Entwickelung. Der von der Stadt vorgelegte Plan der Ent⸗ festigung sei eine geeignete Grundlage, um daraufhin weiter verhandeln zu können. Daß dieses bald geschehe, sei der Wille Seiner Majestät. Die Bahn sei also frei. Damit gehe
Königsberg einer neuen großen Entwickelung entgegen, eine
Stadt, die eine feste Burg des Deutschtums an der Grenze des Deutschen Reiches sein und bleiben müsse.
Braunschweig.
Die bzaunschweigische Landessynode beschloß, wie die „Braunschweigische Landeszeitung“ meldet, heute einstimmig, die Regierung zu ersuchen, im Bundesrate durch ihre Ver— treter die beiden braunschweigischen Stimmen gegen den sogenannten Toleranzantrag des Zentrums geltend
zu machen. Deutsche Kolonien.
Nach einer Meldung des Generalleutnants von Trotha aus Windhuk in Deutsch-Südwestafrika ist, wie „W. T. B.“ berichtet, die zweite Kompagnie des Feld—⸗ regiments Nr. I nach Geitsabis zur Aufklärung vorgegangen, wo am 13. Februar die Telegraphenstation von einer Hottentottenbande angegriffen worden war. Nach ihrer Rückkehr soll am 21. Februar ein Detachement unter Haupt⸗ mann von Zwehl, bestehend aus der 2. Kompagnie des Feld⸗ regiments Nr. 1, der 10. Kompagnie des Feldregiments Nr. 2 und der Halbbatterie Stuhlmann, von Gibeon den 4 auf⸗ wärts marschieren, um Nordbethanierbanden, deren An— , . östlich von Maltahöhe festgestellt worden ist, anzu⸗ greifen. Wie dem genannten Bureau aus Wilhelmshaven gemeldet wird, kehrt das Marineexpeditionskorps schon im Monat März aus Südwestafrika in die Heimat zurück, und zwar in zwei Staffeln. Die erste Staffel, bestehend aus der dritten und der vierten Kompagnie, zwei Dritteln der Maschinenkanonenabteilung und der halben Sanitätskolonne, im ganzen aus 8 Offizieren, 4Portepeeunteroffizieren und 286 Mann, iritt am 5. März die Heimreise in Swakopmund an. Die zweite Staffel, bestehend aus dem Stabe, der 1. und der 2. Kompagnie, dem Reste der Maschinenkanonenabteilung und der Hälfte der Sanitätskolonne in Stärke von 10 Offizieren, 5 Portopeeunteroffizieren und 176 Mann, wird am 206. März die Heimreise in Swakopmund antreten.
Oefsterreich⸗Ungarn.
Das österreichische Abgeordneten haus . gestern die zweite Lesung der Rekrutenvorlage. Der Abg. Fresl erklärte, wie. W. T. B. meldet, solange dem tschechlschen Volk seine natürlichen Rechte nicht gegeben würden, müsse es die Armee als eine ihm feindliche betrachten, deren Diensten es gegebenen Falls entsagen und deten Kommandanten es eventuell den Gehorsam verweigern werde. Der Abg. Marchet glaubte, daß die wirtschaftliche Trennung des Reiches eine Teilung der Armee jur Folge haben werde. Durch die Ungarn gewährten Konzessionen höre die Armee auf, eine gemeinsame Institution zu sein. Das Parlament werde den Ministerpräsidenten nachdrücklich bei der Vor⸗ bereitung einer etwaigen wirtschaftlichen Trennung unterstützen. Doch würde er, Redner, in der wirischaftlichen Isolierung keine Stärkung erblicken. Der Abg. Tschan (freier Alldeutscher) beantragte die Rekrutenvorlage zurückzustellen bis zur Regelung der jwischen beiden Reichs hälften schwebenden militärischen Fragen. Er betonte, daß durch die Annahme des Tiszaschen Militärprogramms die Ei he Armee nur mehr äußerlich bestehe. . 68
Der Abg. Julius Justh (Kossuth-⸗Partei) ist als Kandt t re vereinigten Spposition gegenüber Bela Tallian lliberale Partei) mit einer Majorität von 62 Stimmen zum Präsidenten des ungarischen ÜUnterbauses gewählt worden. Zu Vizepräside nten wurden Franz Bolgar (Dissident) und Stefan Rakors;ky Volkspartei) gewählt. — Der neugewählte Präsident des Unterhauses Julius Justh sagte in seiner Antrittsrede, daß er wohl Mitglied der Kossuth- Partei sei, daß er sich aber in seiner amtlichen Wirksamkeit nicht von Gesichtspunkten der Parteipolitik leiten lassen werde. Des weiteren erklärte er, daß er den am 18. November unter Außerachtlassung der Form zustande gekommenen Beschluß bezüglich der Hausordnung nicht als bindend anerkenne.
Großbritannien und Irland.
Das Unterhaus setzte gestern, wie W. T. B.“ meldet, die Beratung über den Unterantrag Redmonds zur Adresse, in dem die Verwaltung Irlands getadelt wird, fort. Die Debatte beschäftigte sich hauptsächlich mit der Frage, welche Haltung der Vize⸗ könig von Irland Lord Dudley, der Chefsekretär für Irland Wyndham und der Unterstaatssekretär Sir Anthony Me. Donnell gegenüber dem von Lord Dunraven eingeleiteten Reform projekt für Irland eingenommen hätten. Die irischen Unionisten griffen Me. Donnell heftig an. Sir Henry Campbell Bannerman trat für den Antrag Redmonds ein und sagte, die Verwaltung von Irland habe nicht die Sympathie und Zustimmung der Bevölkerung und Irland habe Anspruch auf eine bessere Ver⸗
waltung, die von der Bevölkerung kontrolliert werde. Der Premierminister Balfour führte aus, es gehe nr, . aus den Erklärungen Sir enry Campbell ⸗Bannermans
und anderer während der Beratung hervor, daß die Home Rule⸗Be⸗ wegung noch nicht tot, sondern noch eine lebendige und brennende Frage sei; er wende sich also an die Unionisten mit der Aufforderung, alle Fragen untergeordneter Art beiseite zu lassen und nicht mit kleinen Streitfragen die unionistische Sache zu schädigen. Schließlich wurde der Antrag mit 286 gegen 235 Stimmen abgelehnt.
Frankreich.
Der gestern im Elysse abgehaltene Ministerrat be⸗ schloß, wie ‚W. T. B. erfährt, in der Deputiertenkammer zu beantragen, daß das Militärgesetz gleich nach der Erledigung des Budgets zur Beratung gelange. Die Regierung ist der Ansicht, daß es im Interesse des prompten Inkrafttretens des Gesetzes liege, daß die Kammer die vom Senat angenommene Fassung genehmige.
