aus dem alten Dotationsgesetz entwickelt haben, und wie wir sie ja beute vor uns sehen, daß einzelne Provinzen ganz erhebliche Summen bekommen — ich will hier gar nicht eine einzelne Provinz anführen —, daß z. B. die eine Provinz die ganze Hälfte des Westfonds bekommt. Das sind die Konsequenzen, zu denen die Herren kommen, wenn wir überhaupt allen Provinzen gleichmäßig das- selbe zuwenden wollten. Diese Frage, meine Herten, wird uns im nächsten Jahre beschäftigen. Ich kann aber nur sagen, wenn die Herren glauben, diesen Weg der Gleichmäßigkeit gehen zu sollen, so muß von dem Moment an die Finanzverwaltung ihre Mitwirkung versagen, dann kommen wir auf einen Weg, auf dem wir keine Aus⸗ sicht haben, irgend einen Erfolg zu erringen.
Ich halte mich aber auch noch für verpflichtet, hier auf die Wanderlehrertätigkeit kurz einzugehen. Meine Herren, die Wanderlehrer sind eine Notwendigkeit; aber ihre ganze Ausbildung, ihre Aussendung ist nicht Sache der Zentralinstanz, sondern sie ist Sache der einzelnen Landwirtschaftskammern. Ich erkenne voll und ganz an, daß sie von der höchsten Bedeutung für die ganze landwirt⸗
schaftliche Entwickelung sind.
Meine Herren, ich möchte dann noch auf einen Punkt zurück⸗ kommen, den Heir von Woyna vorhin berührt hat, als er von der Gründung von Ansiedelungen auf mindergutem Boden sprach. Nach meinen persönlichen Erfahrungen — und diese stätzen sich nicht etwa bloß auf meine jetzige Tätigkeit, sondern sie stützen sich auf die Summe dessen, was eine ganze Reihe in der Landwirtschaft bewährter Männer gesagt haben —, kann ich nur immer wieder davor warnen, auf schlechten Böden anzusiedeln. Es sind vielmehr entschieden diejenigen Böden vorzuziehen, auf denen noch auf einen Ertrag zu rechnen ist, auf denen der Mann sich wirklich erhalten kann. Etwas anderes habe ich auch in den vorigen Tagen nicht gesagt. Ich muß nach dieser Richtung bin die Erfahrungen der landwirtschaftlichen Verwaltung in den Vordergrund stellen, und diese hat unendlich viele Beweise dafür, daß alle Ansiedler auf Rentengütern mit schlechten Böden immer wieder zu Grunde gehen, weil ein einziges schlechtes Jahr die Leute einfach umwirft.
Abg. Barthold (frkens.) spricht gleichfalls seine Freude über die Verstärkung der Mittel für das ländliche Schulwesen aus und betont den Wert der Winterschulen und der Fortbildungsschulen als Vorgänger der ersteren sowie der Wanderlehrer, äußert aber besonders den Wunsch, daß auch für die landwirtschaftliche Mittelschule noch mehr geschähe, und namentlich die Lehrer an diesen Anstalten müßten — gestellt werden. Das Beste wäre die Verstaatlichung dieser
ulen.
Abg. Dr. Glattfelter (Zentr) widerspricht der Ansicht des Ministers, daß die Mittel nur nach der Leistungsfähigkeit verteilt werden sollten; man müsse doch auch bedenken, was die Provinz selbst leistet. Der ganze Unterricht auf den Schulen müsse einen landwirt— schaftlichen Charakter erhalten, die Lehrer müßten in besonderen Kursen vorbereitet werden, damit sie mit Erfolg und Interesse erweckend den Fortbildungsunterricht erteilen könnten. So erfreulich die Zunahme der ländlichen Fortbildungsschulen und die Verwendung höherer Staatsmittel dafür sei, so blieben diese Mittel doch noch weit hinter dem zurück, was der Staat für die gewerblichen Fortbildungsschulen tue. Wenn die Gemeinden überlastet seien, solle der Staat die ganzen Kosten übernehmen. ö
Abg. Ernst (fr. Bgg): Wir stimmen allen Maßnahmen ju, welche dazu dienen, die theoretische und praktische Ausbildung der ländlichen Bevölkerung zu fördern. Im Osten sind die Fortbildungs—⸗ schulen zugleich wichtig für die Erhaltung des Deutschtums und müssen daher möglichst vermehrt werden. In der Provinz Brandenburg gibt es nur zwei ländliche Fortbildungsschulen; wenn man bedenkt, wie groß die Zahl in anderen Provinzen ist muß man die Frage auf— werfen, woher diese geringe Zahl im Mittelpunkt unseres Landes kommt. Das Schulgeld spielt dabei keine große Rolle, und ich möchte deshalb bitten, es ganz fortfallen ju lassen. Ich empfehle auch meiner⸗ seits, daß die Volksschullehrer durch besondere Kurse als Lehrer der Fortbildungsschulen vorbereitet werden. Ich fürchte nicht, daß sich dadurch ein gewisser Dilettantismus herautstellen wird, denn es ist nicht zu vergessen, daß die Lehrer ja selbst auf dem Lande aufge— wachsen sind. Den Religionsunterricht schätze ich außerordentlich hoch, aber er muß da erteilt werden, wo er hingehört, in der Volksschule oder den Sonntagsschulen, aber nicht in den Fortbildungsschulen. Der Lehrplan der Fortbildungsschulen darf nicht bloß dem der Volks schule angegliedert werden, diese Schulen müssen vielmehr von der Vollsschule gänzlich losgelöst werden und eine eigene Methode haben, um in den Lehrern das Verständnis zu wecken, daß sie für das ganze Leben arbeiten. Außerordentlich wichtig ist, daß auch für die Mädchen auf dem Lande Foribildungeschulen eingerichtet werden.
Die Etatstitel werden bewilligt. Die Resolution der Kom⸗
mission wird angenommen.
In dem Kapitel „Tierärztliche Se h nen und Beterinärwesen“ sind an Besoldungen für die 35 Depar⸗ tementstierärzte und 468 Kreistierärzte 914400 „6 aus⸗ geworfen, d. h. 456 200 6 mehr als im Vorjahre. Zu Amts⸗ unkostenentschädigungen an die Kreistierärzte sind 99 600 neu ausgeworfen.
