1904 / 207 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 02 Sep 1904 18:00:01 GMT) scan diff

Königreich Preußen. Seine Majestät der Kaiser und König haben Aller⸗ gnädigst geruht: den Oberhofmeister ö von Mirbach auf sein

Ansuchen von den Geschäften des Kabinettssekretärs und

Schatullverwalters Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin

. entbinden und diese Geschäfte bis auf weiteres dem König⸗

ichen Kammerherrn, Landrat a. D. Dr. von Behr⸗Pinnow

u übertragen, welcher aus dem Verhältnis als diensttuender

. Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin aus⸗ eidet.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Landrichter Dr. Kolkmann in Bochum bei seiner Uebernahme in die Verwaltung der direkten Steuern zum Regierungsrat zu ernennen und dem Regierungssekretär Plank in Potsdam aus Anlaß seines Uebertritts in den Ruhestand den Charakter als Rechnungsrat zu verleihen.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten.

Königliche Akademie der Künste.

Bekanntmachung,

betreffend den Unterricht in den akademischen Lehr⸗— anstalten für die bildenden Künste für das Winter halbjahr 1904/1905.

Beginn des Unterrichts: Montag, den 17. Oktober 1904.

A. Akademische Meisterateliers für die bil denden Künste, Charlottenburg, Hardenbergstraße 33. 1) a. für Geschichtsmalerei: Professor A von Werner, Pro- fessor Arthur Kampf,

1) P. für. Landschaftẽ malerei: Professor Albert Hertel,

2) für Bildhauerei: Professor Ludwig Manzel,

3) für Architektur:

a. Geheimer , Professor Fob. Otzen (für Bau⸗ kunst des Mittelalters mit besonderer Rücksicht auf die kirchliche Kunst),

b. Geheimer Baurat Franz Schwechten (für die aus der Antike, Tem romanischen Stil und der Renaissance abgeleiteten Baustile),

4 für Kupferstich: Professor Karl Koepping.

Die Aspiranten haben sich behufs ihrer Aufnahme innerhalb der erften 14 Tage eines jeden Quartals bei demjenigen Meister zu melden, dem sie sich anzuschließen wünschen.

Aufnahmebedingungen können von den betreffenden Meistern oder vom Bureau der Akademie der Künste, Berlin W. 35, Potsdamer Straße 120, bezogen werden.

B. Akademische Hochschule für die bildenden Künste, Charlottenburg, Hardenbergstraße 33.

Direktor: Professor A. von Werner. IL. Klassenunterricht.

Figürliches Zeichnen nach Gips und der Natur (Köpfe, Glied⸗

maßen, Halbakte. Akte, Antike): die Professoren K. Boese, J.

Ehrentraut, Wa Friedrich, E Hancke.

ö . Zeichnen nach dem lebenden Modell: Professor Boe se.

Anatomie des menschlichen Körpers und Proportion lehre: Pro fessor M. Schaefer, Maler M. Körte.

Perspektive, Projektion und Schattenkonstruktion: die Professoren Hugo Herwarfh, Wilh. Herwarth.

Ornamentlehre und dekorative Architektur: die Professoren O. Kuhn, Wilh. Herwarth.

Malklassen. Malen von Stilleben, Köpfen und Figuren (Akten und —ᷣ * nach der Natur. Kopieren nach Originalen: die Profe ssoren J Scheurenberg, G. 2. Meyn, M. Schaefer.

Modellierklasse. Modellieren nach der Antike und der Natur: Professor G. Ja nensch.

Aktsaal fur Bildhauer. Modellieren nach dem lebenden Modelle (Akt): die Professoren E. Herter, P. Breu er.

Zeichnen, Malen und Modellieren von Tieren nach Gips und nach der Natur, Anatomie der Tiere: Professor P Meyer beim.

p e,, nach Vorlagen und nach der Natur: Professor Vorgang.

Kupferstich und Radierklasse: Profefsor Hans Mever.

Gewandstudien und Uebungen in figürlichen Kompositionen: in den Abteilungen für figürliches Zeichnen, Malen und Modellieren.

II. Unterricht in den Hilfswissenschaften.

e 1 r

a. Kunstgeschichte 8 1

. Th ec Eihtungen! Dr. P. Schubring;

c. Kostümkunde: Maler G. Gutknecht;

d. Anatomie des menschlichen Körpers, Demonstrationen und Sezierübungtn am Kadaver: Professor Dr. Hans Virchow.

Unterricht und praktische Uebungen in den verschiedenen Techniken der Malerei Zubereitung der Farben, Malmittel und Malgründe: Maler Alb. Wirth.

Vorträge über die Chemie der Farben 2c. Kaiserlicher Re—= gierungsrat, Professor Dr. Täuber.

III. Atelierunterricht.

Atelier für Landschafta malerei: die Professoten F. Kallmorgen, P. Vorgang.

Atelier für Malerei: Professor P Thumann.

Atelier für Marinemalerei: Professor EC Saltzmann.

Atelier für Kupferstechen und Radieren: Professor Hans Meyer.

Schülerateliers für Maler und Bildhauer: von sämtlichen ordentlichen Lehrern.

Neueintretende haben sich

Sonnabend, den 15. Oktober 1904, zwischen 1 und 3 Uhr,

im Sekretariat Charlottenburg, Hardenbergstraße 33 zu melden und einen selbstgeschriebenen Lebenslauf, ein polizeiliches . 8⸗ attest, die nötigen Schul zeugnisse sowie eventuell die schriftliche Er⸗ laubnis des Vaters oder Vormundeg zum Besuche der Hochschule gleichzeitig ebendaselbst einzureichen; Prospekte sind beim Anstalts⸗ sekretariat erhältlich.

