1905 / 12 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 14 Jan 1905 18:00:01 GMT) scan diff

Deutscher Reichstag. 117. Sitzung vom 13. Januar 1906, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Tagesordnung: Fortsetzung der zweiten Beratung des Reichshaushaltsetäts für 1905 bei dem Ausgabetitel „Gehalt des Staatssekretärs“.

Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der , Nummer d. Bl. berichtet. Nach dem Abg. Himburg ( kons.) nimmt das Wort der

Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieberding:

Meine Herren! Ich glaube nicht, daß ich nach der Stimmung in Bundesratskreisen, soweit sie mir bekannt ist, dem Herrn Vorredner eine ihm willkommene Antwort erteilen darf. Die Sache liegt ja so, daß grundsätzlich bei der gesetzlichen Regelung der Kostenpflicht in Privatrechtssachen davon ausgegangen wurde, daß die Kosten nicht der Staat, sondern der Privatbeteiligte zu tragen hat. Würden wir nun in gewissen Fällen die Kosten dem Privatkläger ab⸗ nehmen und auf die Staatskasse bringen, so würde es aller⸗ dings dahin kommen, daß dieser grundsãtzliche Standpunkt untergraben wird und in gewissen Fällen eben der Staat an die Stelle der Privatinteressenten treten muß. Es würde aber auch die weitere Folge eintreten, daß die Zahl der Prozesse, die ju keinem materiell befriedigenden Resultat führen können, weil der Ver⸗ urteilte nichts hat, sich voraussichtlich erheblich vermehren wird. Denn manche Leute würden sich, auch wenn sie nicht ein augenblicklich dringendes Interesse haben, doch versucht füblen können, auf alle Fälle hin ein Urteil zu ihren Gunsten zu erstreiten, und, da sie jetzt unter Um⸗ ständen in dieser Beziehung Kosten zu zahlen haben, dann aber gar keine Kosten zu tragen haben würden, so würde das die Neigung zum Prozessieren auf Kosten der Staatskasse einigermaßen doch erleichtern. Ich glaube, wie die Dinge in Deutschland liegen, haben wir keine Veranlassung, nach dieser Richtung hin irgend welche Neigungen des Publikums zu begünstigen.

Nun, meine Herren, verstehe ich ja vollständig, daß im einzelnen Falle es schmerzlich empfunden wird, daß man zwar sein Recht er— streitet, aber dieses Recht, wegen der Mittellosigkeit des Verurteilten, nicht realisieren kann, weil eben der Verurteilte nichts hat, und dann obendrein noch an den Fiskus Kosten zahlt. Ich halte es aber doch nicht für richtig, hier von einem unwürdigen Zustand zu sprechen. Dieser Zustand besteht in Preußen seit der allgemeinen Gerichts⸗ ordnung, und es hat sich, sobiel mir bekannt, bisher das Volk daran nicht gestoßen. Die preußische Kostengesetzßzebung vom Jahre 18651 hat denselben Grundsatz beibehalten, und wenn die Reichsgesetzgebung ibn ebenfalls angenommen hat, so hat sie sich nur angeschlossen an einen Zustand, der wenigstens in Preußen schon mehr als zwei Menschenalter bestand. Wenn Sie, meine Herren, vergleichen, wie günstig bezüglich der Kostenfrage der Kläger in Zixilsachen bei uns gestellt ist gegenüber den entsprechenden Zuständen im Auslande, so würden Sie, glaube ich, nicht einmal sagen können, daß unsere Gesetzgebung auf dem Gebiete des Kostenwesens unbillig sei, geschweige denn, daß die von dem Herrn Redner bedauerten Vorschriften un⸗ würdig seien; das muß ich nach der historischen Entwickelung unseres Kostenwesens während eines ganzen Jahrhunderts entschieden bestreiten.

Abg. Himburg: Wenn der Staatesekretär meint, daß durch die vorgeschlagene Aenderung die Zahl der Prozesse sich vermehren würde, so kann ich das nicht zugeben, denn wenn es sich um einen Bemittelten handelt, würde die Staatekasse doch nicht die Kosten zu fragen haben. Der Mittellose aber klagt auf Grund des Armenrechts.

Abg. Lenzmann (fr. Volksp.): Als oldenburgischer Richter und Anhänger unserer Partei wird der Abg. Bargmann nachher seinen Standpunkt vertreten. Ich selbst stimme in das allgemeine Ver⸗ dammungsurteil des Herrn Stadthagen über die oldenburgischen Minister famt und sonders nicht ein; aber für so rosig halte ich doch das Bild nicht, wie der oldenburgische Bundeskommissar es gestern malte. Es hat auch ganz gewaltige Schatten. Zunächst ist ki. Vernehmung des Justizministers Ruhstrat als Zengen mindestens recht bedenklich gewesen. Allerdings ist er nur gefragt worden, ob er in den letzten zehn Jahren hasardiert babe. Das mag nach seiner Meinung allerdings nicht geschehen sein, aber da er als Jurist weiß, daß ein Jeuge, auch ohne gefragt zu sein, alles fagen muß was von Belang ist, so hätte er sagen müssen, daß er in den letzten Jahren nur gevokert habe. Der Bundeskommissar nennt die Summen fo winzig, daß man es nicht hasardieren nennen könne. Aber nach meiner bescheidenen finanziellen Auffassung kann man diese Summen hoch nennen. Es mag ja fein, daß Herr Ruhstrat das Pokern nicht zum Hasardspiel rechnet. Aber er weiß doch, das Gastwirte wegen Duldung des Pokerns als eines gewerbzmäßigen Hasardspieles bestraft worden sind. Ich kenne ziemlich viele Hasardspiele und meine, daß eins der ersten das Pokern ist. Es ist eigentlich das Hasardspiel ker exochen der Pferdebändler. In Westfalen nennen wir es Bluffen, well es eine Art Schwindel ist; in Westfalen hat man nie daran gedacht, daß es kein Hasardspiel sei. Ich bin damit einverstanden, daß die oldenburgischen Richter mit bestem Gewissen sich für un⸗ befangen hielten. Wenn es aber die öffentliche Meinung war, daß über den Justizminister nicht seine eigenen Instizbeamten zu Gericht sitzen dürfen, so war das ein erklärliches Gefübl. Die Sache muß man nicht sormalistisch behandeln, sondern vornehm. Ich habe nie einen Richter perhorresziert, aber in einem kleinen Bundesstaat erlebt, daß das Gericht mich verhorreszierte; als ich dann mit Niederlegung der Verteidigung drohte, perhorres zierten sich schließlich die Richter selbst Sie machten also vornebm von diesem nobile officium selbst Gebrauch. Dadurch kai der Fall zum Glück an ein preußisches Gericht. Hätte das oldenburgische Gericht die Perhorreg enz anders behandelt, so wäre vielleicht erreicht, was der Bundes kommissar sagte, daß der Minister Rubftrat makellos und von jedem Tadel ge— reinigt hervorgegangen sei, weil der Angeklagte ein Jahr Gefängnis bekommen hat Die Ansicht des Kommissars wäre richtig, wenn das Urteil von einem anderen Gericht etwa im Namen der Freien Stadt Lübeck oder des Königs von Preußen gesprochen wäre. Mit dem Urteil des oldenburgischen Gerichtes über den oldenburgischen Minister können Sie Juristen etwas keweisen, aber dem Volke nicht. Hert Erzberger bat vorgestern den Fall Hüssener besprochen, aber der Staate sekretär verwies ihn an ein anderes Ressort. Deshalb habe ich, um nicht von Pontius zu Pilatus geschickt zu werden, dem Kriegs⸗ ministerlum mitgeteilt, daß ich den Fall Hüssener besprechen wärde, und . daß der Kriegsminister selbst erscheinen oder seinen bekannten chneidigen Vertreter, den Kriegsgerichtsrat RKomen berschicken möchte. Zu meinem Bedauern sehe ich nur den Staatssekretãr des Reichs Iistiamts bier und er schüttelt mit dem Kerf. das ist auch eine Art Abfuhr. Der Fall Hüssener gehört nur scheinbar zur Militärjusti; und bis dieser Etat berankäme, würde die Aktualität des Falles reduziert Außerdem gehört er zum Ressort des preußischen Justij⸗ ministers, da wir aber niemals das Vergnügen haben, diesen bier zu sehen, so wende ich mich an das Reichs justizamt. Gerade dieser Fall beweist die Notwendigkeit der baldigen Emanatisn eines Strafrolliugẽgesetzes. Zudem wird die Freibeitsstiafe nicht an einem Offizier, sondern an einem ganz gewöhnlichen Zivil⸗ menschen volsstreckt; denn Hüssener ift mit schlichtem Abschied entlaffen. Der Fefstungskommandant hat lediglich die Hausordnung