Berichterstatter Abg. von Arnim berichtet, daß die Mehrkosten dadurch entstehen, daß die Kreistierärzte in bestimmte Gehaltsklassen eingeteilt würden, und zwar von 1200, 1650 und 2100 M
Abg. von Neumann-Großenborau (kons.): Ich verstehe es voll⸗ kommen, wenn der Minister zu den Kreistierärzten sagen würde: Ich habe schon so viel für heute getan, daß mir zu tun jetzt nichts mehr übrig bleibt. Die Bitte der Kreistierärzte um Rangerhöhung ist eigentlich an eine falsche Adresse gerichtet, denn das ist ein Kronrecht, und es untersteht Seiner Majestät, darüber zu entscheiden. Ein Teil meiner politischen Freunde und, wie ich hoffe, auch die Mehrheit des Hauses hegt den Wunsch, daß der Herr Landwirtschaftsminister das Gesuch der Kreistierärzte um Versetzung in die 5. Rangklasse der Räte unterstützen möchte. Wir haben duichgesetzt, daß die Kreistierärzte die Maturitätsprüfung bestanden haben müssen, das Reichsseuchen⸗
esetz wird neue Anforderungen an sie stellen, da ist ihre Bitte wohl erechtigt. Die Herren haben betont, daß es ihnen mehr um diese Rangerhöhung als um eine Gehaltsverbesserung zu tun ist. Auch bestebt der Wunsch, daß für die Gebühren eine Pauschalsumme aus— gesetzt wird.
Abg. Dr. von Savigny: Im vorigen Jahr hat das Haus ein— stimmig zwei Resolutionen angenommen, die auf diese neue Gehalts ordnung hinzielten. Möchte nun auch der Wunsch auf Rangerhöhung der Tierärzte erfüllt werden. Das ganze landwirtschaftliche Gewerbe wird mit gehoben, wenn die Stellung des mit der Landwirtschaft so eng verbundenen Standes der Tierärste gehoben wird. Die um ein Geringes höheren Gebühren, die die Folge einer Rangerhöbhung sein würden, würden wohl getragen werden können. Für die Erhöhung des Gehalts hat sich das Abgeordnetenhaus auch schon im vorigen Jahre in einer Resolution ausgesprochen, aber trotzdem sind diese Wänsche noch nicht erfüllt worden.
Die Titel werden bewilligt. .
Bei dem Fonds von 8 000 M zur wissenschaftlichen Erforschung von Tier krankheiten weist
Abg. Graf von der Groeben (kons.) darauf bin, daß in mehr⸗ achen Fällen der Verdacht entstanden sei, daß durch das Serum des
ofessors Loeffler in Greifswald die Maul. und Klauenseuche her⸗ vorgerufen ö. Ein Beweis dafür sei allerdings nicht gegeben. Dieser . müsse erhöht werden, um weitere Untersuchungen vornehmen zu können.
Minister für Landwirtschaft ꝛc. von Podbielski:
Die Uebelstände erkenne ich gern an; die Landwirtschaftsver⸗ waltung hat sie verschiedentlich zur Sprache gebracht. Ich muß aber dem Herrn Vorredner sagen, daß die Sache zum Ressort des Kultus⸗ ministeriums und nicht zu dem meinigen gehört; ich habe mit der Sache nichts zu tun.
Abg. Dr. Da e wert sich über die Höhe der gieis I ed en it . ffenp alen, ben gt worden seien. Zu diesen Gebühren kämen noch die Reisekosten der Tierärzte hinzu. Die Landwirtschaftskammer von Nassau habe sich für die Aufhebung der ele erm von 1892 ausgesprochen, welche einen Ausnahmezustand für die Provinz Hessen⸗Nassau geschaffen
abe, da sie auch für Hausschlachtungen die Fleischbeschau vorschreibe.
elbst wenn man die Trichinenschau beibehalten wolle, so rechtfertige das nicht die Beibehaltung der übrigen Fleischbeschau für die Haus⸗ schlachtungen. Und auch die Trichinenschau sei in Nassau übeiflüssig, da dort nicht ein trichinsses Schwein vorkomme. Warum sollten die kleinen Bauern in Nassau mehr bezahlen als in anderen Bezirken?
Minister für Landwirtschaft ꝛc. von Podbielski:
Meine Herren! Das nassauische Land kann seinen Herren Ab⸗ geordneten sehr dankbar dafür sein, daß sie ihre örtlichen Beschwerden mit solchem Eifer hier zur Sprache bringen — Jahr aus, Jahr ein! Die Zeit des hohen Hauses wird dadurch freilich recht stark in An⸗ spruch genommen. Ob ferner die Antwort, die ich zu erteilen ge⸗ zwungen bin, den nassauischen Landwirten angenehm sein wird, be⸗ zweifle ich.