Berlin, den 25. August 1904.

Der Senat, Sektion für die bildenden Künste. Joh. Otzen.

Finanzm inisterium.

Der Regierungshauptkassen⸗Oberbuchhalter, Rechnungsrat Bernhardt in Köslin ist zum Landrentmeisier und Rendanten

der dortigen Regierungshauptkasse ernannt worden.

Versetzt sind die Rentmeister bei Königlichen Kreiskassen: Lange von Neutomischel nach Ostrowo und Weckwerth

Krieg sm inisterium.

Bekanntmachung.

Es wird hiermit erneut zur allgemeinen Kenntnis ge⸗ bracht, daß den Unteroffizieren und Mannschaften dienstlich verboten ist:

I) jede Beteiligung an Vereinigungen, Versammlungen,

estlichkeiten, Geldsammlungen, zu der nicht vorher besondere dienstliche Erlaubnis erteilt ist,

2) jede Anderen erkennbar gemachte Betätigung revolutio⸗ närer oder sozialdemokratischer Gesinnung, insbesondere durch entsprechende Ausrufe, Gesänge oder . Kundgebungen,

3) das Halten und die Verbreitung revolutionärer oder sozialdemokratischer Schriften sowie jede Einführung solcher Schriften in Kasernen oder sonstige Dienstlokale.

Ferner ist sämtlichen Angehörigen des aktiven Heeres dienstlich befohlen, von jedem zu ihrer Kenntnis gelangenden Vorhanbenfein revolutionärer oder sozialdemokratischer Schriften in Kasernen oder anderen Dienstlokalen sofort dienstliche An⸗ zeige zu erstatten.

Diese Verbote und Befehle gelten auch für die zu Uebungen eingezogenen und für die zu Kontrollversammlungen einberufenen Personen des Beurlaubtenstandes, welche gemäß S6 des K und 538 BI des Reichsmilitär⸗ gesetzes bis zum Ablauf des Tages der Wiederentlassung bezw. der Kontrollversammlung den Vorschriften des ilitãr⸗ strafgesetzbuchs unterstehen.

Berlin, den 30. August 1904.

Der Kriegsminister. von Einem.

Selm. ue. Bekanntm ach u r c

Unter Bezugnahme auf 8 4 der Allgemernen Vorschriften für die Markscheider im Preußischen Staat vom 21. De⸗ zember 1871 e, wir hiermit zur öffentlichen Kennnis, daß die von uns dem Albert Ginsberg zu Siegen erteilte Konzession zum Betriebe des Gewerbes der Markscheider in⸗ folge freiwilligen Verzichts mit dem heutigen Tage er⸗ loschen ist.

Bonn, den 31. August 1904.

Königliches Oberbergamt. Vogel.

Angekommen:

Seine Exzellenz der Staatssekretär des Reichsschatzamts, Wirkliche Geheime Rat Freiherr von Stengel, vom Urlaub;

der Ministerialdirektor im Ministerium der geistlichen, Unterrichts und Medizinalangelegenheiten, Wirkliche Geheime Oberregierungsrat Di. Förster, vom Urlaub.

Hhtauitliches. rf ches Reich.

Prenßen. Berlin, 2. September.

Ihre Kaiserlichen und Königlichen Majestäten wohnten heute vormittag mit den hier anwesenden rf k. keiten der Parade des Gardekorps auf dem Tempelhofer Felde bei. Nach dem Abreiten der Fronten fand ein zweimaliger Vorbeimarsch statt. Seine Majestät der Kaiser und König hielten darnach Krink ab und kehrten an der Spitze der , ee, . und der Standarteneskadron nach dem

öniglichen Schlosse zurück.

5 Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin von Mecklenburg⸗-Schwerin trafen gestern nachmittag um 4 Uhr, wie „W. T. B.“ berichtet, auf dem hiesigen Stettiner Bahnhofe ein und wurden daselbst von Seiner Majestät dem Kaiser und König, Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen, Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Friedrich Leo⸗ pold sowie den zur Zeit hier anwesenden Prinzen des Königlichen Hauses empfangen und nach dem Königlichen Schlosse geleitet, wo Höchstdieselben von Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin begrüßt wurden.

Laut Meldung des, W. T. B. ist S. M. S. Panther“ am 31. August in Paramaribo (Niederländisch Guayana) eingetroffen und geht am 5. September von dort nach Tobago (Kleine Antillen) in See.

S. M. S. . ist am 31. August in Santos Brasilien) eingetroffen.

S. M. S. „Seeadler“ ist am 31. August in Nanking eingetroffen und geht heute von dort nach Kiukiang.

Kiel, 1. September. Seine Königliche Hoheit der Prinz Heinrich ist heute 1 nach Berlin ab⸗ gereist, um der Parade des Gardekorps beizuwohnen.

Deutsche Kolonien.

Aus Deutsch⸗Südwestafrika wird, wie W. T. B.“ erfährt, gemeldet, daß der Sanitätsfeldwebel Fritz Dostert, früher Dragonerregiment Nr. 15, am 11. August bei Water⸗ berg durch Schuß ins Knie leicht verwundet worden sei.

Der General von Trotha meldet, die 5. Kompagnie Regiments 1 befinde sich beim Major von Estorff, die 6. Kompagnie Regiments 1 beim Hauptmann von Fiedler.

Oesterreich⸗ Ungarn. Der Kaiser ist gestern abend um 7 Uhr, wie W. T. B.“

von ie nach Neutomischel. er Regierungshauptkassen⸗Buchhalter Meyer in Trier ist zum Rentmeister bei der Königlichen Kreiskasse in Friede⸗

berg ernannt worden.

meldet, von Ischl in Penzig eingetroffen und hat sich von dort nach Schönbrunn begeben.

