nicht eintrete, ebenso müßten die erhobenen Ansprüche hinsichtlich der 1 als berechtigt anerkannt werden. Auch der Miß tand, daß man die älteren Werkmeister zur Ablegung der Werk⸗ meisterprüfungen nicht zulasse, müsse beseitigt werden. Aus diesen Gründen solle man es nicht bei der Ueberweisung als Material belassen, die ja nach den eigenen früheren Ausführungen des Abg. Dr. Berndt immer mit einem deutlichen Hinweis auf den großen Papierkorb verbunden sei, sondern die NUeberweisung zur Erwägung beschließen.
Abg, Freiherr von Wolff⸗Metternich (entr) erklärt sich für den Antrag Goldschmidt.
Abg. Broemel (fr. Vgg): Der Verlauf der Verhandlung lehrt, daß in diesem Falle der Standpunkt der Kommission und ihres Berichterstatters, daß Kürze des Berichts Würje sei, nicht zutrifft. Von keinem der Redner ist der Standpunkt der Kommission gebilligt worden. Bedauerlicherweise bat sich die Regierung an der sachlichen Erörterung nicht beteiligt. Ich vertraue, daß die vorgebrachten sach⸗ lichen Gründe bei der großen Mehrheit dieser kleinen Versammlung (es sind etwa 30 Mitglieder anwesend) dem Antrag auf Ueberweisung zur Erwägung zum Siege verhelfen.
Cin Regierungskommissar führt aus: Auch die Ver— waltung steht auf dem Standpunkt, daß die berechtigten Wünsche der Werkführer zu erfüllen sind. Für den Fall, daß ein Rückgang des Einkommens eintritt, eifolgt jetzt die Ausgleichung durch Stellen— zulagen, wo dies nicht möglich ist, durch Beihilfen. Dieser Weg ist also bereits beschritten. Die Pensionsbedingungen durch Anrechnung von Aibeiterdienstzeit zu verbessern, würde finanzielle Konsequenzen weittragen der Art für alle Hilfsunterbeamten haben. Die Lage der Werkmeister wird schon jetzt dauernd verbessert durch die Vermehrung der etatsmäßsgen Stellen, die Wartezeit beträgt jetzt nur drei Jahre, noch vor fünf Jahren betrug sie sechs Jahre. Zu den Prüfungen werden alle zugelassen, welche den Vorbedingungen nach der Prüfungs⸗ ordnung entsprechen; wer dagegen nicht die nötige allgemeine Vor⸗ bildung hat, kann zu der Prüfung nicht zugelassen werden. Ein Grundsatz, Werkführer nicht zuzulassen, besteht nicht. Die allgemeine i ferm des Wohnungsgeldzuschusses ist ja bereits in Aussicht gestellt.
Abg. Prietze zieht seinen Antrag zu Gunsten des Antrags auf Neberweisung zur Erwägung zurück.
Abg. von Pappenheim (kons.) weist die Kritik des Abg. Broemel gegen den Berichterstatter der Budgetkommission zurück. Wenn die Herren von der Linken sich nicht größerer Kürze befleißigen, lämen die übrigen Petitionen überhaupt nicht zur Beratung. Die Freundlichkeit gegenüber den Beamtenpetitionen werde nicht dadurch bewiesen, daß man ellenlange Berichte über alle Einzelheiten erstattet. 9. Broemel fei nicht berechtigt, in dieser Weise eine allgemeine
itik an den Berichten der Budgetkommission zu üben.
Abg. Broemel meint, daß die Petenten, wenn auch in der Budgetkommission die Angelegenheit ausführlich behandelt sei, doch den Männern dankbar seien, welche hier im Hause die Sache gründ⸗ sich behandelten. Im Interesse der Beamten liege eine gründliche Beleuchtung der Verhäͤltnisse der Beamten in der Oeffentlichkeit und nicht bloß in der Kommissign, anders sei es auch nicht möglich, nachzuweisen, daß manche Wünsche der Beamten nicht be⸗ rechtigt seien. Dadurch könnten die Beamten abgehalten werden, mit unbegründeten Forderungen zu kommen. Ob Herr von Pappenheim die Berechtigung einer Kritik bestreite, darauf komme es nicht an. Der Sache werde nicht gedient, wenn die Referate der Kommission allju kurz gehalten seien. Möge das Haus einmütig die Petition der Regierung überweisen.
Abg. Goldschmidt meint, daß es wünschenswert sei, daß schon die Kommission die Beschlüsse so vorbereite, wie sie nachher das
us fassen werde. Wenn die Kommission mehr Zeit auf die
etitionen verwendete, würde sie manchmal wohl zu anderen Beschlüssen kommen. Die Budagetkommission sei allerdings sberlaftet und solle rasch die Beschlüsse des Hauses vorbereiten. In so kurier Zeit sei dann eine gründliche Erledigung nicht möglich. Das solle. kein Vorwurf gegen die Kommission sein, aber das Haus habe die Pflicht, die Arbeiten der Kommission nachzuprüfen. Erfreulich fei, daß der Regierungskommissar durch Herrn Broemel veranlaßt sei, sich über die Sache zu äußern. Aber daß die An rechnung der Vorarbeiterdienstzeit für die Pensionierung zu weit · gehenden finanziellen Konsequenzen führen könne, sei nicht nachge— wiefen. Sehr erfreulich sei die Zusage der Erhöhung des Wohnunge⸗ geldzuschusses.
Abg. von Pappenheim erklärt; daß er als altes Mitglied der Budgetkommission den Vorwurf des Abg. Broemel, den Herr Gold⸗ schmidt verallgemeinert habe, nicht auf sich sitzen lassen könne. Es selen in der Kommission die Verbältnisse der Beamten immer gründ⸗ lich geyrüft worden. Wie die Kommission vorher die Meinungen im Hause erforschen solle, sei schleierhaft. Daß nicht immer die Beschlüsse des Plenums mit denen der Kommission übereinstimmten, sei ganz natürlich; aber in 90 0 der Fälle stimme das Haus den Beschluͤssen der Kommission zu. ;
Ver Regierungskommissar bemerkt, daß er sich schon vor der Rede des Herrn Broemel zum Wort gemeldet habz.