Meine Herren, zunächst muß ich konstatieren: die Untersuchung der Hausschlachtungen bestand in den nassauischen Landen schon vor dem Inkrafttreten des Fleischbeschaugesetzes und ist nicht etwa erst durch dieses eingeführt worden. Ich verstehe deshalb nicht recht, wes—⸗ wegen gerade jetzt die Aufhebung des Beschauzwanges so hartnäckig verlangt wird. Ferner befindet sich der Herr Vorredner im Irrtum, wenn er anzunehmen scheint, daß die zum Hausgebrauch geschlachteten Schweine im Regierungsbezirke Wiesbaden auch der Trichinenschau unterliegen. Das ist nicht der Fall, wie ich bereits vorgestern bemerkt habe. Ich möchte daher bitten, die allgemeine Fleischbeschau und die Trichinenschau nicht immer aufs neue durch einander zu werfen. Wenn nun die Herren eine Beseitigung von Mißständen verlangen, die durch zu große Beschaubezirke und zu hohe Fleischbeschaugebühren hervorgerufen sein sollen, so kann ich mitteilen, daß ich den Regierungepräsidenten angewiesen habe, in eine Prüfung der Berechtigung der Beschwerden einzutreten und ihnen wenn irgend möglich abzuhelfen. Zu einer Aufhebung des Fleischbeschauzwanges bei Hausschlachtungen kann ich mich aber nicht verstehen. Denn die bei der Beschau gewonnenen Erfahrungen sprechen nicht für eine solche Aufhebung. Allerdings liegt eine Statistik über die Beschauergebnisse nur für das erste Jahr nach dem Inkrafttreten des Fleischbeschaugesetzes vor und ich bin keineswegs so voreilig, schon hieraus bestimmte Folgerungen zu ziehen. Aber das darf ich sagen, daß, wenn ich diese Ergebnisse ver⸗ allgemeinern müßte, ich mich dafür aussprechen müßte, daß die Haus—⸗ schlachtungsbeschau überall eingeführt würde. Nur ein Beispiel, meine Herren: die Beschau bei Hausschlachtungen hat zur Entdeckung von 9y milzbrandkranken Tieren geführt; und in fünf von diesen Fällen war die Seuche vorher nicht zur Anzeige gebracht. (Hört! hörth Ja, meine Herren, das gibt doch zu denken! Die anderen Zahlen will ich hier nicht im einzelnen anführen; aber auch sie sind geeignet, meine Meinung zu unterstützen, daß die Beschau bei Hausschlachtungen sehr nützlich ist. Die Beanstandungsziffern sind zum teil sehr hoch! (Hört! hört) Ich bitte die Herren, dies wohl zu berück— sichtigen und dafür einzutreten, daß man sich auch in den land wirtschaftlichen Kreisen in Nassau mit der Beschau bei Haus schlachtungen mehr befreundet, die allein eine Gewähr dafür bietet, daß nur gesundes Vieh zur Schlachtung kommt; denn wirklich, man bekommt förmlich einen Schreck, wenn man sich sagen muß, daß in einem so kleinen Bezirke wie Nassau 9 milzbrandkranke Tiere zur Schlachtung gebracht und daß 5 Milzbrandfälle vorher nicht angezeigt waren. Also ich möchte den Herren raten: rühren Sie bitte nicht weiter an der Sache. Ich werde mich davon fern halten, aus den Ergebnissen eines Jahres endgültige Schlüsse zu ziehen. Aber ich muß wiederholen: würde es in unserem ganzen Vaterlande nach dieser Richtung hin ebenso wie in Nassau aussehen, dann würde ich dafür eintreten müssen, daß wir überall die Hausschlachtungen unter Kontrolle stellen. Denn ich boffe, daß auch in der Landwirtschaft daß Be— streben vorhanden sein wird, nur gesundes Vieh zur Schlachtung zu bringen, und ich bin überzeugt, daß milzbrandkranke Tiere dem Land wirt genau so schädlich sind wie den Städtern. (Bravo! rechts.)
Abg. Dr. Dahlem: Die Miljbrandfälle erledigen sich dadurch, daß der Milzbrand von selbst angezeigt werden muß. Der Minister möge das Material geben für die Behauptung, daß in Nassau die Verhältnisse so schlecht sind. Die Bevölkerung von Nassau wird gegen diese Aeußerung des Ministers entschieden Verwahrung einlegen.
Minister für Landwirtschaft ꝛc. von Podbielski:
Meine Herren! Ich muß auf meine vorigen Ausführungen zurück. kommen.
Ich habe gesagt, nicht nur, daß milibrandkranke Rinder zur Schlachtung gekommen sind, sondern auch, daß man es unterlassen hatte, Seuchenfälle zur Anzeige zu bringen. (Zuruf: Kommt überall vor)! — Nein, das ist meiner Ansicht nach ein sehr schwerer Vorwurf, der die Herren dort trifft. Außerdem kann ich dem Herrn Vorredner erklären, daß die Zahlen, deren nähere Angabe er wünscht, bereits dem Herrn Obeipräsidenten in Cassel mit—⸗ geteilt sind, und daß dieser darüber mit der Landwirtschafts kammer in Verhandlungen treten wird. Ich hatte bisher keine Veranlassung, diese Statistik hier im Detail auseinanderzuziehen; denn wie der Herr Vorredner ganz richtig sagt, ist es sehr schwer, hier über Einzelheiten zu Gericht zu sitzen. Aber die Landwirtschaftskammer wird sich ja mit der Sache noch zu beschäftigen haben. Herren zugeben müssen, daß in einem Regierungsbezirk, in dem oder in dessen Nähe so große Städte wie Frankfurt, Wiesbaden, Mainz usw. liegen, erhöhte Anforderungen an die sanitären Verhältnisse gestellt werden müssen. Sie haben viel günstigere Absatzverhältnisse als andere Bezirke, . B. im Osten, haben dafür aber auch die Verpflichtung,
besondere Sorgfalt zu beobachten. Zum mindesten ist die Sachlage nicht
dazu angetan, einen sanitär befriedigenden Zustand zu beseitigen, der nicht etwa erst durch das Reichsfleischbeschaugesetz eingeführt, sondern, wenn ich mich recht erinnere, durch eine Verordnung von — (Abg. Dr. Dahlem: 1892) — zuletzt 1892 aufgefrischt worden ist, aber auch schon vorher faft 100 Jahre lang dort gegolten hat. Neben den Zahlen für Milzbrand könnte ich Ihnen auch weiter diejenigen für Rotlauf und Schweinesenche anführen. Auch diese lassen erkennen,
Jedenfalls werden mir die wertung der Produkte seiner Tierzüchtung. Ich bin der Meinung, die
daß die Fleischbeschau bei Hausschlachtungen häufig zur Feststellung von Seuchen führt, die sonst unentdeckt bleiben würden. Ich bitte, alles das bei der Landwirtschafts kammer näher zu prüfen. Ich hoffe, die Herren werden zu der Ueberzeugung kommen, daß gerade die Haus⸗ schlachtungen ein wesentliches Mittel bilden, um die Seuchen mit Erfolg zu bekämpfen.
Abg. Hofmann (ul.) wendet sich gegen die Behauptung, daß gerade in Nassau die Verhältnisse so ungünstig lägen. Das erscheine nur so durch die Feststellungen der Ausnahmeuntersuchung bei den Hausschlachtungen. Er wünsche eine gleichmäßige Behandlung.
