Abg. Busch auch auf dessen Anregungen einige Worte erwidern. Wenn ich das nicht getan habe, so habe ich das — aufrichtig gesagt — in dem Gedanken getan, daß die Anregungen des Herrn Abg. Busch mit den Provinzialamtsblättern und den Kreisblättern doch in gar keinem Zusammenhange stehen, sondern es war eine allgemeine Be⸗ schwerde über Hintansetzung von Organen der Zentrumspartei bei
amtlichen Bekanntmachungen. Ich kann ihm lediglich darauf zusagen, daß ich Ermittelungen darüber anstellen werde, ob innerhalb meines Ressorts diese Beschwerden in der Tat begründet sind. (Bravo
„von Brandenstein (kons.): Der Abg. Herold hat gestern senslbctnt . gegen die Korps und ihre Haltung in der Duellfrage gerichtet. Als überzeugter Korpsstudent erhebe ich für meine Person
gen diese Angriffe Protest. Das Mensurenwesen der Korpsstudenten 3 selbst von deutschen Gerichten für nicht strafbar erklärt worden. Es hat sich als eine Einrichtung zur Prüfung und Stählung des Charakters jahrhundertelang bewährt. Auch die Korps sind mit Eifer und Erfolg bemüht, das ernste Duell nach Möglichkeit einzuschränken. Will der Abg. Herold etwa ähnliche Angriffe auch gegen das deutsche Offizierkorps richten? Es müßte eine Statistik aufgemacht werden, wie viele Korpsstudenten es gibt, und was aus ihnen gemorden ist. Diese Statistik würde beweisen, daß sie geradezu Ausgezeichnetes ge⸗ leistet und sich bewährt haben. Die Korpsstudenten steben in allen weigen des öffentlichen Lebens weit voran. In den Städten und rlamenten, sogar im Zentrum, sind alte, Korpsstudenten vor- nden. Ist denn wirklich unter den Mitgliedern dieses Hauses die studiert haben, nur der zwanzigste ein Korpsstudent? Na der Theorie des Abg. Herold durfte nur der zwanzigste Teil der Reichstagspräsidenten Korpsstudent sein. Es ist aber tat- sächlich mindestens die Hälfte. Ich erinnere an die Herren von Bennigsen, von Goßler, von Wedell, von Levetzow. Ich bin über⸗ zeugt, daß auch Nichtkorpsstudenten Tüchtiges leisten. Daß aber so viele Korpsstudenten im öffentlichen Leben eine so, hervorragende Rolle spielen, erklärt sich daraus, daß die Erziehung in den Korps in der Tat eine ganz vorzügliche, bewundernswerte ist. In kurzer Zeit werden diese jungen Leute aus Schulknaben charaktervolle Männer. Vielleicht war es nicht nötig, Herrn Herold zu antworten. An unseren bestehenden Zuständen wird durch diese Angriffe nichts geändert. Die Korps werden sich mit dem ritterlichen Wort darüber hinwegsetzen: Viel Feind, viel Ehr! . Abg. Nielsen (Däne) erörtert im allgemeinen die dänischen Be⸗ werden, ohne im einzelnen verständlich zu werden, und wird ⸗ ießlich vom Vizepräsidenten Dr. Krause darauf aufmerksam ge⸗ macht, daß er auf die allgemeine Debatte nicht zurückkommen dürfe. J Abg. Bach mgnn (ul) weist vom deutschen Standpunkt gus die Beschwerden des Vorredners zurück, insbesondere soweit sie sich auf angebliche Mißstände im Kreissparkassenwesen beziehen. . Abg. Busch (Zentr.) dankt dem Minister für seine Erklärung bezüglich der Behandlung der Zentrumepresse und hofft, diefe Be— schwerde im nächsten Jahre nicht wieder vorzubringen zu brauchen; ferner lenkt er von neuem die Aufmerlsamkeit auf die Lage der Bureau . hilfgarbeiter der Landratsämter. Wenn diese Beamten auch nicht alle vom Staat übernommen werden könnten, so sollten doch mehr etatsmäßige Stellen für sie geschaffen werden. ; Abg. Dr. von Nie golewski (Pole) dankt dem Minister, daß er infolge der vorjährigen Beschwerde in der Einteilung der Urmahl⸗ irke im Kreise Gnesen Remedur geschaffen habe, beschwert sich aber über Beschränkungen der Wahlfreiheit im Kreise Ostrowo.
Minister des Innern Freiherr von Hammerstein:
Meine Herren! Es ist ein eigentümliches Zusammentreffen, das ein Licht auf die innere Bedeutung der Beschwerden, welche bier von dänischer und polnischer Seite vorgebracht werden, wirft, daß sie meist darin gipfeln, daß die Anordnungen, die von der Zentralregierung ausgehen, noch nicht einmal so schlimm seien — der letzte Herr Redner hat sie sogar heilig genannt —, aber, daß die ausführenden Organe in der Provinz diese Anordnungen nach Willkür und ungerecht aus— führen. Diese Auffassung kann ich als zutreffend nicht anerkennen. Ich kann nur ausdrücklich meine volle Ueberzeugung dahin aussprechen, daß alle preußischen Beamten, die Landräte insbesondere, sowohl in Nerd⸗ schleswig als in unserer Ostmark, ihr Amt lediglich nach ihrem Ge— wissen auf Grund der Gesetze und Instruktionen und nach dem Willen der Zentralregierung führen. All die einzelnen Beschwerden, die hier erhoben werden und die im Augen⸗ blick zu prüfen mir selbstverständlich unmöglich ist, muß ich a priori als unbegründet erachten. (Unruhe bei den Polen.) Ich bin gern bereit, wenn mir Beschwerden zur rechten Zeit vorgelegt werden, ihnen nachzugehen; wenn mir aber eben ausdrücklich erklärt wird: es wird den Leuten empfohlen, gegen die Verfügungen des Amts— vorstehers und des Landrats sich beim Regierungspräsidenten zu be— schweren, sie tun es aber nicht, weil die Beschwerden erfolglos bleiben, — so muß ich annehmen, daß sie es entweder nicht tun, weil sie selbst nicht des guten Gewissens sind, daß sie eine gerechte Sache vertreten (sehr gut! rechts; Widerspruch bei den Polen), oder deshalb nicht, damit ihren Abgeordneten die Gelegenheit gegeben wird (leb⸗ hafter Widerspruch bei den Polen; sehr richtig! rechts), hier Sachen vorzubringen, die tatsächlich nicht substantilert sind. (Erneuter Wider⸗ spruch bei den Polen; lebhafte Zustimmung rechts.) Ich glaube nicht, daß ein Minister dazu da ist, um auf alle die einzelnen Beschwerden, die unvorbereitet an ihn herantreten, einzugehen. Ich wiederhole des⸗ halb meine Erklärung, daß ich sie, solange sie mir nicht im einzelnen substantiiert vorgelegt sind, für unbegründet erachten muß. (Leb hafter Beifall rechts.)
