1904 / 290 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 09 Dec 1904 18:00:01 GMT) scan diff

Rußland.

Der außerordentliche Botschafter des Schahs von Persien ist, wie dem „W. T. B.“ aus St. Petersburg berichtet wird, gestern von dem Kaiser und der Kaiserin in Audienz empfangen worden. Er überreichte hierbei dem Kaiser ein Handschreiben des Schahs.

Italien.

In der gestrigen Sitzung der Devutiertenkamm er legte, wie W. T. B. berichtet, der Schatzminister Luzzatti die Tinanzlage dar. Niemals habe ein Parlament so ernste Finanz⸗ und Wirtschaftsfragen in kurzer Frist zu erledigen gehabt: Neu⸗ ordnung des Eisenbahnwesens, Handelsverträge, Oktroireform. Das Rechnungsjahr 190304 habe einen Einnahmeüberschuß von 583 Millionen Lire und nach Abzug von mehr als 12 Millionen für Bahnbauten und nahezu 13 Millionen für Schuldentilgung einen Ueberschuß von fast 34 Millionen ergeben. Trotzdem die moderne Finanzpolitik an dem Zuge kranke, daß zu Mindereinnahmen führende Steuerreformen gleichzeitig mit Mehrausgaben für die Be⸗ dürftigen auf Kosten der Steuerzahler durchgeführt würden, sei doch für das gegenwärtige und das nächstolgende Rechnungsjahr ein Aktivüberschuß von mehr als zehn Millionen Lire, ohne Anleihe— aufnahme, zu erwarten. Der Minister führte dann aus, daß die Metallreserben, die fast ganz aus Gold beständen, von 958 Millionen auf 1073 Millionen gestiegen seien, der Papiergeldumlauf abnehme, das Geschäftsleben aber sich steigete und der Kurs der Banknoten fast stets höher als der der ausländischen sei. Durch die Auseinander- setzung mit den Bahngesellschaften erwachse dem Staat eine Zahlungspflicht von fast einer halben Milliarde, und eine ebenso hohe auf zehn Jahre verteilte Ausgabe werde für Verbesserungen des Bahn— körpers und des Materials erforderlich sein. Die erstere Zahlung könne ohne Anleiheaufnahme aus eigenen Mitteln des Staates mit Hilfe der Lombardischen Sparkasse, der Kasse der Depots und Kon— signationen ꝛc. sofort geleistet werden. Was die Handelsverträge betreffe, so sei es Italien trotz der größten Schwierigkeiten ge—⸗ lungen, mit allen Nationen wirtschaftlichen Frieden zu schließen; man hoffe, dies Werk durch einen neuen Vertrag mit Ruß— land zu vollenden. So sei Italien in der Welt ein Element politischen und wirtschaftlichen Friedens. Für die große Rentenkonversion solle die Zeit nach Beendigung des Krieges in 2st - asien abgewartet werden, inzwischen sollten aber weitere innere An— leihen zur Konversion gelangen. Der Minister erörterte sodann die Frage der Erleichterung des Hypothekarkredits, zu deren Durchführung ein neues Institut geplant sei, und warnte davor, allzu kühne Finanz— reformen vor Durchführung der Eisenbahnreorganisation, die nur allmählich erfolgen könne, zu unternehmen. Immer aber müsse als Ideal die Herabsetzung der Verbrauchssteuern im Auge behalten werden, und es werde deshalb eine auf 5 Jahre verteilte Ver— minderung der gemeindlichen Oktroiabgaben vorgeschlagen. Wenn Italien so auf dem Wege durchführbarer Finanzreformen ohne Auf⸗ nahme neuer Anleihen fortschreite, werde es, wie früher seine politische, so jetzt seine finanzielle Wiedergeburt erreichen. Der Minister teilte noch mit, daß Italien sich bemühe, mit Frank reich, Deutschland und der Schweiz einen Verein der an der Seidenweberei interessierten Staaten zu bilden. Diese sollten gleich hohe Zölle erheben und versuchen, von den anderen Ländern die Festsetzung geringerer Zölle zu erlangen. Dieser Plan habe die Zustimmung der Handel svertragsunterhändler der Schweiz erhalten und werde in wohlwollender Weise von Deutsch—⸗ land und Frankreich geprüft.

Aus Anlaß der fünfzigsten Wiederkehr des Tages der Proklamation des Dogmas von der unbefleckten Empfängnis Mariä erschien der Papst gestern vormittag / Uhr in der St. Peterskirche. Dem Tragsessel voran schritten der Hofstaat, die Kardinäle und die Bischöfe, zur Seite gingen Nobelgardisten. e. feierlichem Zuge ging der Zug durch die von einer großen

enge erfuͤllte Kirche zum Choraltar. Der Papst zelebrierte die Messe mit starker, klarer Stimme und erteilte den Segen. Das diplomatische Korps und verschiedene Fürstliche Damen wohnten der feierlichen Handlung bei. Um I2A½M Uhr begab sich der Papst in seine Gemächer zurück. Am Abend waren die Fassaden der St. Peterskirche und der anderen Kirchen sowie das Monument der Empfängnis auf der Piazza di Spagna illuminiert.

Belgien.

Die Debatte über den Brief des Königs minister wurde, dem W. T. B.“ präsentantenkammer durch die gegen die Stimmen der Linken erfolgte Annahme einer von Hellepute (Katholik) eingebrachten Tagesordnung beendet, in der es heißt: Die Kammer schließt sich den Erklärungen der Regierung an, ver— sichert ihre Sympathien für die Armee, stellt fest, daß die nationale Verteidigung niemals besser gesichert gewesen sei, und erneuert den Ausdruck des Vertrauens in die von den Mächten übernommenen Verpflichtungen, die die Unabhängigkeit Belgiens verbürgten. Eine Tagesordnung, die einen Tadel enthielt, war in der Vorfrage mit 73 gegen 62 Stimmen bei einer Stimmenthaltung abgelehnt worden.

n an den Kriegs— zufolge, gestern in der Re—

Türkei.