Großbritannien und Irland.

Gegenüber den gestern in Paris verbreiteten Gerüchten über einen ungünstigen besagt ein 6 nachmittag dem „Reuterschen Bureau“ aus Marienbad zugegangenes Telegramm des Leibarztes des Königs Dr. Ott:

ie diesjährige Badekur des Königs bat einen ausgezeichneten Erfolg 5636 Der König verläßt Marienbad bei in jeder Hinsicht voll- ommenster Gesundheit und erklärt, er habe sich in seinem ganzen Leben nie wohler gefühlt.

Italien.

Der Generalkommissar für Kreta, Prinz Georg von Griechenland, ist, dem W. T. B.“ zufolge, gestern abend in Rom eingetroffen. 6.

Rumänien. 3 Amtlich wird eine Verordnung des Ministeriums ver⸗

öffentlicht, nach der das Aus fuhrverbot für Mais bis zum 15. Oktober 1905 aufrechterhalten wird.

A sien.

Ein Telegramm des Generals Ssacharow an den Generalstab meldet unter dem 1. d. M.:

Die Nacht auf den 1. September ist ruhig verlaufen. Bis 6 Uhr früb ist weder auf feindlicher 2623 auf unserer Seite geschossen worden. Wie gemeldet wird, läßt der General Kuroki eine Pontonbrücke über den Taitse ho schlagen.

Ein weiteres Telegramm des Generals Ssacharow vom 1. September melder:

Heute setzten Teile der Armee Kurokis auf das rechte Ufer des Taitseho in der Gegend von Sakan über, dort, wo der Fluß eine Biegung macht. Um 5 Uhr früh stellten unsere Streifwachen fest, daß eint Division Infanterie mit Artillerie und Kavallerie die Furt passiert babe. Flußabwärts baben sich die Japaner noch nicht gejeigt. Die Japaner gingen in zwei Richtungen vor, nach Westen und in der Richtung auf Jantai. Die übergesetzten Truppen be⸗ gannen ein Gefecht, um den weiteren Uebergang zu verbergen. Auf unserer vordersten Stellung wurde der . am 31. August außer⸗ ordentlich heftig geführt von 8 Uhr Abends bis 12 Uhr Nachts, wo er vollständig unterbrochen wurde Wie am 30. v. M so endigte auch der 31. v. M. für uns durchaus erfolgreich. Wir haben aus— nabhmslos alle unsere vordersten Stellungen behauptet. Einen besonders heftigen Kampf hatte die Division des Generalmajors Kondrg⸗ towttsch auszuhalten. Das Artilleriefeuer der Japaner war sehr heftig. Unsere Truppen, die den ganzen Tag mit Schrapnels über⸗ schüttet wurden, behaupteten die . anvertrauten Stellungen mit erstaunlicher Ausdauer. Nach Vorbereitung des Angriffs durch Artillerie feuer gingen die Japaner mehrere Male zum Sturm gegen unsere Stellung vor. Einige unserer vordersten Befestigungen gingen nach hartnäckiger Gegenwebr in die Hände der Feinde über, wurden aber von uns immer wieder durch Bajonettangriffe zurücker⸗ obert. Bei diesen Angriffen ließen die Japaner eine große Menge Tote zurück. Vor einem Teil der Befestigungen war es gelungen, eine große Anzahl von Wolfsgruben auszubeben, die zum Teil bis zum Rande mit Leichen des Feindes gefüllt waren. Die Verluste der Japaner müsfen ungeheuer groß sein. Aber auch unsere Verluste, die auch noch nicht annähernd sestgestellt werden konnten, sind bedeutend. Verwundet ist der Generalmajor Mrosowsky. Eine Kontusion hat der Generalleutnant Baron Stackelberg delta, der aber an der 5 bleiben konnte. Viele Waffen der Japaner sind in unsere

nde gefallen.

Aus Mukden von gestern abend, 9 Uhr N Minuten, meldet das „Reutersche Bureau“, der Eisenbahnverkehr nach Liaujang sei unterbrochen. Die Wege seien unpassierbar.

Das „Reutersche Bureau“ berichtet aus Tokio vom gestrigen Tage:

85 der Frühe machte der linke Flügel der Japaner mit Erfolg einen wilden An iff auf die Höhen von Hsinl itun, westlich vom Schuschamberg, und durchbrach die russische Linie. Dieser Erfolg machte uch chr ng den darauf erfolgenden Rückzug des Zentrums und des rechten Flügels der Russen notwendig. In Tokio glaube man, der General Kuropatkin sei völlig geschlagen. Der Marschall Oyama telegraphiere, seine Verluste bei den Sturmangriffen auf . seien be⸗ trächtlich. Die Verluste des Generals Kuroki an den Tagen vom 24 bis 28. August hätten 255 Mann betragen.

Der rechte Flügel und das Zentrum der die Stellungen südlich von Liaujang verteidigenden russischen Linien haben, demselben Bureau zufolge, gestern nachmittag den Rückzug angetreten; die Japaner verfolgen sie. Diese Nachricht wird jetzt aus Tokio amtlich bestätigt.

Wie dem „Reuterschen Bureau“ aus Tokio vom heutigen Tage gemeldet wird, begann der japanische linke Flügel heute mit Tagesanbruch die Russen gegen den Taitsefluß zurückzudrängen. Der rechte Flügel der Japaner nahm den Kampf in der Nähe von Heiyingtai auf. Die japanischen Verluste seit Montag werden auf 10 000 Mann

eschätzt. Ein russischer Dampfer, der mit dem Fort⸗ chaffen von Minen vor Port Arthur beschäftigt war, wurde am 31. v. M. zerstört.

