Damit schließt die Diskussion. Die Kommission wird
t durch Zuruf gewählt,. sofort durch 3 ke h Finck von Finckenstein⸗
Alsdann erstattet Graf Fi— i Schönberg den mündlichen Bericht der verstärkten Agrar⸗
kommission über den an. diese zurückverwiesenen Entwurf einer Wegeordnung für die Provinz Westpreußen. Graf von Hutten-Czapski konstatiert mit Genugtuung, daß die Regierung in der Kommission die Absicht ausgesprochen hat, mit solchen provinziellen Wegeordnungen fortzufahren, und bittet sie, mit einer Wegeordnung für die Provinz Pofen demnächst den Anfang zu machen. In den neuen Wegeordnungen solle aber der § 23, der die subsidiäre Verpflichtung des Kreifes zur Beihilfe für die Tragung der Gemeindewegebaulast festsetzt und für Westpreußen aus zwingenden Gründen von der Kommissson gestrichen werden mußte, wieder Auf⸗
nahme finden. . .
Graf von Schlieben spricht sich persönlich gegen die Vorlage aus. Seines Wissens habe der Provinzialausschuß ihm nicht zu—⸗ gestimmt und der Provinziallandtag, in dem eine grohe Zahl von Landräten sitze, schließlich auch nur mit Hängen und Würgen. Die
Sache sei auch keineswegs eilig, . 63 von Graß-Klanin: Es ist doch besser, wir nehmen, wa wir später be⸗
was wir jetzt haben können; wir wissen nicht, kommen. Ich würde Sie also meinerseits itten, das Gesetz anzu⸗
nehmen, wie es jetzt vorliegt.
Herr Ehlers⸗Danzig; Ich kann mich nur an die Instanzen halten, die berufen sind, die Interessen der Provinz wahrzunehmen. Wenn es richtig ist, ö der Provinzialautschuß zunchst mit einem gewissen Mißtrauen das ehauptete Bedürfnitz nach einer Wegeordnung ah, hat, so geschah dies deshalb weil er diese Wegeordnung erst einmal kennen lernen wollte. In der Kommission des Provinzialland tags habe ich den Vorsitz geführt und kann gus eigner Information mitteilen, daß die Mitglieder dort ebenfalls erst wissen wollten, wie die neue Wege⸗ ordnung aussehen würde Die Vorlage, die hier eingebracht ist, enthielt nicht alle Bedingungen und Voraussetzungen des Provinzial⸗ landtags; die Kommission des Hauses hat aber jetzt diese Aenderungen vorgenommen, und die Vertreter der Regierung haben sich dabei durch⸗ aus entgegenkommend. gezeigt. Danach möchte es doch wünschenswert erscheinen, diese Vorlage zum Gesetz zu machen. Ich muß auch be⸗ streiten, daß irgendwie ein Druck seitens der Landrãte ausgeübt worden ist; sie haben sich der Objektivität befleißigt, die den preußischen Landräten ja eigentümlich ist. Man wird mit der Vorlage in der Provinz Westpreußen zufrieden sein.
Damit schließt die allgemeine Besprechung; tritt in die Spezialdiskussion ein. ;
Nach 8§ 4 Abs. 3 können dauernde Beschränkungen der Benutzung der Wege zum Frommen der Sicherheit des Ver⸗ kehrs auf den Wegen usw. durch Polizeiverordnung angeordnet werden.
Herr Dr. Loening bemängelt die preziöse und verkünstelte Ver⸗ deutschung zum Frommen für den in der fächsischen Wegeordnung enthaltenen Ausdruck im Interesses .
ewählt.
Auf seinen Antrag wird die letztere Fassung
S 6 bestimmt, daß das Eigentum und die unbeschadet des allgemeinen Gebrauchs zulässige Nutzung der Wege und ihrer Zubehörungen, soweit nicht ein anderer kraft privatrechtlichen Titels darauf Anspruch hat, dem Wegebaupflichtigen zu⸗ stehen soll.
Herr Dr. Loening hat gegen das Wort „Eigentum Bedenken und hält es für das Beste, den ganzen Paragraphen zu streichen. Er bedauert außerdem, daß die Regierung bei dieser wichtigen Angelegen⸗ heit nicht vertreten sei. . .
Geheimer Oberregierungsrat Just erklärt sich mit der Streichung des Paragraphen einverstanden.
S 6 wird abgelehnt.
Sz U sieht die Anlegung von Verzeichnissen für die Pro⸗ vinzial⸗ und Kreiswege vor, J
Herr Dr. Loening möchte für künftige ähnliche Gesetze auch die Anlegung von Gemeindewegeverzeichnissen empfehlen, um Streitigkeiten darüber zu vermeiden, was ein öffentlicher Weg ist oder nicht.
Herr von Graß würde nichts dagegen einwenden, wenn der ganze Paragraph gestrichen würde.
Geheimer Oberregierungsrat Just weist auf die Schwierigkeiten einer Katasterführung der Gemeindewege hin.
Der Paragraph bleibt unverändert.
Im übrigen wird die Vorlage in der neuen Kommissions⸗ fassung mit einigen vom Grafen Botho zu 5 vorgeschlagenen und vom Geheimen Oberregierungsrat Just namens der Regierung akzeptierten Aenderungen angenommen.
Die Rechnung über die Verwendung des auf Grund des Gesetzes vom 12. Juli 1900 zum Zwecke der Errichtung von Rentengütern aus dem Reserve⸗ fonds der Rentenbanken gewährten Zwischen⸗ kredits für die Zeit vom Inkrafttreten des Gesetzes bis Ende Dezember 190635 wird auf Antrag der Agrarkommission (Referent: Herr von Wied eb ach-Noß itz durch Kenntnis⸗ nahme für erledigt erklärt. .
