1904 / 135 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 10 Jun 1904 18:00:01 GMT) scan diff

Deutscher Reichstag. 94. Sitzung vom 9. Juni 1904. 1 Uhr.

Zur dritten Beratung steht zunächst der Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Bekämpfung der Reblaus.

Ueber den ,, der Sitzung wurde in der gestrigen Nummer des Blattes berichtet.

Nach dem Abg. Dr. David (Soz.) nimmt das Wort der

Abg. Del * (b. k. 69 Daß dieser Antrag von der linken Seite eingebracht worden ist, ist für uns staunenswürdig. Die sozial⸗ demokratische Partei, die sonst stets zentralistisch denkt und arbeitet, . hier für die , ,, der Winzer und für die Einzelstaaten eingetreten. Der Vorredner ist ganz offen als freiwilliger Regierungs⸗ kommissar auf den Plan getreten. Bei uns im Elsaß ist es so weit gekommen, daß unsere Winzer so verzweifelt sind, daß sie am liebsten den Weinbau aufgeben möchten; sie finden kein Geld auf Hypotheken usw. Wenn man gesagt hat, man muß mit den Rebläusen leben, so kommt mir das so vor, als wenn jemand sagte, man hat ein Interesse daran, Filzläuse zu haben. Ich bitte Sie, den Antrag der Sozial⸗ demokraten abzulehnen.

Abg. Erzberger (Zentr.): Wir haben es nicht nötig, uns von den Sozialdemokraten eine Auslegung des achten Gebots geben zu lassen. Ich halte an meiner Auffassung über die Rede des Abg. Schulze fest. Der Abg. Gröber hat sich auch auf das unkorrigierte Stenogramm des Abg. Schule berufen. Wo bleibt der erziehliche Wert des sozial⸗ demokratischen Antrags, wenn die Winzer angehalten werden sollen, selber der Seuche entgegenzutreten, und wenn die Rebläuse schließlich wieder geschont werden sollen? Dann ist das Resultat des Antrags

leich C00. Wenn man, wie hier die Sozialdemokraten, mit dem Hide geht, befindet man sich nicht immer in bester Gesellschaft.

Abg. Dr. Müller Sagan (fr. Volksp. ): Ich begreife nicht, daß der Antrag Auer beim Zentrum und den Nationalliberalen eine so große Erregung hervorgerufen hat. Ein Zwang zur Uebertragung der Kosten auf die Interessentenverbände ist ja nicht ausgesprochen. Würde es denn wirklich unbillig sein, daß die Erben von Stumm usw. schärfer dabei herangezogen werden, als die kleinen Winzer? Insofern enthält der Antrag einen Fortschritt. Eine Entschädigung der Reb⸗ schulbesitzer durch den Staat halte ich für notwendig, weil sie den Interessen der Allgemeinheit dient. Der Abg. Blankenhorn hat sein Bedauern ausgedrückt, daß die Sozialdemokraten in der dritten Lesung einen Verbesserungsantrag eingebracht haben. Ich frage, wozu ist eine dritte Lesung da? Ich würde mich nicht scheuen, ebenfalls einen An— trag für die Rebschulbesitzer einzubringen, wenn ich die nötigen Unter—⸗ schriften dafür fände. Ich verzichte aber darauf im Interesse des Zu⸗ standekommens des Gesetzes. Ich werde für das Gesetz stimmen, weil es einen Fortschritt gegenüber dem gegenwärtigen Zustande darstellt. Ich wünsche nur, daß das Gesetz loyal durchgeführt werde. Nachdem Graf von Posadowsky wiederholt eine Parallele zwischen diesem Gesetz und dem Reichsseuchengesetz gezogen hat, müssen die staatlichen Organe dafür sorgen, daß nicht unnötig künstliche Härten in der Abgrenzung der betroffenen Bezirke geschaffen werden.

Abg. Vogt⸗Hall (wirtsch. Vgg.) beantragt, daß auch eine Entschädigung gegeben werde für die durch ein Veräußerungsverbot entwerteten Reben.

Abg. Schüler (Zentr.) erklärt sich dagegen, daß den kleinen Leuten Lasten auferlegt werden, und bedauert deshalb, daß sein Antrag zu Gunsten der Rebschulenbesitzer in der Kommission abgelehnt worden sei. Baden habe bereits die Entschädigung auf Kosten des Staats, . ⸗‚. das kleine Baden könne, müsse das große Deutsche Reich auch können.

Abg. Dr. David erklärt, er halte seine Auffassung aufrecht, daß der Abg. Gröber sich eines Irrtums schuldig gemacht habe. Die Zentrumspresse habe sich der Sache bemächtigt und werde sie sich nicht so bald aus den Zähnen ziehen lassen. Aber dies solle für den Abg. Gröber kein Vorwurf sein. Der Abg. Erzberger habe sich zu einer anderen Auffassung noch nicht bekehrt, und daraus müsse er (Redner) seine Schlüsse auf die Zentrumspresse ziehen. Der erziehliche Zweck des Antrages werde hoffentlich wenigstens bei den großen k erreicht werden; von einem Widerspruch in dem Antrage könne keine Rede sein. In den Einzellandtagen, in denen die Sozialdemokratie vertreten sei, werde dafür gesorgt werden, daß bei Regelung der Entschädigungs⸗ frage die kleinen Winzer geschont werden. Wenn man wünsche, a es im preußischen Landtage ebenso sei, so solle man dafür sorgen, da das pen i g Wahlsystem abgeschafft werde. Der Abg. Erzberger habe gesagt, die Gesellschaft des Bundesrats sei nicht die beste. Wenn aber die Gesellschaft des Bundesrats keine bessere sei, so sei das haupt⸗ sächlich die Schuld der Zentrumspartei.

Abg. Erzberger erwidert, daß der Abg. David keine Ver⸗ anlassung habe, der Zentrumspresse Verdrehungen in den Mund zu legen, wenn er selbst ihm (Redner) die Aeußerung in den Mund gelegt habe, daß der Bundesrat nicht die beste Gesellschaft sei; denn er habe nur gesagt, daß der Bundesrat nicht immer die beste Gesell⸗ schaft sei.

Damit schließt die Generaldiskussion.

In der Spezialdebatte wird der 8 3 mit einem redaktio— nellen Amendement Blankenhorn, das vom Abg. Schell— horn (nl.) begründet und von dem Kommissar des Bundes⸗ rats, Königlich bayerischen Assessor Freiherrn von Stein als Verbesserung anerkannt wird, angenommen.