Minister für Landwirtschaft ꝛc. von Podbielski:
Meine Herren! Ich habe immer den Wunsch gehabt, die Sache erst zu Hause noch prüfen zu lassen und die Debatten einzuengen, aber die Herren provozieren mich immer weiter. Ich bin bereit, weiteres Material zur Verfügung zu stellen. Ich will hier nur hervorheben, es liegen zwei Bezirke dicht nebeneinander, nämlich Wiesbaden und Cassel; in beiden unterliegen die Hausschlachtungen der Untersuchung und es sind in Wiesbaden 27 0, und in Cassel 13 0,ò der Rinder beanstandet worden. Diese Zahlen sind doch wirklich bedenklich. Wollen Sie aber noch weiteres Materlal haben, so stehe ich den Herren noch weiter zur Verfügung. Glauben Sle mir, daß ich das, was ich vorher gesagt habe, nicht leichtfertig gesagt habe, sondern daß ich mich hierbei nur auf Tatsachen stütze.
Der Titel wird bewilligt.
Als Dispositionsfonds zu Prämien für Pferde⸗ rennen sind im Ordinarium 231 (00 M (wie im Vorjahr), ferner im Extraordinarium zur Verstärkung dieses Fonds 500 000 MS (ebenfalls wie im Vorjahr) eingestellt.
Ag. Gyßling (fr. Volksp) spricht für selne Partei wie bisber eine ablehnende Haltung zu diesem Fonds aus, ohne auf die prin⸗ zipiellen Fragen näher eingehen zu wollen.;
Abg. Rogalla von Bieberstein (kons) empfieht die An—= nahme. Die Rennen seien im Interesse der Prüfung der Leistungs⸗ fähigkeit des Pferdematerials durchaus notwendig.
—— Nach kurzen Bemerkungen der Abgg. Gyßling und Kreth (kons.) wird der Titel angenommen.
— Bei dem Fonds zur Förderung der Viehzucht bespricht
Abg. Heckenroth (kons) die Verhältnisse der Viehzucht in seinem Heimatkreise Altenkirchen⸗Neuwied. Die Bevölkerung habe lebhaft darüber zu klagen, daß ihr nicht das geeignete Zuchtmaterial zur Verfügung stehe. Es seien nun Genossenschaften zur Förderung schwerer Tierrassen zugelassen worden. Man solle der Bevölkerung nicht bestimmte Rassen aufoktrovieren, sondern sich mit den Gemeinde behörden darüber verständigen. Hätte man das getan, dann wäre viel böses Blut nicht erzeugt worden. Die Zuchtgenossenschaften hätten ihre Statuten nach den vom Minister genehmigten Normalstatuten aufgestellt, aber die Genehmigung des Ministers sei noch nicht erfolgt.
Minister für Landwirtschaft ꝛc. von Podbielski:
Meine Herren! Die von dem Herrn Vorredner vorgebrachten Beschwerden betreffen nur lediglich ein Internum der Rheinprovinz, und da muß ich immer wieder hervorheben, sowohl auf dem Gebiete der Körordnung, wie auch ebenso auf dem Gebiete der Pferdezucht erachte ich die Landwirtschaftskammern als die einzige maßgebende Instanz. Meine Herren, es ist leider ein augenblicklich sehr beliebtes Verfahren, daß man die Selbstverwaltung einrichtet und ausgestaltet und sowie einem die Sache nicht paßt, dann wird nach dem Bittel gerufen, der einschreiten soll. (Heiterkeit. — Sehr richtig! rechts.) So ist es auch mit den Landwirtschaftskammern gegangen. Meine Herren, wählen Sie doch die Herren, die Ihnen das so ausgestalten, wie Sie es wünschen; denn ich muß doch die Landwirtschaftskammer als das allein Vertrauen verdienende Organ in einer Provinz ansehen. Ich muß das nach dieser Richtung hin immer hervorheben: nicht ich bin für diese oder jene Zuchtrichtung verantwortlich, sondern es ist das die aus der Selbstverwaltung, aus Wahlen innerhalb der Provinz hervorgegangene Landwirtschafts kammer.
Zur Klärung aber für das hohe Haus möchte ich die Verhält- nisse in der Rheinprovinz kurz skißzieren. Zunächst haben wir in der Rheinprobinz ein Bullenhaltungsgesetz, welches vorschreibt, daß für 100 Kühe ein Bulle gehalten werden soll. Weiterhin haben wir eine Körordnung, die nicht für die Provinz, sondern für die Kreise aus- gestaltet ist, und diese Körordnung enthält die Bestimmung, daß der betreffende Bulle zur Zucht tauglich sein muß. Drittens haben wir eine Einteilung nach Zuchtgebieten, die von der Kammer aufgestellt ist und die auch meine Billigung erfahren hat. Nun ist es ja ganz naturgemäß, daß diese drei Faktoren zusammen wirken müssen, sonst läuft die ganze Sache auseinander, und ich freue mich, daß die Kammer nach Möglichkeit darauf sieht, daß ihre guten Absichten auch durchgesetzt werden. Ich möchte die Herren, die in landwirtschaftlichen Dingen bewandert und erfahren sind, einmal fragen: Glauben Sie, wenn Sie 20 Dörfer abstimmen lassen, daß jedes Dorf über die ein⸗ zubaltende Zuchtrichtung so abstimmt wie das Nachbardorf? Nein, meine Herren, sie würden alle etwas anderes wollen Der eine hält diese Richtung für besser, der andere jene. Nach meiner Ansicht muß hier lediglich das als Grundsatz hingestellt werden: staat⸗ liche und provinzielle Mittel können nur da zur Verfügung gestellt werden, wo man sich in den Rahmen hineinpaßt, der von der Land- wirtschaftskammer vorgejeichnet ist. Will jemand seinen privaten Weg gehen, so mag er ihn gehen, aber er hat dann keinen Anspruch auf Staatsprämien und Staatshilfe.
Ich erinnere nur daran, welchen Schwierigkeiten wir heute be⸗ gegnen, ein einheitliches Material zu beschaffen. Der Herr Vorredner hat selbst angeführt, wie notwendig es für die ganzen Absatzverhaͤltnisse ist, daß man möglichst einen Schlag in der Gegend hat. Läuft alles auseinander, und hat der Händler nicht die Aussicht, in dem Gebiet viele gleichartige Tiere kaufen zu können, so kann ich mit Sicherheit dem betreffenden Gebiet sagen, es hat keine Aussicht auf gute Ver⸗
Kammern tun gut, einheitliche Bezirke zu schaffen für die Viehzucht und nicht zu viel Velleitäten zu gestatten.