Abg. Graf von Praschma (Zentr.): Nach den Ausführungen und Zahlen des Herrn von Brandenstein scheint es ja noch größere Chancen für die höheren Beamtenstellen zu bieten, einem studentischen Korps anzugehören, als nach der neulichen Statistik des Ministers es eine gute Change bildet, protestantisch zu sein. Die den Landraͤten — Pauschquanten zu den Schreib, und Fuhrkosten der Land ratsämter sind unzureichend. Eniweder muß der Landrat aus eigenen Mitteln zusetzen, oder die Geschäfte leiden durch diese Kalamität. Hier muß Remedur geschaffen werden.
Abg. von Kölichen (ons): Nicht nur die Bürgermeister in der Rheinprevinz, auch die Amtsvorsteher in den westlichen Provinzen sind durch Schreibarbeiten sehr überlastet. Ich möchte den Vorschlag machen, die Arbeiten der Alters. und Invaliditätsversicherung ihnen ab⸗ zunehmen und dafür besondere Beamte anzustellen, wie das in Hessen⸗Nassau bereits der Fall ist. Die Beamten, die dafür an⸗ gestellt werden, müssen natürlich besoldet werden; die Altersversiche⸗ rung wird diese Kosten nicht tragen können. Die geeigneten Personen, welche mit Lust und Liebe die Sache übernehmen, werden sch finden lassen. ch hoffe ferner, daß das Seuchengesetz zur Einführung kommen wird, dann werden neue große Anforderungen an die Amts vorsteher herantreten, die sie nur werden tragen können, wenn sie von ihren jetzigen Geschäften eiwas entlastet werden. Ich hoffe, daß der 5 dieser Anregung folgen wird.
Abg. Hofmann (nl) spricht sich gleichfalls für eine Entlastung der ere rn, aus und befürwortet eine Erhöhung der Dienst⸗ aufwandsentschädigung der Landräte, die durchweg als ungenügend an—
sehen werden müsse. Prinzipiell bedenklich sei es, daß die andrãte *. Bureaupersonal selbst beschaffen müßten. Der Staat müßte es en und besolden. Die Beamten mußten dauernd in ihrem Amte
Minister des Innern Freiherr von Hammerstein: Meine Herren! Ich glaube, ich brauche nicht mehr persönlich zu versichern, daß die Stellung der Landräte in bezug auf ihre Bezüge, die Stellung der Amtsvorsteher in bejug auf ihre Entschädigung und in bezug auf ihre Geschäfte mir wirklich am Herzen liegt, und ebenso die der Hilfsarbeiter der Landräte. Die Anregungen, die hier in diesem hohen Hause vorgebracht werden, werden gewiß sorgfältig eprũft. . Die Anregung des Herrn von Kölichen, besondere Rentenstellen in den einzelnen Amts und Kreisbezirken einzurichten, ist gewiß auch der Erwägung wert. Ich glaube aber doch erwähnen zu sollen, daß die Schaffung einer besonderen Klasse von Behörden doch auch erheb— liche Bedenken hat, Bedenken, die begründet sind in dem Organismus unserer Behörden, Bedenken auch gegenüber der Stellung, wie wir sie unseren Landräten und Amts vorstehern wünschen. Nichtsdestoweniger wird auch diese Frage einer sorgfältigen Prüfung unterzogen werden. Der Herr Abg. Hofmann wünscht ein Uebergangsstadium zwischen der Zeit, wo alle Beamten des Landratsamts Staatsbeamte sind, und der gegenwärtigen Zeit. Darauf möchte ich erwidern, daß wir uns in einem solchen Uebergangsstadium zur Zeit ja gerade befinden. Alljährlich wird eine Anzahl von neuen Beamtenstellen, von Hilfs— beamten der Landräte geschaffen, und damit werden wir so lange fort⸗ fahren, als das Bedürfnis vorhanden ist. Ich möchte aber, meine Herren, daß Sie nicht alle landrätlichen Hilfsarbeiter mit einem Maß messen. Auf jedem Landratsamt finden Sie junge, eben aus der Schule entlassene Leute die sich dort die Kenntnisse erwerben wollen, um später im Bureaudienst voranzukommen. Die haben gar nicht die Absicht, dauernd in der Stellung landrätlicher Bureauhilfsarbeiter zu verbleiben, sondern sie wollen dort lernen, womöglich auch so viel ver— dienen, daß sie notdürftig auskommen können oder doch einen Zuschuß zu dem, was sie von Hause bekommen, erhalten. Nach wenigen Jahren gehen sie freiwillig wieder fort, sei es, um in einen anderen Beruf einzutreten, sei es, daß sie sich der Sekretariatskarriere endgültig widmen. Für diese zeitweiligen, wie ich sie nennen will, landrätlichen Hilfsarbeiter braucht der Staat ganz gewiß nicht zu sorgen, sondern nur für die— jenigen, die in langjähriger Arbeit ihr Lebensziel in dieser Beschäfti⸗ gung bei dem Landrat gefunden haben. Daß die Anzahl dieser, die 10 Jahre bei dem Landrat gearbeitet haben, im ganzen Lande sehr gering ist, es sind nur wenig über 240, ist schon erwähnt und in der Budgetkommission im einzelnen dargelegt worden. In der Rhein— provinz, auf die der Abg. Busch vorher, glaube ich, Bezug nahm, beträgt diese Zahl überhaupt nur 11. Das dürfte an der größeren Anziehung der Industrie auf die bei Landräten vorgebildeten Privat— gehilfen liegen. Soweit den älteren Beamten geholfen werden kann, bin ich nach wie vor bereit, für sie einzutieten (bravo und für den einzelnen, wenn er dessen würdig ist und die nötige Anzahl von Dienstjahren hat, die Anstellungsberechtigung zu beantragen. Weiter zu gehen, wird sich im Rahmen unseres Beamten organismus verbieten, in dem immerhin nur einseitig vorgebildete Beamte einzugliedern, nicht ohne Schwierigkeiten zu ermöglichen ist. Sie sowohl hier im Hause, wie die betreffenden Beamten draußen werden ebenso wie die Amtsvorsteher und Landräte darauf rechnen dürfen, daß das für sie geschieht, was nur irgend möglich ist. (Bravo ) g. ann (kons.) beschwert sich darüber, daß im gef e , n, 6 die . beim . über die gesetzliche Zabl hinaus mit Einguartierungen belegt worden seien. Es sei von dem sog. engen“ Quartier Gebrauch gemacht worden. Die Ortschaften konnten dadurch die nötige Verpflegung gar nicht be— schaffen. Ein solches Verfahren möge im reichen Westen möglich sein, aber nicht im Osten. Besonders schwöerig sei die Beschaffung der Ver⸗ pflegung für die Offiziere gewesen. Die Belegungsfähigkeit der Srt⸗ schaften sei tatsächlich umgangen worden. Unter solchen Verhält- nissen müsse die Manörerfreudigkeit der Bevölkerung beeinträchtigt werden, die gerade im Interesse unserer Soldaten erhalten werden mäüsse. Der Minister möge beim Kriegeminister bewirken, daß fosche Versuche mit dem „engen? Quartier nicht wieder gemacht werden. Die Militärbehörde sollte sich mehr mit den Verwaltungsbehörden ins Einvernehmen setzen. — .