Die Deputiertenkammer setzte gestern die Beratung des Marinebudgets fort. Der Berichterstatter Bos erklärte; hin sichtlich des Baues und der Armierung der Schiffe babe Deutschland unter Aufwendung der gleichen Kosten und in demselben Zeitraum bessere Resultate erzielt als Frankreich. Der Munitionsvorrat der französischen Marine sei ungenügend und würde z. B. beim Mittelmeergeschwader in zwei Stunden aufgebraucht sein. Auch die Kohlenvorräte seien ungenügend. Er rügte ferner die Verzögerung im Bau neuer Schiffe und sprach von dem Erfolge, den das deutsche Marineprogramm ge⸗ habt habe. Man sollte, wie in Deutschland, den Torpedobooten von geringerem Tonnengehalt den Vorzug geben. Der Deputierte, Oberst⸗ leutnant Roufset wies darauf hin, daß sich die großen Torpedo⸗
boote im fernen Osten nicht bewährt hätten. Bos sei der Meinung, daß Frankreich sich nicht mehr mit dem Marlneprtogramm von 19090 begnügen könne, es bedürfe
einer mächtigen Flotte, um den Frieden aufrecht erhalten zu können. Ziffernmäßige Angaben über die dafür nötigen Ausgaben habe der Berichterstatter jedoch nicht erbracht. Der Deputierte Messimy machte einige Bemerkungen bezüglich der Zusammensetzung der Flotte und erklärte, Frankreich könne jährlich nicht mehr als drei Der Deputiette Admiral Biena im?
Panjer bauen.
sagte, das Programm vom Jahre 1900 sei nicht befolgt worden, es muͤsse deshalb ein neues aufgestellt werden, das die Aus⸗ n Der Redner griff den
er Marine eingefübrt, die Dienstorhnung und die Gesetze verletzt, ale ö Disziplinlosigkelt in der Marine und das Politiktreiben unter den Offijieren eingeführt habe. Er hoffe, daß der jetzige Minister Thom son. die begangenen Febler wieder gut machen werde. Seinen Abschied babe er, Redner, genommen, weil er bei der Niederlage Frankreichs eine hervorragende Rolle nicht habe spielen wollen, und er hoffe, daß Thomson den Opfern seines Vorgängers Genugtuung werde zuteil werden lassen. Hierauf wurde die Sitzung geschlessen.
Der sozialistische Deputierte Rouanet hat eine Inter- pellation über die von den Kolonialbeamten verübten Greuel taten in Franzöfisch⸗ Gong angekündigt. Der Deputierte Le . veröffentlicht eine Reihe Schriftstücke, die zum größten
eil die Richtigkeit der in den Blättern gemeldeten Grausamkeiten
beweisen.
Die Heereskommission der Kammer hat, dem, W. T. B.“ zufolge, beschlossen, den schon vom Senat angenommenen Militär- gesetzentwurf en bloe zu genehmigen.
Rußland.
Der Großfürst Paul ist gestern, wie dem „W. T. B.“ gemeldet wird, in Zarskoje S ir tmn en,
In der gestrigen Sitzung des Ministerkomitees wurde mitgeteilt, daß der Kaiser auf Antrag der Synode die Befreiung von 7 Personen aus Klosterkerkern ge⸗ stattet habe. Hierauf ging das Komitee zur Besprechung des Sektenwesens über, behandelte die Lage der alt—
läubigen Geistlichen, erörterte sodann die Frage, betreffend hi e irn der Erlaubnis zur Führung des Pastoren⸗ titels, zur Verrichtung privater und öffentlicher a gr Handlungen, zur Erteilung von Religionsunterricht an Kinder von Sektierern und zur . der Zivilstandsbücher unter behördlicher Kontrolle. Ferner erörterte das Ministerkomitee die Frage, ob es zulässig sei, den Altgläubigen zu gestatten, eigene Schulen zu eröffnen, Druckschriften zu veröffentlichen und Mischehen einzugehen.
Ueber die Ausstandsbewegung sind dem „W. T. B.“ folgende Mitteilungen zugegangen:
In Moskau sind die Angestellten der Moskau— Kiew-Woronesch-Eisenbahn gestern in den Ausstand ge— treten. Es gehen daher auf dieser Bahn von Moskau keine ige auch ist die Annahme und Auslieferung von Gütern und
epãäck eingestellt. In War sch a u wurde gestern der Lederhändler Zwiebel in seinem Hause von jüdischen Arbeitern ermordet. Auf den Direktor einer Spitzenfabrik Körner wurde, als er von einer Besprechung mit den Arbeitern zurückkehrte, ein Mord⸗ versuch gemacht, der mißlang. — Die . in Lodz haben begonnen, neue Arbeiter zu den alten Bedingungen . Ucher eine Beendigung des Ausstandes in den Metallfabriken ist noch keine Entscheidung getroffen worden, da die Forderungen der Arbeiter übertrieben sind. Die Arbeiter sind bereits in der vierten Woche ausständig. — Die Zahl der Ausständigen in Libau ist bis zur Hälfte der gesamten Arbeiterzahl an— gewachsen und beträgt zur Zeit 5500. Bisher sind keine Ruhe⸗ störungen vorgekommen. — Die Arbeiter in den Kronsbranntwein⸗ niederlagen und in den Druckereien zu Charkow sind in Aus⸗ stand getreten. — In Ka luga ist ein Teil der Arbeiter in den Werkstätten der Eisenbahn nr nh ma vorgestern nicht zur Arbeit gekommen. mn ist nicht gestört worden. — In Rostow hä teilweiser Ausstand der Arbeiter der Wladikawkasbahn begonnen. — In Novo-Radomsk ist gestern ein allgemeiner Arbeiter⸗ ausstand ausgebrochen. Die Arbeiter verlangen Lohn⸗ erhöhung. — Der Generalausstand ist gestern in Such um⸗Kale (Gouvernement Kutais) ausgebrochen. Infolge der Drohungen der Agitatoren wurden die Geschäfte geschlossen. Sowohl Fuhrleute wie Booteführer fehlen. lun den Straßen sind eine Menge Arbeitsloser. Ueberall sieht man Militär. Die Führer der Arbeiter versprechen baldige Beilegung des Aus⸗ stands. — Die Verkäufer in den Ladengeschäften von Jekaterinoslaw sind gestern in den Ausstand getreten. Der Gouverneur trug ihnen auf, ihre Forderungen durch ihre Vereinigung mitteilen zu lassen. Die Ausständigen verlangen zwölfstündige Arbeitszeit, ö bestimmte Kündigungs⸗ frist und Einführung einer Lebensversicherung. —diie Unruhen in Baku dauern fort Die gegenseitige Erbitterung steigert sich bis zum äußersten. Die Leute auf den Straßen fallen über⸗ einander her. Viele wurden getötet oder verwundet. In einzelnen Stadtteilen wird gexlündert. In einem Stadtviertel stehen die Häuser in Flammen. Es herrscht allgemeine Panik. Auch in Balakhanakh sind Unruhen ausgebrochen. Die in Baku stehenden Truppen sind unzureichend, um die Ordnung wieder herzustellen.
ben für ied ins einzelnste festlege. r ⸗ . n, . heftig an, der die Angeberei in dmira
Italien.