Darin kann ich dem Herrn Vorredner nicht folgen, daß man noch eine zweite Instanz in diesen Sachen schafft. Wo kommen wir hin, wenn wir immer noch auf eine Sache eine andere setzen! Wir haben die Kammern, die Kammern sind zuständig und müssen das Vertrauen haben. Es wäre ein schlechtes Zeichen für die Bevölkerung, wenn fie sich nicht eine Kammer wählte, jzu der sie Vertrauen hat. Zu dem Präsidenten der rheinischen Landwirtschaftskammer, den ich sehr hoch achte, der Großes geschaffen hat, sollten die Herren in der Provinz doch das Vertrauen haben, daß der Mann mit seiner ganzen Perlon dafür eintritt, daß etwas Gutes geschaffen wird.
Meine Herren, ich muß diesen Beschwerden gegenüber immer wieder darauf verweisen, nicht bei der landwirtschaftlichen Verwaltung liegt die Entscheidung, sondern bei den Landwirtschaftskammern. Die Wahlen zu den Landwirtschaftskammern beruhen auf Gesetz, paßt den Herren das Gesetz nicht, dann müssen wir das Gesetz ändern, und den Wahlmodus, nach dem gewählt wird, umgestalten. Darüber läßt sich rechten, aber im einzelnen Falle kann ich nur die Kammer allein als die einzig zuständige Instanz ansehen. Ich kann nur den Herrn Vorredner und die Kreise der Bevölkerung immer wieder darauf hinwelsen: wenn diese Kammer nicht nach ihrem Sinne ist, dann sollen sie das nächste Mal andere Leute wählen. Aber ich möchte bitten, nicht immer die Landwirtschaftsverwaltung anzurufen, daß sie gegen die Kammer losgehen soll, wenn irgend jemand mit den von der Kammer ergriffenen Maßregeln nicht ein⸗ verftanden ist. Das geht nicht, meine Herren, die Landwirtschafts⸗ kammern haben über diese Dinge die Entscheidung und an sie müssen fich die Herren halten.
Abg. Stackmann⸗Wetzlar (kons.) bestätigt, daß die Klagen des Abg. 1 berechtigt seien, . , ih! a e Ab⸗
ilfe. Die Landwirtschaftskammer ist allerdings formell zuständig, aber hier handelt es sich darum, daß die Leute durch die Polizei ge⸗ zwungen werden, anderes Vieh zu züchten, als sie selbst wollen. Ich möchte daher anheimgeben, die Sache wohlwollend zu prüfen.
Abg. Knie (Zentr,) schließt fich den Beschwerden der Abgg. Heckenroth und Stackmann an.
Abg. Dr. von Woyng (freikons) weist darauf hin, daß in der 1 Hannover Fälle vorliegen, daß die kleinen Leute gar nicht ihre
ühe durch den Gemeindebullen decken lassen wollen. Da niemand dazu ejwungen werden kann, zahlen diese Leute auch keine Beiträge mehr, . es e, kleinen Gemeinden unmöglich wird, einen Gemeinde en ju halten. Auf eine Bemerkung des Abg. Grafen von Spee (Zentr.) bezüglich einer anderen Zusammensetzung der Landwirtschaftẽ kam mern erklärt der
Minister für Landwirtschaft ꝛc. von Podbielski:
Meine Herren! Ich wiederhole: ich bin ein unbedingter An— hänger der völligen Selbständigkeit der Kammern und möchte gerade diese Selbständigkeit erhalten und stärken. Die Kammern sollen da, wo sie zuständig sind, auch die volle Verantwortung für alle Maßregeln haben, die von ihnen ergriffen werden. Meine Herren, ich bin ein Anhänger der Selbstverwaltung; daraus sind meine vorigen Aeußerungen hervorgegangen. Ich wünsche, daß die Kammern mit vollem Verständnis und mit ganzem Interesse an die ihnen obliegenden Fragen herangehen und sie so lösen, wie das den Bedürfnifsen der Bevölkerung entspricht. Der Herr Vorredner hat wir zugerufen: ich sollte auf die Landräte einwirken. Meine Herren, ich frage Sie: halten Sie das für richtig? Nein, meine Herren, darauf kann ich nur erwidern: diese Zumutung lehne ich von meinem Standpunkt auf das allerentschiedenste ab. (Sehr richtig h
Der Titel wird bewilligt.
Um 41 Uhr fragt der Vizepräsident Dr. Por sch das Haus, ob es
zur Erledigung des Landwirtschaftsetats eine Abendsitzung abhalten oder noch weiter sitzen wolle, bis dieser Etat fertig beraten sei.
Die Mehrheit entscheidet sich für die Fortsetzung der Sitzung. Bei den Ausgaben zur För derung der Fischerei weist
Abg. Dr. Lotichius (nl) darauf hin, daß durch die Rhein= korrektion die Fischer geschädigt worden selen, und verlangt, daß in solchen Fällen eine Entschädigung gezahlt werde.
Abg. von Böhlendorff⸗Kölpin (kons. wünscht eine Revision des Fischereigesetzes und trägt eine Reihe von Wünschen aus Fischer— kreisen dafür vor. Gegen die ausländischen Fischer an der Ostseekäste innerhalb der Hoheitszone, welche jene eigentlich überhaupt nicht be—= treten dürften, müßten Verordnungen erlassen werden. Die Küste — 2 in verschiedene Reviere eingeteilt werden, da eine einheitliche
sjeiverordnung für die ganze Küste nicht angebracht sei. Die
o ,, müsse bei den Baggerungen in den Haffs den
Fischern freundlicher entgegenkommen. Eine Petition der Fischer
des Greifswalder Boddens wünschte Vereinbarungen mit Mecklen—
16 9. die Bestimmungen in Preußen und Mecklenburg ganz ver— eden seien.
Abg. Dr. Dahlem (Zentr.) macht auf den Rückgang des Salm—⸗ . im Rhein aufmerksam, der auf die Maßnahmen der holländi— chen Regierung zurückzuführen sei. Das Auswärtige Amt habe Ver= handlungen mit Holland zugesagt, aber es sei notwendig, daß bei Fluß—⸗ regulierungen unser landwirtschaftliches Ministerium mitwirke. Es handle sich hauptsächlich um kleine Leute, die sich von dem schwierigen Salmfange ernãhren.
Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (freikons.): Nach der Strombauordnung werden alle beteiligten Behörden vor Fluß—⸗ regulierungen gehört, und dann werden erst die Pläne festgestellt. wier e e sffals werden sehr erhebliche Entschädigungen an die
ischer gezahlt.
