch zu Grunde gelegt und konnte natürlich, da er im Grunde auch sein eigener Verleger war, es anders machen als andere Professoren. Aber es ließ sich doch das aufrechterhalten, was damals vielmals geschehen ist, daß den Studierenden das zu Grunde gelegte Lehrbuch direkt billiger in die Hand gegeben werden könnte. Ich hatte die Vergünstigung, das Hasesche Lehrbuch in Jena weiter zu ver⸗ breiten und auch den Studierenden direkt, also ohne Ver⸗ mittlung des Soͤrtimenters, dieses Buch in die Hand zu geben. Ich will einschalten, daß ich sehr sympathisch den Grundsätzen gegenüberstehe, die den Verlag dazu geführt haben, den Sortimentsbuchhandel zu schützen. (Bravo! bei den Buch— händlern Es ist ein gutes Stück Mittelstandspolitik, das darin liegt. (Bravoh Aber es müssen doch solche Dinge daneben möglich sein, daß Professoren Bücher direkt billiger beziehen können, die nicht erst vom Sortiment bezogen werden. In meinem Falle stand es nun so, daß, als mir mitgeteilt wurde, es muß der Rabatt gestrichen werden, es mir nicht mehr möglich war, das Handbuch in bisheriger Weise zu be⸗ ziehen. Es war eine größere Zahl von Exemplaren in den drei Jahren 1884 bis 1857 regelmäßig bezogen worden; das hörte nun auf, ohne daß irgend ein Sortimenter Vorteil davon hatte, weil sich das Buch nun nicht mehr den Vorlesungen zu Grunde legen ließ. Das ist also eine tatsächliche Erfahrung, und ich glaube, gerade für die Herren Verleger werden die tatsächlichen Erfahrungen nicht unwesentlich sein, die nun die Stimmung hervorgerufen haben, wie sie im Akademischen Schutzverein zum Ausdruck gekommen ist.

Verlagsbuchhändler R. Voigtländer⸗Leipzig: Meine verehrten Herren! Im Anschluß an den Dresdner Fall hat Herr Professor Dr. Schulz vorhin den Schluß gezogen, daß die treibende Kraft in diesen Dingen nicht etwa die Kreis⸗ und Ortsvereine seien, sondern der Börsenverein. Dieser Schluß ist sowohl nach den augenblicklichen tatsächlichen Ver⸗ hältnissen unrichtig als auch nach der historischen Entwicklung, und da auf diese Dinge doch etwas ankommt, so glaube ich, daß ich zur Klärung beitrage, wenn ich diese Entwicklung kurz schildere.

Im Laufe der 70er Jahre war die Notlage des Sor⸗ timentsbuchhandels derartig gestiegen, daß die Klagen unauf⸗ hörlich von allen Seiten hervortraten. Es führte das zu der Einberufung der sogenannten Weimarer Konferenz im Jahre 1878. Daz hauptsächliche, bleibende und wichtigste Ergebnis dieser Konferenz war der Rat an den Sortimentsbuchhandel, sich in Orts- und Kreisvereine zusammenzuschließen, um ge⸗ ordnet und organisiert seine Wünsche und Bedürfnisse geltend zu machen. Das ist in den nächsten Jahren geschehen. Die Orts- und Kreisvereine schlossen sich zu einem Verbande zu⸗ sammen. Dieser Verband entwickelte sich neben dem Börsen⸗ verein als eine von dessen Vorstand zuzeiten sehr unangenehm empfundene Nebenregierung. Die Kämpfe wurden so leiden⸗ schaftlich, daß sie unauslöschlich denjenigen, die sie mitgemacht haben, in Erinnerung bleiben werden. Der Börsenverein ver⸗ hielt sich zurückhaltend, hemmend, zögernd. Erst als die Zu⸗ stände derart auf die Spitze getrieben waren, daß der Bestand des Börsenvereins in Frage gestellt war, entschloß dieser sich zu einer Reform seiner Satzungen, die im Jahre 18387 in Frankfurt beschlossen worden ist. Aus dieser Entstehungsge⸗ schichte heraus erklärt es sich, daß noch heute die Gesamtheit des Börsenvereins gegenüber dem Verbande der Orts—⸗ und Kreisvereine das zurückhaltende und mäßigende Element ist. In welcher Lage sich auch heute noch der Börsenverein befindet, werden Sie aus der einen Tatsache ermessen, daß, als zwei Jahre nach der Frankfurter Versammlung, 1889, der Vor⸗ stand des Börsenvereins einen Schritt zu tun beabsichtigte, der als Rückschritt angesehen wurde, er dem Sturm der Entrüstung der Vereine weichen mußte; der Gesamtvorstand mußte damals zurücktreten. So, meine Herren, steht die Sache heute noch. Dersenige Vorstand des Börsenvereins, der es wagen würde,