vom Stantsanwalt erfolgt. und Antwort stehen, warum anders behandelt als andere. allen Schichten sehr bewegt.

der an dem Leben e

Richtertum.

keine Notwehr, lassen. Abwehr zu machen, geht nicht an. Weiß der wehr die Abwehr eines rech

Urteil gebracht werden,

schlazen laffen will. Das muß das Rech

photograpbleren lassen

ftreng verboten ist. Er hat zwar gespielt, aber dagesessen und gezecht. nur in äußerst dringlichen Grund liegt nicht vor. er doch keinen Urlaub.

mehrfach Kirchenurlaub erbeten,

Der Mann hat

Fier nicht zu den Ungläubigen, sondern zu den Mann eine Spur sitilichen Gefühls hätte,

Das bieß nicht Menschen, sondern Gott belügen. Bild im Original gefehen. Darauf steben der

meister. stellen, und Sie haben seine Figur abgeschnitten. Sie zu den Sonialdemokraten) ihr Maierial,

worden, wie es das FGesetz erfordert. Ich schärfung der Festungestrafe gegen Hüssener, gar nicht; wir müssen eine Strafart baben, und unnötige Freiheitsbeschränkungen folche Strafart ist die Festungestrafe. Di mäßig angewendet werden, Journalisten. weiß, wie unterschiedlich diese auf der ein Konservativer wegen Beleidigung des R baft verurteilt würde, ũ werden als ein Sozialdemokrat. für notwendig balten, darum gefetzliche Regelung des Strafvolliuges.

fordern wir

dem Gesetz ein Schnirpchen schlagen können

eine oder die andere Person hanzelt. feinen Abschluß gefunden, nämlich gegen

rtei wollte den Reichskanzler

gegen diesen edlen Grafen nicht anwenden. erkläre ich, daß wir eine solche da sie gegenstandaꝛlos geworden ist. Die mit dieser Sache beauftragt, weil ich nach

man mich für einen

(Zurufe bei den Antisemiten: Na, na!) Antisemit zu sein, bin ich nicht ungerecht genug. Graf nicht zu tragisch nehmen, vielleicht aber haben indem unfer in Aussicht gestellter Antrag scho

diesen? Reichs grafen Päckler einzuschreiten. D ein erfreuliches Resultat gehabt, als er dargeta nicht verrückt ist. Sein Geisteszustand daß die Götter vergebens dagegen wahnsinn leidet er jedenfalls nicht,

denn

Stoecker.

pflicht, Beim Grafen Päckler haben wir eine Sprache kennen gelernt.

zu drei Tagen Haft verurteilt worden ist, er

kat, oder auch vielleicht im Wege der Begna dann wird er einfach wieder seinen Klepper be wie der Ritter von der traurigen Denunzianten, wir gönnen jedem Gnade, auch d

eine Juden mit Meauersteinen zu bewe die Höchste Gnade zuteil würde, vielleicht nicht mehr so denken,

Maße zu bedauern. In der Presse ist die schn

silium abesundi gegeben.

feinen Minister so ungern entbehren würde, Nieberding. Er will das Beste, und wenn er fo liegt das nicht an seinem Willen, sondern Faktoren, über die er nicht Herr werden kann. daß unsere Forderungen ni

dem Auge verlier. Unsere Regelung des Strafvollzjugs.

eini

k wa nun auf die Antwort der Regierun einmal die Vorstudien zu einer nicht in der Schwierigkeit der Wenn man sFparen will, dann stelle man doch baue keine Paläste usw. Die wenn die Strafvollstreckenden dem Gesetz ein Möge der Staatsekretar ũber schreiben lassen Reichsstraf vollstreckungsgesetz Verfolgung dieses Planes seine blicken und sich nicht

zu wahren. Häüffeners Beurlaubung ist auch nicht von ihm, sondern

90

Wenn er diefen Plan zur Ausführung bring

Das Reichsjustizamt 3 uns Rede man diesen simplen

Der Fall Hüũssener Das Urteil erster Instani,

. zu entehre dieses hat es nicht verstanden, strafe davonkam. Ich war selbst lange spekt vor richterlichen Urteilen und rteile verunglimpfen aus Haß gegen das Aber manche Gerichtsurteile fordern zur Kritik heraus, wie z. B. in dem rar um die 9 des Juchten⸗ Knutenmannes sowie dem Dessauer Prozeß. enn in dem letzteren der Kriegsgerichtsrat den Begriff der Notwehr sojusagen aus seinem wissenschaftlichen Lexikon streicht und meint, . o möge er sich feine Examengebühren zurückgeben Aber in Urteil die fubtile Distiaktion zwischen Notwehr und

stswidrigen Angriffes ist? dauerlich, daß solche Leute der Rechtsprechung dienen und mit Hilfe von alen, die um der schönen Augen des Juristen willen zu ihrem einen Soldaten fünf Jahre ins Zuchthaus bringen, weil er sich von einem betrunkenen Unteroffizier nicht tot-⸗

Im vergangenen Jahre hat sich Hüssener in Koblenz demonstratiy und man wußte, in dem bekannten Wirtshaus bon Wiemann Unter dem Stern an der alten Moselbrücke verkehrte, obwohl Festungs gefangenen das Besuchen von öffentlichen Wirtschaften und Vergnügungs lokalen reglementsmãßig nicht Poker oder Urlaub soll den Gefangenen Fällen erteilt werden. l Um seinen Durst zu löschen,

ihn aber benutzt, um Wirtshaus zu gehen und zu kneipen Zwischenrufes, ich spreche ja

sein Gewissen beruhigen sollen aber nicht den Urlaub jum Kneipen benutzen.

