wieder eingegangen, und mit ihnen ist leider all das weggefallen, die Zwecke, zu denen sie dienen sollten, nämlich die Ausbildung des Be⸗ urlaubtenstandes und der Freiwilligen, Stellung der Abkommandierten, der Burschen usw., all das fällt jetzt wieder den Kompagnien zu. Nun liegt es mir völlig fern, zu verkennen, daß manches geschehen ist, um uns zu Hilfe zu kommen. Es ist da geschaffen für die Unter— offiziere die Dienstprämien, das Kapitulantenhandgeld, die frühere Einstellung der Rekruten ist genehmigt worden; Maßregeln, die mit Kosten verbunden sind. Schließlich sind im letzten Jahre Unteroffizier⸗ etats für die Kommandobehörden geschaffen worden, sodaß auch in dieser Beziehung die Truppe entlastet worden ist. Das sind außer⸗ ordentlich dankenswerte, anzuerkennende Maßnahmen; aber sie genügen meines Erachtens noch nicht, um die Krebsschäden zu beseitigen, die sich doch eingeschlichen haben.
Meine Herren, es wird vielfach gesprochen von der Nervosität der Truppe, von der Zunahme der Nervosität. Es soll nicht geleugnet werden, daß dem so ist; aber ich glaube, die Nervosität entsteht vielfach dadurch, daß die zur Ausbildung berufenen Führer nicht wissen: wie sollst du mit der Aus⸗ bildung fertig werden? Es fehlt ihnen das nötige Material an Ausbildungspersonal, und ich meine, in der Richtung sollten wir abhelfen, wenn wir wirklich etwas Gutes schaffen wollen; denn das ist zweifellos: die Truppe darf einem nervösen Personal nicht überantwortet werden, diese Nervosität soll nicht in die Truppe getragen werden; denn dort soll Dienstfreudigkeit herrschen, und eine solche kann durch ein nervöses Personal niemals erzielt werden. Die überhastete Ausbildung muß einer größeren Ruhe und Sicherheit Platz machten, und ich zweifle gar nicht daran, daß es auch noch manches gibt, was in unserer Ausbildung verringert werden könnte. Unsere Ausbildung ist umfassender und schwieriger geworden; die Massenausbildung, der ‚Massendrill“ genügt nicht mehr; an seine Stelle ist die individuelle soldatische Ausbildung und Erziehung getreten. Der In⸗ fanterist von heute soll neben einem durchaus disziplinierten, unbedingt ge⸗ horsamen Soldaten ein wissender, urteilender, selbständiger und selbsttätig handelnder Einzelkrieger sein, der das Gelände richtig zu benutzen und seine Waffen richtig zu gebrauchen versteht. Die geschlossene Aus⸗ bildung darf niemals mehr Selbstzweck sein; sie soll nur mit dazu dienen, den Mann zum Gehorsam zu erziehen, die Ordnung und die gute Haltung zu erzielen, sie soll dazu dienen, den Mann zu be— fähigen, auch in den Massen, den großen Verbänden sich zu bewegen, zum Gefecht in den höheren Verbänden gut und sicher zu marschieren. Aber die Hauptausbildung muß immer auf die Gefechtsformation, auf die Gefechtsart, auf die Gefechtsdurchbildung gelegt werden.
Meine Herren, wir haben jetzt statt einer Ausbildung — denn früher war die Massenausbildung zugleich die Ausbildung für das Gefecht — zwei. Die lassen sich nicht vereinigen. Beide, namentlich aber die Erziehung des Mannes zum guten Schützen und Einzel— kämpfer, stellen die größten Ansprüche an das Ausbildungspersonal, weil auf die Individualität des Mannes eingegangen werden muß. Wir wollen seine Disziplin gründen auf das unbedingte Vertrauen zu seinen Vorgesetzten, auf die Gewöhnung an einen unbedingten Ge⸗ horsam, auf die Lebhaftigkeit eines Standesbewußtseins, das nur erzielt werden kann durch Tradition, durch Ehrbegriff. Das sind aber Eigen⸗ schaften, die sich erst einstellen bei Leuten in späterer Dienstzeit, die ihre Dienstverrichtungen vollkommen beherrschen. Meine Herren, heute genügt nicht — weder für den Soldaten noch für das Ausbildungspersonal — das bloße Kommandowort, sondern beide sollen durchdrungen sein von dem Wesen der Sache, von einem tiefen Wissen und Können. Auch der Unteroffizier von heute soll schon in einer gewissen Weise eine Persönlichkeit sein, die es versteht, den Mann zu leiten in der Richtung des eigenen Willens.
Nun, meine Herren, darf nicht vergessen werden, daß unser Ersatz ein anderer geworden ist: er ist intelligenter geworden, zum großen Teil gebildeter, feinfühliger, auf der anderen Seite aber auch verrohter, er ist unlustiger geworden, und wir müssen mit Leuten rechnen, die sich innerlich nur widerwillig der Disziplin fügen (sehr richtig! rechts), wenn sie sich ihr äußerlich auch unterwerfen müssen. Auch hierdurch sind die Ansprüche an das Ausbildungs—⸗ personal ganz außerordentlich gewachsen.
Aber, meine Herren, das Ausbildungspersonal in seiner Qualität hat damit nicht vollständig Schritt gehalten. Der alte Unteroffizier geht fort, sobald er seinen Zivilversorgungsschein hat, und von den jüngeren Elementen treten nicht immer die besten ein; denn das wissen Sie alle, bei unserer hohen Entwicklung der Industrie, wo heute jeder intelligente, tüchtige Mann leicht lohnende Arbeit finden kann, sind es nicht die besten, die bei uns bleiben, und doch haben wir sie sehr dringend nötig für das Heer und für das Vaterland. Ich meine, meine Herren, wir sollten alles tun, was in unseren Kräften steht, den Unteroffizieren eine gesicherte Existenz zu schaffen (sehr richtig! rechts), und das wollen wir tun durch die Vorlage, indem wir sie besser in der Löhnung stellen und ihnen die Sicherheit geben, erhöhte Bezüge auch zu einer bestimmten Zeit zu erreichen. Außerdem wird eine Er⸗ höhung der Unteroffizieretats angestrebt. Damit, meine Herren, nützen wir den Unteroffizieren ganz wesentlich, fördern die Ausbildung und nützen auch dem höheren Ausbildungsleiter.
