1905 / 14 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 17 Jan 1905 18:00:01 GMT) scan diff

an den Aeußerungen der katholischen Kirche und ihrer Vertreter nehmen, zumal seitdem das Zentrum die Großmacht im Deutschen Reiche ge⸗ worden ist. Ich erinnere nur an das Rundschreiben von 1884, wo der Protestantismus das Reich des Satang genannt wird; ich erinnere an das Canisius-Rundschreiben, wo von Gift und Ansteckung die Rede ist, an das Sendschreiben des Papstes an die Bischöfe Baperns vom 23. Dezember 1857. Ich bin ein guter Kerl und lese Ihnen also diese Schriftstücke nicht sofort prima vista vor, Herr Spahn meinte, jeder Jurist wisse, was Gebrauch und Einrichtung der katholischen Kirche ist und was nicht. Nein, nicht jeder Jurist weiß das, sondern das entscheiden die Bischöfe allein. In neuer Zeit ist die Recht⸗ sprechung aus F 166 dadurch verschärft worden, daß die Beschimpfung nicht mehr in den verletzenden Worten, sondern schon in der scharfen materiellen Kritik, in der beißenden Kritik gefunden wird, wie das Vorgehen gegen den Simplieissimus., und gegen den Grafen Tolstoi beweist. Wir wollen nicht, daß z. B. das Andenken Johanns XII. oder Alexanders VI. geschützt wird, wenn es in irgend einen Zu— sammenhang mit dem Papsttum gebracht ist; wir wollen nicht, daß bas Andenken Luthers und Melanchthons ungestraft beschimpft werden kann. Bas wollen wir nicht, und das dürfen auch Sie zum Zentrum) unter keinen Umständen für gerecht halten. Die Regierung muß solchem Antrage zustimmen, hinter dem die ganze nicht ultramontane Welt stet. Ver Protestantismus will keinen weiteren Schutz, als er fon bisher hat, aber er ist gegen ein Ausnahmegesetz zu Gunsten Roms. In diesem Sinne werden wir unseren Antrag, wenn er abgelehnt werden sollte, immer wieder und wieder einbringen.

Abg. Stadthagen (So) behauptet, daß das Pfandrecht durch die Judikatur des Reichsgerichts verschlechtert werde. Auf dem Gebiete des Stra vollzugs lägen die Verhältnisse denn doch viel schlimmer, als der Abg. Gamp glaube. Es sei z. B. vorgekommen, daß man einem polnischen Redakteur den Kopf kahl geschoren habe, und wenn jetzt ein Redakteur seinem Schmerz in einem Gedicht Luft gemacht häͤbe, fo fei dies noch lange kein Beweis für die Behauptung, daß es mit bem Strafvollzug nicht so schlimm sein könne. Wenn der Abg. Kirsch sich auf die Haltung dec Sozialdemokratie in Feuerbach be⸗ zogen habe, so sei darauf hinzuweisen, daß die Bayern sich für die Aufhebung des 8 13 ausgesprochen haben. Bag sei das Entscheidende. Da ferner die Kommission des Abgeordnetenhauses die Vorlage wegen des Kontraktbruchs nur mit 7 gegen 7 Stimmen abgelehnt habe, so sasse sich erkennen, daß nur ein kleiner Teil des Zentrums zu fehlen brauche, um diese Bestimmungen gleichwohl zur Annahme gelangen zu laffen. Der Abg. Lenzmann habe sich in der Koalitionsrechtsfrage auf feine Reden beim ‚Zuchthausgesetz, bezogen. Angesichts der flagranten Rechtsverletzungen, die in der letzten Zeit vorgekommen seien, hätte er aber gerade in diesem Augenblick eine klare und bestimmte Stellung einnehmen sollen. Der Vorwurf. der Uebertreibung in der Hüssener— Sache sei vollständig unberechtigt. Nicht ein Jota des Materials seiner Freunde sei widerlegt worden. Herr Lenzmann habe sich dann auf angebliche Uebertreibungen durch den Abg. Bebel zurückgezogen; aber auch dieser Vorwurf fei unberechtigt, und so lange Herr Lenz⸗ mann feine Behauptung nicht aktenmäßig beweisen könne, müsse man seine Behauptung als eine unbegründete Ausflucht bezeichnen. Man habe die Worte Bebels auf gegnerischer Seite zu verdrehen el et und so getan, als ob dieser in einzelnen Fällen eine

estimmte Behauptung aufgestellt habe, wo er nur an die Regierung gerichtet habe, ob der betreffende Fall sich so Her;

die Frage halte. Herrn Lenzmann ein Denkmgl zu setzen, wie ihm imputiert worden sei, habe er nicht die Absicht; er werde ihn lebend ausbauen, Herr Lenjmann haue sich selbst am besten aus. An Be⸗ scheidenheit leide Heir Lenzmann jedenfalls nicht. Nicht die Sozial⸗ demokraten, wie Herr Gamp meine, sondern die Konservativen rürtelten an den Grundlagen der Justiz, wie der Fall Ring in bezug auf die Milchzentrale zeige. Wenn die Richter bewußt oder unbewußt zu Gunften der herrschenden Klassen entscheiden, so sei das Klassen⸗ justi, die im Zusammenhange stehe mit dem Klassenstaat. Die Richter dürften sich nicht als Kommis der herrschenden Klassen be⸗ trachten, sie müßten aus allen Kreisen genommen werden, und es mäßte eine Verfügung erlassen werden wie in Bayern, hinsichitlich der Auswahl der Schöffen und Geschworenen.

Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieberding:

Meine Herren! Erlauben Sie mir eine kurze Bemerkung zu den Mitteilungen des Herrn Vorredners, welche sich auf das Kapitel Strafrollzug beziehen, ein Kapitel, das ja das hohe Haus ganz besonders interessiert. Der Herr Vorredner hat uns erzählt, daß ein früher in einem preußischen Gefängnis befindlich gewesener Herr aus Krakau in einem polnischen Blatt seine Erfahrungen aus dem preußischen Gesängnis mitgeteilt habe, und unter diesen Erfahrungen befände sich auch die, daß ihm bei seinem Eintritt ins Gefängnis Bart und Haar geschoren worden sei. Der Herr Abgeordnete hat, und vielleicht auch schon der Redakteur, aus bestimmenden Gründen nicht angegeben, in welcher Zeit diese Gefängnishaft vor sich gegangen ist. Ich kann Ihnen nun sagen, daß nach den Bestimmungen, die seit den Jahren 1898 bis 1899 für die Behandlung der Gefangenen gelten und zwischen den verbün⸗ deten Regierungen vereinbart sind, eine solche Operation an denjenigen Ge⸗ fangenen, die nicht Zuchthaussträslinge sind, im allgemeinen nicht erlaubt ist. Die Beschlüsse des Bundesrats in dieser Beziehung gehen da— hin, daß den Zuchthaussträflingen nach den näheren Bestimmungen der Hausordnung Bart und Haar geschnitten werden kann, daß da⸗ gegen bei den übrigen Gefangenen dazu gehörte dieser betreffende Be richterstatter eine Behandlung der Bart. und Haartracht nur eintreten darf aus Gründen der Schicklichkeit und Reinlichkelt. Meine Herren, ich kenne den Fall nicht näher. Wenn eine Behandlung des Haares und Bartes des betreffenden Herrn eingetreten ist, so nehme ich an, daß Gründe der Schicklichkeit oder Reinlichkeit vorgelegen haben (Heiter⸗ keit), die die Verwaltung genötigt haben, dazu zu schreiten. Ich darf das um so mehr tun, meine Herren, als Sie aus meinen weiteren Mitteilungen ersehen werden, mit welcher Nachsicht dieser Gefangene seinerseit in dem preußischen Gesängnis behandelt worden ist, und in welcher Weise er dann seinerseits diese Nachsicht gelohnt hat. Wir sind aus Anlaß einer ahnlichen Mitteilung in der Zeitung auch auf diesen Fall gekommen und in der glücklichen Lage, uns wenigstens zum Teil schon jetzt und zwar so weit darüber orientieren zu können, daß ich dem hohen Haus Aufklärung über den Sachverhalt geben darf.