Das Wiener „Telegr. Korr. Bureau“ meldet aus Konstantinopel, die Pforte habe neuerdings den Bot— schaftern der Ententemächte bezüglich der Vermehrung der fremden Gendarmerieoffiziere für Mazedonien ablehnend geantwortet. Die beiden Botschaften würden sofort erwidern und auf der Vermehrung ernstlich bestehen. Sie hätten gestern schriftlich die Aufmerksamkeit der Pforte auf die durch das Bandenunwesen und die gegen⸗ seitige Bekämpfung der christlichen Nationalitäten hervorgerufenen Zustände in den mazedonischen Wilajets gelenkt und unter Hinweis auf den jüngsten Vorfall in Zelenice und andere Vorkommnisse entsprechende Maßregeln verlangt.

Am 2. d. M. wurden am Straßenknotenpunkt 4 km öst—- lich von Sorowitsch im Wilajet Monastir neun Fuhr— leute 5 Griechen und 4 bulgarische Patriarchisten von einer 30 Mann starken bulLgarischen Bande überfallen. Sechs Fuhrleute wurden mit Axthieben getötet, 2 schwer ver— wundet, einer entfloh.

Amerika.

Aus Washington meldet das ‚„Reutersche Bureau“, Japan habe die Einladung der Regierung der Vereinigten Staaten zur Teilnahme an einer zweiten Friedens— konferenz im Haag unter der Bedingung angenommen, daß die Verhandlungen der Konferenz den gegenwärtigen Konflikt nicht berührten. Diese Mitteilung sei dem Staats⸗ sekretär Hay gestern vom japanischen Geschäftsträger Hioki überreicht worden.

Der Präsident Roosevelt besprach sich mit Mitgliedern des Senats und des Repräsentantenhauses über die Frage der Tarifrevision und fand starken Widerspruch

gegen den Plan, im nächsten Frühjahr eine Sondertagung

des Kongresses zür Beratung der Frage einzuberufen. Der

Plan ist danach so gut wie aufgegeben; möglicherweise wird 2 außerordentliche Tagung im nächsten Herbst anberaumt werden.

Die Regierung hat mit der Untersuchung der An⸗ gelegenheit des Tabaktrusts angefangen, der aus amerikanischen und kontinentalen Gesellschaften in den Ver⸗ einigten Staaten und der Britiss Imperial Company in England besteht. Sollten sich die Anschuldigungen gegen den Truͤst hestätigen, werde dieser in Anklagezustand versetzt werden. Die Pflanzer beklagten sich, daß das Verfahren des Trusts die Konkurrenz beim Einkauf unterdrücke.

* A sien.

Ein gestern nachmittag eingegangener Bericht des habers der vor Port Arthur gelandeten geschütze besagt dem „W. T. B.“ zufolge:

Von der Pobjeda“ ist der mittlere Schornstein schwer beschaͤdigt; das Schiff liegt mit dem Heck tiefer und ist bis zum Hauptdeck unter Wasser. Von der „Pereswjet“ stebt das Oberdeck unter Wasser. Die Retwisan“ neigt nach Steuer⸗ berd über, das Oberdeck ist nahezu ganz unter der Wasserober— fläche. Die ‚Pallada“, die zwischen der ‚Retwisanꝰ und dem Minenschiff „Amur“ liegt, ist nicht deutlich zu sehen, doch ist ein leichtes Sinken des Hinterteils wahrzunehmen; der genaue Umfang der Beschädigung ist nicht festzustellen. Von der Bajan“ brennt jetzt das Vorderdeck. Die Sewasto pol“ liegt anscheinend im Ostteil des Hafens längs des großens Krans. Es ist nur der Mast und der Oberbau sichtbar, der Rumpf wird ganz von einem Hügel verdeckt. Das Feuer der Armeegeschütze richtet sich hauptsächlich auf die Schiffe Pallada“, ‚Bajan und Sewastopol“.

In Tschifu sind gestern, wie das „Reutersche Bureau“ berichtet, Leuchtschiffe aus Niutschwang eingetroffen, die diese Station in Erwartung des unmittelbar bevorstehenden Schlusses der Schiffahrt auf dem Liauho verlassen haben. Sie berichten, sie hätten außerhalb Port Arthurs vier japanische Schlachtschiffe, drei Kreuzer und zehn Torpedoboote gesehen; der Kapitän glaube, daß jetzt die ganze japanische Flotte dort sei.

Aus Mukden berichtet die „Russische Telegraphenagentur“, es verlaute daselbst, daß ein Teil der japanischen Terri— toriglarmee zum Schutze der Bahn zwischen Hiroschima und Osaka sowie zur Ergänzung der Polizeitruppe einberufen worden sei, die mit der Unterdrückung von im Kreise Takaupian auf Formosa ausgebrochenen Unruhen beschäftigt sei.

Befehl Schiff

Australien.

Im Seaat des Australischen Bundes staats bob, wie dem W. T. B.“ aus Melbourne mitgeteilt wird. Stanforth Smith, auf die Vorgänge auf den Marschall-Inseln Bezug nehmend, hervor, daß in der Berliner Deklaration von 1886, die 1889 erneuert worden sei, ganz besonders festgestellt worden sei, daß die Schiffe von England und Deutschland im westlichen Teil des Stillen Ozeans sich wechselseitig der gleichen Be⸗ handlung erfreuen sollten.