Neben dieser Unteroffiziersaufbesserung, meine Herren, sind noch als weitere Mittel für eine Verbesserung und Erleichterung bezw. überhaupt Ermöglichung der Ausbildung erforderlich die Erweiterung und Verbesserung der Exerzierplätze bei den Garnisonen, Vermehrung von Schießständen, Vermehrung der Munition. Die Ausbildung zum durchgebildeten und gefechtsmäßigen Krieger ist das Wesentlichste heute in der Ausbildung. Die können wir nur machen auf den Plätzen und können es nur machen mit Munition; denn nur, sei es mit scharfer Munition gegen Scheiben, sei es mit Platzpatronen, nur im Gefechtslärm läßt sich einigermaßen die Feuerdisziplin erreichen. Zum gefechtsmäßigen Schützen gehört ein offener Kopf, ein richtiges Urteil. Dieses richtige Urteil zu erziehen, dazu müssen wir Patronen haben und müssen ins Gelände.
Meine Herren, einen ganz wesentlichen Punkt bilden noch die Uebungen des Beurlaubtenstandes. Wie die Herren wissen, haben wir seit einigen Jahren angefangen, die Reserven in geschlossenen Reserve⸗ verbänden üben zu lassen, ähnlich denen, wie sie bei der Mobilmachung formiert werden. Wir können nicht klagen über die Führung und die allgemeine Ausbildung der Truppen. Aber es hat sich gezeigt, daß in der Gefechtsausbildung manches nicht auf der Höhe steht. Die zwei⸗ jährige Dienstzeit liefert uns so viele Mannschaften, daß niemals die finanziellen Mittel ausreichen werden, alle Mannschaften zu den gesetz⸗
daß uns die Mittel gewährt werden, den Mann zu zwei Reserveübungen und ein er Landwehrübung heranzuziehen. Dort wird er das, was er gelernt hat, befestigen und dann erst zu einem Soldaten werden, auf den wir uns jederzeit verlassen können.
Die Herren finden in den Etats des ferneren noch Positionen für die bessere Bewaffnung der Armee mit dem Gewehr 98. Es ist kein neues Gewehr, wie ich hier ausdrücklich betone, um jeden Zweifel zu beseitigen, sondern es ist das Gewehr, mit dem wir vor einigen Jahren angefangen haben, die Truppen zu bewaffnen, ein Infanteriegewehr, was sich überall, auch jetzt in Südwestafrika in jeder Weise bewährt hat.
Eine weitere Pesition behandelt die Einführung des Rohrrücklauf⸗ geschützes. Nach vielen eingehenden Versuchen haben wir ein Geschütz gefunden, von dem wir annehmen können, daß es allen Bedürfnissen in ausgezeichneter Weise entspricht.
Ich werde mir erlauben, in der Kommission genauere Angaben zu machen, in welcher Weise die Umbewaffnung mit diesen Geschützen gedacht ist.
Sie sehen aus all diesem, meine Herren, was ich die Ehre hatte, Ihnen kurz vorzutragen, daß wir beabsichtigen, in unserer Armee Meliorationen einzuführen, die zwar Geld kosten und sich nicht gleich in klingender Münze wieder bezahlt machen. Aber, meine Herren, sie werden sich lohnen in der Ausbildung der Armee, und sie werden sich lohnen, sollte es einmal nötig sein, die Existenz des Deutschen Reichs mit dem Schwert in der Hand zu verteidigen. (Bravo! rechts.)
Präsident Graf von Ballestrem: Es ist mir von vielen Seiten des Hauses der Wunsch ausgesprochen worden, heute nicht mehr ö die Generaldiskussion einzutreten, sondern damit erst am Montag zu
eginnen.
Das Haus ist damit einverstanden.
Schluß nach 33, Uhr. Nächste Sitzung Montag, 1 Uhr. Fortsetzung der ersten Lesung des Reichshaushaltsetats und der Militärvorlage.)
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 1I0. Sitzung vom 3. Dezember 1904, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Ueber den ersten Teil der Verhandlungen ist in der Nummer d. Bl. vom Sonnabend berichtet worden.
Bei der weiteren Beratung des Antrags der Abgg. Kindler (fr. Volksp.) und Genossen:
„Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, in jeder Provinz Meisterkurse einzurichten und Ausstellungen von im Kleingewerbe verwendbaren Maschinen und Werkzeugen zu veranstalten“,
zu dem die Handels- und Gewerbekommission, der der Antrag Üüberwiesen war, folgende Resolution beantragt hat:
Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, entsprechend den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses vom 4. Juni 1992, betr. den Antrag der Abgg. Trimborn u. Gen, eine Zentralstelle zu schaffen, der unter Heranziehung von Sachverständigen aus dem Handwerker und Gewerbestande insbesondere die Förderung des Handwerks zu unterstellen ist“,
führte der
Abg. Dr. Schröder Cassel (nl) aus: Wir stehen dem Antrage Kindler wie dem Antrage der Kommission sympathisch gegen⸗ über. In meiner Heimat wird man den Standpunkt des Referenten, den Antrag Kindler abzulehnen, gar nicht verstehen, umsoweniger, als sich das Haus schon vor zwei Jahren beim Antrage Trimborn auch für diese Postulate des Antrags Kindler ausgesprochen hat. Ich ersehe nicht, wie sich in diesen zwei Jahren ein Umschwung voll⸗— zogen haben sollte. Der Regierungskommissar meinte, die Regierung habe den Antrag Trimborn nur unter der Voraussetzung angenommen, daß keine Beschleunigung bei der weiteren Durchführung der Maß⸗ nahmen eintreten sollte. Von einem solchen Verlangen nach Be⸗ schleunigung steht aber im Antrage Kindler nichts. Die Meisterkurse sind geradezu notwendig, um die bestehende Handwerksgesetzgebung zur vollen Durchführung zu bringen. Die Meister müssen Gelegenheit zu fachlicher und sachlicher Ausbildung erhalten. Die Weiterbildung des Handwerks kann nur in der Richtung gehen, daß es sich die Er— zeugung feinerer kunstgewerblicher Artikel zur Aufgabe macht, die Massenartikel sind endgültig der Fabrik verfallen. Der Gewerbe verein in Cassel hat bereits Meisterkurse eingerichtet, diese hahe ift aber nur auf den theoretischen Unterricht beschränken können. Hoffentli wird jetzt ein schnelleres