Die Minister Tedesco und Lujjat ti haben gestern, wie dem W. T. B. berichtet wird, der Deputiertenkammer den Gesetz. entwurf, betreffend den Betrieb der Eisenbabnen durch den Staat, g lassen. Der Gesetzentwurf geht dahin, daß der Staat den Betrieb der Linien des Mittelmeer, des Adriatischen und des Sizilischen Netzes übernehme, ausgenommen den Betrieb der Linien, für die die Gesellschaft der Merldionalbahnen die Konzession erhalten hat. Das vom Staate ju betreibende Eisenbahnnetz umfaßt Linien von insgesamt 10660 km Länge, das Meridionalbabnnetz 2050 km. Die Ver- waltung des Staatsbahnncetzes soll selbständig sein und ein besonderes Budget erhalten. Besondere Maßnahmen würden eine Sicherheit dafür geben, daß die neue Verwaltung politischen Schwankungen, ebenso einem Umschwung in den Finanzen entzogen werde. Für die Ablösung der Mittelmeergesellschaft, der Adrigtischen und der Siztlianischen Eisenbahngesellschaft ist ungefähr eine halbe Milliarde Lire vorgesehen; ferner wird angenommen, Taß der Staat innerhalb jehn Jahn eine weitere halbe Milligrde für die Instandhaltung des eigenen Netzes und für Betriebsmittel aufwenden werde. Diese erhebliche Ausgabe im Betrage von über einer Milliarde soll aufgebracht werden, ohne auf die Ausgabe einer Anleihe zurückzugreifen, wie es bereits der Minister Luzzatti in seinem ,. dom 8. Dezember angekündigt hatte. Die erforderlichen Operationen werde der Staat mit Hilfe der Hinterlegungstasse aus⸗ führen. Der Gesetzentwurf verbessert insbesondere die wirtschaftliche Lage des Gisenbabnpersonals und schafft zu ihren Gunsten 1) wählbare Spezialtãte und einen eneralrat des Personals,
ö. ein obligatorisches Schiedsgericht, gebildet zu gleichen Teilen von
ertretern der Verwaltung des ftaatllchen Netzes und des Personals, ferner einem Stagterat als Präsidenten, einem Rat des bofes und einem Rat des Rechnungshofes, die frei won den betreffenden Körperschaften gewählt werden; endlich sind besondere Bestimmungen
für das Personal getroffen, um den regulären Dienst fortlaufend zu
sichern. : Türkei. Auis Monastir wird dem Wiener „Telegr.Korresp.⸗ Bureau“ gemeldet, daß am 19. d. M. 20 auf der Rückkehr nach Zovik befindliche Bauern, 21 km nordwestlich von
und verbrannte ihn, als
assations⸗
Nakova, angeblich von einer bulgarischen Bande überfallen und zwei von ihnen getötet worden seien.
Rumãänien.
Bei den gestern in fünf Wahlkreisen durchgeführten Stichwahlen zur Deputiertenkammer im ersten Dist riktswahlkollegium wurden, nach Meldung des „W. T. B.“, fünf regierungsfreundliche Kandidaten gewählt
Serbien.
Das „Wiener Telegr.⸗Korresp. Bureau“ meldet, der fe nn,, Dr. Patschu habe heute eine Reise nach Wien, Berlin und Paris, und zwar zunächst nach Wien, an—
getreten, um Vorbesprechungen wegen einer Anleihe abzuhalten.
Schweden nnd Norwegen.
In der gestrigen Sitzung des Stort hing wurde, nach einer Meldung des W. T. B.. aus Christian ia, eine Spezial—⸗ kommission von 19 Mitgliedern gewählt, die die Aktenstücke, be= treffend die Kon sulatsverhandlungen, durchberaten soll. Das Storthing beschloß, seine Sitzungen bis Montag auszusetzen, um der Kommission Zeit für die Konsulatsverhandlungen zu geben, damit sie baldigst Bericht vorlegen könne.
Dänemark.
Der Prinz Waldemar begibt sich, wie W. T. B.“ berichtet, am Sonntag nach Berlin, um das dänische Königshaus bei der Einweihung der neuen Domkirche zu vertreten.
Al sien.
Ein Telegramm des Generals Kuropatkin vom 20. d. M. an den Kaiser lautet, dem, W. T. B.“ zufolge:
Die Japaner setzten ihren Angriff auf Tsinkhecheng fort, wurden aber von unserer Abteilung zitrückgeworfen, die am 19. d. M. Davinduthau besetzte. Am 18. d. M. verbrannte eine Kosaken. patrouille in der Nähe des Dorfes Lichagu, 10 Werst nordwestlich von Chagum in, ein feindliches Depot für Lebensmittel, nahm zwischen Lichagu und Chagumin einen Provianttransport weg sse von drei Seiten vom Feinde ein⸗ geschlossen war, worauf sie zu unseren Truppen durch die Berge zu⸗ rückkehrte.
Die japanische Regierung hat, wie ‚W. T. B.“ er—⸗ fährt, den unverzüglichen Bau von 25 Torpedo boots—⸗ zerstörern angeordnet. Hiervon sollen 15 auf den Werften der ee rng und die übrigen auf Privatwerften gebaut werden.
Dem „Daily Telegraph“ wird aus Tokio gemeldet, dort eingetroffenen Nachrichten zufolge befinde sich das Ge— schwader Kamimuras in der Nähe des Indischen Ozeans; man glaube deshalb, daß eine große Seeschlacht . bevorstehe.