Ueber eine Petition des Vorstandes des Ostpreußischen Städtetages um Einsetzung einer unabhängigen, mit der Verwaltung der Staatseisenbahnen nicht be⸗ faßten Behörde zur Wahrung der öffentlichen Interessen gegenüber der Staatseisenbahnverwal⸗ tung berichtet namens der Eisenbahnkommission
Perr Dr. Giese Altona: Die Kommission beantragt Ueber. weisung der Petition an die Regierung zur Berücksichtigung, Es handelt sich hier nicht darum, dem preustischen Herrenhause mit seinen ge= fefligten konservativen Tendenzen Resolutionen zur Umgestaltung des Stantsministeriums zuzumuten, sondern lediglich darum, die Regierung zu bewegen, in Erwägungen über eine Uenderung der bisherigen Regelung der Zuständigkeiten im Eisenbahngesetz einzutreten. Rechte des Staates werden hier nicht preisgegeben. Ein solcher Gedanke wäre im Herrenhause absurd. Es soll der Schein vermieden werden, als ob Hoheitsrechte des Staates mit Finanz⸗ interessen verknüpft werden. In den beiden letzten Jahrzenten sird zwei Milliarden Mark zu Um und Neubauten für die Eifenbahnen ausgegeben worden. Wir hahen das Glück gehabt, bisher drei Männer an der Spitze des Eisenbahnwesens gesehen zu haben, zu deren Loyalität gegenüber den Interessenten vir das volle Vertrauen haben konnten. Der jetzige Eisen⸗ bahnminister hat gestern in der Kommission gesagt, er sei uicht nur Eisenbahnminister, sondern auch Minister für die öffent⸗ lichen Arbeiten und Staatsminister. Das ist sehr gut, aber es handelt sich bier nicht nur um Personen, sondern um Cinrichtungen, und diese haben den Schein gegen sich. Bei uns in Preußen heißt es, der Himmel ist hoch, und der Zar ist weit. Der Minister kann nicht alleß aus eigener Wahrnehmung kennen, Das bestehende Hoheits⸗˖ recht des Ministers in bezug auf die Bewilligung neuer Anlagen unter der Beringung der Leistung gewisser Beiträge hat aber zu großen Unzu⸗ träglichkeiten geführt. In keinem anderen Staate hat der Eisenbahn⸗ minister zu entscheiden, was Interessenten zu seinen Eisenbahnen bei⸗ zuttagen haben. Wie diesem Zustan de ein Ende gemacht werden kann, bat Tie Kommission der Regierung überlassen 6 sollen geglaubt. Die Entscheidung über die Sicherheit öffentlicher traßen usw. sollte ein anderer Reffortminister treffen. Dem Reiche essenbahnamt möchte ich aber die Entscheidung nicht überweisen, denn es handelt sich hier um eine Landessach. Keine a sr re eng kann sich der Einsicht ver⸗ schließen, daß dat Eisenbahngesetz einer Aenderung bedũtftig ist.
Graf von Tiele⸗Winckler empfiehlt den Antrag der Kom⸗ mission zur Annahme, in der Erwartung, daß die Staatsregierung
das Haus
in eine eingehende Prüfung dieser wichtigen Kompetenzfrage ein⸗ treten möge.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Budde:
Ich kann mich nach den ausführlichen Darlegungen des Herrn Berichterstatters kurz fassen; denn ich glaube, der Herr Berichterstatter hat in dem ersten Teil seiner Rede eigentlich überzeugend nachgewiesen⸗ daß eine Aenderung des jetzigen Zustandes gar nicht notwendig ist. (Rufe: Oho!) Er hat so begeistert gesprochen von der Vortrefflichkeit des Gesetzes vom Jahre 1838, daß ich gar nicht nötig habe, für die Nützlichkeit der darin enthaltenen Bestimmungen ein— zutreten. Er hat dann ferner ausgeführt, er müßte anerkennen, daß die Handhabung der gesetzlichen Bestimmungen auch loyal gewesen wäre. Das ist noch in präziserer Form, wie mir von meinen Herren Kom— missarien berichtet worden ist, allseitig auch in der Kommission geschehen. Und nun, meine Herren, obwohl die Gesetzesbestimmungen seit 1838 sich gut bewährt haben, und obwohl sie loyal gehandhabt worden sind, obwohl in allen Fällen eine verständige Vereinigung über strittige Punkte erzielt worden ist, hält die Kommission es doch für notwendig, eine Aenderung des bestehenden Rechts vorzunehmen, in der zweifellos ein Eingriff in die Verfassung enthalten ist, vor allen Dingen auch ein Eingriff in die Handhabung der Hoheitsrechte. Darüber kann gar kein Zweifel sein; denn die Verantwortung eines Staatsministers soll hier durch eine neue Behörde, die geschaffen werden soll, beschränkt werden.