Abg Goldschmidt erwidert, daß es ihm ferngelegen habe, der Budgetkommission im allgemeinen irgend einen Vorwurf machen zu wollen. Er habe auch nicht gemeint, daß die Kommission erst das Haus fragen solle, wie es sich entschließen werde. Die Kommission solle aber gründlicher prüfen, damit die Beschlüsse vorbereitet würden, wie sich voraue sichilich das Haus entscheiden werde.
Berichterstatier Metger bemerkt in seinem Schlußwort, daß er als Reserent der Kommisston nichts weiter zu tun habe, als über die Verhandlungen der Kommission zu berichten; er babe in feinem Referat nichts Wesentliches vergessen. Bei der großen Menge der Petitionen könne die Kommission nicht mehr Zeit darauf verwenden, sonst würden andere, wichtige Dinge liegen bleiben.
Abg. Broemel bemerkt persönlich, daß seine Kritik sich nicht gegen den Berichterstatter persönlich richtete.
8 Petition wird darauf der Regierung jur Erwägung über— wiesen.
Eine Petition um Beförderung der Eisenbahntelegraphisten zu Assistenten für den Telegraphendienst nur nach dem Dienstalter beantragt die Budgetkommission der Regierung als Material zu àberweisen.
Abg. Marx (Zentr.) beantragt die Ueberweisung zur Erwägung. Es handle sich um ein Bedürfnis, das schon vom Hause anerkannt sei. Gerade die Eisenbahntelegraphisten hätten ibren Dienst inmitten des nervenzerrüttenden Eisenbahndienstes zu versehen. Ihre Hoffnung, daß die Stellen der Assistenten für den Telegraphendienst vermehrt werden wärden, habe sich leider nicht erfüllt. Es müsse aber den Gifenbahnt legraphisten die Möglichkeit geschaffen werden, in diese Subalternbeamtenstellen aufzurücken.
Der Regierungskommissar erwidert, daß für diese Be— amten meist einfache Arbeiten in Frage kämen, anderseits aber auch schwierige Arbeiten. Far diese letzteren habe sich die Regierung be— müht, die fähigeren Beamten herauszufinden und in die Assistenten⸗ stellen überzuführen. Für einen Stationassistenten für den Tele= graphendienst sei es unerläßlich, daß er auch die Befähigung für ben Bahnhofsdienst habe. Davon könne nicht abgegangen werden, Diejenigen Beamten, welche die Befähigung zum Subalterndienst erwerben konnten, seien bereits in die Assistentenstellen übergeführt worden.
Abg. Dr. Berndt (ul) schließt sich dem Antrage auf Ueber- weisung zur Erwägung an. i. ;
Abg. Dr. Heisig (ZZentr) ergänzt die Petition auf Wunsch der betreffenden Beamtenkreise, welche über das er, g. der Kattowitzer Gisenbabndirektion bei der Besezung der Stellen und bei der Ge währung der Stellenzulagen sich beschwerten.
Abg. Marx hebt hervor, daß die Tüchtigkeit der Eisenbahn⸗ telegraphisten von dem Minister von Thielen ausdrücklich anerkannt worden sei. Man müsse sie durchaus als befaͤhigt für Subaltern. beamtenstellen ansehen.
Nach einigen weiteren Bemerkungen des Regierungè⸗ kom mifsars beschließt das Haus die Ueberweisung zur Grwägung.
Die Petitlon des Telegraphendiätars Obodda in Essen um frühere Ernennung der Telegraphend iätare zu etatsmäßigen Telegraphisten wird obne Debatte der Regierung als Material überwiesen.
Ueber eine Petition um Versetzung der Eisenbahnlademeister unter die mittleren Beamten und Erhöhung ihres Gehalts beantragt die Kommission zur Tagesordnung überzugehen.
Abg. Ernst (fr. Vgg) beantragt Ueberweisung zur Erwägung.
Abg., Franken (nl) weist darauf hin, daß die Leistungen der Lademeifter heute viel höher feien als vor 20 Jahren, und schließt sich dem n Ernst an. .
Abg. Broemel (fr. Vag.) betont gleichfalls die gewaltige Steigerung der Anforderungen an die Lademeister, die in ihrer Stel lung verhaͤltnie mäßig geradezu zurückgedrängt worden seien. Die Lade⸗ meister bedürften namentlich der Autorität gegenüber den Arbeitern, es sei deshalb bedauerlich, daß die Regierung mit dem Anfangsgehalt nicht über daz Gehalt eines Vorarbeiters hinausgehen wolle.
Abg. Ern st weist darauf hin, daß diese Beamtenkategorie noch keine Aufbesserung erfahren babe. Den Lademeistern gebühre das selbe Wohlwollen wie! den Werfführern; er bitte deshalb um Annahme seines Antrags. ;
Abg. Dr. Heisig (Zentr.) wünscht, daß, wenn die Lademeister nicht mittlere Beamte werden könnten, ihnen wenigstens der in Aus— sicht gestellte erhöbte Wohnungsgeldzuschuß gewährt werden möge.
Das Haus beschließt nach dem Antrage Ernst.
Eine Petition von Wagenmeistern um Verbesserung der Ver⸗ hältnifsfe der Wagenmeister und Hilfswagenmeister und eine Petition um Anrechnung von Hilfsbeamlendienst bei der Pensionierung der Wagenmeister beantragt die Kommission durch Uebergang zur Tages⸗ ordnung zu erledigen. Nach einem Antrage des Abg. Pleß Zentr.) be⸗ schließt daz Haus jedoch die Ueberweisung zur Erwägung,.
Üieber die Petition um Verbesserung der Verhältnisse der Rangiermeister geht das Haus auf Antrag der Kommission zur Tagesordnung über.
Petitionen von Haltestellenaufsehern um Gehaltserhöhung, Versetzung unter die Subalternbeamten, unkündbare Anstellung, andere Amtsbezeichnung, andere Uniformabzeichen, sowie von Weichen stellern 1. Klasse um Gehaltserhöhung, andere Amtsbezeichnung und Uniform und unkändbare Anstellung beantragt die Kommission, zur Erwägung zu überweisen.
Abg. Reinhard (Zentr) unterstützt in eingehender Schilderung des schwierigen und verantwortungsvollen Dienstes dieser Beamten deren Wünsche und beantragt die Ueberweisung zur Berücksichtigung.
