S8 2. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes wird durch Königliche Verordnung bestimmt.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschri und beigedrucktem Königlichen Sen. . 233
Gegeben Berlin im Schloß, den 2. Januar 1905. Wilhelm.
Graf von Bülow. Schönstedt. Graf von Posadowsky. von Tirpitz. Studt. Freiherr von Rheinbaben. von Podbielski. Freiherr von Hammerstein. Möller. von Einem.
Bekanntmachung.
In Gemäßheit des 64 des ,, vom 14. Juli 1893 (G.⸗S. S. 162) wird zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß auf das Aktienkapital der Cöln⸗Bonner Kreisbahnen aus dem Betriebe derselben im Rechnunge— jahre 1903 ein Reinertrag nicht zur Verteilung gelangt ist, und sich daher ein kommunalabgabepflichtiges Reineinkommen für das Jahr 1904 nicht ergeben hat. Cöln, den 16. Januar 1905. Der Koͤnigliche Eisenbahnkommissar. Breitenbach.
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 2 der Gesetzsammlung enthält unter
Nr. 10571 das Gesetz, betreffend die Errichtung eines Oberlandesgerichts in Düsseldorf, vom 2. Januar 1905, unter
Nr. 10572 das Gesetz, betreffend die Errichtung eines Amtsgerichts in Langendreer, vom 2. Januar 1905, unter
Rr. 10573 das Gesetz, betreffend die Errichtung eines Amtsgerichts in Vietz, vom 2. Januar 1905, unter
Rr. 10 574 die Verordnung, betreffend die Reiseentschä⸗ digungen der bei dem Forsteinrichtungsbureau im Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten beschäftigten Ver⸗ messungsbeamten, Forstgeometer und Zeichner, vom 29. August 1904, unter
Nr. 10575 die Verfügung des Justizministers, betreffend die Anlegung des Grundbuchs für einen Teil der Bezirke der Amtsgerichte Langenschwalbach, Usingen, Wallmerod und Wehen, vom 14. Januar 1905, und unter
Nr. 10576 die Bekanntmachung des Justizministers, be⸗ treffend die Bezirke, für die während des Kalenderjahres 1994 die Anlegung des Grundbuchs erfolgt ist, sowie die Bezirke, für welche das Grundbuch auch in Ansehung der von der Anlegung ursprünglich ausgenommenen Grundstücke als an⸗ gelegt gilt, vom 17. Januar 1905.
Berlin W., den 24. Januar 1905.
Königliches Gesetzsammlungsamt. Schwartz.
Nichtamtliches. Deuntsches Reich.
Preunsen. Berlin, 24. Januar.
Seine Majestät der Kaiser und König hörten heute im hiesigen Königlichen Schlosse den Vortrag des Chefs des Militärkabinetts, Generalleutnants Grafen von Hülsen⸗Haeseler.
Auf den im Ausstande befindlichen Steinkohlen⸗ zechen des Ruhrreviers fuhren zur Morgenschicht am 23. d. M. von einer Gesamibelegschaft von 248742 Mann über und unter Tage insgesamt 18135 an. Gegen die Morgenschicht am 21. d. M. betrug die Zunahme der An⸗ gefahrenen 365. Da ferner in der Mittagsschicht von 369 Mann noch 196 anfuhren, stellte sich die Gesamtzahl der am 23. Angefahrenen auf 48 331. .
Neu in den Ausstand traten die Belegschaften der im Abteufen begriffenen Schachtanlagen Julia II, Friedrich der Große MI MIV und Viktor HILIV.
Vom Ausstande unberührt waren die in Förderung stehenden Zechen: Friedlicher Nachbar, Altendorf, Catharina, Ver. Charlotte, Westhausen und Louise Tiefbau mit einer Gesamtbelegschaft von 2409 Mann; ferner die im Ab⸗ teufen begriffenen Schachtanlagen: Oberhausen III, Berg—⸗ mannsglück, Waltrop, Auguste Viktoria, Emscher Lippe und Maximilian mit einer Gesamibelegschaft von 1126 Mann. Es bezifferte sich demnach die Belegschaft der nicht im Aus— stande befindlichen Zechen auf insgesamt 3535 Mann.
Die Löhnungen scheinen sich überall in Ruhe abzu— wickeln. .
Laut Meldung des „W. * B.“ ist S. M. S. „Hertha“ mit Seiner Königlichen 6 dem Prinzen Adalbert von Preußen an Bord, von Kalkutta kommend, gestern in
Colombo eingetroffen.
Oesterreich⸗Ungarn.
Bei dem Empfange des ungarischen Ministerpräsidenten Grafen Tisza in Miskolez versuchten, dem ‚W. T. * zufolge, mehrere Personen eine die aber erfolglos verlief; aus ihrer Mitte flog ein Stein gegen den Minssterpräsidenten, doch wurde dieser nicht getroffen. Eine Verhaftung wurde nicht vorgenommen. Der Empfang des Ministerpräsidenten seitens der liberalen Wählerschaft war imposant. In dem Saale, in dem Graf Tisza eine Programm⸗ rede hielt, wurde er mit einem Blumenregen empfangen.
Frankreich.
Das Ministerium ist, wie, W. T. B“ meldet, end⸗ ültig in Folgender Zusammensetzung gebildet: Rouvier Vorsitz und Finanzen, Ch aum i s JZustiz, Del cassè Aeußeres, Stienne Inneres, Berteauxz Krieg, Thom son Marine, Clèémentel Kolonien, Gauthier
. öffentliche Arbeiten. Bien venn Martin Unterricht und Kultus, Dubief
Kundgebung zu veranstalten,
heute die Reise nach Berlin angetreten 6 von Asturien, den der Oberkammerherr Herzog Von
der Oberst Eloriaga begleiten.
Handel, Ruau Ackerbau; neue Unterstaatssekretäre sind für Fie schönen Künste Dujardin⸗Beaumetz, Finanzen Merlou, Posten und Telegraphen Bérard. Das Kabinett wird heute nachmittag den Wortlaut der von ihm abzugeben⸗ den Erklärung feststellen.