Meine Herren, wie liegt die Sache nun im einzelnen? Der Weg, den die Kommission bezeichnet hat, ist sehr bedenklich, ja er ist auch gar nicht gangbar, worauf ich später zurückkommen will. Es soll eine unabhängige Behörde geschaffen werden zur Wahrung der öffentlichen Interessen bei Feststellung der Eisenbahnbaupläne. Ja, meine Herren, die Pläne müssen doch einheitlich festgestellt werden vom Stand⸗ punkt der gleichmäßigen und zweckmäßigen Anlage der ganzen Eisenbahn, pom Standpunkt der Betriebssicherheit, der Handhabung des Betriebes, — kurz, der zuständige verantwortliche Minister mit seinen Organen hat in eine eingehende Prüfung der Pläne einzutreten und die Ent⸗ scheidung entsprechend zu treffen. Nun ist es doch ferner selbstver· ständlich, daß die Pläne von den Kosten gar nicht getrennt werden können, daß bei jedem einzelnen Projekt die Kosten unter Umständen sogar eine hervorragende Rolle spielen können. Ich will dies an einem Beispiele ausführen. Ein Bahnhof muß umgebaut werden, weil er den jetzt bestehenden Betrieb nicht mehr tragen kann; er reicht dazu nicht mehr aus. Dann ist es Grundsatz bei der Staatseisenbahnverwaltung, daß die Kosten dieses Bahnhofsumbaues voll von der Staatseisen⸗ bahnverwaltung getragen werden. Nun kommt bei der Plan⸗ feststelluang es selbstverständlich vor, daß die interessierten Gemeinden Wünsche haben an die Ausgestaltung dieser Pläne im einzelnen, betreffs der Wegeführung, der Unterführungen, Ueber⸗ führungen u. dergl. mehr. Meine Herren, da ist es selbstverständlich, daß den Interessen der Gemeinden nach Möglichkeit Rechnung ge⸗ tragen wird, daß, soweit der Bahnbetrieb, die Sicherheit des Betriebs es gestattet, den Wünschen der Gemeinden nach Möglichkeit ent⸗ sprochen wird, und das ist, wie in der Kommission ausgeführt wurde, auch in ausgiebigster Weise stets von der Staatseisenbahnverwaltung geschehen. Wenn Sie nun aber im einzelnen wüßten, welche Anforde⸗ rungen von den Gemeinden an die Staatseisenbahnverwaltung in solchen Fällen gestellt werden, dann würden Sie ein ganz anderes Bild von der Sachlage bekommen, als der Herr Berichterstatter es gegeben hat, dann würden Sie sich überzeugen, daß solche Projekte nicht ohne zuborige Regelung der Frage der Beteiligung der Gemeinde an den Kosten festgestellt werden können. Ich führe z. B. an, daß in einer Stadt die Wegeunterführungen eine gewisse Breite, 12 m, haben, und mit dem Moment, wo die Eisenbahnverwaltung bauen will, 24, 30 und mehr Meter Breite verlangt werden; feiner, wenn ein Gleis auf eine Straßenunterführung gelegt wird, die schon besteht, sodaß also an der Straßenunterführung nichts wesentliches geändert wird, nun von der Stadt Anforderungen nicht nur wegen Verbreiterung dieser Unterführung, sondern auch eine Anzahl anderer Anforde⸗ rungen gestellt werden, wie Kreuzungen in Schienenhöhe zu beseitigen und zwar in Lichtweiten, die sonst in der Stadt nicht existieren; ja es kommt vor, daß das nicht in Mauerwerk ausgeführt verlangt wird, sondern in architektonisch schön geschmückten Eisensäulen. Ich habe neulich den Fall gehabt. Kurz, die Anforderungen sind außer⸗ ordentlich weitgehend, die an die Staatseisenbahnverwaltung gestellt werden. Da wird denn im Wege der Vereinbarung festgestellt, was die Staatseisenbahnverwaltung ausführen kann im Interesse der Allgemein⸗ heit, und was sie der Kommune überlassen muß. Das sind sehr strittige Verhältnisse, die im Einzelfalle natürlich zur Erörterung und zur Entscheidung kommen müssen. Zuständig ist nun der Minister der öffentlichen Arbeiten für die verschiedenen öffentlichen Interessen, die von ihm gewahrt werden müssen, — es ist aber eine irrtümliche Dar⸗ stellung, wenn der Herr Berichterstatter gesagt hat: der Eisenbahn⸗ minister oder vielmehr der Chef der Eisenbahnverwaltung, wie er sich meistens ausgedrückt hat, wäre der allein entscheidende Mann. Das ist nicht der Fall; der Staat ist zwar der Eisenbahnunternehmer; ich bin Chefder Eisenbahnverwaltung, ich bin aber auch Staatsminister, und als solcher bin ich Seiner Majestät dem Könige verantwortlich und außer⸗ dem gebunden an die Organisation des Staatsministeriums. Ich bin gebunden, mich mit denjenigen Ressorts in Verbindung zu setzen, deren Interessen berührt werden. Das ist nicht nur der Finanzminister, pon dem Sie vielleicht von vornherein voraussetzen, daß er immer gegen die Gemeinden entscheidet; es ist unter Umständen der Minister des Innern, es kann der landwirtschaftliche Minister, der Handelsminister sein, kurz, alle Ressorts, deren Gebiete betroffen werden, und in solchen Fällen ist es selbstverständlich, daß durch Votenwechsel die verschiedenen Interessen ausgeglichen werden.
Es ist auch unrichtig, wenn der Herr Berichterstatter gesagt hat, daß allein der Eisenbahnminister derjenige wäre, der ein Recht hätte, in Fällen des Widerstreits verschiedener Interessen, an denen sein Ressort beteiligt ist, zu entscheiden. Es ist ebenso gut der Minister des Bergbaus, der Handelsminister, unter Umständen der Land⸗ wirtschaftsminister und vor allen Dingen der Kriegsminister, der selbstverständlich auch Richter ist in den eigenen Interessen seines Ressorts. Das ist bei dem Eisenbahn⸗
minister nicht anders wie bei den andern Ressortz. Wenn Sie nun eine unabhängige Behörde einsetzen wollen, die über diese Frage zu ent- scheiden hätte, dann müssen Sie eine Behörde einsetzen, die auch über
triebsverhältnisse der Eisenbahn und alles, was damit zu sammenhin t aß rag staatstechtlich unmöglich ist, liegt auf der hand. Sie irn dann zwei Minister haben, einen Unterminister und einen Dberminsh Nun ist aber auch gesagt worden, daß jetzt gar nicht das Bedürfniz jn vorliegt, denn das Gesetz ist in ganz verständiger Weise geha ha und nur weil die Möglichkeit einmal eintreten könnte, daß n Interessen einer Gemeinde nicht Rechnung getragen würde, nur den sollen diese schwierigen Rechtsverhältnisse anders geregelt werden jn dem Beschluß des hohen Hauses. Ich meine, die vorgeschlayn selbständige Behörde wäre gänzlich ausgeschlossen. Sie ist auch z nötig, weil ja die Interessenten die Möglichkeit haben, das Petit ͤᷣ recht an beide Häuser des Landtags in Anspruch zu nehmen. Gz f selbstverständlich, daß ein Staatsminister sich dem Landtag gegeniin zu verantworten haben wird über die Maßnahmen, die er gelrofn und die Entscheidungen, die er gefällt hat. ;
Es ist auch irrtümlich, wenn der Herr Berichterstatter ge hat, daß ich die Entscheidung über die Kosten haben sollte, dien Gemeinde bezahlen muß. Nein, das ist eine Verschiebung der Tatsachn Ich habe nur die Entscheidung darüber, ob ich den Bau auefsssn
Kosten hierfür von der Gemeinde getragen werden sollen, ist ih der Gemeinde selbst.