Abg. Hammer (kons) schließt sich dem Antrage an; diese Be⸗ amten häften eine gleiche Verantwortung, wie die Stationsvor, steher. Wenn die Stellung dieser Beamten nicht gehoben werde, sei es erklärlich, daß die Disziplin der Bahnarbeiter gegenüber diesen Beamten — vorsichtig ausgedrückt — nicht mehr mitgegangen sei, sfondern daß Konflikte zwischen den Beamten auf der Station mit der roten 66 und den Bahnarbeitern vorkommen. Es sei auch zu be⸗ achten, daß die Beamten ihre Dienstuniform sich selbst beschaffen 36 während die Reichspostbeamten die Uniform geliefert be— ommen.
Abg. Lüders (fr. kons.) der mit dem Abg. Reinhard den Antrag auf Ueberweisung zur Berücksichtigung gestellt hat, bemerkt besonders, daß durch einen Titel diesen Beamten eine Autorität gegenüber den Arbeitern gegeben werden könne. . .
Abg. Kopsch (fr. Volksp) spricht sich aleichfalls für die Ueber⸗ weisung zur Berücksichtigung aus. Die Haltestellenaufseher seien eine neue Kategorie; die Regierung babe versucht, Weichensteller weiter auszubilden, fo daß sie als Haltestellenaufseher dienen könnten. Dieser Verfuch habe sich bewährt, und es seien deshalb die Stellen der Weichen · steller I. Klaff. vermehrt worden. Diese Haltestellenaufseher hätten zunächst unter Aufsicht gestanden, seien aber mit der Zeit vollstãndig selbständig geworden. .
Der Regierungskommissar fährt aus, daß die Haltestellen aufseber und Weichenfteller J. Klasse sich lediglich aus den Arbeiter⸗ kreisen rekrutieren. Die Regierung halte es nicht für angezeigt, auf den Haltestellen mittlere Beamte zu beschäftigen. Auf den Halte⸗ stellen seien die Verhaͤltniffe viel einfacher, und die Aufseher müßten Arbeiterdienste mit verrichten. Die Stellung und die Bezahlung genügten diesen Dienstverrichtungen. Etwas anderes sei die Frage, ob eine Haltestelle mit größerem Verkehr in die Reihe der Statlonen III. Klasse aufgenommen werden könne; dann würden diese Stellen mit mittleren Beamten besetzt.
Abg. Graf von Spee (Sentr.) führt aus, daß es überhaupt an einer hierarchlschen Gliederung, des unteren Beamtenpersonals fehle; daher kaͤmen alle solche Ungleichheiten in den Verhältnissen der Beamten.
Der Regierung skommissar bemerkt, daß die Zahl der Anwärter für diese Posten groß sei, und daß man deshalb auf die Zufriedenheit der Beamten schließen könne. ö.
Abg. Wol gast (fr. Volksp.) zieht aus den zahlreichen Petitionen den Schluß, daß keine Zufriedenheit unter den Beamten herrsche. Die Arbeil der Haltestellenaufseher sei allerdings einfach und mit reinen Arbeitsberrichtungen verbunden, aber diese Arbeit sei gerade eine fehr vielseitige. In Schleswig⸗Holstein sei es auch vorgekommen, daß Stationen 1ũ1. Klasse zu Haltestellen gemacht seien. Es sei not⸗ wendig, daß eine feste Ordnung für das gesamte Unterbeamtenpersonal geschaffen werde.
Nach einigen weiteren Bemerkungen des Regierungs—⸗ kom mifsars wird die Ueberweisung der Petitionen zur Beräcksichti⸗ gung beschlessen. 9
Abg. Dr. Porsch (Zentr,) bemerkt zur Geschästsordnung, daß die große Neihe von Beamtenpetitionen, die nech auf der Tagesordnung stehen, heute nicht mehr erledigt werden könne. Zur Abkürzung der Debatten würde es dienen, wenn Über diese Petitionen, über welche nur mündliche Berichte erstattet werden, ein schriftlicher Bericht vor läge. Er beantrage deshalb, die sämtlichen auf der Tagesordnung stehenden Beamtenpetitionen an die Kommission zur schriftlichen Be— richterstattung zurückzuverweisen. ;
Abg. Graf zu Lim burg-Stirum (kons) will dem Antrag zu. stimmen, obwohl er sich keinen Vorteil für die Geschäfte des Hauses davon verspreche,
Abg. Dr. Friedberg (nl) stimmt dem Antrage zu, weil dadurch Zeit gewonnen werde, daß der Referent nicht das Wort zu nehmen brauche und die Stellung der Regierung schon im Bericht festgelegt sei.
Äbg. Ernst (fr. Vzg) akzeptiert gleichsfalls den Vorschlag des Abg. Dr. Porsch unter der Voraussetzung, daß keine Verzögerung in der schließlichen Erledigung der Petitlonen eintrete.
Das Haus beschließt nach dem Antrage Porsch.
Schließlich geht das Haus ohne Debatte über eine vom Grund- besitzerperein Friedrichsberg . Boxhagen ausgehende Petition um Ein—⸗ gemeindung der Gemeinden Lichtenberg und Rum melsburg in Berlin zur Tagesordnung über.
Schluß 4M Uhr. Nächste Sitzung Sonnabend 11 Uhr. (Erste Beratung des Staatshaushaltsetats.)
Parlamentarische Nachrichten.
Ueber die Begründung eines Landesgewerbeamts und eines ständigen Beirats
wird in einer Denkschrift zum Etat der Handels, und Gewerbe verwaltung u. a. ausgeführt:
Die Zabl der staatlichen und staatlich unterstützten gewerblichen e n und Fachschulen betrug im Jahre 1880 686 und im Jahre 1905 2065. Hierzu kommt noch eine Reihe von gewerblichen ünd kaufmännischen, für die Ausbildung der männlichen und weiblichen Jugend bestimmten Unterrichteanstalten, die ohne staatliche Beibilfe don Gemeinden, Vereinen und Privaten unterhalten werden. Ihre Zabl wird mindestens ebenso hoch wie die der staatlichen und staatlich unterstũtzten Anstalten Fight werden dürfen. Die Aufwendungen des preußischen Staate für das gewerbliche Schulwesen betrugen
,,, für das Jahr 1880 30 101 und 1904 M606
Hiermit ist indessen die Entwickelung des gewerblichen Schul. wesens keineswegs als abgeschlossen zu betrachten. Vielmehr bedarf ez bei der fortschreitenden Spezialisierung und Vervollkommnung der einzelnen Arbeitsmethoden, bei der Unmzglichkeit, den gewerblichen Nachwuchs in der früheren Weise lediglich auf dem Wenge der prak. tischen Lehre gründlich und planmäßig für seinen künftigen Beruf vorzubereiten, und der großen Bedeutung, die das Kunstgewerbe im heutigen wirtschaftlichen Leben gewonnen hat, noch der Gründung einer großen Zahl neuer Handwerker⸗, Kunstgewerbe⸗ und Spenal⸗ fachschulen. Namentlich die letzteren sind in Preußen im Verglel zu ö Ländern, wie Oesterreich und England, noch sehr spaͤrll vertreten.