Abg Dr. von Savigny (Zentr.) bittet, von dem Fonds für die Unterstützung der Privatbeamten der Landratsämter mehr als bisher gr nr zu machen, und beklagt es, daß bei der Vorbereitung des Sparkassengesetzes nicht die sachverständigen Vorstände der Kommunal⸗ sparkassen herangezogen worden seien.
Abg. Dr. Wiemer (fr. Volksp): Es würde einen eigentüm—- lichen Eindruck außerhalb des Hauses machen, wenn der Dithyrambus des Herrn von Brandenstein bier keinen Widerspruch fände. Seine persönlichen Anschauungen darüber mag er haben, wie er will; er wird ja wissen, wie seine eigene amtliche Laufbahn und seine Befähigung gewesen ist Wenn aus seiner Rede eine Mißachtung gegen die anderen Studenten herausklang, so muß ich dem entgegentreten,
auch wenn er diesen Eindruck nicht beabsichtigt batte. Auch andere Studenten pereinigungen als die Korps können sich einen günstigen Einfluß auf ihre Mitglieder zuschreiben. Es
kommt nicht auf die Verbindung an, nicht auf das Farbentragen und dergl., . auf die persönliche Tüchtigkeit. Herr von Brandenstein rübmt die vorzügliche Erziehung in den Korps. Wir können diese Anschauung nicht teilen. Es wird in den Korps ein ãußerliches, ge⸗ schniegeltes Wesen anerzogen, eine Gewöhnung an Luxus, wofür nachher die Väter die Kosten zu zahlen haben. Gerade durch die Zugehörigkeit zu einem Korps wird eine einseitige soziale, politische Anschauung an⸗ eriogen die es dem Korpsstudenten erschwert, die öffentlichen Dinge vorurteilsfrei zu beurteilen. Die Beweise für die Tüchtigkeit der ehe · maligen Korpsstudenten sind nicht sehr durchschlagend; die Namen, die Herr von Brandenstein anführte, waren mit Ausnahme des Serrn von Bennigsen lauter Konservative, Es mag guch einzelne Bürger. meister oder Stadträte gegeben haben, die ihr Amt erhielten, obwohl sie Korpsstudenten gewesen waren. Herr von Brandenstein bestreitet die Bevorzugung der Korpsstudenten bei der Besetzung der öffentlichen Aemter, das ist doch aber öffentliches Geheimnis. Es wird immer darauf hingewiesen, daß man einem Korps angehört hat, z. B. der Vandalia u. dergl. Ueber die Leistungen der Korpsstudenten als Verwaltung beamte gehen die Meinungen sehr auseinander; der frübere Kultusminister Bosse bat sich sehr ungünstig darüber aus. gesprochen, und auch Universitãtsprofessoren klagen, daß die Anhänger der Korps geistig zurückstehen. Namentlich werden die Adligen aus dem Osten bevorzugt. In der Post“ hat ein Artikel darũber ge⸗ standen, der dies feststellt und bemerkt, daß auf die wissenschaftliche Qualifikation weniger gesehen wird. Ich stebe auf. dem Standpunkt, daß es auf die Persönlichkeit und Leistungsfãhigkeit ankommt, 8 4 die soziale Stellung, die Zugehörigkeit zu einem Korps oder ergleichen. .
j Abg. Herold (Zentr.): Es ist mir mitgeteilt worden, daß Herr bon Brandenstein meine Ausführungen heftig angegriffen hat. Ich war in der Handelspertrggstommission des Ieichstags und Pin schnell hergekommen. Die Judikatur ist sich jetzt einig darin., daß der Zweikampf mit geschliffenen Säbeln ein Kampf mit ödlichen Waffen und strafbar ist. Das wissen guch die Studenten, und alle Mensuren finden in der , Heimlichkeit statt. Gewiß kommen auch beim Sport Unglücksfälle vor, aber beim Sport sucht man diese Möglichkeit zu vermeiden, bei der Mensur wird aber
ein, aber dazu sind die militärischen Uebungen da. Wir bekämpfen . das . Duell, und selbst der Kriegsminister ist bestrebt, es auszurotten, Aber hei den Korps wird die Mensur zur Pflicht gemacht, und keiner kann sich ihr entziehen. Der Minister hat in seinen An— gaben bestätigt, wie die Korpsstudenten bei der Anstellung der Beamten bevorzugt sind. Wenn Herr von Brandenstein get daß aus unreifen Jünglingen in anderthalb Jahren charaktervolle Männer in den Korpz würden, so beweist diese Ueberschwenglichkeit schon, wie falsch die Behauptung ist. In die Korps treten überhaupt nur solche ein, die sich von vornherein in der entsprechenden sozialen Stellung befinden. Herr von Brandenstein meinte, die Väter sendeten ihre Söhne wegen der Erziehung wieder in die Korps; vielleicht geschieht es aber nur deshalb, weil sie wissen, wie gut den Söhnen diese Zugehörigkeit zu statten kommen wird. Ich habe auch nichts von der Zweckmäßigkeit der Korps gesagt, sondern nur den Zwang zur Mensur ver— urteilt. Diese Ungesetzlichkeit war überhaupt die Veranlassung zu meinen Ausführungen. Die Korps und andere Korporationen muͤssen vollständig gleichstehen, die . dürfen nicht ,. werden. Ich habe mich nicht abhalten lassen, auf Ungesetzlichkeiten hinzuweisen. Auch hierin hoffe ich: Der Tropfen höhlt den Stein!