Die Gemeinden sind übrigens auch ihrerseits in der Lage, umz Umständen zwangsweise mit Projekten vorzugehen und der Stanh, eisenbahnverwaltung Straßenbaukosten aufzuerlegen, z. B. wenn es sih m die Anlegung und Aenderung von Straßen handelt, die entsprechend z festgestellten Baufluchtlinie einzurichten sind. Da ist die Gemeinde an völlig souverain und kann die Staatseisenbahnverwaltung zu rn nötigen.
Ich darf übrigens erwähnen, daß die Beteiligung der It essenten an den Kosten der Veränderung von Eisenbahnanlagen z sächlich gering ist gegenüber den gewaltigen Summen, die der Suu für Eisenbahnumbauten aufwendet. Die Sache spielt also gar ni eine so wichtige Rolle bei den Riesensummen, die die Eisenbah verwaltung ausgibt, als es nach dem ausführlichen Vortrag des Hm Berichterstatters scheinen könnte.
Dann hat der Herr Berichterstatter freundlicherweise erwihn daß mein Arbeitsgebiet zu groß wäre, und er mich entlasten mͤh
lastung würde keine Entlastung, sondern eine Erschwernis sein, s mich nicht nur, sondern auch für die Gemeinden und vort lb Dingen für die Förderung der Eisenbahnprojekte. Es ham sich augenblicklich noch um 26 154 Niveauübergänge bei Hauptbahn 23272 bei Nebenbahnen, und nach einer oberflächlichen Schitzn würde die Beseitigung der Niveauübergänge allein bei den Hu bahnen ungefähr anderthalb Milliarden in Anspruch nehmen, d ein Fünftel des gesamten Anlagekapitals der Eisenbahnen. M Sie einen Obereisenbahnminister oder einen Oberverwaltungh schaffen, der darüber zu entscheiden hätte, ob und wie diese Eisenbt niveauübergänge beseitigt werden müßten, dann würden Sie ind Gebiet des Eisenbahnwesens und in die verantwortliche Leitun Eisenbahnbetriebes in stärkster Weise eingreifen. Auch waͤten e auf dem besten Wege, unsere schönen Eisenbahnfinanzen zum Nuß des gesamten Staates empfindlich zu erschüttern.
Der Eisenbahnminister ift übrigens in seiner Entscheihn auch nicht so ganz frei, wie der Herr Berichterstatter emib hat, der da meinte, er könnte beliebig entscheiden. Eisenbahnminister hat einen Herrscher über sich, das ist allen Dingen der Betrieb. Der Betrieb legt mir den Zwanß ganz bestimmte Entscheidungen zu treffen. Und an diesen i scheidungen kann natürlich keine Gemeinde mich hindern und auch Behörde, die Sie einsetzen, und wenn Sie es dem Oberverwalth gericht übergeben würden, so würde die Verantwortung, die ich fir Betrieb habe, nicht dadurch aufgehoben werden.
Dann ist mehrfach eiwähnt worden, in anderen Staaten n die Rechtslage anders. Ich habe selbstverständlich die Gesehe anderen Staaten nicht persönlich studiert. Meine Herren Kommst die die Sache durch jahrelanges Studium geprüft haben, haben aber wiederholt versichert — das ist niedergelegt in den betteffn Voten, die im Staatsministerium darüber gewechselt sind — dn keinem anderen Staate solche Behörden existieren. Es ist ein Im wenn angenommen wird, daß in anderen Staaten je mand in über diese strittigen Fragen zu entscheiden hätte als der Ren minister, nämlich der Eisenbahnminister, welchem auch die Ldeitm Staatsbahnen obliegt.
Es ist dann vom Herrn Grafen Thiele Winckler dargelegt nn man möchte doch die Staatsregierung auffordern, in eint gehende Prüfung der Sache einzutreten. Die Statten ist in eine eingehende Prüfung eingetreten. Es it sehr ausführliche Arbeit darüber ausgearbeitet worden, und x teiligten Ressortminister sind durch Votenwechsel zu der Ansth kommen, daß wir nicht in der Lage sind, Ihnen irgend eine 5 porzuschlagen, die dazu geeignet wäre, die angenommenen ih die nämlich in der Praxis gar nicht vorhanden sind, zu bet Ich glaube, wenn Sie uns die Petition zur Berücksichtigun wiesen, würden wir in absehbarer Zeit nicht in der Lage sein 3 eine andere Antwort zu geben als jetzt. Der Herr Bericht ist irrtümlich berichtet, wenn er sagt, die Staatsregierung hit mit dem Gegenstand noch nicht beschäftigt: sie hat sich woll beschäftigt, indem ein eingehender Votenwechsel stattgefum zwischen den Ministern, die in der Frage berührt sind.