Zu §z 6 empfiehlt der

Abg. Dr. Wolff (wirtsch. Vgg.) den oben mitgeteilten Antrag Vogt⸗Hall, der die kleinen Gärtner schützen solle, die gewerbsmäßig Reben verkauften. Die Wünsche der Handelsgärtner seien so begründet, daß die Regierung ihnen kein Unannehmbar“ entgegenstellen dürfe. Die Parallele mit den Viehseuchen treffe nicht zu, da die Viehseuchen immer vorübergehend seien. /

Kommissar des Bundesrats, Königlich bayerischer Assessor Frei⸗ herr von Stein erwidert, daß in der zweiten Lesung die Regierung bereits gegenüber dem Antrage Gröber, der dasselbe bezweckte, erklärt habe, daß dessen Annahme das Gesetz auf das ernsteste gefährden würde. Er habe dieser Erklärung nichts mehr hinzuzusetzen. Er bitte dringend, den Antrag nicht anzunehmen. Dagegen sei der Antrag Auer um so eher annehmbar, als von der Bildung von Interessenten⸗ verbänden nur hypothetisch die Rede sei.

Abg. Sartorius (fr. Volksp.) erklärt sich gegen den Antrag Wolff und gegen den Antrag Auer und empfiehlt die Kommissions⸗ fassung, deren wesentliche Bestimmung verhindern solle, daß die preußische Regierung nach ihrer gewöhnlicher Neigung die Lasten auf eine einzelne Provinz oder einzelne Bezirke abwälze.

Abg. Dr. Spahn (Zentr.) erklärt, er wolle, um ein Scheitern des Gesetzes zu verhindern, heute in der dritten Lesung sich nicht mehr auf den Antrag Vogt einlassen. Der Antrag Auer würde die kleinen Interessenten belasten. . .

Nach einigen weiteren Bemerkungen des Abg. Dr. Wolff und des Assessors Freiherrn von Stein spricht sich der

Abg. Freiherr Heyl zu Herrnsheim (nl gegen den Antrag Auer aus, weil die progressive Belastung der Interessentenverbände nach der Rente des Weinbaues bei der fich lic geringen Rente der

uten Lagen gerade die geringeren Lagen am meisten belasten würde, ö schwer bete et. Winzerstand sollte überhaupt vollständig befreit und das Reich belastet werden. .

Abg. Dr. Da vid bemerkt nochmals, daß die Sozialdemokratie in den Landtagen sich den Schutz der kleinen Winzer angelegen sein lassen werde. ; .

Abg. Freiherr Heyl zu Herrnsheim erklärt, er bleibe dabei, daß der Antrag Auer den Intexessen der kleinen Weinbauern geradezu widerspreche. ke würde höchstens einen Sinn haben, die Beträge nach dem Bodenwert zu bemessen, aber den Ertragswert zu Grunde zu legen, sei durchaus falsch. . .

Abg. Dr. David erwidert, daß der Vorredner den Sinn des Antrags noch nicht verstanden habe.

Die Anträge Auer und . werden ab⸗ e, der 86 wird nach den Beschlüssen zweiter

esung n,, desgleichen der Rest des Gesetzes und in der Gesamtabstimmung das Gesetz im ganzen.

Das Haus setzt darauf die zweite Lesung des Gesetz⸗ entwurfs, , Kaufmannsgerichte, fort.

Im § 5, der bie Zuständigkeit der Gerichte regelt, hat die Kommission entgegen der Regierungsvorlage auch die Konkurrenzklausel in der Form aufgenommen, daß auch Streitigkeiten zu ihrer Kompetenz gehören sollen, welche die Ansprüche aus einer Vereinbarung betreffen, durch die der Handlungsgehilfe oder Handlungslehrling für die * nach Beendigung des Dienst⸗ oder Lehrverhältnisses in seiner ge⸗ werblichen Tätigkeit beschränkt wird. .

Der § 5 wird ohne Debatte in dieser Fassung an⸗ genommen.

Nach 8 8 sind die Kosten der Einrichtung und Unter⸗ haltung des Gerichts von der Gemeinde oder dem weiteren Kommunalverbande zu tragen.

Ein Antrag der Abgg. Gothein (fr. Vgg. und Barg⸗ mann (fr. Volksp.) will die Kosten auf die Kasse desjenigen Bundesstaates übernommen wissen, in dessen Gebiet der Sitz des Gerichts sich befindet; Gebühren, Kosten und Strafen, die in Gemäßheit dieses Gesetzes zur Erhebung gelangen, sollen in die Staatskasse fließen.

Abg. Gothein: Man beruft sich darauf, daß auch die Gewerbe⸗ gerichte auf das kommunale Budget angewiesen sind. Für uns ist diese Analogie nicht zugkräftig; wir gehen davon au, daß die Rechts⸗ pflege Sache des Staates ist, und er dafür auch die Kosten zu tragen hat. Für den Vorschlag der Vorlage findet sich in der Begründun irgend etwas Stichhaltiges nicht angeführt; die Gemeinde soll einfa bluten und zahlen. Es kann von uns nicht als Logik anerkannt werden, daß wir ein zweites Mal sündigen müssen, weil wir ein erstes Mal gesündigt haben. Es ist die Moral der schiefen Ebene, wenn man sagt: die Sondergerichte sind von den Gemeinden zu bezahlen. Der Staat ist diel leistungsfähiger als die Gemeinden. Heute liegt ja System in dieser Abwälzung. Getroffen werden hauptsächlich die industriellen Gemeinden und die großen Städte. Diese haben ohnehin alle Ursache, sich vor übermäßigen Ausgaben zu schützen; aber der Staat und die Gesetzgebung häufen auf sie immer neue Lasten. Der preußische Staat schwimmt ja im Ueberfluß. Hat doch der Minister der öffentlichen Arbeiten sich gerade daruber entschuldigt, daß er einen so glänzenden Etat eingebracht habe. mag .

Stellvertretender Bevollmächtigter zum Bundesrat, Direktor im Reichsamt des Innern Caspar: Die Kaufmannsgerichte sind wie die Gewerbegerichte als eine Gemeindeeinrichtung gedacht und sollen als solche behandelt werden. 1890 hat man einen Antrag, die Kosten der Gewerbegerichte auf den Staat zu übernehmen, mit 71 Stimmen abgelehnt. Hier handelt es sich ja gewissermaßen nur um eine neue Kammer des Gewerbegerichts.

Abg. Dr. Hieber (nl.): Eine einzige Petition unter den vielen hierher gehörigen hat sich in ber Richtung des Antrags Gothein aus— gesprochen. Die Kommission hat in ihrer Gesamtheit diese finanzielle Frage völlig ausgeschieden, weil ihr Hineinziehen das Zustandekommen des Ganzen gefährden mußte.