Darauf wird die Debatte geschlossen.
Das Kapitel wird bewilligt.
Bei den Ausgaben für die Polizeiverwaltung in Berlin, Charlottenburg, Rixdorf und Schöneberg bringt . g. Cahensly (ent) den Mißstand zur Sprache, daß in den Schaufenstern Berliner Buch⸗ und Kunsthandlungen sogen. Kunst⸗· werke auslägen, die in Wirklichkeit nur unsittliche und unzüchtige Dar⸗ stellungen selen. Seit den Tagen der lex Heinze habe man immer mehr eingesehen, welche Berechtigung für diese geplanten Maßnahmen eigentlich vorhanden gewesen sei und noch sei. Es sei mit Freuen zu begrüßen, daß sich unter dem Vorsitz Otto von Leixners ein Volke bund zur Bekämpfung der Unsittlichkeit gebildet habe.
Abg. Kreitling (fr. Volksp.): Diese Ausführungen mögen sich auf junge Leute beziehen, die der Erregung vielleicht zugänglicher als der Abg. Cahensly sind, aber auf diesem Wege wird man bald dahin kommen, Anstoß an einem weiblichen schönen Gesicht zu nehmen. Der Abg; Felisch streifte neulich bereits die unjulänglichen Charlotten. burger Sicherheitsverhältnisse und die große Anzabl der Schutzmanns⸗ vakanzen wegen der Anstellungk⸗ und Gehaltsverhältnisse der Schutz= leute. Allerdings sind z. B. die Berliner Schuldiener bedeutend besser gestellt. Außer dem höheren Gehalt von 1600 „M erhalten sie eine Wohnung im Werte von 600 , die Schutzleute dagegen nur 240 6 rh n, ,, . sie werden nach einem Jahre fest an⸗ gestellt, die Schutzleute erst nach zehn Jahren. Die Schutz leute klagen auch über die schmutzigen und kalten Wachtstuben. Die Witwen der Schutzleute erhalten eventuell erst nach diesen zehn Jahren eine Unterstützung aus der Witwenkasse. Ich möchte den Minister hitten, wenigstens schon nach sechs Jahren der Ausübung des Wachtdienstes den etwaigen Witwen eine Unterstützung zukommen
zu lassen.
Minister des Innern Freiherr von Hammerstein:
Meine Herren! Der Herr Abg. Felisch hat bei den Einnahmen dieses Etats zur Sprache gebracht, daß in Charlottenburg nicht eine genügende Zahl von Schutzleuten angestellt wäre. Ich habe ihm erwidert, daß ich bei diesem Titel darauf zurückkommen werde, und ich kann dem hohen Hause mitteilen, daß unter den neuvorgesehenen Stellen in diesem Etat 30 neue Stellen für Charlottenburg bestimmt sind, daß außerdem für Berlin und Vororte 71 009 4 neu eingestellt sind zur Vermehrung der Stellenzulagen, daß für die gesamte Schutz- mannschaft in Berlin und in den Provinzen 80 000 AM der früheren Summe von 120 000 M hinzugefügt worden ist, sodaß nunmehr 200 000 4 bereit stehen, um für diejenigen Fälle Zuschüsse zu geben, in denen die Schutzmänner Wohnungen nicht zu angemessenen Preisen erhalten können. Sie sehen bieraus, daß auch in diesem Etat wieder eine wesentliche Verbesserung der Schutzmannsstellen beabsichtigt und zur Durchführung gelangt.
Dem Herrn Abg. Kreitling gegenüber möchte ich erwidern, daß der Vergleich mit den Portiers der Berliner Schulen doch nicht ganz richtig ist. Ich freue mich, daß diese Schuldiener und Pförtner von der Stadt so gut gestellt sind, und ich freue mich darüber auch im Interesse unserer Schutzmänner. Denn wie Sie alle wissen, werden die Stellen der Schuldiener mit zivilversorgungs berechtigten Anwärtern besetzt, und die Stellen der Schutzmänner sind dazu da, dieses Recht sich im Schutzmannsdienst zu erwerben, soweit es nicht schon durch den Dienst bei der Truppe erworben ist. Die große Mehrheit der Schutz männer betrachtet den Schutzmannsberuf nicht als abschließende Lebensaufgabe, sondern sucht nach einer gewissen Zeit in eine ruhigere und wenn möglich besser gelohnte Tätigkeit hinein⸗ zukommen. Da ist es erfreulich, wenn hier in der Stadt Stellen vorhanden sind, die für die Schutzmänner erreichbar sind, die ihren Ansprüchen und Fähigkeiten angemessen sind und die ihnen die Vorteile bieten wie die Stellen, welche der Herr Abg. Kreitling genannt hat.
Die Frage der Witwenkasse und wann die Witwen auf den Bezug aus dieser Witwenkasse Anspruch haben sollen, ist meines Wissens eine Frage der Schutzmannschaft selbst. Die Schutzmannewitwenkasse ist eine Kasse, die unter den Schutzmännern Berlins gegründet ist, und sie wird von den Schutzmännern mitverwaltet. Sie ist statu⸗ tarisch geregelt. Inwieweit diese Statuten einer Aenderung be— dürsen, das müßte aus den Kreisen der Interessenten hervorgehen, indem sie selbst ihre Wünsche begründen. Die Klagen betreffend, die durch den Mund des Abg. Kreitling seitens einiger Schutzmänner er— hoben sind über das Donnerwetter, was manchmal über sie ergeht, über den Mangel der Reinigung in den Revierbureaus, über Nichtheijung derselben usw., bedauere ich sehr, daß diese Schutzmänner dem Abg. Kreit⸗ ling diese Klagen zugetragen haben. Es ist selbstverständlich, daß, wenn sie ihren Vorgesetzten derartige Klagen gemeldet hätten und diese Klagen auch nur zum Teil begründet sind, dann ibnen sofort abge— bolfen werden würde, und ich kann daher den Herrn Abgeordneten nur bitten, seine Gewährsmänner zu ersuchen, sich an ihre gegebenen Vorgesetzten mit ihren gerechtfertigten Klagen zu wenden.