Meine Herren, nun wollen Sie dem Eisenbahnminister n Machtbefugnis eine Bremse anlegen, und zwar bei den uma den kleinen strittigen Punkten mit den Gemeinden. din Berichterstatter hat Zahlen angeführt, die beweisen sollen Machtbefugnis der Eisenbahnminister hätte. Die Zahlen um nommen aus der Bausumme, die im Laufe der Jahre bem worden ist und aus dem Eisenbahnetat. Meine Herren, nen sich dem Antrag anschließen, dann können Sie die Bremsen viel schärfer anlegen. Ich will mich noch weiter anklagen . eine ganze Menge von Punkten anführen, in denen ständig bin, die viel weittragender und wirksamer si die Meinungsverschiedenhelten mit den Gemeinden.
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
dag Eisenbahnprojekt als solches entscheidet, das heißt über die Be⸗
kann, ob ich den Anforderungen genügen kann oder nicht. Die Inn ob die Gemeinde für ihre Zwecke eine besondere Ausgestaltung Planes nach ihren Bedüfnissen wünscht, und die Entscheidung, oh n
Ja, meine Herren, für diese Entlastung danke ich; denn diese on
verständlich,
M 146.
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Ich bin auch entscheidend zuständig beim Ausbau des Eisenbahn—⸗ netze, der Konzessionierung von Privatbahnen und der Zulassung von Kleinbahnen, ferner für die Anlage und Einrichtung von Stationen, die Feststellung der Tarife — das sind alles viel wichtigere Dinge für die Volkswirtschaft als die strittigen Punkte mit den Gemeinden. Endlich entscheide ich über die Feststellung der Fahrpläne und die ge— samten Beförderungseinrichtungen, die für das wirtschaftliche Leben bes gesamten Staats viel wichtiger sind, als die hier zur Erörterung stehenden Angelegenheiten. Bei allen diesen Fragen kommen wesentlich finanjielle Punkte zur Sprache, sodaß der Minister der öffentlichen Arbeiten überall, bei jeder einzelnen Entscheidung, die er treffe, die Ansicht hören könnte, daß er nach fiskalischen Gesichtspunkten geurteilt hätte, wenn er nämlich die Entscheidung nicht so gefällt hat, wie der betreffende Antragsteller nach seinen eigenen, persönlich ⸗fiskalischen Gesichtspunkten die Entscheidung für sich hätte haben mögen.
Meine Herren, ich bitte also dringend darum, daß Sie sich der Entscheidung Ihrer Kommission nicht anschließen. Es haben darüber eingehende Erwägungen stattgefunden, und ich wiederhole, daß die Königliche Staatsregierung einer solchen Verfassungsänderung und einem solchen Eingriff in die Handhabung der Hoheitsrechte ihre Zu— stimmung nicht geben kann. Es ist ja auch nichts dadurch gefährdet, wenn der jetzige Zustand beibehalten wird; denn, wie alle Herren in der Kommission ausgeführt haben, ist das bestehende Gesetz von der Staatsregierung loyal gehandhabt worden zum Nutzen der Allgemein⸗ heit des Staates.
raf von Schlieben: Ich wei erdings ie e . . des nn en 3 i 6 . erscheint mir doch als akzeptabel. Dem Minister möchte ich bemerken, daß es in der Praxis nicht immer möglich ist, die Zweiseelentheorie e iflibtem die er vertreten hat. In Ungarn ist die Sache anders geregelt.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Budde:
Auf die Bemerkung eines der Herren Vorredner bemerke ich be—⸗ richtigennh, daß in Ungarn der Handelsminister die Eisenbahnen unter sich hat; die Bezeichnung ist also genau dieselbe, wie sie früher bei uns in Preußen war; erst später hat sich die Benennung bei uns ge— ändert, als ein besonderes Ministerium der öffentlichen Arbeiten ge— schaffen wurde.
Graf von Mirbach: Nach meiner persönlichen Auffassung wäre cht je Vetitlon der Rea ö . & richtiger, die Petition der Regierung zur Erwägung zu überweisen. Die Mehrheit meiner Fraktionsgenossen dürfte sich aber auf den
Standpunkt der Kom mission stellen.
Minister des Innern Freiherr von Hammerstein:
Der Kern, der in der Petition des ostpreußischen Städteiages liegt, ist ein gewisses Mißtrauen, das ich nach meinen Erfahrungen als unbegründet bezeichnen muß. Es ist ja richtig, daß durch eine Anzahl von Anforderungen, welche an die Städte und Kommunalverbände gestellt werden, die Finanzen der Städte und der Kreise in den letzten Jahren sehr erheblich in Anspruch genommen sind, aber jedesmal auf direkte Initiative dieser kommunalen Körperschaft selbst. Schon im Interesse der Erhaltung der Steuerkraft und im Interesse der Erhaltung gesunder Kreise und Gemeinden habe ich mit meinem Herrn Kollegen, dem Minister der öffentlichen Arbeiten, das Uebereinkommen getroffen, daß in allen denjenigen Angelegenheiten, wo es sich um eine wirklich be— deutende finanzielle Beteiligung dieser kommunalen Körperschaften an Eisenbahnbauten handelt, vor der endgültigen Entscheidung mit mir eine Auseinandersetzung statlfindet, und in allen den Fällen, in denen bis jetzt hiernach verfahren ist, haben wir uns darüber einigen können. Ich möchte betonen, daß hierdurch das Interesse der meiner Fürsorge besonders anvertrauten kommunalen Körper⸗ schaften gewahrt wird. Der Weg, den hier der Antragsteller oder die Tommission vorschlägt, eine über dem Minister stehende Behörde ein⸗ zusetzen, welche endgültig über die Beiträge der Kreise und Gemeinden zu entscheiden hätte, steht nicht im Einklang. mit der Verfassung. Für die gesamte Verwaltung ihres Ressorts haben die Minister die Ver⸗ antwortung zu tragen. Sie können sich aber nicht durch eine andere derantwortliche Behörde, die erst geschaffen werden soll, decken und beiben nicht die Chefs ihres Verwaltungszweiges, wenn eine andere Behörde über ihnen steht.