Nach einer Meldung der Morning Post“ aus Schanghai
. . dmiral Uchtomsky von dort nach San Francisco abgereist. Aus Tschi fu meldet das „Reutersche Bureau“, die beiden daselbst verhafteten Chinesen sagten über die Ermordung der beiden Marineattachss Ritter Hentschel von Gilgen⸗ heimb und de Cuverville, wie folgt, aus:
Die Attachés hätten zusammen mit einem russischen Zivilisten eine mit fünf Chinesen bemannte Dschunke genommen. Als sie auf der Höhe von Liaotischan gewesen seien, hätten die Chinesen, die das Herannahen eines Sturmes befürchteten, darauf bestanden, nach der Taubenbucht zurückjukehren, die Reisenden hätten jedoch versucht, sie ut Weiterfabrt zu nge Darauf habe sich ein Kampf entsponnen,
ei dem die drei Europder über Bord geworfen worden seien. Die nf Chinesen seien dann, da sie sich nach Pert Arthur zurückzukehren ürchteten, mit der Dschunke nach Liao tschau⸗fu, nördlich von schifu, gefahren.
Die an der Mordtat schuldigen Chinesen seien durch Flüchtlinge aus Port Arthur identifiziert worden, die seinerzeit die Dschunke für die Attachés gemietet hätten. Die Verhaftung der anderen drei in die Angelegenheit verwickelten Chinesen werde erwartet. ;
Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die gekrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.
— In der heutigen (145.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner, der Finanzminister Freiherr von Rheinbaben, der Minister für Landwirischaft c. von Podbielski, der Minister für Handel und Gewerbe Möller, der Staatssekretär des Auswärtigen Amts Dr. Freiherr von Richthofen und der Staatssekretär des w Freiherr von Stengel beiwohnten, stand die dritte Beratung der 7 Handelsverträge auf der Tagesordnung. Dazu lag folgende, von den Abgg. Blell (fr. Volksp.) und 6 beantragte Resolution vor:
Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, dahin zu wirken, daß dem Reichstag baldigst eine Novelle zum Vereinszollgesetz vom 1. Juli 1869 vorgelegt werde, in welcher e n, folgende Punkte zeitgemäß geregelt werden:
8 1 Haftung der Zollverwaltung für Verschulden ihrer Beamten.
2) Entscheidung der Beschwerden über Anwendung des Zoll⸗ tarifs durch eine richterliche Reichszentralstelle nach Kr dereng von Sachverftãndigen. 9
3 Bindende Kraft amtlicher Auskünfte über Zolltarifsätze. 4) Abgrenzung der Haftung zwischen der Eisenbahn und der Zollverwaltung für Verlust oder Beschädigung der Waren, die sich in den von der Eisenbabnverwaltung gestellten, für die zollamtliche i urg und die einstweilige Niederlegung bestimmten Räumen finden.
5) Einheitliche Regelung des Veredelungsverkebrs.
6 Abänderung der Strafbestimmungen nach Maßgabe der all⸗ emeinen di , fan e,. namentlich Beseitigung der Konfis⸗ ation als Defraudationsstrafe.
In der vereinigten Generaldiskussion über die sämtlichen sieben r . erhalt zunächst das Wort der .
Abg. Osel (Zentr): Wenn auch die Vertreter der süddeutschen Landwirtschaft und des füddeutschen Bauernstandes schließlich den Ver. trägen zustimmen werden, so geschieht g3, weil wenigstens etwas erreicht ift und die Landwirts mit dem Erreichten zufrieden sein muß, Der neue Zolltarif ist nicht mehr lediglich eine Schablone, er ist ein organischer Aufbau, der allerdings an unsere Zollbeamten ganz außerordentlich erhöhte Anforderungen stellt. Es war deshalb durch⸗ aus berechtigt, wenn diese Beamten seit einem Jahre immer stärker die e erhoben, in diefen Ocganismus gründlich eingeführt und e aer ju werden. Leider hat man diesen Wüns nicht stattgegeben und sich dafür auf den Mangel an geeigneten Kräften und auf finanzielle Bedenken berufen. Ich bet auere das . enn Mittermeyher gegen das Zentrum und gegen Dt. Heim den Vorwurf erhob,
sie hätten im Punkte Getreidezslle ihr Wort nicht gehalten, so muß dieser Vorwurf auf das schäͤrfste zurückgewiesen werden. Herr Mitter⸗ meyer hat seine Rede vorgelesen, ohne zu berüchsichtigen, was Dr. Beim schen vorher ausgeführt baite zoll für alle vier Getreidearten tatsäͤchlich eingetreten, aber vom baverischen Bauernbund hat keiner den Mund aufgetan. In Berlin wollte man
doch von einem Gerstezoll über 3 A überhaupt nichts wissen; trotz-
dem ist der 4 Markzoll erreicht worden. Genügt ibm dieser nicht, dann müßte er sich mit seinen Vorwürfen an die bayerische Regierung halten, die dem 3. Martzoll des Tarifentwurfs jugestimmt hatte. Die Rede des Herrn Mittermever war lediglich zu Wahljwecken jum Fenster hinausgeredet. Wir müssen natürlich erwarten, daß seilens der Regierung alles geschiebt, um Umgehungen des 4 M- Gerstejolles zu verhindern. Wenn sich die Herren Bauernbündler so sehr auf ihre Sachkunde hinausspielen, so möchte ich ihnen entgegenhalten, daß ihre Führer im Landtage ein praktischer Art und ein über⸗ aus wandlungsfäbiger Zeitungsmann sind. (Präsident Graf von Ballestrem ersucht den Redner, nach diesen Äbschweifungen endlich zu dem Thema der Handelsverträge zu kommen Der Redner verläßt darauf die Tribüne.)
Abg. Molkenbuhr (Soi): Wir wissen ja, daß alles Reden nichts mehr hilft; die Verträge werden angenommen werden. Sie sind in unseren Augen ein nationales Unglück. Der Reichskanzler bat von einer Abnahme der Bevölkerung auf dem platten Lande gesprochen, der auch durch diese Verträge entgegengewirkt werden müsse. Er hat aber nur das Prozentverhäͤltnis angefübrt; tatsächlich wobnen heute auf dem Lande mehr Menschen als vor 10 und 20 Jahren. Seine Argumentation würde nur dann berständlich sein, wenn er auch für eine entsprechende Ver—⸗ mehrung des platten Landeg Sorge ju tragen übernähme, oder aber es müßte die Zunahme der Bevölkerung verbindert werden, wenn man meint, dem Deutschen Reiche Handelgverträge bieten zu können, die die Industr ie und die Arbesterbevölkerung so schwer schädigen. Durch die Einführung der Maschinen im landwirtschaftlichen Betrlebe ist in der ganzen Betriebgweise eine radikale Veränderung eingetreten,
es hat eine Verschiebung zwischen der persönlichen und der maschinellen.