Der Herr Abg. Cahensly hat hier eine Frage zur Besprechung gebracht, die die Polizei sehr lebhaft und fortgesetzt beschäftigt. Das ist die Frage der Verbreitung und der Ausstellung von unzüchtigen Schriften, Bildern u. dgl. Ich kann bejeugen, daß die Polhzei eifrig bestrebt ist, das Unzüchtige aus den Schaufenstern zu verbannen. Ich muß doch aber auch anerkennen, daß der Begriff dessen, was un⸗ züchtig ist, außerordentlich verschieden ist (sebr richtig! links), auch außerordentlich verschieden ist in den Augen der Richter, welche eventuell über eine solche Strafanzeige zu urteilen haben. In—⸗ folgedessen ist es wiederholt vorgekommen, daß Anzeigen, die erhoben sind, ohne Erfolg geblieben sind. Und dazu kommt noch ein Zweites:
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
en werden.
9
eine Körperverletzung absichtlich zugefügt. Es sollen Waffenübungen
zum Deutschen Reichsanzeiger
M 42.
Zweite Beilage
Berlin, Freitag, den 17. Fehrugr
na
und Königlich Preußischen Staats anzeige
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
um den Paragraphen, der vor einigen Jahren im Strafgesetz eingeführt ist, anzuwenden, dazu gehört der Nachweis, daß der Aus— steller eines Bildes das Bewußtsein gehabt hat, ein unzüchtiges Bild zu vertreiben oder auszustellen. Dieses Bewußtsein zu beweisen, ist außerordentlich schwer. Ich erwähne das nur, um hier an einem Bei⸗ spiel zu zeigen, womit die Polizei zu kämpfen hat und wie sie ver— sucht, auch hierin Wandel zu schaffen. Und das geschieht einmal da⸗ durch, daß eine jede Verurteilung, die erfolgt, auf Veranlassung der Polizei in einem bekannten Buchhändlerblatt eingehend zur Be— sprechung und Erörterung gelangt, und zweitens dadurch, daß diejenigen Händler, die hier wesentlich in dem Verdacht stehen, derartige Schriften zu verbreiten, derartige Bilder auszustellen, ganz aus⸗ drücklich von dem Urteil unterrichtet werden, damit man ihnen später sagen kann, daß sie wissen mußten, daß diese Sachen als unzüchtig zu erachten sind. Wenn trotz aller dieser Maßregeln es noch nicht gelungen ist, so wie ich wohl wünschte, dem Unwesen ein Ende zu machen und namentlich dem buchhändlerischen Vertriebe derartiger Dinge, so liegt das auch wesentlich daran, daß leider der Verdienst, den diese sogenannten Buchhändler — wirkliche Buchhändler sind es ja garnicht — gerade aus derartigen Schriften erzielen, so groß ist, daß selbst scharfe, erhebliche Geldstrafen von 100, 200, 300 M und mehr ziemlich gleichgültig sind gegenüber dem Ge⸗ winn, den sie aus einer einzigen Veröffentlichung erzielen. Ich glaube aber, daß in den letzten Jahren sowohl in den Auslagen in den Läden der Kunsthändler und derjenigen, die die Utensilien für angehende Maler verkaufen, als wie in Buchhandlungen usw. eine erhebliche Verminderung des früheren Zustandes eingetreten ist, und ich hoffe, daß diese Verminderung andauern wird.
Abg. von Eynern (nl): Es besteht die Absicht, die Beiträge der Städte zu den w im Sinne ausgleichender Gerechtig⸗ keit zu erhöhen. it derselben Begründung wollte ja auch der
inanzminister die Gesellschaften mit beschränkier Haftung zur Ein⸗ ommensteuer heranziehen trotz unseres Ucbermaßes von Einnahmen. Ich würde es viel mehr als im Sinne ausgleichender Gerechtigkeit ge⸗
handelt ansehen, wenn den Städten Zuschüsse zu den Polizeikosten bei unserer Finanzlage gewährt würden, Als die Beiträge der Städte noch
zu erhöhen. . . . Die Debatte wird geschlossen. Das Kapitel wird be— willigt. Kurz vor 4 Uhr schlägt darauf der Präsident von Kröcher die Abbrechung der Sitzung und Fortsetzung am Abend vor. Abg. Freiherr von Er ffa (kons) bittet, noch eine Stunde weiter zu sitz'n, dann werde der Etat des Innern erledigt sein können. bg. Freiberr von Zedlitz und Neukirch (freikons.) schließt sich diesem Vorschlage an. Präsident von Kröcher: Ich schon einmal die Hände verbrannt. ö Abg. Baensch⸗Schmidt le in (reikons.) meint, daß dann noch
zwei Stunden gesessen werden müßte.
Präsident von Kröcher: Ich nehme an, daß Herr Baensch nicht länger sitzen will, als bis wir fertig find.
Abg. Dr. Triedberg (ul): Wenn uns der Sonnabend noch für den Etat des Innern zur Verfügung gestellt wird, brauchen wir über⸗ . . Abendsitzung. Wir haben nach unseren Plänen noch einen
ag gut.
Das Haus beschließt die Fortsetzung der Beratung.
Zum Kapitel der Polizeiverwaltung in den Pro⸗ vinzen liegt der Antrag der Abgg. Graf von Kanitz (kons.), Braemer kfreikons) und Gottfchalk (kons.) vor: die Re⸗ gierung aufzufordern, in den Etat für 1906 ein Grenz— kommissariat in Schmalleningken einzustellen.
Abg. Busch (Zentr.) bittet den Minister, die alten Polizei- vergrdnungen in der Rheinprovinz, namentlich bezüglich des Feuer⸗ löschwesens, einer Durchsicht zu unterziehen, um manchen alten Zopf abzuschneiden. .
Abg. Gottschalk (kons.) befürwortet den Antrag; die Ueber⸗ wachung der Grenze erfolge jetzt durch den Amte vorsteher in Schmalleningken, es habe sich aber durch den großen Verkehr die Not⸗
wendigkeit herausgestellt, ein Grenzkommiffariat einzurichten.