Ich möchte deshalb auch bitten, diese Petition wenigstens nicht zur Berücksichtigung, sondern zur Kenntnisnahme oder zur Erwägung zu übersenden, denn den Weg, auf den diese Petition uns hinführen soll, können wir unter keinen Umständen betreten.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Budde:
Ich möchte nur berichtigend bemerken, ich habe selbstverständlich bon einer Verfassungs verletzung nicht gesprochen, sondern ich habe nur gesagt, daß, wenn der Antrag zur Ausführung gelangen sollte, dau eine Verfassungsänderung notwendig wäre. Auch möchte ich er⸗ wähnen mit Rücksicht auf eine Aeußerung, die gefallen ist, daß jeder Minister, und namentlich der Minister der öffentlichen Arbeiten, ver— schiedene Einzelressorts oder vielmehr verschiedene einzelne Ab⸗ teilungen in seinem Ressort unter sich hat, die in ihren Meinungen und in ihren Interessen vielfach gegeneinanderstehen. Er braucht deshalb keine zwei Naturen in seiner Brust zu haben. Es ist selbst· daß bei jedem Ressort verschiedene Abteilungen vorhanden sind, die nach verschiedenen Gesichtspunkten die eine oder die andere Frage zu beurteilen haben. Ein Beispiel: Wenn Verkehrs anlagen gemacht werden, so ist es selbstoerständlich, daß im Ministerium der öffentlichen Arbeiten die Wasserbauverwaltung, wenn es sich um Wasserstraßen handelt, die federführende Abteilung ist, und daß die Cisenbahnverwaltung erheblich mitzuwirken hat mit Rücksicht auf die einschlägigen wirtschaftlichen oder technischen Fragen, die etwa
berührt werden. Es ist das also kein Novum daß ein Minister nach zwei verschiedenen Richtungen hin seine Entscheidungen einrichten muß. Im Gegenteil, das ist ganz gut und notwendig, darin liegt
Zweite Beilage zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
Berlin, Donnerstag, den 23. Juni
eine gewisse Gewähr dafür, daß nicht einseitig entschieden wird. Ich muß z. B. als Wegebauminister auch selbstverständlich die Wegeverhältnisse, die Baufluchten der Städte bei den betreffenden einzelnen Fragen mit berücksichtigen. Deshalb entscheide ich nicht ein seitig als Chef der Eisenbahnverwaltung, sondern ich entscheide als Staatsminister, dem sowohl die Eisenverwaltung wie die Wege⸗ bauverwaltung unterstellt ist.
Ich kann nur nochmals davor warnen, die Einheitlichkeit beim Eisenbahnwesen, die jetzt besteht, aufheben zu wollen durch Einschlebung einer anderen Behörde. Ich kann nur nochmals wiederholen, wie auch der Antrag der Königlichen Staatsregierung überwiesen werden möge, sei es zur Berücksichtigung, zur Erwägung oder als Material, ich glaube nicht, daß die Staatsregierung zu einem anderen Entschluß kommen würde.
Der Entschluß würde natürlich für die Staatsregierung sehr viel weniger angenehm sein, wenn das hohe Haus beschließen sollte, den Antrag zur Berücksichtigung zu überweisen, statt zur Erwägung.
Herr Dr. Bender-Breslau: Eg handelt sich hier nicht darum, der Cisenbahnbehörde eine höhere Instanz überzuordnen, sondern um die Wahrnehmung der Interessen, die außerhalb des Bereiches der Gisenbahnverwaltung fliegen. Es sind nicht die finanziellen, sondern andere lebensvolle Interessen, die von der Eisenbahn⸗ verwaltung nicht, so vertreten werden können, wie sie vielleicht von dem Minister des Innern vertreten werden würden. Der Eisenbahnminister kann die Sachen ja gar nicht so aus— einanderhalten. Der Minister des Innern, der lediglich die Verkehrs interessen zu wahren hat, würde, wenn es sich um Eisenbahn⸗ überführungen oder um den Umbau von solchen handelt, doch mit größerer Autorität die öffentlichen Interessen für die Anlage von Wegen usw. wahrnehmen. Um so tiefgehende Fragen, wie Verfassungs⸗ änderung oder Verminderung der Stagtshoheitsrechte, handelt es sich hier gar nicht. Das alte Cisenbahngesetz von 1838 kann doch hier nicht mehr allein maßgebend sein. Der Bergbau muß alle Anforde⸗ rungen erfüllen, die im Interesse der Verkehrssicherheit gestellt werden, und das — nichts weiter — wollen wir auch für den Bereich der Eisenbahnen haben.