Der bisherige Ministerpräsident Combes hielt gestern auf einem Bankett zt Ehren des jüngst gewählten Senators Mascuraud eine Rede, in der er sagte, er hoffe, daß die Klerikalen und Nationalen, die über den Rücktritt seines Kabinetts gejubelt hätten, bald einsehen würden, daß ihre Freude voreilig gewesen sei.
Rußland.
Die Kaiserin⸗Mutter hat sich gestern, wie, W. T. B.“ meldet, von St. . nach Zarskoje Sselo begeben.
Der russische 46 in Rom Fürst Urussow ist zum Botschafter in ien ernannt, der Ministerresident Schtscheglow in Cetinje ist auf Ansuchen seines Postens enthoben worden.
Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen⸗ Agentur“ ist der Oberprokurator des Heiligen Synods Pobjedonoszew gefährlich erkrankt.
Der Kommandant und der älteste Offizier der Gardebatterie, die während der Wasserweihe am 18. 8. M. die i , abgab, Kapitän Dawido ff und Stabskapitän Karzeff sind, dem W. T. B.“ zufolge, am Sonntag ver⸗ haftet worden.
Die vierte Zivilabteilung des Bezirksgerichts in St. Petersburg siellte gestern ihre Sitzungen ein, da zehn Rechtsanwälte beantragt hatten, die . Verhandlungen wegen mangelnder Ruhe zu vertagen.
Vierzig Stadtverordnete haben beschlossen, in der morgen stattfindenden Sitzung der Duma ein Gesuch an die Regierung um Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung gegen die Folgen der Unruhen zu beantragen.
In vielen Zweigvereinen des Arbeiterklubs wurden vorgestern abend Versammlungen abgehalten, in denen beschlossen wurde, die gestellten Forderungen aufrechtzuerhalten, aber Plünderungen und Schädigungen des Eigentums vorzu⸗ beugen. as Bildnis des Kaisers wurde im Arbeiterklub unter Beleidigungen vernichtet, das Bild der Kaiser in blieb unbeschädigt. Ein besonderes Arbeiter⸗ komitee beschloß, die fremden Botschafter um Ein⸗ mischung der Mächte anzugehen.
Ueber den weiteren Verlauf der Unruhen liegen
folgende Meldungen des ‚W. T. B.“ vor; Der gestrige Tag ist in St. Petersburg ohne erhebliche Ruhe⸗ störungen verlaufen. Um 11 Uhr Vormittags wurden auf telegraphische Weisung des Ministers des Innern alle Zweigniederlassungen des Arbeiterklubs ge⸗ schlossen. Im Laufe des Tages fand, wie amtlich bekannt gegeben wird, kein Zus amm enstoß zwischen der Ruhestörungen ver⸗ anstaltenden Volksmenge und dem Militär statt. Die Truppenabteilungen hatten nicht nötig, von den Waffen Gebrauch zu machen, da die Menge beim Erscheinen des Militärs sich zerstreute. Während des Tages wurde ein Ver⸗ such gemacht, den Kaufhof (Gostinnyj Dwor) anzugreifen, er wurde jedoch ö chlagen. Am Abend schlossen fich die Arbeiter der elektrischen Werke dem Ausstande an; infolge⸗ dessen machten sich einige Volkshaufen die Dunkelheit zu nutze und begannen, die Schaufenster der Läden in —— Straßen einzuschlagen, die Ruhe wurde jedoch überall rasch wiederhergestellt. im 23. Januar ist niemand getötet oder verwundet worden; die genaue Zahl der am 22. Januar Ge⸗ töten beträgt 966, die der Verwundeten ist 333, davon sind 53 Fälle an den Ambulanzstellen verzeichnet worden. Wie die „St Petersburger Telegr⸗Agentur⸗“ meldet, ver⸗ sammelten sich gestern abend die Advokaten des Peters—⸗ burger Appellhofes und deren Gehilfen, im ganzen etwa 350 Personen, zu einer Beratung im Gerichtsgebäude. Es wurde beschlossen, sich mit der Arbeiterbewegung solidarisch zu erklären und Protest gegen das gegen⸗ wärtige System mit seinem verhängnisvollen Blutwergießen zu erheben. Ferner wurde beschlossen, dem Gericht mitzuteilen, daß unter den gegenwärtigen Umständen für die Advokaten keine Möglichkeit vorhanden sei, Prozesse mit Ruhe zu führen und daß die Advokaten es daher ablehnten, vor Gericht auf⸗ zutreten. Schließlich wurde noch beschlossen, Geldsamm⸗ lungen zu veranstalten zum Besten der Arbeiter⸗ propaganda.
In Moskau riefen gestern zum Teil übertriebene Privat⸗ meldungen über die Vorgaͤnge in St. Petersburg eine Panik hervor. Die Aufregung war um so größer, als die Stim⸗ mung ohnedies erregt ist. Für den 26. wird ein allgemeiner Ausstand befürchtet, dem sich auch die Droschken⸗ kutscher anschließen wollen Der Vertreter des Stadt⸗ haup tes veröffentlicht eine Bekanntmachung wonach in An⸗ betracht des Ausstandes einiger Fabriken zur Verhütung ähn⸗ licher Straßenunruhen wie in St. Petersburg das Publikum aufgefordert wird, jeglichen Ansammlungen und Umzügen fernzubleiben; im anderen Falle würden ähnliche scharfe Maß⸗ nahmen wie in St. Petersburg getroffen werden.
In Se wastopol brach gestern nach dem zweiten Fabrik⸗ signal zum Sammeln der Arbeiter um 7 Uhr Morgens in verschiedenen Werkstätten der dortigen Admiralität Feuer aus. Fast gleichzeitig stand das Dach des Gebäudes in seiner ganzen Ausdehnung in Flammen. Der Brand wuchs so rasch, daß die Arbeiter der Modellabtei⸗ lung sich kaum durch einen Sprung durch das Fenster auf das Nachbardach retten konnten. Die Ursache des Brandes ist nicht bekannt. Der Schaden beträgt einige hunderttausend Rubel. In den Werkstätten sind gegen 1500 Arbeiter beschäftigt. Dank der vielen Vorkehrungen gegen eine
Feuersgefahr gelang es, viele Hafengebäude zu retten. Der
Brand war um 1 ͤhr nachmittag lokalisiert.