Wie die „Agence Havas“ erfährt, hat der Militär⸗ n,, , von Las Palmas (Kanarische Inseln) nach

adrid gemeldet, er habe die telegraphische Nachricht erhalten, daß vor La ncarota fremde Kriegsschiffe eingetroffen seien, die die russische Flagge gehißt hätten. Transport⸗ dampfer hätten sie erwartet und mit Kohlen versehen.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Erbtruchseß in Neuvorpommern Graf Otto zu Solms⸗Rödelheim, Mitglied des e tn der Ab⸗ geordneten, ist am 31. v. M. zu Altenhagen verstorben.

Statistik und Voltswirtschaft.

Zuc Arbeiterbewegung.

5, der Handelt kammer in Marseille setzt, wie W. T. B. meldet, seine auf Beendigung des Ausstandetz der Dock r . 3. i. d. 3. ,, S ii ö. * wischen hat au rdnung von Ma a ette der all⸗ . Ausstand der Dockarbeiter begonnen. ö

Seit gestern früh haben, dem W. T. B. zufolge, sämtliche 8 en im Hecken von Cha riero ihre . al 7 Die Einstellung der Arbeit ist allgemein. Nur eine vnn rn in Marchtennes, bei der keine Aussperrung vorgengmmen wurde, arbeitet. Ucberall herrscht Ruhe. (Vgl. Nr. 206 5. Bl.)

esundheitszustand des Königs Eduard

unst und Wissenschaft.

Die Ausstellung von Sitzmöbeln im Lichthof, des Kunstgewerbemuseums ist eröffnet worden. Man findet in ihr einige Hunderte von Sitzmöbeln vereinigt, die den künstlerischen Charakter dieses wichtigen Möbelstücks zur Ans auung bringen. Die Auswahl ist nach . und kulturgeschichtlichen Gesichtspunkten

etroffen, indem Arbeiten möglichst aller Völker und Zeiten vereint nd. In die ältesten Zeiten menschlicher Kultur führen die alt⸗ gyptischen Schemel und Rlappsessel zurück, die in Originalen erhalten sind, während man das Sitzmöbel des klassischen Altertums im wesent⸗ lichen nur aus Darstellungen auf Vasenbildern ung Reliefs kennen lernen kann. Dazu treten eini e Terrakotten, die gleichsam als Modelle verlorener Stühle und. Sessel angesehen werden können. Auch aus dem Mittelalter sind eigentliche Gebrauchsmöbel so gut wie nicht er halten; einen reichen Ersatz bieten hier aber die kirchlichen Aus⸗ stattungsstũcke, Chorstühle ꝛc, während die Formen mittelalterlicher ausmobel wenigstens in ihrem Nachleben in bäurischen Arbeiten aus päterer Zeit zur Anschauung kommen. Sehr zahlreich sind in der Ausstellung die Arbeiten der Rengissance vertreten: der ein ache Schemel und Stuhl, der Klappfessel, die Bank und die eigentlichen Prächtwerke der Schreinerei. (Sammlung ainauer). Mit der Barock zeit kreten die Repräͤsentations. und Prun möbel stark in den Vorder- rund, daneben aber auch einfachere Gebrauchsformen, wie man 3. auf den Cl benbilbern niederländischer Meister findet. Das 18. Jahrhundert mit den raffinlerteren Ansprüchen seiner , . bringt auch in das Sitzmöbel einen höheren Grad von Bequemlichkeit und Eleganz. Die Formen werden geschwungen, und die Farbe der seidenen Bezüge beginnt die Wirkung mitzubestimmen. Die steiferen Formen des Louis XVI. und Empire leiten über zum 19. Jahrhundert, das leichfalls durch sehr 6 . Arbeiten aus der sogenannten MT n eiern vertreten ist. Diese noch vor kurzem wenig geschätzten Arbeiten haben ihre Bedeutung durch ihre einfachen, schlichten Formen, die den modernen Bestrebungen der Möbeltischlerei vielfach entgegenkommen. Zahlreich sind die Arbeiten moderner Künstler in der Ausstellung vertreten, darunter charakteristische Arbeiten von Männern wie Eckmann, van de Velde. Grenander u. a. Dem Ent gegenkommen der Kunsthandlung von Keller u. Reiner und des Hohen zollern Kaufhauses ist es zu danken, daß die Ausstellung auch auf diesem Gebiete einen guten Ueberblick bietet. Von be⸗ fonderem Interesse sind die teils primitiven, teils sehr raffinierten Möbel der außereuropäischen Kultur. und Halbkulturvölker, die das Mufeum für Völkerkunde zum Zwecke der Ausstellung eliehen hat und deren Betrachtung gerade neben den Arbeiten europä schen Stils lehrreich ist. So ist in der Ausstellung ein reichhaltiges und viel⸗ seitiges Material . worden, sodaß sie ein nahezu vokständiges Bild gibt von der Geschichte des Sitzmöbels mit seinen verschiedenen Abarten: dem Stuhl, dem Schemel, der Bank, dem Sofa usw vom einfachen Bauernmöbel bis zum Prunkftück der Kirche und des Hofes. In diefer Hinsicht schließt sich die Ausstellung den Vorträgen über diese Möbelform an, die im Vorjahre der rofessor A. G. Meyer im Hörsaale des Museums gehalten hat und die jetzt auch in der Form eines Tafelwerkes vorliegen.

In Salzburg wurde, wie W. T. B.“ meldet, gestern die achte Versammlung deutscher Historik er eröffnet.