Minister des Innern Freiherr von Ham merstein:
Meine Herren! Dieses Grenzpolizeikommissariat wird sich voraus⸗ sichtlich in der Folge als notwendig erweisen. Es besteht nur darüber ein Zwiespalt, oder vielmehr: es ist noch keine Einigkeit erzielt, ob es schon heute eingerichtet werden oder ob man damit noch einige Jahre warten soll, und zwar beruht das auf dem Grunde, daß der Verkehr an diesem Grenzübergang in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Nun glaube ich zwar, daß der Rückgang des Verkehrs nur zufällig ist — es handelt sich wesentlich um Holzflöße —, und zwar dadurch hervorgerufen, daß einer der größten Holzhändler der Provinz in Konkurs geraten ist und an dessen Stelle nun erst langsam andere treten. Ich zweifle aber nicht, daß dem Wunsch der Abgeordneten, die den Antrag gestellt haben, mit der Zeit entsprochen wird, und würde empfehlen, den Antrag formell zurück⸗ zuziehen, weil ich glaube, daß das hohe Haus nicht wohl in der Lage ist, ausdrücklich dem Antrag zu entsprechen und zu beschließen: die Königliche Staatsregierung aufzufordern, schon für 18906 ein Grenz— kommissariat einzustellen. Ich kann in Aussicht stellen, daß, wenn der Verkehr, wie ich glaube, sich wieder heben wird, dann meinerseits die Einstellung dieses Kommissariats beantragt werden wird, und ich glaube, daß für diesen Fall auch von seiten des Finanzministeriums ein Widerstand nicht erfolgen wird. Wenn aber tatsächlich der Ver⸗ kehr noch weiter zurückgehen sollte, so würde ein Kommissariat zur Zeit nicht notwendig sein. In dem Sinne bitte ich, den Antrag zu erledigen.
Dem Abg. Busch möchte ich erwidern, daß der jahrhunderte⸗ lange Kampf gegen die Zigeuner auch heute von allen Polizeibehörden des Staates mit Eifer geführt wird. (Na, na!) Es ist aber schwer zu sagen — und es würde mir sehr lieb sein, wenn aus dem hohen Hause, vielleicht von einem der Herren, die mit dem Na, na! so bereit waren, mir das gesagt würde — was ein Zigeuner im Sinne derjenigen Bestimmungen ist, die angewendet werden können, um sie aus dem Lande zu vertreiben. Die Zigeuner, die tatsachlich Ausländer sind, die in Scharen jährlich über dle Grenze
habe mir in dieser Beziehung
kommen, durch das Land ziehen und wiederzurückziehen, bilden nur einen geringen Teil der großen sogenannten Zigeunerplage auf dem Lande. Die Zigeuner und die Kesselflicker werden gewöhnlich ver⸗ wechselt. Die Kesselflicker fallen eigentlich nicht unter den Begriff Zigeuner, weil es in der Regel nicht Ausländer, sondern Inländer sind, die sich an ein herumziehendes Leben gewöhnt haben, und mit diesem herumziehenden Leben alle die üblen Gewohnheiten der herum— ziehenden Zigeuner angenommen haben; aber Zigeuner im wirklichen
Sinne des Wortes sind sie nicht. Wenn es mir anders aus diesem hohen Hause dargelegt werden könnte, würde ich dankbar sein. Es ist sehr schwer, gegen diese s oge⸗
nannten Zigeuner im Inlande wirksam einzuschreiten. Die anderen sind zu entfernen, aber nicht die Inländer, weil, wenn sie heute in ihre sogenannte Heimat zurückgewiesen sind, sie morgen an einem anderen Ort des Staats wieder auftauchen. Das ist ein sich wieder⸗ holender Prozeß, von dem das Ende nicht zu finden ist. Ob und wie gesen diese später mit der Gesetzgebung vorzugehen sein wird, lasse ich heute dahingestellt sein.
Ich wollte noch meine Stellung zu Bemerkungen über künftige Gesetze Herrn von Savigny und Herrn von Eynern gegenüber dahin präzisieren, daß ich mich enthalten muß, über künftige Gesetze hier in Debatten einzutreten, ehe die Gesetze selbst vorliegen.
Abg. Eckert (freikons) fragt an, wie es mit der Besserstellung der Polizeisekretäre stehe, die vom Hause durch einen Beschluß empfohlen sei. In Berlin, Schöneberg, Rirdorf und Charlottenburg hätten die Reviervorstände den Rang der Polzeileutnantz mit einem Anfangsgehalt von 2700 60; die gleichen Besmten in anderen größeren Städten mit Königlicher Polizeiverwaltung hätten nut den Rang der Polizeikommissare mit einem Anfangsgehalt von 2600 Die Funktionen der beiden Beamtenkategorien seien völlig gleich. Das Avancement stehe für die Polizeikommissare in der Provinz; nur auf dem Papier, denn, zu Poltzeiinspektoren würden fast nur Polizei⸗ leutnants aus Berlin genommen.
Abg. Stychel (Pole) beschwert sich über das Verbot einer Pro⸗ zession in Koschmin.
Minister des Innern Freiherr von Hammerstein:
Der Fall, den der Herr Abgeordnete hier eben zur Sprache ge⸗ bracht hat, ist in meinem Ministerium sorgfältig erörtert worden. Es war die polizeiliche Genehmigung zu einer Art Prozession versagt worden, und zwar seitens des Amtsvorstehers, der Polizeiverwaltung, seitens des Landrats und seitens des Regierungspräsidenten. Der Zeitpunkt, zu dem diese Prozession stattfinden konnte, war längst vorbei, und ich habe mich nicht veranlaßt sehen können, die Vor— entscheidungen aufzuheben, und ebenso wenig kann ich mich jetzt ver⸗ anlaßt sehen, nunmehr hier für alle Zukunft zu erklären, daß für die Folge ein ähnlicher Bescheid nicht erfolgen werde. Diese Bescheide können nur in Kenntnis aller einzelnen Verhältnisse erlassen werden. An und für sich sind ja derartige Umzüge nicht verboten, sondern können mit Genehmigung der Polizei stattfinden; ob aber ein be—⸗ stimmter Umzug polizeilich zuläfsig ist oder nicht, das müssen die Tat⸗ und Zeitumstände in jedem einzelnen Falle ergeben, und so wird es auch für die Folge gehandhabt werden.
Dem Abg. Eckert gegenüber erwidere ich, daß die Prüfung der Frage der Gleichstellung der Polizeikommissare und der Polizeileutnants noch nicht erledigt ist.