Epanien.
Wie dem W. T. B. aus Madrid gemeldet wird, hat die außerordentliche Gesandtschaft, die Seiner Majestãt dem Deutschen Kaiser die Insignien und Uniformen für die Ihm verliehenen Grade in der spanischen Armee überbringt, Sie ist geführt vom
istaher mofa, der Marquis Mesa de Asta und
Schweiz. Die in Genf weilenden russischen revolutionären Anarchisten hielten gestern Abend, wie W. T. B.“ erfährt, eine sehr zahlreich befuchte Versammlung ab, in der den
, Genossen die Sympathie ausgejprochen wurde. ie 6 zu dem Versammlungslokal waren polizeilich bewacht, ebenso das russische Konsulat.
Türkei.
Nach einer Meldung des Wiener „Telegr⸗Korr.⸗Bureaus⸗ aus Konstantinopel ist jetzt ,, worden, daß von den neuen, seit längerer Zeit im Artilleriearsenale lagernden 60 Kruppschen K 36 an das zweite Korps Abd rianopel und 24 an das dritte Korps Saloniki geschickt werden, um dort zu je 4 auf die Batterien verteilt zu werden. Die unterwegs befindlichen 36 Schnellfeuergeschütze und die im Laufe des Jahres ab— zuliefernden 88 sollen gleichfalls sofort nach der Ankunft in den genannten Korpsbereichen verteilt werden.
Serbien.
. wie dem „W. T. B.“ mitgeteilt wird, infolge einer leichten Erkältung genötigt, das Zimmer zu hüten.
Amerika. .
Seitens des Staatsdepartements in Washington ist, wie das Reutersche Bureau“ meldet, erklärt worden, daß die dom inikanische Republik die Regierung der Ver⸗— einigten Staaten ersucht habe, ihr bei der Verwaltung ihrer Zolleinnahmen und der Schaffung einer festen Grundlage für ihr Fiskalsystem J, zu sein. Da verschiedene Mächte wiederhost darauf hingewiesen hätten, daß die Vereinigten Staaten entweder in das Finanzchaas von San Domingo
12
einigermaßen Ordnung bringen oder zugeben müßten, daß gewisse europäische Gläubiger der Republik dies täten, habe die Regierung der Vereinigten Staaten es für angezeigt ge⸗ halten, die Aufforderung von San Domingo anzunehmen, und darauf sei von den Vertretern beider Regierungen der darauf bezügliche Vertrag unterzeichnet worden. Die Vereinigten Staaten seien willens, die Gebietsintegrität von San Domingo zu gewährleisten, nicht aber ein Protektorat über diese Republik zu übernehmen oder sich weiter in deren innere Angelegenheiten ,,,. als die Zollerhebung, die Neuordnung des Zolltarifs und die Regelung der Forderungen der Ausländer angehe. Von den Eingängen sollen 45 Prozent der Regierung von San Do⸗ mingo zur Bestreitung der laufenden Ausgaben überwiesen werden, der Rest soll zur Verzinsung der anerkannten Obliga— tionsschuld des Staats verwendet werden, welche letztere in bedeutendem Umfange in Händen auländischer Gläubiger ist.
1536 Mitglieder der Minderheitsparteien des Re— präsen tantenhauses haben, dem, W. T. B.“ zufolge, in einer Versammlung, die zum . einer e, , abgehalten wurde, beschlossen, den von Daven beantragten Gesetzentwurf zu unterstuͤtzen, wonach die Kommission für den 1 staatlichen Handel ermächtigt werden soll, Eisenbahn⸗ tariftabellen festzusetzen, die nach zwanzig Tagen in Kraft treten und bis zur Berichtigung durch die zuständige Behörde in Wirksamkeit bleiben sollen.
Aus Caracas wird dem W. T. B. gemeldet, daß sich der Präsident Castro . einem Erholungsort in der Nähe der Hauptstadt begeben habe.
In Uruguay hat bei den Wahlen zur Deputierten⸗ kammer die Regierungspartei gesiegt.
Afien.
Ein Telegramm des Generals Kuropatkin an den Kaiser vom 2X2. d. M bringt, wie dem W. T. B.“ mit⸗ geteilt wird, folgende Einzelheiten über die Operationen der Kavallerie unter dem General Mischtschenko:
Am 10. d. M. fand ein Angriff des Feindes, der eine und eine balbe Kompagnie stark war, bei dem Dorse Utz va tai statt, gleich. zeitig als die russischen Jäger und Kosaken einen Ofen stoß auf die Flanke und die Nachhut des Gegner machten. Die Jayaner flüchteten vor den Kosaken und besetzten die Fabrik Khanchisen im Innern des Dorfes. Die Kosaken unter Essaul und Ne⸗ krasoff näherten sich der Mauer der Fabrik. Nekrasoff wurde durch einen Bajonettstich am Kopfe verwundet und dann durch zwei Gewehr kugeln getötet. Auch der französische Leutnant Bertin fiel. Um die Japaner, die sich hinter den starken Mauern der Fabrik befanden, zu vertreiben, mußte Artillerie herbeigerufen werden. Diese eröffnete auf 400 Schritt ein Granatfeuer. Darauf flohen die Japaner und wurden teils vernichtet, teils zu Gefangenen gemacht. Die russischen Verluste beliefen sich auf zwei Offiziere und sieben Soldaten tot, sieben Offiziere und 35 Soldaten verwundet. Vor dem Angriff auf die Station In kau am 12 d. M. traf ein Zug von 16 Wagen mit japanischer Infanterie aus Taschikiao ein. Fer Zug wurde durch r . beschossen, die die linke Flanke deckten, und dann durch unsere Artillerie. Die Lolgmotive wurde später zertrümmert infolge einer Beschüdigung der Eisenbahnlinie bei Inkau. Der Angriff wurde gehindert durch Drahtgeflecht, das vor den japanischen Gräben an⸗ gebracht war. In der Nacht des 14. Januar lief die Meldung ein, daß ein Dorf vier Werst von unserem Feldlager von den Japanern besetzt sei und daß eine andere feindliche Kolonne von Niutschwang ber heranrücke. Eine Kolonne erhielt am Morgen den Befehl, nach Nordweften vorzugehen, am unsere Bewegungen ju decken. Kosaken wurden gegen die jwei Bataillone starke feindliche Kolonne beordert, die dann das Feuer eröffnete, aber unter Verlusten zum Räck= zuge gejwungen wurde. Eine andere Kosakenabteilung eröffnete das Feuer auf dag von den Japanern besetzte Dorf, das außerdem noch durch eine andere Abteilung unsertr Artillerie beschosen wurde. Die Vorhut der feindlichen Kolonne, die aus dem Dorf herauskam, wurde durch unsern Angriff vernichtet. Die Verluste betragen insgesamt eben Offiziere und 71 Soldaten getötet und 32 Offiziere und 257 Mannschaften verwundet.