Auch das Fortbildungsschulwesen befindet sich noch im Stadium der Entwickelung. Während noch vor 20 Jahren nur wenige Städte eine Fortbildungeschule hatten, die zudem in der Regel nur auf fakulkativer Grundlage beruhte, sind in der letzten Zeit in zahlreichen Gemeinden solche Anstalten entstanden. Auch haben die einzelnen Schulen durch das Anwachsen ihrer Schüler⸗ ahl an Umfang und Bedeutung erheblich gewonnen. Allein in' den letzten fünf Jahren ist die Anzahl dieser Schulen von L201 auf 1481, alfo um 25 v. H, die der Schüler von 141 682 auf 218 567, also um 54 v. H. gestiegen. Bei Berücksichtigung nur der obligatorischen Anstalten ergibt sich für diesen Zeitraum eine . der Schulen von 771 auf 1263, d. h. um 64 v. H., und der Schüler von 83 772 auf 175 100, d. h. um 109 v. 2. Während noch vor 10 Jahren fast der gesamte Unterricht an den Fortbildungs⸗ schulen nebenamtlich erteilt wurde, wirken jetzt etwa 200 hauptamtlich angestellte Lehrkräfte an Schulen dieser Art.
Zu den auf dem Gebiete des gewerblichen Unterrichts dem Handelsministerium erwachsenden Aufgaben sind neuerdings noch eine Reihe anderer, nicht minder wichtiger hinzugetreten, die unter der Bezeichnung Gewerbeförderung' zusammengefaßt zu werden pflegen. Diefen Maßnahmen, die vornehmlich darauf abzielen, den Handwerkerstand zu stärken und ihm soweit als möglich die Vorteile des Großbetriebes zuzuwenden, ist zwar schon früher in Preußen befondere Beachtung geschenkt worden, auch hat der Staatshaushaltsetat faft von Jahr zu Jahr erhöhte Mittel für diese Zwecke bereitgestellt; ein zusammenhängendes und planmäßiges Vorgehen in dieser Richtung wurde in dessen bisher dadurch wesentlich erschwert, daß es an den zur Ausführung und Ueberwachung der erforderlichen Maßnahmen geeigneten Organen fehlte. Nachdem letztere inzwischen in den Handwerkekammern ge— schaffen sind und auch der Landtag den Wunsch zu erkennen gegeben hat, die Gewerbeförderung nachdrüäcklicher als bisher zu betreiben, erscheint ein umfassenderes und planmäßigeres Vorgehen auch auf diesem Gebiete geboten. .
Die Töfung so mannigfacher und schwieriger Aufgaben wie der vorstehend aufgeführten ist dem Handelsministerium nur mit Hilfe eines auzreichen den, auf allen Gebieten der Technik durchaus erfahrenen Personals von Sachveiständigen möglich. Ein solches Personal steht aber zur Zeit dem Handelsministerium nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung und die bisherigen Einrichtungen genügen, wie die Erfahrung gezeigt hat, dem vorhandenen Bedürfnisse der Gewerbe— verwaltung nach technischer Beratung nur in unvolltommener Weise.
Es ist deshalb in Aussicht genommen, unter Beseitigung der technischen Hilfsarbeiterstellen in der Zentralinstanz, ein „Landes. gewerbeamt“ als neue kollegiale Behörde und als ein besonderes Organ des Handelsministers zu errichten und diesem einen ständigen Beirat“ von Sachverständigen anzugliedern. Es wird damit ein Weg eingeschlagen, der vom Landtag wiederholt empfohlen und auch in anderen Staaten, namentlich in Süddeutschland, mit Erfolg betreten ist. Während das Landesgewerbeamt die Aufgabe hat, den Minister bei Erledigung der laufenden Geschäfte in technischen Fragen ständig zu beraten, und ihn bei der regelmäßigen Beaufsichtigung der geweiblichen UÜnterrichtsanstalten und der der Gewerbeförderung dienenden Ein— richtungen zu unterstützen, soll in dem Beirat ein zur Begutachtung grundlegender Maßnahmen geeignetes Organ geschaffen werden, das der Gewerbeverwaltung hauptsächlich die beständige Fühlung mit dem praktischen Leben und seinen Bedürfnissen vermittelt. Das Landesgewerbeamt hat hiernach, dauernte staatliche Auf⸗ aben zu erfüllen; es ist eine mit laufenden geschäf lichen
unktionen betraute, dem Handelsminister unmittelbar unterstellte öffentliche Behörde, deren Mitglieder als Beamte ernannt und be⸗ stellt werden. Der Beirat hingegen tritt nur als beratendes Organ des Ministeriums auf, das in regelmäßigen Zwischenräumen berafen wird, um zu bestimmten ihm vorgelegten Fragen von grundsätzlicher Bedeutung und zu der Entwickelung des gewerblichen Unterrichts und der Gewerbeförderung im allgemeinen Stellung zu nehmen. Ihm follen daher — außer den Mitgliedern des Gewerbeamts — auch andere, auf begrenzte Zeit zu berufende Sachkundige angehören.