Tempo auf diesem Gebiete eingeschlagen werden können. Meine Freunde sind auch der Ansicht, daß der jweite Teil des Antrags Kindler das Handwerk wesentlich fördern kann. Die , , , . muͤssen durch Ausstellungen von Hilfsmaschinen darüber elehrt werden, daß sie mit den Maschinen weiter kommen. Zu solchen Ausstellungen sind allerdings staatliche Unterstützungen erforderlich. Im nächsten Jahre sollen zwei solcher Aus⸗ stellungen stattfinden, in Görlitz durch die Handwerkskammer von Liegnitz und in Cassel durch den Gewerbeverein; ich möchte beide Ausstellungen dem allgemeinen Wohlwollen empfeblen. Redner erörtert den Plan für die Ausstellung in Cassel, wo alle Handwerks⸗ betriebe mit den betreffenden Maschinen vorgeführt werden sollen. Die Regierung habe sich hierfür zu einem Zuschuß bereit erklärt, hoffentlich werde er hoch genug gewährt werden. Nach seiner früheren Stellungnahme könne das Haus eigentlich den Antrag Kindler nicht ablehnen. Die politischen Freunde des Redners würden sowohl für den Antrag Kindler wie für die Resolution der Kommission stimmen. Abg. Hammer (kons.): Ich protestiere gegen die Aeußerung des Abg. Kindler, daß die Stmmung in dieser Frage flau geworden sei. Wie kann man das sagen, da es unter uns Männer gibt, die fort⸗ et dafür arbeiten. Im Grunde genommen wollen wic alle das—⸗ elbe. Die bisherigen Meisterkurse in Cöln, Hannover, Dortmund haben tatsächlich Mängel gezeigt, an denen wir nicht vorübergehen können. Während die Freisinnigen sonst gegen jede Bureaukratie und jedes Generalisieren sind, kommen sie hier mit einem Male mit einem solchen Antrage, den wir nicht gebrauchen können. Die jungen Meister, die sich eben etabliert haben, müssen alle Zeit benutzen, um sich vorwärts zu bringen und Kunden zu erwerben. Ein Kursus von acht Wochen reicht absolut nicht aus, um die Meister fachtechnisch hinreichend auszubilden. Die ahl der Teilnehmer in Cöln und in Hannodber ist bedeutend zurückgegangen. Die Kurse haben gekostet im Jahre 1904 in Cöln 55 000, ις, in Hannover bo 000 ς und in Dortmund 48 000 M6 Die Kosten für den einzelnen Theilnehmer stellten sich für einen Kursus in Cöln auf 495 S, in Hannover auf 750 M und in Dortmund auf 730 S6. Das ist viel zu teuer, selbst wenn die Gemeinden den Teilnehmern Stipendien gewähren. Wir wollen deshalb die Meisterkurse ändern und ausbauen, damit sie wirklichen Nutzen schaffen können. Dazu soll die Zentralstelle dienen, welche die Kammissian vorschlägt. Am besten kommen die Handwerker fort, die ihr Geschäft kaufmännisch betreiben. Deshalb müssen auch diese Fähigkeiten bei den Handwerkern ausgebildet werden, wie kaufmännischeg Rechnen, Buchführung, Kalkulation, Gesetzes kunde usw. Wir sind nicht handwerkerfeindlich, sondern wollen für das Hand werk tun, was ihm nutzt, nicht durch bloßes Reden, sondern durch eine praktische Hilfe. Abg. Trim born (Zentr.): Wenn wir den Antrag Kindler ab⸗
ist durchaus nicht der Fall. Unsere Stimmung für das Handwerk ist auch keineswegs abgeflaut. Wir wünschen auch nicht eine Verlang- samung des Tempos in der Weitererrichtung von Meisterkursen, Der Antrag bringt aber nichts Neues gegen unseren Antrag vor zwei Jahren; woju sollen wir also einen Beschluß wiederholen! Nehmen wir ihn an, so ist das ein Tadel gegen die Regierung, daß sie nicht schnell genug vorging. Wenn die Herren einen solchen Tadel aus⸗ sprechen wollen, müssen sie ihn auch begründen. 1902 haben wir ein allgemeines Programm für die Handwerksforderungen aufgestellt. Ich verstehe nun nicht, warum wir aus diesem umfassenden Programm jetzt nur den einen Punkt herausgreifen wollen. Auf dem Programm stand u. a. auch die Förderung des Genossenschaftswesens, womit es im Handwerk noch sehr im argen liegt. Ist überhaupt der Ausdruck Meisterkurse“ sachlich berechtigt? Die meisten Teilnehmer sind nicht selbständige Meister, sondern ältere Gesellen. Es müssen Er⸗ wägungen angestellt werden, ob nicht die Kurse so zu gestalten sind, daß sie eine Vorbereitung für die Meistewrüfung sind und außerdem tüchtige Lehrer für die Fachschulen ausbilden können. Es ist also noch nicht alles klargestelli, die Entwickelung ist noch nicht abgeschlossen. Nur so viel steht fest, daß die Meisterkurse ausgebildet werden müssen zu einem Zentralinstitut für die Provinz jur Förderung des Hand⸗ werks. Ueber dieses große Ziel ist man einig, aber noch nicht über die einzelnen Wege, die dahin führen. Zunächst muß in Berlin im Handelsministerium eine Zentralstelle geschaffen werden, die in schnellerem Tempo dann die Errichtung der Meisterkurse fördert. Die . muß einen Belrat aus Sachverständigen erhalten. In ezug auf die Errichtung der Zentralstelle hat die Regierung aller⸗ dings noch nichts getan; in dieser Beziehung könnte man ihr den Vorwurf des , Tempos machen, aber nicht in bezug auf die Errichtung von Meisterkursen. Ich bitte deshalb, den Antrag der Kommission anzunehmen. Ein Schlußantrag wird angenommen.
Abg. Rosenow Fr. Volksp.) bedauert zur Geschäftsordnung, daß die Debatte geschlossen sei. Diese Sache sei mindestens so wichtig wie der nächste auf der Tagesordnung stehende Kaliantrag.
Berichterstatter Jacobskötter führt in seinem Schluß wort aus, daß in jeder Provinz gar nicht Meisterkurse errichtet werden könnten, weil die Lehrkräfte nicht vorhanden seien. In Dortmund z. B. hätte die Errichtung der Meisterkurse unterbleiben können, da schon in Cöln und Hannover solche beständen. Den Handelskammern werde es außerordentlich schwer, den Meistern die Aufbringung der Kosten der Meisterkurse zuzumuten. Jedenfalls sei zu konstatieren, daß im Hause allgemeine Handwerkerfreundlichkeit bestehe.