Meine Herren, es ist richtig, daß dieser Gefangene zunächst nach seiner Einlieferung in die Anstalt mit Maschinenstrickerei beschäftigt wurde; aber es ist dies nur soweit richtig, daß es 3 Tage dauerte. Dann wurde ihm auf seinen Wunsch Selbstbeköstigung gestattet. Er beschäftigte sich mit geistigen Arbeiten. Die Gefängnis verwaltung war ihm gegenüber sehr entgegenkommend, sodaß ihm sogar über das⸗ jenige, was von der Staatsanwaltschaft als Gefängnisaufsichts behörde angeordnet war, hinaus der Gebrauch einer der Anstalt gehörenden Schreibmaschine gestaitet war, gewiß alles, was ein Gefangener in solcher Lage in Anspruch nehmen datf.

Nun, meine Herren, wie hat dann der Gefangene nun dies Ent— gegenkommen der Verwaltung erwidert? Er hat diesen Aprarat benutzt, um agitatorische und cufreß ende Attikel zu schreiben (hört! hört und um diese mittels Bestechung des betreffenden Aussichte⸗ beamten in die Blätter zu bringen. Die Folge daron war, daß gegen diesen Aufsichtsbeamten ein Verfahren eingeleitet, er seines Dienstes entlassen wurde und nun mit seiner Familie im Unglöck sitzt.

Auch der betreffende Herr hat seine Strafe zugeteilt bekommen wegen Bestechung; ob er sie veibüßt hat, weiß ich nicht. Jedenfalls ist er jetzt in der Lage, vom Auktland aus in die deutsche Presse Artikel zu lanzieren, in denen er von der Nachsicht, die gegen ihn geübt worden ist, nichts sagt, andererseits aber das Verhalten, welches er gegenüber der Anstalt beobachtet hat, weislich verschweigt. Es ist das ein Bei⸗ trag zu dem Kapitel der Behandlung in den Strafanstalten, nament⸗ lich auch der Behandlung von solchen Personen, die mit der Presse in Beziehung gestanden haben. Das ist der Grund, weshalb ich mir erlaubte, den Fall in seinen Einzelheiten dem hohen Hause mitzu⸗ teilen. (Gravoh

Abg. Lenzmann (fr. Volksp) ;. Herr Gamp hat sein Bedauern darüber ,, daß die Richter fast alle freisinnig seien. Diese schöne Zeit ist leider vorbei, und es ist Herrn Gamp mit deem Bedauern wehl auch nicht ernst gewesen. Einen olchen Scherz, wie den, daß man erst gesessen haben müßte, um an dem Strafbolljugegesetz mitarbeiten zu können, sollte man doch dem Reichs⸗ täg erfparen. Herr Gamp nimmt mich dann beim Worte; wenn ich „Gottes Segen bei Kohn“ spielte, dürfte ich auch dem Minister Ruhstrat nicht vorwerfen, daß er Hafard spielte. Das haben wir auch niemals getan; was wir angriffen, war das Zeugnis des Herrn Ruhstrat, ker dem Gerichte verschwieg, daß er früher Hasard gespielt hatte; was wir angriffen, war das Gerichtsverfahren in diesem Falle. Herr Gamp huldigt dem Grundsatz, daß wir nicht Parlaments justiz zu üben hätten; das tun wir auch. Aber etwas anderes ist es, Kritik zu üben. Wag die Klaffenjustz betrifft, so existiert sie Gott sei Dank noch nicht in weiten Teilen des Reichs, aber in einzelnen Teilen exifliert fie, und Herr Gamp hatte keinen Anlaß, mit dieser Emphase auf den Richterspruch gegen den Beleidiger des Kollegen Lieber hinzuweisen. In vielen Fällen hat die Staatsanwaltschaft Be⸗ leidigte, wie unseren früheren Kollegen Barth, auf den Weg der , verwiesen, während. sie sofort das Strafverfahren x Ifsicio betrieb, wenn es sich um Beleidiger von Herren der Farbe Liebermann von Sonnenberg handelte. In iesen letzten Tagen habe ich eine Fülle antisemitischer Schmãähbriefe erhalten, allerdings meistens anonym. Wie denken denn Herr Gamp und Herr Bruhn über die Frage der Agitation des Grafen Pückler? Das wäre mir viel interessanter von den Herren zu hören; davon verlautet aber nicht5ß. Wenn Herr Stadthagen bemängelt, daß ich nicht auch über daz Streilpostenstehen gesprochen, sa handelte es sich in diefer Vebatte um Dinge, von denen dieses Themg weitab liegt; wir haben ja die Streikinterpellation, und da werde ich Ihnen die Erklärung nicht schuldig bleiben, wie ich über das Streikpostenstehen denke. Ich habe Herrn Bebel erwähnt, nicht im Tone des Vorwurfs, fondern mit einem gewissen Wohlwollen, um seine Freunde zu warnen, ihm Material zu geben, was sich nachher nicht als stichhaltig erweist. Herr Bebel hat hier selbst erklärt, ihm werde so viel Material zu⸗ getragen, daß er es unmöglich übersehen könne. Und hat Herr Stadt- hagen denn den Tucker⸗Brief vergessen? Es ist parlamentsnotorisch, daß die Sozialdemokraten fehr häufig Fälle vortragen, in denen sie allzu leichfaläubig gewesen sind. Das ist ihr Gegensatz gegen ung. Wenn ich über einen Vorfall hier spreche, so habe ich mich authentisch infor⸗ miert. Was den Fall Hüffener und die Photographie, betrifft, so babe ich erklärt, es handle sich um eine veränderte, also eine unrichtige Photographie; die Photographie, die ich gesehen habe, enthielt noch eine vlerte Person, die auf dem „Vorwärts. Bil de verschwunden ist, und ich habe stigmatisiert, daß der Mann, der Ihnen das Bild zur Verwertung übergab, sich zunächst von diesem Bilde selbst entfernte. Auch die Behauplkung der Sozialdemgkraten, daß an dem Untergang der Elbe die nicht geschlossenen Schotten schuld waren, hat sich be⸗ kanntlich als durchaus haltlos erwiesen. - ;

Abg. Kunert (Soz) erklart, er gehe auf die bewelslosen Ver. dächtigungen des Vorredners gegen die Sozialdemolratie nicht ein, und bezeichnet den Antrag, der Freisinnigen auf Ab⸗ änderung des § 166 Strafgesetzbuchs als eine traurige Halbhei und Uagzuläuglichkeit. Setze man das Dasein Gottes und der daraus entspringenden Institutionen voraus, so müsse man auch zugeben, daß beides nicht befchimpft, beleidigt, gelästert werden könne. Gehe men davon aus, Taß der Gotiesbegriff ein Phantom, ein Ge— schöpf der Phantasie sei, so sei der ganie Paragraph über⸗ fläffig und lächerlich. Der Antrag der Freisinnigen wolle die Strafbarkeit der Gotteslästerung bestehen lassen, die trafbarkeit der Beschimpfung der. Institutionen wolle er abschaffen. Die So tial demokratie habe keinen Anlaß, sich auf Amendierung einzulassen. Der Umstand, daß der Kanzler es einfach ablehne, im Reichstage zu er⸗ scheinen, wo es sich um den Anteil der auswärtigen Politik am Königsberger Prozesse handle, werde die Sozialdemokraten veranlassen, alles zu tun, um die Ministerverantwortlichkeit im Reiche zur Wahr⸗ heit zu machen.