Ueber die Aufgaben und die Organisation des Landesgewerbeamts und des ständigen Beirats sei hier folgendes mitgeteilt: Das Landes gewerbeamt' hat darüber zu wachen, daß die vom Minister fest. gesetzten oder genehmigten organisatorischen Bestimmungen, Lehrmethoden und andere, den inneren Betrieb betreffende allgemeine oder besondere Anordnungen durchgeführt werden. Es kat zu prüfen und festzustellen, ob und inwieweit die bestehenden Einrichtungen ihren Zweck erfüllen oder aus welchen Gründen und nach welchen Richtungen in der Organt⸗ fation, der Unterrichtserteilung oder Auestattung Aenderungen oder Er⸗ gänzungen 1 sind; es soll sich über die Fähigkeiten und Leistungen der Direktoren und Lehrer, auf Grund sorgfältiger, fort—= saufender Ermittelungen und örtlicher Revisionen dauernd unterrichten. Auf dem Gebiete der Gewerbeförderung wird es bei der Einrich ung und technischen Beaufsichtigung der Meisterkurse, der Veranstaltung von Mo⸗ toren⸗ und Maschinenausstellungen, der Förderung des Genossenschasts⸗ wesens und der Ueberwachung der Lehrlingsausbildung beteiligt werden. Es hat ferner die im In. und Auslande erscheigenden, das gewerbliche Unter⸗ richtswesen und die Gewerbeförderung betreffenden Veröffentlichun gen iu fammeln und systematisch zu ordnen und endlich über die Entwickelung des gewerblichen Unterrichts und die Gewerbeförderung periodische Be⸗ richte zu erstatten. Das Landesgewerbeamt ist eine Kollegialbehörde. Gs bestebt aus dem Vorsitzenden und seinen Stellvertretern sowie ordentlichen‘, d. h. hauptamtlich und lebenslänglich, sowie außer ordentlichen ,. d. h. nebenamtlich und auf eine bestimmte Amlspericde anzustellenden Mitgliedern. Die Berufung außerordentlicher Mitglieder soll die Möglichkeit bieten, für die laufende Verwaltung diejenigen tech nischen Kräfte zu gewinnen, die für Gebiete erforderlich sind, in deren Bearbeitung ein hauptamtliches Mitglied keine genügende Beschäftigung sinten würde. Zugleich bietet sich die Möglichkeit, Vor sorge dafũr ju treffen, daß die Bearbeitung derjenigen technischen Fächer, die im Landesgewerbeamt durch Mitglieder im Hauptamt vertreten sind, nicht ausschließlich durch den Einfluß eines einzelnen technischen Mit: gliczz bestimmt wird. Zu dqußerordentlichen Mitgliedern sind auf einzelnen Spezialgebieten, besonders erfahrene Fachschuldirektoren Regierungs⸗ und Gewerbeschulräte und andere Fachmänner in Aut sicht
enommen. Der Vorsitzende und die ordentlichen Mitglieder des mts sollen vom König, die Stellvertreter des Vorsitzenden und dle außerordentlichen Mitglieder vom Minister ernannt werden.
Bei der Besetzung der Stellen für die ordentlichen Mitglieder des Landes gewerbeamts können nur solche Persönlichkeiten in Frage kommen, die den in den Schulen zu behandelnden Lehrstoff völlig beherrschen, die Lehrpläne den Bedürfnissen des praktischen gewerblichen Lcbens anzupassen, die verschiedenen Lehrbücher, Lehrmittel und Lehr⸗ methoden in ihren Vorzügen und Mängeln zu würdigen und auf ibrte Brauchbarkeit zu beurteilen, endlich die Lehrkräfte auszuwählen richtig n verwenden und anzuleiten verstehen. Sie müssen daher über rei Erfahrungen auf kem Gebiet des Schulwesens und über umfassende und gediegene Fachkenntnisse verfügen. Vorläufig ist die Begründung von 6 Stellen beabsichtigt, die je mit einem Fachmann für das Ban, das Metall, das Textil, das Kunstge werbe, einem Schulmanne und einem auf dem Gebiet der Gewerbesörderung besonders erfahrenen Beamten besetzt werden sollen.
(Schluß in der Dritten Beilage.)
Dritte Beilage
zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
M 9.
Berlin, Mittwoch, den II. Januar
1905.
(Schluß aus der Zweiten Beilage.)
Cine Ergänzung findet das Landes gewerbeamt im „ständigen Beirat“, dem neben den ordentlichen Mitgliedern des Landes gewerbe⸗ Ants Sachberständige angehören sollen, die vom Handelsminister aus den verschiedensten Fachgruppen und Interessentenkteisen berufen werden. Außerdem sollen die an den gewerblichen Schulen interessierten Zentral⸗ deh orden eingeladen werden, sich durch Vertreter an den Verhandlungen zu beteiligen. Der ständige Beirat soll in allen Fragen von grund—⸗ saͤtz licher und allgemeiner Bedeutung mitwirken. Er zerfällt in eine eifzemeine Abteilungg! und in. Fachabteil un gen? Während in letzteren nur Fragen jur Erörterung gelangen, die eine bestimmte Fachschulgattung betreffen, sollen in der all— gemeinen Abteilung auch solche Maßnahmen besprochen werden, die nebrere oder alle Fachschu len, gemeinsam berühren. Die all:. gemeine Abteilung. soll alsbald gebildet und minzestens all zwei Fahre berufen werden um zu wichtigen Neuerungen allgemeiner Natur, Fie auf dem Gebiete des gewerblichen Unterrichts und der Gewerbe— földerung geplant sind, Stellung zu nehmen; auch soll sie berechtigt ein, auf Mängel in der Organisation, den Lehrplänen, Lehrmethoden und sonstigen Einrichtungen aufmerksam und gerignete Vorschläge zu ihrer Abhilfe zu machen. Von den Verwaltungsberichten des Landes.
ewerbeamts erhält sie regelmäßig Kenntnis. Die Fachabteilungen eiten, sobald ein Bedürfnis dazu hervortritt, gebildet und einberufen werden.
Die Mitglieder des Beirats erhalten für ihre Tätigkeit keinerlei Vergütung, wohl aber eine Entschädigung für die Reisekosten und zußer dem Tagegelder; Staatzbeamte bekommen Reisekosten und Tage. gelder nach den gesetzlichen Bestimmungen. Im übrigen sollen die für die Geschäftsführung des Landes gewerbeamts und des ständigen Beirats erforderlichen Bestimmungen durch eine Ausführungtanweisung des Handelsministers getroffen werden. .