Herr Hüssener. Urfvrünglich war aber noch ein Vierter darauf, ein Maurer⸗ Sie (nach links) haben nicht den Mut gehabt, den mit bloßju⸗

Anstatt der Sache nach⸗ zuforschen, ihr auf den Grund zu geben, bringen Sie Uebertreibungen vor, und dann ist es kein Wunder, daß Sie so wenig erreichen. Jeden. falls ist die gegen Hüssener erkannte Freiheitsstrafe nicht so vollstreckt

der Ehrlosigkeit vollständig ausgeschlossen ist, vermieden

auch gegen andere Stände, Wer jemals mit Preßsündern zu tun gehabt hat,

r Festung behandelt werden. Dem Reichstag wohnt doch eine gewisse Majestät bei; wenn nun

so würze er gewiß ganz anders Weil wir gleichmäßige Behandlung

. Es beleidigt das Rechtẽ⸗ bewüßtsein des Volkes, wenn es sieht, wie die Strafvoll zuge behörden

Art, wie dieselben Delikte behandelt werden, Gestern hat hier ein Prozeß den hochgeborenen Grafen ückler zu Klein. Tschirne, der uns mit Befriedigung erfüllt. interpellieren, wie daß die n, ,. Bebörden den § 130 des Strafgesetzbuchs

Namens meiner Fraktion Anfrage

der parlamentarische Spezialarzt der Verrückten bin. befonderen Philosemiten hält; ich stehe der ganzen Judenfrage so objektiv wie möglich gegenüber. femiten aber bin ich doch zu klug., zu vornehm und Ich wiederhole, um ein dumm, ni Päckler wird ja die 6 Monate Gefängnis

verfolgenden Bebörden das Gewissen zu wecken,

kämpfen. An

gesagt, er sei der Superlativ des Komparativs von Ablwardt und Er muß aber an einer anderen Krankheit leiden, weil er sagte: Weil die stra verfolgenden Behörden mich so lange haben ruhig laufen lassen, will ich auch noch weiter so verfahren. Wabnsinn, sondern eine Aufgeblasenheit, eine Verkennung der Christen⸗

Schade, daß er wegen Ungebühr vor Geri

hier auf der Tribüne sein und uns eine Gastrolle geben. Jetzt wird er fich vorkommen wie ein Märtyrer, und wenn er seine Strafe verbüßt

Gestalt.

Aber, wenn einer in dieser Weise den öffentlichen Frieden gefährdet, wenn er sich an Tie Sczialdemokraten mit der Aufforderung wendet, Ginbrecherbande zu bilden, die rote Fahne zu entfalten, die tfen, und wenn dann ibm auch no

so würde ich über die Begnadigung wie ich es jetzt tue. daß er keine Fürsprecher finden wird, denn das

freten, ich batte vorgestern dem Staatssekretär der Justiz ein Con- gegeben. Auf die Sefahr bin, bon der ãußersten Linken der Liebedienerei beschuldigt zu werden,

t auf einmal erfüllt werden könnten, das wiffen wir selbst, wir wollen nur, daß man die Dinge nicht aus

uptforderung issenschaft, Praxis und Volk sind ein folches Gesetz dringend notwendig ist.

Regelung. Der Schwerpunkt liegt Materie, sondern in der Finanzfrage.

beste Strasprozeßordnung hilft nichts, sein Arbeitszimmer das Wort

beiligsie und wichtigste Aufgabe er⸗ davon abbringen lassen durch andere Ressorts.

iwilmenschen hat das Volk in das diesen ines Kameraden in so nder Strafe verurteilte,

daß er spãter

und beim Militär gäbe es

Jurist nicht, daß Not⸗ Es ist be⸗

tsbewußtsein verwirren.

daß er tagtäglich

Hasard

Ein dringlicher braucht sondern

nicht . in das

einmal,

Gläubigen. Wenn der tte er in sich gehen und

Ich habe das erwähnte Gendarm, der Wirt und

Auf diese Weise kriegen

will ja nicht eine Ver⸗ so blutrünstig bin ich bei der das Kriterium bei der Schikanen e werden. Eine ese muß aber gleich⸗ 1. B. gegen

eichstages zu , ebandelt

eine einheitliche reichs

durch die verschiedene wenn es sich um die

Meine es kommt,

nicht mehr stellen Fraktion hat mi althergebrachter Sitte Nicht, weil

Zum Anti⸗ auch zu gerecht.

icht ordinär und nicht

auch wir ein Verdienst, n genügte, den straf⸗ endlich einmal gegen er Prozeß hat insofern n hat, daß Pückler gar

ist ein derartiger, pfen Größen sonst hätte er nicht

Das ist kein sonderbare Unzucht der

t würde sonst ere . digung kensumiert hat, steigen und so handeln

Wir sind keine em schlimmsten Sünder.

Ich boffe nur, wäre im höchsten urrige Anschauung ver-

bekenne ich, daß ich wie den Staatssekretãr es nicht erreichen kann, an anderen mächtigen Er hat gestern gesagt,

ist die einheitliche Seit 30 Jahren g, aber wir sehen nicht andere Ausgaben zurück,

chnippchen schlagen.

und möge er in der

.

Stolz von ibm sagen, daß er Deutschland ar. russiftziert, sondern germanisiert hat, daß er den Pollzeistaat in einen lac! über⸗ geleitet hätte.

Staatssekretãr des Reichs justizamts Dr. Nieberding:

Meine Herren! Wenn der Herr Vorredner im Eingang seiner Rede aus meinem Kopfschütteln den Schluß gezogen hat, daß ich auf seine den Fall Hüssener betreff enden Ausführungen sachlich zu ant⸗ worten nicht die Absicht habe, so hat er einen richtigen Schluß ge⸗ macht; ich werde das nicht tun. Wenn er aber daran die Bemerkung knüpfte, daß, wenn ich nicht in ein Rededuell mit ihm eintreten wolle, er mir dennoch, selbst im Falle des Schweigens, damit eine Abfuhr erteilt habe, so kann ich das ernsthaft nicht recht verstehen; denn eine Abfuhr ist doch nur möglich, wenn zwei Gegner mit einander wirklich kämpfen. Scherzhaft aber, meine Herren, ist es ein so billiger Witz, daß ich ibm die Freude daran gern gönne. Es wäre mir indes lieber, wenn er derartige Scherze unterlassen wollte, als wenn er mir persönlich solche anerkennenden Worte will ich mal sagen hier zuteil werden läßt, wie sie am Schlusse seiner Rede sich fanden; auf solche Höflichkeiten lege ich meinerseits, mögen sie von einem Ab⸗ geordneten ausgehen, von wem sie wollen, nicht den geringsten Wert. Ich wünsche keine persönliche Anerkennung, meine Herren, von seiten der Mitglieder des hohen Hauses; ich wünsche eine anerkennende Beurteilung unserer Vorlagen. (Sehr gut! rechts.)