Vizepräsident Dr. Graf zu Stolberg⸗Wernigerode rügt, daß der Redner in den Eingangtworten von beweislofen Verdãchti⸗ gungen des Abg. Lenzmann, gesprochen habe; der Auedruck „Ver- dächtigung' gegen ein Mitglied des Hauses sei unzulässig.

Abg. Schrader (fr. Vgg.): Ich bin von den Zentrums rednern mit dem Vorwurf bedacht worden, daß ich Unfrieden stiften wollte. Ich habe siets zum Frieden geredet, und dies ist meine Absicht auch bel der Unterstuͤtzung des Antrags auf Aenderung des § 166. Gerade die Beseitigung dieses Privilegs wird mehr zum Frieden beitragen, als die ewigen Prozesse, die aus diesem Paragraphen entspringen, durch die Zeitungen gehen und immer neue Unzufriedenheit erzeugen. Ich perfönlich wäre auch für die Beseitigung des ganzen § 166, wenn Jauch nicht aus den von Herrn Kunert vorgetragenen Gründen.

Abg. Ledeb our (Soz.): Herr Lenzmann hat behauptet, die Sozialdemokratie sei wieder einmal mit dem Bilde des Herrn Hüssener geleimt; er hat sogar den Namen des Mannes genannt, der uns daz Bild geliefert und sein eigenes Konterfei davon zuvor entfernt habe. Diese Behauptungen sind sämtlich falsch. Der Mann hat das Bild nicht selbst an die Sozialdemokratie ausgeliefert, was ja ein Verdienst gewesen wäre. Herr Lenzmann. stellte den Mann als dnen Feigling hin, der sich erst in Sicherheit gebracht hätte. Dieser Architekt oder aurermeister hat das Bild nicht an ng ausgell fert, wie wir uns aus Cöln autbentisch haben bestätigen lassen; das Bild ist durch eine Reihe von Händen gegangen, ehe es an uns kam; weder der Mann noch sein Schwager haben mit der Auslieferung etwag zu tun. Der Vortrag des Herrn Lenzmann charakterisiert sich aso als eine Denunziation. Herr Lenzmann muß wissen, daß die Kommandantur angezeigt hat, es würde ein Straf⸗ verfahren gegen die Presse eingeleitet werden. Darum erklären wir, daß . j ner Architekt das Bild nicht ausgeliefert hat. Ich habe das Bid vor mir. Sie werden sich daraus überzeugen, daß hier von einer Fälschung nicht die Rede sein kann. Die einzige Aenderung ist, daß bie vierte Perfon weggeschnitten ist. Das ist aber weder von uns noch von dem Maunrermesster geschehen. Hert Lenjmann hat da etwas behauptet, worüler er sich nicht vergewissert kat. Er hat also den Fehler begangen, den er uns vorm ütft. Die vierte Figur ist weggeschnitten von einem Freunde, der die Figur an uns geliefert hat. Er'mollte unklugerweise den Architekten entlasten, er rechnete nicht mit Leuten von“ der Geistesverfassung des Abg. Lenzmann, dir uns daraus einen Strick drehen wollte. Phorographien lassen sich nicht auf gewöhnliches Zeitungspapier bringen, darum sind lediglich aus zeitungstechnischen Gründen Aenderungen vorgenommen worden. Diese Aenderungen tragen aber nur zur Abschwächung bei Der Zeichner hat den Blumentopf weggenommen. Herr Lenzmann behauptete nun, es sei als Atrappe eine Anzahl , ,. eingefügt worden, Aus dem Originalbilde werden Sie sich überzeugen, daß die Weinflaschen schon darauf sind. Ob in diesen Flaschen . kann man natürlich nicht sehen. Wenn Herr Lenzmann das Original wirklich gese hen hat, dann hat er die Sache nicht gründlich geprüst. (Zæischenruf des Abg Lenzmanng Es ssehen auch Weingläser auf dem Tisch, um ju ijeigen, ein wie sidels Leben Herr Hässener und seine Freunde da führen. So gehen Herr Lenjmann und seine Freunde den Dingen nach! Gründ— licher als Herr Lenzmann ist hier im Reichstage überhaupt noch

keiner hineingefallen, der hier als Sittenprediger auftrat. Er hat in der leichtfertigsten Weise einen Mann außerhalb des Hauses angegriffen, und seine Attacken waren ein glänzender Heremfall. Herr Lenzmann hat nicht einmal so viel politischen Takt, daß er im gemeinsamen Kampf um den handelt ez sich hier es nicht lassen kann, seine Bundesgenossen hinterrücks in die Kniekehlen zu hauen. Solch angenehmer Mitbürger sind Sie! Das war eine politische Torheit, die nur so zu erklären ist, daß Herr Lenzmann feine flaatgerhaltende Gesinnung zeigen wollte. Er greift in den Honigtopf, um dem verehrten Herrn Geheimrat, den er vorher an⸗ gegriffen hat, eine Menge Süßstoff beizubringen. Das ist ein wider wärtiges Verfahren. (Vizepräsident Dr. Graf. zu Stolberg⸗ Wernigerode: Ich bitte Sie, Ihre Ausdrücke etwas mehr ju prüfen) Wir werden unbekümmert um einen solchen Liberalismus unseren Weg gehen.

Sch midt⸗Warburg (Zentr): Ich fasse die Stellung zum § 166 nicht konfefsionell auf; wir wollen auch die andern Konfessionen in ihren Gefühlen ebenso schützen, wie die unsrigen. Wenn ein Bedürfnis zum Schutz der angkitanischen Kirche vorhanden sein sollte, so haben wir gar nichts dagegen, v ihr dieser Schutz gewährt wird Wenn aber wirklich unsere Presse sich der behaupteten Beleidigungen schuldig macht, so würde gerade die Aufhebung des F 166 sie darin bestätken, mit den. behaupteten Schimpfereien fort- zufahren. Wir. wollen solche Beschimpfungen auch in unserer Presse nicht. Oder verlangen die Herren die Schimpffreiheit nur für ihre Partei? Wir verlangen keine Straffreiheit. Der liebe Gott bedarf keines Schutzes, aber diejenigen bedürfen ihn, die in ihren Gefühlen gekränkt werden.