Die „St. Petersburger Telegraphen⸗Agentur“ meldet aus Suhudiapu vom 23. d. M.:
Als die russischen Truppen in diesen Tagen auf der rechten Flanke die Ortschaft Siavdozv besetzten, wurde sowohl an den gefallenen Japanern als auch an den erbeuteten Gewehren die Anwesenbeit der japanischen Reserve festgestellt. Auf unserm linken Flügel unternahmen die Japaner dem Vernehmen nach mit neun Bataillonen einen Vormarsch gegen eine Abteilung des Generals don Rennen kampf. Heftige Südostwinde sind eingetreten, das Wetter ist selbst nachts warm, es fiel Schnee bei geringem Frost
Ein Flüchtling, der aus Port Arthur in Tschifu an⸗ gekommen ist, hat, wie das „Reutersche Bureau“ berichtet, eine Abschrift der letzten Proklamation des Generals Stössel an die Besatzung, datiert vom 2. Januar, gebracht. Die Proklamation wirft einen Rückblick auf die glorreichen Leistungen der Besatzung und weist darauf hin, wie die Ein= schließung durch die., Japaner langsam, aber unwiderstehlich enger geworden sei, sodaß weiterer Widerstand Mord gewesen sein würde. „Es ist nicht schwer, für sein Land zu sterben/ heißt es in der Proklamation weiter, aber ich muß mutig genug sein, die Festung zu übergeben, die ihr Werk getan hat. Es ist keine Flotte mehr da, die geschützt werden muß; eine große Armee der Japaner ist vernichte und dadurch außer stande gesetzt worden, gegen Kuropatkin zu kämpfen“.
In Tschifu sind gestern aus Port Arth ur dreizehn Dschunken mit etwa sanff Ert Männern, Frauen und Kindern an Bord eingetroffen; weitere elf Dschunken werden erwartet. Der japanische Konsul in Tschifu macht bekannt, daß 13 Dschunken mit 1500 Richtkombattanten von Dalny nach Tschifu ab⸗ gefahren seien. ᷣ
Der Admiral Kamimura hat gestern Schimbaschi verlassen, um wieder zur 6 zu stoßen. Es heißt neuer⸗ dings, bas Wladiwostot⸗Geschwad er habe seine Aus— besserungen beendet und könne jeden Augenblick auslaufen. Die japanische Flotte bereitet sich mit Nachdruck auf die zweite Periode des Krieges vor.
In Japan i bis jetzt von Port Arthur 309 russische
; Offiziere und 17511 Mann eingetroffen.
Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags und des . der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.
— In der heutigen (126) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner beiwehnte, stand folgende Interpellation des Abg. Büsing (ul. auf der Tages⸗ ordnung:
Will der Herr Reichskanzler nicht dem vom Bundesrat in seiner Sitzung vom 26. Oktober 1875 gefaßten Beschluß:
die Erwartung auszusprechen, es werde den Großherzoglich
Mecklenburgischen Regierungen gelingen, eine Abänderung der
bestehenden mecklenburgischen Verfassung mit dem Mecklen⸗
burgischen Landtage zu vereinbaren“ — im Wege bundesfreundlicher Verhandlungen eine weitere Folge geben, da die Großherzoglich Mecklenburgischen Regierungen seit saͤnger als 24 Jabren keinen Versuch mehr gemacht haben, der vom Bundesrate ausgesprochenen und von ihnen ausdrücklich gebilligten Erwartung zu entsprechen?“
Auf die Frage des Präsidenten erklärte sich der Staats⸗ sekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Posa—⸗ dowsky⸗Wehner zur sofortigen Beantwortung der Inter⸗ pellation bereit.