Damit schließt die Diskussion. Im Schlußwort betont
der Referent, daß es der Kommission wie dem Hause stets fern gelegen habe, Hoheitsrechte des Staats irgendwie anzutasten. Der Minister habe seinerseits die, Stadtgemeinden in die Diskussion ge⸗ zogen und, erklärt, die Beiträge, welche die Verwaltung von diesen fordere, seien sehr gering. Wenn das der Fall sei, dann könne man allerdings nicht wissen, was noch alles drohe, da doch jetzt schon die an manche Städte, wie Cöln und Hannover, von der Verwaltung ge— stellten Forderungen sich auf viele Millionen beliefen.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Budde:
Ich bedauere, nochmals das Wort ergreifen zu müssen, um zu⸗
nächst zu erwidern, daß es mir nicht eingefallen ist, der Kommission des hohen Hauses vorzuwerfen, daß sie Hoheitsrechte habe beschränken wollen. Nur ist es meine Ansicht, daß durch Ausführung dieses Antrages in die Handhabung der Hoheitsrechte eingegriffen werden würde. ; Fernerhin muß ich noch einer Aeußerung entgegentreten. Der Herr Berichterstatter hat gesagt, wie wird die Zukunft aussehen, wenn die bisherigen Beiträge der Gemeinden verhältnismäßig minimal sein sollen. Ich habe ausdrücklich gesagt: Die Beiträge sind von ver hältnismäßig geringem Umfang im Hinblick auf die großen Auf— wendungen, die die Staatseisenbahnverwaltung alljährlich zu machen hat. Für sie liegt ein großes finanzielles Interesse an diesen Bei—⸗ trägen nicht vor; sondern es sind rechtliche Gründe, nach denen die Fragen entschieden werden müssen. Auch in Zukunft werden die Beiträge hiernach bemessen werden und nicht höher sein, als sie bisher gewesen sind. Wenn der Herr Berichterstatter die Städte Hannover und Cöln an= geführt hat, so verbietet mir die Lage der Diskussion, ausführlicher darauf einzugehen. Wir werden bei der Nebenbahnvorlage vielleicht darauf zurückkommen. Die Stadt Hannover weiß genau, weshalb sie den Vertrag mit der Königlichen Staatsregierung abgeschlossen hat, weil sie nämlich glaubt, daß die Terrains, die ihr durch die Um⸗ gestaltung der Bahnhofsanlage zufallen oder erschlossen werden, so viel wert sind, daß die Stadt Hannover durch den Vertrag keinen Schaden erleiden wird.
Der Kommissionsantrag wird mit knapper Mehrheit an⸗ genommen.
Schluß nach Hi / . Uhr. Nächste Sitzung: Donnerstag, 1 Uhr. (Nebenbahngesetz, märkische und pommersche Wasser⸗ meliorationsvorlage.)
Haus der Abgeordneten. 88. Sitzung vom 22. Juni 1904, 11 Uhr.
Auf der Tagesordnung steht die Interpellation der Abgg. Kreth und von Staudy (kons. ):
„Aus welchen Gründen ist die in der Thronrede vom 9. Januar 1900 angekündigte Vorlage, betreffend den Ausbau des ma⸗ surischen Kanals, noch nicht eingebracht worden?“
Nach der Begründung der Interpellation durch den Abg. Kreth und ihrer Beantwortung durch den Unterstaatssekretaär Schultz, über deren Ausführungen bereits in der gestrigen Rummer d. Bl. berichtet worden ist, erhält das Wort
Abg. Glatzel (nl): Meine Freunde stehen so weit durch⸗ aus auf dem Boden der Intenpellanten, als auch wir dringend wünschen, daß die Probin Ostpreußen den Kanal so, bald wie möglich erhalten moge. . Ie erinnere nur an Aeuße⸗ rungen meines Freundes Friedberg bei den früheren Be⸗ ratungen. Wir hätten übrigens gern diese Interpellation mit unter. erg aber man hat es auf, der rechten Seite vielleicht ür taktisch richliger gehalten, es allein zu machen. Wir wollen das nicht bedauern, wenn daraus zu entnehmen ist, daß bei der HRechten in diesem Jahre eine so starke Kanalfreudigkeit vorhanden ist, daß diese sie zu der Interpellation führen konnte. Schon allein im Schiffahrteintereffs liegt ein genügendes Moment für den Ausbau des masurischen Kanals, und wenn es gelingt, babei ein großes Gebiet der Landwirtschaft zu n ,. so wird auch die Rentabilität ohne Zweifel gegeben sein. Wenn die Staatsregierung jetzt sagt, daß die technischen und
finanziellen Bedenken in der Provinz selbst die Vorlage zurück- gedrängt haken, so dürfen wir doch hoffen, daß diese Bedenken
18964.
bald sich werden aus dem Wege räumen lassen. Man fürchtet wohl in der Provinz, daß durch den Bau dieses Kanals die Provinz als abgefunden betrachtet werden könnte. Diese Befürchtung teile ich nicht. Meine Partei hofft, daß das Haus recht bald in der Lage sein wird, der masurischen Kanalvorlage die Zustimmung erteilen zu
können.
Abg. Posseldt (fr. Vgg ):: Die Erklärung der Staats, regierung ist so unbestimmt, daß ein großes Versprechen daraus nicht wohl herauszulesen ist. Sie unterscheidet sich sehr zu Ungunsten des Projekts von den früheren Versprechungen. In rein tech⸗ nischen Angelegenheiten, in reinen Kulturaufgaben sollte es die konstante Aufgabe der Regierung sein, eine schnelle Aus gleichung der Gegensätze herbeizuführen. Hindernisse liegen jetzt auch nicht mehr vor. Die Landwirtschaftskammer und der Pro⸗ vinziallandtag haben die Regierung zur möglichsten Beschleunigung der Ausführung des Projebts aufgefordert. In der Landwirtschafts⸗ kammer sind alle entgegenstehenden technischen Bedenken erwogen und ausführlich widerlegt worden. Wenn wir auf ein ganz unanfechtbares Pro- jekt warten wollen, so können wir noch tausend Jahre auf den Kanal warten. Ich habe hier 27 Petitionen aus Masuren von Vereinen usw;; sie alle fordern den Kanal, um der Versumpfung entgegenzuarbeiten und die Wasserkräfte wirtschaftlich auszunutzen. In der Hauptsache sind alle Forderungen erfüllt, die die. Regierung an die Interessenten gestellt hat, und die Hindernisse be⸗ seitigt worden. Die Landwirtschaft, die ja im Mittelpunkt des Interesses steht, würde von dem Kanal große Vorteile haben. Das entwässerte große Terrain, das der Kanal frei machen würde, würde sich besonders zur Hebung der Viehzucht eignen. Gewiß ist in den letzten 10 Jahren bezüglich der Nebenbahnen usw. manches für Ostpreußen geschehen, aber die Not der Provinz reicht weit zurück, bis in die Zeit der Befreiungskriege. Große Flächen waren wüst, und das Land war ausgesogen worden. An den Folgen des Krieges hatte die Provinz bis in die letzte Zeit zu tragen. Es fehlte bisher an einer eigentlichen Industrie, die jetzt durch den Kanal geschaffen werden könnte. Ostpreußen bedarf der kraͤftigen Unterstützung der Regierung, und dieser Kangl ist nur der Anfang, den wir von der Regierung er—⸗ warten. Ez handelt sich hier nicht um eine politische, nern um eine reine Kulturfrage, an der der ganze Staat ein Interesse hat. Darum bitte ich Sie, uns zu helfen, und die Regierung, den Kanal uns recht bald in einer Vorlage zu bringen.