Abg. Raab (wirtsch. Vgg.): Der Gedanke des Antrags ist durch⸗ aus gesund, wenn er auch keine Aussicht auf Annahme hat. Nachdem er einmal gestellt ist, bekennen wir uns ausdrücklich zu dessen Tendenz. Weil wir wünschen, möglichst viele Kaufmannsgerichte ein⸗ gerichtet zu sehen, wünschen auch wir, jedes finanzielle Hindernis möglichst aus dem Wege zu räumen, und werden deshalb für den Antrag stimmen.

Abg. Dove (fr. Vgg): Es handelt sich hier um Staatsgerichte, und die Folge ist doch, daß auch der Staat die Kosten trägt. Bei der Regierung scheint eine doppelte Theorie zu bestehen; handelt es sich um die Aufbringung der Kosten, dann spricht man plötzlich von Ein⸗ richtungen der Gemeinden.

Staatssekretär des Innern, von Posadows ky⸗Wehner:

Meine Herren! Gewiß sind die Gewerbegerichte auch ein Ausfluß der Staatshoheit, bezüglich der Justizhoheit des Staates. Daraus folgt aber noch lange nicht, daß sie nicht auch eine Gemeindeeinrichtung sind. Ich erinnere Sie daran, daß doch unzweifelhaft die Polizei auch ein Ausfluß der Staatshoheit ist; nichtsdestoweniger haben in gewissen großen Städten in Preußen, wo Königliche Polizeiverwaltungen sind, die sachlichen Kosten die Städte zu zahlen, und ferner haben nach preußischem Recht in allen anderen Gemeinden, wo keine Königliche Polizei besteht, die Städte sämtliche Kosten der Polizeiverwaltung zu tragen. Wenn man den Ausführungen des Herrn Vorredners folgen würde, könnte man eigentlich alle Ausgaben der Städte: die Gesundheitspolizei, die Gewerbepolizei, die Sicherheitspolizei auf die Schultern des Staates legen. Ich glaube, das sind eben hergebrachte Verhältnisse, an denen man so gelegentlich nichts ändern kann. Seinerzeit bei der Beratung des Gewerbegerichtsgesetzes hat sich nur eine einzige Stimme dafür ausgesprochen, die Kosten der Gewerbegerichte dem Staate aufzuerlegen, und wir können hier nicht eine Ausnahme machen von der bisherigen Praxis. Ich bitte Sie im Interesse des Zustandekommens des Gesetzes, den Antrag Gothein abzulehnen.

Der Antrag Gothein wird gegen die Stimmen der Freisinnigen abgelehnt, der S 8 unverändert angenommen.

§z ga, von der Kommission neu eingefügt, bestimmt u. a., daß zu Mitgliedern eines Kaufmannsgerichts Personen weib⸗ lichen Geschlechts nicht berufen werden können, womit den Frauen im Gegensatz zur Vorlage das aktive Wahlrecht ge—

eben werden soll, und daß das 25. Lebensjahr die untere Altersgrenze für die Berufung ins Gericht hilden soll.

Die br Auer und Genossen (Soz.) wollen den Ausschluß der Personen weiblichen Geschlechls von dem passiven Wahlrecht beseitigt wissen; der gleiche Antrag ist von den Abgg. Dr. Müller⸗Meiningen und Dove gestellt.

Die Abgg. Beck⸗-Heidelberg (nl), Henning (d. kons.) und Trimborn (Zentr,) beantragen, die Altersgrenze auf das 30. Jahr herau usetzen. . .

Die Beratung des 5 9a wird mit derjenigen des § 12 verbunden, nach welchem, entsprechend der Kommissionsfassung, zur Teilnahme an den Wahlen berechtigt sein soll, wer das 21. Lebensjahr vollendet hat. .

Die Abgg. Beck-Heidelberg (nl), Henning (d. kons.) und Trimborn (Sentr.) beantragen hier, das wahlfähige Alter nach der Vorlage auf 25 Jahre festzusetzen.

Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:

Meine Herren! Ich habe mich schon über diese Frage in der Kommission ausgesprochen, und meine Ausführungen finden sich im Kommissionsbericht. Ich kann mich deshalb hier darauf beschränken, ausdrücklich zu erklären, daß die verbündeten Regierungen weder das aktive noch das passive Wahlrecht der Frauen für die Kaufmanns gerichte annehmen werden, und ebensowenig die von der Kommission

Staatsminister Dr. Graf

beschlossenen Herabsetzungen des Alters der Wähler und Beisitzer. Meine Herren, das Gesetz würde nicht zustande kommen, wenn nicht der die Kommissionsbeschlüsse aufhebende Kompromißantrag vom hohen

Hause angenommen würde.

Da ich einmal das Wort habe, meine Herren, möchte ich mich auch über die Proportionalwahl aussprechen. Ich erkenne an, daß in der Proportionalwahl ein durchaus gesunder Gedanke ruht, und da, wo bei den Gewerbegerichten von der Proportionalwahl Gebrauch gemacht worden ist, sind im allgemeinen die Erfolge durchaus erfreulich gewesen. Aber das ganze Verfahren, die ganze Einrichtung ist doch noch so neu, man hat noch so wenig Erfahrungen auf diesem Gebiete gesammelt, daß es dringend erwünscht ist, die Proportionalwahl nicht obligatorisch zu machen, sondern sie wie im Gewerbegerichtsgesetz nur fakultativ zu belassen, und ich möchte deshalb das Haus dringend bitten, sich auch in dieser Beziehung auf die Regierungsvorlage zurück- zuziehen.

Abg. Trimborn: Nur die bestimmte Erklärung des Stagts⸗ sekretaͤrs veranlaßt uns, uns in bezug auf das aktive ung passive Wahlrecht der Frauen auf die Regierungsvorlage zurückzuziehen. Für das passive Wahlrecht ließe sich ja manches anführen, aber weltere Betrachtungen über diesen Gegenstand erübrigen sich. Was das aktive Wahlrecht der Frauen beirifft, so ist ein Teil meiner Freunde Gegner dieses Wahlrechts, weil damit der erste Schritt getan sein würde, die Frauen allgemein ins politische Leben einzuführen. Ein großer Teil meiner Freunde teilt diese Bedenken nicht. Wenn wir den Frauen wenigstens nicht auf kaufmännischem Gebiet gewisse Konzessionen machen, so entsteht die Gefahr, daß die Frauenbewegung ganz ins radikale Fahrwasser gerät. Wir können uns aber nicht dazu entschließen, an dieser Frage das ganze Gesetz scheitern zu lassen. Wir werden auch so vernünftige Beisitzer in die Kaufmannsgerichte bekommen, und die Kaufmannsgerichte werden nicht erheblich schlechter fungieren. Nichtsdestoweniger kann ich nur schmerzlich bedauern, daß wir in diese Notlage gebracht sind. Was das Alter der aktiven und passiven. Wahlfähigkeit betrifft so haben wir gemeint, es würde schwierig sein, die richtigen Kandidaten zu finden, wenn wir die Altersgrenze für die . auf 30 Jahre normieren. Aber auch dieser Punkt würde ein Scheitern der Vorlage nicht rechtfertigen. Bei der Herabsetzung der Altersgrenze für das aktive Wahlrecht auf das 21. Jahr hat uns bestimmt, daß der junge Kaufmann seine Lehrlingszeit hinter sich hat und entweder längere Zeit Gehilfe ge⸗ wesen ist oder auf höheren Schulen über die Volksschule hinaus seine Bildung erweitert hat. Ein großer Teil ist schon beim Gewerbe⸗ gerichtsgesetz für das 21. Jahr eingetreten, wir haben uns aber dem Wunsche der Regierung gefügt. Uebrigens geben wir hier nichts gegen- über dem Gewerbegerichtsgesetz in wesentlichen Punkten preis. Des— halb bitte ich Sie, unserem Antrage zuzustimmen.