Abg. Dr. Lotichius: Die Salmfischer am Rhein haben vor den Korrektionsarbeiten darauf ausdrücklich aufmerksam gemacht, daß ihr Gewerbe ruiniert werden würde. Man hätte die Arbeiten auch so vornehmen können, daß die Fischer nicht geschädigt wurden. Wenn der Minister die Sache prüft, wird er sehen, daß die Leute entschäͤdigt werden müssen.
Abg. von Böhlendorff-Kölpin weist auf Fälle hin, wo das landwirtschaftliche Ressort von Wasserbauten überhaupt nicht in 2 gesetzt sei. Er müsse deshalb dem Abg. von Zedlitz ent—⸗ gegentreten.
Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch hält seine Aus führungen aufrecht; er habe die gesetzliche Lage e,, die natürlich 14 ausschließe, daß einmal ein Fehler in einem Ressort gemacht werde.
Abg. Stockmann lfreikons) vermißt in diesem Etat die all⸗ seitig erhoffte Gründung einer Fischerelversuchsstation und 6362 den Wunsch und die Hoffnung aus, daß der nächste Etat dies nach⸗ holen werde. —
Ein Regierungs kom missar erklärt, daß die Verhandlungen darüber unter den Ressorts noch nicht abgeschlossen seien, aber vor⸗ aussichtlich im nächften Etat die Station gefordert werden könne.
Die Ausgaben für die Fischerei werden bewilligt. sor Bei den Ausgaben für die Landesmeliorationen pricht
6 Kreth (kons.) seine Freude über die Vermehrung der , , s) spricht sich für eine Regulierun
Dr. a ns. der 8 aus; die Gerne en ff 3 nicht leistungsfãhig e. . bedürfe der Unterstũtzung durch die Regierung.
Bei den allgemeinen Fonds bittet
Abg. Dr. Dahlem (gentr) um namhafte, ständige Beihilfen für die Bauernverelne.
Minister für Landwirtschaft 2c. von Pod bielski:
Ich habe schon Gelegenheit gehabt, privatim dem Herrn Antrag⸗ steller gegenüber mich dahin auszusprechen, daß ich bereit bin, mit dem Vorsitzenden der Landwirtschaftskammer, der in den nächsten Tagen gelegentlich der Beratungen des Landetökonomiekollegiums nach Berlin kommt, Ruücksprache zu pflegen. Aber, meine Herren, ich mochte Sie doch bitten, im allgemelnen daran festzuhalten, daß es nicht richtig ist, wenn die Staatgreglerung aufgefordert wird, solchen Vereinsbil dungen
besondere Zuwendungen zu machen. Meine Herren, wo soll das hin—⸗ führen? Denken die Herren einmal daran: wenn nun j. B. der Bund der Landwirte mit demselben Recht sagte: Reglerung gib uns Zu—⸗ schuß! — meine Herren, was würden Sie sagen, wenn ich das täte? — (Zuruf rechts: einverstanden! und Heiterkeit) Jawohl, die Herren sagen: einverftanden! Aber ich glaube, weite Kreise dieses hohen Hauses würden mich dann angreifen, und das mit vollem Recht. (Sehr richtig! links) Darum, meine Herren, glaube ich: es ist richtiger, immer daran festzuhalten: die Träger der Steuerkraft, die Träger der Interessen der Landwirtschaft sind gesetzlich geregelt und festgelegt durch das Gesetz über die Landwirtschaftskammern. Ich kann und werde diese nie ausschalten, sondern ich glaube immer: wir müssen gerade nach der Richtung hin sorgen, daß wir ihre Selbst—⸗ ständigkeit erhalten und daß sie sich wirklich zu dem ausbilden, was, wie ich vorhin schon sagte, sie sein sollen, zu wirklichen Vertretern der Landwirtschaft. Meine Herren, jedenfalls muß ich daran festhalten, daß Gelder für die Landwirtschaft nur den Landwirtschaftskammern gegeben werden. (Sehr richtig! rechts.)
Abg. Wol gast (fr. Volksp.) regt die Frage der Regelung der Gehalts⸗ und Pensionsverhältniffe der wissenschaftlichen Beamten der Landwirtschaftskammern an. Diese Beamten seien als Staatsbeamte anerkannt und vereidigt, es sei ihnen auch der Steuernachlaß be— willigt worden, aber ihre Gehalts⸗ und namentlich Pensionsverhält⸗ nisse selen noch a verschieden in den einzelnen Provinzen und un—
enügend. Wenlgstens nach einer Reihe von Jahren sollten sie , e, ,. erhalten. (Abg. von Pappenheim: Zur
che) Das überlassen Sie dem Herrn Praͤsidenten. (Abg. von Pappenheim lacht.) Ja, lachen konnen Sie, das sieht man. Diese Angelegenheit liegt im Interesse der gesamten Landwirtschaft, nicht . der Beamten.
Minister für Landwirtschaft ꝛc. von Podbielski:
Meine Herren! Wenn ich den Ausführungen des Herrn Vor— tedners folgte, so, glaube ich, würde ich tief in die Autonomie der Landwirtschaftskammern eingreifen. (Abg. Frhr. von Zedlitz: Sehr richtig) Er selbst führt an, daß, wenn die Gehälter verbessert würden, ein Zehntelprozent mehr von den betreffenden Bewohnern der Provinz aufzubringen wären. Ja, meine Herren, wenn die Land— wirtschaftskammern das nicht allein entscheiden sollen — was würde denn die Folge sein, wenn ich den Anregungen des Herrn Vorredners folgte? Nehmen Sie einmal an, ich dekretierte an eine Kammer: du mußt sämtliche Beamte auf Lebenszeit anstellen, sonst gebe ich kein weiteres Geld. Meine Herren, ein Sturm der Entrüstung würde mit vollem Recht mir entgegenbrausen. Die Herren würden mir ein⸗ fach alle sagen: wie kannst du überhaupt in unser inneres Besteuerungs⸗ recht, in unsere Autonomie derart eingreifen! Meine Herren, würden . B. aus den Kreisen der Städte dem Minister des Innern solche Sachen entgegengebracht werden, würden sich dann nicht, wenn der Minister des Innern dem Folge geben wollte, die Städte mit Hand und Fuß dagegen wehren? Sie wehren sich manchmal schon bei Sachen, wo man sagen muß: hier ist die Behörde im Recht, wenn sie von ihrem Aufsichtsrecht Gebrauch macht. Aber, meine Herren, wenn wir diesen Anregungen folgen sollten, wo kommen wir dann hin? Die Herren sollten doch wirklich den Kammern und den Be wohnern es überlassen, diese Sachen in ihrem eigensten Interesse zu ordnen, die Herren sollten nicht an mich das Verlangen stellen, daß ich die Kammern zwänge, diesen oder jenen Beamten anzustellen; das müssen die Herren in den Landwirtschaftskammern selbst ent. scheiden. Ueberlassen Sie das, bitte, den Kammern; ich habe immer das volle Vertrauen gehabt, daß diese Organisation ihre Schuldigkeit tun wird. Wenn heute — was ich gewiß nicht verkenne — hier und da noch Ausstellungen und Beschwerden erhoben werden, so können die Herren sich darauf verlassen, wenn die Sache hier zur Sprache
kommt, daß ich da, wo ein bißchen Rauch ist, mir ftets Klarheit zu
verschaffen suche darüber, wie die Verhältnisse liegen.