Abg. Bruhn (Reformp): Der Abg. Lenzmann hat uns eine Geschichte aus einem Seebade erzählt. Er will dem Betreffenden ge⸗ sfagt haben: ich spiele nur Gottes Segen bei Kohn. Hätte ich dem Juden fo geantwortet, so würde Herr Lenzmann mahrscheinlich sagen: das ist eine antisemitische Roheit. Er hat aber auch sonst Aeußerungen getan, die beweisen, daß Sie sjum Abg. Lenzmann) im Stillen Antisemit find. Ich will auf Privatgespräche nicht eingehen, bitte aber den Abg. Lenzmann, die Sache nicht zu welt zu treiben, sonst müßten wir davon Gebrauch machen. Im Herzen ist er Antisemit, aber auf der Tribüne spricht er anders, damit seine jiüdischen Freunde Bravo rufen. Graf Pückler hat sich zu einer ärfe entwickelt, die wir nicht billigen können. Früher war er der Meinung, die Juden würden nicht eher anders, als bis sie einmal Prügel bekommen. Jetzt spricht er anders. Wir haben sofort mit ihm gebrochen, als er Bebel als feinen lieben Freund und dessen rote Genossen selne lieben Genossen nannte. Seitbem haben wir keine Versammlungen für ihn anberaumt. Auch Herr von Gerlach ist früher einmal als der größte Antisemit bezeichnet worden, der von den Juden am meisten gehaßt werde. Die Art und Weise, wie Herr Lenzmann gegen den verstorbenen früheren Redakteur und Abg. Freiherrn von Hammerstein vorging, war sehr unschön. Man könnte Herrn Lenmann auch mit Beispielen aus seiner eigenen Partei aufwarten, .

Abg Br. Spahn (Zenter, schwer verständlich) tritt den Ausfüh⸗ rungen des Abg. Müller- Meiningen entgegen, Wenn Herr Müller hier im Reichstag nicht als Richter, sondern als Abgeordneter spreche, fo dürfe er auch in feinem Auftreten als Abgeordneter seine Eigen⸗ schaft außerbalb des Hauses nicht außer acht lassen. Was stehe denn in der Enzyklika Humanum genus? Auch nicht das geringste, was dem Abg. Müller das Recht gebe, diese anzugreifen. (Redner zitiert das Schriffftick5 Seine (Redners) Partei wünsche, daß alle Kon⸗ fessionen durch den 8 166 gleichmäßig geschützt werden. Die Kirche wisse bestimmt, was Kircheneinrichtungen seien. Darüber könnte von vornherein kein Zweifel sein. Die Kirche bestehe länger als das Deutsche Reich. Aber der Richter könnte sich im Irrtum befinden, was (ine kirchliche Einrichtung sei, und darum müsse er sich an das wissenschaftliche Material halten.

Abg. Dr. Müller- Meiningen: Ich habe den Ton des Kulturkampfes nicht angeschlagen, ich bin gerade ein Gegner des Kulturkampfes, wie ihn Bismarck mit Hilfe des Staats führte. Wir wollen den Kampf auf geistigem Gebiete. Sie aber (ium Zentrum) wollen die ile des Staats für sich allein haben, und, dag wallen wir nicht. ir unfererseits wollen weiter nichts als Parität hinsicht⸗ lich der Kritik, die uns von der anderen Seite aufgedrängt wird. Wir wollen auch den konfessionellen Kampf vermeiden, aber einen , . frieden wollen wir nicht. Wenn aber der Kulturkampf von Ihnen 3. B. in der Schulfrage eröffnet wird, dann, können und dürfen wir nicht schweigen. Der Äbg. Spahn hat die Bulle nur zum Teil verlesen, in Tem' nichtverlefenen Teil ist von der 'sogenannten Reformation die Rede, von der sogenannten Philosophie, dem sogenannten modernen Recht, der Volkssouveränitat, einer Zägellosigkeit, von dem 1 sei nur ein Schritt zu dem verderblichen Sozialismus,

ommunismus und Nihilismus. Also Sie geben das zu, das ist mir ein angenehmes Zugeständnis. Es liegt mir eine Uebersetzung vor, die gerichtsnotorisch und nicht angezweifelt ist. Was steht denn in den katholischen Flugblättern? Mit der liberalen und protestan⸗ tischen Richtung komme man schließlich zu dem Standpunkt, auf dem die Berliner Birnen und Zuhälter stehen, heißt es in dem einen Flug⸗ blatt. Ich konnte Sie mit einer Reihe anderer Beispiele unter⸗ halten. Sn der Enwklika steht der Satz: Reich des Satang,, unter Bezugnahme auf den Protestantismus mit dürren Worten. Wie Herr Gamp in dieser Frage ein Bundesgenosse des Zentrums ist, begreife ich nicht. In der e, , wird der Protestantismus als eine Krankheit, als eine euche bezeichnet, in dem Rund- schreiben der baverischen Eribischöfe und Bischöfe gar wird direkt von der nicht genug ju verabscheuenden Pest gesprochen. Damit kann nur der , , . gemeint sein. Wenn Sie (zum Zentrum) Ihre Toleranz zeigen wollen, dann können Sie es am ßesten beim 5 166 tun. Hert Spahn meinte, der Richter entscheide felbständig. Aber wir Richter, kennen nicht jede Einzelheit des kanonischen Rechts, wir sind auf die Gutachten der kirchlichen Organe angewiesen. Das Zentrum hält es nun für richtig, daß diese den Ausschlag geben. Das wollen wir nicht. Wir verwerfen die Ab⸗ hängigkeit des weltlichen Rechts von dem geistlichen, kanonischen Recht. Das Zentrum sollte uns nicht mit solchem Mißtrauen begegnen, wenn wir mit einem solchen Antrage kommen. Wir kämpfen um die Freiheit der Wiffenschast, wir wollen nicht die Hilfe, sondern die Parität, die Neutralität des Staats.

Abg. Lenjmann: Bei der Sache mit dem Skat handelte es sich um eine Anekdote. Wäre ich einem Leutnant begegnet, so hätte ich einen n,, Witz gemacht. Aus dieser Anekdote auf meine Gesinnung ju schließen, ist ganz falsch. Ich freue mich sehr, daß Hert Bruhn Graf Pückler abgerchüttelt hat. Er haͤtte es nur schon früher tun sollen; da hat er ihn seinen Freund genannt. Wenn ich wirklich die Juden als Rasse und Konfession nicht leiden könnte, fo brauchte ich immer noch nicht ein Antisemit in Ihrem Sinne zu sein; dazu bin ich zu klug, zu vornehm und ju gerecht. Herr Ledebour hat inhaltlich gar nichts von dem wider, iegi, was ich vorgebracht habe. Ich habe niemals gesagt, daß die Sozialdemokratie an der Fälschung der Photographie beteiligt ge⸗ wesen sei. Ich habe nur gesaßt, der- Vorwärts. 366 den Artikel ge⸗ bracht auf Grund einer unrichtigen Photographie. der Maurer, ist wohl ein Sozialdemokrat. bitte, nicht zu