Abg. Lipinski (Soz.): Bei der Zolltarifberatung hat sich das Haus nicht daran gekehrt, daß die Regierung gegen die Beschlüsse des Hauses Widerspruch erhob. Von einer Notlage kann also gar keine Rede sein. Andere Staaten sind uns hinsichtlich des Wahlrechts auf diesem Gebiete weit voraus. Ich erinnere an das österreichische und das italienische Gesetz. Hier soll für das Zentrum der Bundesrat eine angenehme Gesellschaft sein. Mit 25 Jahren kann man Gesetz⸗ geber sein, aber wenn man eines der Gesetze auslegen will, soll man mit einem Male 30 Jahre alt sein! Diese Logik verstehe ich nicht. Mit welchem Recht will man hier den Frauen das Recht verweigern, ihre eigenen Angelegenheiten zu ordnen? Selbst das reaktionäre Sachsen ist uns in dieser Beziehung weit voraus. Wie sollen die Handlungegehilfen entscheiden, ob das sittliche Empfinden? der weiblichen Angestellten verletzt worden ist, wenn man sich vorstellt, wie sie selbst oft von dem Prinzipal behandelt werden, was man sich gegen sie herausnimmt. Die männlichen Kollegen sehen in den Frauen ihre Konkurrentinnen. Die Handlungtgehilfinnen gehen heute keines wegs aus dem Stande der Dienstmädchen und Arbeiterinnen hervor, wie man behauptet hat; sie stammen in ihrer Mehrzahl aus den besseren Kreisen. Ein großer Teil von ihnen bleibt sehr lange Zeit in einem Geschäft. Aber selbst wenn die Frauen ihre Tätigkeit nur als eine vorübergehende Tätigkeit ausübten, so wäre das kein Grund, sie vom Amt der Beisitzer auszuschließen.

Abg. Dr. Müller Meiningen: Der Dreibund des Zentrums, der Nattonalliberalen und der Konservativen hat den kaufmännischen Angestellten eine schlimme Ueberraschung gebracht. Das Bedauern des Abg. Trimborn nützt ihnen sehr wenig. Seine Logik beruhte auf dem Satze: der Tapfere weicht mutig einen Schritt zurück. g dem wir in der Kommission notdürftig eine Verbesserung erreicht haben, lehnen die Herren sie wieder ab, weil die Regierung es will. Mit solchem Verfahren werden wir nie etwas bei der Re—⸗ gierung erreichen. Alles, was die Kommission gemacht hat, geht jetzt wieder verloren. In den meisten Fällen sind die Handlungsgehilfen mit 25 Jahren bereits selbstäaͤndige Kaufleute. Was nützt ihnen dann das Gesetz? Wir lehnen den Antrag der National⸗ liberalen und des Zentrums bezüglich der Altersgrenzen unter allen Umständün ab. Die Kommission hat wenigstens das aktive Wahl⸗ recht der Frauen zugelassen. Der Antrag Beck⸗Trimborn will es ihnen wieder nehmen. In der ersten Lesung der Kommission ist auch das passive Wahlrecht der Frauen nur mit 9 gegen 7, in der zweiten mit Stimmengleichheit abgelehnt worden. Unser Antraa, den Frauen das passive Wahlrecht zu geben, ist einfach die Folge des aktiven Wahlrechts; wenn man das ablehnt, so ist das ein jämmerliches Zurückweichen vor der Ansicht des Bundesrats. Dann sind wir nichts weiter als ein Gesetzgebungsautomat, in den man oben eine Gesetzesvorlage hineinsteckt, und unten kommt die Ab⸗ stimmung heraus. Es handelt sich hier um eine hervorragend wirt- schaftliche und sozialpolitische, nicht um eine staatsbürgerliche Frage. Nur eine Kulturrückständigkeit ist es, wenn man den Frauen ihr Recht nicht gibt, und ich bedauere besonders, daß die süddeutschen Staaten das mitmachen. Die Regierung sagt, sie würde eventuell lieber das ganze Gesetz fallen lassen; eine solche scharfe Sprache kann die Regierung nur führen, weil die maßgebende Partei ihr nicht ernsten Willen entgegensetzt. Die Frauen sollen einfach auf dem Altar des Kompromisses geopfert werden. Die männlichen und weiblichen Handlungsgehilfen stehen einander wie Katzen und Hunde gegenüber. Aus allen Petitionen der weiblichen Handlungs—⸗

ehilfen geht das größte Mißtrauen gegen die männlichen Kollegen 663 In einer Jeit, wo die Frauen zu sämtlichen Studien zu⸗ gelassen sind, und wo sie auf allen Gebieten Tüchtiges leisten, ist es merkwürdig, wenn man die Frau von einer einfachen Interessen⸗ vertretung bei einer solchen Neuregelung ausschließt. Ich bitte Sie, alle kleinlichen taktischen Rücksichten beiseite zu lassen und unseren Antrag anzunehmen.