Darauf wird die Resolution der Kom mission ein⸗ stimmig angenommen, der Antrag Kindler wird ab⸗ gelehnt.
Es folgt die Beratung des Antrages der Abgg. von Arnim⸗ Zü sedom (kons.) u. Gen. J Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, ihren Einfluß auf das Kalispndikat dahin geltend zu machen, daß den landwirtschaftlichen Bezugsverbänden ihre bisherige Vorzugsstellung bei Bezug der Kalisalze erhalten bleibt.“
Abg. von Arnim (kons): Es ist leider zu befürchten, daß der Veztrag, der den landwirtschaftlichen Bezugsperbänden eine Vorzugs⸗ 6 bei Bezug der Kalisalze einräumt, nicht wieder erneuert wird, deshalb haben wir unseren Antrag eingebracht. Der Handelsminister kann vermöge der im Besitz des Staats befindlichen Kalibergwerke einen sehr bedeutenden Einfluß auf das Kalisyndikat ausüben. Nach den Vertragsbestimmungen jwischen der Deutschen Landwirtschafts Gesellschaft in Berlin und den sonstigen landwirtschaftlichen Vereinigungen einerseits und dem Kalisyndikat andererseits ge währt dieses einen Rabatt von 109, auf die Bezüge, und einen weiteren Rabatt von 10 9 für die Propaganda, die diese Vereinigungen für den Verbrauch von Kali betreiben. Als 1884 die Deutsche Landwirtschafts - Gesellschaft gegründet wurde, hat sie es als eine ihrer vornehmsten Aufgaben angesehen, die deutschen Ralischätze für die Landwirtschaft zu heben. Nach der Statistik hat sich dadurch der Verbrauch in der kurzen Zeit erfreulich entwickelt; es sind in den letzten Jahren zusammen durch die Vereinigungen zirka 40 Millionen Doppelzentner Kali bezogen worden, und dieser Ver⸗ brauch wäre noch größer gewesen, wenn die Bezugsbedingungen besser wären. Die landwirtschaftlichen Verbände haben große Summen für Propagandazwecke und wissenschaftliche Zwecke ausgegeben. Es würde den Händlern derselbe Anspruch auf Bevorzugung bei dem Bezug von Kali zugestanden, wenn sie ebenfalls solche Summen für diese Zwecke ausgegeben hätten wie die Landwirtschaft. Es hangdelt sich allerdings nur um einen Unterschied von 1 3 für den Doppelzentner, aber bei einem Verbrauch von 4 Millionen Doppel jentnern im Jahre macht es doch etwas aus. Der kleine Landwirt ist allerdings wesentlich auf den Bezug von Händlern angewiesen, aber er hat bei diesen niemals dieselbe Sicherheit für die Qualität, als wenn er von den großen land— wirtschaftlichen Bezugs verbänden bezieht. Ich bitte den Minister, dafür zu sorgen, daß die Preise für das Kali nicht erhöht werden, und daß die bisherigen Bezugsverträge erneuert werden.
Minister für Handel und Gewerbe Möller:
Meine Herren! Ich war etwas überrascht, daß heute der Gegen—⸗ stand, der uns eben beschäftigt, noch auf die Tagesordnung gesetzt war, da gerade der Herr Antragsteller und eine Reihe seiner Freunde sich bei mit angekündigt hatten auf Montag, um eine Besprechung bei mir stattfinden zu lassen, und ich mir daher die speziellen Berichte über den gegenwärtigen Stand für Montag bestellt hatte. Die waren für heute nicht mehr zu beschaffen, als ich gestern abend die neue Tagesordnung sah. Ich bin aber im allgemeinen über die Lage unter richtet und darf sagen, daß allerdings von mir die Anregungen beim Kalisyndikat ausgegangen waren, den kleineren Händlern günstigere Bedingungen zuzuwenden. Ich halte es jedoch für eine selbstverständ⸗ liche — ich möchte sagen — Pflicht des Kalisyndikats, die ganze Angelegenheit dahin zu dirigieren, daß die Konsumenten eine Verteuerung nicht erleiden, und ich werde allen meinen Einfluß nach dieser Richtung hin benutzen. Ich stimme mit dem Herrn Antragsteller auch vollkommen darin über⸗ ein, daß die Kaliindustrie der Landwirtschaft nur dankbar zu sein hat, ins besondere der Deutschen Landwittschaftsgesellschaft, für die mächtige Propaganda, die sie gemacht hat für die Verwendung von Kalisalzen. Meine Herren, ich glaube, man kann ausführen, daß die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft und die Gemeinschaft der Kaliindustriellen von Beginn ihrer Tätigkeit an gemeinsam gearbeitet haben, daß die Eristenz der Landwirtschaftsgesellschaft nicht zum unerheblichen Teil auch mit abhãngig gewesen ist von dem engen Zusammenarbeiten mit den Kaliindustriellen. Dadurch, daß der Deutschen Landwirtschafts⸗ gesellschaft so große Beträge von Anfang an zur Verfügung gestellt sind, ist die Landwirtschaftsgesellschaft erst in den Stand gesetzt worden, ihre großartigen wissenschaftlichen Arbeiten über den Nutzen der Kalidüngung auszuführen, die jetzt ja zu Erfolgen geführt haben, die man anfangs nicht ahnte. Und ich betrachte es selbstverständlich don meinem Standpunkte als Staatsminister, als Vertreter der ge⸗ samten Staats interessen für eine Hauptaufgabe, dahin zu wirken, daß die segensreichen Folgen der Düngung mit Kalisalzen in immer größeren Kreisen bekannt werden und immer weitere Ausdehnung an⸗ nehmen, damit wir zu einer erheblich weiteren Steigerung der Pro— duktionskräfte des deutschen Bodens gelangen.
Denn darüber, meine Herren, kann doch gar kein Zweifel sein:
mäßigen Uebungen heranzuziehen; aber wir können wohl erwarten,
lehnen, so geschieht es nicht, weil wir gegen die Meisterkurse sind. Das
ohne die Auffindung der Kalisalze würden wir nicht zu der immensen
Steigerung der Produktion unseres Bodens gekommen sein, die wir in den letzten anderthalb Jahrzehnten erlebt haben. (Sehr richtig! rechts) Meine Herren, ich habe mir wiederholt zur Aufgabe gestellt, die landwirtschaftliche Statistik der verschiedenen Länder mit einander zu vergleichen, und habe stets mit einem großen Stolze gesehen, daß kein anderes Land der Welt die Produktion auf die Fläche derartig gesteigert hat wie Deutschland. (Hört! hörth.