Land⸗ nnd Forstwirtschaft. Ernteergebnisse und Getreidehandel in Rußland.

ö . Kaiserliche Generalkonsul in Warschau berichtet unterm v. M.: Die Getreideernte, die im Laufe des Monats August d. J. von der Witterung sehr begnnstigg war, kann im all⸗ emeinen als beendet angesehen werden. it Ausnahme einiger reife der Gouvernements Warschau, Kalisch, Lublin und Kielce ist man mit dem Ertraͤgnis sehr unzufrieden. Die Witterungsverhältniffe waren fast in ganz Polen für das Wachstum und die Entwickelung des Getreides ungünstig. Durch die anhaltende Dürre hat daz Winkergetrelde, das im Frühjahr noch sehr gut stand, durchweg gelitten, während das Aufgehen und Reifen der Sommer- einfaat verzögert wurde. Im ganzen bat die Wintersaat bessere Erträge geliefert, als die Sommersaat. Wintergetreide auf schwerem und feuchtem Boden ergab noch eine verhältnismäßig befriedigende Ernte, auf leichterem und sandigem Boden dagegen laßt der Ertrag sehr zu wünschen übrig. Die Erwartungen inbetreff des Sommer- getreides find guch nur gering. Man schätzt den Stroh, und Körnerertrag bei Gerfte im Durchschnitt auf nicht über 700 /o, bei Hafer auf etwa 50 069 einer Normalernte.

Erbsen und Wicken sind ihres schlechten Aussehens wegen an vielen Stellen vor der Reife zu Futterzwecken gemäht worden. Da die Heu. und Kleeernte sich auf kaum is einer Durchschnittsernte be⸗ laufen hat und auch der zweite Heu⸗ und Kleeschnitt nicht besser zu werden verspricht, so nehmen schon jetzt nicht nur die Bauern, sondern auch größere Grundbesitzer eine bedeutende Verringerung des Vieh standes vor.

Die Zuckerrüben sind unter der anhaltenden Dürre im letzten Monat ebenfalls im Wachstum zurückgeblieben; man erwartet auch hier eine schlechte Ernte.

Kartoffeln und rh nrg. stehen so schlecht, daß man mit einer allgemeinen Mißernte, besonders bei den Kartoffeln rechnet. Die Marktpreise, die sonst um diese Zeit in Warschau 1,20 Rbl. bis 1,50 Rbl. für den Korsetz Kartoffeln zu betragen pflegten und im vergangenen Jahre auf 1,80 Rbl, bis 290 Rbl. für den Korsetz , waren, belaufen sich gegenwärtig im Einzelverkauf auf 3,50 Rbl. bis 400 Rbl. für den Korsetz und 16 bis 14 Kop. für den Garnietz (L Korsetz 128 Liter, J Gärnietz 4 Liter). Eine ähnliche Preissteigerung macht sich auch für samtliches Gemüse und Obst bemerkbar.

Die Gouvernements Petrikau und Plock sind in geringem Um⸗ fange durch die Hessenfliege heimgesucht worden. I‚n Gouvernement Plock sollen auch Feldmäuse größeren Schaden angerichtet haben.

Die für Waggonladungen gezahlten Preise haben sich im Ver⸗ i. zu denen des vergangenen Monats nur wenig verändert. Sie etrugen für das Pud: .

. am 265. Juli d. J. am 24. August d. J.

für Weizen. . 1,027 Rbl. —1, 10 Rbl. 1,00 Rbl. 14,08 Rbl.

Roggen. M75 31 o,76 . 082 .

9 Hafer 1 0678 * —0 90 . 0.76 * 0,87 *

J., Kaiserliche Generalkonsulat in Odessa berichtet unterm

6. v. M.:

Bei der Trockenheit, die den ganzen Berichtsmonat über angehalten bat, sind die Ernte. und die Drescharbeiten tüchtig vorgeschritten. Das Ernteergebnis hat sich sehr verschieden gestaltet. Im all ,. läßt sich sagen, daß die Ernte der Beschaffenheit nach wider

rwarten gut ausgefallen ist, während sie der Menge nach weniger befriedigt. Im einzelnen ist nachstehendes zu bemerken.

Im Cherfoner Gouvernement müssen die Erträge zum größten Teile als unter mittel“ bezeichnet werden. Stellenweise ist der Mißwachs derart, daß sich die Bauern zum Verkaufe ihres Viehs , sehen und daß von der Regierung Mahregeln zur Unter= tützung der notleidenden Bevölkerung ins Auge gefaßt sind. Schlechter steht etz noch in Beffarabsen, dessen südwestlicher Teil eine völlige Mißernte zu verzeichnen hat, ode kaum einmal Saatkorn geerntet ist. Im Hinblick auf die andauernde Hitze be⸗ ginnt man auch für den Mais zu fürchten, der im Kischi⸗ newer Kreise ganz ausgefallen, ist. Dad Gleiche gilt vom Kreise Ismail und Benn Günstiger dagegen ist die Obst.⸗ und Weinernte gewesen. Befriedigend lauten die Nachrichten aus dem Taurischen Gouvernement. nl ch sieht es im Gouvernement Jekaterinoglaw autz. Im Kreise Mariupol ist sogar die Gerstenernte ausgezeichnet. Für die an den Dniepr angrenzenden Distrikte kann

im Durchschnitt eine Mittelernte angenommen werden. Dort ist auch der Weizen am besten geraten.