Zur Begründung der Interpellation nahm darauf das Wort der
Abg. Büsing: Es liegt mir durchaus fern, mein engeres Vaterland, an dem ich mit Liebe hänge, berabzusetzen. Nur gegen unglückliche staatsrechtliche Verhältnisse in Mecklenßurg wende ich msch, gegen die altständische mecklenburgische Verfassung. Mecklen⸗ burg ist das einzige deutsche Land, daß keine konstitutionelle Verfassung besitzt, ja, das überhaupt keine Verfassung besitzt; was wir haben, ist eine altständische Oligarchle. Es fehlt jede Teilnahme der Be⸗ völkerung an der ,. Es besteht nur ein altstãndischer Vertrag zwischen dem Landesherrn und den Ständen, der uur diesen, nicht der Bevölkerung ein politisches Recht gewährt. In den anderen Stadken haben? die Landegherren über die Stände gesiegt und eine konstitutionelle Verfassun gehen in Mecklenburg . es um⸗ ekehrt. Ein Carle n. ildet heute noch die Grundlage der tändischen Verfassung. Die Bewegung des Jahres 1848 ergriff auch Mecklenburg. Die Stände verzichteten auf ihre landständischen Rechte. Gs wurde eine Kammer gewählt, die mit dem Landesherrn das Staatsgrundgesetz vereinbarte. Daraufhin trat eine Ab⸗ Eordnetenkammer in Wirksamkeit. Inzwischen trat aber die
aktion ein. Die Ritterschaft protestierte segen die Aenderung der alten Verfassung. Der e,. blieb zunäͤchst standhaft. Ba klagte die Ritterschaft gegen den Landesherrn und erreichte, daß der Landesherr sich fügen mußte. Es trat ein Schiedsgericht zusammen und erließ den berüchtigten Freienwalder Schieds⸗ spruch, der dahin ging, daß die Auflösung der alten Stände usw. nichtig fei und der Großherzog die alten Stände wieder einberufen müsse. Das geschab; es folgten Verhandlungen mit ihnen über Resormen der Verfaffung, die aber nicht zum Ziele führten. In den 1576 er Jahren wurden diese Verhandlungen wieder aufgenommen; die Vorlage scheiterte aber an dem Widerspruch der Ritterschaft. 1880 fanden Verbandlungen zwischen Kommissarien der Regierung und Deputierten der Stände statt, die auch zu keinem Ergebnis führten, und der Großherzog erließ ein Restript an die Stände, nach dem die Verhandlungen aufgegeben wurden, weil doch kein Ergebnis zu er⸗ warten sei. Seitdem ruhte die Sache, und es ist kein weiterer Versuch gemacht worden. Nach Begründung des Reichs versuchten die mekklen⸗ burgischen Abgeordneten, die , ,, mit Hilfe des Reichs zu ordnen; sie beantragten im Reichstag eine Abänderung des Artikels IIf der Reichsverfasfung, nach dem in jedem Bundesstaate eine geordnete Volkevertretung bestehen müsse. Dieser Antrag wurde 1871, 1873 und 1874 vom Reichstage mit groher Mehrheit angenommen. Von unserer Seite traten für ihn die Abgg. von Benningsen, Miquel, Treitschke, Völk mit Wärme ein, desgleichen Vertreter des Zentrums und der Reichspartei. . ;
Bei Schluß des Blattes spricht der Redner weiter.
— In der heutigen (124) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister ür Landwirtschaft z. von Podbielski beiwohnte, wies vor Eintritt in die Tages⸗
ordnung
Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (frelkons.) darauf hin, daß der Praͤsident die Absicht kundgegeben haben die zweite Lesung der wasserwirffchaftlichen Vorlagen für den 31. d. M. auf die Tagets⸗ ordnung zu setzen. Da der Reichskanzler die Interpellation des Grafen von Schwerin über die Handeleverträge am Sonnabend noch nicht beantwortet habe, hätten seine, des Redners, Parteifreunde den Wunsch, daß jene Vorlagen erst am 3. Februar zur Beratung kämen.
Abg. Dr. Porsch (entr. erklärt, daß auch seine Parte erst den Inhalt der Handeleverträge kennen lernen möchte, bevor sie definitiv zur Kan äalvotlage Stellung nehme, und schließt sich deshalb dem
Wunsch des Vorredners an. Wir haben keine Veranlassung,
Abg. Dr. Friedberg (ul): diesem Wunsch entgegenzutreten. ;
Abg. Dr. Wie mer (fr. Volksp.): Wie die Dinge sich entwickelt haben, haben wir kein Interesse daran, Widerspruch zu erheben.
* den pon KrFIcher: Das Haus hat ja die Entscheidung in der Land. Nach Lage der Geschäfte muß ich aber an meinem Vor⸗ r ff alten. as Haus wird am Tage vorher darüber zu be—
nden haben.
Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch: Nach der Ansicht des Haufes wird der Praͤsident damit kein Glück haben; es wird erst am J. Februar in die Beratung der wasserwirtschaftlichen Vorlagen eingetreten werden. . ö
Abg. von Arnim (kons.): Meine Fraktion hat sich über diese en. noch nicht schlüssig gemacht; ich i aber, daß sie damit.z ein⸗ verflanden fein dürfte, daß die Kanalvorlage erst am 3. Februar beraten wird. ᷣ
,. von Kröcher: am Sonnabend erfolgen. ö
Auf der Tagesordnung steht zunächst der mündliche Bericht der Geschäfisordnungskommission, 6 die Er⸗ mächtigung zur straf rechtlichen Herfolßgung der in Eassel erscheinenden Zeitung „Volksblatt für essen und Waldeck“ wegen led gn des Ab⸗ geordnetenhauses durch den in Nummer Mh dieser Zeitung enthaltenen Auffatäz „Vom guten Ton“. Die Geschaͤftsord⸗
Die Entscheidung wird voraussichtlich
die Anschauung des Ministers durchweg und
nungskommission beantragt, die Ermächtigung zur strafrecht- halten sich zuhng,
lichen Verfolgung nicht zu erteilen.
Das Referak der KRömmission erstgttet Abg. Metger. (nl). Das Haus ist so unruhig, daß der Präsident von Kröcher bittet, so viel Ruhe zu bewahren, daß er für seine Person wenigstens den von ihm nicht weit entfernten Berichterstatter verstchen könne. Der Antrag der Kommission gelangt ohne Diskussion zur Annahme.