Abg. Beck⸗Heidelberg: Ich war nach meinen Ausführungen in der ersten Lesung eigentlich noch auf schärfere Worte gegen uns gefaßt. In der ersten Lesung habe ich aber unsere Stellung zum Wahlrecht noch keineswegs festgelegt, ich habe damals nur meine persönliche Ansicht geäußert, und nur meine eigene Stellung hat sich also jetzt geändert. Ich muß aber sagen, daß es ein schwerer Entschluß gewesen ist. Ich für meine Person ile das aktive Wahlrecht der Frauen gern aufrecht erhalten. Man muß anerkennen, daß die Frauen Tüchtiges leisten, daß namentlich ihr Streben nach Weiterbildung groß ist, aber wir müssen ung die Folgen unserer Beschlußfassung klar machen. Ich bedauere allerdings, daß die Regierung heute keine Gründe mehr für ihre Auffassung geltend gemacht hat, aber man kann ihr nicht vor— werfen, daß ste dies früher nicht getan hat. Unter den Regierungen, die gegen das Wahlrecht der Frauen gesprochen haben, sind auch solche, die diesem Gesetz Sympathie entgegenbringen. Sollen wir es jetzt darauf ankommen lassen, daß der Bundesrat das Gesetz ablehnt? Was hätten Sie Zur Linken) dann mit ihren Anträgen erreicht? Nicht einmal das Männerwahlrecht bliebe Ihnen dann. Die Festhaltung an dem Kommissionsbeschluß würde das Scheitern des Gesetzes bedeuten, und auf die Reviston der Zivilprozeßordnung können wir doch wahr⸗

lich nicht warten. Auf Jahre hinaus könnte also das Bedürfnis des . ein möglichst rasches und billiges Gerichtsverfahren zu erhalten, nicht erfüllt werden. Dieser Vorteil ist für uns aher fo wertvoll, daß wir jetzt zurückweichen. Beim Reblausgesetz hat ber Abg. Müller⸗Sagan auch seinen Standpunkt verlassen, um das anze Gesetz nicht scheitern zu lassen. Daß die Männer gegen die ö. eine ungerechte Rechtsprechung üben werden, ist in keiner

eise zu , Hier aber gefährdet, man geradezu das Vertrauen zwischen den männlichen und weiblichen Handlungsgehilfen. Die Verantwortung, die wir mit unserer Haltung übernehmen, tragen wir gern, weil das Zustandekommen des Gesetzes einen wesentlichen Fortschritt bedeuten würde, nachdem die Handlungsgehilfen jahrelang ein solches Gesetz gewünscht haben. Ich bitte Sie, diesem Gesetze zuzustimmen; es wird reichen Segen schaffen auch in der von uns var, Form. !.

Abg. Henning: Durch unerfüllbare Forderungen das Gesetz zum Scheitern zu bringen, kann niemand verantworten. Der Hinweis auf unsere Haltung beim Zolltarif war wenig glücklich, denn auch wir haben damals gerade so wie hei diesem Gesetz einige Wuͤnsche geopfert. Die Frage des Lebensalters für das Wahlrecht war für uns nicht von hervorragender Bedeutung. Wir waren für dessen Herabsetzung, weil die Handlungsgehilfen früher reif und selbständig werden. Wenn wir uns jetzt auf die Regierungsvorlage zurückziehen, so glauben wir im Interesse der Beteiligten zu handeln. Der Kreis der Wahlberechtigten wird allerdings vermindert. Im Widerspruch steht dazu, daß wir im §z 2 die Errichtung von Kaufmannsgerichten in Gemeinden mit mehr als 20 000 Einwohnern obligatorisch gemacht haben. Das ist ein Widerspruch, den ich nachdrücklich hervorheben möchte. Den Frauen hier das aktive Wahlrecht zu geben, haben wir uns schon in der ersten Lesung bereit erklärt. Die weiblichen An— gestellten werden sehr oft so schlecht behandelt, daß wir ihnen gern diese Genugtuung geben möchten. Aber es geht nun einmal nicht, wenn ich auch bedauere, daß es gerade an dieser Stelle nicht geht. Ich persönlich wäre auch für eine Vertretung vor den Kaufmanns⸗ gerichten durch einen weiblichen Dr. juris. Ich bitte Sie, sich auf unseren Antrag zu vereinigen, damit das Gesetz zustande kommt.

Abg. Dobe: Wir hören von den Antragstellern, daß sie alle Freunde des weiblichen Stimmrechts sind, und von der Regierung hören wir gar nichts. Bei den Worten des Ahg. Trimborn mußte ich an ein Lessingsches Wort denken. Seine Ausführungen liefen darauf hinaus: „Ich fliehe, um öfters noch zu fliehen. Was nun das weibliche Stimmrecht betrifft, so haben wir ja gehört, daß bei den Reichsbehörden eine Reihe von Umfragen der Frauenrechtlerinnen in Aussicht stehen. Ueberall schöne Reden; aber wenn es auf die praktische Anwendung ankommt, dann sind die Herren nicht zu haben. Im Handelsstande bat die Frau immer gleiche Rechte gehabt, warum will man sie der Angestellten versagen? Die Handlungsgehilfen empfinden die weiblichen Angestellten als Lohndrücker. Danach kann man sich denken, was von ihnen als Bei⸗ sitzern zu erwarten ist. Ich würde nicht erschrecken, wenn die Frauen, wie in Australien, politische Rechte erhielten. Aber hier handelt es sich doch nur um die Vertretung von Standesinteressen. Nun, das Kompromiß ist da, man rechtfertigt das mit dem Zustandekommen des Gesetzes. Was schadet es denn, wenn das Gesetz erst in 1 bis 2 Jahren in anderer Form zustande kommt? Ich bitte Sie, lehnen Sie die Kompromißanträge ab und stimmen Sie für unsern Antrag.

Abg. Lattmann (wirtsch. Vgg.): Wenn man auch in den letzten Tagen etwas von einem Umfall gemunkelt hat, so sind wir dadurch doch überrascht worden. Unsere endgültige Stellungnahme können wir aber noch nicht zum Ausdruck bringen; denn unsere Meinungen gehen hier auseinander, zunächst in bezug auf die Frage des Frauenwahlrechts. Uns liegt daran, die Frauenfrage aus dem radikalen Fahrwasser herauszubringen. Weibliche Rechtsanwälte anzustellen, wie es der Abg. Henning wollte, wäre doch be⸗ denklich, nachdem Fräulein Dr. Anita Augsburg einmal die Männer als notwendiges Uebel bezeichnet hat. Wir wollen unt aber nicht dadurch rächen, daß wir die Frauen als eine üble Notwendigkeit erklären. Die Heraufsetzung des Wahlalters erscheint uns bedenklich. Der Kompromißantrag wird nur der Sozialdemokratie eine, Waffe liefern; es wird ihr dadurch die Ablehnung der Vorlage erleichtert. Wir unsererseits sind bezüglich unseres Votums geteilter Meinung.

Hierauf wird um 6 Uhr die weitere Beratung auf Leun 1 Uhr vertagt. (Außerdem Wahlprüfungen und etitionen.)

Sandel und Gewerbe.

Nach der Wochenübersicht der Reichsbank vom 7. Juni ( und im Vergleich zur Vorwoche) betrugen:

Aktiva: 1904 1803 1802

Metallbestand (der ) 3 160. Bestand an kurs⸗ fähigem deutschen Gelde oder an Gold in Barren oder aus⸗ ländischen Münzen, das Kilogr. fein zu 2784 A berechnet)

Bestand an Reichg⸗ lafsenscheinen.