Abg. Gyßling (fr. Vollsp.): Von der Erklärung des Ver⸗ treters der Regierung kann man nicht sagen: was lange währt, wird gut. Erfreulich sind dagegen die Erklärungen der Parteien, die sich hier jetzt für den Bau des masurischen Kanals ausgesprochen haben. Nach den Versprechungen der Thronreden und nachdem sich eine Einigkeit in der Provinz bei den maßgebenden Körperschaften über den Kanal ergeben hat, sollte die , doch endlich aus dem Stadium der Erwägungen und Ermittelungen heraus- gekommen sein und es für ihre Pflicht halten, endlich Ernst zu machen. Unsere Regierung scheint nicht eine Regierung zu sein, welche die Geister leitet, sondern eine solche, die sich nach einem Worte des früheren Reichstagspräsidenten von Simson nur mühsam in der Sphäre des Regierens hält. Der Redner geht auf die Vor⸗ geschichte des masurischen Kanals ausführlich ein, weist besonders darauf hin, daß 1874 eine Summe von über 1 Million Mark für den masurischen Kanal in den Etat eingestellt wurde, und bemerkt: von einer Tragung der Grunderwerbskgsten war damals auf keiner Seite die Rede. Diese Forderung wurde erst später durch die Regierung ge⸗ stellt. 1376 übernahm die Regierung die Verpflichtung, für den Ausbau des Kanals zu sorgen. Diese Ehrenschuld ist aber nicht eingelöst worden. In Ostpreußen sagt man, der jetzige Land⸗ wirtschaftsminister habe überhaupt für k ein sehr ge⸗ ringes Interesse gezeigt. Jeder Tag, der für den Kanal⸗ bau verloren geht, ist ein Verlust für die Provinz und auch für den ganzen Staat; denn die Prosperität einer Provinz hebt auch deren Steuerkraft. Wir stehen ja im Zeichen der Kolonialpolitik. Ich will nicht untersuchen, ob es richtig ist, große Summen in dem schwarzen Weltteil anzulegen, aber ich meine, wir haben hier ein näheres Kolonialgebiet, und eine gute, gesunde Heimatspolitik ist doch besser und wichtiger als eine Weltpolitik.
Minister für Landwirtschaft ꝛc. von Podbiels ki:
Ich nehme an, daß die Heimatliebe, die auch ich besonders hoch schätze, die Veranlassung gewesen ist, daß der Herr Vorredner manche Ausführungen gemacht hat, die zur Förderung der Angelegenheit selbst nicht gerade dienlich sind. (Widerspruch links) Gewiß! Wenn er dem Landwirtschaftsminister direkt vorwirft, er hätte kein Interesse für eine Provinz, so ist das doch ein Vorwurf, der zum mindesten nicht freundlich ist, und zu dem, wie ich glaube, auch tatsächlich keine Veranlassung vorliegt. Ich habe die Pflicht, für die Interessen der Landwirtschaft in allen Provinzen einzutreten, und es wird nichts damit erreicht, wenn man einem Minister vor wirft, er habe für eine Provinz oder für eine Gegend kein Interesse. Ich will aber auf diese Ausführungen nicht weiter eingehen, obwohl ich an manchen Beispielen zeigen könnte, daß gerade das Gegenteil vorliegt.
Aber für die Beurteilung der vorliegenden Angelegenheit selbst muß ich dem hohen Hause doch ein anderes Bild vorführen. Meine Herren, es handelt sich um die auf der Wasserscheide liegenden großen masurischen Seen in Ostpreußen, die nach dem Pregel und nach der Weichsel entwässern; nach Süden führt der Pissek das Wasser auf russisches Gebiet, im Norden die Angerapp zum Pregel. Auf den Pissek hat die Staatsregierung wenig Einfluß, weil sein Gebiet haupt⸗ sächlich in Polen liegt.
Auf der Angerapp, meine Herren, befindet sich eine fiskalische Mühle bei der Stadt Angerburg, einige Kilometer hinter dem Ausfluß des Flusses aus dem Mauersee. Es sind nun Interessenten der dortigen Gegend zu mir gekommen mit der Bitte, den Stau dieser Mühle zu beseitigen. Ich habe mich zu einer Prüfung bereit erklärt; aber als ich frug, was aus den Wiesen unterhalb Angerburgs würde, wenn ich den fiskalischen Stau beseitigte, mußten die Herren mir selbst zugestehen, daß mit der Beseitigung des Staues zweifellos zahlreiche Interessen verletzt würden. Unterhalb Angerburgs liegen heute gute Wiesen, die nach Beseitigung des Staues geschädigt werden würden. Meine Herren, ich bin heute noch bereit, diesen Stau zu beseitigen; denn der Landwirtschaftsminister würde es dem hohen Hause gegenüber immer vertreten können und seine Billigung finden, wenn er die aus der Verpachtung der Mühle fließende Domanial⸗ einnahme von etwa 2000 4M aufgeben würde. Aber ich muß immer wieder hervorheben: bei Wassersachen gibt es gewöhnlich einen, der sich freut, und einen, der traurig ist. Ich verdenke es den Herren in Masuren nicht, daß sie das Wasser schneller los zu werden wünschen,
und möchte darauf hinweisen, daß das Projekt des masurischen Kanals