Die ,. des hiefigen Markts war fest. Im allgemeinen haben auch die Preife angezogen. Die größte Steigerung erfuhr Mais der etwa 12 Kop. für datz Pud gewann. Die ih ren waren bis jetzt gering. Es ist dies eine Folge der schlechten Ernte und erklärt si daraus, daß die nähere Umgegend Odessas, die dnnn , ihre . zuerst hierher auf den Markt bringt, infolge der geringen Ernte in diesem Jahre fehlte.

Mit Rücksicht hierauf hat ., Frachten markt für die Reeder und Schiffs makler manche nttäuschung mit sich gebracht. Gezahlt werden jetzt:

Osima f.... . 110 111 Kop. .

. Ulka 1 1 . . Roggen 1 . 78 x für das Pud II 74— 76 bordfrei. II 0 J Gerste 1 65-67. 1— fer . . I 9 . . . . 77-85 . k 76 . e .

In Oelkuchen ist die Tendenz steigend. Man notiert: Leinkuchen . . 384 Kop. nn, .. gen . Ravisonkuchen... . 36 . Ravisonbauernkuchen.. 40

Die hiesigen Vorräte betrugen am 14. d. M. in Weijen 124 200 dz und zwar: Osima 55 692 d, Ulka 54 054 da, Girka 1638 dz, Arnautka 11466 4z, verschiedene Arten 1350 42, Roggen 67 034 dz, Mais 85 563 dz, Gerste 119 499 da, Hafer 16 5h dz. Raps und Rübsen 16380 42, Leinsamen 18018 d.

Die Verschiffungen stellten sich in der Zeit vom 24. Juli bis 24. August d. J.:

Weizen... . . 3 Millionen Pud,

Roggen .... . 1 Million ⸗— Gerste .... . 2 Millionen. Malz. Non .

Bei der Geringfügigkeit der Ausfuhr konnten sich die Frachten nicht erholen. Den größten Teil des Berichtsmonats über standen ö. 3 5,5 6,6 Schill. London, Hull, Antwerpen, Rotterdam,

amburg.

Erst in den letzten Tagen belebte sich die Nachfrage ein wenig und die Rate stieg auf 7,1 7,3 Schill. London, Hull, Antwerpen, Rotferdam, Hamburg 0,6 Schill. mehr.

Mittelmeer 7 Fr.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ . maßregeln.

Rußland. Die russische Kommission zur Bekämpfung der Pestgefahr hat die Stadt Merw für choleraverseucht erklärt.

Norwegen.

Durch eine norwegische Verordnung vom 25. August d. J. wurden Siam und Tonkin, ferner Brisbane und Maryborough in Queenzland, Pay ta in Peru, Valparaiso und Antofaga sta in Thile sowie die brasilianischen Häfen für Pestverseucht erklärt und gegenüber den Herkünften von dort die Quarantäneyogr⸗ schriften (Gesez vom 12 Juli 1818 und Verordnung vom 13. Ok— ober 19059) in Kraft gesetzt. (Vergl. R. Anz.‘ vom 31. Oktober 1900, Nr. 260.)

Aegypten.

Der internationale Gesundheitsrat in Alexandrien hat die für Herkünfte von Salaya angeordneten Qugrantänemaßregehln wieder aufgehoben. (Vgl. . R. Anz.“ vom 2. Juni d. J, Nr. 128.)

Theater und Musik. Königliches Opernhaus.

Am gestrigen Vorabend des Tages der großen Herbstyarade fand auf Allerhöchsten Befehl im Königlichen Opernhause eine Fest⸗ vorsteilung statt, der Ihre Kgiferlichen und Königlichen Maestäten mit Ihren hohen Gästen beiwohnten. Im Parkett und im ersten Kang war das Offizierkorps stark vertreten; auch die fremd⸗ herrlichen Offißiere waren anwesend. Unter Vorantritt des General⸗ intendanten von Hülsen erschienen die Allerhöchsten und Höchsten Herr⸗ schaften in der großen mittleren Hofloge. Seine Majestät der Kgiser führte Ihre . Hoheit die Großherzogin von Mecklen—⸗ burg⸗Schwerin, Seine Königliche Hoheit der 96 von Hesf en Ihre Majestät die Kaiserin. In der ersten Sessel reihe nahmen außerdem noch Platz Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzessin Friedrich Leopold und der Großherzog von Sachen sowie Ihre Königlichen Hoheiten die Großherzöge von , und von Oldenburg. Zur Aufführung gelangke in neuer Einstudierung das phantastische Ballett Coppekig! von Ch. Nuitter und A. Saint Léon, mit der stimmungzvollen Musik von Leo Del ibes, welche der Kapell⸗ meister Professor Schlar in wirksamster Weise leitete Die gesamte Vorftellung war in ihrer im serbisch ungarischen Stil gehaltenen

laͤnzenden neuen Ausstattung und exakten Durchführung außerordentlich nr k Die Darstelller wetteiferten förmlich miteinander, ihr Bestes zu bieten, und zeigten ein so harmonisches Zusammenwirken, a sie und Herr Emil Graeb, als Leiter der choreographischen Einrichtung, nur uneingeschränkte Anerkennung verdienen. Fräulein Bell Era, die Vertreterin der Swanilda, bot wieder in bezug auf Anmut der Bewegung und Erscheinung und in der ver— ständnisinnigen Löfung ihrer schwlerigen Aufgabe eine Leistung von hoher Vollendung. Die großen Vorzüge ihrer Tanzkunst traten namentlich bei den Einzeltänzen in den verschiedenen Bildern hervor, wobei auch u. a. die Damen Lucia, Kierschner und Pfaffenberg Ge— legenheit hatten, ihr künstlerisches Können zu betätigen. Fräulein Urbangka wurde als Gräfin ihrer mehr pantomimischen Rolle gleich falls in jeder Weife gerecht. Dasselbe läßt sihh von den gin, Deleuil, orn und Quaritsch sagen. ie gestrige

allettauffnhrung lieferte wieder den Beweis, daß das Königliche Ballett, obwohl es in den letzten Jahren wenig Gelegenheit hatte, in einer größeren Aufgabe herporzutreten, vortrefflich geschult ist.