Meine Herren, ich habe wirklich den Wunsch, daß diese In— stitution sich voll einlebt, daß die Mitglieder in ihrem eigenen Hause Ordnung halten, und daß sie darüber befinden, ob sie diesen oder jenen Beamten dauernd anstellen wollen oder nicht. Wenn von mir verlangt wind, ich solle die Kammern an— weisen, dies oder jenes zu tun, so würde ich mich dann wohl erheb— lichen Vorwürfen aussetzen. (Sehr richtig! rechts.)
Meine Herren, ich kann nur wiederholt die Bitte aussprechen, bringen Sie, wenn Sie glauben, daß eine Kammer den berechtigten Wünschen nicht nachkommt, die Sache jzu meiner Kenntnis. Ich kann dann eine Klärung der Verhältnisse herbeiführen, und das ist nach meiner Ansicht besser, als wenn wir hier einen Fall herausreißen, dem ich ohne Material gegenüberstehe. Der Herr Vorredner sagt selbst, er habe von diesem Untersuchungsamt in Kiel gehört, daß es jetzt Geld verdienen solle. Ja, meine Herren, an und für sich freue ich mich, wenn die Institute einer Kammer Geld verdienen; denn die Kammer bekommt das Geld doch nicht für sich oder für die Vorstands⸗ mitglieder, sondern sie verwendet diese Gelder zu gemeinnützigen Zwecken, und sie braucht dann weniger Beiträge zu erheben.
Abg. Cahensly (Zentr) empfiehlt die Förderung des nassauischen Bauernvereins.
Abg. Wol gast: Die Erklärung des Ministers bat die Sache prinzipiell geklärt. Einfluß auf die Besoldungen in den Städten übt der Minister wohl.
Zu Unterstützungen für ausgeschiedene Beamte und für Witwen und Waisen von Beamten der landwirtschaftlichen Verwaltung sind 8. 009 6 ausgeworfen, wovon 12000 4 als künftig wegfallend bezeichnet 3
Abg. von Pappen heim (kons) stellt und begründet den Antrag, die Staatsregierung zu ersuchen, aus der gn dieser Stelle im vergangenen Jahre eingestellten, künftig wegfallenden Verstärkung des Unterstützungs⸗ fonds von 12 000 4 nicht nur den auf Grund des F 8 des Gesetzes vom 24. Juli 1904 pensionierten Kreistierärzten und deren Hinter— bliebenen, sondern auch den früher aus dem Staatsdienst ausgeschle—= denen eie inirermnie und deren Hinterbliebenen Unterstützungen zu gewähren.
Minister für Landwirtschaft 2c. von Podbiels ki:
Meine Herren! Ich hoffe, daß ich der Anregung, die Herr von Pappenheim durch seine Resolution gegeben hat, werde Folge geben konnen. Ich glaube, daß einige schwierlge Verhältnisse, die sich herausgestellt haben, auf diese Weise beseitigt werden können.
Aber ich möchte Herrn von Savigny bitten, aus meinem Schweigen auf seine Anregungen nicht etwa meine Zuftimmung ent⸗ nehmen ju wollen. Ich habe im Gegenteil immer, auch schon in der Budgetkommission, die erheblichen Bedenken hervorgeboben, die ich dagegen habe, bezüglich der Tierärzte seinen Vorschlägen zu folgen, und ich glaube auch nicht, daß, wenn Herr von Savigny solche
Anträge noch zur dritten Lesung einbringen würde, fie auf die Zu⸗ stimmung der landwirtschaftlichen Verwaltung und meiner Person rechnen könnten.
Der Antrag wird angenommen.
Die allgemeinen Fonds werden bewilligt.
Damit ist das Ordinarium erledigt.
Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch lfreikons.) beantra nunmehr (es ist St Uhr), die Sitzung abzubrechen und 9 81 Uhr 3 . . ö.
Dr. von Savigny (Zentr.): Das ist M äleret. Wir fendt . 1. ; Yi in ng . it ö räsident von Kröcher: glaube auch, wir haben fü t
genug. Es sind zum Extraordinarium noch 3 ie ü ö —⸗
Darauf vertagt sich das Haus. Schluß 6 Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 11 Uhr.
(Etat der landwirtschaftlichen Verwaltung, Geflüte Domänen und Forsten.)
Statiftik und Volkswirtschaft.
Die Sparguthaben bei den russischen Staatssparkassen im Jahre 1964.
In seinem dem Kaiser von Rußland unterbreiteten Bericht über das Reichsbudget für das Jahr 1905 (St. Petersburg, Sr ( . der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften) gibt der rufsische Finanz ⸗ minister auch ziffernmãäßige Nachweise über die Lage Rußlands in finanzieller und wirtschaftlicher Beziehung für die verflossene Periode des Krieges, unter denen namentlich die Mitteilungen über die Spar⸗ uthaben bei den russischen Staatsfparkaffen und deren Zunahme im
ahre 19094 von Interesse sind.