Parlamentarische Nachrichten. (GBerich bon orf Telegraphischem Bureau)

In der heutigen, ac) Sitzung des Reichstags, welcher der Reichskanzler Graf von Bülow, der Staats⸗ ekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von

osadowsky⸗Wehner, der Staatssekretär des Reichs⸗ marineamts, Staatsminister, Admiral von Tirpitz, der preußische Kriegsminister, Generalleutnant von Einem ge— nannt von Rothmaler, der Staatssekretär des Auswärtigen Amts Dr. Freiherr von Richthofen und der Staats— sekretär des Reichsschatzamts Freiherr von Stengel bei—⸗ wohnten, wurde die erste Beratung des Reichshaushalts—⸗ etats für 1905 in Verbindung mit der ersten Beratung des Nachtragsetats für 1904 und der Gesetzentwürfe, betreffend die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres, und betreffend Aenderung der Wehrpflicht, fortgesetzt.

Vor Eintritt in die Tagesordnung erklärte der Reichs⸗ kanzler Graf von Bülow, daß die Handelsverträge dem Reichstag erst nach der Weihnachtspause würden vorgelegt werden. Der Wortlaut der Erklärung wird morgen nach⸗— getragen werden. 2

Auf der Tagesordnung der heutigen (114) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, der der Justizminister Dr. Schönstedt und der Minister für Handel und Gewerbe Möller beiwohnten, stand zunächst die Beratung des vom Herrenhause in abgeänderter Fassung zurückgelangten Gesetzentwurfs, betreffend die Kosten der Prüfung überwachungsbedürftiger Anlagen. Das Herrenhaus hat die Abgeordnetenhausfassung dahin geändert, daß in §81 unter die überwachungsbedürftigen Anlagen auch die elektrischen Anlagen eingereiht worden sind und der 8§z 2 dafür gestrichen ist, der in hesonderen Be⸗ stimmungen die elektrischen Anlagen der Prüfung nach 51 unterwarf und den Begriff der elektrischen Anlagen näher spezifizierte.

Abg. Dr. Voltz (ul.) hat prinzipaliter beantragt, den Gesetz⸗ entwurf an die Kommission zurückzuverweisen.

ö Der Präsident will diesen Antrag zunächst zur Abstimmung ringen.

Abg. Freiherr von Zedlitz (freikons.) schlägt dagegen vor, diesen Antrag erst nach der Generaldebatte zur Abstimmung zu bringen.

Abg. Dr. Voltz erklärt sich damit einverstanden.

In der allgemeinen Besprechung bemerkt

Abg. Dr. Voltz: Das Herrenhaus hat den 52 der Abgeordneten⸗ hausfassung gestrichen, durch den festgestellt war, daß nur eine be⸗ schränkte Auswahl der elektrischen Anlagen der Ueberwachung unterworfen sein sollte, und daß die Grundsätze, nach denen zu überwachen ist, vorher von Männern der Praxis und Wissenschaft zu begutachten sind. Zur Begründung wurde von dem Referenten Herrn Slaby gesagt, der 5 2 entspreche nicht den Interessen der Elektrotechniker; die neue Fassung entspreche auch nicht dem Charakter und den Absichten des Gesetzes das doch nur ein Kostengesetz sein solle, während hier eine Art Elektrizitätsgesetz gemacht werde, und diese Fassung verhindere eine allgemeine reichsgesetzliche Regelung. Daß der § 2 den Interessen der Elektrotechniker nicht entspreche, wird widerlegt durch die Eingaben, die Sie heute in Ihren Mappen vorgefunden haben. Sie sind unterzeichnet von den allerersten wissen⸗ schaftlichen und technischen Verbänden der ganzen Elektrotechnik Deutsch⸗ lands und von ersten Firmen Deutschlands, von dem Verbande deutscher Elektrotechniker, der Allgemeinen Elektriitätsgesellschaft. Siemens und Halske. Auch die Konsumenten der Elektrizität, der Verein deutscher Ingenieure, der Zentralverband deutscher Industrieller usw. bitten dringend, die Fassung des Abgeordnetenhauses als ibnen weit genehmer und erträglicher anzunehmen. Daß dieses

sein soll, ist formal richtig; aber Kostengesetz ist zugleich ein Ueberwachungsgesetz, denn anderz ist es nicht durchzuführen, und darum ist es, richtig Kautelen gegen eine zu weitgehende und nicht zweckmäßige Ueber wachung zu schaffen. Daß die Fassung des Abgeordnetenhguses eine reichsgesetzliche Regelung hindere, kann ich nicht zugeben. Diese Re— gelung würde nur die Normen der Ueberwachung esnheitlich für ganz Deutschland zu geben haben. Aus allen diesen Gründen hielten es meine politischen Freunde für ratsam, die ganze Materie noch einmal der Kommission zur Prüfung zu überweisen. Sollte dieser Antrag abgelehnt werden, so haben wir den Eventualantrag gestellt, die alte Fassung deg Abgeordnetenhauses, also auch den § 2, anzunehmen. Sollte auch dieser Antiag abgelehnt werden, so beantragen wir, dem § 1 in der Fassung des Herrenhauses den neuen Absatz 2 hinzuzufügen: Ueber Art und Umfang der in die Polizeiverordnungen aufzunehmenden Anlagen sowie über die bei den Prüfungen dieser Anlagen anzu— wendenden Grundsätze sind Vertreter der Wissenschaft und Praxis gut. achtlich zu hören. Dieser Zusatz würde gewiß die Zustimmung des Herrenhauses und der Regierung finden.

Abg. Vogt Gentr) tritt dafür ein, daß die Vorlage nochmals an die Kommission gewiesen wird.