Bestand an Noten anderer Banken

Bestand an Wechseln

Bestand an Lombard⸗ forderungen

KBestand an Effekten

Bestand an sonstigen Aktiven. 4

goõ8 987 000 929 866 000 ( 5 h37 0 (4 20 593 00)

29 580 000 30 697 009 ( 239 000) (4 522 000)

15 975 090 6 965 09090

C H. 8 böß M0) ( 1 329 000 (- 3 370 069) 770 ol 000 Sb6 S820 0900 702 010 09090 ( h 766 0oο - 48 298 00 (- 25 570 000)

0 bꝛo oo9 57 66 ooo9 ) 64 989 000

C 10303 000) (= 4 657 G6) (= 6 6605 G6) Il 5g go 7 S546 G55 14 37 666 = Id Gb) 25 go ooo) 4 4666

77 594 909 92 255 0900 0 339 000 I S64 000) (4 1693 00 (4 4459 000)

1 080 490 000 C S 54 66

zo ols oo ( 293 O0)

7945 000

Passiva: das Grundkapital.

der Reservefondg

150 000 000 (unverändert) ol 614 090 (unverändert) (unverändert) (unverandert)

1188 922 099 1157271 000 1148 1980 000 2 6b 00) (- 41 945 0 ) ( - 33 489 0007

150 000 000 (unverandert) 47 587 000

150 9000 000 (unverandert) 44 639 000

der Betrag der um⸗ laufenden Noten.

die sonstigen täglich fälligen 3 lichkeiten ;

die sonstigen Passiva

oh 749 Mo bl6 351 009 617 959 009 43 h66z 9Ho0) (- 20 O64 90) II 267 009 28 147 000 20 902 09090 19374 000

C C7 0140009 ( 623 00) (4 586 009.

Der Metallbestand weist eine Abnahme von 55 Millionen Mark an gegen eine vorjährige Zunahme von 20,5 Millionen Mark, infolge⸗ essen ist. das vorwöchentliche Plus des dies sährigen Metallbestandes 34 28 Millionen Mark zurückgegangen. Die täglich fälligen Ver⸗ dindlichkeiten bleiben um etwa ii Millionen Mark hinter der vor jährigen Summe zurück.

Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten Nachrichten für Handel und Industrie“ )

Großbritannien.

The Imperial Tariff for 1994, enthaltend den Zolltarif nebst den Gesetzen und Verordnungen über die Wareneinführ und Lagerung sowie über die Warenausfuhr und Durchfuhr, ist im Ver— if von Eyre and Spottiswoode, London, East Harding Street, R. CO., erschienen und zum Preise von 4 Schill. 6 Pence zu beziehen.

Eisenbahnbguten in den Staaten Indiana, Kentucky, Ohio und West-Virginia im ersten Vierteljahr 1904.

Nach Angaben von Fachzeitungen wurden in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres in den obengenannten Staaten folgende Eisenbahnbauten geplaut oder begonnen: .

Indiana. Die Winona, Warsaw K Goshen-Eisenbahngesell⸗ schaft erwarb die Rechte einer juristischen Person, um eine Eisenbahn zwischen Winona und Warsam zu bauen. Die Entfernung zwischen diesen beiden Orten beträgt 30 Meilen.

Die Vorarbeiten an der geplanten Verlängerung des Schienen stranges der Chicago, Indiana C Castern⸗-Eisenbahngesellschaft follten am J. April in Angriff genommen werden. Die beabsichtigte Ver⸗ längerung wird 25 Meilen lang sein.

Die Cincinnati, Bluffton C Chieago-Eisenbahngesellschaft be⸗ , , einen Schienenstrang von Huntington nach Muncie zu egen. 2 Kentucky. Die White Oaks Cannel Coke Company begann die Vermessungsarbeiten für den Bau einer Eisenbahn von Cannel City nach Caney.

Behufs Ausbeutung der Oelländereien im südöstlichen Kentucky bildete sich eine Aktiengesellschaft, welche den Bau einer Eisenbahn von Burnside nach Monticello vorhat.

Mit den Vermessungsarbeiten für den Bau einer Eisenbahn von Mt. Sterling nach Indian Fields, einer Station der Lexington C& Eastern⸗Eisenbahn, wurde begonnen. Die Bahn wird eine Länge von 12. Meilen haben. .

Die Louisville C Nashville⸗Eisenbahngesellschaft beabsichtigte den Bau einer Zweiglinie von Providence 9 Sturgis und Shawnee⸗ town. Die neue Bahn wird die Kohlenfelder in der Nähe von Rock Springs berühren.

Die Kentucky und Ohio River Electrie-Eisenbahngesellschaft plante den Bau einer 39 Meilen langen elektrischen Bahn, welche die Orte Paducah, Cecil, Maxens Mill, Grahamville, Woodville, Bandana, Oscar, Halloway und East Cairo miteinander ver⸗ binden soll.

Ohio. Die Trimble K Hocking Valley Railroad Company er— warb die Rechte einer juristischen Person, um eine Eisenbahn von Orbitson nach Floodwood zu bauen.

In Toledo bildete sich die Toledo, Indianapolis C Southwestern Railway Company, welche beabsichtigt, von Toledo aus durch die Grafschaften Lucat, Wood, Henry, Putnam, Van Wert und Mercer bis zur Grenze zwischen Indiana und Ohio eine Eisenbahn anzulegen. Mit den k wurde bereits begonnen.

Die Herstellung einer Eisenbahn zwischen den Städten Felicity und Bethel wurde seitens der neugebildeten Felicity C Bethel-⸗Eisen⸗ bahngesellschaft beabsichtigt.

Mit einem Kapital von 6 Mill. Dollar wurde die Cincinnati, Toledo & Detroit Short Line Railway Company gegründet, welche eine Cisenbahn zwischen Toledo und Cincinngti bauen wird.

sest⸗Virginia. Die Chesapeake L Ohio Railroad Company war mit der Ausdehnung ihrer Linie von Raleigh nach der Mündung des Slab Fork, welche beiden Punkte 30 Meilen voneinander ent— fernt sind, beschäftigt.

Die Curll C Evans Lumber Company, welche eine Eisenbahn von 12 Meilen Länge besitzt, beabsichtigt, dieselbe um 8 Meilen zu verlängern.

Die Kanawha, Glee Jegn & Eastern Railroad Company wird ihre Linie von Thurmond nach ig f um 11 Meilen ausdehnen.