Ich habe zu einer Zeit, wo ich noch außerhalb dieser meiner jetzigen Stellung stand, wiederholt hervorgehoben, daß die Angriffe gegen die deutsche Landwirtschaft durchaus unberechtigt seien, welche behaupten, sie schliefe und huldige nicht dem Fortschritt. Meine Herren, ich behaupte, es existiert keine Landwirtschaft in der Welt, die solche Fortschritte in der Produktion gemacht hat, wie die deutsche. (Sehr richtig! rechts) Das ist auch ein Grund für mich gewesen, die Agrarpolitik, die wir gegenwärtig in den Handelsverträgen befolgen, meinerfeits immer aufs intensivste zu vertreten. (Bravo: rechts.)
Aber, meine Herren, eine kleine Aenderung in dem bisherigen Zustande der Verträge des Kalisyndikats habe ich schon vor drei Jahren seit dem Eintritt in mein Amt für notwendig gehalten, und wenn damals eine solche Aenderung nicht eingetreten ist, so hat das nur daran gelegen, daß, wie Sie wissen, auch damals die Verhandlungen wegen Erneuerung des Kalisyndikats mit großen Schwierigkeiten verknüpft waren und keine Zeit mehr da war, um sich über die neuen Verträge zu verständigen. Daher sind sie damals in der unveränderten Form weiter geführt worden. Aber, meine Herren, eine Besserstellung des kleinen Händlers liegt in der Tat im allgemeinen Interesse, auch im Interesse weiter landwirt—⸗ schaftlicher Kreise, vor allen Dingen der kleineren Landwirte. (Sehr richtig! links) Denn der Herr Abg. von Arnim hat mit Recht aus— geführt, daß gewisse landwirtschaftliche Kreise verhindert seien, mit den Genossenschaften zu arbeiten. Meine Herren, die Genossenschaften basieren ja nun einmal — das liegt ja auf der Hand — auf der Bar⸗ abrechnung, und es gibt erhebliche landwirtschaftliche Kreise, die nicht in der Lage sind, stets Barabrechnung eintreten zu lassen, die, wie der Herr Abg. von Arnim ganz recht ausführte, eben in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis zu den Händlern stehen; und, meine Herren, für diese Landwirte muß doch auch gesorgt werden.
Ich habe den Eindruck, daß in gewissen Teilen von Deutschland, in denen die genossenschaftliche Entwickelung nicht so vorangeschritten ist wie bei uns im Norden, wo die Kalikonsumenten vorwiegend auf den Händlerverschleiß angewiesen waren, in den letzten Jahren die Weiterentwickelung in der Zunahme des Kalikonsums zu einem ge⸗ wissen Stillstand gekommen ist; und das ist es gerade, was mich darauf gestoßen hat, daß hier ein Fehler zu korrigieren sei.
Meine Herren, die Rabatte für die kleineren Händler sind in der Tat recht niedrig gegriffen, und es konnte manchem Händler vielleicht nicht das nötige Interesse beigebracht werden für die Empfehlung der Kalisalze zum Düngen. Meine Herren, diese Propagandatätigkeit der Händler, und namentlich der kleineren Händler, die mit den Konsu— menten direkt in Verbindung kommen, kann man doch nicht ganz ent— behren. Wenn die Händler größeren Vorteil finden in der Verwendung von anderen Düngemitteln, so werden sie diese anpreisen, und nicht Kalisalze; und man kann von den Händlern, und auch von den kleineren Land— wirten, nicht die wissenschaftliche Kenntnis verlangen, daß sich die Kalisalze durch andere Düngemittel nicht ersetzen lassen. Das sind vielmehr zwei ganz verschiedene Dinge. Man kann wohl einen momentanen Erfolg auf einem anderen Wege erlangen; aber die Wiederzufuhr der dem Boden entzogenen Kalisubstanzen kann niemals geschehen durch andere Düngemittel, sei es nun Guano, seien es Super⸗ phosphate, sei es Chilesalpeter oder ähnliche Dinge.
Meine Herren, will man also wirklich generell vom großen Stand⸗ punkt, vom allgemeinen staatlichen Standpunkt aus die Weiterent⸗ wickelung der Landwirtschaft fördern, so muß man schon von diesem Stand · punkt aus darauf bedacht sein, daß der Kaliverbrauch erheblich weiter steigt; und im Interesse des Kalisyndikats selbst, werden Sie mir zugestehen, liegt es natürlich in erster Linie, den Kalikonsum zu steigern, und deshalb kann ich auch dem Kali—⸗ syndikat von seinem eigenen geschäftlichen Standpunkt aus nur Maß⸗ regeln empfehlen, die in erster Linie das Ziel verfolgen, den Konsum zu steigern.
Es wird ja vielleicht nicht ganz zu vermeiden sein, daß kleine Verschiebungen stattfinden. Das Kalisyndikat wird den Kleinhändler allein nicht günstiger stellen können, ohne an irgend einer andern
Stelle den einen oder den andern kleinen Abzug zu machen. Nach dem aber, was mir mitgeteilt worden ist, glaube ich allerdings, daß die großen Verschiebungen, die man beabsichtigt hat, nicht gerecht⸗ fertigt sind, und ich werde meinen ganzen Einfluß dahin ausüben, daß man sich bei diesen Verschiebungen großer Mäßigung befleißigt. Ich werde nach dieser Verhandlung, und nachdem ich am Montag die Herren bei mir gesehen haben werde, die das Genossenschaftswesen vertreten, mich sofort mit dem Kalisyndikat in Verbindung setzen, um nach der von mir angedeuteten Richtung den Wünschen der Antrag⸗ steller nach Tunlichkeit zu genügen.