Meine Herren, wenn ich mich auf die Ausführungen über den Fall Hüssener hier nicht einlasse, so geschieht es, weil mir die Kom⸗ petenz dazu fehlt. Hier befindet sich der Herr Abg. Lenzmann in der Tat in einem Irrtum. Die Kompetenz feblt mir, weil der Delin⸗ quent, um den es sich handelt, in einer Festung seine Strafe verbüßt „nter Aufsicht des militärischen Kommandanten und, soweit es sich um die Durchführung der Festungsstrafe innerhalb der Aufsicht des Kommandanten handelt, fehlt der Ziviljustizverwaltung, ebenso der Reichs justizverwaltung, jede Zuständigkeit, dem Kommandanten in seine Aufgabe hineinjureden. Würde ich es namens der Reichsjustiz⸗ verwaltung oder namens der preußischen versuchen, wegen der Vor⸗ gänge, die in der Presse erörtert werden, und von denen ich nicht weiß, wie weit sie dort zutreffend wieder⸗ gegeben sind, den Kommandanten der Festung zu einer verantworlichen Erklärung aufnufordern, so würde ich wahrscheinlich eine sehr unangenehme Antwort bekommen (Heiterkeit), und der setze ich mich nicht aus.

Ich möchte hier doch darauf hinweisen, daß keinem Ressort so sebr wie dem Reichsjustizamt hier im Hause es geschieht, daß es gewissermaßen als . Mädchen für alles betrachtet wird. Bald aus dem Reichöamt des Innern, bald aus dem Auswärtigen Amt, jetzt aus dem Kriegsministerium werden hier Fälle rechtlichen Anstrichs erörtert, mit denen das Reichsjustizamt nichts ju tun hat. (Sehr richtig) Ich muß dans, wie das meine Aufgabe und Pflicht ist, erklären, ich sei nicht legitimiert, zu antworten, und dann heißt es, der Staatssekretãr antwortete nicht. (Sehr richtig! rechts.) Sie würden Ihrer Sache viel mebr nützen, wenn Sie diese einzelnen speziellen Fälle an der Stelle anbrächten, wohin sie gebören. Weshalb besteht denn die Einteilung der Etatsberatung nach Ressorts? Damit bei jedem diejenige Frage angebracht werden kann, die zu dem betreffenden Ressort gehört, damit der Chef des Ressorts sich darauf einrichten kann, und damit der richtige Chef der Verwaltung dem hohen Hause Mitteilungen zu machen imstande ist. Das wird vereitelt, wenn Sie so verfahren, wie ich das in meinem Bedauern und zu meinem eigenen Schaden verschiedene Male habe erleben müssen. Der Herr Abg. Lenjmann hat erklärt, daß er den Herrn Kriegsminister darauf aufmerksam gemacht babe, daß der Fall Hüssener bei dem Etat der Reichsjustizberwaltung zur Sprache kommen würde. Ja, auf Wunsch des Herrn Abg. Lenzmann habe ich schon vorgestern diese Erklärung dem Herrn Kriegsminifter zukommen lassen mit dem Bemerken, daß die Sache am selbigen Tage ver—⸗ handelt werden würde. Sie ist an dem Tage nicht verhandelt worden. Soll denn der Herr Kriegsminister bei seinen viel⸗ seitigen Geschäften immer bereit stehen und auf den Augen⸗ blick warten, wo bei einem anderen Etat ein Fall, der zu seinem Ressort gehört, verhandelt werden soll? (Sehr richtig! rechts) Das können Sie nicht verlangen. Sie können verlangen, daß ju seinem GCtat seine Vertreter bier sind oder er selbst kommt, aber nicht, daß Vertreter aus allen Ressorts anwesend sind, auf die Möglichkeit hin, daß ein Fall aus einem der vielen Ressorts behandelt wird, und das nur auf Wunsch eines einzelnen Abgeordneten, der nicht einmal weiß, ob der Herr Präsident ihm zu der Sache das Wort geben wird. Das ist eine Zumutung an die Ver⸗ waltung, die sie nicht erfüllen kann. Ich begreife es, wenn der Herr Kriegsminister auch heute am dritten Tage nicht erschienen ist, ich weiß ja nicht, aus welchem Grunde er nicht erschienen ist, aber vielleicht ist es, weil er sich sagen muß, nach den Erfahrungen der letzten Tage habe ich auch heute nur die Aussicht, im Hause zu sitzen, aber nichts zur Erledigung der Sache beijutragen. Der Herr Abg. Lenjmann würde in diesem Falle richtiger handeln, wenn er zum Herrn Kriegsminister hinginge oder sich bemühte, ein Briefchen an ihn zu schreiben, und sich mit ihm darüber zu verstndigen, an welchem Tage die Sache verhandelt werden würde. Ich bin überzeugt, daß der Herr Kriegsminister dann bereit sein würde; aber die Zumutung, die jetzt hier gestellt wird, kann kein Chef einer Verwaltung erfüllen. (Sehr richtig)

Meine Herren, der Herr Abg. Lenmnann hat dann die Frage hier berührt, wie es mit dem Strafvollzuge stehe, und hat erklärt, daß zur Zeit die Strafvollzugsbebörden in der Lage seien, je nach der Art der Persönlichkeit, die in Frage steht, den Gerichten trotz ihrer Erkenntnisse ein Schnippchen zu schlagen'. Ich glaube nicht, daß die Strafvollzugsbebörden einen solchen Vorwurf verdienen. Ich würde nicht anstehen, ein solches Vorgehen, wie es der Herr Abg. Lenzmann ihnen unterstellt, für eine Gewissenlosigkeit zu erklãren. Es kann vorkommen, daß in einzelnen Fällen nicht reglementsgemäß verfahren wird, aber daß dieses absichtlich vorkommt und so muß ich die Worte des Herrn Abg. Lenzmann auffassen das bestreite ich, das geht gegen das Gewissen unserer Strafvollzugs behörden, die viel zu hoch siehen, als daß sie sich durch einen solchen Angriff getroffen fühlen können. Ich glaube, daß im großen und ganzen unsere Straf⸗ volljugsbebõrden mit derselben Gewissenhaftigkeit verfahren, wie andere Behörden und wie andere Klassen im Staat. Ich halte es nicht für richtig, ohne Beweis hier dem ganzen Stande vorzuwerfen, das Verfahren der Beamten, die zu ihm gehören, beruhe darin, den

t, dann wird man mit

Gerichten ein Schniprchen zu schlagen, d. h. gegen ihre Pflicht und

gegen ihr Gewissen die Urteile anders durchzuführen, als es in dem Sinne der Urteile liegt. Das muß ich zurũckweisen.