Als natürliche Folge der Begründung des Landesgewerbeamts er⸗ gibt sich die Aufhebung der ständigen Kommission fuͤr das technische Üünterrichtswesen und der Uebergang der Aufgaben der technischen Zentralstelle für Textilindustrie, sowelt sie sich auf die Beaufsichtigung Der Textilschulen erstrecken, auf das Landesgewerbeamt und den ständigen Beirat. Die Verwirklichung der vorstehend gekennzeichneten Pläne bedingt eine Mehrausgabe von 61 290
Die Einrichtung eines dritten Regierungsbezirks
in der Provinz Ostpreußen
mit dem Sitz der Regierung in Allenstein, die im Etat des Finanzministeriums für das Rechnungejahr 1905 vorgesehen ist, wird un einer diefem Etat beigegebenen Denkschrift eingehend begründet, der wir folgendes entnehmen; ⸗
Die fortdauernd ungünstige wirtschaftliche Lage der Provin; Ast⸗ preußen, die sich unter anderem in der bedrohlichen Abnahme der Be⸗ bölkerung namentlich des platten Landes zeigt, macht der Staatsregierung eine besondere Fürforge und ihren Organen eine intensivere Tätigkeit zur Pflicht. Eine erfolgreiche Tätigkeit der Regierungen und namentlich shrer Präfidenten erfordert in dieser Provinz noch mehr als in anderen Tandesteilen eingehende Kenntnis der örtlichen Verhältnisse und ständige Fühlung mit der Bevölkerung ihrer Bezirke, die Entfaltung einer auf ununterbrochene lebendige Anschauung gestützten Initiative und fort⸗ währende unmittelbare Mitarbeit. Diese eingehende und fürsorgende Tatigkeit wird in hohem Maße erschwert durch die großen Ent— sernungen vieler Kreife von den Regierungssitzen. Besonders für den Regierungsbezirk Königsberg ist aus diesem Grunde eine Ver⸗ kleinerung dringend erforderlich. Er ist an Flͤchenumfang (ll Sk7 ha) der größte Bezirk der Monarchie, größer als die Probinzen Schleswig- Holstein (mit 1909 369 ha) Westfalen (mit 3021061 Fa und HDessen. Nassau (mit 1569 8338 ha). Sein Flächeninhalt übersteigt die Durchschnittsgröße aller Regierungsbezirke üolgi7 ha — bei Nichteinrechnung von Sigmaringen und dem Stadtkreis Berlin) um mehr als daz Doppelte. Auch der Regierungs⸗ besirk Gumbinnen ist an Fläche (1588 572 ha) größer als die ganze Probin; Heffen Raffau und übersteigt die Durchschnittsgröße der Regi erungebezirke um mehr als die Hälfte.
Es erscheint hiernach notwendig, unter Verkleinerung der jetzigen beiden, räumlich zu weit ausgedehnten und auch geschäftlich über⸗ lasteten Regierungebezrke in der Provinz eine dritte Regierung einzurichten. deren Bezirk in der Hauptsache die masurischen Rreife umfaßt, und jwischen diesen, jetzt von den Regierungs— sitzen viel zu entfernt belegenen Teilen der Provinz und ihrer Regierungsbehörde diejenige nahe Berührung herzustellen, welche für die dort zu lösenden. Aufgaben Vorbedingung ist. Für die dritte Reglerung wird ein Sitz zu wählen sein, der inmitten Biefer einer befonderen Förderung bedürftigen masurischen Teile im Süden der Provinz belegen ist. Als solcher bietet sich nach Lage, Größe und Verkehrsverbindungen die Stadt Allensteln dar, in der guch die Möglichkeit vorhanden ist, die neue Regierung alsbald und bis zur Beschaffung eigener Geschäftsräume mietweise unterzubringen.
Der neue Bezirk soll unter Berücksichtigung des Gesichtspunkts, daß für alle seine Teile der Regierungssitz möglichst schnell und leicht zu erreichen fein muß, aus den Kreisen Osterode, Allenstein, Neidenburg, Rösfel und Ortel sburg des jetzigen Re⸗ ,, Königsberg und aus den Kreisen Sens
urg, Lötzen, Lyck und Johannisburg des Bezirks Gum binnen 3 werden. Daneben wird der jetzt zum Beiirk. Königsberg, gehörige Kreis Memel dem K Gambinnen zuzuweisen sein, um den Regierungsbezirk Königsberg zu entlasten und diesen Kreis in denjenigen Verwaltungsverband zu bringen, dem er seiner geographischen Lage nach zugehört. Hiernach würden die zukünftigen Regierungsbezirke umfassen; I) Königsberg 14 Kreife mit 131558 4km und Sl 302 Einwohnern 2) Gumbinnen 15 w ö 3) Allenstein . ö 519626 3
Die Bildung eines verhältnismäßig kleinen, im wesentlichen auf das Gebiet der alten Landschaft Masuren beschränkten dritten Re— en fbr. dem übrigen im Stadtkreise Allenstein in naheliegender Zukunft noch ein zehnter Kreis zuwachsen wird, ist geboten, weil dieser Bezirk, von Natur arm und kulturell zurückgeblieben, dauernd einer besonders wirksamen Fürsorge der Regierung und ihres Präsidenten im hächsten Maße bedürfen wird,
Die Durchführung der Maßre el wird zum 1. Oktober 1905 durch eine Allerhöchste Ordre des önigs erfolgen, nachdem die er⸗ n, . Mittel dazu von den Höäusern des Landtags der
onarchie bewill gt sein werden. Daher sind in den vorliegenden Etats⸗ entwurf eingestellt: 1 in das Ordingrium 52 0090 M als Pausch—⸗ e,. für persönliche und sächliche Kosten. Daraus sollen be— tritten werden: Gehälter, Stellenzulagen und Wohnungegeldzuschüsse für die Beamten, die nicht von anderen Regierungen, besonders denen in Königsberg und Gumbinnen, übernommen werden können . 22 000 M), und ferner Miete, Heizung und Bureau⸗— edürfnisse, soweit letztere sich nicht aus Ersparnissen der Regierungen in Königsbecg und Gumbinnen decken laͤssen rund 30 000 6). Die erstmalise Regulierung des laufenden Bedarfs für ein volles Jahr unter Verteilung auf die verschiedenen Etatetitel kann erst bei der nächstjährigen Ctatsaufstellung geschehen. II. in das Extraordingrium 48 0060 M für Beschaffung von Einrichtungsgegenständen, soweit solche
nicht von Königsberg und Gumbinnen übertragen werden können, für bauliche Aenderungen in den anzumietenden Häusern und eventuell Entschädigungen an Mieter dieser Häuser für Ausmieten.
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.