Darauf setzt das Haus die zweite Lesung des Staats⸗ haushaltsetats für 1'205, und zwar die Spezialberatung
des Etats der landwirtschaftlichen Verwaltung, fort. Abg. Glatzel (nl): Wir werden in allen den Fragen, welche gestern kernhrk worden find, die mittlere Linie innehalten. Ueber die Gessaltung des landwirtschaftlichen Etats an sich können wir nur unsere Freude haben. Man sieht, daß der Widerstand des Finanz⸗ ministers, wenn ein . Widerstand vorhanden war, I, überwunden ist; man sieht, daß in unsere Landwirtschaft frisches Leben eingezogen ist. Bles ist gewißgk zum großen Teile der landwirtschaftlichen erwaltung zu verdanken. Die Landwirtschaftskammern betätigen sich in durchaus zufriedenstellender Weife; es wäre nur davor zu warnen, daß allzu fehr polltijche Gesichts punkte bei dieser Betätigung in den Vorder⸗ rund treten. ie in dieser Organisationgfrage hat die landwirt chaftliche Verwaltung .. auf anderen Gebieten eine glückliche Hand bewlesen; die Reorganifatlon der Generalkommissionen ist in Angriff genommen. Zu unferer Ueberraschung hat gestern Graf Praschma weitere Anregungen ju Organisationsänderungen ge eben, soweit die Domänen, und Forstberwaltung in 3 kommt. ir müssen uns zu diefen dankenswerten Anregungen unsere endgültige Stellungnahme vorbehalten. Der Redner wendet sich dann zu Einzelheiten; von diesem Teile feiner Ausführungen wird aber bei der andauernden großen Unruhe des Hauses auf der Tribüne nur weni im Zusammen⸗ hange vernehmbar. Zum Thema der Förderung der Hi ga wi bemerkt er, daß zwar für die Hebung der Pferdezucht viel geschehe, daß man aber auch der Rindbiehzucht erhöhte Aufmerksamkeit zu⸗ wenden müffe, und daß es sich empfehlen werde, öfterg Tier schauen zu veranstalten; Der Minister werde hoffentlich diesem Vorschlage wohlwollende i,, angedeihen lafsen. Gin weiteres Mittel zur Förderung der Viehzucht sei Hie Fracht⸗ ermäßigung für Futtermittel, Rübenschnitzel u. dergl. zu Mastzwecken; eventuell würde wenigsteng für den Fernverkehr eine solche Maßnahme in Grwägung zu ziehen sein. Das Entschuldun ge problem, fährt der Redner dann fort, bietet, desto größere. Schwierig⸗ keilen, je intensiver man in die Frage eindringt; die weifel an einer vernünftigen Lösung treten immer mehr in den Vordergrund. Wir werden die Frage, wenn sie an uns herantritt. gründlich erwägen; zunächst aber werden wir die Statistik abwarten, die ja noch fortgesetzt werden soll. Mindestens müßte ihr eine Statistik der Grunzwerte zur Seite gestellt werden, die ja auch in den letzten Jahrzehnten ganz erheblich gestiegen sind. Will man die Entschuldung durchführen, so hat sie zur Voraussetzung die gesetzliche Festsetzun einer Verschuldungs⸗ grenze. Gegen diese sprechen aber er ebliche Bedenken. Im allgemeinen wird der Bauer zum nicht geneigt sein;
Der Anteil der Grundrente an dem landwirischaft⸗
schränkt werden. auf eine Mark Erlös aus
lichen Einkommen wird auch überschätzt;
dein landwirtschaftlichen Produkt kommt nur eine Grundrente von
17 3. Der richtige Ausweg ist billiges Geld und schnelle Amortisation. Es wäre u erwãgen, ob nicht durch die Landschaften oder im Ans chluß an die⸗ selben im genossenschaftlichen Wege unter Ausschluß der General-
garantien eine Organisation geschaffen werden könnte, um auch noch
bie verbleibenden zwei Sechstel zu beleihen, sofern das Gut in gutem Zustande ist. Auf dem Gebiete der inneren Kolonisation teilen wir billigen sämt⸗ liche Vorschläge, die in dieser Hinsicht sein Etat uns gemacht hat. Dle Änsiedelungskommission hat ja in dieser Beziehung Hervor⸗ ragendes geleistet. Der Minister hat für folche Zwecke 2 Millionen für Pommern, und eingestellt, woven Pommern einen Löwenanteil erhält. diefe Maßregel wird man gewiß der Abwanderung aug dem Osten Cinhalt tun. Der Landwirt braucht ein hervor⸗ ragendes Menschenmgterial. Die Arbeiter werden gerade durch die Vielarfigkeit der Beschäftigung nach dem Westen gezogen. Für die Verbesstrung des ländlichen Schulwesens u. a. haben meine reunde die größte Sympathie. Graf Praschma richtete eine Mahnung an die Linke. Er sprach zwar nur im allgemeinen, aber meine Freunde konnte er damit nicht treffen. Das B. T. sprach neulich von dem reaktionären Flügel der Nallonalliberalen. Eine liberale Partei, die das Verständnis für landwirtschaftliche Fragen verliert, wird im Volke keinen Boden finden. Auch nach Annahme der Handels verträge wird manche Lücke auszufüllen sein; wir werden dabei nicht versagen. Dafür verlangen wir aber auch Verständnis für andere Notstände. Wie töricht ist es, die Feindschaft gegen die Industrie so groß zu ziehen, wie es manche landwirtschaftliche Kreise tun!
in dankenswerter Weise Ostpreußen
Man muß an die Industrie verkaufen und kann, nur gut verkaufen, Gebt die Industrie ins Ausland, so . ö Arbeiter mit, und die Landwirtschaft hat davon den achtei
wenn diese Industrie blüht.
eil. (Schluß des Blattes.)
Statistik und Volkswirtschaft. Zur Arbeiterbewegung.
Zum Ausstand der Bergarbeiter des Ruhrreviers
vęl. u. „Preußen“. . ;
Der Friede in der Berliner Holzindustrie (vgl. Nr. 14 d. Bl.) ist, der ‚Voss. Itg. zufolge, noch nicht vollständig wieder⸗ hergestellt. In einer Ansabl von Betrieben, werde fortgesetzt unter aller Art vertragswidriger Vorwände die Wiederaufnahme der Arbeit verweigert.
Ver feit Monaten andauernde Ausstand der Glasarbeiter von Charleroi (vgl. Nr. 6 d. Bl) scheint, wie der Frl. Itg. telegraphiert wird, nunmehr . Ende entgegenzugehen. Die Magazinarbeiter erklären sich bereit, bei Herabf ung des täglich verlangten Arbeits, maßes die Lohnkürzung von 28 0, anzunehmen. Sie bedingen sich jedoch aus, daß ihnen 1h o der Lohnabzüge später ersetzt werden, falls der mittlere Verkaufepreis für belgisches Glas 11,75 Fr. für 100 französische Fuß überschreitet. .