Der vierte Mann (Präsident: Ich u unterbrechen, es dauert so schon lange genug h Jedenfalls besteben dirtkie Benehungen jwiscken dem Verbreiter

ind der Röeinischen Zeitung‘. Vielleicht wünscht der vierte Mann als Sojtalemokrat nicht in dieser Gesellschaft gesehen ju werden. Ich habe übrigens nicht sagen wollen, daß in das fertige Bild die Flaschen hineingezeichnet worden seien, sondern nur, daß die Flaschen als Atrarpe bei der Lerstellung des Bildes eingefügt worden sind. Wie man mir zutraut, ich hätte das Ganze vorgebracht, um zu de. nunzieren, verstehe ich nicht. Es liegt ja auch gar nichts Strafbares por. Wenn der Festungekommandant die Verfolgung der Presse wegen der Folgerungen aus dieser Photographie angedroht hat, so in noch sehr zweifelhaft, ob er damit Erfo'g bat. Ich habe die Sache vorgebracht, weil schon vorher in der Piesse die Behauptung aufgestellt wurde, es würde hier mit einein gefälschten Bilde operlert werden, und die Verantwortlichteit dafür habe ich wenigsten?

von uns abwälzen wollen; deshalb, und nicht um den Sozial⸗ demokraten in die Kniekeblen zu fallen, habe ich so gehandelt. Und wenn schließlich Herr Ledeb ur mich damit diskreditieren will, daß ich gewissermaßen ein höfischer Sxeichellecker sei, o ist das eine Unterstellung allersclimmster Art. Der Staats ekretar Dr Nieberding hat das Lob eines Demokraten zurückgewiesen, weil es ihm vielleicht unbequem war, aber es war wenigstens ehrlich. Ich habe siets den Mut zu loben gehabt, und ich werde den Staatssetretär der Justiz immer wieder loben, wenn etwas zu loben ist, und wäre es auch, um seine Kollegen anzufeuern, ihm auf der Bahn des Guten zu folgen.

Abg. Dr. Hie ber (al): Nicht um die Schimpffreiheit handelt es fh bei dem Verlangen auf Beseitigung des § 166. Eine Reihe

er geachtetsten Juristen hat sich für diese Beseitigung aus⸗ gesprochen. Kein Vorwurf ist weniger am Platz als der, daß es sich um eine Wiederbelebung des Kulturkampfes handle; man lann ar kein unberechtigteres Schlagwort in diese Debatte hineinwerfen. Bg in die Reiben der positiven Rechten binein hat man sich gegen den 5 166 ausgesprochen; prinzipiell wird der Schutz des Staats abgelehnt, und die Erfahrung hat erwiesen, daß die Handhabung des sz it tatsaͤchlich zu einer verschiedenen Behandlung, der Angehörigen der beiden Konfessionen geführt hat. Unzweifelhaft sind durch die Rechtsyrechung kanonische Rechte anschauungen in unzulässiger Weise in die Rechtsprechung des weltlichen Gebiets hineingetragen worden. Der geistliche Kampf in Deutschland hat dem Lande gewiß tiefe Wunden geschlagen, aber der geistigen Entwicklung hat er ungemein genützt; der Geisterkampf ist nötig für alle Bildung sgebiete, mag es sich um Theologen, Philologen, Mediziner ode: Juristen handeln; verwerf⸗ lich wird dieser Kampf erst da, wo er mit vergifteten Waffen geführt wird. Das Buch , . ist von Professor Harnack als eine der gemeinsten Sudeleien bezeichnet worden. Es ist ganz falsch, wenn die Herren vom Zentrum sich hinstellen und von Angriffen reden; im Gegenteil, es handelt sich um Abwehr. Es sell ja auch nicht der ö; 166 garz beseitigt werden, sondern nur sein zweiter Teil, der erste oll ja stehen bleiben.

Abg. Ledebour verharrt gegenüber den letzten Ausführungen des Abg. Lenzmann bei seinen vorherigen Darlegungen.

Abg. Werner (Reformp): Der Abg. Lenzmann hat heute zugegeben, daß der Mann, dem er erklärte, er spiele nur Gottes Segen bei Kohn“, ein Jude gewesen sei. Es ist doch unerhört, wenn er auf eine höfliche Frage eine solche Antwort gibt. Mit besonderer Wärme hat. Herr Lenzmann gestern betont, er lasse sich seine germanische Gesinnung nicht rauben; jedenfalls macht er den Eindruck eines urgermanischen Bienphilisters. Bei der Rede des Abg. Müller⸗ Meiningen für die Aufhebung des § 166 fielen mir die Worte Friedrich Wilbelms IL. ein: Wenn Protestanten und Katholiken sich streiten, macht der Jude die Musik dat. . Ich meine, die beiden Konfessionen sollten einträchtig jein, eine gleichmäßige Anwendung des F 166 zu fördern und herbei uführen.

Abg von Kardorff (Rp): Herr Hieber hat recht, daß in der gerichtlichen Behandlung und Anwendung des 5 166 eine große Imparität besteht. Wenn sich jemand erlaubt, einen Papst, dessen Lebenswandel und Regierungsweise vielleicht recht anfechtungsfähig ist, anzugreifen, zu beschimpfen, so kann ihn der Staatsanwalt unter Ankloge setzen. Wenn aber jemand von dem Reformator Luther lügnerische Behauptungen gufstellt, so z. B, er sei durch Selbitmord gestorben, so kann er nicht unter Anklage gestellt werden. Darin liegt eine Imparität. Bei dieser verliert aber die evangelische Kirche nichts; jede solchke unrechte Behauptung stärkt das Bewußtsein der evangelischen Kirche. Das Zentrum sollte selbst das Gefühl haben, daß dieser §z 166 der Veränderung bedarf; ich erwarte das von ihm in seinem eigenen Interesse. Einstweilen kommt der 5 166 also der evangelischen Kirche mehr zugute, und ich werde deshalb ruhig für den 5 165 stimmen.

; Präsident Graf von Ballestrem: In diesen Fall werden Sie nicht kommen, da eine solche Abstimmung richt bevorsteht.

Abg. von Normann (. kon): Wir werden uns bei der Debatte über den Antrag Müller⸗Meiningen auch äußern; dies jetzt zu tun, dafür liegt für uns kein Anlaß vor.

Abg. Dr. Spahn: Diese Frage hat mit geistigen und religiösen Fragen gar nichis zu tun. Bei der Enzyklika handelte es sich um eine historische Auffassung, die als solche gegenüber der protestantischen eine Berechtigung hat. Denifle ist kein Deutscher; es ist aber auch von gegnerischer Seite anerkannt worden, daß er zuerst Fragen be—⸗ handelt, die von evangelischen Geschichtsschreibern seit Jahrhunderten nicht behandelt worden sind.

Damit schlicßt die Diskussion; es folgen persönliche Be— merkungen.

Abg. von Gerlach (fr. Vgg.): Auf die Erwähnung meiner Person durch Herrn Bruhn kann ich nur erklären, daß ich die politische Kinderkrankbeit des Antisemitismus glücklich durchgemacht habe.

Abg. Gamp: Herr Müller- Meiningen hat sich veranlaßt ge ehen, einen Zwischenruf bon mir mißzuverstehen. (Präsident: Ueber Zwischenrufe darf man keine persönlichen Bemerkungen machen) Ich möchte mich dagegen verwahren, daß ich wegen dieses Zrischenrufs als Bundergenosse des Zentrums hingestellt werde.

Abg. Lenzmann: Ich freue mich, daß Herr Werner endlich mein Germanentum anerkannt hat. Der „Bierphilister“ geniert mich nicht. Die Information des Herrn Ledebour kann ich nicht für besser halten als meine eigene.