Abg. Bosse (kons.): Das Herrenhaus hat dasselbe beschlossen, was wir seinerzeit in der Kommission beantragt hatten. Erst als die Regierung sich damit einverstanden erklärte, was im Beschluß des Ab— geordnetenhauses zum Ausdruck gekommen ist, haben wir ebenfalls zu⸗ gestimmt. Die Herren vom Zentrum sollten es sich doch noch einmal überlegen, ob die Sache nicht doch ohne nochmalige Ver— weisung an die Kommission erledigt werden kann. Be— jahlt werden müssen die Kosten der Ueberwachung doch, und ob es dann an den Staat oder an die privaten Ueberwachungèekorporationen geschieht, ist gleichgültig. Wir dürfen das Gesetz nicht so fassen, daß eine reichsgesetzliche Regelung dadurch erschwert würde. Ich bitte also, die Herrenhausfassung anzu— nehmen; allenfalls könnten wir uns nur für den vom Abg. Voltz beantragten Zusatz dazu erklären, wonach über die Grundsätze zur Prüfung der in die Polizeipverordnung aufzunehmenden Anlagen Ver— treter der Wissenschaft und Praxis gutachtlich gehört werden sollen.

Abg. Freiherr von Zedlitz: Die Polizeiverwaltungen sind durch den 5 2 der Abgeordnetenhausfassung nicht gehindert, auch andere als die dort genannten Anlagen prüfungspflichtig zu machen. Die einzige rechtliche Wirkung wäre nur, daß nicht der Unternehmer, sondern die Gemeinde die Kosten der Untersuchung trägt. Nach dem § 2 könnten für die verschiedenen Anlagen ganz verschiedene, sogar entgegengesetzte Gutachten abgegeben werden. Es kommt aber auf all— gemeine Normen für die Ueberwachung an. Der §z 2 ist unzweckmäßig, weil jede Polizeiverordnung, die auf Grund desselben erlassen würde, an ihrem Kopf die Bemerkung enthalten müßte: Nach Anhörung von Männern der Wissenschaft und Praxis. Würde das einmal vergessen, so würden unsere Gerichte solche Polizeiverordnungen für rechte— ungültig erklären. Ich beantrage den Zusatz, daß vor dem Erlaß einbeitlicher Normen durch Poltzeiverordnungen die Männer der Wissenschaft und Praxis gutachllich zu hören sind. Damit können sich auch die Industriellen zufrieden geben. Ich bitte, die Herrenhaus fassung anzunehmen.

Abg. Kreitling (fr. Volksp.): Ich bitte, das Gesetz an die Kom— mission zurückzugeben; denn der Antrag von Zedlitz liegt noch nicht gedruckt vor und muß erst auf seinen Inhalt gepräft werden. Das Referat des Herrn Slaby im Herrenhaus war etwas eigentümlich. Ich schätze den Herrn sehr hoch, aber er hat es nicht verstanden, den Mitgliedern des Herrenhauses klar zu machen, worauf es ankommt, und hat in die Sache selbst Verwirrung gebracht. Wenn z. B. Herr Slaby selbst Ströme von 30 000 Volt nicht als verhängnisvoll an. sieht, so möchte ich keinem raten, mit solchen Strömen zu spielen, der sich nicht so vorsehen kann wie Herr Slaby in seinem Laboratorium. Ich habe von vornherein den Standpunkt ver— treten, daß wir ein Ueberwachungsgesetz verabschieden müssen. Die Reer g selbst ist es gewesen, die uns für den Rahmen der im Sz 2 aufgeführten elektrischen Anlagen das Material geliefert hat. So bequem können wir uns die Sache nicht machen, daß wir einfach die Herrenhausfassung annehmen. Die Regierung wird sich ihrerseits nicht daran ftoßen, mit den Elektrotechnikern in Fühlung zu bleiben. Ich hätte nur gewünscht, daß der Minister den Standpunkt dieses Hauses im Herrenhause etwas schärfer betont hätte. Ich bitte also, den Gesetzentwurf nochmals in die Kommission zu geben.

Im weiteren Verlaufe der Debatte ergriffen bis zum Schluß des Blattes das Wort der Minister für Handel und Gewerbe Möller, die Abgg. Vorster (freikons ), Münster— berg (fr. Vg) und Macco (nl), der Geheime Ober— regierungsrat Frick und der Abg. von Klitz ing (kons.).

ein Kostengesetz dies

Nr. 49 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ vom 7. Dejember 1904 hat folgenden Inhalt: Gesundheitsstand und Gang der Velkskrankbeiten. Sterbefälle im Oktober. Zeitweilige Maßregeln gegen Pest. Desgl. gegen Cholera. Gesetzgebung usw. (Deutsches Reich) Geheimmittel. Sachsen. Amtshauptm. Grimma.) Lebensmittel Mehl. Trinkzefäße. (Hessen.) Viehbeförderungen auf Eisenbahnen Apothekergehilfen. (Mecklenburg Schwerin. Müllereiprodukte. Fleischbeschaustatistik. Tierseuchen. Viehbeförderungen auf Eisen—⸗ bahnen. Konserpierungsmittel. (Oldenburg. Herzogt. Oldenburg) Tierärztliche Hausapotheken. (Schweiz. Kant. Waadt.) Geistet— kranke. Gang der Tierseuchen im Deutschen Reiche, 30. No⸗ vember. Desgl. in Schweden, 3. Vierteljahr. Ver— miichtes. Niederlande). Impfstoffgewinnungsanstalt in Utrecht, 1803. (Dänemark.) Magarineindustrie ꝛc., I903 / 04. (Portugal.) Sanitätsstationen. (Vereinigte Staaten von Amerika. Louisiana] Bevölkerungsvorgänge in New Orleans, 1902 03. Geschenkliste. Monatstabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 15000 und mehr Einwohnern, Oktober. Desgleichen in größeren Städten des Auslandes. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Srten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgleichen in größeren Städten des Auslandes, Erkrankungen in Krankenhaäͤusern deuischer Großstädte. Desgleichen in deutschen Stadt- und Landbezirken. Witterung. Besondere Beilage: (Deutsches Reich.) Maßnahmen zur Bekämpfung des Typhus.