Auch in Moskau macht sich unter den Fabrikarbeiter eine Au sstands bewegung geltend, In den letzten Tagen hatte hereite, wie . W. T. B. meldet, eine Generalversgimlung der Gesellschaft jur Hebung der russischen Meanusakturindustrle zum Jwecke der Er— zrierung der Frage ftattgefunden, welche Stellung die Fabrikbesitzer bei einem etwaigen Ausstand einzunehmen hätten. Es wurde be⸗ schlossen, eine Kommission zu wählen . eventuellen Erörterung der e ng der Arbeiter und zur Leltung der Unterredungen mit hnen im Namen aller Fabriken. Zur Wahl der Kommissione— mitglieder und zur Festsetzung der Einzelheiten ist eine Versammlung der Fabrikanten auf Vienta im Börsengebäude (inbernsen. — Gestern stellten kaufend Arbeiter der Fabrik Bromlevs im Ein. verständnls mit den Kameraden in St. Petersburg, die sie darum er— suchten, die Arbeit ein. Die Arbeiter der obengenannten Fabꝛit über redeten andere Arbeiter, gleichfalls zu streiken. Mehrere F abriken fügten sich; dann gingen alle zu Buchdruckerei Syten, wo um b UÜbr bie Arbeit eingestellt wurde. Auch in den Fabriken von Bachruschin, Michailow. Emil Lindel und Schräder wurde dle Arbest niedergelegt. — Heute um Mittag ist in den Vruckereien die Arbeit ire er worden, sodaß mehrere JZeltungen morgen nicht
erscheinen werben. Vie Ausständigen der Lederfabriken ver—
leichtsinnigen Schuldenmachen die Möglichkeit, den Hypothekarkredit in An. spruch zu nehmen, darf ihm aber nicht in unwirtschaftlicher Weise be⸗
Durch
Auf poliz iliche Anordnung sind die Waffen cus den Schaufenstern der Waffenhandlungen entfernt worden. Die meisten Waffenbändler haben ihre Läden geschlossen. .
Aus Philadelphia wird dem W. T. B. berichtet, daß die Streitigkeiten zwischen den Arbeitern und den Beamten der Pennsylvaniabahn beigelegt und der drohende Ausstand damit abgewendet sei.
Kunsft und Wissenschaft.
A. F. Die Berliner Gesellschaft für Anthropologie wählte in ihrer ersten Sitzung den bisherigen aus 9 Mitgliedern be= stehenden Ausschuß wieder. Frau Geheimrat Bartels hat, um das Andenken ihres jungft verstorbenen Gatten in der Gesellschaft lebendig zu erhalten, dieser ein Geschenk von dreitausend Mark über⸗ wiesen. Vor Eintritt in die Tagesordnung erhielt der als Gast anwesende Geheimrat Professor Dr. Branco das Wort ju einem Bericht über die Angelegenheit der in Australien aufgefundenen Spuren des Menschen der Tertiärzeit. Der Gegenstand hat die Greifswalder Versammlung im letzten Sommer hereits auf Grund eines Vortrages von Sanitätzrat Br. Alsberg Cassel beschäftigt, der sich damals beauftragen Iieß, in Australien weitere Erkundigungen einzuziehen. Das Ergebnis liegt jetzt in Form von Photographien und Gips⸗ abdrücken der angeblichen, im Sandstein von Varnambul, Kolonie Victoria, gefundenen menschlichen Spuren vor. Diese bestehen im Abdruck zweier menschlicher Gesäße und zweier menschlicher Fi im Sandstein, von dem beim Zutreffen der Vermutung über diesen Ursprung der zweifellos vorliegenden Eindrücke anzunehmen wäre, daß er sich damals noch in weichem, plastischem Zustande befunden habe. Diese Wahrscheinlichkeit ist nach Lage des Fundortes der Spuren gegeben; denn die Fundstelle liegt so tief unter der Oberfläche und ist von so⸗ piel Schichten überlagert, daß ungeheure Zeiträume zu ihrer Be⸗ deckung notwendig gewesen sein müssen. Die Reihenfolge dieser Schichten zeigt Waldboden, Ton, vulkanisches Gestein, Kalk mit Versteinerungen von Meertieren, endlich eine Sandsteinschicht yon 60 Fuß Mächtigkeit. Zwanzig Fuß über der Sohle dieses Sandstein⸗ blocks sind bei dessen Abbruch die fraglichen Spuren entdeckt worden. Da aus diefer Beschaffenbeit der Schichten sich ergibt, daß der Boden zweimal pont Meere bedeckt und zweimal, gebahen worden ist, so geht das Alter der Spuren wahrscheinlich bis auf die Müiocän⸗ oder mittleren Tertiärzeit zurück. Was die Spuren selbst anbelangt, so würden die Gesäßabdrücke an und für sich nach Größe und Beschaffenheit Überzeugend wirken, da sie selbst deutlich die Zwet⸗ teilung des Gefäßes zeigten; allein es sind zu zwei Gesäßabdrücken nur zwei Fußabdrücke vorhanden und 1. obgleich die symmetrische Gestalt elneß rechten und eines linken Fußes zigend, sind, wenn auch in angemessener Entfernung von dem nächsten Gesäßabdruck, so doch ziemlich unnatürlich seitwärts davon. Dr. Alsberg war in Greifswald aufgefordert worden, den Nachweis zu liefern, wie sich Gesäß und Füße eines erwachsenen Menschen beim Sitzen in weichem Ton abdrücken. Er hat dieser Aufforderung genügt und eine ent— sprechende Photographie eingesandt, die der Auffassung, jene australischen Fußabdrücke könnten zu
dem nächsten Gesäßabdruck gebören, nicht gerade günstig sind, aber in einem Punkte auffällige Üehereinstimmung zeigen, nämlich in dem tieferen Eindruck der Hacken im Vergleich mit den Fußspitzen. Befremdend wirkt bei der australifchen Fußspur, daß keine Andeutung der Zehen vorhanden ist. Dies erklärt sich aber vielleicht aus dem schwächeren Abdruck der Fußspitzen oder daraus, daß die betreffenden Füße bekleidet waren, in jedem Falle schließt dieser Umftand den Ursprung der Abrücke von menschen⸗ äbnlichen Affen aus, die in Australien auch nicht vorhanden gewesen zu sein scheinen. Die neueren Berichte von Australien besagen, daß nach Ausfage der Steinbrucharbeiter auch noch andere Fußspuren von Menschen, Hunden und Kängurus im Sandstein geseben worden sind. Leider sind fie nicht gleich den ersten festgehalten worden und des halb neuerdings nach Australien dringende Mahnungen ergangen, diese hochwichtige Angelegenheit gründlicher zu untersuchen und die weiteren Abbrucharbeiten des Sandsteinblocks durch Sachverständige überwachen zu lassen.