Der Herr Abgeordnete siebt nun das Mittel zur Abhilfe in dem Erlaß eines Strafvollzugsgesetzes. Ja, meine Herren, wenn solche Dinge vorkommen, so kommen sie vor, weil es unter Umständen schwache oder ich will auch sagen im einzelnen Fall gewissenlose Beamte gibt. Wird es denn aber solche Beamte, wenn es sie jetzt vor dem Erlaß eines Strafvollzugsgesetzes gibt, nicht auch geben, nachdem ein Strafvollzugsgesetz erlassen ist? Wenn solche Dinge vorkommen, so liegt der Fehler nicht in den Institutionen, nicht in der Art, wie reglementarisch oder gesetzlich die Verhãltnisse geregelt sind. Wenn in einzelnen Fällen Beamte da sind, die an einer moralischen Schwäche leiden, für die sie natũrlich verantwortlich gemacht werden müssen, so werden Fälle dieser Art nach dem Erlaß eines Strafvolliugsgesetzes gerade so vorkommen, wie jetzt, gegen diese Dinge kann kein Strafvollzugsgesetz Hilfe bringen.

Der Herr Abg. Lenzmann hat dann gewünscht, daß ich mich be⸗ mühen solle für ein Strafvollzugsgesetz, damit diefes baldigst erlassen werde. Meine Herren, ich erkenne den hohen Wert eines solchen Gesetzes vollständig an. Ich bin auch der Meinung, daß es in vielen Beziehungen selbst für die Behörden sehr nützlich und erwünscht wäre, wenn sie auf Grund eines solchen Gesetzes vorgehen könnten. Aber ich habe bereits gesagt das ist meine Ueber⸗ zeugung, und das ist nicht der Druck, der von außen, von anderen Verwaltungen oder von den hohen Regierungen angeblich auf mich ausgeübt wird, sondern das ist meine persönliche Meinung —, daß wir ein Strafvollzugsgesetz in diesem Augenblick, wo unser materielles Strafrecht im Flusse ist, nicht machen können. Wenn sich der Herr Abg. Lenzmann auf die Wissenschaft beruft, so erkläre ich ibm, daß ich sehr viele bochstehende wissenschaftliche Herren kenne, die diese meine Ueberzeugung teilen.

Worin, meine Herren, soll denn der Inhalt eines Strafvollzugs⸗ gesetzes bestehen? Es sind hier schon so vielfach Anträge gestellt worden auf den Erlaß eines solchen Gesetzes. Man hat uns aber niemals klar gemacht, welchen Inhalt denn eigentlich nach dem Wunsch der das Gesetz eistrebenden Herren dies Gesetz haben soll. Es sind einzelne Kleinigkeiten vorgebracht ich nenne es Kleinigkeiten im Verhältnis zu dem ganzen Gesetz z. B. die Beköstigunge frage und Aehnliches. Aber das spielt nur eine untergeordnete Rolle, und das kann bei gutem Willen der Verwaltung, den ich voraussetze, und bei strenger Kontrolle, die ich zugesagt habe und die ich wieder zusage, auch ohne Gesetz ge⸗ schehen. Aber der Hauptvorteil eines Stafdollzugsgesetzes beruht doch nicht darin.

Ich möchte mir erlauben, die Hauptpunkte Ihnen anzuführen, die bei Erlaß eines Strafvollzugsgesetzes in Frage kommen, um, so—⸗ weit es mir möglich ist, wenigstens einen Teil der Herren davon zu überzeugen, daß der jetzige Zeitpunkt wirklich nicht der geeignete ist, um auf diesem Gebiete in vollem Umfang gesetzgeberisch vorzugehen.

Meine Herren, wenn wir ein Strafvollzugs gesetz ausarbeiten, dann wird es zunächst unsere Aufgabe sein, die Anstalten zu klassifizieren, nach der Art ju bezeichnen, in welcher die von dem Gericht erkannten Freiheitsstrafen verbüßt werden müssen. Da sind die Gefängnisse, Anstalten für Verbüßung von Haft und die Zuchthäuser. Wir wissen nicht, meine Herren, wie lange wir noch bei dieser jetzt bestehenden Klassifikation der Anstalten bleiben werden. Wir wissen nicht, ob wir schon bald sagen wir einmal nach 15 Jahren, das ist für diese Frage eine verhältnismäßig kurze Zeit dabin kommen werden, die Anstalten nach den verschiedenen Arten der Frei⸗ heitsstrafe erheblich anders iu klassifizieren. Sollen wir jetzt ein Gesetz erlassen, durch welches die Verwaltungen der eimelnen Bundesstaaten gezwungen werden, große Umänderungen in den be— stehenden Anstalten vorzunehmen? In diesem einen Punkte hat der Herr Abg. Lenzmann ganz recht, es stoßen sich die Bundesregierungen und ihre Justizverwaltungen an den Kosten der hier erforderlichen Neu, und Umbauten, aber sie haben nach meiner Meinung auch voll⸗ ständig Grund, daran. Anstoß zu nehmen; denn es wäre eine Ver— geudung von Staatsmitteln, wena man für dauernd nicht haltbare Verhältnisse mit solchen Bauarbeiten vorgehen wollte, solange wir nicht wissen, was das kommende Strafrecht verlangen wird.

Eine zweite Frage ist die: wie sollen die Anstalten im Innern eingerichtet werden? Inwieweit wird man in Zukunft es bei gemein⸗ samer Haft lassen oder Einzelbaft einführen? Wie soll für die Unter⸗ bringung der Jugendlichen und wie für die Haft der Frauen gesorgt werden; denn hier wird die neue Gesetz gebung voraussichtlich erheblich ändern, und danach müßten doch die Anstalten eingerichtet werden, und sie werden dann in vielen Beziehungen umgebaut oder aufgegeben werden müssen. Man kann nach meiner Meinung in dieser Zeit nicht neue Einrichtungen treffen auf die Gefahr hin, daß nach einer ver⸗ hältnismäßig kurzen Reihe von Jahren die Strafgesetzgebung ver—⸗ änderte Anforderungen an uns stellt, Anforderungen die uns nötigen, die für Frauen und Jugendliche bestimmten Anstaltsräume in ihren baulichen Dispesitionen vollständig umjuwerfen. Wollte man jetzt schon sorgehen, so wäre wieder eine Verwendung großer Staatsmittel in Frage, die in keinem Verhältnis zu dem Effekt steht, der durch die Maßregel erzielt werden sell. Wollte man es aber beim Alten lassen, wie bisher, in diesem sozialpolitisch so wichtigen Punkte, wozu dann ein Vollzugsgesetz?