Arbeitskraft stattgefunden, es hat eine Umwertung aller. Werte stattgefunden, die der Kanzler garnicht in Rechnung gestellt hat. Es ist bei der Landwirtschast ganz ebenso ein gewaltiger technischer n wie in einer großen Reibe von Industrien gemacht worden. Natärlich hat man nicht aus großen staatswirtschafklichen Gesichts- punkten diese neue Handelspolitik eingeschlagen, sondern man hat ein⸗ fach dem Drucke der Agrarier nachgegeben. Der Inhalt der heute ju sanktionierenden Dandelsvertragzpolittk ist dem der früheren absolut e net. Die moderne Schutziöllnerei beruht zunächst auf dem Wunsche, eine hübsche Summe neuer indirekter Steuern für alle mög—⸗ lichen weltpolitischen und sonstigen Machtjwecke jur Verfügung zu haben. Der andere Zweck dieser Schutzzöllnerei ist die schon von Bismarck proklamierte 3e g. von Millionaͤren. Die Geoßindustriellen, die sich jetzt zur gründlicheren Ausbeutung der arbeitenden Bevölkerung in Kartellen zusammengetan haben, sind daher begreiflicherweise Freunde dieser Politik. 1892 ging es, um freie Bahn 7 die Groß⸗ industrie zu schaffen, nicht anders, als daß einige landwirtschaftliche Zölle abgebröckelt wurden. Dieser Fehler soll jetzt gut gemacht werden. Man schuf sich juerst einen neuen autonomen Zolltarif mit unglaublichen Zollsätzen., den man mit allerlei Brimborium, mit dem wirtschaftlichen Beirat usw. schmackhaft ju machen suchte. Ist denn in dem Vertrage wirklich mebr erzielt worden? Wag mit diesem großen Aufwand erreicht worden ist, konnte ein Geheimrat in ein paar Tagen oder in einer Woche erreichen. Wem nützen diese Verträge eigentlich? Den Großgrundbesitzern und den Groß— kapitalisten. Geschädigt werden die kleinen Grundbesitzer, die kleinen Industriellen und vor allem die Arbeiter durch Verteuerung der Lebensmittel. Diesen wird die Arbeitsgelegenheit vermindert dadurch, daß eine ganje Reihe von Industrien einfach von der Ausfuhr ausgeschlossen wird. Man hätte sich bei der ganzen Frage klar werden müssen, wo die gemeinsamen und wo die Sonderinteressen liegen. Die Interessen der Körnerbauern und der Viehzüchter sind doch verschieden. Was soll für die Arbeiter auf dem Tande geschehen? Es wäre Pflicht der Regierung gewesen, nach den Ursachen zu fragen, weshalb Tausende von Arbeitern auswandern und sich der Industrie zuwenden. Der Grund liegt in den krankhaften Verhältnissen der Landwirtschaft, in dem Besteben der Gesindeordnung, der schlechten Bezahlung, in den schlechten Wohnungsverhältnissen. Durch die Harn m n , werden diese Uebelstände noch verschaͤrfst. Der Zustrom der russischen Ar⸗ beiter muß doch auch schließlich aufhören, wenn andere Zustände dort platzgreifen. Die Abwanderung ist, doch nur eine Folge der märchenhaften Ungeschicklichkeit der Regierenden. Heutiutage ist es allerdings ein Sonntagsvergnügen der Regierenden in Rußland, Tausende von Wehrlosen, Frauen und Kinder, zusammenjuschteßen.
Bei Schluß des Blattes spricht der Redner weiter.
— Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (145.) Sitzung, welcher der Minister der geistlichen, Unter⸗ richts und Medizinalangelegenheiten Dr. Studt beiwohnte, die zweite Beratung des Staatshaushaltsetats für das Rechnungsjahr i905 und zwar die allgemeine Besprechung des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unter⸗ richts und Medizinalangelegenheiten bei dem Titel „Gehalt des Ministers“ im Kapitel „Ministerium“ fort.
Abg. Dr. Glattfelter (Zentr.): Wenn eine Ordensnieder⸗ lassung erfolgen soll, so erregt dies in der Presse eine künstliche r fn wenn dagegen in einer vorwiegend christlichen Gegend ein jüdi ger Bankier sich niederläßt, so ist davon nichts ju merken. Wenn man nimmt, was man erreichen kann, so verzichtet man damit nicht auf weitere , und das Zentrum hat seine weiteren Forderungen in der Richtung weiterer Abrüstung der Kultur⸗ kampfgesetzgebung immer wieder erhoben. Der Minister hat eine Er⸗ leichterung der Ordensniederlassungen versprochen und auch im Ver- waltungswege manches getan, aber die Vorlegung eines Gesetz⸗ ahn n, ist bis jezt leider nicht erfolgt. Den Vogel hat gestern der Abg. Ernst abgeschosen, indem er die Befürchkung aussprach, die Regierung werde vor uns kapitulieren. Wenn ein Recht, daß wir immer und immer wieder reklamieren, uns endlich wird, wenn die Regierung dieses Recht endlich durch neue gesetzliche Vereinbarungen anerkennt, so kapituliert sie damit doch nicht vor uns. Der Abg. Ernst hat in der Schulfrage auf Amerika hingewiesen. Wir können von den Angelsachsen in Amerika und England hinsichtlich der Be—⸗ handlung des Religionsunterrichts noch viel lernen. n,, wird dem bei uns herrschenden , . mon it bald abgeholfen. Die Lehrer auf dem Lande werden in der Tat zu gering befoldet. Es ist ein Märchen, daß die Lebenshaltung in den Städten durchweg teurer sei als auf dem platten Lande. Das Zentrum wird abwarten, wie das verheißene e rene, f ausfällt, durch das ja eine Reform der Lebrerbesoldung herbeigeführt werden wird. Es ist erfreulich, daß der Minister an der geistlichen Ortschulaufsicht nichts s e will. Kirche und Schule müssen harmonisch zusammen⸗
eiten.