In der Abstimmung wird die Resolution Müller⸗Meiningen⸗ ,,. betr. die Verbürgung der Gegenseitigkeit der

trafverfolgung und betr, die Gestaltung der Auslieferungs⸗ verträge, in ihren einzelnen Teilen angenommen; ebenfalls kur Annahme gelangt die Resolution Erzberger, betr. die Vor⸗ egung einer alljährlichen Statistik über die Beschäftigung der Strafgefangenen.

Das Gehalt des Staatssekretärs wird sodann bewilligt, ebenso ohne Debatte der Rest dieses Spezialetats.

Schluß 6 Uhr 10 Minuten. Nächste Sitzung Dienstag 1 Uhr. (Etat.)

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 118. Sitzung vom 16. Januar 1905, Vormiltags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Das Haus setzt die allgemeine Besprechung des Staats⸗ haushaltsetats für das Rechnungsjahr 1905 fort.

Minister für Handel und Gewerbe Möller:

Meine Herren! Im Anschluß an meine Werte am Schluß der Sitzung vom Sonnabend kann ich hierdurch mitteilen, daß der Herr Oberberghauptmann von Essen zurückgekehrt ist, und kann Mit— teilung machen über ein Protokoll, das über die Verhandlungen, die er dort mit den Interessenten des Bergbaues vorgenommen hat, mir vorliegt. Meine Herren, das Protokoll lautet, wie folgt:

Herr Oberberghauptmann von Velsen hat im Auftrage Seiner Exzellenz des Herm Ministeipiäsidenten und Seiner Exzellenz des Herrn Handelministers mit Herrn Gebeimrat Krabler sich ins Benehmen gesetzt, um hier über die Stellung der Berzbauindustrie zu den jüngst erhobenen Forderungen einer bergmännischen Delegierten versammlung, welche am 12. Januar in Essen bei van de Loo ver⸗ handelte, Rücksmprache zu nehmen.

Nach längerer Verhandlung erklärten Herr Krabler und mit ihm überein stimmend die anderen Herren vom Bergbauverein, daß es völlig ausgeschlossen sei, auf den Vorschlag der Delegierten

einzugehen, wonach Verhandlungen zwischen denselben und dem Bergbauverein über die Forderungen stiattfinden sollten. Derartigen Verhandlungen stände einmal entgegen der unter Kentraktbruch begonnene Ausstand, sodann die völlige Unsicherheit der Exequierbarkeit etwaiger Verhandlungs— ergebnisse. Die Herren vem Bergkauverein weisen darauf hin, daß tretz der am 12. Januar in Essen ausgegebenen strikten Parole, weitere Belegschaften sollten nicht in den Ausstand treten, gleich⸗ wohl gestern und heute zahlreiche neue Belegschaften, wiederum unter Kontraktbruch, in den Ausstand getreten wären. Somit be⸗ stände nicht die geringste Wahrscheinlichkeit, daß die Unterzeichner der fraglichen Forderungen Autorität genug besäßen, die ausständischen Belegschaften auf den gesetzlichen Boden zurückzuführen. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen.)

Zugleich aber erklärten die Vertreter, daß es im dringenden Interesse aller bergbaulichen Kreise liege, daß vollste Klarheit über die Verhältnisse des Niederrheinisch-⸗Westfälischen Bergbaues duch eine objektive Untersuchung geschaffen werde, um festzustellen, daß irgendwelche allgemeine Mißstände im Ruhrbezirk be— ständen. Zu dem Zwecke wäre es ron hohem Werte, wenn die Königliche Staatsregierung im Einvernehmen mit dem Landtage der Monarchie eine Enquete über all die einschlägigen Verhältnisse veranstalten wollte

(sehr gut! bei den Nationalliberalen), in der dies Mitglieder des Bergbauvereins jede Aufklärung ju geben bereit sein werden.

Ich kann daraufhin erklären, daß der Herr Minister des Innern einverstanden mit mir ist, morgen sofort Kommissare in das Revier zu entsenden zur Einleitung einer Untersuchung, wie sie von dem bergbaulichen Verein gewünscht wird. (Sehr richtig! bei den National⸗ liberalen) Ich glaube, mit dem hohen Hause mich im Einveiständ— nis zu befinden, wenn ich auch heute darauf verzichte, nach irgend einer Seite hin Stellung zu nehmen, da dadurch die Verhandlungen nur erschwert werden würden. Ich bitte wiederholt das hohe Haus, sich dieser Auffassung auch seinerseits anzuschließen. (Bravo! bei den Nationalliberal en.)