Statistik und Volkswirtschaft.

Nach der Statistik der Zuckergewinnung und -Befteuerung, deröffentlicht im 17. Viertel jahrsheft jzur Statistik des Deutschen Reichs Jahrgang 1904 sind in dem Betriebe jabre 190350 (1. Sep. tember 1903 bis 31. August 1904) 384 Zuckerfabriken mit Rüben verarbeitung im Betriebe gewesen, im Vorjahre 393, davon 390 mit Rübenverarbeitung. Ferner haben 46 Raffinerien und 6 Melasse⸗ entzuckerungsanstalten gearbeitet. In diesen 436 Betriebsanstalten sind im ganzen 19211376 Zucker gewonnen (alle Grzeugnisse auf Rohzucker umgerechnet), im Vorjahre 1 789 070 t. Auf die 384 Rüben derarbeitenden Fabriken entfallen davon 1 822491 t.

In 49 230 12 stündigen Arbeiteschichten wurden hierzu 12 677 090 Rüben verarbeitet, in einer Arbeitsschicht 258 t.

ö Die Rüben wurden geerntet auf 416 877 ha, und zwar von den Fabriken selbst auf 35 113 ha 113198 t oder 8.93 v. H. der ganzen Ernte; von den Gesellschaftern sind auf vertragsmäßig angebauten 162 195 ha 490 865 t gleich 38.72 v. H. der Ernte eingebracht. Der

it Rest von 663 648 t enffällt auf Kaufrüben usw., die auf 219 569 ha Gesetz

geerntet sind.

Der Preis der Kaufrüben berechnet sich im Durchschnitt auf h. um O01 S6 geringer als im Vorjahre.

Ernte des Jahres 1903 steht mit 304 dz für 1 ha unter der letzten 20 Jahre an achter Stelle. Zucker waren durchschnittlich 6,36 42

1.18 * für ] Die den Ernten

ur Herstellung von 1 42 Zu . 3 6-85 da im Vorjahre erforderlich.

Bon inländischem Zucker sind, in Rohzucker ausgedrückt, 1 130 326 t,

von aue ländischeimn 6862 6 in den freien Verkehr übergegangen, gegen⸗

dz, d.

äber S098 i t und 2141 t im verflossenen Betriebsjahre.

Auf den Kopf der Bev in Verbrauchs zucke

egangenen fünf Jah den vorangeg (hauptsächlich von Verbrauchszucker) hat erheblich

mmen und ist in den letzten zehn Jahren als die geringste mit agen in Rohzucker berechnet anzuführen. die Ausfuhren der Jahre 1895 96 mit 958 128 t Die Ausfuhr von Rohzucker betrug Verbrauchszucker 406617 t gegenüber 453 623 t und O3 (in 13 Monaten).

Die Ausf

575 6231 im ganzen nnähernd gering waren 9 1599 1500 mit 976165 t. 119 023 t, von

50 O78 t in 1902

des Beutschen Reichs (Jahrgang 1904) sind die endgültigen Er⸗ montanstatistischen Erhebungen Es stellte sich danach die Gewinnung rt für die wichtigsten Bergwerks⸗, Salinen- und Hütten⸗ Deutschen Reich und in Luxemburg in den Jahren 1902

ebni sse Fer 1993

ind deren We

=

erzeugnisse im

der

Jahren. uhr

veröffentlicht.

ölkerung ausgerechnet, betrug der Verbrauch r 1717 kg gegenüber durchschnittlich 12,49 kg in

In dem soeben erschienenen JV. Vierteljahrsheft zur Statistik

für

Nur

das

Grzeugnisse

und 1903, wie folgt:

Menge der Gewinnunz in Tonnen zu 1000 kg

1903

während des Jahres

1902

Wert der Gewinnung in 1000 6

wãhrend des Jahres

189053

1902

J. Bergwerks⸗ erjeugnisse. Mineralkohlen und

Bitum Steinkoblen. Braunkohlen Graxhit Asphalt Erdõlĩ!

7) Mineralsalze.

Steinsal; Fanit Andere Kalis 3) Er Eisenerze. Zinkerze Bleierze Kupfererze Manganerje Sch wefelkies

II. Salze aus

wässeriger

Kochsalz (Chlornatrium)

Chlorkalium Chlormagnesi Glaubersalz .

Schwe fel saures Schwefel saure

9

mag nesia

Schwe lelsaure Magnesia Schwefelsaure Tonerde

Alaun

Hüũttenerze Roheisen. ,, Blei (Blockb

Q ᷓd*

Kaufglãtte

Kupfer Block. und Ro⸗ settenkupfer

Silber. Gold

Arsenikalien .

Schwefelsãure

rauchende? Kupferditriol

B. Roheisen ins⸗

besond Gießereirohei Guß waren Schmelzun Bessemerrohe Verfahren)

Thomasroheisen (basi⸗ sches Verfahren). Stahleisen und Spiegel⸗

, Puddelroheise Spiegeleisen)

Bruch⸗ und Wascheisen

IV. Verar

Roheisen.

alze.

in. Hüt ten⸗ erzeugnisse. A. Die wichtigeren

erster

en.

ze. ; 21 230 650 682 853 165991 772 gz95

47 994

170 867

Lösung.

um .