. D. Hackenberg (nul): auch über den viel angefochtenen ulantrag gesprochen worden. Nicht, daß wir uns einer Verhandlung darüber entiögen; aber nach- em uns eine Vorlage darüber in nahe Aussicht gestellt worden ist, liegt es im Intereffe unserer Gtatsverbandlungen, diese Vorlage abzuwarten. Ich habe immer noch die Hoffnung, daß wit, wenn wir den Dingen im einzelnen ins Auge sehen werden, viel eher eine Verständigung werden erreichen können, als wenn wir immer bloß mit den großen Schlagworten Konfessionsschule und Simultan⸗
ule. operieren. Am fn bedauere ich aber die scharfen und ungerechtfertigten Angriffe des Herrn von Zedlitz gegen die Begner deg Schulantrages. In dem gan zen Kampfe des vorigen Sommers ist mir eine Stimmung, wie . gestern die Rede des Derrn von Zedlitz atmete, nicht“ vorgekommen. haben mmer auch den Gegnern untetftellt, daß sie in diesem Kampfe dag Beste unferer Volteschule bezweckten. In dem Kampfe zeigte sich
Dr. Heim ist für den 6 Mark.
u meinem Bedauern ist gestern
das große Interesse für diese Lebens
t weitester Volkskreise frage unserer Erriehung; da foll man doch nicht mit solchen Angriffen
kommen. Vieser Anschauung gebe ich bier namens meiner Fraktion Ausdruck. Der Schulanfrag aher kein Schulgesetz, sondern nur ein Schulunterhaltungsgefetz gefordert und alles, abgeseben von der Konfesstonsschule, aus geschlossen, was . mit der Schulunterbaltung zu tun hat. Von der geistlichen Schulinspektion steht auch nichts in dem Antrage, aber er geht auch nicht gegen die geistliche Schul⸗ inspektion als solche vor. Wir kommen ehen auf dem Gebiete der Vollsschule nicht weiter, bevor die Schulunterhaltungefrage geregelt ist. Ist dies geschehen dann werden die einzelnen weiteren Fragen aus sich heraus zur Erörterung und Erledigung kommen. Mit dem Schul. antrag kommen wir nach meiner persönlichen Meinung insofern etwas weiter, als die Schulfrage auf einen neuen Boden gestellt und der geistlichen Schulaufsicht ein wenig der Boden entzogen wird. Meine politischen Freunde sind Gegner der geistlichen Schulaufsicht und würden es für gut halten, wenn sie über kurz oder lang fallen würde. Wir tun das obne jede aggressibe Haltung gegen die Kirche, wir meinen im Gegenteil, daß es dann erst recht gelingen wird, mit der Kirche daz Wobl unserer Volksschule zu fördern, wenigstens vom Standpunkt der evangelischen Kirche aus. Die heutige geistliche Orts, schulaufsicht ist eine geschichtliche geworden; wer die gefamte Entwickelung unseres Volksschulwesenz unvorelngensmmen betrachtet, muß der Ueber eugung werden, daß diese Einrichtung veraltet und un— zweckmäßig geworden ist. Der Vorredner bat auf das freund— schaftliche Verhaltnis zwischen Geistlichen und Lehrern hbingewiesen; glaubt er denn, daß durch das Abhängigkeits verhältnis die Freundschaft genährt wird, daß diese Freundschaft nicht erst recht ersprießlich für die Schule wirken wird, wenn das Abhängigkeitsberbältnis gefallen ist? Der Minister sprach gestern von Maulwurfzarbeit; ich weiß nicht recht, was damit gesagt sein sollte. Es gibt auch zablreiche Stimmen der evangelischen Kirche, die ö. die Beibebaltung, der geiftlichen Ortsschulaufsicht sind.
o haben sich 32 Synoden gegen ihre Beibehaltung ausgesprochen, und die andern haben sich ganz ungemein verklausuliert, sofern sie für die Beibebaltung sind. In der Rbein rovinz hat eine große Ver—⸗ sammlung von Geistlichen eine Resolution in ersterem Sinne gefaßt. Ich schließe mit der Hoffnung, daß in nicht zu ferner Zeit auch die Unterrichtspverwaltung die Einrichtung der geistlichen Ortsschulaufsicht als eine nicht länger unentbehrliche und nicht länger aufrecht zu er— haltende betrachten wird.
Hierauf nimmt der Minister der geistlichen, Unterrichts— und Medizinalangelegenheiten Dr. Studt das Wort. An der weiteren Debatte betéiligen sich bis zum Schluß des Blattes der Abg., von Heimburg (kons.), der Ministerialdirektor Dr. r. die Abgg. Funck (fr. Volksp.) und Dr. Porscch Zentr.).
Kunst und Wissenschaft.
A. F. Die Mitglieder der Berliner Gesellschaft für Anthropologie haiten dieser Tage Gelegenbeit, die Neu— erwerbungen des Museums für Völkerkunde, soweit solche von der deutschen Turfan⸗Expedition berrühren, zu besichtigen. Pro— fefsor Dr. Grünwe del, der in den Jahren 1902 und 1903 diese von ungewöhnlichen Erfolgen gekrönte Expedition geleitet, gab alle ge— wünschten Erläuterungen, denen folgendes in Kürze zu entnehmen ist: Es handelt fich bei allen diesen Gegenständen um die letzten Reste einer Kultur und Kunstblüte, die etwa auf So0 bis 1009 unserer Zeit rechnung anzusetzen ist, und deren Träger das Volt der Uiguren, ein türkischer Stamm, war. Auch die heutige Bevölkerung Chinesisch⸗ Turkestans sind Türken, aber mit anderen Volkselementen so stark gemischt, daß sie kaum mehr als die unmittelbaren Nachkommen der Uigurer gelten können, von denen sie sich auch dadurch unterscheiden, daß sie Bekenner des Islam sind, während jene alte Kultur im wesentlichen eine bubdhistische war, verbrämt mit manichäischen und sogar mit christlichen (nestorianischen) Elementen. Es muß eine wunderbare, vergleichsweise hoch entwickelte Kultur gewesen sein, die einst in diesen Tälern am Südfuße des maͤchtigen Tan ⸗Schan. Gebirges zu Hause war. Das Land war durch ein Svpstem don Kanälen reich bewässert, gartenähnlich angebaut und dicht bevölkert, wie es die noch heute vorhandenen zablreichen Ortschaften, mehr aber noch die Ruinen solcher und die überaus große Zahl der Buddhatempel bekunden, die, soweit über der Erde,
ohne Ausnahme gleichfalls in Trümmern liegen. Jetzt ist das Tal von Turfan, deffen erster Anblick bei Ueber⸗ dasselbe westlich begrenzenden Bergkette
den, der letzten auf die Reise nden einen unvergeßlichen, großartigen Eindruck machte, bestenfalls nur noch eine Oase in der M fh bewässert von wenig wasserreichen Flüssen und von einem Rest der einst vorhanden ge— wesenen jahlreichen Kanäle. Die paradiesische Fruchtbarkeit des Tals ist geschwunden; die früher waldreichen Berge des Tian-Schan geben, des Waldeg beraubt, den Eindruck öder, vollständig vegetationsloser Felsen. Dementsprechend muß sich das Klima stark gegen sonst geändert haben; jetzt, glühende Hiße und Sand— stürme im Sommer, eisige Kälte und Schneestuͤrme im Winter. Das „Einst“ muß, verglichen mit dem traurigen Jetzt‘, wie aus den von der Expedition mitgebrachten Kunstgegenständen zu schließen, die nur einen geringen Teil des trotz jahrhundertelanger Zerstörung noch Vorbandenen bilden, in Wahrbeit eine blühende, eigenartige Kultur widergespiegelt habe. Turfan ist noch immer eine bevölkerte Handelsstadt, in der es nur verhältnismäßig wenige Er—