Die dritte Frage und das ist die Frage, die hier im Hause und auch in der öffentlichen Meinung der Herr Abg. Lenzmann hat sich ja auf die Stimmung des Volkes berufen am ersten und leichtesten ge⸗ würdigt wird —, das ist die Frage der inneren Ordnung des Ge⸗ fängnisbetriebes. Es kommen ja Fälle vor, in denen Verletzungen gegen die innere Ordnung der Anstalten zu Tage treten. Aber so arg liegen die Fälle meist nicht. Sie werden in die Presse gebracht und natürlich in geeigneter Weise appretiert, und dann glaubt die Be⸗ völkerung, es sei ein großes Unglück und Unrecht geschehen, und die Gesetzgebung soll schleunigst einschreiten. Weiter! Die innere Ord⸗ nung der Strafanstalten muß geregelt weiden nach sehr ver schiedenen Richtungen. Es handelt sich eistlich einmal um die Beschaftigung: Selbstbeschãftigung, Anstaltsarbeit, Beschäftigung mit Fabrikarbeit oder mit anderer Arbeit, Beschäftigung außerhalb des Hauses und innerhalb der Anstaltsräume. Wie wollen Sie solche Fragen, die nach dem Klima der einzelnen Landesteile, nach der Art der Bevölkerung, nach der Art der Volksarbeit in diesen Landesteilen, je nachdem es sich um Gegenden handelt, wo große Moorländereien oder Waldlandschaften oder Gebirgsformationen vorherrschen, ver⸗ schieden gehandhabt werden müssen, durch ein Gesetz regeln, das alles

stimmungen aufnehmen, die aber in Wirklichkeit gar nichts besagen, und dann wird es wieder heißen, wenn nach den Landes berhãltnissen verschieden digponiert wird, die Verwaltungen schlügen dem Gesetz ein Schnippchen. Versprechen Sie sich doch von der⸗ artigen Regelungen keine ju große Wirkung. Ich sage Ihnen im poraus: Sie werden nach Erlaß eines Strafvollzugsgesetzes Anlaß, vielleicht sehr berechtigten Anlaß haben, über einzelne Fehler der Ver⸗ waltung und der Beamten so zu klagen, wie Sie jetzt dies tun. Ich wiederhole: dagegen ist in der Gesetzgebung, in formalistischen Vor⸗ schriften kein Kraut gewachsen. Eine andere Frage ist die Frage der Beköstigung! Soll Selbst⸗ beköstigung eintreten, soll die Beköstigung von der Anstalt bewerkstelligt werden? Was soll aber darüber weiter in dem Gesetz gesagt werden als einmal: die Regel ist die Be— köstigung durch die Anstalt, dann: in Ausnahmefällen tritt die Selbfibeksstigung ein, und drittens: im übrigen hat der Arzt zu be—⸗ stimmen. Das geschieht doch jetzt auch schon, und wir brauchen in Wahrheit kein Gesetz für solche Dinge, die jetzt schon durch befrie⸗ digende Bestimmungen geregelt sind; was in diesen Bestimmungen steht, kann durch ein Gesetz schwerlich erweitert werden, und ich sage: es ist verlorene Zeit, jetzt in dem Sinne an die Gesetzgebung heran⸗ zutreten. Kommt es später zu einem allgemeinen Strafvollzugsgesetz, dann wird man selbstverständlich die allgemeinen Sätze der geltenden Reglements darin aufnehmen.

Dann kommt die Frage der Kleidung, die Frage des Unterrichts und der Seelsorge, die Frage, in welchem Umfange und in welcher Art Erholungsstunden eintreten sollen, wieweit Besuche angenommen werden dürfen, wieweit der Briefverkehr gestattet ist, wieweit Bücher und Zeitungen gelesen werden dürfen. Ja, meine Herren, lesen Sie die bestebenden Gefängnisordnungen einmal durch und sagen Sie hier in der Form eines Antrags, was Ihnen in deren Anordnungen nicht gefällt, was Sie für unbillig und hart ansehen, und wie Sie ändern wollen. Geschieht letzteres, dann wollen wir weiter darüber sprechen. Aber auf allgemeine Bemerkungen hin kann man das nicht überzeugend erörtern. Endlich die Frage der Disziplin. Ich glaube, wie in Deutschland die Disziplin in den Strafanstalten jetzt geordnet ist, kann man mit gutem Gewissen sagen: kein Land der Welt hat eine so milde, nachsichtige und gerechte Disziplin in den Gefängnissen wie Deutschland. Das kann ich wohl zur Genugtuung der Justiz hier im Hause aus—⸗ sprechen: es ist nach der Richtung bin eine Beschwerde noch nicht an den Reichstag gekommen. Gewiß, wir werden diesen Gegenstand in einem Straspollzussgesetz mit behandeln; aber das beweist doch nicht, daß diese Dinge so dringlich sind, wie der Herr Abg. Lenzmann es meint. Wir bewegen uns zur Zeit nach dieser Seite hin wirklich in einigermaßen befriedigenden Verhältnissen. Ich kann nur wiederholen daß die Frage der gesetzlichen Regelung des Strafvollzugs uns fort— dauernd beschäftigt. Aber wir können nicht in einer Weise dabei vor— geben, wie sie durch die gegenwärtigen Zustände nicht geboten ist; wenn wir jetzt alles festlegen wollten, so würde dem Interesse des Landes, seiner Rechtsentwickelung und seiner Finanzen schwerlich ent⸗ sprochen sein.

Der Herr Abgeordnete ist dann gekommen auf den Fall des Grafen

zwei Jahrzehnten werde ein solches volksvergiften dez Treiben in dieser Reptisienpresse geübt, und die BVerfuche, durch Staatanwaltschaften und Gerichte Remedur zu schaffen, seien beinabe gänzlich erfolglos; die dänischen Abgeordneten ständen nach wie vor solchen Angriffen schutzl os gegenũber. Fortgesetzt würden sie in dieser Presse als Reineidige, als alte ehrliche Eidbrecher bezeichnet. Sollte da der Reichskanzler nicht Anlaß zum Einschreiten baben? Abg. Kirsch (Zentr.): Ich bedauere, daß der Staatssekretãr dem