Kali Kali⸗

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)

und' Vitriolöõl 1010621 k 5 200

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171453 a 213 166 oz? s 264 310 os 207

837 942 14595

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Schweißstahl a Halbfabrikate (Rohluppen, Roh⸗

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Verkauf b Fertige

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Ze⸗ zum 164

24

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a. Halbfabrikate (In⸗ J. Brammen,

gots, Billets,

usw.) zum Verkauf

b. Fertige fahrikate

Platinen 2411508,

lußeisen⸗ ö. . 5sH 937 702

17 963 591

702 504 167 855 761 921 49 812

165 225

d O Ꝙπ0 2

d ed = S = 1 S SCO w 8 iS Sid S

174 927 140 331 1197

30 578

1484052 45 152

6 218 407

2230 275 5 192 175

1005153

zol 819 149 4535

1289 us 280

189 030 746 243

O O C

82 ö O D 82 S S = C H

SD * M0

= 8 S5

e dèù Md C O o o , L OO - SS c. COG CO M——

15613

31545

310

2344 41534

1405

541

3681 16

6

455 699 62 228 31349

1033 34 150

30 800 7431

1010 26 889 1886

84 379

4548 114 702

177 435 670 359

Einige Hauptzahlen über die Finanzen von Japan.“) Japans Staatsausgaben, ordentliche und außerordentliche, betrugen in Jen (— rund 0b „* teils nach den endgültigen oder vorläufigen Rechnungen, teils () nach den Voranschlägen davon für

1893/94 1894/95

insgesamt

S4 581 872 78 128 643

Armee und Flolte

22 521 686 20 652 090

Staaisschulden⸗ dienst

19455 918 19721 143

) Résums Statistique de l'Empirs du Japon. Heraus- gegeben von dem Kaiserlich japanischen Statistischen Bureau in Tolio,

unter der Leitung des Direktors N. Hanabusa.

dieses Rechnungsjahr fallenden Krieges innegehalten sein; dem Augenmaße der

programm (p. post bellum) haben die Staatsausgaben stark empor⸗ getrieben. ; nahmen vorgesehen; so . 8 Brundste; * 8 M

der Grundsteuer von 38,44 Mill. Nen . mn fleuer von 235 auf 484, der der Saké⸗Steuer von 32,96 auf 48 92,

.

davon für S 8 =. Armee und Flotte n m 23 536 204 24 230 858 73 248 282 30 501 172 110 542 522 29 504731 112 427 553 28 379 828 114212 898 34278 956 133 113 097 34 811135 102 461 . 7710129 1902 03 289 225 626 S5 768 24 2 190304 () . 244752 346 63 440 108 er Voranf für 190304 wird wegen des teilweise schon in G er kennzeichnet indessen die Lage der Finanzen nach Verwaltung selbst. . . Der chinesische Krieg und das sich daran schließende Regierungs-

insgesamt

Sh 317 179 168 856 509 223 6738 844 219 557 569 254 165 538 292 750 059 266 856 824

1895/96 1896 97 1897 98 189899. 1899/1900 1900501 1901,02

Aber dieses Programm hat auch die Erhöhung der Ein⸗ ö sst von 1898/99 auf 1899/1900 der Ertrag Ven auf 44.86, der der Einkommen

der der Zölle von g,. 9 auf 15,94, der der Stempelsteuer von 6,16 auf 11 91 Mill. Hen gewachsen, außerdem der Ertrag der Staats- betriebe (Post, Eisenbahn, Tabakmonopol, Forsten usw.) von 25,72 auf 34374 Mill. Yen gestiegen.

Die Staatseinnahmen (Vooranschlag)

betrugen seit 1893ͤ/94 in Yen

darunter , außerordentliche 27 886 300

im ganzen

113 769381 5 1760 633

ordentliche S5 838 081

1893/94 h gas 1h

1894/95

20 * X 8 C1 83

Roggen:

Gerste:

95 444 167 104 991 522 121222 964 132 969 336 177 328 528 192 170081

118 431 900 187 013 442 226 390123 220 054 127 254 254 524 295 854 868 274 359 021 202 035071 1902 03. 293 991 6583 220 280 230 1903/04 (*) 251 681 961 231 802 499 Die ordentlichen Staatseinnahmen sind in ununterbrochenem Zuge gewachsen, in elf Jahren fast auf das Dreifache. Die außerordent⸗ lichen Einnahmen schwanken; sie sind teils durch Anleihen, teils durch di? chinesische Kriegskostenentschädigung ganz wesenilich mitbestimmt worden, in früheren Jahren auch durch Ueberschüsse des Vorjahres; außer diefen kommen als außerordentliche Einnahmen vorwiegend noch Erträge aus dem Verkauf von Staatsdomänen und Forsten, aus Er⸗ stattungen für öffentliche Arbeiten seitens der Verwaltungsbezirke und verschiedene kleinere Einnahmen in Betracht. Für die beiden letzten Rechnungs jahre (1902 03 und 1903 04), in denen, wie oben gesagt, die ordentlichen Staaseinnahmen 220 28 beim. 231,80 Mill. Jen betrugen, ergaben die wichtigflen Einnahme⸗ quellen nach der vorläufigen Rechnung (1902/03) bezw. nach dem Vor⸗ anschlage (1903 07) folgende Beträge (in Ven): 190203 16 475 943

1895/96 1896.97 1897198. 189899. 1899 1900 1900 01 190102

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1903. 04 46 996 212

7412 801

6 792818

Grundsteuer Einkonmensteuer . Gewerbesteuer. . Sake (Branntwein⸗) Steuer Andere innere Steuern.. Zölle. . ö Ertrag der Staatsbetriebe Stempelsteuer. usw.