innerungen an die große Vergangenheit gibt; auf letztere aber stößt man eine Tagereise östlich vor Turfan in Gestalt der von jwei Ringmauern aus Luftziegeln, einer
inneren und einer äußeren, umschlossenen Ruinenstadt Ilikut, -der Stadt des Uigurenkönigs Dachianus, die nichts anderes als Buddbatempel und Klöster enthalten zu haben scheint. Ihre Zabl . außerordentlich groß gewesen sein. Aus den Tempelruinen von Ilikut stammen viele der seltflwen bunten Free ken, mit Leimfarben — grau, rot, moosgrün und gelb — auf Estrich (Gemisch von Ton und kurjem Strob) gemalt, welcher von der Unterlage (Fußboden oder Wand) mühsam abgelöst werden mußte, um diese Bilder für die Sammlung zu gewinnen. Da dies nur durch Ab— bruch ausführbar war, ist es begreiflich, daß die stückweise Wieder⸗ zusammensetzung der Bilder,. lroßdem die einjelnen Teile vor der Verpackung an Ort und Stelle sorgfältig numeriert wurden, eine äußerst schwierige Arbeit war, zumal auf dem Transport auch manche Teile zerbrochen sind. Nach mehrmonatiger Arbeit haben noch heute eine Anzahl dieser Stücke nicht ibre Verwendung als Mosaiksteine in einem der rekonstruierten Bilder finden können. Gegenstände der Dar— stellungen sind: Buddha, seine Anbetung, bezeichnende Szenen aus seinem Leben, Bilder aus der buddhistischen Legende, Bilder buddhistischer iliger — Bodhi - satvas — u. s. f, doch auch naturalistische Dar⸗ tellungen, ʒ. ein gemalter Fußboden, der in der Mitte eine große Lotosblume trägt, auf Wasser schwimmend, über das eine Menge kleinerer Lotosblumen verteilt sind, dazwischen Drachen und andere Tiere. Die Tempel sind zumeist nach einem bestimmten Plan gebaut: ein e, n oder länglich biereckiger Mittelbau, eine Plattform bildend, die wahrscheinlich Buddhas Bild trug, um— eben von einem fog der von einer, auch jwei konzentrischen äußeren auern eingeschlossen war, somit einen mehr oder weniger breiten Gang um den Mittelbau herum bildete. In diesem Hofe, an den Wänden beiderseits befanden sich die Fresken, der oben erwähnte prächtige Fußboden rührt dagegen aus einem Mittelbau her. Als man ihn von der Unter—⸗ lage mit Erfolg abgelsst hatte, wurde darunter, genau im Mittel punkt, ein etwa meterlanger hölierner Pfahl von spitz keilförmiger Gestalt und polygonalem Querschnitt aus dem Grunde herausgezogen, der mit vielen gut erhaltenen Inschriften in uigurischer Sprache längs der Seitenflächen bedeckt ist und eines der mertwürdigften Stücke der Sammlung bildet, da ihn die Inschriflen als Seelenbaum“ oder
Lebensholj ! kennzeichnen. Aehnliche Stücke wurden noch eine Anzahl
gefunden, indessen keine weiter von solcher Größe und schönen Arbeit. Ibnen scheint bei der Anlage und Weihe öffentlicher Gebäude die gleiche Bedeutung wie unseren Grundsteinen beigelegt worden zu sein. Offenbar waren viele dieser Tempel mit Dächern aus Paxvel- bolzträgern und Schilfstroh versehen. Dem herahgestürzten Dach ist in vielen Fällen die gute Erhaltung der Kunstwerke ju danken. Sämtliche Fresken sowohl als viele vorgefundene plastische Kunst⸗ werke, Buddbafiguren, Porträtbüsten und ganze Figuren verschiedener Personen sind nichts weniger als von barbarischem Geschmack, sie ver= raten im Gegenteil eine enge Berührung der betreffenden Künstler sowohl mit der indischen, als der griechisch⸗römischen Kunst. Viele Gesichter der dargestellten Personen sind mit außerordentlicher Feinheit und Sorgfalt gemalt. Außer diesen von Ilikut, wo der längste Aufenthalt genommen wurde, stammenden Funden wurde noch eine andere sehr verbreitete Form von Tempeln in der Umgegend, namentlich im Gebirge auf⸗ wärts, in dem engen Tale eines Gebirgsflusses, bestimmt, nämlich , , . ulli en ausgeböhlt aus dem Tertiärton dieser Ge⸗ dirgsformation, in ihrem Innern häufig von saalartiger Größe, regel- mäßig von Gestalt und gewöhnlich mit einem Tonnengewölbe als
Decke versehen. Sie waren ursprünglich mit Vorbauten (Hallen, Pylonen) ausgestattet, wovon jedoch nur hin und wieder spärliche Reste noch vorhanden sind. Dagegen
erwies sich das Innere fast aller Höhlen gut erhalten und mit ähn— lichen, häufig sich wiederholend sogar mit denselben Freskobildern, denen man auch an anderen Stellen begegnete, geschmückt. Auch hier gelang die Ablöͤsung eines Teils der Fresken, deren überall so außer⸗ ordentlich viele vorhanden sind, daß die Entnahmen, welche die deutsche Turfan⸗Expedition unter Zustimmung der chinesischen Behörde gemacht,
keine merkliche Lücke hinterlassen werden. In einem anderen Gebirgstal, das auf dem Rückwege noch besucht wurde, fand man sogar mehr als 80 solcher Höhlentempel, aus
deren einem ein besonders schönts Freskobild mitgenommen wurde. Sind schon alle die im Voranstehenden beschriebenen Funde, denen sich noch manche Tempelgeräte und andere Geräte, meistens aus Holz, beigesellen, bezeichnend für einen verbältnismäßigen Hochstand der uigurischen Kultur, so bilden die überaus zablreichen Handschriften und Blockdrucke, die sich vorgefunden haben, den unumstößlichen Be— weis, daß die buddhistischen Priester und Mönche von Turfan ebenso fleißige als geschickte und gelehrte Männer waren. Mehrere dieser Pandschriften sind mit schönen Initialen und Miniaturen geschmäͤckt. Es fanden sik Handschriften auf Leder, Seide und Papier; die auf Leder sind die rarsten, denn die Eingeborenen baben, horriliils dietu, gelernt, sie als Stiefel und Schuhsoblen zu verwerten. Alle sind durch ungemeine Schwärze und Wohlerhaltenbeit in Schrift und Druck aus en ichnet Die Blockdrucke beweisen, daß die Uiguren nicht nur den Druck, sondern sogar ein Verfahren schon kannten und übten, das mit unserem Stereotypdruck große Aehnlichkeit befsaß. Ueber die interessanten Entdeckungen, die sich an die Entzifferung der Handschriften und Drucke knüpfen, sprachen in der felgenden Sitzung der Gesellschaft für Anthropologie die Herren Dr. F. W. K. Muller und Stönnes, wie des weiteren noch berichtet werden wird.