Pen ersten Vortrag des Abends hielt Dr. Fa vreau-⸗Magdeburg über neue Funde aus dem Diluvium in der Umgegend von Reuhaldensleben, insbesondere der Kiesgrube am Schloßpark von Hundisburg. Der Redner hat drei Kiesgruben von 14 20m Tiefe, jede um mehrere Kilometer von der andern entfernt, die eine südöstlich von Jieuhaldengleben, bei Hundisburg, die zweite westlich, die dritte nördlich von Reuhaldengleben gelegen, sorgfältig untersucht und die Gruben zu 1 und 3, wie folgt, geschichtet gefunden? Humusboden, Geschiebemergel mit großen Findlingen, Schotterbank, Sand Ton, während Grube 2 nur die von Sand überschüttete und umgebene Schotterbank zeigte und sich damit jziemsich sicher als Endmoräne kennzeichnete. In allen drei Schotterbänken sind Feuersteine gefunden worden, die teils als Eolithe, teisz als Paläollthe anzusprechen sind, während eine Menge davon bemerkenswert ist durch ihre scharfen, auf kolossale Gletscherpressung Dies gilt besonders von den Funden in der
hinweisende Schrammen. ; en zwesten Grube, deren von Menschenhand benutzte Silices als Eolithe
zu bezeichnen sind, wogegen namentlich die Funde in Grube 3 paläo—- lithischen (8. i. nicht bloß Benutzung, sondern auch Anpassung durch Menschenhand verratenden) Charakters sind. In Grube sind auch Knochen bon Elöphas primigenius gefunden worden in Grube 3 Feuersteinartefakte neben Tierknochenresten, deren Herkunft nicht mehr bestimmbar war. Von Konchvlien (Schnecken und Muscheln in den Schotterbänken konnten 18 Arten als sämtlich der Süßwassersaung angehörig bestimmt werden, 3 davon warmen Himmelsstrichen angehörig. Aug diefen Funden geht nun anscheinend mit einiger Sicherheit hervor, daß der Mensch vorhanden sein mußte mindestens vor der letzten Eiszeit; denn wenn die Gletscher dieser Perioden in dem Steinschutt, der sie entfübrte, bei ihrem sräteren Rückzug Feuerstein⸗ manufakte zurückließen, mußten deren Verfertiger und Benutzer vorher gelebt haben. Aus der Konchvlienbestimmung aber sind Rückschlüsse auf das Klima dieser Interglacialzeit zu machen. — In der sich au⸗ schließenden Debatte wies Professor Blankenburg auf die hohe Wichtigkeit dieser Forschungen hin, welche wahrscheinlich die Existenz von einer Anjahl in großen Zeiträumen einander folgenden Eiszeiten und entsprechenden Zwischeneiszeiten dartun und dem französischen Geologen Rutot recht geben werden, der für Frankreich und England dabon fünf nachweisen zu können glaubt. Um für Deutschland der Lösung dieser Frage näher zu treten, bedarf es aber noch vieler solcher Detailforschungen, wie die von Dr. Favreau angestellten; denn der bisherigen à in ebensoviel verschiedenen Lagen Deutschlands vorhandenen Angriffspunkte für Forschungen dieser Art sind nur eben als ein Anfang zu betrachten. Professor Blankenburg ist der Meinung, daß von der ältesten die letzte Periode des Tertiärs, das Pliocän, ab⸗ lösenden Eiszeit und von der ihr folgenden Interglacialzeit keine der bisherigen Untersuchungen auf deutschem Boden erzählt, und daß Die Neuhaldenslebener Funde der, süngsten Interglaeiglzeit und der paläolithischen, nicht der eolithischen Periode des Diluviums angehören. eber datierbare Feuersteingeräte aus den Tür— kisenminen von Moghala am Sinai sprach hierauf Kunst⸗ maler Professor C. Bracht. Der Redner hat auf den weiten Studienreisen, die ihn vor jetzt 22 Jahren nach dem Orient führlen, Beobachtungen gemacht, deren Kundgebung vor den Anthropologen ihn an die interessanten Mitteilungen von Professor Schweinfurth über den ausgedehnten Gebrauch deß Feuersteins im alten Aegypten erinnerten. Es war ihm nämlich gelungen, auf der Halde vor dem
oben genannten, hoch im Gebirge liegenden Ort, an dem 13 aus Sandstein gemeißelte gbr tisthe Königsstelen noch heute vor— handen sind, unzählige von Menschenhand in gleicher Art bearbeitete, ziemlich gleich große Feuersteine zu finden, von denen er eine große Anzahl vorlegte. Es sind messerartige Gebilde, ausgezeichnet durch überelnstimmende Zuspitzung und durch den Gebrauch abgenutzte und abgerundete Spitzen. Sie scheinen also Instrumente darzustellen, die nach ihrer Abnutzung weggeworfen worden sind, wodurch sich ihre große Ihre Benutzung kann nur mit der Bearbeitung und
Menge erklärt. ᷣ Da die Namen
HDerstellung jener Sandsteinftelen zusammenhängen.