Abg. Dr. Wiemer (fr. Volkep.) Der Abg. von Zedlitz hatte am Sonnabend sein Bedauern über die Abwesenbeit dez Abg. Richter ausgesprochen. Das ist auch von anderer Seite . bei anderen Gelegenheiten gescheben. Diese Anteilnahme an Lem Be—⸗ finden unseres Führers wird von uns, seinen politischen Freunden, dankbar empfunden, und wir teilen zuversichthich die Hoffnung, daß baldige Genesung erfolgen wird. Herrn von Zedlitz stimme ich darin bei, daß diesmal der Etat außerordentlich vorsichtig aufgestellt ist, und der Fingnzminister mahnt weiter zur Vorsicht und pfleg⸗ lichen Behandlung Fer Ausgaben und Einnahmen. Vorsicht ist darin unentbehrlich, aber man kann auch zu weit gehen. Für 1903 z. B. war ein Fehlbetrag von 71 Millionen im Etat in Aussicht genommen, es ergab sich aber ein Ueberschuß von 638 Millionen. Man hat sich alse um 134 Millionen verrechnet. Bie wirtschaftliche Belebung reicht zur Begründung solcher Fehlschätzungen nicht aus. Man soll in der Vorsicht über daz zulässige Maß nicht hinausgehen. Die Pro—⸗ klamation der Vorsicht darf nicht ein Hinwirtschaf len aaf Ueberschüsse fördern. Besonders interesfant ist, daß der Ueberschuß der Eisen⸗ bahnverwaltung für 1903 nicht 63, sondern 111 Millionen, also 48 Millionen mehr ergeben hat. Der Finanzminister sieht darin einen Beweis für die vortreffliche Verwaltung der Fisenbahnen, Daz ist es aber nicht, wenn ein Verkehrsinstitut so hoh⸗ Ueberschüsse heraus wirtschaftet. Die Schätzung der Eisenbahnverwaltung von 68 Millionen mehr für 19064 hält sogar der Finanzminister für zu vor— sichtig. In den ersten acht Monaten ist der Etatsansatz bereits um 58 Millionen überschritten. Auch den Gesamtũberschuß für 1904 von 154 Millionen hält der Finanzminister für zu vorsichtig geschätzt. Den Ausgleichsfonds haben wir bekämpft, weil sich der Etat damit noch unuͤbersichtlicker gestaltet. Von den 635 Millionen aus 196063 sind zunächst die Mittel zur Auffüllung des Dispositions« fonds der Eisenbahnverwaltung entnommen, gegen den wir nichts einwenden. Dem Ausgleichsfonds verbleiben 49 Millionen und ferner der Ueberschuß aus 1901. Der Finanzminister meint, es wird aus 1904 ein Mehrüberschuß, von 30 Millionen enistehen, die gerade ausreichen, den Dispositionsfonds der Eisenbahn verwaltung auf⸗ jufüllen. Er weiß aber noch gar nicht, ob der Fonds aufgebraucht fein wird, er kann ebenso 198 Millionen übrig behalten, wie im vorigen Jahre. Das nennen wir Thesaurierung. Der Finan;minister kann das Thesanrieren nicht leiden, aber die thesaurierten Millionen nimmt er gern. Der Finanminister malt einen Defizitetat an die Wand, wenn die Matrikularbeiträge steigen. Wir brauchen aber nicht so viel Millionen zu thesaurieren, dann ist sofort Deckung da. Die feste Abgrenzung zwischen den Reichs und Staatsfinanzen ist allerdings nicht nur eine finanzielle, sondern eine wichtige politische Frage, aher in anderem Sinne, als der Minister aus führte. Wir meinen, daß die Matrikular⸗ beitrãge ein beweglicher Faktor für die Reichsfinanzen und gleichjeitig ein Korrektiv gegen die zu weit gehende Bewilligungelust im . sein müssen. Die Matrikularumlagen wachsen so an, weil die Minister der Bundesstaaten nicht Widerstand genug gegen alle möglichen Aus- gaben des Reiches leisten. Will der Finanzminister die Matrikular⸗ umlagen beschränken, so muß er im Reiche auf Sparsamkeit hinwirken. Was den Etatsentwurf für 1905 anlangt, so stimme ich im allgemeinen der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage durch den Finanzminister zu. Die uns in diesen Tagen vorgelegte Uebersicht über die Ergebnisse der Einkommen steuerveranlagung ist diesmal sebr interessant. Das steuerpfl chtige Einkommen hat um fast 400 Millienen zugenommen, und nicht minder interessant ist, daß der Durchschnitt des steuer; pflichtigen Cinkommens in den Städten abgenommen, dagegen auf dem Linde zugenommen hat, also ein Zeichen für die Zunahme des Wohlstandes auf dem Lande ist, welches mit den Klagen der Ver— treter des platten Landes erbeblich kontrastiert. Was der Minister⸗ präfident über die gegenwärtig schwebenden Handelsvertragsverhand⸗ lungen ausgeführt hat, können wir im wesentlichen akzeptieren. Nicht ohne Widerspruch aber können wir passieren lassen, was der Finanmminister über dieselbe Frage gesagt hat. Er er⸗ klärte, die neuen Verträge biächten erhöhten Schutz für die Landwirtschaft. d. b. für uns: erhöbten Schutz für den Groß⸗ grundbesitz. Seine Statislik, die nachweisen sollte, daß in Ter Landwittschaft der kleine Grundbesitz weitaus überwiegt, ist an sich richtig, unrichtig sind aber die vom Minister daraus gezogenen Folgerungen. Die Frage lautet richtig: Haben denn die kleinen Grundbesitzer Vorteil von den Zöllen, sodaß man von einem Schutz der Landwirtschaft sprechen darf? Das bestreiten wir aufs entschie den te. Als es sich um den Antrag Kanitz handelte, hat Fürst Hohenlohe auch zahlenmäßig nachgewiesen, daß 770 / aller Landwirte überhaupt kein Getreide verkaufen. Daneben bringt die Erhöhung des Zolles auf Futtermittel der Landwirtschaft ganz entschiedene Nachteile. Hiniu tritt die Steigerung der Grund, und Bodenpreise, die z. T eine Folge dieser Politik, ist. Also dürfte nur ein gan kleiner Teil der Landwirtschaft wicklichen Vorteil von den neuen Vertäägen haben. Um so kühler hat sich der Finanzminister über die Folgen der neuen Verträge für di Jadustrie ausgesprochen; er beschränkte sich auf die kähle Bemerkung, sie werde sich auf, Deränderte Ve bältnisse einzurichten baben, d. b. nach unserer Auffassung auf verschlechterte. Der Grport wird eingeschrankt oder ganz vernichtet werden. Das kann und wird eventuell für Deuischland die schlimmsten wirtschaftlichen Kalamitäten herbeiführen, denn in steigendem Maße wächst der An= teil der Intustri⸗ und des Handels an der Gesamtheit und tritt der der Landwirtschaft zurück. Eine Reform des Einkommensteuergesetzes

erscheint auch uns als wünschenewert; aher einzelne der Reform⸗ absichten des Ministers erscheinen uns doch sehr bedenklich, so die ge⸗ plante Heranziehung der Gesellschaften mit be chränkter Haftung. Wir würden diese Absicht aus denselben Gründen bekämpfen müssen, aus denen wir seinerzeit die Doppelbesteuerung der Aktiengesellschaften be⸗ kämpft haben. Ueberhaupt soll man doch nicht Rechtsformen besteuern, sondein das Einkommen. Die Frage, oh der Pregressionẽsatz über 400 gesteigert werden soll, möchte erwägenswert sein. Norwendig wäre ferner die Reform des Kommunalabgaben geseßzes. Die zustãndigen Minister haben vor einigen Monaten einen Erlaß an die Städte er= gehen lafsen, worin auf dieselben behufs Vermehrung der indirekten Steuern Einfluß zu nehmen gesucht wird. Das erscheint mir als ein bedenklicher Weg. Die direkten Steuern sind auch für die kommunalen Verwaltungen das Rückgrat; eher sollte die Besteuerung der Einkommen unter 3090 SM den Kommunen überlafsen werden.

Auf dem Gebiete der allgemeinen Staatsverwaltung sind manche Lulturforderungen nicht erfüllt worden, die unbedingt notwendig sind.

Dagegen erscheint uns die Forderung von 14699 16 als Re

pPräsentationsgelder für die Minister im höchsten Grade bedenklich.

Wir glauben, daß in Repräsentation gerade genug geleistet wird

Der Etat nimmt Bezug auf eine Anregung aus dem Hause. Diese An regung ging vom Abg. Vopelius us. Was muß das für ein einfluß= reicher Mann sein! Vi? werden seinen Einfluß in Arspruch nehmen