Deutsches Theater.

Nachdem am Tage vorher die . vor geladenem ublikum fiattgefunden hatte, ging gestern zur Eröffnung der ersten pielzeit des Deutschen Theaters unter Dr. Paul Lindaus

Leitung Shakespeares ‚Troilus und Cressida. in einer Be⸗

arbeitung des Genannten zum ersten Male in Szene. Kühn war das

Unterfangen, es gerade mit diesem vielumstrittenen, viel gelobten, aber

wenig aufgeführten Werke des großen Briten zu wagen, das sich in keiner der bisherigen Bearbeitungen, von denen die von Wolzogen und von Gelber als die jüngsten, genannt seien, die Bühne

hat erobern können. Die Lindausche Bearbeitung nennt es

Srama“, und dat kennzeichnet auch die Tendenz dieser Bearbeitung; fie legt bas Hauptgewicht auf die ernste Seite des Stückes, sucht allzu Grelles zu mildern, zumal da, wo die Ruhmredereien der

griechischen Helden diese fast in Offenbachschem Sinne parodistisch auf ung einwirken lassen. Aber Shakespeares Partei- nahme gegen die Hellenen läßt sich trotz alledem nicht aus der Welt schaffen; * ungetrübt wie uns, die im Zeitalter des Hellenismus groß geworden sind, hat ihm die Sonne Homers, den er wahrscheinlich nur in der Umdichtung Chapmans kennen lernte, wielleicht nicht geleuchtet, und ganz gewiß hat er sich nicht die Aufgabe erh, das griechische Nationalepos, wie er es vorfand, in die dramatische Form umzugießen. Er stellte sich vielmehr im Gegensatz dazu auf Sesten der Trejaner, deren schlichteres Heldentum sich in seinem Drama von den Prahlereien der Griechen wirksam abhebt. Die Anregung zu seinem Werke mag ihm eine gleichnamige Dichtung Chaucers gegeben haben, oder beide schöpften gemeinsam aus einer älteren Quelle, in der die nach⸗ homerische Cressida. Episode, die nur leise an die Geschichte der Chryseis und Briseis anklingt, selbständig fortgesponnen war. Vielleicht hat gerade im Hinblick auf dieses Werk der ge⸗ lehrte Ben Jonson in seinem Hymnus auf Shakespeare die Bemerkung nicht unterdrücken können: „Und wußtest du auch wenig nur Latein, noch weniger Griechisch, war doch Größe dein.“ Etwas von dem Geist des klassisch gebildeten Ben Jonson ist heute in uns allen lebendig und hindert uns, diese Shakespeare⸗Dichtung trotz aller ihrer Schönheiten, die auch der große e n i Goethe wohl zu schätzen wußte, unbefangen zu genießen. aran scheint, aus der Aufnahme, die das Drama jetzt fand, zu schließen, auch der Lindausche Neuauffübrungsversuch, so verdienstvoll er an sich ist, nichts ändern zu können. Die Aufführung selbst darf noch nicht mit dem Maß⸗ stabe gemessen werden, den man später, wenn die neuen Kräfte erst erprobt und gefestigt sein werden, wird anlegen müssen. Neben vortrefflich Gelungenem stand Mindergutes sowohl auf griechischer wie auf trojanischer Seite, sodaß der Satz „Iliacos intra muros peccatur et extra auch hier Geltung behielt. Die Hauptrollen aber waren gut besetzt. Als Troilus bewährte sich der vielseitige Herr Walden ebensosehr im heroischen wie in dem mehr lyrischen Teil seiner Aufgabe, besonders in der an Rome) und Julia“ gemahnenden Gartenszene. Als Cressida, deren buhlerisches Wesen sie aus dem angenommenen züchtigen Gebaren diskret hervorlugen ließ, führte sich Fräulein Paula Müller glücklich ein. Als scharfer und ig elch humorvoller Charakteristiker erwies sich . Alfred Abel als Thersites, individuelle Züge zeigten erner die Herren Schlaeger (Aeneas), Waldow (Ajax), Landa (Ulysses, Geisendörfer ((Diomedes). Ein vortrefflicher Hektor war Herr Sommerstorff, eine anmutige Helena Fräulein Rabitow, eine wirkungsvolle Kassandra Frau Arnold. Die Bühnenbilder, bei denen die plastische Dekoration mehrfach wirkungsvoll angewandt war, unterstützte zum Teil wesentlich die Stimmung, die die Regie dem ganzen Werke zu geben trachtete.

Lessingtheater.