Wunscht nach einem Strafpollzugsgesetz so wenig ent egenkommend gegenübersteht. Der Fall Hüssener mag nicht geeignet sein, darauf zu dringen; aber seit langen Jahren wird eine einheitlich Regelung des Strafvollzugs durch Gesetz, nicht durch Bundesratsverordnung, aufs dringlichste derlangt. In einzelnen Bundesstaaten best⸗ben Zustände, die geradeju der Vereinheitlichung des Strafvollzugs widersprechen. So 6 noch in Preußen die Anomalie, daß ein Teil der Ge—⸗ fangnisfe und Zuchthäufer dem Justizminister, ein anderer Tril dem Hinister des Innern unterstellt ist; erläßt ein Teil eine Verordnung zuf diesem Gebiet, so kann sie der andere Tell rubig i— norieren. Die Vereinlgung unter einer Verwaltung wärd- keine Fosten vermehrung, sondern das Gegenteil bedeuten. Angeneb en berübrt hat es mich, daß der Staatssekretär die Praxis der Sch wurgeri *ots⸗ vorsitzenden, an ihnen nicht gefallenden Wahrsprüchen Kritik zu üben, gerügt hat. Ich hätte gewünscht, daß der preukische Justizminister nicht nur die Mißbilligung gegenüber den betreffenden Vorsitzenden ausgesprochen, sondern auch öffentlich eine allgemeine Verfügung er⸗ laffen hätte, um für die Folge solche Vorkommnisse ; rhindern; or allem bätte er die Gerichtspräsidenten anweisen Herren nicht mebr zu Schwurgerichtsvorsitzenden ju e neuen Kammergerichtspräsidenten von Schmidt ist im geworfen worden, er habe alt Vorsitzender des richt? Hannover darauf hingewirkt, daß gegen den bekannten Herrn Leuß ei Schuldigspruch zustande kam. Jetzt ergreift in der, Post' ein böhere Richter, der damals Beisitzer war, das Wort und ährt Vorßtzende hätie nicht nur das Recht, sondern die Pflicht Geschworenen dabin zu wirken, daß nicht etwa ein Freispru und ein Verbrecher seiner Strafe entiogen wärde, wie das rankreich mit Räcksicht auf das Motiv, daß es sich daru handelte, die Ehre einer Frau zu retten, sicher gescheb wäre. Hier wird doch eigentlich mit dürren Worten zugeg der damalige Schwurgericht vorsitzende mit allen Kräfte Geschworenen eingewirkt hat, um einen Schuldigspru

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Die Beibehaltung dieses ganz veralteten Brauches, de Ges leicht

am Ende der Periode Dank zu sagen Kritik ihrer Sprüche führt, ist völlig überflässig geworden. Der Redner wendet sich dann zu den in der Debatte her vorget etener Wünschen nach Reformen in der Justizgesetzge bung. Di Forde rung einer Reviston des Strafgesetzbuchz und der Strafprojeßor nu fei nicht fo leicht und so rasch erfüllbar. Wenn der Abg. Stadt⸗ hagen das Vorgeben gewisser Unternehmer verurteilt habe, Arbeitern Reverse vorlegen, in denen sie ihren Austritt wiffen Arbeiterverbänden bescheinigen sollen, so begegne er sich darin mit dem Zentrum, welches dieses Verfahren ebenso inißbillige wie den Terrorismus, den die Arbeiter auf manchen Baustellen gegen nicht organi⸗ sierte Kollegen zur Geltung bringen. Dafür, daß das Zentrurn sich nüt seinen Rescluticnen durch fein praktisches Verhalten in Dider⸗ spruch setze, sei Herr Stadthagen den Beweis schaldig geblieben; in bem einten von ihm angefährten Falle, der Frage des Kontrakt⸗ bruchs ländlicher Arbeiter, habe das Zentrum den preußischen Entwu f verurteilt. Das Zentrum werde stets dahin streben, die sozialvolitische Laze der ländlichen Arbeiter zu perbessern, und zwar auf der Grund- lage einer christlichen Anschauung.

Abg. Dr. Müller Meiningen (fr. Volksp.): Ich möchte zunächst den Staatssekretär fragen, wie es mit der Abänderung der Gehurts⸗ urkunde der unehelichen Kinder und mit der Einbringung de

Gefetzes über den Privatversicherungspertrag steht. Wie einer

was

daß vielleicht die Haltung des Hauses oder die Redner, die zu der Frage hier oder anderwärts parlamentarisch gesprochen haben, nach dieser Richtung wohl einen Einfluß darauf gehabt hätten, daß endlich einmal eine Remedur von seiten der Polizei und der Gerichts- behörden eintrat. Herr Lenzmann wird es mir nicht übelnehmen er bat mir ja auch einige persönliche Bemerkungen geschenkt daß auch ich einmal eine persönliche Bemerkung gegen ihn mache und er— kläre, daß hier eine Ueberschätzung seiner und anderer Herren Aeuße⸗ rungen stattgefunden hat. Der Einfluß, den parlamentarische Reden auf die Gerichte gehabt haben, ist, wie ich glaube, verschwindend. Ich hoffe, daß die Gerichte nach Recht und Gesetz, aber nicht nach den Reden einzelner Abgeordneter sich verhalten. So ist es, wie ich denke, auch in diesem Falle geschehen. Es ist ein Irrtum von seiten des Herin Lenzmann, wenn er annimmt ich muß das aus seinen Aus⸗ führungen folgern daß dies Verfahren gegen Graf Pückler der erste Fall sei, wo die Staatsanwaltschaft gegen ihn vorgegangen sei. Das wird in der Presse viel verbreitet, um die Behörden herunterzuziehen. Aber das ist nicht wahr; die Strafverfolgungsbehörden sind in ver schiedenen Fällen schon früher bei ähnlichen Anlässen gegen das Ge— baren des Grafen Pückler eingeschritten. Sie haben aber ver— schiedentlich die Erfahrung machen müssen, daß ihre Strafanträge von seiten der Gerichte zurückgewiesen wurden. Danach wird also das Verhalten der Behörden anders zu beurteilen sein, als Herr Lenzmann es tut, und man wird nicht annehmen dürfen, daß bei der Strafver⸗ folgung des genannten Mannes anders verfahren wurde, als Staats- anwaltschaft und Gerichte glaubten, daß sie nach dem Gesetz berechtigt seien zu verfahren.

Dies habe ich auf die Ausführungen des Herrn Abgeordneten zu erwidern. Ich glaube nicht, daß er mir einen Vorwurf hat machen können, daß ich nach irgend einer Richtung den mir gestellten Aufgaben nicht gerecht geworden sei.