Aus dem Jabrbuche der Mepijinalverwaltung in Elsaß ⸗Lothringen
(1. Band, Jahrgang 1903 und 190.
Bewegung der Bevölkerung. Die Einwohnerzahl betrug in Elsaß Lothringen nach dem Ergebnis der letzten Volkszählung 1719 476. Lebendgeboren wurden im Jahre 1951 53 331 (1902: 52718 — 315 GoGT7)) Yoo d. Er gegenüber 305 im Mittel der Jahre 1893 bis 1897. Der Geburtenü erschuß belief sich auf 19 360 (19 1069) Seelen. Totgeboren wurden 1456 (1467) Kinder ehelichen und 157 (157) außerehelichen Ursprungs, sodaß auf je 190 Geburten 3, 0 (3,0) Totgeburten kamen, gegenüber 32 im Mittel der Jahre 1893 bis 1897. Auf je 10 0600 Einwohner kamen 253,5 (22,5) außer- ehelich geborene Kinder lebend⸗ und totgeborene), dagegen 26,1 im Mittel der Jahre 1553 bis 1897. Gestorben sind ausschl. der Tot geborenen 3621 (35 sog) Personen — 188 (1935) 0 d. Es während iim Mittel der Jahre 1893 bis 1897 nech 21,8 auf je i000 Ein— wohner gestorben waren. Im ersten Lebensjahre starben 9204 (9421) — 17,2 (17,9) auf je 100 Lebendgeborene; dagegen waren im Mittel der Jahre 1853 bis 1897 auf 100 Lebendgeborene 193 Kinder des ersten Lebensjahres gestorben.
Todesuürfachen. Im Jahre 1901 starben an Typhus 266 (1907: 169, Kindbettfieber 70 (62), Diphtherie und Krupp 337 (303), Masern und Röteln 412 (444), Keuchhusten 383 (617), Scharlach 81 i277), Lungenfchwindsucht 3762 (3727), Krankbeiten der Atmungs— organe einschl. Influenza 5böt (5534), an Krebs oder anderen Ge— schwülsten 1440 (1414), n en, 14086 (1414), akuten und chronischen Magen. und Darmkrankheiten 3830 3734), Herzfehlern, Nierenleiden und? Waffersucht 3163 G124) Personen. An unbekannten Todes- ursachen starben 169 (161), an Altersschwäche 3812 (3732), an Lebensschwäche 3786 (3733), durch Selbstmord 274 (243) und nach oder bei Unglücksfällen 926 (881) Personen.
Als anzeigepflichtig wurden im Jahre 02 von Scharlach 1213 (19603: 1691), Diphtherie 1653 (1275), Typhus 973 (2089), Kindbettfieber 100 (139), . O (27), Ruhr 5. (832 Fälle ge meldet. Ueber die 27 in Elsaß Lothringen während des Jahres 1803 beobachteten Pockenfälle enthält der Bericht eingehende Mitteilungen.
Die ärztliche Staatsprüfung bestanden im Prüfungsjahre 1901562 (1960203) 60 (60) Kandidaten der Medizin; die Approbation
als Zahnarzt erhielten 5 (3) Kandidaten. Das Hebammenprũfungs⸗ zeugnis wurde im Jahre 1962 an 41 Schülerinnen, im Jahre 1903 an 39 erteilt. Die Zabl der Apotheker betrug in jedem der beiden Berichtsjahre 244, die Zahl der bestehenden Apotheken ist im Berichts- zeitraume nicht vermehrt worden. Die Approbation als Apotheker erhielten 18 (27) Kandidaten.
GJ Durch das chemische Labo⸗ ratorium in Metz wurden 172. durch dasjenige in Straßburg 2421 Untersuchungen während des Jahres 1902 ausgeführt; von letzteren entfielen 2255 auf Nahrungsmittel, Genußmittel und Gebrauchs⸗ gegenstände, 18 betrafen das Gebiet der Gesundheitspflege; dazu kamen 112 technische und 36 gerichtliche Untersuchungen. — Dem Laboratorium der Kaiserlichen Polizeidirektion zu Nc ist während der Berichtszeit die Untersuchung aller im Bezirk Lothringen auf Grund des Gesetzes vom 24. Mai 1901 entnommenen Weinvroben übertragen, die bisher daselbst stattgehabte Untersuchung des Wasser⸗ leitungswassers wird dagegen von 1903 ab in der neubegründeten bakteriologischen Anstalt vorgenommen.
Impfwesen. Im Jahre 1991 wurden von 449085 (19802: 48 308) Erstimpflingen 83,8 (86,4) mit Erfolg, 5,9 (5, ) ο ohne Erfolg und 0,3 (O2) G mit unbekanntem Erfolg geimpft; ungeimpft blieben wegen Krankheit 63 (O8) o, wegen Abwesenheit 1.1 (1,3) 0 und infolge vorschriftswidriger Entziehung 2,8 (2.2) so. Von 34 762 (34 852) Wiedergeimpften wurden 85,2 (85, I) o mit, 11,8 (12,2) oso ohne und O2 (O 3) G mit unbekanntem Erfolge geimpft; ungeimpft blieben 12 (O 8) Mο wegen Kranlheit, 10 (1,1) Sso infolge Abwesenheit und O6 (O,) o/o infolge vorschrifigwidriger Entziehung.
Wasserversorgung. Die Trinkwasserverhältnisse wurden viel⸗ fach durch Neuanlage von Wasserleitungen oder Erweiterung und Verbesserung der bestehenden gefördert. Aus Anlaß der verstärkten Typhusbekämpfung wurden u, a. in Straßburg zahlreiche Brunnen besichtigt und deren Wasser bakteriologisch untersucht, wonach in den meisten., Fällen die Brunnen geschlossen wurden. Die sonstige Tätigkeit der seit 1902 errichteten bakteriologischen Arbeits⸗ stätken zur Typhusbekämpfung wird im Bericht bereits kurz erwähnt.
Türkei.
Der internationale Gesundheitsrat in Konstantinopel hat folgende Verordnung erlassen:
Von Suez eintreffende Schiffe unterliegen, falls sie Passa⸗ giere an Bord haben, einer fünftägigen Quarantäne, im andern Falle einer vierundzwanzigstündigen Beobachtung, außerdem in beiden Fällen einer strengen Desinfektion und der Anwendung des Reglements über die Vernichtung der Ratten und Mäuse auf Schiffen. Diese Maß— nahmen haben in einem türkischen Lazarett zu erfolgen. (Vergl. R. A.“ vom 2. d. M. Nr. 1.)