Die Direktion Otto Brahm hielt gestern mit der Darstellung von Henrik Ibsens Schauspiel Die Frau vom Meere“ ihren Einzug in das neue Heim; und ein tiefgehender, großer Erfolg fiel dieser ernsten künstlerischen Arbeit wie eine reife, schöne Frucht in den Schoß. Ibsens „Frau vom Meere“ hat ihre erste Aufführung vor mehr als zehn Jahren im Königlichen Scauspielhause erlebt; sie ist aber lange genug wieder vom Spielplan verschwunden, um gestern fast wie eine Neuheit zu wirken. Wie über allen Werken Ibsens, schwebt auch über diesem ein geheimnisvoller Zauber; hier aber zeigt er, ein besonderes Gepräge, das des lockenden und schreckenerregenden, uferlosen Meeres, unter dessen Einfluß auch die Heldin des Schauspiels Ellida, die Tochter des Leuchtturm wächters, in einem mystischen Glanze schimmert. Bewundernswert tritt wieder die sichere Meisterschaft hervor, die es Ibsen er⸗ möglicht, den zartesten und kompliziertesten Seelenregungen nach⸗ zuspüren, äußere und innere Eindrücke miteinander zu verweben, wie hier die unheimliche Gewalt des weitwogenden Meeres mit den sitt⸗ lichen r einer groß angelegten Menschenseele. Mit den schrankenlosen Wogen trieb Ellidas unstillbare , . in die un⸗

emessene Weite und zwang ihre Seele unter den illen eines remden Seefahrerß. Zwang führt dann die arme Heimatlose in das Haus des ältlichen Witwers Doktor Wangel. Ruhelos wie Ebbe und Flut schwanken ihre Gedanken hin und wieder. Ihre kranke Seele erhebt sich erst stack und gesund aus diesem Meere lockender und abstoßender Empfindungen, als sie frei⸗ willig, unter eigener Verantwortung, die Entscheidung treffen darf, die sie auf den Weg des Friedens an der Seite des Gatten und seiner Kinder führt. In der Entwirrung dieser feinen und vielspältigen Seelenregungen der Frau vom Meere entfaltete Irene Triesch ihre roße und oft bewährte Kunst, die sie zu den berufensten Vertreterinnen

bsenscher Frauengestalten erhebt. Das Mystische dieser Weibesseele ward geklärt durch ergreifende Naturlaute der Stimme und durch eine schlichte Plastik der Gebärde. Os car Sauer führte die Gestalt des Doktor Wangel in einem festgefügten, einheitlichen Stil durch; die Gefühle des Gatten, des Arztes und des Vaters kamen überall zu ihrem Rechte; nur hätte er der Stimme und den Bewegungen etwas mehr Frische gönnen können, um rückhaltloser die Liebe zu verstehen, die das blübende junge Weib den Weg an seiner Seite wählen läßt. Der fremde Seemann, der nach langen Jahren wiederkehrt, um Ellida für sich zu fordern, wurde von Albert Bassermann stark realistisch gegeben; seine geheimnisvolle Gewalt wurzelte lediglich in einem starken Willen, dessen Einfluß vor der freien Selbstbestimmung der Frau vom Meere zerbrach. Die anderen Figuren, in denen die klare Wirklichkeit des Alltaglebens scharfzügig und nicht ohne einen Anflug feinen Humors gezeichnet wird, fanden ebenfalls eine treffliche Varstellung. Emanuel Reicher führte hier den Reigen an und schuf in dem Oberlehrer Arnholm eine ebenso charakteristische wie lebenswarme Gestalt. Willv Grunwald als junger kranker Bild. hauer zeigte wieder viel natürliche Begabung, und die Damen Urfus und Schiff spielten Wangels Töchter liebenswürdig und auch nicht ohne Eigenart. Auch Carl Meinhard in der Rolle des. kleinstãdtischen Allerweltskünsters darf nicht vergessen werden. Die Inszenierung zeigte außerdem herrliche Dekorationen, ragende Gebirge, schimmernde Fjorde und Teiche und ein stimmungsvolles nordisches Zimmer. Der brausende Beifall nötigte Direktor Brabm vor die Gardine und er schloß den ereignisreichen Abend mit Dankesworten für die treue Mitarbeit seiner Künstlerschar auf dem Wege zur ernsten Kunst und für die verständnis⸗ volle Teilnahme der Anwesenden.

Zentraltheater.

Gestern wurde die Winterspielzeit mit einer Neuaufführung der alten Tannhäuser⸗Paro die; unter Leitung des Kapellmeisters Peisker eröffnet. Ursprünglich als Keilerei auf der Wartburg“ für das Stiftungsfest einer Studentenderbindung von Dr. Dermann Wollheim verfaßt, wurde die Parodie von Nestrov für die öffentliche Bühne überarbeitet. Die Musik ist von Kar! Binder. Tert sowohl als Mustk persiflteren das Wagnersche Werk in geistvoller Weise. Manche Stellen sind ebensosebr n ell. wirkungsboll als von un⸗ widerstehlicher Komik. Eine Inhaltsangabe verbietet sich von selbst. Der Höhepunkt der Wirkung ist wobl der Sängerwettstreit, bei dem Tannhäufer durch seine Schnadahüpfl alles zum Schuhplattln be—

eistert. Die reich ausgestattete Aufführung verlief glänzend. Herr ir war als Landgraf von der köstlichsten Komik, so auf der Jagd, beim Sängerkrieg und besonders als trauernder Onkel. Herr Braun führte die Titelrolle, mit seinem schänen Material nur etwas

zu freigebig umgehend, mit Geschick und Wärme durch. Vorzüglich war Herr Schulz als. Wolfram Dreschenbach', so besonders, als er statt des Abendsterns den guten Mond ansang, sowie Herr Albes als „Fridolin Taubenklee=. Ein neues Mitglied der Bühne, Frau Emmy Raabe Burg, gestaltete Elisabeth mit dem langen, grünen Strickstrumpf recht humorvoll und fand auch Gelegenheit. ihre schöne Stimme und gute Schulung zu zeigen. Fräulein Wini Grabitz gab die Venus, „Inhaberin einer unterirdischen Kneipe mit Damen⸗ bedienung, mit grotesker Komik und schöner gesanglicher Wirkung. Der aus lustigen Vagabunden bestebende Pilgerchor und die aus allen möglichen Opern entsprungenen, in die Wartburg einziehenden Gäste ver-

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