Abg. Je ssen (b. k. F.): In anderen Ländern wäre die deutsche Art Les Slraspollzuges' gegen polltische Verbrecher unerhört. Die dänische Bevölkerung in Nordschleswig muß sich aber auch immer von neuem über die Rechtspflege und die Rechtsprechung bitter beklagen. Bei den Richtern sprechen, sobald eg i um Dänen handelt, oft neben den juristischen auch volitische Ge chtepunkte mit. Redner be⸗ ruft sich zum Beweise seiner Behauptungg auf, ein Urteil, durch das ein Länischker Redakteur, der diefe Verhältnisse in sebr gemäßigter Weise erörterte, zu einem Jahre . verurteilt worden sei. Der Antrag dieses Verurteilsen, die Strafe in Festunge⸗ haft umgewandelt zu bekommen, wurde abgelehnt, obwohl kurz vorher elne wegen grundloser Beleidigung eines dänischen Richters gegen ein rage Blatt erkannte Gefängnisstrafe von einem Monat in 100 M6 Geldstrafe umgewandelt worden war. Ganz anders berfübren die Gerichte mit den Reptilienhlättern, deren Aufgabe et sei, die dänische Bevölkerung und ihre vublizistischen Vertreter an zugteisen: in den meiflen Fällen würde die Widerklage erhoben, oder die Klage⸗ führer würden auf den Weg der Privatklage verwiesen. Eine. solche Hereits vor drei Jahren angestrengte Privatklage des Redners schwebe heute noch. Es. existiere auch eine mit deutschem Gelde zur Be kämpfung? des Bänentums ins Leben gerufene Zeitung, in dãnischer Sprache. Die Reptilienpresse suche mit allen möglichen verwerf⸗ sichen Mitteln der dänischen Bevölkerung zu Leibe zu gehen. HYeaerdings habe man als geeigneteg Mittel herausgefunden, den Dänen Har fe leb e igun gen anzubängen, um sie nach oben an. zuschwärsen. Ihm selbst sci eg öffentlich nachgesagt worden, er babe

mechanisch festlegt? Allerdings, Sie können einige allgemeine Be—⸗

bie beuische Kasserin straslos besudelt usw. Das „Flensborg Avis. sei aber ice Erwähnung der Majestäten stets sehr respektvoll. Seit

Päckler. Er hat selbst angeführt, daß gestern ia einer Strafsache gegen diesen Herin das Gericht sein Urteil gesprochen habe. Er hat dabei bemerkt,

Faden ziebt sich ferner durch unsere Verhandlungen der Mangel an Ächtung vor der persönlichen Freiheit, wie er vor allem bei den preußischen Verwaltungs bebörden gang und gäbe geworden ist. Ich babe verschiedene Fälle schon früher in der „Frankfurter Zeitung' be⸗ sprochen, ohne eine Erklärung zu finden, ob meine Darstellungen richtig sind oder nicht. Ein Mann namens Freund wurde, weil er für den Betrüger Klein angesehen wurde, mehrmals unschuldig verhaftet und . nach Feststellung seiner Unschult fortgesetzt von einer ganzen Reihe von Staatsanwaltsichaften mit Unter— suchungen verfolgt. Er hat zwar eine kleine Enisckädigung betommen, ist aber durch die Verfolgungen, die über ein halbes Jahr dauerten, wie er mir mitteilt, so nervös geworden, daß er noch heute arbeits⸗ unfähig ist. Prinzipiell wichtig ist der Fall des Dienstknechtes gegen eine Strafverfügung wegen Verlassens des Dienstes richterliches Urteil verlangte, und als das Urteil gefällt war troß rem rhaftet und drei Wochen in Untersuchungs haft gesetzt warde, ohne einen richterlichen Haftbefehl, von Verwaltungs wegen. Da? ist die Ueber⸗ tragung der Janina Bärson-Praxis auf Inländer. Jetzt wird auch in Dentschland die administrative willtürliche U ter uchungsbaft var. hängt. Dagegen muß der scharfste Widerspruch erhoben Wenn das Mode wärde, gingen wir russiscen Zuständer Der Knecht warde freigesprochen, aber dann wiederum auf administt tiven Befebl baftet und abermals acht Tage in Haft bebalten. n baben wir das Reichsjustisamt, wenn es nicht die Beobachtunge Wik scefese durch die Landegpverwaltungen aufregt Heer, efeetär sellte dem betreffenden Landrat klarmachen. d s ohne richterlichen Befebl niemanden æe haft at Klage erboben wurde, hat die R erboben und erklärt, der Poltze ĩ ̃ gerichtliche Verfahren ein selbständiges E gewahrt werden Der Regierungspräsident tet daß ein preußischer Landrat den Mann einfach obne richterlichen Befebl verbaften und wochenlang in Haft behalten ki In Hannoder wurde ein Dienstmädchen wegen eines Diebstah jner Tappalie, ju drei Tagen Gefängnis verurteilt, mate Wochen in Untersuchungskaft sißzen. Wir kämrien seit Jahren gegen kurzzeiligen Freibeitsstrafen, damit namentlich die Jugend Kontagium mit den Lumpen in den Gefängnissen kammt wird möglichst wegen der kleinsten Lappalie, 3 B l Kinderwagens auf der Straße, stait der Gel estrafe Fr verhängt. Möge der Staats sektetär an die einzelnen Juit zo einen Appell dagegen richten. Wenn wir solche Fälle bittet der Staatssekretãr regelmäßig, weil er sie nicht kenne, ih Materiak zu geben. Wir können ihm aber bei unse lr Gachä! faum davon Mitteilung machen, Deswegen bitte ich den St fekretär ich glaube, Kollege Stadthagen wird dausit n . ne. sein ein oder zwei Beamte damit zu betrauen, die Aufsehen er regenden Fälle, die durch die große Presse laufen ich will nit wenn in irgend einem kleinen Blättchen dahinten in Schlesien oder sonstwo dergleichen steht (lebhafte Ohorufe don sch0lesi Hen Abgeordneten) ja, meine Herren aus Schlesien, die Un wesenden sind immer ausgenomm n 14 verfolgen. Wenn dann beizeiten amtlich Aufklärung gegeben würde, so wäre das mehr welt als hundert schöne Reden des Reichskanzlers gegen dern Bebel. Es kann keinem unangenebmer sein, als einem gewissenhaften Abgeordneten, solche Fälle, die monatelang unwidersprochen du⸗ch die Presse gehen, zu besprechen, wenn dann die Regierung sagt sie seien nicht ganz richtig. Die Regierung hätte die verdammte Pflicht Ind Schuldigkeit, beijeiten die öffentliche Meinung ;

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aufzuklã ren Der Relchekanzler ift ein großer Freund der Journalisten und will ihnen berrcttwillis Auskunft geben, aber das wäre auch namenlik 2 dm Gebiet der Justizrflege nötig. Ich erinnere an die aufsehenerregenden zle. in denen Frauen als Dirnen bebangelt. wu den, und an die ö Schrift ‚Siebzebn Tage im Gefängnis. Wie unüßber egt manchmal Gerichtsurteile begrüntet, werden, zeigt der Fall der Beleidigung einer Herzogin. Das Urteil sagt, ein Vorwurf, wie der inkriminierte, treffe schon ein Mädchen niedrigen Standes in un— angenehsnster Weise; ier bandle es fich aber um die Beleidigung kur Bang der höchften Gesellschaft; desbalb werde nicht zuf eine Geldssrafe, sondern eine hohe Gefängnisstrafe von vier Monaten