Abg. Graf von Kanitz fkons) zieht den Antrag zurück mit Rück. sicht auf die Erklärung des Mmisters, bestreitet aber, daß der Grenz⸗ derkehr zurückgegangen sei. Nur durch eine andere Behandlung der Pe sei die Arbeit der Behörden geringer geworden; der Verkehr in Schmalleningken sei ebenso bedeutend wie in Thorn.
Abg. von Pappenheim (kons.): Gegen die Zigeuner geht die Regierung nicht energisch genug vor. E werden ihnen viel zu viel Gewerbescheine erteilt. In der letzten Zeit, wo so viele Genbarmen im Bergrebier waren, litten manche Ottschaften außerordentlich durch die Zigeunerplage. Es wurde namentlich viel gestohlen, und die Ort⸗ schaften mußten zusammen aufgeboten werden, um fich zu schützen.
Die Abgg. Fritsch (nl), Klausener (Zentr, Gyßling (fr. Volksp.) und Mänster berg (fr. Vgg) sprechen sich für die Gleichstellung der Polizeikommissare in der Provinz mit den Polizei— leutnants in Berlin aus. t
Das Kapitel wird bewilligt.
Darauf wird auf Vorschlag des Präsidenten um 45/9 Uhr die weitere Beratung vertagt, und zwar, um der Budget⸗ kemmission den Freitag für ihre Arbeiten frei zu lassen, auf Sonnabend 1 Uhr.
Von der Tagung der „Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft!.
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A. F. Seit Dienstag findet in Berlin, wie alle Jahre im Februar, die Jahres versammlung der Deutschen Landwirtschaftsgesell. schaft statt, jener Vereinigung, auf deren Programm fn re der kulturelle Fortschritt der Landwirtschaft steht, in der es somit Meinung jmwiespalt nur in Fragen der Technik und der Methode des land! wirtschaftlichen Betriebes gibt. Es ist wiederum ein überaus günstiges und mit Genugtuung über das Erreichte erfüllendes Bild, das der vom Vorstand unterm 31. Januar erstattete Bericht entrollt. Die Zahl der Mit— glieder ist in Jahresfrist um 445 gestiegen, sie beträgt z. 3. 19366. Die Tätigkeit der Geschäftsstellen für Handele vermittelung stieg auf bisher noch nicht erreichte Ziffern. Die Düngerstelle vermittelte bei nahe 4 Millionen Doppesentner Lalisalze, Phosphate und andere Dünger, die Saatstelle Ankäufe von Saatgetreide, Hülfenfrüchten, Klee⸗ und Grassamen, Kartoffeln ꝛc. im Werthe bon 1 104060 6, die Futterstelle hatte Abschlüffe an Delkuchen, Kleie und Verschiedenem im Werte von 2 400 600 M Sie Felddüngungsbersuche der Düngerabteilung nahmen in Verbindung mit 14 Slationen ihren regelrechten Fortgang, der Sonderaurschuß für Bodenbakteriologie war mit der Erforschung der Brachewirkung beschäftigt, die Saatzucht⸗ abteilung war bemüht, das Scatenversuchswesen auszudehnen und zu bereinheitlichen, die Ackerbauabteil ung veröffentlichte 14 Vorträge über Bodenpflege und Pflanzenbau, der Sonderausschuß für Pflanzenschutz beranstalteie eine dritte Auflage seiner Anleitung zur Be— handlung und Verhütung von Pflanzenkrankheiten, der Sonder⸗ ausschuß für die Kaltur des Marschbodeng setzte feine Erörterungen über die Wasserversorgung und seine Erhebungen über Vaue!wesden fort, die Tier uchtabteilung setzte das bisher vielfach als unzulänglich besundene Verfahren der Kennzeichnung für Zuchttiere
Stand der Bewässerung in Deutschland, die Gerätestelle bearbeitete u 4. den praktischen Bau von Ackerwagen. Eine erst im vorigen Jahre begründete Betrtebkabtellung kat eine Anzahl Bearbeiter für verschiedene Gegenden Deutschlan ps gefunden, sodaß kald Veröffentlichungen zu. erwarten sind. Für 167 Güter wurden im Jahre 1504 die Bücher geführt, der Sonderausschuß für Bauwesen entwarf Sizzen im Bauwerte von 1491 000 MS und ausführliche auentwürfe von 805000 MS, die obere Bauleitung wurde über⸗ nommen hei Bauten im Werte von 33 00 , d Der Sonder⸗ ausschuß für Futtermittel beschäftigte sich mit der Frage der Beran⸗ staltung von Fütterungebersuchen und der Giftigkeit von Schachtel halm, bezw. damit, ob diese Giftigkeit aufgehoben werden könne,. Endlich beschloß der- Sonderausschuß für landwirt. schaftliche Gesellschafts teien, in diefem Sommer * zwel Gesellschafts⸗ reisen zu veranstalten nach Dänemark und Schweden. Württemberg und Baden. Eine französische Reisegesellschaft ist als Besuch an= gesagt. Sie wird die Ausstellung zu München besichtigen und dann Nordz eutschland besuchen.
Wie in früheren Jahren, tagen neben den vielen Sonderausschüssen der Landwirtschaftsgesellschaft eine Anzahl anderer, für land wirtschaftliche Spezialzwecke teils seit längerer Zeit bestehender, teils neu gebildeter Vereinigungen. Als solche sind zu nennen: die Vereinigung der Züchter eines schweren Arbeitspferdes, der Klub Deutscher Geflügel züchter, der Deutsche milchwirtschaftliche Verein, die Ver⸗ einigung der Steuer- und Wirtschaftsreformer, die vereinigten Pferde⸗ zuchtgenossenschaften der Provinz Brandenburg, der Verein zur Förde⸗ rung der Moorkultur im Deutschen Reiche, der Mäͤrkische Forstverein, der Verband der Züchter des deütschen beredelten Landschweines, der Deutsche Verein für ländliche Wohlfahrts- und Heimatpflege, der Verein zur Hebung der Ddeutschen Halbblutzucht, der Verein deutscher Teichwirte, die Deutfche Berkshire ⸗ Herdbuch - Gesell. schaft, der Verein der Stärke Interessenten in Dreutschland, der Verein der Merinozüchter, die Zentrale für Viehverwertung, endlich der Verein der Spiritus Fabrikanten in Deutschland. Bei dieser außerordentlichen Zahl der Versammlungen, die sich meist auf 4 Tage zusammendraͤngen, ist es schwierig, ein Gesamtbild zu entwerfen, das einigermaßen der Summe von Intelligenz und Arbeit, die hier zur Entfaltung kommt, gerecht wird.