wenn wir eine Aufbesserung der Gehälter für die unteren und mittleren Beamten fordern werden. Gewiß sind die Gehälter der Minister für die heutige Zeit gering, aber es ist zweifelhaft, ob gerade der jetzige Zeitpunkt dazu geeignet ist. Bedenklich, ist auch, die Förderung für einen zweiten vortragenden Nat im Zioilkabinett. Diese Forderung wird mit dem Allerhöchsten Düienst begründet, mit der häufigen Abwesenheit des Kabinettschefs. Allerdings wird durch das häufige Reisen die Erledigung der Geschäfte erschwert. Ebenso bedenklich erscheint uns die Erhöhung des Fonds für die General⸗ Orden kommission um 930 0090 M, also um 70 ο0. Man sollte sparsamer sein bei der Verleihung von Orden an Männer des Aus—⸗ landes. Man sollte es den eigenen Souveränen des Auslandes über- lassen, für ihre verdienten Männer zu sorgen. Wir fürchten., daß die Erbötung des Fonds für die Oberpräsidenten zur Förderung des Deutsch⸗ tums ihren Zweck ebensowenig erreichen wird wie bisher. Die Ver= stärkung des Fonds zur Unterstützung der Pferderenden um eine weitere halbe Million nimmt uns nicht wunder, nachdem der Landwirtschafts⸗ minister sich schon früher den Forderungen der Agrarier so konnivent ge⸗ zeigt hat. Das ganze Rennwesen ist ein Sport für Kavbaliere, nicht eine Förderung der Pferdejucht, denn der Totalisator ist eine der Unter⸗ stützung des Staats nicht würdige Einrichtung. Jede gegenteilige Bebauptung bat ungefähr so viel innere Berechtigung wie die, daß Pokern kein Glücksspiel ist. Der e Fonds von 2 Millionen zur Förderung der inneren Kolonisation wird mit der großen Ab- wanderung der ländlichen Bevölkerung aus den östlichen Provinzen begründet. Diese Abwanderung ist vor allem die Folge des Domi⸗ nierers des Großgrundbesitzes in diesen Landesteilen, und die geplante Maßnahme scheint ja ein Gegengewicht darzustellen. Wir stehen also an sich der Forderung nicht unfreundlich gegenüber, da auch wir die Leutenot für ein Unglück halten; aber wir werden erst ab⸗ zuwarten haben, was im einzelnen zur Durchführung dieses Plans vorgeschlagen werden wird. Mit einem neuen Kanal, dem masurischen Schiffahrt kanal, würde dem Lande viel mehr genützt werden als mit einem solchen Fonds. Fin Kompliment möchte ich dem Landwirt⸗ sckaftsminister aber doch noch dafür machen, daß er jreimütig in der Berliner Korrsspondenz im letzten September einen Artikel erscheinen ließ, worin die Not der Landwirte häufig auf ungenügende Vorbildung und ähnliche Ursachen zurückzuführen sei, namentlich biete der Offinier⸗ beruf nicht die Gelegenheit, eine solche genügende Fachvorbildung zu erlangen. Natürlich gibt es Ausnahmen, und ich setze voraus, daß der Herr Minifter sich selbst bei dieser Klafsifizierung au p ausgenommen hat. Im Handelsministerium sind 176 000 6 mehr für die Förderung des gewerblichen Unterrichtswesens ausgeworfen. Damit sind wir natürlich einverstanden, ebenso mit dem Plane der Errichtung eines Landesgewerbeamts und der Forderung der Errichtung eines ständigen Beirats unter der Voraussetzung, daß dieser unparteiisch zusammen⸗ gefezt wird. Ueber den Bergarbeiterstreik möchte ich nach der Mah= nung des Handelsministers nur wenige Worte sagen, Das vor⸗ gelefene Protokoll war insofern interessant, als es uns die Auffassung der Grubenbesitzer wiedergab, diese Auffassung war aber recht ein⸗ seitig. Die jetzt gewünschte Untersuchung hätte schon längst stattfinden sollen, dann wäre es vielleicht leicht gewesen, den Ausbruch des Streiks zu verhüten. Das Wagennullen verurteilen wir mit dem Minister. Wir sind seit Jabren bemübt gewesen, derartige Forderungen hier nachdrücklich jur Geltung zu bringen. Die Abgg. Hirsch und Gold⸗ schmidt haben immer betont, daß diese und ähnliche Forderungen wegen der Schichtzeit, Verhütung von Unfällen, eines allgemeinen Berggesetzes usw. erfullt werden möchten. Wir schließen uns der For⸗ derung des Ministerpräsidenten an, daß auf beiden Seiten Ruhe und Besonnenheit gewahrt weide. Was den Etat des Ministeriums des Innern betrifft, so versprechen wir uns von der Maßregel einer zu errichtenden neuen Regierung in Allenstein nicht viel. Ein solcher Schritt könnte auch unerwünschte weitere Konseguenzen baben. Wie steht es mit der Reform des Vereinsgesetzes, mit der Befreiung der Frauen aus dem Segment, mit der Reform der Kreisordnung, mit einer besseren Verteilung der Kreislasten, mit der Reform der Landtagswahlen, der Neueinteilung der Wahlkreise? Hier ist es ganz süll geworden. Die Entwickelung führt es mit sich, daß die städtifche Bevölkerung gegenüber der agrarischen immer mehr bei den Wablen benachteiligt wird. Wir fordern nach wie vor auch für den Landtag die Einfübrung des gebeimen und direkten Wahlrechts. Darum müssen wir auch die Angriffe, die der Hausminister gegen dieses Wahlrecht im Herrenhause gerichtet hat, zurückweisen. Der Pinweis auf die Sozialdemokratie ziebt nicht. Die Wahlen sind doch nur ein Spiegel der Zustände im Lande, und was nützt es, diese Spiegel zu zerschlagen? Sehr bedenklich ist die Verfügung des Berliner Poli eivräsidenten wegen des Verbots der Aufführung des Toten Lowen“ von Blumenthal. Wir müssen namentlich gegen die Be⸗ gründung protestieren, die darauf binausläuft, daß es nicht angängig fei, Ercizniffe auf die Bäbne zu bringen, Tie in der Reichs hauptstadt noch in unmittelbarer Erinnerung seien. Mit der Vermebrung der Richter⸗ und Staatsanwaltsstellen im Etat des Justizministeriums find wir einverstanden. Dies wird aber kaum ausreichen. Graf Lim⸗ burg hat die Richter in Königsberg gegen den Vorwurf der Parteilichkeit in Schutz genommen. Einen solchen Vorwurf baben wir gar nicht erhoben, sondern uns über recht schwere Versehen beschwert. Ferner sind wir der Meinung, daß sich die Vorsitzenden der Schwur⸗ gerichte in gleicher Wesse des Lobes wie des Tadels der Geschworenen ju enthalten haben. Die Personentarife bedürfen der Vereinfachung und der Ermäßigung auf den halben Preis der Räckfabrkarten, wie es die Budgetkommission empfohlen hat. Wir boffen, daß auf diesem Gebiete jetzt rascher vorgegangen wird. In bezug auf die Güter⸗ tarife rerwesse ich nur auf unsere früheren Erklärungen. Die Ent⸗ wickelung der Kanaffrage hat die Freude der Freunde der wasser⸗ wirtschastlichen Vorlage wefentlich berabgemindert. In diese Vor lage, die den Verkehr fördern soll, sind durch die Kommission ver= fehrsfeindliche Bestimmungen hineingebracht werden. Ich bedauere, daß die Regierung damit einverstanden gewesen ist. Wenn das Kanal⸗ werk scheitern sollte, so wird das auf die Schwäche der Regierung zursick u ühren sein. Ueberall sehen wir Nachgiebigkeit der Regierung zegen die räckwärtstreibenden Kräfte. Das sehen wir auch am Volks. schal zesetz. Voraussichtlich wird der Kommissiondantrag die Grundlage diefes Gesetz's bilden. Wir haben schon im Mai vorigen Jahres gegen

diese Grundlage entichieden Wider pruch eihoben und baden damit die Zustimmung weitester Kreise im Volke gefunden. Ich würde bedauern, wenn die Rationalliberalen an dem Kompromiß festhalten. Allerdings sassen die Worte des Herrn Friedberg darauf schließen, daß die National · liberalen diesem Kompromiß jetzt eine etwas andere Deutung geben. Auch wir wollin-ein Schulunterhaltungsgesetz und eine Verbesserung des Lehrerbesoldungsgesetzes. Alle diese berechtigten Forderungen können bessr und schneller erfüllt werden, wenn sie nicht mit kirch⸗ lichen und konfessionellen Fragen verquickt werden. Die Regierung