Herold (Zentr.): Bei dem Bezuge von den landwirtschaft— niche err ee 9 der kleine Landwirt das Vertrauen, daß ihm etwaz geboten wird, was wirklich der Förderung der Landeskultur dienen kann. Die Händler haben doch ein anderes Interesse. Des halb ist es gerechtfertigt, daß die landwirtschaftlichen Vereine bei dem Be⸗ zuge von Kali bevorzugt werden, umsomehr, als dadurch die landwirt⸗ schaftlichen Vereine felbst indirekt gefördert werden. Dann wird auch bas Interesse an den landwirtschaftlichen Vereinen geweckt und ver⸗ stärk Deshalb legen die landwirtschaftlichen Korporationen so großen Wert darauf, daß der eig Zustand bestehen bleibt, nament—⸗ lich auch der Zustand, daß für die ĩ abattgewã hrung der Bezug der verschiedenen landwirtschaftlichen Vereinigungen zusammen, gewählt wird.! Durch ein anderes Verfahren würden gerade die kleinen Ver eine, in denen die kleinen Landwirte vertreten sind, benachteiligt gegen⸗ über den Großhändlern, die sehr große Mengen billiger beziehen. Es ist sozialpolttisch und volkswirtschaftlich nicht richtig, daß die
ändler dem Bezuge durch die landwirtschaftlichen Vereinigungen e ard entgegensetzen. Es ist eine dankenswerte Aufgabe für den
Handelsminister, die Bestrebungen der landwirtschaftlichen Vereine auf
i Sebiet unterstůũtzen. J — diele Ce. et fh . Ein Teil meiner Freunde, darunter auch ich,
werden gegen den Antrag stimmen. Wir wünschen zwar auch, daß die Ren er aftlichen Verbände für die großen Mittel, welche sie für die Propaganda und für wissenschaftliche Versuche ausgegeben haben, bei dem Bezuge von Kali entschädigt werden, aber der Vertrieb der Kalidängungsmittel verteilt sich ungefähr zur Hälfte zwischen den landwirtschaftlichen Korporationen und den Händlern. Gerade die schwächeren Landwirte sind auf die Händler angewiesen, und des halb müßte auch diesen dieselbe Vergünstigung zu teil werden wie den großen, kaufkräftigen landwirtschaftlichen Korporationen. Auch der
Händler zieht im Lande umher und macht Propaganda für die Ver— wendung von Kali. Wenn aber der Händler keinen Nutzen mehr davon hat, wird er eber ein 24 der Kaliverwendung werden, als daß er Propaganda für sie macht. . l ; 3 * von Woyna reikons): Wenn der Minister auf einen Rückgang des Kaliverbrauchs hinweist, so liegt dies an der Steigerung der Viehzucht und Vermehrung des natürlichen Düngers, der immer das beste Düngemittel bleiben wird. Das sind also ganz natürliche Verhäͤlinisse. Die Landwirte haben sich zu den Bezugs— genossenschaften zusammenschließen müssen, weil die kleinen Händler einen großen Schwindel mit Kunstdünger trieben. Ich erkenne an, daß der Großhandel stets reell verfahren ist und uns geholfen hat, gegen den Schwindel vorzugehen. Die Bauern wurden von den kleinen Händlern mit Mischdünger kolossal hineingelegt, und erst die Wanderlehrer und Winterschuldireltoren konnten sie darüber aufklären, und so entstanden notwendigerweise die Bezugsgenossenschaften. Die land—⸗ wirtschaftlichen Vereine, die Wanderlehrer und die Landwirtschafts⸗ schulen haben ungeheuer viel für die Propaganda für, die Kali—⸗ verwendung geleistet, den ganzen Rabatt haben sie vollständig dafür verwendet. Ich möchte außerdem bei dieser Gelegenheit aus meinen speniellen hannoverschen Verhältnissen heraus zum Frieden raten. Zwischen der landwirtschaftlichen Hauptgenossenschaft und dem Händler⸗ ting in Hannover hat sich eine Spannung ergeben, die im allgemeinen Inkeresse aufhören müßte. Meine Freunde stehen durchaus auf dem Standpunkte des Antrages Arnim, daß der gegenwärtige Zustand in dem Kalibezug im Interesse der Landwirtschaft erhalten bleibe. Abg. Deser (fr. Volksp.). Es mögen manche kleinen Händler unreell gewesen sein; aber man kann nicht alle Kleinbändler in einen Topf werfen. Bei den Düngemitteln ist die Versuchung allerdings groß. Der Handelsminister sagte neulich, daß wir noch fern vom sozialistischen Staate seien. Die heutige Ver⸗ handlung zeigt eigentlich das Gegenteil. Es handelt ich hier um ein Syndikat, an dem der Staat mit beteiligt ist. Ich muß mich dagegen erklären, daß, während man immer scharfe Maß⸗ regeln gegen die Konsumvereine in den Städten verlangt, man hier eine Bevorzugung von , betreibt. Die Händler find selbst damit einverstanden, daß der Deutschen n, , . Gesellschaft der Propagandazuschuß bleibt. Auch der Bund der Land— wirte foll von dem Kalisyndikat einen Propagandazuschuß erhalten baben; es ist zweifellos, daß der Bund sebr starte Propaganda treibt, ob es aber gerade für Kainit geschieht, will ich dahingestellt sein lassen. Aber die Händler treiben ebenfalls Propaganda. Die landwirtschaftlichen Genoffenschaften erhalten einschließlich des Propagandazuschusses einen Rabait von 11 Jo, die Händler erhalten selbst beim größten Be⸗ jug nur 5 s Rabatt, und die ersteren können ihrerseits beliebigen Rabatt gewähren, während die Händler dies nur innethalb einer be— stimmten Skala dürfen. Es besteht also eine große Unsleichheit zu Üngunsten c. Händler. Der Minister hat immer die Notwendigkeit der Kartelle und Genossenschaften betont. Dann muß aber gleiches Recht fur beide Teile gelten. Der Zusammenschluß der Kalihändler ist aber geradezu mit Bestrafung bedroht worden. Wir wünschen, daß die Händler denselben Rabatt erhalten vom Kalisyndikat wie die land= wirtschaftlichen Korporationen, und daß diesen untersagt wird, einen höheren Rabatt zu , die Händler dürfen. Aus diesen Gründen ehnen wir den Antrag ab. J