Das Wikingerschiff, das im vorigen Jahre aus einem Grab— bügel bei Tönsberg ausgegraben wurde, ist, wie der Voss. Ztg.“ aus Christig nia telegraphiert wird, nach erfolgtem Nebereinkommen mit dem Besitzer des Hügels in den Besitz des Staates übergegangen. Der Kaufpreis. beträgt etwa 12000 „ In Christiania ist die Er⸗ richtung eines besonderen Gebäudes für die alten Schiffsfunde geplant.
Literatur. Versiche rungs we sen.! Von Alfred Manes. XII u. 468 S. Verlag von B. G. Teubner, Leipzig. — Das private Ver⸗
sicherungs wesen hatte sich bisber keiner grundlegenden Darstellung zu erfreuen, obwohl es tief in alle Kreise des öffentlichen und des privaten Lebens eingreift und ebenso für den Versicherungstechniker wie für den Nationalökonomen und den gebildeten Laien von größter Bedeutung ist. Es darf daher das bier angezeigte Buch um so mehr begrüßt werden, das eine gemeinverständliche, objektive systematische Darftellung vom Stande der wissenschaftlichen Forschungen und der tatsächlichen Ver— bältnisse gibt, polemische und kritische Auseinandersetzungen und rein theoretische Erörterungen vermeidet. Das Werk bildet einen Band der Handbücher für Handel und Gewerbe, die der Präsident des Kaiser⸗ lichen Statistischen Amts Dr. van der Borght in Berlin, Profeffor Dr. Schumacher in Bonn und Regierungsrat Dr. Stegemann in Braunschweig herausgeben, und nach dem Plane dieser Sammlung gingen über den dem Manesschen Handbuch des Versicherungswesens gesetzten Rabmen hinaus die staatliche Arbeiterversicherung, die in einem anderen Bande in Verbindung mit der Sozialpolitik zur Dar⸗ stellung gelangen soll, und ferner die als Versicherungsmathematik und als Versicherungsrecht bezeichneten Gebiete, für die gleichtalls besondere Bände vorgesehen sind. Das vorliegende Buch gibt eine systematische Darsichur der Versicherungswirtschaft, des bisher am meisten vernachlässigten Teils der Versicherungswissenschaft, unter Verwertung der zum großen Teil wenig oder gar nicht be— kannten Literatur und in steter Füblung mit der Praxis. Die eiste Hälfte behandelt das Versicherungswesen im allgemeinen, Begriff und Wesen, Bedeutung und Entwickelung, Organisation und Technik der Versicherung, die Versicherungspolitik und die Versicherungswissenschaft. Der zweite Teil ist den einzelnen Zweigen gewidmet. Hier erörtert der Verfasser jeden Zweig für sich von historischen, ökonomischen und technischen Gesichtspunkten aus und berücksichtigt neben den deutschen Ver⸗ hältnissen eingehend die englischen und die amerikanischen. Maßgebend war hierfür die auf Grund längeren Aufenthalts im Ausland gewonnene Ueberzeugung des Verfassers, daß gerade England und Nordamerika die für uns lebrreichsten Erscheinungen aufweisen: dort die einheit liche alte Entwickelung, frei von nahezu jeder sigatlichen Einmischung; bier die erste junge, aber um so raschere Entfaltung bei einer überaus weitgehenden Einschnürung durch mehr als fünfzig verschiedene Gesetzgeber. Das Studium der so entgegengesetzten Versicherungs⸗ verhältnisse in den drei Ländern: Deutschland, England und Nord amerika, in denen die Versicherung am weitesten verbreitet ist, er⸗ leichtert das Verständnis der zahlreichen Probleme, die dieses Werk behandelt.
— Kommunale Steuerfragen. Referate von Prosessor Dr. A. Wagner, Geheimem Regierungsrat, und Privatdozent Dr. Preuß, Stadtverordnetem, erstattet der Ortsgruppe Berlin der Gesellschaft für soziale Reform, mit einer Vorbemerkung von Magistratsrat M. von Schulz und den Satzungen der Gesellschaft für soziale Reform. (Schriften der Gesellschaft für soziale Reform, herausgegeben von dem Voistande, Heft 15.) 63 S. Verlag von Gustav Fischer, Jena. Preis 0,40 M — Diese beiden kommunale Steuerfragen behandelnden Referate beziehen sich auf Berliner Ver⸗
hältnisse. Professor Wagner bewegt sich jum großen Teil im Rabmen . Anschauungen, die er schon in seinem Buche über die finanzielle Mitbeteiligung der Gemeinden an
kulturellen Staatsaufgaben dargelegt hat, freilich hier nur nach der Seite bin, die neue Einnahmequellen für die Kommunal verwaltung erschließen soll, während er von der Frage der Kommunal⸗ ausgaben für staatliche Zwecke in diesem Referate absieht. Als neue Steuerquellen, die für die Stadt Berlin als dringend notwendig er⸗ scheinen, will er zunächst ein Gebührenwesen für öffentliche An⸗ stalten, ferner eine Besteuerung von Wagen und Pferden, Fahr⸗ rädern usw. eingeführt und vor allen Dingen Abgaben von Tabak und alkobolhaltigen Getränken erhoben wissen, letztere in der Form der Lizenz- abgabe. Hierin sieht er ein sozial wie auch hygienisch und finanziell sehr wichtiges Moment. An diese Vorschläge knüpfen sich weitere interessante Ausführungen über Lustbarkeitssteuern, Besitzwechselabgaben und die Erhöhung der Grund und Gebäudesteuer. Wir müssen uns hier ver⸗ sagen, im einzelnen auf die Berechtigung und die große Bedeutung dieser Vorschläge, die freilich auch von vielen Seiten Angriffe erfahren werden, einzugehen Gegen die prattische Durchlührbarkeit der von Wagner befürworteten Kommunalsteuerreform sind bereits
manche Zweifel laut geworden, die auch der Korreferent