Die Saké⸗Steuer ist die ertragreichste obschon sie in ihren Sätzen wiederholt erhöht wurde, Erzeugung von Reisbranntwein doch immer mehr gesteizert; diese Steuer ift demnach, wie es scheint, von nachhaltigster Ergiebigkeit; sie wird aber auch bei Bedarfsdeckung immer zuerst berangezogen. Die seit lange bestehende Grundsteuer vor der Neugestaltung des japanischen Staatswesens im Jahre 1868 gab es überhaupt keine andere Steuer ist die zweitwichtigste Steuerquelle; insofern sie aber die breitesten Schichten der ackerbauenden Bevölkerung trifft, zweifellos die wirtschaftlich wichtigste. Die Einkommensteuer bringt demgegenüber einen verhältnismäßig bescheidenen Ertrag; erwähnt mag übrigens werden, daß sie eine Progressivsteuer ist und seit 1339 die Einkommen von 3060— 1000 Yen mit 1 v. H, die von 1000 bis 10 000 Jen mit 13, die von 10 006-20 0090 Jen mit 2, die von 20 000 - 30060 Jen mit 24, die von 30 000 Ven und darüber mit 3 v. H. belastet.

Japans Staatsschuld innere und äußere, einschließlich des nicht mebr beträchtlichen Papiergeldumlaufs betrug 1893 94 285 519 624 Jen, sie stieg in 1895396 auf 420 339 231, in 1899/1900 auf 505 166 702, in 190203 auf 561 164 258 Jen. Vom letzt⸗ genannten Betrage mag etwa die Hälfte oder etwas weniger auf An= feihen für Eisenbahnen und sonstige Verkehrszwecke und für wirt— schaftliche Betriebsanlagen entfallen. (Stat. Korr.)

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5.

Stenerquelle, und hat sich die

Zur Arbeiterbewegung.

Die im Holjarbeiterverband organisierten Berliner Jalousie⸗ arbeiter (Anschläger, Tischler, Maler, Maschinenarbeiter und Repa⸗ raturmacher) hielten, der ‚Voss. Ztg.“ zufolge, gestern abend eine zahlreich besuchte Versammlung ab, um ihre verschiedenen Tarife durchzuberaten und neue Forderungen aufzustellen. Außer zum Teil erhöhten ausführlichen Akkordtarisen, werden u. a. noch folgende Forderungen aufgestellt: Anschläger und Reparaturmacher, Mindest—⸗ wochenlohn 36 S (gegenwärtig 27 bezw. 30 S); Tischler, Maler und Maschinenarbeiter einen solchen von 30 M; wo höhere Löhne bereits bejahlt werden, bleiben diese bestehen; Arbeits⸗ zeit 52 Stunden die Woche; wo kürzere Arbeitszeit besteht, darf diese nicht verlängert werden. NUeberstunden werden verweigert. Die Tarife sollen am 1. März 1905 in Kraft treten ugd ein Jahr lang Gültigkeit haben. Die Lohnkommission wird beauftragt, die be— stehenden Tarife zu kündigen und mit den Arbeitgebern in Ver— handlungen zu treten. Zur Lohnbewegung in der hiesigen Muster⸗ kon fektion (vgl. Nr. 285 d. Bl) teilt dasselbe Blatt mit, daß die Mustermacher in einer am Mittwoch abgehaltenen großen Versamm⸗— lung folgende Forderungen aufgestellt haben: Abschaffung des Stücklohns und Einführung von Zeitlohn, Verkürzung der Arbeitszeit auf neun Stunden, Einführung von Betriebswerkstätten unter Ausschaltung der Zwischenmeister. Die Mustermacher wollen in den einzelnen Geschäften vorstellig werden; sie hoffen, daß ihre Forderungen bei dem größten Teil der Berliner Geschäfte Anklang finden.

In der Motorwagenfabrik von Gebrüder Stoewer in Stettin haben, wie die „‚Frkf. Ztg.“ erfährt, sämtliche An⸗ gestellten die Arbeit wegen Lohndifferenzen niedergelegt. Der Betrieb ist eingestellt.

Land⸗ und Forstwirtschaft.

Getreidehandel in Antwerpen.

Der Kaiserliche Generalkonsul in Antwerpen berichtet unterm 2. D. M.: Im Laufe des Monats November d. J. hat das Angebot russischen Getreides auf dem Antwerpener Getreidemarkt nachgelassen; andererseits werden für die nächsten Monate starke Zufuhren aus Argentinien erwartet, wo die demnächst einzubringende Ernte den vor⸗ liegenden Nachrichten zufolge günstig ausfallen dürfte. Unter diesen Umständen wurde sowohl in Spekulationsgeschäften wie bei Einkäufen

X *

nach Shaw

für den Mühlenbedarf Zurückhaltung beobachtet. Die Getreide⸗

und Mehlvreise haben sich seit Ende Oktober d. J. kaum ver⸗

andert; sie stellten sich Ende Nodember ungefähr, wie folgt:

Weizen: w Walla⸗Walla . Kurrachee, weißer .

ö 1 ĩ ö 1

; 5 181 1614181 16419 164al8 184181 182183 Markte.

Kalkutta. Oregon Plata, onau ö. russischer 21

16 7 baltischer 2 inländischer. amerikanischer Re auslãndischer inländischer.

zu Futterzwecken für Brauer. russischer und nordamerikanischer und Odessa und Donau

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5 . . ö . . nor amd erikanischer IBL GdIMIILELILAM - = .

141

Hafer: Mais:

Weizenmehl: inländisches .

Die Vorräte wurden Ende November geschãͤtzt: Weizen: 450 000 dz s 20000 30 000 15 000 200 000

Roggen: Gerste: Vafer: Mais;

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. as statistische er Sommer⸗ 8. Da en eingebracht an Weizen 761 703 000, Gerste 457 210 000, Hafer 957 920 00, Spel; 28 817 099, Buchweizen 59 582 00, Hirse 91 001 000, Mais 40 4269099, Erhsen 48 8538 900, Linsen 15 70s 000, Bohnen 3 870 000, Kartoffeln 1 4899 770 000 Pud.