Die geplante West⸗Virginia Hills-Eisenbahn soll von Powell in der Grafschaft Marion durch die Grafschaften Taylor und Barbour bis in die Grafschaft Upshur gebaut werden. Die Hauptlinie wird 30 Meilen lang sein, es sollen aber auch verschiedene Seitenlinien bergestellt werden. Die neue Linie wird Verbindung mit der Wabash, & Ohio⸗Eisenbahn sowie mit der Coal & Coke⸗-Eisenbahn

aben.

Die Atlantie C Western Railroad Company wurde ins Leben Lrufen, um eine Eisenbahn von South Cumberland nach einem Orte in der Nähe der Stadt Huntington zu bauen.

(Aus einem Bericht des Kaiserlichen Konsulats in Cineinnati.)

Das chinesische Papiergeschäft.

Der Hauptpla des China-Papiergeschäfts ist im Süden neben Hongkong formell Canton, in Wirklichkeit vielleicht mehr Fatshan, das Manchester Chinas; seit kurzem mit Canton durch den Schienen⸗ strang verbunden und in einer Stunde erreichbar, dem fremden Handel jedoch nicht geöffnet; seine Färber „streichenꝰ das Papier, das nun erst den Weg ins Innere nimmt.

Nach den Veröffentlichungen des Seezollamts sind während der letzten fünf Jahre 1899 bis 1903 folgende Mengen und Werte in

apier über Canton eingeführt worden: Menge Wert

Jahr Menge Wert in Pikuls in H.-Taels in Pikuls in H.⸗Taels 1899 1 1184

549 10 335 davon bessere Ware 92

1900 6381 38718 . t . 255 4629

1901 20895 114906 ö ö P 311 5301

1202 34 885 172 537 . ö . 97 1279

1903 121 453 1087 212 davon: geglättet 6186 46 302 ungeglättet 115 267 1040910.

Da Papier nicht als Dschunkenfracht zählt, vielmehr größtenteils auf Dampfern verladen wird, und somit die fremde Zollbehörde passiert, dürften die Zahlen ein annähernd richtiges Bild der Einfuhr geben, irreleitend sind sie für das Jahr 1903 insofern, als einerseits 1902 die einheimische Papierfabrikation infolge der Trockenheit, unter der die Bambuskulturen zu leiden hatten, den Bedarf nicht decken konnte, anderseits vielleicht 33 0/0 oder mehr der eingeführten Waren noch nicht abgenommen sind, trotzdem aber die Lager der chinesischen Großhändler gefüllt sein sollen.

Beteiligt an der Cantoneinfuhr sind unter anderem: Arnhold, Karberg C Co sowie Carlowitz & Co mit österreichischen Fabrikaten, Wm Lavy & Co. sowie die Ostasiatische Handelsgesellschaft (-G gi n n en und deutschen Fabrikaten, A. Pustan mit deutschem

ahritat.

In Hongkong sind unter anderem Siemssen C Co., E. Meyer G Co., Großmann C Co. als Firmen zu nennen, die für das Papier⸗ geschäft in Betracht kommen.

Wie groß die nationalen Quoten der einzelnen Herkünfte sind, entzieht sich der Kenntnis; die deutsche Quote soll die kleinste, die osterreichische die größte sein. (Nach einem Bericht des Kaiserlichen Konsulals in Canton.)

Konkurse im Auslande. Galizien. Konkurs ist eröffnet: 51) Ueber das Vermögen des Kaufmanns Jakob Windreich in Kuty mittels Beschlusfes des K. K. Kreisgerichts, Abteilung IV, in LKolomea vom 25. Mai 1909 Nr. C2. S. 214. Provisorischer Kenkurgmasseperwalter Advokat Dr. Friedmann in Kuty. Wahltag⸗ ahrt 3 zur Wahl des definitiven Konkursmasseverwalters) 2. Juni 1994, Vormittags 9 Uhr. Die ren gen nd bis zum 12. Juli 1904 bei dem K. K. Bezirksgericht in Kurth anzumelden; in

der Anmeldung ist ein in Kuty wohnhafter Zustellungsbevollmächtigter namhaft zu machen. Liquidierungstagfahrt (Termin zur Feststellung der Ansprüche) 14. Juli 1904, Vormittags 9 Uhr.

2) Ueber das Vermögen des Kaufmanns Juda Mansberg in Ztoczéw mittels Beschlusses des K. K. Kreisgerichts, Abteilung in Zloczöw vom 1. Juni 1904 Nr. cz. 3. 14. Provisorischer Konkurtmasseperwalter Advokat Dr. Wisniowski in Zloczöw. Wahl tagfahrt (Termin zur Wahl des definitiven Konkursmasseverwalters) 17. Juni 1904, Vormittags 10 Uhr, Die Forderungen sind bis zum 12. Juli 1904 bei dem genannten Gericht anzumelden; in der An⸗ meldung ist ein in Zloczw wohnhafter Zustellungsbevollmächtigter namhaft zu machen. Liquidierungstagfahrt (Termin zur Feststellung der Ansprüche) 18. Juli 1904, Vormittags 10 Uhr.

Zwangsversteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht 1erlin stand das Grund⸗ stük Gormannstraße 2 Linienstraße 61a und Lothringer Straße 65, der Frau Martha Riecke hoer gehörig, zur Ver— steigerung. 4.77 a. Nutzungswert 17 500 S. Mit dem Gebot von ö 500 υς har und 230 900 Me Hypotheken blieb Tischlermeister Alb. Pohl in Lichtenberg b. Berlin Meistbietender.

Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standen die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: 6,88 a, in der Kron— prinzenstraße in Lichten berg, dem Maurermeister Alfred Wolter in Friedrichsberg gehörig. Mit dem Gebot von 79 000 S blieb Maurermeister Karl , in Weißensee, Albertinenstraße 27, Meistbietender. Maximilianstraße 8 in Pankow, dem Musik⸗ lehrer Julius Schomburg ebenda gehörig. 6,25 a. Nutzungs—⸗ wert 1475 t. Mit dem Gebot von 6500 SP bar und 19000 ½υς, Hypotheken blieb Rentier G. Sellin in Charlottenburg, Kantstraß⸗ 8, Meistbietender. Filanda—⸗ straße 6 in Steglitz, dem ö Peter Wachen dorf gehörig. UI,I a. Nutzungswert 16290 6 Mit dem Gebot von 24 900 9. bar blieb Kaufmann Georg Petri in Telz bei Mittenwalde Meist⸗ bietender. Kronprinzendamm 19 und Bornimer Straße 9 in Deutsch⸗Wilmersdorf, dem Maurermeister Gust. Lindenberg gehörig. 646 a bezw. 782 a. Nutzungswert 5400 MSL bezw. 6800 Mit dem Gebot von 197 400 M bezw. 129 110 KA blieb Kaufmann . Karger in Schöneberg, Neue Bayreuther Straße 4, Meist—

etender.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien.