Im Jahre 1803 hatte der Zuwachs der Einlagen bei den Staats sparkassen seinen Höhepunkt für die ganze Zeit des Bestehens dieser Kassen erreicht: Jo2,3 Mill. Rubeh im Jahr, mit Einschluß der zu Ende des Jahres hinzugerechneten Zinsen für die Ein— lagen. Das Anwachsen der in den Kassen angelegten Volksersparnisse setzte sich auch im Jahre 19604 fort, wenngleich in geringerem Umfang und mit einigen Abweichungen vom normalen Gange des Spargeschäfts. Die vorläufigen Ausweise über d 9 Ei. 9. 5 des Jahres 1904 im
gleich mit den en für den entsprechenden Zeitraum der Vor⸗ jahre stellen sich folgendermaßen dar: ö 3
Einlagenbestand bei den Staatssparkassen: im Durchschnitt 1904 1903
für das Jahrfünft . 1555 1963 Millionen Rubel 920,1 755,7 961,1 791,4 988,2 809,3.
am 1. Januar. aul; ,, am 1. November.
Zunahme der Einlagen (nach Abzug der Rück. zahlungen): in der Zeit vom Januar J 41 38,7 in der Zeit vom Juni bis 11 22,1 17,8 zusammen in 10 Monaten 365,7 63,1 53,6.
Diese Zahlen ergeben, daß das Resultat der Umsaͤtze in den Staatesparkassen des ganzen Reichs für die ersten 15 Monate des Jahres 1904 ein Zuwachs der Einlagen im Betrage von 35,7 Mill. Rbl. war, um 17.9 Mill. Rbl. bezw. 33, of weniger, als der durchschnittliche Zuwachs für dieselben Monate des vorher gehenden Jahrfünfts ausmachte, und um 27,4 Mill. Rbl. bezw. 45,4 9½ weniger, als diese Steigerung in 109 Monaten des für das An. wachsen der Einlagen ausnahmsweise günstigen Jahres 1963 betragen hatte. Dabei zeigte jedoch diese Bewegung des Spargeschäfts im ab= gelaufenen Jahre folgende sehr charakkeristische Eigentümlichkeit: Während im vorhergehenden Lustrum die ersten fünf Monate sich nach dem durchschnittlichen Anwachsen der Einlagen am gänstigsten ge⸗ staltet hatten und in dem nachfolgenden fünfmonatlichen Zeitraum dieses Wachẽstum um die Hälfte zurückgegangen war, trat 1204 eine entgegengesetzte Erscheinung zu Tage: von Januar bis Juni, ergab der Zuwachs einen erheblich unter dem Durchschnitt verbleibenden Betrag, stieg aber von Juni bis Rovember um mehr als das Doppelte und übertraf nicht allein den durch- schnittlichen Zuwachs für dieselben Monate des vorhergehenden Jahr⸗ fünfts um 7,1 Mill. Rubel, sondern auch den Zuwachs von J9öz. Nach den vorläufigen Ausweisen über den Zuwachs der Geld— einlagen allein (d. h. ohne denjenigen Betra der Ein⸗ lagen, der dazu verwendet wird, für die Einleger Wert- papiere anzukaufen, die in den Kassen zur Aufbewahrung verbleiben) setzte sich die Entwickelung des Spargeschäfts auch in den späteren Monaten des abgelaufenen Jahres fort; der Zuwachs der Geldeinlagen über⸗ stieg im Nobember und in der ersten Woche des Dezember 9, 1 Mill. Rbl., während er in denselben fünf Wochen des Jahres 1503 nur 3 1 Mill. Rb. betragen hatte und für dieselbe Zeit des Jahrfünfts 1859 — 1903 im Durchschnitt eine noch geringere Summe darstellte. Was den Zuwacht der Einlagen in zinstragenden Papieren anbetrifft, die zu Gunsten der Einleger für Rechnung ihrer Geldeinlagen angekauft werden, so erscheint im Jahre 1904 bei den berabgegangenen Kursen der Wert. papiere dieser Zuwachs bedeutend größer als in den Vorjahren; er betrug nämlich für die ersten 10 Monate des abgelaufenen Jahres 28 Veill. Rbl. gegen 22,1 Mill. Rbl. für dieselbe Zeit des Jahres 1993 und gegen 18 Mill. Rbl. an durchschnittlichem Zuwachs der Einlagen dieser Art in den ersten 10 Monaten des Jahrfünfts 1399 - 1903.
Die in den ersten fünf Monaten zutage getretene Verlangsamung in dem Anwachsen der Einlagen findet ihre Erklärung in Ursachen einigermaßen exseptioneller Natur. Nach den Ausweisen über die Bewegung des Spargeschäfts in den einzelnen Gegenden des Reichs entfallen von der Zuwachsverminderung zu Beginn det Jabres fast zwei Drittel der ganzen Summe auf das Westgebiet (die Ostseeprodinzen, die nordwestlichen, südwestlichen und Weichsel⸗ gouvernements), wobei zu berücksichtigen ist, daß dieser Ravon in den ersten Monaten des Krieges von der Mobilisation, die eine Zurũckliehung der gr. 16 Ausrüstung der Reservemann⸗ schaften und zu anderen damit verbundenen Bedürfnissen im Gefolge bat, unmittelbar nicht betroffen worden war. In den Gegenden dieses Rayons trat nach dem Ausbruch des Krieges eine gen n. zutage, die darauf abzielte, unter den Einlegern Beunruhigung hervorzurufen und sie dadurch zur Zurückziehung ihrer Einlagen aus den Sparkassen zu veranlassen. Diese Agitation, die im Westgeblet einen vorübergehenden Erfolg hatte, erscheint als die Hauptursache der e, . des Einlagenzuwachses in diesem Gebiet und sogar eines Abflusses der Einlagen, der übrigens in der jweiten Hälfte des Jahres aufhörte. In den übrigen Gebieten des europäischen Rußlands und im Kaukasfus machte f im Jahre 1904 ein ununterbrochener Zuwachs der Volksersparnisse bemerkbar, wenn auch in geringerem Maße als in Friedens jeiten; in Sibirien und in den zentralasiatischen Gebieten aber stieg der Einlagenzuwacht in den ersten 19 Monaten des Jahres 19804 auf das Dreifache gegen über dem durchschnittlichen Zuwachs für denselben Zeitraum des bor⸗ r ehenden Jahrfünfts: 129 Millionen Rubel gegen 4,1 Millionen
1022, 4 1033, 1058, 1