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*

Theater und Musik. Deutsches Theater.

ei der Jagd nach welche eranstalten, bege

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Fren Bernard

neuen Stücken, ie Berliner Bühnen net man in letzter Zeit häufiger dem Namen Ire Das Neue Theater vermit

Bekanntschaft mit seinem „Schlachtenlenker“

Berliner Theater kürzlich mit „Ein Teufelskerl utsche Theater brachte gestern sein bestes 4a the man“, in der deutschen Uebertragung Pbitsch Helden“ betitelt, haw ist zeisth Steckenpferd reitet, im landläufigen Sinne sin deren Heldentum entweder wunderern erdichtet ist. Auch die g erheblich anders au

9

1 Shaw.

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29

eingebildet, er eschichtli

darin he Gedanken ausgesprochen, wie man sie bereits in einem älteren deutschen Buche, de penwitz der Zeitgeschichte von W. Hertslet findet, der auch die hon his rischen Persönlichkeiten erzãhlten Anerdoten größtenteils auf Erfindung zurückführen will. Der Gedanke enthält ja biel Wahres, er wird aber sofort falsch, wenn er schablosen⸗ haft verallgemeinert wird. zu verallgemeinern braucht man das, was Shaw in sei „Helden“ ausspricht, nicht; er hat hier die Personen und die Handlung frei erfunden und durfte mit ihnen in seinem schalten und walten, wie es ihm be—⸗ liebte, ohne auf den Widerspruch zu stoß den sein Napoleon—⸗ stück seinerzeit mit Recht erweckte. seiner Komödie sind ein Schweijer, der als Hauptmann in serbischen, und ein Russe, de

als Major in bulgarischen Diensten steht. Ihr Leben setzen beide, aufs Spiel, aber während der

2 Sinne

P; Sel darm“ Die „Helden

*

die Schlacht gewonnen wurde. Raina, die Braut des russischen Majors, auf ihre Weise abzufinden. Den Schweizer, der ihr ehrlich seine Angst um sein Leben eingestand, hat sie auf der Flucht gerettet; durch ihn, der bei der be⸗ siegten Gegenpartei war, erfährt sie, wie die kühne Tat ihres Bräutigams in Wirklichkeit ausgesehen hat, und leint bald dessen bohles Phrasenheldentum gründlicher kennen. Ihr Herz wendet sich nun ganz dem ehrlicheren Schweizer zu, während der ihr nunmehr verächtliche Russe sich mit ihrer Kammerzofe, der er hinter ihrem Rücken schon den Hof gemacht batte, tröstet. Außerordentlich belustigend sind diefe Vorgänge geschildert, und grell blitzen die satirischen Streiflichter hin und her. Köstliche Gestalten sind auch die Eltern Rainas, in deren Hause der Zustand herrscht, den man hier als polnische Wirt schaft' zu bezeichnen pflegt. Eine ganz vortreffliche Darstellung derhalf dem Stücke zu einem vollen Erfolg. Herr Sommerstorff (Bluntschli)h und Herr Strobl (Saranoff) boten in den Rollen der beiden Offiziere humoristisch fein gegeneinander abgewogene Gegensätze; Herr Arndt und Frau Otto Körner statteten die Eltern Rainas mit einer Fülle feinkomischer Einzelzüge aus, die Raina, die einzige ernster zu nehmende Gestalt des Stückes, spielte Fräulein Hartwig gewandt und glaubhaft, und das verschlagene Kammerkätzchen fand in Fräulein Aly eine sehr beachtenswerte Darstellerin. Auch Herr Schwaiger als Diener Nicola war von charakteristischer Eigenart. Die vortrefflich in Szene gesetzte Komödie batte einen starken Erfolg.

Nationaltheater.

Am Mittwoch setzte Francesching Prevosti im National- theater ihr Gastspiel als Rosine in der Oper Der Barbier von Sevilla“ fort und entfaltete in dieser Rolle alle ihre bekannten schauspielerischen und gesanglichen Vorzüge. Wie immer, lohnten zahl⸗ reiche Hervorrufe und Blumenspenden ihre hervorragende Leistung. Die anderen Rollen lagen in bekannten und bewährten Händen; ganz besonders sei wiederum des so außerordentlich gelungenen Vertreters der Rolle des Dr. Bartolo durch Herrn Ludwig Mantler gedacht. Dem Rossinischen Werk folgte ein Bruchstück aus Donizettis Lucia von Lammermoor“, die Wahnsinnsszene des vierten Aktä, in der Fräulein Prevosti ihre erstaunliche Kehlfertigkeit glänzen lassen konnte. Gestern hat sich das Nationaliheater an eine Aufführung der Huge⸗ notten“ gewagt, und das Wagnis ist in recht erfreulicher Weise ge—⸗ lungen. Trotz der hohen Anforderungen, die diese Oper an das Orchester und an eine ungewöhnlich große Anzahl von Gesangeskräften stellt, konnte eine im ganzen einwandfreie und in Einzelheiten sogar sehr hübsche Aufführung geboten weiden. Kapellmeister Sänger hatte seine Musiker gut im Zuge, auch die Chöte kamen voll zur Geltung, und die zum Teil sehr schwierigen Ensemblesätze wurden exakt und stimmungevoll durchgeführt. Paula von Lichtenfels zeigte sich in der Rolle der Königin als gegandte Koloratursängerin, auch Astrid Lous führte ihren Part als Valentine, namentlich im vierten Akt, mit schönen Stimmitteln ansprechend durch; Alma Saccur war als Urban gleich sympathisch im Gesang wie im Spiel. Unter den Sängern ist in erster Linie Herr Wissiak, der den Marcel gab, zu nennen; er ver= fügt über ungewöhnlich starke Stimmittel, die er auch gut zu ge⸗ brauchen weiß. Joss Classen als Raoul war gesanglich nicht ein⸗ wandfrei, namentlich im vierten Akt störte sein starkes Tremolieren. Alles in allem, verdiente die Vorstellung den lebhaften Beifall, den

das überaus zahlreiche Publikum spendete.