. Abg. Dr. 9 d. L): Die unterschiedliche Behandlung der landwirtschaftlichen Genossenschaften und der Händler durch das Kalifyndikat ist durchaus berechtigt. Die Versuche über die An—⸗ wendung von Kali kann nur eine Vereinigung wie die Deutsche Landwirtschafts. Gesellschaft vornehmen, keine noch so große Händlervereinigung konnte, diese Aufgabe über nebmen. Was die Propaganda betrifft, so bringt der Bund der Landwirte in seiner Wochenschrift, die in 209 000 Exemplaren im, Lande verbreitet wird, wiederholt Artikel über Düngemittel. Die Belehrung der Landwirte über deren Verwendung kann kein Händler übernehmen, und Propaganda braucht der Handel nicht zu betreiben; die paar Wasch⸗ zettel, die er verbreitet, haben gar keine Bedeutung. ,,, daß derselbe Gedankengang, den wir heute vom Minister gehört haben, bei dem Vorsitzenden des Kalisyndikats in der Unterredung mit den Vertretern der Genossenschaften zu finden war und endlich sich auch wieder, findet in einem Artikel des Herrn Paasche in dem Blatt, das neulich die lebhafte Verteidigung des Herrn don Woyna gefunden hat, im „Tag“. Wo ist nun der Originalursprung dieses Gedankenganges? Ich sehe, daß den schönen Worten des Ministers die Taten nicht solgen, sonst müßte er mit Entschiedenheit den gegenwärtigen Zustand beim Kalibezug aufrecht erhalten. Die Stellungnahme des Ministers wundert mich allerdings nicht bei seiner Stellungnahme zur Börse, zu den Warenhäusern usw. Bei der Besteuerung der Warenhäuser und der Konfumwpereine in den Städten liegt es ganz anders als hier, denn
Meine Herren, ich bin absolut nicht in der Lage, Ihnen über das, was ich tun kann und tun will, Zusagen zu machen. Aber das eine habe ich Ihnen versprochen und verspreche ich Ihnen an dieser Stelle nochmals: ich werde auf die Vertreter des Vorstandes des Kali— syndikats in ernsthafter Weise dahin einwirken, daß sie den Standpunkt, den sie jetzt eingenommen haben, verlassen. Daß sie eine nahezu absolute Parität zwischen Genossenschaften und großen Händlern her—⸗ stellen wollen, halte ich für verkehrt. Ich habe gesagt, wenn wir gewissen Teilen des Handels weitere Vorteile zuwenden müssen, so werden kleine Verschiebungen an anderen Stellen nicht zu vermeiden sein. Denn ich halte es nicht für aussichts— reich, daß wir dem Kalisyndikat auch noch erhebliche weitere Kosten zumuten. Das wird aber alles Gegenstand der Verhandlungen mit dem Vorstand des Kalisyndikats sein und umso— mehr, nachdem ich mich eingehend bei den Mitgliedern der verschiedenen Genossenschaften informiert habe, die sich auf Montag bei mir an— gesagt haben; ich nehme an, daß ich auch Herrn Dr. Hahn bei dieser Gelegenheit bei mir sehen werde. Wir werden dann Gelegenheit haben, uns über diese Sache auszusprechen.
Ich glaube nicht, daß es noch zu sehr viel führen wird, in diesem provisorischen Zustande die Diskussion wesentlich länger fortzusetzen. An meinem guten Willen, nach Möglichkeit eine gewisse Bevorzugung der Genossenschaften aufrechtzuerhalten, soll es nicht fehlen.
Abg. von Strombeck (Zentr.) macht den Vorschlag, daß den Händlern der jetzige Rabatt erhalten bleibe, der Rabatt für die land- wirtschaftlichen Genossenschaften aber noch erhöht werde.
Abg. Kreth (kons.) führt aus, daß nur die landwirtschaftlichen Genossenschaften wirkungsvolle Propaganda treiben können. Die Bezugsvereinigungen, insbesondere die Deutsche Landwirtschaftsgesell= schaft, haben die Verwendung von Kali auf die Höhe gebracht; es ist daher gerechtfertigt, daß sie beim Bezuge bevorzugt werden. Der Neuwieder Verband, der Bund der Landwirte und der Westfälische Bauernverein, die sich große Verdienste um die Kaliverwertung erworben haben, vertreten gerade die kleinen Landwirte. Unsere deutsche Landwirtschaft kann stolz sein, daß die Produktion mit Hilfe des Kali gesteigert ist. .
Damit schließt die Debatte.
Abg. von Arnim bemerkt in seinem Schlußwort, daß der Minister keinen Anlaß habe, ihm einen Vorwurf aus dem Antrage zu machen, denn er habe nichts von der Besprechung gewußt, die am Montag im Ministerium stattfinden solle. Im ganzen könne er mit den Ausführungen des Ministers zufrieden sein, der Minister möge sich nun Mühe geben, daß bei den Verhandlungen am Montag ein Erfolg erzielt werde.
Der Antrag Arnim wird darauf angenommen.
Es folgt die Beratung des Antrages der Abg. Oeser, Kopsch (fr. Volksp.) und Gen;: ö Dem Landtage baldmöglichst eine Vorlage zugehen zu lassen, welche im Verhältnis zu den seit 1873 erhöbten Mietspreisen eine Erhöhung des Wohnungsgeldzuschusses der Be— amten vorsieht.“ Die Abgg. Dr. Hitze, Schmedding Gentr.) u. Gen. haben dazu folgenden Zusatz beantragt: ö insbesondere darüber in Erwägung einzutreten, ob und inwieweit eine Abstufung des Wohnungsgeldzuschusses je nach Zahl der unterhaltungsberechtigten Familienange— hörigen der Beamten zweckmäßig einzuführen sein möchte.“ Die Budgetkommission, der beide Anträge überwiesen waren, beantragt deren Annahme in folgender Fassung: „Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, dahin zu wirken, daß der Wohnungsgeldzuschuß für Unterbeamte mit Familie erhöht wird, und zwar nach Maßgabe der Grundsätze des Ümzugskostengesetzes.“
Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:
Meine Herren! Der Herr Referent hat unsere Verhandlungen in der Budgetkommission in so eingehender und lichtvoller Weise Ihnen dargelegt, daß ich mich möglichst kurz fassen kann; ich glaube, daß ich damit Ihrem Wunsche, zumal bei der vorgeschrittenen Stunde, auch entspreche. Ich habe mich in der Sitzung vom 7. Juni dieses Jahres
sie ruinieren den Mittelstand. Die Landwirtschaftsgenossenschaften haben aber noch keine Existenz ruiniert, sondern solche erhalten.
weiten Teilen des Landes, die Warenhäuser und Konsumvereine in den Städten zerstören ihn. Die Landwirte brauchen den Handel nur, solange das Genossenschaftswesen noch nicht genügend organisiert ist. Der Bund der Landwirte treibt eine große Propaganda; ich habe erst jetzt wieder 60 Wanderlehrer ausgebildet, aber glauben Sie, daß unsere Propaganda nicht nur eine polemische ist; wir tun nichts anderes, als daß wir dem Vaterland den Mittelstand, und namentlich den land— wirtschaftlichen, erhalten.