„An der Ruhr sind am 9. d. M. gestellt 19 442, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.

In Oberschlesien sind am 8. d. M. gestellt 5792, nicht recht⸗ zeitig gestellt 193 Wagen.

Die aus der Konversion der 4prozentigen Reichsschatzscheine her⸗ rührenden rund 8 090 900 35 00 oigen Reichsschatzscheine die am L. Juli d. J. zur Ausgabr gelangen, sind von dem unter Führung der Bank für Handel und Industrie stehenden Konsortium, dem außer der genannten Bank die Herren M. M. Warburg u. Co. und die ö und Disconto⸗Bank in Hamburg angehören, übernommen worden.

Dynamo-elektrische Maschinen fallen bei der Einfuhr nach Spanien laut Königlicher Verordnung vom 19. Februgr 1964 unter die Zolltarifnummer 298. Der Zoll für aus Deutsch⸗ land eingehende dergleichen Maschinen beträgt, wie die Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin erfahren, 18 Pesetas für 100 kg brutto und 17 aer beim Eingange aus der Schweiz für dieselbe Menge.

Im Staate Minas Geraes in Brasilien soll sich, wie den Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin zuständigerseits mit- geteilt wird, die mangelnde Vertretung deutscher Elektrizi⸗ tätswerke fühlbar gemacht haben.

—. Die Preußische Im mobilienaktienbank bringt zur Kenntnis, daß vom 20. d. M. ab die Auszahlung einer 12. Liqui- dationgrate im Betrage von 20 M pro Stück beschlossen ist. (Näheres s. im Inserat in heutiger Nummer des R. u. St. A.)

Vom rheinisch ⸗westfälischen Eisenmarkt berichtet die „Kölnische Ztg.“ u. a.. Der Markt hat die feste Grundlage insoweit behalten, als die beim Stahlwerksverband insgesamt vor⸗ liegenden Auftragsmengen die Beteiligungsziffern der Werke über⸗ stelgen, obwohl die Ausfuhr nach einigen Hauptrichtungen beträchtlich gegen das Vorjahr nachgelassen hat. Fur Roheisen hat sich die Lage nicht sehr geändert. In Gießereieisen wird der englischen Einfuhr scharf entgegengetreten und auch nach Möglichkeik aus— geführt; es kommt fortwährend neues Geschäft len die vor⸗ liegenden k nehmen zu. Die Preise richten sich aber h dem englischen Wettbewerb und dem des immer noch außer den Verhande stehenden Werkes im Osten. Im allgemeinen ist nur die Beschäftigung der selbst weiter verblasenden Werke genügend, bei den reinen Hochofenwerken fehlt es am deutlichsten erkennbar im Siegerland. Abgesehen von den vorerwähnten Ausnahmen sind die Preise unver⸗ ändert mit 674-68 M für 10 12er Spiegeleisen, Qualitatspuddeleifen 56 , Stahleisen 58 M ab Siegen, Thomaseisen frei ver— brauchendem westfälischen Werk b7, 50 —=58 S6, Gießereieisen 1 und Hämatit 66 67 16. Gießereieisen II 64-65 ½6 ab West= alen, Luxemburger Puddeleisen 45 S6, Thomazeisen ohne Mangan 46 M, Thomageisen mit Mangan 49 ½ς, Gießerei⸗ eisen 111 52 M ab Luxemburger Hütten für Selbstverbraucher. Für Schrot hat das Angebot zugenommen, die Preise haben etwas nach—= gegeben. Man bezahlt für schweren Gußbruch 56—- 57 , Schmelj⸗ eisen 42 43 „M, Eisenbahnoberbau⸗ und Werkstättenschrot 538 59 M, je nach Sorte, frische schwere Abfälle 61— 62 4, Schweißeisen⸗ kernschrot 58 59, alte Eisenschienen 72 73 06, alles frel ver⸗ brauchendem Werk im Herzen des Bezirks. In Halbzeug hat sich der Inlandbedarf im allgemeinen für das dritte Jahresviertelf gedeckt. Zur Ausfuhr reichen die Bestellungen nicht ganz so weit, die Preise sind vor der Hand unverändert. Ebenso gelten im Inland die fruheren Richtsätze mit 77.50 ο für Thomasrohbföcke und schwere Brammen, vorgewaljte Blöcke 82, 50 46, Knüppel 90 6, Platinen in den ge— wöhnlichen Abmessungen 92,50 A, Siemens⸗Martinware 5 M mehr. Gewöhnliche harte Bessemerknüppel für Werkzeuge kosten 120 bis 122,50 66, die höhern Härtegrade entsprechend mehr; der Verbrau der abnehmenden Zweige ist stärker geworden. In Luppen macht si die schwächere Versorgung in Luxemburgern teilweise . fühlbar. Das Geschäft in den andern Sorten isk still, die Preise sind eher schwächer, gewöhnliche westfälische kosten 83-84 M6, Qualitäteluppen WC 92 MA Siegener geschmiedete und gewalzte 82 96 M je na Sorte. In Stabeisen sind neue Abschlüsse weniger zahlrei

ewesen, der Bedarf hat sich im allgemeinen für das dritte

Jahresviertel gedeckt, dabei ist das Geschäft im Süden und Osten lebhafter als im Westen. Die Preise für Flußwalzeisen werden auf 112,50 bis 115 ½ gehalten, letzterer Satz für beliebtere Martin⸗ sorten, dabei ist aber zeitweilig billigern Angeboten aus zweiter Hand zu begegnen. Zur Ausfuhr geht stetiges Geschäft mit 105 1965 frei 16 Fur Schweißeisenhandelsqualität sind die Nichtpreise auf 125 frei Bezugsort im engeren Bezirk erhöht worden, für Niet⸗ eisen auf 135 M, welche Sätze aber auch vorher schon ungefähr er⸗ zielt wurden. In Bandeisen sind die Werke durchweg besser besetzt als vor einiger Zeit. Die Preise haben dagegen noch wenig aufgebessert werden können, die Richtsätze von 122,50 bis 125 S je nach Abschlußmenge sind im allgemeinen nicht zu er⸗ zielen. Die Ausfuhr wird für die reinen Walzwerke angesichts der herabgesetzten Vergütung schwieriger. In Streifen bleibt die Be⸗ schäftigung ungenügend. Siederohrstreifen in Flußeisen kosten wie bisher 117 bis 122 4 je nach Breite, Gasrohreisen 128 bis 131 60 Grundpreis, Siederohrstreifen 2. Sorte für günstigste Breiten 150 4A, 1. Sorte ebenso 120 S In Röhrenwalzwerken ist durchweg eine, in manchen Fällen allerdings kleine Preisermäßigung eingetreten. er Inlandbedarf hatte in Erwartung dessen aber zurückgehalten und