*.
Stand der Tierseuchen in Oesterreich am 31. Dezember 18904. (Nach den vom K. K. österreichischen Ministerium des Innern veröffentlichten Ausweisen.)
233 Milz⸗ Lungen Klauen hrand seuche
seuche
TL änder
Pocken
uf Schwelne Raude . . pest Blachen. Tollwut brand S , Schweine ausschlag Schweine euche)
Niederösterreich .. Oberösterreich ... Saljburg Stesermark ... Kärnten
Krain
Küstenland .... Tirol Vorarlberg...
Schlesien Galizien Bukowina .... Dalmatien...
11 — 1111111111
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1
Handel und Gewerbe.
Nachdem die Arbeiten des internationalen Preis⸗ gerichts auf der Weltausstellung in St. Louis ihren endgültigen Abschluß gefunden haben, ist man nunmehr damit beschäftigt, die Ausstellung der Diplome und Medaillen, sowie die Veroͤffentlichung einer offiziellen und endgültigen Liste der erteilten Auszeichnungen vorzubereiten. Da mehr als 30 000 Preise sowie mehrere Tausend Mitarbeiterpreise verliehen worden sind, und zwar an Aussteller aus 60 ver⸗ schiedenen Ländern mit einer großen Anzahl verschiedener Sprachen, so handelt es sich dabei um eine mühsame und langwierige Arbeit. ;
Während es bei früheren Ausstellungen üblich war, auf dem Diplom außer dem Namen und Wohnort des prämiierten Ausstellers lediglich die Gruppe anzugeben, in der die Prä— mierung erfolgt war, soll diesmal der Gegenstand, für den der Preis verliehen ist, kurz bezeichnet werden. Das Diplom gewinnt dadurch an Bedeutung, seine Herstellung erfordert aber vermehrte Arbeit. Der Reichskommissar hat in den mit der Durchsicht des endgültigen Verzeichnisses der Preise be⸗ trauten Ausschuß einen Beamten entsandt, um eine Gewähr zu haben, daß die auf Deutschland gefallenen Auszeichnungen auch in der Form — Firmennamen, Wohnort — richtig ausgestellt werden. Die Veröffentlichung des Ver—⸗ zeichnisses steht für Ende Januar d. J. zu erwarten. Der Entwurf für das Diplom rührt von dem amerikanischen Maler Low her, der auch das Diplom für die Weltausstellung in Chicago gemacht hatte. Die bildnerische Ausschmückung des Diplomtextes ist in edler und einfacher Form gehalten. Eine beachtenswerte Neuerung ist es, daß die Medaillen für jeden der vier Grade eine andere Form erhalten werden. Die Medaille des Großen Preises wird die Gestalt eines Kreuzes, die Goldene Medaille die eines Schildes haben, während die Silberne Medaille ein Viereck ist und nur die Bronzene Medaille die übliche runde Form hat. Die Prägung erfolgt in der staatlichen Münze in Philadelphia. Das Material der unentgeltlich verliehenen Medaillen ist Bronze. Gegen Erstattung der Kosten kann die Ausprägung in Silber oder Gold verlangt werden. — Es wird sobald als möglich eine Abbildung der Medaillen und des Diploms in Deutschland bekannt gegeben werden. Die Aushändigung der Medaillen und Diplome selbst erfolgt durch den Reichskommissar, wird
Zahl der verseuchten Orte:
1
22
LX S- II IX CIC S
sich jedoch, ebenso wie nach der Ausstellung in Paris, noch längere Jeit hinausziehen, da der Druck der Namen auf den zahlreichen Diplomen und die Prägung der Medaillen geraume Zeit erfordert. Die Ausstellungsleitung hofft, die Auszeich⸗ nungen noch vollzählig bis zu dem Ablauf des Jahres 1905 verteilen zu können.
1 L NI I N, , de! d & 11 . LG I el III II
101 I III Et! e
(
(Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten Nachrichten für Handel und Industrie“) Oesterreich⸗Ungarn.
Aufgeld bei Zollzahlungen in Silber., Durch Verord;. nung des österreichischen Finanzministeriums ist im Einvernehmen mit dem ungarischen Finanzministerium für den Monat 1905 festgesetzt worden, daß in denjenigen Fällen, in welchen bei Zahlung von Zollen und Nebengebübren, dann bei Sicherstellung dieser Abgaben statt Gold⸗ gulden Silbergulden zur Verwendung kommen, ein Aufgeld von 195 v. H. in Silber zu entrichten ist, (Verordnungeblatt für den Dienst⸗ bereich des K. K. Finanzministeriums.)
Schweden.
Neue Zolltarifausgabe. Der schwedische Zolltarif nebst Taratabelle in der vom J. Januar 19605 ab geltenden Fassung ist im Dezemberheft des ‚Deutschen Handels -A Archivs. für das Jahr 1904 mitgeteilt. Sonderabdrücke können im Wege des Buchhandels sowie von dem Verlag der genannten Zeitschrift, der Königlichen HSofbuch⸗ handlung von E. S. Mittler u. Sohn hierselbst, Kochstraße 63/71, zum Preise von 1 ( bezogen werden.
Vereinigte Staaten von Amerika und Panama.
Abkommen über den Handel Panamas mit der Kanal zone. Laut Mitteilung im „Board of Trade Journal“ ist zwischen den Vereinigten Staalen von Amerika und der Republik Panama ein Abkommen geschlossen worden, wonach zwischen Panama und der Kanal zone Freihandel bestehen soll. Die Häfen von Ancon und Cristebal sind jedoch nur für Durchfuhrwaren und für Materialien zum Bau des Panamakanals geöffnet. Waren, die in die Republik Panama oder in die Kanalzone zum Verbrauch eingeführt werden, sind mit 105 v. H. (Gold) des Werts zu verzollen. In dem Abkommen ist ferner dorgesehen, daß gefundheitliche und Qugrantänevorschriften in ben Häfen ' von Banama und Colon unter der Aufsicht der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika stehen sollen.
Die Republst Panama hat sich verpflichtet, die Hafen! und Post⸗ gebühren herabzusetzen und die Goldwährung einzuführen.