Minister für Handel und Gewerbe Möller:
Meine Herren! Wenn auch bei Preßerzeugnissen die recherche de la paternitè nicht untersagt ist, so ist sie doch nicht äblich. Ich kann aber dem Herrn Vorredner die Versicherung geben: ich bin an dem Artikel des Herrn Geheimrats Paasche vollständig unschuldig. (Abg. Dr. Hahn: Habe ich auch nicht gesagt! Ich habe nicht daran mit⸗ gewirkt. Ich habe ihn gelesen, mich aber nicht durch ihn beeinflussen lassen.
keit, die der Bund der Landwirte und die landwirtschaftlichen Ge— nossenschaften ausüben, und die ich voll anerkenne, doch insofern über⸗ schätzt, als keineswegs in allen Teilen Deutschlands die Organisation durchgeführt ist. (Abg. Dr. Habn: Das kommt noch! sukiessive h — Also ein Anerkenntnis dessen, daß sie gegenwärtig noch nicht vorhanden ist. Und wenn der Herr Vorredner die Güte gebabt kätte, meinen Intentionen zu folgen, die ich zu Anfang aus—⸗ gesprochen habe, so würde er sich entsinnen, daß ich ausdrücklich von gewissen Teilen Deutschlands geredet und dabei aus— drücklich hervorgehoben habe, Norddeutschland sei dabei weniger be⸗ teiligt; ich habe an Süddeutschland gedacht, wo eine solche Organi— sation weniger vorhanden sei. Ich habe gesagt, daß der kleine Land⸗ wirt auf den Handel angewiesen sei, und daß es notwendig sei, dem Handel hier solche Vorteile zu gewähren, damit ein weiterer Fort⸗ schritt in dem Gebrauch der Kalisalze stattfände. Ich habe weiter darauf hingewiesen, daß die Entwickelung des Konsums in diesen Distrikten nach den mir vorliegenden Berichten nachgelassen hätte, und daß ich das darauf zurückführe, daß man dem kleinen Händler, der den Vertrieb an das kleine Publikum übernimmt, nicht die nötigen
wendig halte. Ich habe ausdrücklich ausgeführt und wiederhole das noch einmal: ich muß bei Vertretung dieser Angelegenheit und als Mitglied des Kalisyndikats in erster Linie darauf bedacht sein, den Konsum der Kalisalze zu steigern und dementsprechende Maßregeln zu treffen. Ich verkenne garnicht, und habe das bei meinen Ausführungen
Pflicht habe, die allgemeinen Interessen zu vertreten.
Wir in der agrarischen Bewegung erhalten den bürgerlichen Mittelstand in
Ich bin allerdings der Meinung, daß der Herr Vorredner die Tätig.
Vorteile gewährt hätte, und daß ich darum eine Korrektur für not⸗
von vornherein wiederholt betont, daß ich neben dieser Pflicht die
ausführlich über die Sache ausgelassen. Ich habe dargelegt, wie außerordentliche Aufwendungen der Staat gemacht hat, um seinerseits die Gehälter der Beamten zu verbessern, die Situation der Witwen und Waisen besser zu gestalten, und ich habe daran erinnert, daß die Staatsregierung in Uehereinstimmung mit diesem hohen Hause den Grundsatz festgehalten hat, daß an der einmal abgeschlossenen Gehalts⸗ regulierung nicht gerüttelt werden darf. Ich habe aber meinerseits zugleich zugegeben, daß hinsichtlich der Unterbeamten besondere Ver⸗ hältnisse obwalten, und daß es in der Tat nahe liegt, den Wohnungk— geldzuschuß gerade der unteren Beamten aufzubessern.
Zunächst ist daran zu erinnern, daß die Differenz zwischen den Wohnungsgeldzuschüssen der unteren und mittleren Beamten ein sehr erheblicher ist, daß beispielsweise der Wohnungsgeldzuschuß in Berlin für die unteren Beamten nur 240 „, für die mittleren Beamten aber gleich 510 beträgt, sodaß sich die Differenz auf 300 M be⸗ läuft. Und dann kommt bei den Unterbeamten insbesondere noch in betracht, daß gerade je kleiner die Wohnungen sind, desto verhältnis⸗ mäßig höher auch die Miete ist, und daß gerade die unteren Beamten für die Befriedigung ihres Wohnungsbedürfnisses einen verhältnis⸗ mäßig höheren Teil ihres Gehaltes aufwenden müssen als die mittleren und oberen Beamten. Ich glaube also, daß wir in der Tat wohl Veranlassung haben, den Wohnungsgeldzuschuß der Unterbeamten aufzubessern, daß dagegen keine Veranlassung vorliegt, auch den Wohnungsgeldzuschuß der mittleren und oberen Beamten zu erhöhen. Denn schließlich kommt auch die Erhöhung des Wohnungsgeldzuschusses nur auf eine Erhöhung des gesamten Gehaltes heraus.
Ich habe, wenn ich dies sagte, nur für meine Person sprechen können; ich habe schon erwähnt, meine Herren, daß eine Beschluß⸗ fassung des Staatsministeriums darüber noch nicht vorliegt.
Es wird von mancher Seite gewünscht, statt den Wohnungs— geldzuschuß der Unterbeamten aufzubessern, einigen Kategorien von Beamten Kleidergelder ju geben und auf diese Weise den unteren Beamten eine Wohltat zu teil werden zu lassen. Ich balte den Vorschlag, der in der Budgetkommission erörtert worden ist. den Wohnungsgeldzuschuß der Unterbeamten aufzubessern, für den besseren, weil gerechteren, weil er allen Kategorien dieser Beamten zugute kommt, während naturgemäß die Gewährung von Kleidergeldern nur bestimmten Kategorien von Beamten, hauptsächlich den Beamten des Außen
i kommen würde. . stehe also auf dem Boden, auf den sich die Budgetkommission gestellt hat, weiß aber noch nicht, wie das König liche Staatsministerium sich dazu stellt, und ich muß als Finan⸗ minister vorsichtig sein in der Abgabe von Versprechen für die Zu⸗ kunft. Ich kann noch nicht übersehen, wie die Etats der nächsten