Großes Interesse erregte die Versammlung der neuen Betriebs abteilung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft am Dienstag schon aus dem Grunde, daß die Teilnehmer zu erfahren wünschten, wie die Leitung der Abteilung ihre Aufgabe er— fasse. Es sprach Professor' Dr. von Seelhorst⸗Göttingen über die allen wichtigste Frage: Was will die Betriebzumfrage erfahren?“ Das sei, erklärte der Redner, unzweideutig in Fragebogen niedergelegt (die zur Verteilung gelangten), aus denen hervorgehe, daß allgemeine betriebswissenschaftlich' Dalen zu gewinnen versucht werde, aus denen auf die Ertragsfähigkeit verschiedener Betriebsfonmen ge⸗ schlessen werden könne. Ber Redner verhehlt sich nicht, daß manche Adressaten der Anfragebogen wenig geneigt sein werden, sie sorgfältig auszufüllen, weil ihnen diese Att Wißbgier Dritter nicht zusage.
Wer den Zweck welle, nämlich ktar zu sehen TRber die Rentabilität des landwirtschaftlichen Betriebes , miüsse sich aber auch zu den Mittein verstehen. Die Einzelergeb⸗
nisse der Befragungen verschwänden ja vollständig in der aus ihnen ermittelten Durchschnittsziffer, auf die es allein ankomme— Das Wichtigste sei von Fall zu Fall die Feststellung des Reinertrages in absoluten Zahlen. Daraus soll dann eine Gruppierung der Zahlen unter den verschiedensten Gesichtspunkten vorgenommen werden, um die Einwirkung verschiedener Betriebsweisen auf das Ergebnis zu er⸗ mitteln. Für den einzelnen Landwirt werden sich die zu gewinnenden Uebersichten sehr nützlich erweisen. Er wird daraus erkennen, ob seine Resultate sich über oder unter dem Durchschnitt halten und aus solcher Erkenntnis Rutzen ziehen.
In der Versammlung der Landeskulturabteilung sprach der Meteorologe. Professor Dr. Kaßner. Berlin über die normale Ver⸗ teilung der Niederschläge und die Dürre vom Jähré 1904. C3 ging daraus hervor, daß das veiflofsene Jahr sich fehr stark von dem Typus eines Normaljahrs fur Deutschland entfernte. Zum Begriff eines solchen geböct, daß von dem durchschnittlich 637 mm Jahres durchschnitt 65 o, auf das Sommer,, 46 5g auf das Winterhalbjahr entfallen. Der Niederschlagstage in den Monaten Juni, Juli und August gibt es in Normal jahren 35 bis 40 mif einer Gesamtniederschlags⸗ menge von 150 —250 mm. Hiermit verglichen, stellt sich für den Sommer 1904 heraus, daß meist nur die Hälfte des normalen Regent gefallen ist, in Mittelschlesien, namentlich auf dem linken Oderufer bis zum Gebirge, vielleicht nur ein Viertel dieses Quantums. Ver⸗ hängnis voll war diese Trockenheit besenders für das Riesengebirge, das sonst in den genannten drei Monaten 3060 - 400 mm. Irie der., schläge empfängt. Das Versiegen der Quellen war die natür⸗ liche Folge. Ganz besonders trocken war die erste Hälfte Juni, der Juli mit Ausnahme der eisten 95 und der letzten 6 Monatstage und dieselben Tage im August. Ursache dieser geringen Niederschlagsmengen seien die nicht normale Luftdruckoerteilung, fast beständig hoher Luftdruck über Mitteleuropa gewesen, woher dieser aber rühre, das vermöge die Meteorologie einst⸗ weilen noch nicht zu sagen, da ja erst ein ganz geringer Teil der Erde unter streng wissenschaftlicher Beobachtung genommen sei. Dem entsprechend lasse sich über die zukünftige Witterung ja auch noch so. wenig Sicheres sagen. Trockne und nasse Jahre haben ja immer miteinander gewechfelt. Vielleicht be⸗ sitzen die gegenwärtigen Zeiten die Tendenz zur Trockenheit, lange enug haben wir unter der entgegengesetzten Tendenz gelitten. Jeden⸗ l tue die Landwirtschaft gut, diefe Möglichkeit ins Auge zu fassen, geregelte Wasserwirtschaft, Ansammlung des überflüssigen Regenwassers für die Zeiten der Not, Stauteiche, Horizontal gräben, künstliche Be⸗ wässerung. — Diese Hindeutung fand verständnispolle weiters Aus⸗ führung an dem nachfolgenden Vortrage des Rittergutsbesitzers Lothar Meyer, der besonders darauf aufmerksam machte, daß bessere Kultur, Stickstoff zufuhr, das Wasserbedürfnis des Bodens steigere. Etwa im leichen Sinne der Notwendigkeit, mit dürren Sommern zu rechnen, e sich in der sehr angeregten Debatte die meisten Redner aus'
Literatur.
Bemerkungen zum Entwurf eines Gesetzes, be— treffend das Urheberrecht an Werken der bilden den Künste, und der Photographie, von Albert Osterrieth. IV u. 276 S. Berlin, Karl Heymanns Verlag. Preis 4 M — Der schon durch frühere treffliche Arbeiten über das Urheberrecht vorteilhaft bekannte Verfasser hat in dieser umfangreichen Schrift den nach längeren Vorarheiten der Oeffentlichkeit übergebenen Entwurf eines neuen Ge— setzes, betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie, einer eingehenden, auf völli er Beherrschung des Stoffes beruhenden Kritik unterzogen, welche die ihr gebührende Be— achtung sinden wird. Aus den an die einzelnen Bestin mungen des Entwurfs geknüpften Erörterungen heben wir hervor, daß der Ver⸗ fasser die im Entwurf vorgesehene Gleichstellung der Werke der an⸗ gewandten Kunst mit denen der reinen Kunst auf das wärmste be— ae, und die Einwände gegen die Ausdehnung des Kunstschutzes
Mit
fort, die Landes kulturabteilung verfandte einen Fragebogen über den
auf die Werke der angewandten Kunst zu entkräften sucht.